Fachübersetzung oder doch lieber maschinelle Übersetzung? - Feb 2022

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Fachübersetzung oder doch lieber maschinelle Übersetzung? - Feb 2022
Fachübersetzung oder doch
lieber maschinelle
Übersetzung?
10. Feb 2022
Wird man in Zukunft auf die Dolmetscher- und Übersetzerberufe verzichten
können? Helfen uns Technologien wie maschinelle Übersetzung und
Spracherkennung bei der Verständigung? Taugen Computer als Übersetzer und
machen teure Fachübersetzungen über!üssig? Das alles sind Fragen, die sich mit
der rasanten Entwicklung der Technik stellen und denen wir hier nachgehen wollen.

Per Mausklick in Sekundenschnelle
maschinell übersetzen lassen?
Immer mehr Anwendungen, auch für mobile Endgeräte, erheben den Anspruch,
Geschriebenes zu übersetzen, wie z. B. das allseits bekannte Google Translate oder
DeepL. Es gibt ein breites Angebot an kostenlosen Apps, die Gesprochenes bereits in
Echtzeit in der Zielsprache wiedergeben. Wird also bald ein Mausklick ausreichen,
um sich Webseiten, Dokumente oder Korrespondenz in Sekundenschnelle in jede
gewünschte Sprache dolmetschen oder übersetzen zu lassen?

In vielen Fällen, so z. B. für den Privatgebrauch, sind diese Programme durchaus
hilfreich und ausreichend. Im Urlaub können diese Apps der Verständigung dienen,
auch wenn man hier und da über ein paar Fehler hinwegsehen muss, schließlich ist
man im Urlaub und kann alles etwas lockerer sehen.

Für die geschäftliche Kommunikation stoßen diese kostenfreien Programme
schnell an ihre Grenzen. Das ist auf der einen Seite dadurch begründet, dass es sich
um speziellere oder Fachtexte handelt, andererseits kommt es bei der
geschäftlichen Korrespondenz auf jede Kleinigkeit an.

Noch gravierender werden die Unterschiede, wenn es um Dokumente geht, die eine
rechtliche Grundlage für Geschäftsbeziehungen bilden, wie z. B. Verträge, AGBs und
Haftungsfragen. Hier sind häu"g inhaltlich komplexe, in der Fachsprache verfasste
Texte zu übersetzen. Bei der maschinellen Übersetzung werden zwar bestimmte
Schlüsselwörter korrekt übersetzt, aber der Inhalt lässt sich mitunter nicht
nachvollziehen, wenn das Programm nicht in der Lage ist, komplexe
grammatikalische Strukturen in der Zielsprache genauso wiederzugeben, wie sie in
der Ausgangssprache gemeint sind.
Das gleiche gilt auch oftmals für Betriebsanleitungen, bei denen sogar gleiche
Begri#e in einem Text unterschiedlich übersetzt werden. Zum Beispiel übersetzt
man aus dem Englischen „driver“ als „Fahrer“ oder „Treiber“. Oder der deutsche
Begri# „Anlage“, der unter anderem als Anhang zu einem Dokument („annex“,
„enclosure“), aber in einem anderen Kontext die Maschinenanlage („equipment“)
oder Investition („investment“) sein kann, wofür es im Englischen unterschiedlichen
Begri#e gibt. Da müsste das Programm in der Lage sein, die Übersetzung auf den
jeweiligen Kontext zu prüfen.

Maschinelle Übersetzung
Eine maschinelle Übersetzung basiert häu"g mehr auf statistischen Methoden als
auf linguistischen Regeln. Es werden Daten gesammelt, Sätze und Wörter mit ihrer
fremdsprachlichen Entsprechung gespeichert und wieder abgerufen. Dabei wird das
System ständig erweitert. Je weniger der Ausgangstext vom Kontext anhängig ist, je
einfacher das Vokabular und je höher die terminologische Normierung sind, umso
besser eignet sich der Text für eine automatisierte Übersetzung. Das kann mitunter
bei Bedienungsanleitungen, Formularen oder anderen weitgehend normierten
Texten der Fall sein.

Unschlagbare Vorteile der maschinellen Übersetzung sind natürlich Schnelligkeit
und der Preis bzw. kein Preis für die Übersetzung. Eine Maschine scha#t große
Textmengen in sehr kurzer Zeit, das ist für einen Menschen unerreichbar.

Neuronale maschinelle Übersetzung
(NMT)
Die neueren Entwicklungen auf diesem Gebiet versuchen, die Nachteile der
maschinellen Übersetzung der Vergangenheit durch die Kombination mit
künstlicher Intelligenz zu überwinden, durch die sogenannte neuronale
maschinelle Übersetzung (NMÜ), engl. Neural Machine Translation oder NMT.
Hier soll die Maschine ähnlich wie das menschliche Gehirn lernen. Einer der
Vorreiter bei dieser Entwicklung ist DeepL, ein 2009 in Köln gegründetes
Unternehmen, mit seinem Angebot „DeepL Translator“.

