Erfahrungsbericht Sokrates/ Erasmus Université de Provence Aix-Marseille I

Die Seite wird erstellt Yannik Schrader
 
WEITER LESEN
Erfahrungsbericht Sokrates/ Erasmus
                   Université de Provence Aix-Marseille I
                                 2008/2009

Vorbereitungen:

Ein Jahr mit Erasmus muss sehr gut vorbereitet werden! Die ganze Arbeit, die
dahinter steht, ist man sich in dem Umfang nicht wirklich bewusst, wenn man die
ersten Informationsveranstaltungen besucht. Aber es lohnt sich in jedem Fall
das Ganze auf sich zu nehmen. Nachdem die ersten Veranstaltungen besucht
wurden, musste ich das Learning Agreement erstellen und die dazugehörigen
Unterschriften einsammeln. Das ist leider nicht so einfach: Schon die Homepage
der Université de Provence ist nicht so leicht durchschaubar, aber nach einigem
Suchen habe ich dann doch die universitären Veranstaltungen gefunden, die
jedoch noch nicht für das neue Jahr aktualisiert waren. Im Großen und Ganzen
heißt das also, dass das Learning Agreement eher eine Formalität ist und vor Ort
erst genau geklärt werden kann, welche Kurse besucht werden können. Einige
Sachen stehen auch nicht im Internet, sondern werden per Aushang in der Uni
bekannt gegeben. Die Unterschrift der Partneruniversität für mein Learning
Agreement habe ich übrigens nie erhalten und musste diese direkt vor Ort
besorgen.

Danach konnte auch die Wohnungssuche beginnen, da ich das Ziel hatte nicht im
Studentenwohnheim zu wohnen. Davon wurde mir nämlich dringlichst abgeraten,
da diese sich in einem schlechten Zustand befinden. Leider war die
Wohnungssuche leider zunächst nicht sehr erfolgreich, da diverse
Internetseiten, welche zur Wohnungs- und WG-Suche dienen, nicht ihren
erhofften Dienst erwiesen. Man muss wissen, dass Aix-en-Provence die
zweitteuerste Stadt Frankreichs ist, was die Wohnungspreise betrifft und
somit findet man nur selten Angebote, die unter 400 Euro sind. Darüber hinaus
war das Ganze auch recht schwierig über die Entfernung zu klären und das
Interesse potenzieller Mitbewohner schwand dann auch recht schnell. Eine
Wohnung habe ich dann letztendlich per Zufall durch eine kleine Annonce im
StudiVZ gefunden. An diesem Punkt möchte ich euch in jedem Fall den Tipp
geben die Wohnungssuche direkt vor Ort durchzuführen (wie wär’s mit einem
verlängertem Wochenende im Mai in Aix?), da ich auch einige Beispiele kenne, wo
Leute sehr übers Ohr gehauen wurden, weil diese sich ihre Wohnung im Voraus
nicht anschauen konnten.

Soweit war also alles Grobe geregelt. Ich musste mich nur noch um eine
Auslandsversicherung kümmern, da meine Versicherung hier in Deutschland nur
einen Auslandsversicherungsschutz bei Aufenthalt von weniger als 3 Monaten
bietet. Ich habe mich wie einige andere Erasmusstudierende für den
Versicherungsschutz an den ADAC gewandt. Leider ist das Ganze recht teuer,
aber dennoch war es eine der billigsten Methoden, die ich gefunden habe.
Was Auslandsbafög betrifft, sollte man sich auch frühzeitig darum bemühen und
sich an das Bafögamt Mainz-Bingen wenden, da diese für Frankreich zuständig
sind. Ich kann euch leider jetzt schon versichern, dass man einen langen Atem
braucht, um letztendlich diesen Antrag durchzubekommen und alle Formblätter
und weitere Formulare zusammen zu bekommen. Also unbedingt sofort darum
kümmern.

