KFW-GRÜNDUNGSMONITOR 2021 GRÜNDUNGSTÄTIGKEIT 2020 MIT LICHT UND SCHATTEN: CORONA-KRISE BRINGT TIEFPUNKT IM VOLLERWERB, BIRGT FÜR VIELE ABER AUCH ...
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KfW Research KfW-Gründungsmonitor 2021 Gründungstätigkeit 2020 mit Licht und Schatten: Corona-Krise bringt Tiefpunkt im Vollerwerb, birgt für viele aber auch Chancen
Impressum Herausgeber KfW Bankengruppe Abteilung Volkswirtschaft Palmengartenstraße 5-9 60325 Frankfurt am Main Telefon 069 7431-0, Telefax 069 7431-2944 www.kfw.de Autor Dr. Georg Metzger, KfW Bankengruppe Telefon 069 7431-9717 ISSN 1867 1489 Copyright Titelbild Quelle: Getty Images / Fotograf Datacraft Co Ltd Frankfurt am Main, Juni 2021
Gründungstätigkeit 2020 mit Licht und Schatten: Corona-Krise bringt Tiefpunkt im Vollerwerb, birgt für viele aber auch Chancen Corona-Krise machte positive Aussichten für 2020 Zahl der Existenzgründungen gesunken zunichte Aufgrund des Ausbruchs der Corona-Krise ist die Die Gründungstätigkeit in Deutschland ist im Jahr 2020 Gründungstätigkeit in Deutschland 2020 zurückge- zurückgegangen. Mit 537.000 Existenzgründungen ha- gangen. Die Zahl der Existenzgründungen ist auf ben sich 68.000 weniger Menschen selbstständig ge- 537.000 gesunken. Voll- und Nebenerwerb waren macht als 2019. Das entspricht einem Minus von gut davon gleichermaßen betroffen. Die Zahl der Neben- 11 %. Die Gründungsquote ist auf 104 Gründungen je erwerbsgründungen fiel auf 336.000, die Zahl der 10.000 Menschen im Alter von 18–64 Jahren gefallen, Vollerwerbsgründungen rutschte auf 201.000 ab und nach 117 im Jahr 2019 (Grafik 1). Die Gründungstätig- somit auf einen neuerlichen Tiefpunkt. keit in Voll- und Nebenerwerb hat sich 2020 zwar ähn- lich entwickelt – der Rückgang bei Vollerwerbsgrün- Krise für viele eine Chance dungen war aber minimal stärker. Die Zahl der Voller- Gründerinnen und Gründer machten sich im Jahr der werbsgründungen ging auf 201.000 zurück (-27.000- Corona-Krise häufiger selbstständig, um eine sich 12 %) – ein neuer Tiefpunkt seit Beginn der Zeitreihe. bietende Geschäftsgelegenheit wahrzunehmen. Ihr Die Zahl der Nebenerwerbsgründungen fiel auf Anteil stieg auf 80 % an, womit die Anzahl an Chan- 336.000 zurück (-41.000-11 %). cengründungen trotz der rückläufigen Gründungstä- tigkeit bei 428.000 relativ stabil blieb. Nach dem Anstieg der Gründungstätigkeit 2019 hatte sich für 2020 eigentlich ein weiteres Plus angekündigt: Corona-Krise trifft selbstständige Frauen härter, Die Quote der Gründungsplanungen nahm 2019 deut- Zahl der Gründerinnen bleibt dennoch stabil lich zu – ein Frühindikator für die Entwicklung der Die Corona-Krise hat branchenbedingt insbesondere Gründungsquote im Folgejahr. Auch die Prognosen für selbstständige Frauen stark belastet. Die Zahl der Konjunktur und Arbeitsmarkt ließen eine stärkere Grün- Gründerinnen blieb 2020 mit 205.000 aber nur leicht dungstätigkeit erwarten. unter dem Vorjahresniveau. Gründungsinteressierte Frauen scheinen sich schneller auf die neuen Kri- Der Ausbruch der Corona-Krise hat die Bedingungen senbedingungen eingestellt und letztlich ihre Grün- aber grundlegend verändert. Mit dem ersten „Shut- dungspläne häufiger doch realisiert zu haben als down“ im Frühjahr 2020 wurde klar, dass die Pande- Männer. So haben Gründerinnen 2020 häufiger als miebekämpfung harte, wenig planbare Maßnahmen Gründer Geschäftsmodellanpassungen vorgenom- verlangt. Das hat die wirtschaftliche Unsicherheit mas- men. siv erhöht. Der Start vieler Gründungen – laut unserer aktuellen Blitzbefragung auf der Gründerplattform1 wa- Weniger Hemmnisse, schlechtere Noten ren es mehr als ein Drittel – wurde deshalb auf später Die meisten (typischen) Gründungshemmnisse wur- im Jahr verschoben. den 2020 seltener wahrgenommen als üblich. Dies dürfte mit der Corona-Krise zusammenhängen, de- Grafik 1: Gründungsquote fällt auf 104 ren Herausforderungen alles überlagerte und viele Gründungsinteressierte von vornherein abschreckte. Gründungsquote (Gründungen je 10.000 Erwerbsfähige) Es dürften also eher Menschen gegründet haben, 276 die bereits konkrete Vorstellungen hatten und ent- sprechend seltener Hemmnisse wahrnahmen. Den- noch gehen Gründerinnen und Gründer mit dem 150 Gründungsstandort Deutschland härter ins Gericht 126 100 104 als in den vergangenen Jahren. 65 39 Ausblick 2021 '02 '03 '04 '05 '06 '07 '08 '09 '10 '11 '12 '13 '14 '15 '16 '17 '18 '19 '20 Die Prognosen für Konjunktur und Arbeitsmarkt im Jahr 2021 sind gut, davon dürfte die Gründungstätig- Existen zgr ündun gen, d avo n: Voll erwerb Neben erwerb keit profitieren. Auch coronabedingt verschobene Gründungen aus 2020 dürften stützen. Erwerbsfähige: Bevölkerung im Alter von 18 bis 64 Jahre. Quelle: KfW-Gründungsmonitor.
