Erkrankungen durch genetische Mosaike - Übersichtsarbeit - Deutsches Ärzteblatt

Die Seite wird erstellt Jana Vollmer
 
WEITER LESEN
Erkrankungen durch genetische Mosaike - Übersichtsarbeit - Deutsches Ärzteblatt
MEDIZIN

Übersichtsarbeit

Erkrankungen durch genetische Mosaike
Ute Moog, Ute Felbor, Cristina Has, Birgit Zirn

                                                                                                         B
                                                                                                               ei genetisch bedingten Erkrankungen liegt die
Zusammenfassung                                                                                                krankheitsverursachende genetische Veränderung
                                                                                                               meist in allen Körperzellen vor. Von einem Mosa-
Hintergrund: Genetische Mosaike entstehen durch Neumutationen, die sich erst
                                                                                                         ikstatus spricht man hingegen, wenn nicht alle Körper-
nach der Befruchtung (postzygotisch) ereignen. Mosaike wurden in den letzten
                                                                                                         zellen die gleiche genetische Ausstattung haben und in
Jahren als Ursache einer größeren Zahl von Erkrankungen beschrieben. Es handelt
                                                                                                         einem Teil der Zellen eine pathogene Veränderung vor-
sich vor allem um neurokutane Erkrankungen und syndromale Entwicklungs-
                                                                                                         kommt. Erkrankungen durch genetische Mosaike, wie
störungen mit charakteristischem Phänotyp. Teilweise besteht eine Tumordisposition.
                                                                                                         zum Beispiel durch postzygotisch entstandene Chro-
Der vorliegende Artikel gibt einen Überblick über ausgewählte Mosaik-Erkrankungen.
                                                                                                         mosomenfehlverteilungen, sind schon lange bekannt.
Methode: Es erfolgte eine selektive Literaturrecherche in PubMed mit besonderem                          Eine Mosaik-Trisomie 21 etwa wurde bereits 1961 be-
Fokus auf hochrangig publizierte, aktuelle Arbeiten zu den Themen asymmetrische                          schrieben (1). Prinzipiell kann auch jede monogene Er-
Wachstumsstörungen, fokale Hirnfehlbildungen, Mosaik-Erkrankungen aufgrund einer                         krankung als Mosaik vorliegen und dann mit einer mil-
Fehlregulation des RAS/RAF-Signalwegs (Mosaik-RASopathien) und vaskuläre                                 deren oder atypischen Verlaufsform einhergehen als bei
Malformationen.                                                                                          Mutationen, die alle Körperzellen betreffen.
                                                                                                            Neue Verfahren der Genomanalyse, besonders das
Ergebnisse: Die Identifizierung postzygotischer Mutationen hat zur Reklassifizierung
                                                                                                         2005 eingeführte Verfahren der Hochdurchsatzsequen-
traditioneller Krankheitsbilder geführt und zu einem besseren pathogenetischen
                                                                                                         zierung „next generation sequencing“ (NGS), haben
Verständnis beigetragen. Die Diagnosestellung wird durch den Einsatz moderner
                                                                                                         den Nachweis von Mosaiken und hierdurch das Ver-
„next generation sequencing“(NGS)-Verfahren erleichtert, mit denen auch niedrig-
                                                                                                         ständnis von Mosaik-Erkrankungen stark vorangetrie-
gradige Mosaike festgestellt werden können. Viele Mosaik-Mutationen sind nicht
                                                                                                         ben (2). Pionierarbeit wurde bei Erkrankungen geleis-
im Blut nachweisbar, sondern nur im betroffenen Gewebe, zum Beispiel der Haut.
                                                                                                         tet, die ausschließlich in Mosaikform vorzukommen
Genetische Mosaik-Erkrankungen manifestieren sich häufig an der Haut und am
                                                                                                         scheinen. Sie werden durch Mutationen in zentralen
Gehirn sowie durch faziale Dysmorphien, asymmetrische Wachstumsstörungen und
Gefäßfehlbildungen.
                                                                                                         Signalwegen hervorgerufen, die letal wären, wenn sie
                                                                                                         konstitutionell (in allen Zellen) vorlägen (3, 4). Diese
Schlussfolgerung: Besonders bei asymmetrischen Wachstumsstörungen,                                       Erkrankungen äußern sich klinisch häufig durch einen
fokalen neuronalen Migrationsstörungen, Gefäßfehlbildungen und linienförmigen                            partiellen Großwuchs, fokale Hirnfehlbildungen, kuta-
Hauterscheinungen sollte bei der Diagnostik an eine Mosaik-Erkrankung gedacht                            ne Symptome und Gefäßfehlbildungen. Jedes Krank-
werden. Der Nachweis eines postzygotischen Mosaiks bedeutet für Eltern eines                             heitsbild für sich ist selten, zusammen bilden sie aber
betroffenen Kindes oft eine Entlastung, da für weitere Kinder in der Regel kein                          eine wachsende Gruppe von erkennbaren Krankheits-
erhöhtes Wiederholungsrisiko besteht. Die korrekte Klassifizierung ist wichtig, da                       bildern mit richtungsweisenden Auffälligkeiten (5–8).
für einige Mosaik-Erkrankungen, zum Beispiel für „PIK3CA-related overgrowth                              Nicht selten besteht eine Tumordisposition.
spectrum“ (PROS) mit einem PIK3CA-Inhibitor bereits molekulare Therapieansätze                              Der Nachweis einer Mosaik-Erkrankung kann thera-
zur Verfügung stehen.                                                                                    peutisch relevant sein, erfordert aber einen gerichteten
                                                                                                         Verdacht und eine geeignete Methodenwahl bei der ge-
Zitierweise
                                                                                                         netischen Diagnostik, da der Nachweis meist nicht im
Moog U, Felbor U, Has C, Zirn B: Disorders caused by genetic mosaicism.
Dtsch Arztebl Int 2020; 117: 119–25. DOI: 10.3238/arztebl.2020.0119
                                                                                                         Blut gelingt. Dieser Artikel gibt, ohne Anspruch auf
                                                                                                         Vollständigkeit zu erheben, einen Überblick über Krank-
                                                                                                         heiten durch genetische Mosaike und möchte aufzeigen,
                                                                                                         wann eine Mosaik-Erkrankung in Betracht gezogen wer-
                                                                                                         den sollte. Er stellt ausgewählte Krankheitsbilder vor
                                                                                                         und erläutert das diagnostische Prozedere.