Bei der neuronalen maschinellen Übersetzung werden mithilfe der künstlichen
Intelligenz Sprachmuster in der Ausgangs- und Zielsprache erkannt und
miteinander verknüpft abgespeichert. Somit entsteht nicht mehr eine Wort-für-
Wort-Übersetzung, die recht holprig ist, sondern eine !üssigere Übersetzung. Dies
funktioniert bereits relativ gut bei ähnlichen bzw. verwandten Sprachen. So würde
eine Übersetzung Französisch – Italienisch oder Spanisch sicherlich qualitativ besser
ausfallen als Französisch – Chinesisch.

Diese Entwicklung wird durch die rasante technische Entwicklung in den letzten
Jahren begünstigt. Es ist dank der immensen Steigerung der Rechnerleistung und
der Übertragungsleistung des Internets möglich, immer größere Datenmengen
immer schneller zu verarbeiten. Durch diese Lernleistung der künstlichen
Intelligenz werden die Unterschiede zwischen einer menschlichen und einer
maschinellen Übersetzung in vielen Bereichen immer geringer.

Maschinelle Übersetzungen können ausreichend sein für:

     Firmeninterne Kommunikation (E$zienzsteigerung)
     Texte, die nicht an ein großes Publikum verbreitet werden
     E-Mails, bei denen es auf eine zeitnahe Reaktion ankommt
     Social-Networking
     Supporttexte im Web
     Kundenbewertungen
     Foren
     LIVE-Chat

Neural Machine Translation hat ihre
Grenzen
Es bestehen etliche Grenzen und Nachteile, die beim Einsatz von NMT zu
berücksichtigen sind.

Feinheiten der Sprache

Man kann nicht einen Text einfach durch ein NMT-Tool laufen lassen und ihn als
fertiges Produkt verwenden. Denn eine Maschine kann nicht mit stilistischen
Feinheiten wie Humor oder Ironie umgehen. Sie kann nicht „zwischen den Zeilen
lesen“ oder kontextabhängige Wortbedeutungen unterscheiden. Sie übersetzt nur
die Wörter bzw. Sätze, die sie in ihrem (zugegebenermaßen umfangreichen)
Datenspeicher "ndet. Meistens sind rein maschinelle Übersetzungen in vielen Fällen
als solche erkennbar. Sie lesen sich nicht !üssig und weisen häu"g Syntax- und
Grammatikfehler auf. In puncto Stil oder Konsistenz kann die Qualität auch nicht
garantiert werden.

Haftung beim Einsatz von Machine Translations

Durch fehlerhafte maschinelle Übersetzungen können, vor allem ohne eine
Nachbearbeitung durch einen sprachkundigen Fachmann, u. U. Sach- und
Personenschäden entstehen. Ein Beispiel hierfür wäre eine missverständlich oder
falsch übersetzte Bedienungsanleitung. In einem solchen Fall stellt sich die
Schuldfrage, kann die Maschine für ihre fehlerhafte Übersetzung zur Verantwortung
gezogen werden? Sicherlich nicht. Es entstehen Kosten, die in keinem Verhältnis zur
Kostenersparnis durch die maschinelle Übersetzung stehen.

Datenschutz beim Einsatz von NMT

Ein weiterer sehr wichtiger Punkt betri#t den Datenschutz bzw. die Geheimhaltung.
Bei der Nutzung der maschinellen Übersetzungstools, die im Internet zur Verfügung
stehen, müssen die zu übersetzenden vertraulichen Dokumente in eine Cloud bzw.
auf einen Server hochgeladen werden. Häu"g werden die Texte weiter verwendet,
um die „Maschine“ lernen zu lassen, d. h. den Datenpool der Maschine mit dem
Ausgangstext und der entsprechenden Übersetzung zu vergrößern.
Auch hier liegt der Vorteil bei den Übersetzungsbüros, die auf Wunsch eine
Geheimhaltungsvereinbarung schließen und damit den Ansprüchen des Kunden
auch hinsichtlich der Geheimhaltung und des Datenschutzes entsprechen.

Neuronale maschinelle Übersetzung
(NMT): Die Vor- und Nachteile im
Überblick!
Mensch oder Maschine? Für diese Entscheidung sind zwei Möglichkeiten zu
berücksichtigen.

Die neuronalen maschinellen Übersetzungsprogramme liefern bereits recht
annehmbare Ergebnisse, wenn man je nach Verwendungszweck einige Abstriche
machen kann und ein 100%iges Sprachniveau nicht notwendig ist. So sind wichtige
Anwendungsgebiete u. a. für den privaten Gebrauch, beim groben Verständnis eines
Textes, um sich schnell einen Überblick über die Thematik zu verscha#en oder wenn
die Texte nicht zur Verö!entlichung gedacht sind.

Die neuronale maschinelle Übersetzung kann auch eine hilfreiche Ergänzung für
den Übersetzer sein, auch wenn das Endprodukt kein perfekter, geschli#ener Text
ist. Sie kann eine „Roh“- oder Vorübersetzung liefern, die dann in einem Post-
Editing-Schritt vom Übersetzer nachbearbeitet wird.