Ankunft
Als soweit alle Formalitäten geregelt waren, konnte ich mich nun auf die Reise
begeben. In Aix-en Provence angekommen, machte ich mich auch schon sehr
bald auf den Weg ins „Buro des relations internationales“, die dort meine
endgültige Einschreibung vornahmen, meinen Studentenausweis erstellten, mir
endlich mein Learning Agreement, welches ja sogar vor den Ferien von mir
abgeschickt wurde, aushändigten und nannten mir meine Tutorin, mit der ich
mich auch sehr rasch in Verbindung setzte. Allerdings muss man dazu sagen, dass
die Mitarbeiter in dem internationalen Büro manchmal ein wenig überfordert
sind und somit nicht immer sehr freundlich. Manchmal kommt man sich vor, wie
bei einer Fließbandabfertigung, was auch gut verständlich ist bei der hohen
Anzahl an ausländischen Studierenden (mehr als 800). Allerdings war meine
Tutorin Mme Hazael-Massieux während des ganzen Aufenthaltes das Beste, was
mit in Aix passieren konnte: Sie nimmt sich besonders viel Zeit für die
ausländischen Studierenden, antwortet immer direkt auf e-Mails, und kümmert
sich um jegliche Probleme, auch wenn es sich um uniexterne Dinge handelt. Sie
konnte mir dann auch bestens bei der Erstellung meines definitiven Learning
Agreements helfen, mir von Kursen abraten oder auch Kurse oder Professoren
besonders empfehlen. Ebenso hat sie mir geholfen, Scheine in meinem Zweitfach
Sport erlangen zu können und hat sich dafür eingesetzt, dass ich eine
Sportkarte und somit die Berechtigung zwei benotete Sportkurse pro Semester
besuchen zu können, erhalten habe.
In der Woche vor Jahresbeginn wurden auch mehrere Führungen organisiert,
wie beispielsweise eine Universitätsführung, Bibliotheksführung und eine kleine
Stadtführung für die ERASMUS-Studierenden. Auch im Programm enthalten
war ein kleiner Ausflug nach Avignon und Pont du Gard, der dazu dienen sollte
viele ERASMUS-Studenten kennen lernen zu können.
Also alles in Allem ein gelungener Start in das „l’année universitaire“, nicht nur
was organisatorische Angelegenheiten betrifft, sondern ebenso was das soziale
Leben betrifft, wie Knüpfung von Kontakten zu anderen ausländischen
Studierenden, Kennen lernen der Universität, Region und Stadt. Nicht zuletzt
sollten an dieser Stelle ebenso die zahlreichen New- Students-Partys genannt
werden.

Die Universität und universitäre Veranstaltungen
Dieses Kapitel meines Erfahrungsberichtes schneidet leider nicht ganz so gut
ab. Leider muss man festhalten, dass die Université de Provence nicht nur sehr
sanierungsbedürftig ist, sondern ebenso technisch einiges gemacht werden
müsste. Daher wurde diese Universität auch als eine der baufälligsten
Frankreichs klassifiziert und soll eine Rundumsanierung in den nächsten Jahren,
welche von dem Staat bezuschusst wird, erfahren. Die Universität ist von außen,
wie auch von innen mit großen Mängeln behaftet, so kommt es auch nicht selten
vor, dass Seminarräume mit mangelnden Tisch- und Sitzgelegenheiten
ausgestattet sind, technische Medienhilfen, wie Beamer, nur sehr selten in den
Räumen vorkommen und darüber hinaus alles sehr marode erscheint: Die
elektrischen Kabel, die in den Fluren hinunter hängen, sind nur eins von mehreren
nennenswerten Beispielen.
Was der Universität jedoch hoch angerechnet werden muss, ist die große
Auswahl an Lehrveranstaltungen. Da man als ERASMUS-Student einige
Freiheiten genießen kann, bietet das Vorlesungsverzeichnis des Departements
„Lettres modernes“ eine große Bandbreite an Kursen an, so dass man eine breite
Auswahl an Linguistik-, Literatur- und Fachdidaktikkursen finden kann. Dieses
Spektrum hat mich sehr erstaunt und mich darüber hinaus motiviert bereits
noch unbekannte Themengebiete, wie Créoles, näher erforschen zu können.
In den ersten Wochen habe ich sehr viele universitäre Veranstaltungen besucht,
um im Anschluss für mich entscheiden zu können, welche mich am meisten
ansprechen. Dies ist eine gute Möglichkeit zu sehen, welche Themengebiete
einen reizen können und in welchen Kursen man sich eventuell doch im Bezug auf
das Niveau überfordert fühlt.
Zunächst musste ich mich stark an das französische System gewöhnen: So ist es
auch nicht selten, dass man einen vierstündigen Kurs am Stück mit nur einer
Fünfminuten Pause hat. Der deutsche Stil den Studenten möglichst viel zu
integrieren und diesen im Kurs intervenieren zu lassen, wird hier auch nicht
berücksichtigt. Hier handelt es sich eher um Frontalunterricht. Man gewöhnt
sich jedoch schnell an das System und lernt dieses ebenso zu schätzen, da
manchmal ein guter Professor mehr rüberbringen kann, als Studenten.
Die Prüfungen sind auch alle gut verlaufen und waren widererwartend auch nicht
zu schwierig. Oftmals gehen die Professoren sehr auf die ERASMUS-
Studierenden ein, geben diesen eventuell ein paar Bonuspunkte oder geben
diesen die Möglichkeit durch eine zusätzliche Arbeit einen Ausgleich zu einer
schlechten Klausurnote zu schaffen.
Leider war das zweite Semester von einem generellen Streik der Professoren
und Studenten geprägt, so dass die Universität komplett blockiert wurde und
man somit keinen Zugang zur Uni hatte. Studieren war in während dieser Zeit
nur mit Ausnahme in den Stadtparks, bei Sitzblockaden auf den Hauptstraßen
und an Uniexternen Gebäuden möglich. Somit hat sich ein Stundenplan rasch von
einer 20 Stunden-Woche auf eine 3 Stunden-Woche reduziert. Dank Mme
Hazael-Massieux und Kooperation mit der Universität Marburg konnte ich mir
diesen Streik jedoch zu Nutzen machen und an dem Institut für Langage et
Paroles bereits mit den Recherchen zu meiner Examensarbeit beginnen. In
diesem Institut wurde ich perfekt betreut, was einen eigenen Computer,
Internet, Drucker, Kopierer und nette Bibliothekarinnen betrifft.