                                                                                                         Methode
                                                                                                         Die Darstellung der Krankheitsgruppen und die Aus-
                                                                                                         wahl der beschriebenen Entitäten beruht auf unserer
Institut für Humangenetik, Universitätsklinikum Heidelberg: Prof. Dr. Dr. med. Ute Moog                  Expertenmeinung. Für folgende Begriffe führten wir
Institut für Humangenetik, Universitätsmedizin Greifswald und Interfakultäres Institut für Genetik und
                                                                                                         eine selektive Literaturrecherche in PubMed durch,
Funktionelle Genomforschung, Universität Greifswald: Prof. Dr. med. Ute Felbor                           jeweils unter gleichzeitiger Verwendung des Begriffs
Klinik für Dermatologie und Venerologie, Universitätsklinikum Freiburg, Medizinische Fakultät,           „genetic“: „focal cortical dysplasia“ (90 Treffer),
Albert-Ludwigs-Universität Freiburg: Prof. Dr. med. Cristina Has                                         „hemimegalencephaly“ (29 Treffer), „mosaic RASopathy“
          ®
genetikum , Genetische Beratung und Diagnostik, Stuttgart: Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Birgit Zirn      (4 Treffer), „PIK3CA related overgrowth spectrum“

Deutsches Ärzteblatt | Jg. 117 | Heft 8 | 21. Februar 2020                                                                                                   119
Erkrankungen durch genetische Mosaike - Übersichtsarbeit - Deutsches Ärzteblatt
MEDIZIN

  GRAFIK 1

                                                                                                                                                 normales Allel in
                                                                                                                                                 homozygotem Zustand

                                                                                                                                                 mutiertes Allel in
                                                                                                                                                 heterozygotem Zustand

                                                                                                                                                 zwei mutierte Allele
      gesund               punktuelles          disseminiertes         segmentales              autosomal             segmentales
                             Mosaik                 Mosaik             Mosaik Typ 1             dominante             Mosaik Typ II
                                                                                                Erkrankung

Schematische Darstellung von Mosaiktypen. Jedes Rechteck stellt ein Individuum dar. Die Ellipsen repräsentieren einzelne Zellen.
Weiß steht für normale Allele. Hellblau steht für Heterozygotie für ein mutiertes Allel; dunkelblau repräsentiert das Auftreten eines zweiten Mutationsereignisses
bei einem Individuum mit einer heterozygoten Mutation und einer autosomal dominanten Erkrankung (modifiziert nach [7]).

                         (10 Treffer), jeweils AND „review“; „port-wine stain“                         ● Mosaike für Mutationen, die bei autosomal domi-
                         AND „Sturge Weber syndrome“ (7 Treffer), „capillary                             nanten Erkrankungen bekannt sind. Diese Mosaike
                         malformation-arteriovenous malformation (CM-AVM)“                               treten abhängig vom Zeitpunkt des Mutationser-
                         AND „vascular“ (43 Treffer), jeweils AND „mutation“.                            eignisses entweder disseminiert auf (Grafik 1) und
                         Nach der Korrektur von Redundanzen wurden insge-                                führen dann zu atypischen oder attenuierten For-
                         samt 184 Literaturstellen berücksichtigt.                                       men eines Krankheitsbildes, oder lokalisiert als
                                                                                                         segmentales Mosaik Typ I (Grafik 1) mit meist
                         Genetische Mosaike                                                              milderen Auswirkungen (4). Beispiele sind die
                         Mosaike entstehen durch spontane Neumutationen                                  segmentale Neurofibromatose Typ 1 (NF1) oder
                         meist in der frühen embryonalen oder fetalen Entwick-                           Mosaikformen der tuberösen Sklerose (13, 14).
                         lung (9). Somit handelt es sich nicht um vererbte Muta-                      ● Seltene Mosaike, die bei autosomal dominant erb-
                         tionen, die schon in der Eizelle oder im Spermium vor-                          lichen Erkrankungen durch ein zweites Mutations-
                         liegen, sondern um postzygotische, das heißt nach der                           ereignis auf dem anderen Allel (meistens Verlust
                         Befruchtung auftretende Ereignisse. Für Eltern eines                            der Heterozygotie) zu einer Aggravation des Phä-
                         betroffenen Kindes ist die Information über das Vorlie-                         notyps in einem segmentalen Bereich führen (seg-
                         gen einer postzygotischen genetischen Veränderung                               mentales Mosaik Typ II) (Grafik 1) (4, 12).
                         wichtig, da in diesem Fall kein erhöhtes Wiederho-                            Hinweise auf Mosaik-Erkrankungen können sichtba-
                         lungsrisiko für dieselbe Erkrankung bei weiteren Kin-                      re, persistierende Veränderungen der Haut sein, die
                         dern besteht. Das Kind kann die Mutation seinerseits                       punktuell, disseminiert, segmental oder linear vorlie-
                         nur an die nächste Generation vererben, wenn auch sei-                     gen. Das häufigste Verteilungsmuster postzygotischer
                         ne Keimzellen (Ei- oder Samenzellen) von dem Mosaik                        Mosaike sind die Blaschko-Linien, ein Liniensystem
                         betroffen sind. Im Vererbungsfall tritt dann allerdings                    der Haut, das der Migration der Zellen während der
                         bei Nachkommen kein Mosaik, sondern eine durchgän-                         Embryogenese entspricht (e1, e2). Beispielsweise kön-
                         gige Mutation auf.                                                         nen Pigmentmosaike bei Chromosomenstörungen so-
                            Der Schweregrad und die klinische Symptomatik                           wie isolierte oder syndromale epidermale Nävi (Abbil-
                         postzygotischer Mosaike sind vom Zeitpunkt des Mu-                         dung 1) den Blaschko-Linien folgen.
                         tationsereignisses, der Zellart, in der die Mutation statt-                   Die Haut ist wahrscheinlich deshalb ein häufiges
                         findet, der Expansion von Zellen mit Mutation, dem                         Manifestationsorgan von Mosaiken, weil kutane Verän-
                         mutierten Gen und der Mutation abhängig (3). Je später                     derungen leicht zugänglich und dann diagnostisch ver-
                         Mosaike in der embryonalen Entwicklung auftreten,                          wertbar sind. Auch verschiedene der im Folgenden auf-
                         umso begrenzter ist die Symptomatik. Beispielsweise                        geführten Mosaik-Erkrankungen gehen mit Hautverän-
                         gehen bestimmte Nävi auf lokale Mosaike in Hautzel-                        derungen einher.
                         len zurück (10, 11).
                            Mosaike können folgendermaßen eingeteilt werden:                        Asymmetrische Wachstumsstörungen
                            ● Mosaike für letale Mutationen führen zu Krank-                        Asymmetrische Wachstumsstörungen können durch
                              heitsbildern, die nur in Mosaikform existieren,                       aktivierende („gain of function“-)Mosaik-Mutationen
                              wie zum Beispiel das Proteus-, das Sturge-Weber-                      in Genen bedingt sein, die zu vermehrter Zellteilung
                              oder das McCune-Albright-Syndrom (12). Diese                          und somit zu verstärktem Gewebewachstum führen
                              Erkrankungen können somit auch nicht von den                          und im sogenannten PI3K/AKT-Signalweg zusammen-
                              Betroffenen an eigene Kinder vererbt werden, da                       wirken (Grafik 2; 7, 15). Vor allem das PIK3CA-Gen
                              im Vererbungsfall die Mutation durchgängig vor-                       (in der Signalkaskade ganz oben) ist häufig von
                              läge und letal wäre.                                                  Mosaik-Mutationen betroffen und führt zu einer äußerst