KfW Research Trotz Besserung der konjunkturellen Aussichten im Box 1: Der KfW-Gründungsmonitor Jahresverlauf, Rückenwind für die Gründungstätigkeit Der KfW-Gründungsmonitor basiert auf Angaben gab es nicht. Am Ende stand für das Gesamtjahr ein von 50.000 zufällig ausgewählten, in Deutschland Rückgang der preisbereinigten Binnennachfrage von ansässigen Personen. Sie werden jährlich im Rah- -4,1 % (2019: +1,2 %)2 und ein Anstieg der Erwerbslo- men einer repräsentativen Bevölkerungsbefragung senquote auf 4,0 % (2019: 3,0 %)3 – die hohe Inan- interviewt. Gründer werden dabei breit erfasst: Ob spruchnahme von Kurzarbeit bremste hier offensicht- im Voll- oder Nebenerwerb, ob Freiberufler oder Ge- lich eine stärkere Entwicklung. Dennoch nahm der ar- werbetreibender, ob Neugründung oder Übernahme. beitsmarktseitige „Druck“ zur Aufnahme einer Der KfW-Gründungsmonitor liefert damit ein umfas- selbstständigen Tätigkeit zu. sendes Bild der Gründungstätigkeit in Deutschland. Corona-Krise als Chance begriffen Der schlechtere Arbeitsmarkt hat entgegen den Erwar- Grafik 2: Geschäftsgelegenheiten durch Corona? tungen nicht zu mehr „Notgründungen“ geführt. Im Ge- – Anteil der Chancengründungen steigt genteil: Gründerinnen und Gründer machten sich häufi- In Prozent an allen Existenzgründungen ger selbstständig, um eine sich bietende Geschäftsge- legenheit wahrzunehmen. Ihr Anteil stieg auf 80 % an 201 7 70 24 6 (Grafik 2), womit die Zahl der „Chancengründungen“ 201 8 70 27 3 mit 428.000 relativ stabil blieb (2019:439.000). Zum ei- 201 9 73 23 4 nen hatten offenbar viele trotz Corona-Krise die Be- 202 0 80 16 4 harrlichkeit, ihre Gründungsidee zu verwirklichen. Zum Geschäftsgele genhe it Kein e b essere E rwe rbsalte rnative Beid es anderen sind gerade jene Branchen besonders hart von den Anti-Corona-Maßnahmen betroffen, in denen Die Frage zum Gründungsmotiv lautet: „Was trifft eher auf Sie zu: Haben Sie sich selbstständig gemacht, um eine Geschäftsgelegen- typischerweise viele Notgründungen stattfinden, wie heit [Chance] wahrzunehmen oder weil es keine bessere Erwerbsal- Gastronomie oder Einzelhandel – dies scheint auch po- ternative [Not] gab?“ tenzielle Notgründerinnen und -gründer abgeschreckt Quelle: KfW-Gründungsmonitor. zu haben. Grafik 3: Drei von zehn Gründungen sind internet- Mit bestimmten Gründungen gehen volkswirtschaftliche basiert, jede vierte digital Erwartungen einher. Aufgrund ihrer Nähe zu neuen In Prozent aller Existenzgründungen Technologien kommt innovativen und digitalen Grün- Innovativ Wachstumsorientiert dungen4 die Rolle von Schumpeters „schöpferischer 2016 9 2016 17 Zerstörung“ zu. Denn insbesondere sie greifen eta- 2017 14 2017 23 2018 11 2018 24 blierte Märkte an oder kreieren gänzlich neue Märkte 2019 13 2019 25 2020 13 2020 24 und treiben so den strukturellen Wandel voran. Mit Wachstumsgründungen ist – aufgrund ihres Anspruchs Internetbasiert Digital 2016 26 2016 21 „so groß wie möglich“ zu werden – die Hoffnung ver- 2017 26 2017 26 bunden, dass sie langfristig einen nachhaltigen Be- 2018 25 2018 22 2019 32 2019 28 schäftigungsbeitrag leisten. 2020 31 2020 26 Anmerkung: Bei digitalen Gründungen ist deren Angebot nur durch Die Anteile dieser Gründungen haben sich im Jahres- den Einsatz digitaler Technologien nutzbar;4 bei internetbasierten vergleich kaum geändert (Grafik 3), ihre Anzahl ist ent- Gründungen ist das Internet ein Kernelement des Geschäftsmodells; bei innovativen Gründungen wird Forschung und Entwicklung durch- sprechend mit dem allgemeinen Rückgang gesunken. geführt, um eine technologische Innovation zur Marktreife zu bringen; Innovative Gründungen, das sind Existenzgründungen bei Wachstumsgründungen besteht der Anspruch, „so groß wie mög- mit FuE-Aktivitäten, machten 13 % der Gründungstätig- lich“ zu werden. Die beschriebenen Gruppen können sich über- keit aus und 24 % waren Wachstumsgründungen, die schneiden, die Anteile dürfen daher nicht addiert werden. „so groß wie möglich“ werden wollen. Internetbasierte Quelle: KfW-Gründungsmonitor. Gründungen, bei denen das Internet Kernelement des Unternehmens ist, machten 31 % aus und digitale Gründungen, deren Angebot nur durch den Einsatz di- gitaler Technologien nutzbar ist, kamen auf 26 %. Exi- stenzgründungen können mehreren der hier beschrie- benen Segmenten angehören, wobei es zwischen digi- talen und internetbasierten Gründungen die größte Überschneidung gibt. Seite 2
KfW-Gründungsmonitor 2021 Auch Gründungen, deren Angebot Marktneuheiten Grafik 4: Gründungen mit Marktneuheiten so selten sind, haben das Potenzial zur „schöpferischen Zerstö- wie lange nicht rung“. Sie umfassen allerdings mehr als beispielsweise Gründungen mit Marktneuheiten in Prozent innovative Gründungen, die technologisch Neues ent- 25 – wickeln. Bei den meisten Marktneuheiten handelt es sich um anderswo bereits existierende Angebote, die 20 – 5 neu auf einen räumlich anderen Markt gebracht wer- 4 1 4 16 den: aus anderen Regionen in die eigene oder aus an- 15 – 3 2 5 3 2 4 2 4 3 deren Ländern nach Deutschland. Im langjährigen 4 5 5 5 2 2 5 4 4 4 5 3 Durchschnitt bieten 16 % der Gründungen Marktneu- 10 – 4 2 3 6 4 4 3 heiten an. Die meisten davon (9 %) im regionalen und 12 5– 11 10 10 10 9 10 deutschlandweiten (4 %) Kontext. Am seltensten sind 8 9 9 9 8 5 6 6 6 weltweite Marktneuheiten (3 %), die definitionsgemäß 0– tatsächlich „noch nie dagewesen“ sind. '05 '06 '07 '08 '09 '10 '11 '12 '13 '14 '15 '16 '17 '18 '19 '20 Weltwe ite Marktn euheiten Deutschla ndweite Marktneuhe iten Region ale Ma rktneu heiten Seit der außergewöhnlichen Bestmarke im Jahr 2013, Anmerkung: Marktneuheiten sind Angebote, die laut Einschätzung in dem mehr als jede fünfte Existenzgründung mit einer der Befragten entweder auf dem regionalen, deutschlandweiten oder Marktneuheit an den Start ging, scheint sich ein rück- weltweiten Markt neu sind. läufiger Trend etabliert zu haben, der nun zu einem Quelle: KfW-Gründungsmonitor. neuen Tiefpunkt geführt hat (Grafik 4). Im Jahr 2020 fiel der Anteil von Existenzgründungen mit Marktneu- Grafik 5: Neugründungen dominieren zunehmend heiten auf 12 %. In Prozent aller Existenzgründungen Übernahmen und Beteiligungen als Weg in die 12 8 9 11 20 18 24 18 20 20 14 20 16 17 14 26 25 21 13 11 9 Selbstständigkeit immer weniger gefragt 30 10 8 8 9 10 Existenzgründungen können auf verschiedenen 10 10 6 6 13 9 11 6 8 14 7 Wegen erfolgen: als Neugründungen, also dem erst- maligen Aufbau „unternehmerischer Strukturen“, bei- spielsweise für Kundenakquise / Vertrieb sowie als 79 79 80 Übernahmen oder Beteiligungen an bestehenden Un- 70 72 70 73 69 71 69 76 74 76 75 77 77 60 63 67 ternehmen. Neugründungen sind dabei am häufigsten: 8 von 10 Existenzgründungen sind Neugründungen. Im langfristigen Vergleich ist ein Trend hin zu Neugrün- dungen sichtbar. So lag ihr Anteil in den 2010er-Jahren '02 '03 '04 '05 '06 '07 '08 '09 '10 '11 '12 '13 '14 '15 '16 '17 '18 '19 '20 noch meist bei unter 70 %. Angesichts der Vielzahl an- Neugrü ndung en Überna hmen Täti ge Beteiligun gen stehender Nachfolgen im Mittelstand ist es eine kriti- Quelle: KfW-Gründungsmonitor. sche Entwicklung, dass Übernahmen als Weg in die Selbstständigkeit auf kein stärkeres Interesse bei Grün- Grafik 6: 10-Jahrestief bei Sologründungen ohne derinnen und Gründern stoßen.5 Beschäftigte In Prozent aller Existenzgründungen Ein großer Teil der Existenzgründungen sind Sologrün- 11 10 7 7 8 8 8 11 11 dungen. Anders als bei Teamgründungen macht sich 14 14 9 13 13 13 12 12 14 12 10 9 8 12 10 dabei eine Person ohne weitere Co-Gründerinnen oder 11 7 14 10 10 9 9 9 19 15 15 -Gründer selbstständig. Wie im Vorjahr machten So- 13 12 12 16 23 18 13 14 14 12 19 15 19 logründungen 2020 insgesamt 79 % der Existenzgrün- dungen aus. Allerdings ist der Anteil der Sologründun- gen, die auch keine Beschäftigten haben, auf 60 % ge- 62 66 62 62 65 62 66 64 68 63 65 67 62 64 fallen. Das ist der niedrigste Wert seit 2009. 55 60 '05 '06 '07 '08 '09 '10 '11 '12 '13 '14 '15 '16 '17 '18 '19 '20 Solo gründ ungen o. MA Solo gründ ungen m. MA Teamgrün dunge n m. MA Teamgrün dunge n o. MA Quelle: KfW-Gründungsmonitor. Seite 3
KfW Research Corona-Krise wirkt sich auf Gründungstätigkeit Folglich dürfte die höhere Verdichtung der westdeut- in den Bundesländern unterschiedlich aus schen (Flächen-) Länder ein Grund dafür sein, dass In Berlin haben im Durchschnitt der Jahre 2018– sie im Gründerranking typischerweise auf die Stadt- 2020 von 10.000 Erwerbsfähigen jährlich 181 Perso- staaten Berlin und Hamburg folgen. Individuell spielt nen eine selbstständige Tätigkeit begonnen (Gra- aber auch die jeweilige Wirtschaftsstruktur der Bun- fik 9). Damit steht Berlin mit Abstand an der Spitze desländer eine wichtige Rolle. So wird die Grün- des Bundeslandrankings (Tabelle 1). Die überdurch- dungstätigkeit in Hamburg und Berlin stark von der schnittliche Gründungstätigkeit in Berlin hat in den Medien- und IT-Branche mit ihren hohen Anteilen letzten Jahren auf dessen Peripherie ausgestrahlt, von freiberuflichen Gründern gespeist. Eine industri- wovon Brandenburg direkt profitiert hat. Aufgrund elle Prägung geht dagegen eher mit einer geringe- der relativ geringen Einwohnerzahl hat jede Grün- ren Gründungstätigkeit einher: Großbetriebe haben dung ein hohes Gewicht. So kletterte Brandenburg typischerweise attraktive Arbeitsplätze zu bieten, die im Ranking bis auf den zweiten Platz, rutschte auf- auch für potenzielle Gründer interessant sind. Am grund der coronabedingt rückläufigen Gründungstä- Ende des Länderrankings sind regelmäßig ostdeut- tigkeit nun aber wieder auf Platz 5 ab. Hamburg sche Flächenländer vertreten. Dort belastet eine im kommt mit 129 Gründungen je 10.000 Erwerbsfä- Durchschnitt geringere Kaufkraft die Gründungstätig- hige auf Platz 2 vor Schleswig-Holstein mit 120 keit. Auch die ältere Bevölkerungsstruktur wirkt sich Gründungen auf Platz 3. Platz 4 belegt Bayern mit negativ auf die Gründungstätigkeit aus, da die Grün- 109 Gründungen je 10.000 Erwerbsfähige. dungsneigung in der Regel mit dem Alter abnimmt.6 Grafik 7: Gründungstätigkeit in Deutschland Gründungstätigkeit in Ballungsräumen höher Ballungsräume sind durch kurze Wege sowie eine Anzahl an Gründungen je 10.000 Erwerbsfähige im Zeitraum 2018–2020, p. a. hohe Personen- und Unternehmensdichte gekenn- zeichnet. Dienstleistungen und Handel profitieren davon am meisten. Genau in diesen Sektoren ist die Selbstständigkeit als Erwerbsform stärker verbreitet. Schleswig- Tabelle 1: Bundeslandranking größtenteils stabil Holstein:120 Mecklenburg- Vorpommern: 51 Bundeslandranking der Gründungstätigkeit Hamburg: Rang Rang 129 ∆ neu alt Bremen: 41 Berlin 1 1 Nieder Berlin: Hamburg 2 3 181 sachsen: Schleswig-Holstein 3 10 104 Brandenburg: Sachsen- 104 Bayern 4 4 Anhalt: 70 Nordrhein- Brandenburg 5 2 Westf alen: 95 Sachsen: Baden-Württemberg 6 6 96 Thüringen: Niedersachsen 7 5 Hessen: 83 99 Hessen 8 8 Rheinland- Sachsen 9 11 Pf alz: 76 Nordrhein-Westfalen 10 7 Saarland: Thüringen 11 14 78 Saarland 12 13 Bay ern: Rheinland-Pfalz 13 9 Baden- 109 Württemberg: Sachsen-Anhalt 14 12 104 Mecklenburg-Vorpommern 15 15 Bremen 16 16 Platzierung gemäß der Anzahl an Gründungen je 10.000 Erwerbs- fähige in den Zeiträumen 2018–2020 (Rang neu) und 2017–2019 Quelle: KfW-Gründungsmonitor. (Rang alt). Quelle: KfW-Gründungsmonitor. 6 Seite 4
KfW-Gründungsmonitor 2021 Wieder etwas mehr Gründungen mit Beschäftigten Grafik 8: Anteil der Existenzgründungen mit Bei den meisten Existenzgründungen gibt es keine Be- Beschäftigten steigt wieder über Durchschnitt schäftigten. Im langjährigen Durchschnitt sind nur gut Gründungen mit Beschäftigten in Prozent ein Viertel der Existenzgründerinnen und -gründer auch Arbeitgeber (26 %, Grafik 8). Im Jahr 2020 ist dieser Anteil leicht auf 28 % gestiegen. Beschränkt auf Neu- 26 28 24 gründungen – also ohne Übernahmen oder tätige Be- 22 19 21 teiligungen, bei denen es in den Unternehmen oft schon vor dem Eigentümerwechsel durch die Existenz- gründung Beschäftigte gab – sind im langfristigen Durchschnitt gut ein Fünftel (21 %) auch Arbeitgeber. Im Jahr 2020 ist dieser Anteil auf 22 % ebenfalls leicht '05 '06 '07 '08 '09 '10 '11 '12 '13 '14 '15 '16 '17 '18 '19 '20 gestiegen. Existen zgr ündun gen (insg.), daru nte r: Neugrü ndung en Quelle: KfW-Gründungsmonitor. Im langjährigen Durchschnitt gibt es bei Vollerwerbs- gründungen gut doppelt so häufig Beschäftigte (37 %) Grafik 9: Ein Drittel der Existenzgründungen sind wie bei Nebenerwerbsgründungen (17 %). Seit dem wirtschaftliche Dienstleistungen Jahr 2012 geht hier allerdings eine Schere auf. Neben- Branchenanteile in Prozent erwerbsgründungen haben immer seltener Beschäf- tigte, bei Vollerwerbsgründungen ist der Trend dage- 201 5 15 12 37 29 6 gen leicht positiv. Bis 2020 sind die Anteile durch diese 201 6 12 16 34 29 8 Entwicklung auf 47 % bei Vollerwerbsgründungen und 201 7 15 22 27 32 5 11 % bei Nebenerwerbsgründungen auseinanderge- 201 8 14 19 27 31 9 driftet. 