Das soziale Leben
Das uniexterne Leben in Aix-en-Provence ist einfach perfekt. Es gibt keine
bessere Möglichkeit in das kulturelle Leben Frankreichs einzutauchen, als das
Savoir-vivre in Südfrankreich kennen zu lernen. Den Einblick in die Sprache
Occitan, das südländische Leben, die vielen Straßencafés, die wunderschöne
Region und die vielen Studenten sind nur ein paar Gründe unter vielen, weshalb
sich ein ERASMUS-Jahr in Aix besonders eignet.
Die Region bietet ein großes Spektrum an Entdeckungsmöglichkeiten, angefangen
mit malerischen Dörfern im Luberon, über haute Culture an der Côte d’Azur bis
hin zu kultureller Vielfalt in Marseille. Die atemberaubende Landschaft und der
Hausberg Saint Victoire, welcher schon Cézanne damals malte, sind schon Grund
alleine Aix zu lieben und immer wieder neue Seiten der Region zu erforschen.
Vielleicht könnt ihr euch ja auf die Spuren der Kräuter de Provence machen…
Was das Nachtleben betrifft, kommt man in Aix-en-Provence auch nicht zu kurz.
Einmal wöchentlich gibt es eine International Students Party, in den
Wohnheimen ist auch immer was los und ansonsten findet sich immer was in Aix
dank der zahlreichen Bars und Kneipen. Aix-en-Provence ist die
Universitätsstadt Frankreichs schlechthin!
Falls du sportlich sein solltest, gibt es auch sehr viele Assoziationen, die
Sportarten von Klettern bis hin zu Yoga und Salsakursen anbieten. Auch der ein
oder andere Theaterkurs wird angeboten.

Alles in allem lässt sich also festhalten, dass Aix-en-Provence die perfekte
Stadt ist, um ein Auslandsjahr zu verbringen und ich bin sehr froh, dass ich
diese Erfahrung machen durfte. Das milde mediterrane Klima, die Umgebung und
die reiche Fülle an Studienmöglichkeiten sind schon Grund allein ein
Auslandsstudium in Aix-en-Provence zu planen. Die perfekte Betreuung ist
darüber hinaus ein großer Pluspunkt, da man sich auch in schwierigen Situationen
nie allein gelassen fühlt.

Links
http://siuaps.aix.univ-cezanne.fr/
http://www.univ-provence.fr/
http://www.aixenprovencetourism.com/
http://onvasortir.com/
Sie können auch lesen