120                                                                                                              Deutsches Ärzteblatt | Jg. 117 | Heft 8 | 21. Februar 2020
Erkrankungen durch genetische Mosaike - Übersichtsarbeit - Deutsches Ärzteblatt
MEDIZIN

variablen phänotypischen Ausprägung, je nachdem wel-                                               Abbildung 1: Mosaik-RASopathie durch
che Zellen und Gewebe betroffen sind.                                                              KRAS-Mutation im Mosaik bei einer
    PIK3CA-Mutationen wurden 2012 als ursächlich für                                               21-jährigen Frau mit linearen Hyperpigmen-
                                                                                                   tierungen und Nävi sebacei überwiegend
verschiedene, zuvor klinisch definierte Phänotypen be-
                                                                                                   der linken Körperhälfte. Zudem bestanden
schrieben (16). Als Oberbegriff hat sich „PIK3CA-rela-                                             ein schmächtigeres linkes Bein, eine
ted overgrowth spectrum“ (PROS) durchgesetzt (6, 17).                                              Skoliose, ein haarloser Fettgewebsnävus
Zu dieser Entität gehört das „megalencephaly-capillary                                             der Kopfhaut (sog. Nävus psiloliparus) und
malformation-polymicrogyria“(MCAP)-Syndrom (Ab-                                                    eine fibröse Dysplasie des linken Femurs
bildung 2), bei dem die asymmetrische Wachstumsstö-                                                (nicht abgebildet). Die Mutation war an DNA
rung meist ab Geburt vorhanden ist und im Verlauf der                                              aus betroffenem Gewebe der Kopfhaut, nicht
Kindheit weiter zunimmt. Betroffene Kinder weisen                                                  aber an Blut-DNA nachweisbar.
häufig eine Makrozephalie und kapilläre Gefäßfehl-
bildungen (Nävus flammeus) sowie eine marmorierte
Haut auf. Zudem können eine Hemimegalenzephalie,
ein asymmetrischer Hydrozephalus und variable Gyrie-
rungsstörungen, vor allem eine Polymikrogyrie, vor-
handen sein. Hierdurch erklärt sich auch das Risiko für
eine meist schwierig zu therapierende Epilepsie und ei-
ne Entwicklungsstörung beziehungsweise Intelligenz-
minderung.                                                   oder zu einer fokal vorliegenden neuronalen Migrations-
    Der Nachweis von PIK3CA-Mutationen im Mosaik             störung, einer fokalen kortikalen Dysplasie (FCD) (19).
ist meist nicht im Blut, sondern nur an DNA aus betrof-      Diese beiden Störungen gehören zu einem zerebralen
fenem Gewebe möglich. Besonders gut sind Hautbiop-           Fehlbildungsspektrum, dessen Manifestationen vom
sien geeignet. Nur bei circa 10 % kommen konstitutio-        Zeitpunkt des postzygotischen Auftretens der Mutation
nelle PIK3CA-Mutationen vor, die alle Zellen betreffen       und von der betroffenen neuronalen Vorläuferzelle
(Nicht-Mosaik). In diesen Fällen prägt sich die Wachs-       abhängig sind (8, 20). Häufig ist auch eine therapie-
tumsstörung nicht asymmetrisch aus (e3). Wahrschein-         refraktäre fokale Epilepsie im Kindesalter mit ihnen
lich haben die meisten konstitutionellen PIK3CA-Mu-          verbunden. Postzygotische Mutationen werden bei bis
tationen eine sehr schwere Ausprägung und sind letal.        zu 30 % der Patienten mit neuronalen Migrations-
    Das Proteus-Syndrom ist ein Beispiel für eine asym-      störungen vermutet (8, e4).
metrische Wachstumsstörung, die sich erst im Laufe              FCD oder HME sind wichtige Indikationen für epi-
der Kindheit zeigt. Im Alter von 2–4 Jahren beginnen         lepsiechirurgische Eingriffe bei Kindern (21). Geneti-
einzelne Körperregionen, zum Beispiel Zehen oder ei-         sche Studien an betroffenem Hirngewebe haben bei
ne ganze Extremität, übermäßig zu wachsen. Vor allem         FCD Typ2/HME aktivierende somatische Mutationen
an den Fußsohlen kann ein Nävus cerebriformis mit            in MTOR und seinen Aktivatoren (Grafik 2, zum Bei-
überschießendem Gewebewachstum, das oberflächlich            spiel PIK3CA) nachgewiesen sowie LOF-Mutationen
ein Bild wie Hirnfurchungen ergibt, auftreten. Im Ver-       in verschiedenen negativen Regulatoren des Signal-
lauf kommt es häufig zu schwersten Beeinträchtigun-          wegs, die auch als Keimbahnmutationen vorliegen kön-
gen durch das mosaikartig vermehrte Wachstum am ge-          nen (8, 19, 21). Bei FCD Typ1 hingegen liegen in circa
samten Körper. Die Intelligenz ist typischerweise nor-       30 % der Fälle postzygotische Varianten in einem Gly-
mal. Das Proteus-Syndrom ist durch eine spezifische          kosylierungs-Gen (SLC35A2) vor (21). Die Mosaik-
Mosaik-Mutation im AKT1-Gen bedingt (18).                    Mutationen lassen sich in aller Regel nur in betroffe-
    Der PI3K/AKT-Signalweg umfasst auch Gene, in             nem Gewebe nachweisen, bei FCD oft niedriggradig,
denen „loss of function“(LOF)-Mutationen (Funktions-         bei HME in bis zu 30 % (8, 21).
verlust mit Ausfall der „Bremse“) zu einem vermehrten
Zellwachstum führen (zum Beispiel PTEN, TSC1/2,              Mosaik-RASopathien
Grafik 2). LOF-Mutationen in diesen Genen liegen             Mit „RASopathien“ wird eine Gruppe von Krankhei-
häufiger auf einem Allel konstitutionell als erbliche        ten um das Noonan-Syndrom bezeichnet, die auf ei-
Keimbahnmutation vor. Krankheitsspezifische Läsio-           ner Fehlregulation des RAS/RAF-Signalwegs durch
nen entstehen erst, wenn das zweite Allel durch eine         meist aktivierende, konstitutionelle Mutationen betei-
somatische, lokal begrenzte Mutation seine Funktion          ligter Gene beruhen. Gemeinsame klinische Merkmale
verliert (Knudson’s Zwei-Treffer-Modell).                    sind:
                                                                ● kardiovaskuläre Anomalien
Fokale Hirnfehlbildungen                                        ● vermindertes Wachstum
Postzygotische Mutationen in Genen des PI3K/AKT-                ● Dysmorphien
Signalwegs können nicht nur im Rahmen eines MCAP-               ● Auffälligkeiten der Haut
Syndroms mit Hirnfehlbildungen einhergehen, sondern             ● Entwicklungsstörungen in variabler Ausprägung.
auch isoliert oder im Rahmen anderer Krankheitsbilder           Teils besteht auch eine Tumordisposition (22). Wie
zu asymmetrischem „Großwuchs“ von Hirngewebe füh-            der PI3K/AKT-Signalweg, mit dem er vernetzt ist,
ren, besonders zu einer Hemimegalenzephalie (HME),           stimuliert der RAS/RAF-Signalweg das Zellwachstum