201 9 14 20 33 25 7 202 0 13 13 33 31 10 Weniger Existenzgründungen im Handel PG HAN WDL PDL SDL Die Branchenstruktur der Gründungstätigkeit ist über die Zeit normalerweise sehr stabil. Im Dienstleistungs- Anmerkung: Branchenzuordnung gemäß Klassifikation der Wirt- bereich wird am häufigsten gegründet. Meist sind etwa schaftszweige, Ausgabe 2008 des Statistischen Bundesamtes, auf Basis von Projektbeschreibungen der Gründer. Branchen: Produzie- zwei Drittel der Existenzgründungen Dienstleistungen. rendes Gewerbe (PG), Handel (HAN), Wirtschaftliche Dienstleistun- Dabei sind Dienstleistungen mit Fokus auf Gewerbe- gen (WDL), Persönliche Dienstleistungen (PDL), sonstige Dienstlei- kunden („wirtschaftliche Dienstleistungen“) gemeinhin stungen (SDL). etwas häufiger als Dienstleister mit Fokus auf Privat- Quelle: KfW-Gründungsmonitor. kunden („persönliche Dienstleistungen“). Sonstige Grafik 10: Zahl der Gründerinnen seit 2017 nahezu Dienstleistungen (das sind die Sektoren Finanzdienst- konstant leistungen, Verkehr und Nachrichtenübermittlung) ma- chen dagegen nur einen relativ geringen Teil der Existenzgründungen in Tausend Dienstleistungen aus. Ähnlich wie im Jahr 2015 zeigen 965 sich 2020 allerdings zwei Brüche in der typischen Bran- chenstruktur. Zum einen ist der Dienstleistungsanteil 43 % mit 74 % überdurchschnittlich hoch, zum anderen ist der Anteil der Gründungen im Handel mit 13 % gerin- 38 % 496 ger als üblich (Grafik 9). Der Anteil von Gründungen im (34 %) produzierenden Gewerbe (13 %) hat sich kaum verän- 332 dert. 205 Zahl der Existenzgründungen durch Frauen stabil So wie 2019 die höhere Gründungstätigkeit auf mehr '02 '03 '04 '05 '06 '07 '08 '09 '10 '11 '12 '13 '14 '15 '16 '17 '18 '19 '20 Existenzgründungen durch Männer zurückzuführen Grü nderin nen Grü nder war, gilt dies auch für den Rückgang 2020 (Grafik 10). Grü nderin nenanteil Die Zahl der Gründer sank auf 332.000 (-58.000), die Quelle: KfW-Gründungsmonitor. Zahl der Gründerinnen vergleichsweise moderat auf 205.000 (-10.000) und somit nur leicht unter Vorjahres- niveau. Der Anteil der Gründerinnen an allen Existenz- gründungen entspricht somit 38 % (2019: 36 %). Seite 5
KfW Research Studien zeigen, dass Selbstständige stark von der Co- Grafik 11: Gut die Hälfte der Gründerinnen hat ihr rona-Krise betroffen sind – die Krise aber insbesondere Geschäftsmodell coronabedingt angepasst ein harter Schlag für selbstständige Frauen ist. Bei ih- Geschäftsmodell coronabedingt angepasst, Anteile in Prozent nen zeigen sich häufiger und höhere Umsatzverluste Insgesamt Gründer Gründerinnen und in der Folge häufiger Existenzangst und Ein- Insgesamt 43 39 52 schränkungen des Lebensstandards.7 Das hat zwar Vollerwerb 51 52 49 Nebenerwerb 39 28 53 insbesondere mit Brancheneffekten zu tun, dennoch war angesichts der Situation für die Zahl der Gründe- Quelle: KfW-Gründungsmonitor. rinnen von einem deutlichen Rückgang auszugehen. Grafik 12: Über Hälfte der Gründungen Warum blieb die Zahl der Gründerinnen so stabil? ausschließlich durch Eigenmittel finanziert Gründungen nach Ressourcennutzung in Prozent Eine Erklärung könnte sein, dass sich gründungsin- teressierte Frauen zumindest teilweise schneller auf 5 4 5 5 5 5 6 8 9 8 9 6 5 9 7 die neuen Krisenbedingungen eingestellt und ihre 17 16 17 18 17 15 16 14 13 13 14 Gründungspläne häufiger doch realisiert haben als Männer. Ein Indiz, das diese Erklärung stützt, ist der 44 40 39 55 Anteil von Gründerinnen und Gründern, die aufgrund 43 40 44 56 48 51 47 48 51 der Corona-Krise ihr Geschäftsmodell angepasst ha- ben. Es zeigt sich, dass Gründerinnen häufiger Anpas- 30 sungen vornahmen (52 %) als Gründer (39 %, Grafik 22 19 18 22 28 29 26 29 27 24 18 24 11). Der Unterschied kommt dabei eindeutig von den 8 10 13 7 8 8 9 9 8 11 10 Nebenerwerbsgründungen. So hat je die Hälfte sowohl 6 6 '08 '09 '10 '11 '12 '13 '14 '15 '16 '17 '18 '19 '20 der Gründerinnen im Voll- und Nebenerwerb, also auch Exte rnes K apital über 25 TEUR Exte rnes K apital bis zu 25 TEUR der Gründer im Vollerwerb ihr Geschäftsmodell co- Nur Eigen mittel d er G ründe r/in nen Nur Sachmittel ronabedingt angepasst. Bei Gründern im Nebenerwerb Ohn e S ach-/Fina nzmitte l waren es jedoch nur 28 %. Insgesamt wurden bei 43 % Anmerkung: Rundungsdifferenzen sind möglich. der Existenzgründungen eine Geschäftsmodellanpas- Quelle: KfW-Gründungsmonitor. sung vorgenommen. Aufgrund des abweichenden Ver- haltens der Gründer gab es bei Vollerwerbsgründun- Wenn sich die Ressourcennutzung bei der Gründungs- gen insgesamt häufiger Anpassungen (51 %) als bei tätigkeit im Zeitverlauf ändert, liegt dies meist an verän- Nebenerwerbsgründungen (39 %). derten Zusammensetzungen der Existenzgründungen. Gibt es mehr Gründungen mit Beschäftigten, sind auch Kapital ist eine wichtige Gründungsressource bei mehr Gründungen Finanzmittel vonnöten, da sie Der erforderliche Ressourceneinsatz für eine Gründung größtenteils auf Gründungskapital angewiesen sind hängt von den Motiven und Geschäftsmodellen der (2020: 77 %). Andererseits können beispielsweise So- Gründerinnen und Gründer ab. Entsprechend differen- logründungen häufig ganz ohne Finanzmittel realisiert ziert kann beispielsweise ihr Finanzierungsmix sein. werden. Im Jahr 2020 war das bei 40 % der Sologrün- Generell zeigt sich aber: Für die Mehrheit der Existenz- dungen ohne Beschäftigte so. Wenn bei Sologründun- gründungen werden Finanzmittel benötigt – im langfri- gen doch Finanzmittel benötigt werden, reichen wie- stigen Vergleich bei 60–70 % jährlich (Grafik 12). Auch derum oft die Eigenmittel der Gründerinnen und Grün- im Jahr 2020 lag der Anteil in dieser Spanne: Bei etwa der aus. So sind mehr als die Hälfte der Sologründun- zwei Drittel der Existenzgründungen wurden Finanzmit- gen ohne Beschäftigte (55 %) rein über Eigenmittel fi- tel genutzt. nanziert. Wie im Vorjahr 2019 beschränkte sich der Finanzmittel- Gründungen wurden kapitalintensiver einsatz 2020 aber bei außergewöhnlich vielen Exi- Der durchschnittliche Kapitaleinsatz bei Existenzgrün- stenzgründungen auf die eigenen Mittel der Gründerin- dungen ist in den letzten Jahren gestiegen. Das ist al- nen und Gründer. Bei 55 % der Gründungen wurden lerdings das Ergebnis einer Abkopplung des Finanzmit- ausschließlich Eigenmittel genutzt. Der Anteil der Grün- teleinsatzes bei den kapitalintensivsten Gründungen, dungen, für die externe Mittel von dritten Kapitalgebern bei denen es eine deutliche Steigerung gab. So hat mobilisiert wurden, ging dagegen nochmals leicht auf sich der Median des Kapitaleinsatzes bei allen Grün- 12 % zurück. Hierbei wurde bei 7 % externes Kapital dungen (also inkl. jener ohne Finanzmittel) kaum ver- von höchstens 25.000 EUR eingesetzt und bei 5 % ex- ändert (Grafik 16). Auch bei den Gründungen, die zu ternes Kapital von mehr als 25.000 EUR. den 25 % mit dem höchsten Kapitaleinsatz gehören, Seite 6