Deutsches Ärzteblatt | Jg. 117 | Heft 8 | 21. Februar 2020                                                                               121
Erkrankungen durch genetische Mosaike - Übersichtsarbeit - Deutsches Ärzteblatt
MEDIZIN

   GRAFIK 2                                                                                            letal wären, sollten sie konstitutionell bedingt sein
                                                                                                       (5, 22). Eine Ausnahme sind HRAS-Mutationen.
                                                                                                                                            S              Der
                                                      Wachstumsfaktor
                                                                                                       Mutationsnachweis gelingt meist nur an betroffenem
                                                                                                       Gewebe. Die neurokutane Melanose betrifft einen
                                                                                                       kleinen Teil der Patienten mit den häufigen kongeni-
                                                      Rezeptor                                         talen melanozytären Nävi (CMN) und zeichnet sich
                                                                                                       durch große (Riesen)-CMN in Kombination mit einer
         PI3K/AKT-Signalweg                                        RAS/RAF-Signalweg
                                                                                                       oft symptomatischen leptomeningealen Melanozyto-
                                                                                                       se aus (24). Sie wird durch eine frühembryonale
                                                                                                       NRAS-Mutation
                                                                                                            S             im Neuroektoderm hervorgerufen.
        PTEN                  PI3K                               RAS                  NF1
                                                                                                       Das Risiko für Melanome ist von der Ausdehnung der
                                             crosstalk                                                 CMN abhängig und beläuft sich auf circa 1 % bei
                                                                                                       CMN allgemein gegenüber 12 % bei Riesen-CMN
                              AKT                                RAF                                   (25). Bei der neurokutanen Melanose besteht auch ein
                                                                                                       erhöhtes Risiko für ZNS-Melanome. Lokal begrenzte
         TSC                 mTOR                                MEK
                                                                                                       postzygotische Mutationen in unterschiedlichen Ge-
                                                                                                       nen führen zu weiteren Nävi, zum Beispiel einem ke-
                                                                                                       ratinozytischen Epidermalnävus oder einem Nävus
                                                                 ERK                                   sebaceus.
                                                                                                          Treten die Mutationen früher in der Entwicklung
                                                                                                       auf und betreffen mehrere Gewebe, kommt es zu syn-
        Zellteilung/Wachstum ↑                                          Regulation
             Angiogenese ↑                                         Zellzyklus/Apoptose                 dromalen Krankheitsbildern mit dem Leitsymptom
                                                                                                       eines bestimmten Nävus (3). Zu nennen ist hier das
                                                                                                       klinisch seit Jahrzehnten bekannte Schimmelpenning-
PI3K/AKT- und RAS/RAF-Signalweg mit beteiligten Hauptgenen.                                            Feuerstein-Mims-Syndrom (SFMS), bei dem beson-
 Nach der Bindung eines Wachstumsfaktors an den zugehörigen Rezeptor, zum Beispiel Re-
zeptor Tyrosinkinase (RTK), „Insulin growth factor 1 Rezeptor“ (IGF-1R), werden beide Signal-          ders das ZNS, die Augen und das Skelett (Osteomala-
wege aktiviert. Zudem besteht eine Wechselwirkung („crosstalk“) zwischen mehreren nachfol-             zie, hypophosphatämische Rachitis) betroffen sein
gend aktivierten Genen.                                                                                können (26), mit Nachweis von Mosaik-Mutationen
Der PI3K/AKT-Signalweg (links) führt zu vermehrter Zellteilung und Angiogenese. Das Gen
PIK3CA   A kodiert für eine katalytische Untereinheit (p110α) der Phosphatidylinositol-3-Kinase
                                                                                                       in HRAS, KRAS   S und NRAS S (10). Die beachtliche Va-
(PI3K). Mutationen in PIK3CA (meist im Mosaik vorliegend) führen zum sogenannten PIK3CA-               riabilität der klinischen Symptomatik konnte durch
related overgrowth spectrum (PROS). Dazu gehören „megalencephaly capillary malformation”               die Identifizierung als Mosaik-Erkrankung erklärt
((MCAP),  ) Hemimegalenzephalie,
                     g       p        „fibroadipose
                                               p    overgrowth”
                                                        g       (FAO)
                                                                (   ) und „congenital
                                                                               g         lipomatous
                                                                                           p
 overgrowth, vascular malformations, epidermal nevi, skeletal anomalies” (CLOVES). Über die
                                                                                                       werden. Auch Syndrome mit angeborenen Anomalien
 Proteinkinase AKT wird „mammalian target of rapamycin“ (mTOR) aktiviert, was zu vermehrter            von Auge und Haut wurden als Mosaik-RASopathie
 Zellteilung und Gewebewachstum führt. Mosaik-Mutationen im AKT1-Gen sind Ursache des                  identifiziert: das okulo-ektodermale Syndrom (OES,
 Proteus-Syndroms und MTOR-Mutationen bedingen das Smith-Kingsmore-Syndrom sowie die                   Mutationen in KRAS),  S dessen Hauptmerkmale Epi-
Hemimegalenzephalie und die fokale kortikale Dysplasie. Mutationen in den genannten Genen
sind „gain of function“-Mutationen. Antagonisten der Wachstumsaktivierung über die                     bulbärdermoide und angeborene Skalpdefekte sind
PI3K/AKT-Signalkaskade sind PTEN         N (Cowden-Syndrom, Makrozephalie-Autismus-Syndrom,            (27, 28), und die enzephalo-kranio-kutane Lipomato-
 Bannayan-Riley-Ruvalcaba-Syndrom) und die tuberöse Sklerose (TSC1/2), deren Ausfall                   se (ECCL, Mutationen in FGFR1 und KRAS),         S bei
durch „loss of function“-Mutationen ebenfalls zu einer Wachstumssteigerung führt. Diese Muta-
tionen liegen meist nicht im Mosaik, sondern konstitutionell vor.                                      der zusätzlich im ZNS die namengebenden Lipome
 Der RAS/RAF-Signalweg (rechts) reguliert den Zellzyklus, die Zelldifferenzierung und die              vorliegen (29, 30). Beide Syndrome können weitere
 Apoptose. Mutationen in beteiligten Genen führen zu den sogenannten RASopathien (Noo-                 Auffälligkeiten der Haut, unter anderem einen Nävus
nan-Syndrom: Gene PTPN11, SOS1, RAF1, KRAS, NRAS, SHOC2, CBL; Costello-Syndrom:
HRAS-Gen; „cardio-facio-cutanes“(CFC)-Syndrom: BRAF, MAP2K1/2).         / In den genannten Ge-         sebaceus, aufweisen. Weiterhin umfassen sie eine Dis-
 nen finden sich „gain
                    g of function“-Mutationen. Neurofibromatose Typ   yp 1 ((NF1)) ist ein negativer
                                                                                             g         position für Kiefertumore, nicht ossifizierende Fibrome
 Regulator des RAS/RAF-Signalwegs. Die phänotypische Überlappung ist wie bei den Syndro-               und, im Falle einer ECCL, auch für niedriggradige
 men des PI3K/AKT-Signalweges sehr groß (7, 15).
                                                                                                       Gliome (31). Da es nicht immer möglich ist, bisher ver-
                                                                                                       wendete klinische Diagnosen eindeutig zuzuordnen,
                                                                                                       wird die Bezeichnung (KRAS
                                                                                                                              (     S-assoziierte) Mosaik-RA-
                          und wird nach Bindung von Wachstumsfaktoren an                               Sopathie oft zutreffender sein (Abbildung 1).
                          Rezeptoren auf der Zelloberfläche durch RAS-Protei-
                          ne vermittelt (Grafik 2). Die klassischen RAS-Protei-                        Gefäßmalformationen
                          ne werden von den Genen HRAS, KRAS       S und NRAS                          Die diagnostische Abgrenzung des isolierten Portwein-
                          kodiert. Somatische Mutationen in diesen Genen, die                          flecks vom sporadisch auftretenden Sturge-Weber-
                          spontan in einzelnen Zellen auftreten und aufgrund                           Syndrom (SWS) mit fazialem Nävus flammeus, intra-
                          eines Wachstumsvorteils zu einer klonalen Expansion                          kraniellen und intraokulären Gefäßfehlbildungen ist
                          führen, spielen in der Onkogenese eine weitverbreite-                        prognostisch bedeutsam. Beim SWS kann die leptome-
                          te Rolle (23).                                                               ningeale Angiomatose bereits im ersten Lebensjahr zu
                             Einen anderen Phänotyp als die konstitutionellen                          epileptischen Krisen führen, die die psychomotorische
                          RASopathien haben die Mosaik-RASopathien, die                                und geistige Entwicklung beeinflussen. Schlaganfall-
                          auf postzygotischen „gain-of-function“-Mutationen                            artige Episoden und das Glaukom gehören ebenfalls zu
                          in RAS/RAF-Genen
                                     F        beruhen, die anzunehmenderweise                          den schwerwiegenden Manifestationen.