KfW-Gründungsmonitor 2021 Abbruchraten von Existenzgründungen Für die Bestandsfestigkeit von Existenzgründungen Nur ein kleiner Bruchteil der Beendigungen erfolgt lässt sich mit dem KfW-Gründungsmonitor als grobe aufgrund von Insolvenz. Abbruchquoten können da- Annäherung die „3-30-Faustregel“ ableiten. Sie be- her nicht mit „Ausfallquoten“ gleichgesetzt werden. sagt: Im Lauf von drei Geschäftsjahren beenden Dies wäre auch deshalb falsch, da ein Großteil der rund 30 % der Gründer ihre Existenzgründung wie- Existenzgründungen ohne den Einsatz von exter- der. Tatsächlich ist die Bestandsfestigkeit sogar et- nem Kapital erfolgt und es bei diesen somit gar nicht was schwächer. Nach den ersten 36 Monaten sind zu einem „Ausfall" kommen kann. Im Vergleich noch 66 % der Existenzgründungen aktiv, nach schneiden Gründungen, bei denen höhere Summen 60 Monaten noch 57 % (Grafik 14, links). Die Ab- über 25.000 EUR eingesetzt werden (unabhängig, bruchgründe sind vielfältig. Der weitaus größte Teil ob Eigenmittel oder Fremdkapital), bei der Bestands- der Gründerinnen und Gründer bricht in den ersten festigkeit deutlich besser ab (Grafik 14, rechts). Ins- 5 Jahren aus persönlichen Gründen ab, ohne unmit- besondere Gründerinnen und Gründer, die ganz telbaren wirtschaftlichen Zwang (Grafik 15, rechts). ohne Finanzkapital starten, zeigen höhere Abbruch- Beispiele für persönliche Gründe sind familiäre Bela- raten. Hier spielt der Gründungszweck eine Rolle: stung, Stress, Krankheit, Unzufriedenheit mit dem Solche Gründungen erfolgen häufiger zur vorüber- erzielten Einkommen oder weil sich eine bessere gehenden Einkommenserzielung, während höher Jobalternative ergab.8 Auch sind viele Gründungen kapitalisierte Gründungen langfristiger angelegt von vornherein befristet geplant, dies gilt insbeson- sind.9 dere für Nebenerwerbsgründungen. Die Corona-Krise hat sich 2020 klar in den Abbruch- Grafik 13: Bestandsfestigkeit von Existenzgrün- gründen niedergeschlagen. So hat sich der Anteil dungen steigt mit Kapitalausstattung von Abbrüchen wegen Unwirtschaftlichkeit bei bis zu Bestandsquoten von Gründungen in Prozent 5 Jahre alten Existenzgründungen 2020 gegenüber (Kaplan-Meier Überlebensfunktion) 2019 verdoppelt (Grafik 15). Insgesamt war bei et- 100 – 100 – was mehr als der Hälfte (56 %) der Abbrüche junger Existenzgründungen im Jahr 2020 die Corona-Krise 90 – 90 – 84 entscheidend.10 Bei diesen war mit 63 % größten- 80 – 80 – 81 teils Unwirtschaftlichkeit der Abbruchgrund. Weitere 69 66 18 % haben die Selbstständigkeit abgebrochen, weil 70 – 70 – sie ein besseres Jobangebot hatten, z. B. weil sie ih- 60 – 60 – 59 57 rer eigenen selbstständigen Tätigkeit aufgrund den 62 50 – 50 – 51 0 12 24 36 48 60 0 12 24 36 48 60 zur Corona-Eindämmung branchenweit angeordne- Monate nach Monate nach ter Betriebsschließungen nicht mehr nachgehen Gründung Gründung durften. Aber auch persönliche Gründe spielten bei Existen zgr ündun gen Grü ndung en ohne den coronabedingten Abbrüchen eine Rolle (14 %), (insg.) Kap ital einsatz Grü ndung en mit Kapital- wie bspw. aufgrund einer Covid-Erkrankung. einsatz bis zu 25 .00 0 E UR Grü ndung en mit Kapital- Grafik 15: Abbrüche aufgrund wirtschaftlichen einsatz üb er 2 5.0 00 EUR Zwangs durch Corona-Krise gestiegen Quelle: KfW-Gründungsmonitor. Anteile in Prozent aller Abbrüche von höchstens 5 Jahre alten Exi- stenzgründungen im jeweiligen Jahr Grafik 14: Früher Abbruch meist aus persönlichen 6 Anderer Grund 5 8 Gründen 14 16 24 26 18 19 22 Besseres Anteile in Prozent aller Abbrüche in den ersten 5 Jahren Jobangebot 28 Verkauf Anderer Grund 14 8 4 Übergabe 7 21 Besseres 38 29 21 Persönliche Gründe 27 48 Jobangebot 37 30 10 Bef ristet angelegt 32 Persönliche Gründe 10 16 20 Auf lösung 85 16 63 Bef ristet angelegt 14 16 Unwirtschaf tlichkeit 22 40 (inkl. Insolv enz) Unwirtschaf tlichkeit 32 30 21 25 21 27 (inkl. Insolv enz) 12 Art der Gru nd der 201 5 201 6 201 7 201 8 201 9 202 0 Coronabedingter Ja Nein Bee ndigun g Bee ndigun g Abbruch: 56 % 44 % Quelle: KfW-Gründungsmonitor. Quelle: KfW-Gründungsmonitor. 8 9 10 Seite 7
KfW Research ist noch nicht viel zu sehen. Deren Mindestkapitalein- Grafik 16: Entwicklung des Finanzeinsatzes bei ka- satz (75. Perzentil) ist im Beobachtungszeitrum von pitalintensivsten Gründungen hat sich abgekoppelt 8.000 auf 10.000 EUR gestiegen. Deutlicher wird der Kapitaleinsatz in Tausend Euro Trend bei den Gründungen, die zu den oberen 10 % 42 45 – mit dem höchsten Kapitaleinsatz gehören. Deren Min- 40 – destkapitaleinsatz (90. Perzentil) ist seit 2008 von 35 – 30 30.000 auf 42.000 EUR gestiegen. Diese Entwicklung 30 – ist auf Vollerwerbsgründungen zurückzuführen. Bei die- 25 – sen hat sich der Mindestkapitaleinsatz der oberen 10 % 20 – seit 2008 bis 2020 von 50.000 EUR auf knapp 90.000 EUR erhöht. Es war allerdings kein stetiger An- 15 – 8 10 stieg, sondern war vielmehr eine plötzliche Niveauver- 10 – schiebung. Lag das 90. Perzentil des Kapitaleinsatzes 5– 1,1 1,5 bei Vollerwerbsgründungen, also deren Mindestkapital- 0– '08 '09 '10 '11 '12 '13 '14 '15 '16 '17 '18 '19 '20 einsatz vor 2015 zwischen 30.000 und 60.000 EUR, Median 75. Perzentil 90. Perzentil liegt die Spanne von 2015 bis 2020 mit 70.000 bis 110.000 EUR deutlich darüber. Das könnte damit zu- Quelle: KfW Gründungsmonitor. sammenhängen, dass ab 2015 der Anteil von Grün- Grafik 17: Finanzierungsschwierigkeiten nur bei dungen aus Arbeitslosigkeit aufgrund des Arbeitsmarkt- gut jeder 10. Existenzgründung aufschwungs sich nochmals deutlich reduzierte. Finanzierungsschwierigkeiten in Prozent Finanzierungsprobleme nur bei wenigen Gründun- 25 – gen – bei Gründungsplanungen umso häufiger 19 20 20 In den vergangenen beiden Jahren war der Anteil an 20 – 16 17 17 16 15 14 Existenzgründungen, die externe Finanzmittel einge- 13 14 15 – 15 setzt haben, deutlich unterdurchschnittlich. Eine nahe- 10 11 10 – liegende Begründung wäre, dass häufigere Finanzie- 12 rungsschwierigkeiten zu den geringeren Anteilen ge- 5– führt haben. Dem ist jedoch nicht so. In beiden Jahren 0– ist der Anteil von Existenzgründungen, bei denen es '07 '08 '09 '10 '11 '12 '13 '14 '15 '16 '17 '18 '19 '20 Schwierigkeiten bei der Finanzierung gab, sehr niedrig Ban kkredi t ve rwe igert Eige nmittel fe hlen (2020: 11 % und 2019: 12 %, Grafik 17). Ban kkredi t aussichtslos Finanzieru ngsschwierig keiten Quelle: KfW Gründungsmonitor. Finanzierungsschwierigkeiten treten auf, wenn die Gründungsfinanzierung nicht wie erwartet realisiert Der potenziell beträchtliche Aufwand bei der Grün- werden kann. Beispielsweise wenn die eigenen Mittel dungsfinanzierung ist deshalb andererseits eine Her- der Gründerinnen und Gründer nicht ausreichen, exter- ausforderung, an der viele bereits bei der Gründungs- nes Kapital nicht oder nur eingeschränkt beschafft wer- planung scheitern. Um die Wirkung von Finanzierungs- den kann oder mehr Planungs- und Überzeugungsar- schwierigkeiten auf die Gründungstätigkeit zu beurtei- beit bei Kapitalgebern anfällt als gedacht. Speziell bei len, ist es deshalb unzureichend, alleinig die Betroffen- Fremdfinanzierungen sind Gründungen gegenüber be- heit bei realisierten Existenzgründungen zu betrachten reits etablierten Unternehmern systematisch im Nach- – schließlich wurde hier das Problem ja erfolgreich teil. So fehlen Gründerinnen und Gründern häufiger überwunden. Es muss auch ihre Bedeutung bei Grün- vertrauensbildende und risikomindernde Elemente wie dungsplanungen, insbesondere bei abgebrochenen, eine Unternehmerhistorie oder Sicherheiten. Zudem einbezogen werden. Im langjährigen Durchschnitt tre- haben sie häufig einen relativ geringen Kreditbedarf. ten etwa bei der Hälfte der Planabbrüche Finanzie- Aufgrund von Fixkosten ist die Vergabe kleinvolumiger rungsschwierigkeiten auf. Im Jahr 2020 ist der Anteil Kredite für Finanzinstitute aber weniger attraktiv. Der mit 31 % allerdings etwas geringer (Grafik 18). Im Ver- Aufwand, eine Gründungsfinanzierung unter Dach und gleich zu den 11 % bei realisierten Existenzgründun- Fach zu bringen, kann daher beträchtlich sein. Das ist gen sind Finanzierungsschwierigkeiten bei Planabbrü- der Grund, weshalb Finanzierungsschwierigkeiten in chen aber immer noch deutlich häufiger und sind Jahren häufiger sind, in denen sich Gründungen auch deshalb eine hohe Gründungsbarriere. häufiger über externes Kapital finanzieren. Die Finan- zierungsschwierigkeiten spiegeln dann den Akquisiti- onsaufwand wider. Seite 8
KfW-Gründungsmonitor 2021 Generell gilt: Je häufiger ein bestimmtes Problem bei Grafik 18: Finanzielles Risiko bei Abbrüchen von Planabbrüchen im Vergleich zu realisierten Gründun- Gründungsplänen häufigstes Hemmnis gen vorkommt (Saldo), desto häufiger dürfte dieses Häufigkeit Hemmnisse in Prozent Problem als Gründungsbarriere gewirkt und effektiv Gründungen Gründungsplanungen Gründungen verhindert haben. So gesehen stellt das fi- Hemmnisse Abgebrochen Noch bestehend nanzielle Risiko die größte Barriere für die Gründungs- Bürokratie 29 33 33 Belastung von Familie 23 31 27 tätigkeit (Saldo 32 Prozentpunkte), vor fehlender Finan- Kundenzugang 17 20 19 zierung (Saldo 20 PP) und der Abstiegsangst bei ei- Konjunktur 17 27 17 nem Scheitern (Saldo 17 PP). Kaufmännische Kenntnisse 16 19 13 Abstiegsangst bei Scheitern 13 30 18 Opportunitätskosten 12 26 20 Im Jahr 2020 fällt auf, dass die meisten Hemmnisse bei Finanzielles Risiko 11 43 27 Gründungen und Gründungsplanungen deutlich selte- Fachliche Qualifikation 11 17 18 ner auftraten als üblich. Dies dürfte auf die Corona- Fehlende Finanzierung 11 31 22 Krise zurückzuführen sein, die bereits viele Gründungs- Fehlende Mitarbeiter 11 15 19 Unausgereifte Geschäftsidee 11 24 22 interessierte abgeschreckt hat, bevor sie Gründungs- pläne entwickeln haben. Im Jahr 2020 haben also eher Quelle: KfW Gründungsmonitor. Gründungsinteressierte Gründungspläne geschmiedet Tabelle 2: Kritischere Sicht auf Gründungsstandort und realisiert, die sich schon konkreter mit der Selbst- Deutschland nach einem Jahr Corona-Krise ständigkeit beschäftigt hatten und entsprechend selte- Durchschnittliche Bewertung durch Gründerinnen und Gründer an- ner Hemmnisse wahrnahmen. hand gängiger Schulnoten von 1 (sehr gut) bis 6 (ungenügend) Gründerinnen und Gründer gehen mit Gründungs- 2015 2017 2018 2019 2020 standort Deutschland hart ins Gericht Freier Marktzugang 2,5 2,5 2,4 2,2 2,3 Die Benotung des Gründungsstandorts Deutschland Beratungsangebote* 2,6 2,7 2,8 2,7 2,6 durch Gründerinnen und Gründer war in den vergange- Gründerimage 2,4 2,5 2,5 2,4 3,1 nen Jahren sehr stabil. Die Faktoren Qualität der Infra- Schutz geistigen Eigentums 2,9 2,9 2,8 2,7 3,1 struktur, Beratungsangebote, Schutz geistigen Eigen- tums, Gründerimage und freier Marktzugang wurden Qualität der öff. Infrastruktur 2,3 2,7 2,6 2,7 3,2 mit Durchschnittsnoten zwischen 2 und 3 als gut bis Finanzierung über 3,3 3,4 3,4 3,1 3,3 Förderkredite befriedigend angesehen, wobei letztere am besten ab- Finanzierung über Bankkredite 3,7 3,6 3,7 3,7 3,7 schnitten. Die Faktoren Zugang zu öffentlichen Förder- Finanzierung über Venture 3,3 3,4 3,3 3,1 4,0 mitteln, Kreditverfügbarkeit, Zugang zu Wagniskapital, Capital gesetzliche Regelungen, steuerliche Belastung, Enga- Gesetzliche Regelungen* 3,2 3,3 3,1 3,0 4,3 gement der Politik, Berichtspflichten und das Bildungs- Steuerliche Belastung* 3,6 3,8 3,6 3,5 4,4 system wurden mit Durchschnittsnoten zwischen 3 und Engagement der Politik** 3,6 3,9 3,8 3,4 4,5 4 als befriedigend bis ausreichend angesehen (Tabelle Bildungssystem** 3,9 4,2 3,9 3,9 4,5 2). Bürokratie 3,5 3,7 3,6 3,3 4,6 (Info-/Berichtspflichten) Nach einem Jahr Corona-Krise gehen Gründerinnen * Für Belange von Gründerinnen und Gründern, Selbstständigen und und Gründer mit dem Gründungsstandort Deutschland Unternehmerinnen und Unternehmer. insgesamt nun hart ins Gericht. Nur die Benotungen ** In Bezug auf die Vermittlung unternehmerisch relevanter Kennt- nisse und Fähigkeiten. des freien Marktzugangs (2,3), der Beratungsangebote (2,6), des Zugangs zu öffentlichen Fördermitteln (3,3) Quelle: Jahre 2015–2019 Zusatzbefragungen zum KfW-Gründungs- monitor11, Jahr 2020 Gründerplattform Blitzbefragung1, jeweils unge- und die Kreditverfügbarkeit (3,7) blieben auf dem ge- wichtete Einschätzung der Antwortenden. wohnten Level. Die anderen Faktoren wurden dagegen etwa eine halbe Note bis eineinhalb Noten abgewertet Bei der Einordnung der Bewertung der Rahmenbedin- (0,4 bis 1,3). Die Benotungen der gesetzlichen Rege- gungen durch Gründerinnen und Gründer muss be- lungen (4,3; +1,3), von bürokratischen Informations- dacht werden, dass diese manche Faktoren schwerer und Berichtspflichten (4,6; +1,2) sowie der steuerlichen beurteilen können als andere. So kommt beispiels- Belastung (4,4; +0,8) verschlechterten sich am stärk- weise ein Großteil der Gründerinnen und Gründer ohne sten. Mit dem freien Marktzugang und den Beratungs- Kredite aus und nur ein sehr geringerer Teil ist auf angeboten werden nun nur noch zwei Faktoren besser Wagniskapital angewiesen. Die Benotung dieser Fakto- als befriedigend benotet, während sechs Faktoren als ren beruht daher oft nicht auf der eigenen Gründungs- höchstens ausreichend angesehen werden. erfahrung, sondern auf allgemeinen Informationen wie Medienberichten oder sogar auf Bauchgefühl. Deshalb Seite 9
KfW Research bewerten Gründerinnen und Gründer die Rahmenbe- Auch bezüglich der Verfügbarkeit von Beratungsange- dingungen typischerweise auch kritischer als Expertin- boten gibt es eine große Bewertungsdifferenz. Bera- nen und Experten, die im Rahmen ihrer täglichen Ar- tungsangebote werden von Gründerinnen und Grün- beit mit Gründungen oder dem Gründungsgeschehen dern 2020 zwar als zweitbeste Rahmenbedingung an- zu tun haben. Auch 2020 sind Bewertungsdiskrepan- gesehen, in der Benotung zeigt sich mit gut bis befrie- zen zu sehen (Grafik 19) – teilweise sehr deutliche. So digend aber noch Verbesserungspotenzial. Die Exper- bewerten Expertinnen und Experten das Engagement tinnen und Experten benoten die Verfügbarkeit von Be- der Politik (3,6; -0,9), die steuerliche Belastung ratungsangeboten dagegen im sehr guten Bereich. Der (3,5; -0,8), die Verfügbarkeit von Beratungsangeboten Unterschied kann zum einen dadurch zu Stande kom- (1,8; -0,8) sowie die Finanzierungsmöglichkeiten über men, dass Gründerinnen und Gründer nicht alle (auch Förderkredite (2,6; -0,7) um jeweils fast eine ganze kostenlose) Beratungsangebote kennen und somit de- Note besser als die Gründerinnen und Gründer. ren Verfügbarkeit schlechter benoten als sie ist.15 Zum anderen gehört Gründungsberatung auch zum berufli- Das Engagement der Politik