122                                                                                                              Deutsches Ärzteblatt | Jg. 117 | Heft 8 | 21. Februar 2020
MEDIZIN

                                                                                                                       Abbildung 2:
                                                                                                                       MCAP-Syndrom
                                                                                                                       durch PIK3CA-Mutation
                                                                                                                       im Mosaik bei einem
                                                                                                                       5 Monate alten
                                                                                                                       Jungen. Fazialer
                                                                                                                       Phänotyp mit
                                                                                                                       deutlicher Asymmetrie
                                                                                                                       und vermehrtem
                                                                                                                       Wachstum der linken
                                                                                                                       Wange sowie cMRT
                                                                                                                       mit deutlicher Hemi-
                                                                                                                       megalenzephalie links.
                                                                                                                       MCAP, „megalence-
                                                                                                                       phaly-capillary malfor-
                                                                                                                       mation-polymicrogy-
                                                                                                                       ria“; MRT, Magnet-
                                                                                                                       resonanztomografie

   Ätiologisch sind der häufige Portweinfleck und das        Analyse mittels NGS kann prinzipiell an DNA unter-
seltene SWS zwei extreme klinische Ausprägungen              schiedlicher Herkunft (zum Beispiel Blut, Fibroblasten,
desselben molekularen Mechanismus. In fehlgebilde-           Urinsediment, Hirngewebe) durchgeführt werden. Be-
ten Kapillaren wird bei beiden Krankheitsbildern in          sonders gut eignet sich DNA aus Fibroblasten. Eine
der Mehrzahl der Fälle eine spezifische postzygoti-          Hautbiopsie kann beispielsweise im Rahmen anderer
sche Punktmutation im GNAQ-Gen identifiziert, die            geplanter Eingriffe entnommen werden. Bezüglich
den RAS/RAF-Signalweg aktiviert (32). Wahrschein-            weiterer Spezialverfahren verweisen wir auf eine 2018
lich entstehen nichtsyndromale Portweinflecken               publizierte Übersichtsarbeit (8).
durch eine späte und das SWS durch eine frühe post-
zygotische Mutation. Bei sporadischen vaskulären             Therapie
Malformationen wurden ebenfalls Mutationen in RAS            Der PI3K/AKT-Signalweg ist bereits Ansatz verschie-
und anderen Genen des RAS/RAF-Signalwegs identi-             dener Therapiestrategien und zahlreiche Medikamente
fiziert (33).                                                sind in Entwicklung. Vor allem wird dabei auf eine
   Roséfarbene kapilläre Malformationen der Haut             Hemmung von mTOR gezielt, das die Wachstumsstei-
in Kombination mit arteriovenösen Malformationen             gerung von PIK3CA und AKT vermittelt (zum Beispiel
bei zumindest einem weiteren Familienangehörigen             Everolimus/Sirolimus) (20, 36). Vielversprechende Er-
sowie gelegentlich assoziierten Hemihyperplasien bil-        gebnisse für die Wachstumshemmung bei Patienten mit
den ein klinisch variables Krankheitsbild (CM-AVM),          PROS zeigte kürzlich eine Studie zum oralen PIK3CA-
welches erst nach einer Identifizierung von LOF-             Inhibitor BYL719, der zu einer signifikanten Volumen-
Varianten im RASA1-Gen beschrieben wurde (34).               reduktion von läsionalem Gewebe (bei radiologischer
RASA1 ist ein Negativregulator von RAS. Folglich             Kontrolle um 27,2 ± 14,6 beziehungsweise 37,8 ± 16,3 %
aktiviert ein Funktionsverlust ebenfalls den RAS/            nach drei beziehungsweise sechs Monaten) und einer
RAF-Signalweg.                                               deutlichen Verbesserung der Lebensqualität führte (37).
   Während das auf einer aktivierenden Punktmutati-          Auch bei FCD/HME umfassen therapeutische Ansätze
on im GNAQ-Gen basierende SWS nur in Mosaikform              mTOR- und PIK3CA-Inhibitoren sowie in SLC35A2-
beobachtet wird, können RASA1-assoziierte Phäno-             assoziierten Fällen diätetische Maßnahmen (21). Bei
typen einem autosomal-dominanten Erbgang folgen.             einer Patientin mit Proteus-Syndrom und Ovarialkarzi-
Zusätzlich zu der dominant vererbten Mutation in einer       nom wurde über die Behandlung mit einem AKT-Inhi-
Genkopie führt eine zweite neu auftretende Mutation          bitor berichtet (38).
der zweiten Genkopie zum Funktionsverlust des RASA1-            Für Mosaik-Krankheiten des RAS/RAF-Signalwegs
Gens.                                                        werden bisher in Einzelfällen besonders MEK-Inhibi-
                                                             toren erprobt (25), bei großen CMN in präklinischer
Molekulargenetische Diagnostik                               Phase auch eine Kombination von MEK- und AKT-In-
Hochgradige genetische Mosaike können sich bei der           hibitoren (39). Die Notwendigkeit einer ätiologischen
klassischen Sanger-Sequenzierung zeigen, indem eine          Einordnung erscheint bei den Mosaik-RASopathien be-
zweite Base als zusätzlicher kleiner „peak“ im Chroma-       sonders dringlich, da sich diese oft durch eine Tumor-
togramm erscheint. Deutlich zuverlässiger lassen sich        disposition auszeichnen. Bei den sporadischen Gefäß-
Mosaike mittels NGS diagnostizieren und quantifizie-         malformationen, die zu Schlaganfällen, Blutungen und
ren. Mit hoher Sequenziertiefe können hierbei auch           anderen Komplikationen führen können, werden im
niedriggradige Mosaike festgestellt werden (35). Eine        Tiermodell BRAF-Inhibitoren erforscht (33).

Deutsches Ärzteblatt | Jg. 117 | Heft 8 | 21. Februar 2020                                                                               123
MEDIZIN