wird von den Gründerin- chen Alltag vieler der Expertinnen und Experten, nen und Gründern als ausreichend bis mangelhaft be- weshalb es sich hier teilweise auch um eine Bewertung notet. Bei dieser Bewertung dürften die Eindrücke des der eigenen Arbeit und deshalb nicht uneingeschränkt Corona-Krisenmanagements, mit dem viele Selbststän- um eine objektive Expertensicht handelt. dige unzufrieden sind, eine große Bedeutung haben. Expertinnen und Experten beziehen bei ihrer Bewer- Übereinstimmungen zwischen Gründer- und Experten- tung dagegen vermutlich positiv mit ein, dass Grün- meinung gibt es bei der Bewertung des Images von derthemen in den letzten Jahren auf der wirtschaftspo- Gründerinnen und Gründern und bei der Qualität der litischen Agenda deutlich nach oben gerutscht sind, wie öffentlichen Infrastruktur, die jeweils als befriedigend die 2018 ausgerufene „Gründungsoffensive“ GO!12 angesehen wird. Deutlich schlechter als Gründerinnen zeigt. Die Gründungsoffensive umfasst Maßnahmen und Gründer ist die Expertensicht bezüglich der Ver- wie den Ausbau bestimmter Förderinstrumente zur mittlung unternehmerischer Kenntnisse und Fähigkei- Gründungsfinanzierung, aber auch schwieriger zu be- ten im Bildungssystem. Expertinnen und Experten be- wältigende Vorhaben wie die Stärkung der Gründungs- werten hier die Bedingungen mit „mangelhaft“. Dieser kultur in Deutschland. Aspekt lag in der Vergangenheit aus Gründersicht mit befriedigend bis ausreichend am Ende des Rankings Die Finanzierungsmöglichkeiten über Förderkredite se- und wurde 2020 auch nochmals abgewertet, aber trotz- hen Gründerinnen und Gründer als gerade noch befrie- dem von bürokratischen Informations- und Berichts- digend an, Expertinnen und Experten bewerten diese pflichten auf dem letzten Platz abgelöst – ein Aspekt mit gut bis befriedigend dagegen klar besser. Hier kann der bei Expertinnen und Experten auch nur ein „ausrei- wie bereits erwähnt eine Rolle spielen, dass es Grün- chend“ erhält. Der Bedarf, sowohl gründungsbezogene derinnen und Gründern schwerfällt, mangels eigener Inhalte stärker in deutsche Schulen zu bringen als auch Erfahrung diesen Punkt zu bewerten – so waren 45 % bürokratische Prozesse und Anforderungen grün- so offen zu sagen, diesen Punkt nicht beurteilen zu dungsfreundlicher zu gestalten, ist also groß. Initiati- können (dies gilt mit 50 und 67 % noch stärker für Fi- ven, um das Interesse an unternehmerischem Denken nanzierungsmöglichkeiten über Bankkredite und Ven- und Handeln bei Schülerinnen und Schülern zu wek- ture Capital)13. Expertinnen und Experten haben dage- ken, gibt es bereits einige.16 Darüber hinaus sollte dar- gen eher einen umfassenderen Überblick über die vor- über nachgedacht werden, „Entrepreneurship Educa- handenen Angebote und wissen teilweise aus ihrer täg- tion“ fest im Lehrplan zu verankern.17 Aber selbst dafür lichen Arbeit, wo und wie Förderkredite zu beantragen zu sorgen, dass in Schulbüchern ein ausgewogenes sind. Was die öffentliche Förderung angeht, gibt es im Bild von Unternehmertum und Selbstständigkeit darge- internationalen Vergleich kein Land, das in der Exper- stellt wird, wäre schon ein „Quick Win“.18 Potenzial für teneinschätzung signifikant besser abschneidet als Bürokratieabbau liegt besonders in der umfassenden Deutschland. Die deutsche öffentliche Förderinfrastruk- Digitalisierung der Verwaltung (E-Government).19 tur setzt international offenbar Maßstäbe.14 Dies weist darauf hin, dass die Bemühungen noch intensiver wer- Auffallend ist, dass Gründungsplanerinnen und -planer den sollten, Gründerinnen und Gründern einen besse- eine deutlich weniger kritische Sicht auf die Rahmen- ren Überblick über die Fördervielfalt zu verschaffen. bedingungen haben als die Gründerinnen und Gründer. Sie bewerten die einzelnen Faktoren meist ähnlich wie die Expertinnen und Experten – teilweise sogar Seite 10
KfW-Gründungsmonitor 2021 Grafik 19: Noten für den Gründungsstandort Deutschland im Vergleich zwischen Gründer/innen, Planer/innen sowie Expertinnen und Experten Durchschnittliche Bewertung durch Gründerinnen und Gründer anhand gängiger Schulnoten von 1 (sehr gut) bis 6 (ungenügend) * Für Belange von Gründerinnen und Gründern, Selbstständigen und Unternehmerinnen und Unternehmer. ** In Bezug auf die Vermittlung unternehmerisch relevanter Kenntnisse und Fähigkeiten. Quelle: Gründerplattform Blitzbefragung und Partnerbefragung1, jeweils ungewichtete Einschätzung der Antwortenden. besser (Grafik 19). Das harte Urteil der Gründerinnen Grafik 20: Gründungsstandort Deutschland mit und Gründer über die Rahmenbedingungen könnte guten Werten im Benchmarkvergleich auch Ausdruck ihres Ärgers über die (meist negativen) National Entrepreneurship Context Index (NECI) Score (0–10) geschäftlichen Krisenauswirkungen sein – eine Kompo- 2018 2019 2020 nente, die bei den Planerinnen und Planern noch nicht Deutschland 5,4 5,0 4,9 zum Tragen kommt. Frankreich 5,6 Griechenland 4,3 4,1 4,3 Israel 5,1 4,8 5,3 Gründungsstandort Deutschland im internationalen Italien 4,5 4,3 4,1 Vergleich gut mit Luft nach oben Luxemburg 5,7 5,2 5,0 Niederlande 6,5 6,0 6,3 In Deutschland gibt es ohne Frage einige gründungsre- Norwegen 5,5 5,7 levante Faktoren, die besser werden müssen. Rah- Österreich 5,5 4,8 Polen 5,2 4,2 menbedingungen, die als ausreichend – oder sogar Schweden 5,4 4,9 4,5 schlechter – gelten, sollte es nicht geben. Aus Exper- Schweiz 5,7 6,0 5,4 Spanien 5,4 5,2 4,7 tensicht steht der Gründungsstandort Deutschland im USA 6,0 5,3 5,2 internationalen Vergleich aber besser da, als die teil- Vereinigtes Königreich 4,9 4,8 5,0 weise schlechten Noten vermuten lassen. Im Rahmen Quelle: Global Entrepreneurship Monitor.21 des Global Entrepreneurship Monitors werden die Ein- schätzung von Expertinnen und Experten zu grün- Das Expertenurteil für Deutschland fällt im Vergleich zu dungsrelevanten Rahmenbedingungen in vielen Län- seinen europäischen Benchmarks und den USA gut dern vergleichbar erhoben, als Index (Score) zusam- aus (Grafik 20). Die Indexwerte in den vergangenen mengefasst und gegenübergestellt. Da viele Länder drei Jahren liegen in der Nähe von „Start-up-Nationen“ nicht kontinuierlich teilnehmen, ist ein Rankingvergleich wie den USA, dem Vereinigten Königreich oder Israel. und die Beurteilung von Positionsveränderungen nicht Ein klarer, stetiger Rückstand zeigt sich nur im Ver- sinnvoll. Gleiches gilt für jährliche Veränderungen der gleich zu den Niederlanden, Norwegen und teilweise Scores, da die Zusammensetzung der Expertenpanels der Schweiz – das Ziel sollte sein, hinsichtlich ihrer über die Zeit variiert und dies insbesondere bei kleinen gründungsfreundlichen Rahmenbedingungen zu diesen Panels bereits zu unterschiedlichen Bewertungen füh- Ländern aufzuschließen. ren kann.20 Ein Benchmarkvergleich gibt aber dennoch einen Eindruck, wie es um Deutschland als Grün- dungsstandort steht.
KfW Research Gründungstätigkeit 2021 wird von coronabedingt Grafik 21: Deutlich weniger Gründungsplanungen – verschobenen Gründungen aus 2020 profitieren insbesondere mit fernerem Zeithorizont Wie bereits bei der Diskussion der Gründungshemm- Erwerbsfähige mit Gründungsplänen in Prozent nisse erläutert wurde, hat die existenzbedrohende 12 – Lage, in die viele Selbstständige verschiedenster Bran- 10 – chen durch die Corona-Krise gerutscht sind, bereits 8– viele Gründungsinteressierte abgeschreckt, bevor sie Gründungspläne entwickeln haben. Entsprechend 6– 6,4 stark ist die „Planungstätigkeit“ 2020 eingebrochen 4– 5,6 4,4 (Grafik 21). Weil 2020 also eher fester entschlossene 4,1 2– 3,2 Gründungsinteressierte Gründungspläne geschmiedet 2,9 2,6 0– haben, ist gleichzeitig der Anteil wieder verworfener '08 '09 '10 '11 '12 '13 '14 '15 '16 '17 '18 '19 '20 Gründungspläne gesunken. So sank die Quote beste- Ver wor fen e G ründun gspläne hender Gründungspläne bei den Erwerbsfähigen im Bestehend e G ründu ngspläne, davon: Plan umse tzung binn en 12M "wa hrsche inlich" Jahresvergleich von 6,4 (2019) auf 4,4 %. Die Zahl der „Nascent Entrepreneurs“ also von Personen, die sich Die Anteile basieren auf den Antworten zu den Fragen: „Haben Sie sich in den letzten 12 Monaten einmal ernsthaft damit be- im Gründungsprozess befinden, ging somit deutlich zu- schäftigt, sich selbstständig zu machen – sei es im Voll- oder im Ne- rück.22 benerwerb?“, „Haben Sie diese Pläne inzwischen wieder aufgege- ben?“ und „Werden Sie mit Ihrer geplanten Selbstständigkeit die Ge- schäftstätigkeit voraussichtlich in den nächsten zwölf Monaten auf- Ein Ausdruck der größeren Entschlossenheit der Grün- nehmen?“. dungsplanerinnen und -planer 2020 zeigt sich auch Quelle: KfW-Gründungsmonitor. darin, dass die Quote derjenigen, die ihre Geschäftstä- tigkeit innerhalb der nächsten 12 Monate aufnehmen Die Corona-Krise hat viel wirtschaftliche Unsicherheit wollen, von 3,2 (2019) nur auf 2,6 % der Erwerbsfähi- gebracht und damit die Gründungstätigkeit belastet.24 gen gesunken ist und somit weniger stark als die Pla- Nach Bewältigung der Krise wird sich diese Unsicher- nungstätigkeit insgesamt. heit wieder verringern und die üblichen Gründungs- hemmnisse werden wieder in den Vordergrund treten. Die im Vergleich zur Gründungsquote hohe Planungs- Für die Stimulierung der Gründungstätigkeit gilt es, quote heißt, dass viele Gründungsplanungen nie in die diese Gründungshemmnisse abzubauen. Das finanzi- Tat umgesetzt werden. Dennoch ist die Veränderung elle Risiko ist dabei seit Jahren die höchste Grün- der Planungsquote normalerweise ein guter Indikator dungsbarriere (Grafik 18). Zum Jahresbeginn 2021 trat für die Entwicklung der Gründungsquote im Folge- eine neuerliche Reform des Insolvenzrechts in Kraft: jahr.23 Denn der Prozess von Idee bis Umsetzung dau- die Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens.25 ert im Durchschnitt mehrere Monate. Weil die Corona- Restschuldbefreiung bedeutet, im Fall einer Insolvenz Krise viele Gründungspläne durcheinanderbrachte, ist nach einer bestimmten Frist verbliebene Schulden er- der Zusammenhang zwischen Planungs- und Grün- lassen zu bekommen. Die Verfahrensverkürzung ist dungquote aktuell aber weniger eng. Die geringere Pla- eine Maßnahme, die grundsätzlich das finanzielle Ri- nungsquote 2020 ist daher nur auf den ersten Blick ein siko für Gründerinnen und Gründer senkt, da im Fall ei- negatives Signal für die Gründungstätigkeit 2021. Denn ner Insolvenz Schuldenfreiheit schneller erreicht und viele dieser Gründungsplanerinnen und -planer wollten somit ein finanzieller Neuanfang gestartet werden eigentlich bereits 2020 gründen, haben ihre Pläne aber kann. aufgrund der Corona-Krise verschoben. Sie sind im Planungsprozess daher schon weiter als die Planerin- Die Frage ist nun, ob sich die Reform tatsächlich posi- nen und Planer der vergangenen Jahre zum vergleich- tiv auf die Gründungstätigkeit auswirken wird. Gründe- baren Zeitpunkt und somit auch näher an der Realisie- rinnen und Gründer – wie auch Selbstständige insge- rung. Davon dürfte die Gründungstätigkeit 2021 profi- samt – sind diesbezüglich eher skeptisch: Weniger als tieren. Zudem sagen die Prognosen für Konjunktur und ein Fünftel sind der Meinung, dass die Aussicht auf Arbeitsmarkt 2021 Verbesserungen voraus, die sich im schnellere Schuldenfreiheit zu mehr Gründungen füh- Nettoeffekt auch eher positiv auf die Gründungstätig- ren wird (Grafik 22). keit auswirken dürften. Wie bereits erläutert, sind Gründerinnen und Gründer bei der Bewertung von Gründungshemmnissen aber nur eine Seite der Medaille, schließlich haben sie mit ihrer Gründung die Hemmnisse erfolgreich überwun- den. Die Beurteilung durch Gründungsplanerinnen und Seite 12
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