                                                                                      3. Lim YH, Moscato Z, Choate KA: Mosaicism in cutaneous disorders.
                                                                                         Annu Rev Genet 2017; 51: 123–41.
          Kernaussagen                                                                4. Happle R: The categories of cutaneous mosaicism: a proposed clas-
                                                                                         sification. Am J Med Genet A 2016; 170A: 452–9.
          ● Klinisch wegweisend für genetische Mosaike sind asymmetri-
                                                                                      5. Hafner C, Groesser L: Mosaic RASopathies. Cell Cycle 2013; 12:
             sche Wachstumsstörungen in Kombination mit lokalisierten                    43–50.
             persistierenden Hautveränderungen (zum Beispiel Pigment-                 6. Keppler-Noreuil KM, Rios JJ, Parker VE, et al.: PIK3CA-related over-
             flecken, Nävi) besonders entlang der Blaschko-Linien und                    growth spectrum (PROS): diagnostic and testing eligibility criteria,
                                                                                         differential diagnosis, and evaluation. Am J Med Genet A 2015;
             Gefäßfehlbildungen.                                                         167A: 287–95.
          ● Die nosologische Abgrenzung von Mosaik-Erkrankungen ist                   7. Nathan N, Keppler-Noreuil KM, Biesecker LG, Moss J, Darling TN:
                                                                                         Mosaic disorders of the PI3K/PTEN/AKT/TSC/mTORC1 signaling
             schwierig. Sie zeichnen sich durch ein breites phänotypi-                   pathway. Dermatol Clin 2017; 35: 51–60.
             sches Spektrum und große klinische Variabilität aus.                     8. D‘Gama AM, Walsh CA: Somatic mosaicism and neurodevelop-
                                                                                         mental disease. Nat Neurosci 2018; 21: 1504–14.
          ● Mosaik-Erkrankungen entstehen als Neumutation postzygo-                   9. Bae T, Tomasini L, Mariani J, et al.: Different mutational rates and
             tisch bei den Betroffenen selbst und sind nicht vererbt. Sie                mechanisms in human cells at pregastrulation and neurogenesis.
             können von Betroffenen an eigene Kinder nur als durchgän-                   Science 2018; 359: 550–5.
                                                                                     10. Groesser L, Herschberger E, Ruetten A, et al.: Postzygotic HRAS
             gige Mutation vererbt werden, wenn es sich um nicht-letale                  and KRAS mutations cause nevus sebaceous and Schimmelpenning
             Mutationen handelt, die auch die Keimbahn betreffen.                        syndrome. Nat Genet 2012; 44: 783–7.
                                                                                     11. Happle R: Wie häufig sind genetische Mosaike in der Haut? Hautarzt
          ● Mosaike sind oft nicht im Blut, sondern nur in betroffenem                   2014; 65: 536–41.
             Gewebe nachweisbar.                                                     12. Has C, König A: Rudolf Happle zum 80. Geburtstag. Hautarzt 2018;
                                                                                         69: 343–6.
          ● Therapeutische Ansätze stehen besonders für Gene des                     13. Calì F, Chiavetta V, Ruggeri G, et al.: Mutation spectrum of NF1 gene
             PI3K/AKT- und RAS/RAF-Signalwegs zur Verfügung.                             in Italian patients with neurofibromatosis type 1 using Ion Torrent
                                                                                         PGM™ platform. Eur J Med Genet 2017; 60: 93–9.
                                                                                     14. Peron A, Au KS, Northrup H: Genetics, genomics, and genotype-
                                                                                         phenotype correlations of TSC: insights for clinical practice. Am J
                                                                                         Med Genet C Semin Med Genet 2018; 178: 281–90.
                                                                                     15. Borrie SC, Brems H, Legius E, Bagni C: Cognitive dysfunctions in
          Ausblick                                                                       intellectual disabilities: the contributions of the Ras-MAPK and
          Postzygotische Mutationen wurden besonders bei der                             PI3K-AKT-mTOR pathways. Annu Rev Genomics Hum Genet 2017;
                                                                                         18: 115–42.
          erneuten Analyse von Exom-Daten auch bei 3–9 % von                         16. Rivière JB, Mirzaa GM, O‘Roak BJ, et al.: De novo germline and
          Patienten mit Entwicklungsstörungen ohne strukturelle                          postzygotic mutations in AKT3, PIK3R2 and PIK3CA cause a spec-
          zerebrale Auffälligkeiten nachgewiesen, zum Beispiel                           trum of related megalencephaly syndromes. Nat Genet 2012; 44:
                                                                                         934–40.
          bei Autismus oder genetisch bedingter Epilepsie (8,                        17. Mirzaa G, Timms AE, Conti V, et al.: PIK3CA-associated develop-
          40). Methodisch bedingt, zum Beispiel durch ungenü-                            mental disorders exhibit distinct classes of mutations with variable
          gende Sequenziertiefe, dürften aktuell noch viele auf                          expression and tissue distribution. JCI Insight 2016; 1: pii: 87623.
          Mosaiken beruhende Erkrankungen dem Nachweis ent-                          18. Lindhurst MJ, Sapp JC, Teer JK, et al.: A mosaic activating mutation
                                                                                         in AKT1 associated with the Proteus syndrome. N Engl J Med 2011;
          gehen. Zudem kann die Zugänglichkeit von betroffe-                             365: 611–9.
          nem Gewebe die molekulare Analyse einer Mosaik-Er-                         19. Juric-Sekhar G, Hevner RF: Malformations of cerebral cortex devel-
          krankung limitieren. Bei fokalen Hirnfehlbildungen                             opment: molecules and mechanisms. Annu Rev Pathol 2019; 14:
                                                                                         293–318.
          lässt sich der Nachweis einer Mosaik-Erkrankung all-                       20. Marsan E, Baulac S: Review: Mechanistic target of rapamycin
          gemein nur dann erbringen, wenn betroffenes Gewebe                             (mTOR) pathway, focal cortical dysplasia and epilepsy. Neuropathol
          bei einer Operation gewonnen werden kann.                                      Appl Neurobiol 2018; 44: 6–17.
             Bei vielen Krankheitsbildern kommt es derzeit zu ei-                    21. Baldassari S, Ribierre T, Marsan E, et al.: Dissecting the genetic basis
                                                                                         of focal cortical dysplasia: a large cohort study. Acta Neuropathol
          ner molekularen Reklassifizierung. Dies ist nicht nur                          2019; 138: 885–900.
          für das Verständnis, sondern auch für einen eventuellen                    22. Zenker M, Kutsche K: RASopathien. medgen 2016; 28: 15.
          Einschluss in Studien und für die Therapie bedeutsam.                      23. Li S, Balmain A, Counter CM: A model for RAS mutation patterns in
                                                                                         cancers: finding the sweet spot. Nat Rev Cancer 2018; 18: 767–77.
          Die diagnostische Unterscheidung von Mosaik- und
                                                                                     24. Alikhan A, Ibrahimi OA, Eisen DB: Congenital melanocytic nevi:
          Nicht-Mosaik-Erkrankungen ermöglicht außerdem, das                             where are we now? Part I. Clinical presentation, epidemiology,
          Wiederholungsrisiko innerhalb einer Familie abzu-                              pathogenesis, histology, malignant transformation, and neurocutaneous
                                                                                         melanosis. J Am Acad Dermatol 2012; 67: 495. e1–17; quiz 512–4.
          schätzen.
                                                                                     25. Kinsler VA, Boccara O, Fraitag S, Torrelo A, Vabres P, Diociauti A:
                                                                                         Mosaic abnormalities of the skin—review and guidelines from the
                                                                                         European Reference Network for rare skin diseases (ERN-Skin).
          Interessenkonflikt ´                                                           Br J Dermatol 2019; doi: 10.1111/bjd.17924 [Epub ahead of print].
          Die Autoren erklären, dass kein Interessenkonflikt besteht.
                                                                                     26. Wang SM, Hsieh YJ, Chang KM, Tsai HL, Chen CP:
          Manuskriptdaten                                                                Schimmelpenning syndrome: a case report and literature review.
          eingereicht: 23. 4. 2019, revidierte Fassung angenommen: 28. 11. 2019          Pediatr Neonatol 2014; 55: 487–90.
                                                                                     27. Ardinger HH, Horii KA, Begleiter ML: Expanding the phenotype
          Literatur                                                                      of oculoectodermal syndrome: possible relationship to
           1. larke CM, Edwards JH, Smallpeice V: 21-trisomy/normal mosaicism in         encephalocraniocutaneous lipomatosis. Am J Med Genet A 2007;
              an intelligent child with some mongoloid characters. Lancet 1961; 1:       143A: 2959–62.
              1028–30.                                                               28. Boppudi S, Bögershausen N, Hove HB, et al.: Specific mosaic KRAS
           2. Rohlin A, Wernersson J, Engwall Y, Wiklund L, Björk J, Nordling M:         mutations affecting codon 146 cause oculoectodermal syndrome and
              Parallel sequencing used in detection of mosaic mutations: compari-        encephalocraniocutaneous lipomatosis. Clin Genet 2016; 90: 334–42.
              son with four diagnostic DNA screening techniques. Hum Mutat 2009;     29. Moog U: Encephalocraniocutaneous lipomatosis. J Med Genet 2009;
              30: 1012–20.                                                               46: 721–9.

124                                                                                               Deutsches Ärzteblatt | Jg. 117 | Heft 8 | 21. Februar 2020
MEDIZIN

30. Bennett JT, Tan TY, Alcantara D, et al.: Mosaic activating mutations      38. Leoni C, Gullo G, Resta N, et al.: First evidence of a therapeutic effect
    in FGFR1 cause encephalocraniocutaneous lipomatosis. Am J Hum                 of miransertib in a teenager with Proteus syndrome and ovarian carci-
    Genet 2016; 98: 579–87.                                                       noma. Am J Med Genet A 2019; 179: 1319–24.
31. Valera ET, McConechy MK, Gayden T, et al.: Methylome analysis and         39. Rouillé T, Aractingi S, Kadlub N, et al.: Local inhibition of MEK/Akt
    whole-exome sequencing reveal that brain tumors associated with               prevents cellular growth in human congenital melanocytic nevi. J Invest
    encephalocraniocutaneous lipomatosis are midline pilocytic astrocyto-         Dermatol 2019; 139: 2004–15. e13.
    mas. Acta Neuropathol 2018; 136: 657–60.                                  40. Stosser MB, Lindy AS, Butler E, et al.: High frequency of mosaic
32. Shirley MD, Tang H, Gallione CJ, et al.: Sturge-Weber syndrome and            pathogenic variants in genes causing epilepsy-related neurodevelop-
    port-wine stains caused by somatic mutation in GNAQ. N Engl J Med             mental disorders. Genet Med 2018; 20: 403–10.
    2013; 368: 1971–9.
33. Al-Olabi L, Polubothu S, Dowsett K, et al.: Mosaic RAS/MAPK               Anschrift für die Verfasser
    variants cause sporadic vascular malformations which respond to           Prof. Dr. Dr. med. Ute Moog
    targeted therapy. J Clin Invest 2018; 128: 1496–508.                      Institut für Humangenetik
                                                                              Universitätsklinikum Heidelberg
34. Eerola I, Boon LM, Mulliken JB, et al.: Capillary malformation-arterio-   Im Neuenheimer Feld 440, 69120 Heidelberg
    venous malformation, a new clinical and genetic disorder caused by        ute.moog@med.uni-heidelberg.de
    RASA1 mutations. Am J Hum Genet 2003; 73: 1240–9.
35. Qin L, Wang J, Tian X, et al.: Detection and quantification of mosaic     Zitierweise
    mutations in disease genes by next-generation sequencing. J Mol           Moog U, Felbor U, Has C, Zirn B: Disorders caused by genetic mosaicism.
    Diagn 2016; 18: 446–53.                                                   Dtsch Arztebl Int 2020; 117: 119–25. DOI: 10.3238/arztebl.2020.0119
36. Keppler-Noreuil KM, Parker VE, Darling TN, Martinez-Agosto JA:
    Somatic overgrowth disorders of the PI3K/AKT/mTOR pathway &               ►Die englische Version des Artikels ist online abrufbar unter:
    therapeutic strategies. Am J Med Genet C Semin Med Genet 2016;             www.aerzteblatt-international.de
    172: 402–21.                                                                    Zusatzmaterial
37. Venot Q, Blanc T, Rabia SH, et al.: Targeted therapy in patients with           Mit „e“ gekennzeichnete Literatur:
    PIK3CA-related overgrowth syndrome. Nature 2018; 558: 540–6.                    www.aerzteblatt.de/lit0820 oder über QR-Code

               KLINISCHER SCHNAPPSCHUSS

  Thrombophlebitis migrans
  Ein 90-jähriger Mann stellte sich mit akut aufgetretenen
  multiplen, schmerzhaften, tastbaren, flächigen, zum Teil
  strangförmigen Thrombophlebitiden an Ober- und Unter-
  armen vor. Blutentnahmen oder eine Anlage von peripher-
  venösen Verweilkanülen waren innerhalb der letzten
  14 Tage nicht erfolgt. Wenige Wochen zuvor war bei dem
  Patienten eine Haarzellleukämie (ein niedrigmalignes
  B-Zell-Non-Hodgkin-Lymphom) diagnostiziert und eine
  zytostatische Therapie mit Cladribin begonnen worden.
  Aufgrund der Anamnese und des charakteristischen
  klinischen Bildes wurde die Diagnose Thrombophlebitis
  migrans gestellt. Die Thrombophlebitis migrans, auch
  Trousseau-Syndrom genannt, ist ein fakultativ paraneo-
  plastisches Syndrom und kann somit ein Anzeichen für
  Tumorerkrankungen darstellen. Ätiopathogenetisch liegt
  der Thrombophlebitis migrans wahrscheinlich eine intra-
  vasale Koagulation durch prokoagulatorische Faktoren der
  Tumorerkrankung zugrunde. Bei ungewöhnlichen Throm-
  bophlebitiden ohne fassbare Ursache sollte daher immer auch an ein okkultes Tumorleiden gedacht werden. Thera-
  peutisch können neben einer Kompressionstherapie und der Gabe von Antiphlogistika auch Blutgerinnungshemmer
  wie niedermolekulare Heparine verabreicht werden. In unserem Fall führte eine Behandlung mit Fondaparinux, einem
  selektiven Faktor-Xa-Hemmer, zu einer schnellen Abheilung aller Läsionen.
  Dr. med. Bijan Koushk-Jalali, Dr. med. Christian Tigges, Prof. Dr. med. Alexander Kreuter,
  Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie, HELIOS St. Elisabeth Klinik Oberhausen, Universität Witten-Herdecke,
  alexander.kreuter@helios-gesundheit.de
  Interessenkonflikt: Die Autoren erklären, dass kein Interessenkonflikt besteht.
  Zitierweise: Koushk-Jalali B, Tigges C, Kreuter A: Thrombophlebitis migrans. Dtsch Arztebl Int 2020; 117: 125. DOI: 10.3238/arztebl.2020.0125
  ►Vergrößerte Abbildung und englische Übersetzung unter: www.aerzteblatt.de

Deutsches Ärzteblatt | Jg. 117 | Heft 8 | 21. Februar 2020                                                                                                        125
MEDIZIN

Zusatzmaterial zu:

Erkrankungen durch genetische Mosaike
Ute Moog, Ute Felbor, Cristina Has, Birgit Zirn
Dtsch Arztebl Int 2020; 117: 119–25. DOI: 10.3238/arztebl.2020.0119

    eLiteratur
    e1. Happle R: Kutane Mosaike: Muster und molekulare Mechanismen.
         Dtsch Arztebl 2004; 101: A-1886.
    e2. Happle R: Mosaicism in human skin. Understanding the patterns
         and mechanisms. Arch Dermatol 1993; 129: 1460–70.
    e3. Mirzaa G, Conway R, Graham JM Jr, et al.: PIK3CA-Related Seg-
         mental Overgrowth. In: Adam MP, Ardinger HH, Pagon RA, et al.,
         (eds.): GeneReviews. Seattle (WA): University of Washington 2013;
         www.ncbi.nlm.nih.gov/books/NBK153722/ (last accessed on 28
         January 2020).
    e4. Jamuar SS, Lam AT, Kircher M, et al.: Somatic mutations in cerebral
         cortical malformations. N Engl J Med 2014; 371: 733–43.

I                                                                             Deutsches Ärzteblatt | Jg. 117 | Heft 8 | 21. Februar 2020 | Zusatzmaterial
Sie können auch lesen