Die Nachteile von Neural Machine Translation

     Post-Editing:
     Eine Nachbearbeitung der Übersetzung ist unbedingt erforderlich, denn in der
     Regel reicht die Übersetzung nicht an die klassische Humanübersetzung heran.
     Kombination Machine Translation + Post-Editing ist nicht unbedingt die
     „günstige Variante“:
     Beim Post-Editing muss ein quali"zierter Übersetzer den Ausgangstext,
     Terminologie, Inkonsistenzen und Rechtschreibung prüfen. Häu"g ist dies
aufwändiger als der normale Übersetzungsprozess.
    Ein vollständiges oder intensives Post-Editing (MTPE) kann teuer werden:
    Für das Post-Editing gibt es Stufen, je nachdem was das Qualitätsziel ist.
    Passagen des maschinell übersetzten Textes könnten evtl. entfernt und durch
    eine vom Übersetzer neue Version ersetzt werden. Dies kann zu einem Verlust
    der Produktivität und somit zur Erhöhung der Kosten führen.
    Prüfung von Abweichungen zwischen Ausgangstext und Zieltext ist sehr
    aufwendig:
    Der Korrektor vergleicht alle Sprachpaare (Ausgangstext und Übersetzung), um
    sicherzustellen, dass der Zieltext den Ausgangstext präzise und kohärent
    wiedergibt. Nichts vom Quelltext darf fehlen oder an Quelltext hinzugefügt
    werden.
    Vertraulichkeit:
    Die Inhalte werden an einen Dritten weitergegeben.
    Man könnte Fehlübersetzungen, Auslassungen und unerwünschte
    Ergänzungen leicht übersehen, da die Texte häu"g gut klingen.
    Der Übersetzer sollte unbedingt den Ausgangstext prüfen. Denn oft enthält
    der Quelltext Fehler, weil dieser z. B. wiederum aus einer anderen Sprache
    stammt oder Fehler enthält.

Computergestützte
Übersetzungssoftware (Computer-
Aided Translation – CAT Tools)
Wir arbeiten beim Übersetzungsbüro Techni-Translate mit CAT Software:
Wiederverwendung von „eigenen“ Übersetzungen durch den Einsatz von
Translation-Memory-Systemen (TMS) und Terminologiedatenbanken. Darüber
hinaus nutzen wir selbst entwickelten Online-Dienste wie das technische
Wörterbuch dictindustry in 19 Sprachen und unser Übersetzungsforum für
Projektfragen zwischen Übersetzungsteam und Kunde.
Die Vorteile von TM-Systemen

     Das System wird erweitert durch den Einsatz von Übersetzungsspeichern
     (Translation Memories, TM), gezielter Terminologie und relevanten
     mehrsprachigen Daten.
     Es gibt viel Kostenersparnispotential, insbesondere bei großem Volumen.

Außerdem steht bei der Nutzung von CAT-Software der Übersetzer im Mittelpunkt,
der die Software zur Unterstützung des Übersetzungsprozesses einsetzt. Die
Übersetzungen werden von Muttersprachlern mit einem entsprechenden
akademischen bzw. fachlichen Abschluss erstellt.

Der Einsatz von TM-Systemen ist empfehlenswert für folgende Dokumentationen:

     Bedienungsanleitung
     Technische Dokumentation für Maschinenbediener
     Produktkataloge
     Produktbeschreibungen
     O$zielle Dokumente
     Kataloge oder Texte für Druckzwecke oder zur Verö#entlichung

Diese Fachdokumente richten sich an den Endverbraucher oder spezialisierte
Fachkreise, die meistens kritischer sind. Dabei beschreiben sie in der Regel
bestimmte Funktionen eines technischen Produktes oder einer Dienstleistung und
müssen somit inhaltlich und sprachlich sehr präzise sein.

Die Antwort auf die Frage „Mensch oder Maschine?“ muss also lauten: „Mensch und
Maschine“, wobei der Mensch immer noch ausschlaggebend ist und weiterhin
bleiben wird.

Fazit
Eine KI-Übersetzung hat durchaus ihre Daseinsberechtigung, wenn es darum geht,
einfache Texte zu übersetzen oder sich allgemein einen Überblick über den Text zu
verscha#en. Dabei sollte man sich allerdings nur auf Übersetzungen der Sprachen
verlassen, die man auch selbst beherrscht. Denn man nur so Fehler und Schwächen
erkennen kann.

Maschinelle Übersetzung muss klar von muttersprachlichen Fachübersetzungen
abgegrenzt werden. Denn KI kann nicht mit komplexeren technischen
Übersetzungen mithalten. Sie wird langfristig die menschliche Fachübersetzung
nicht ersetzen können, sondern vielmehr sich als eine unterstützende Technologie
für den Übersetzer zur Erhöhung der Produktivität und Erleichterung der Arbeit
entwickeln.

Ihr Techni-Translate-Team

Beitragsbild: Andrii Symonenko / Shutterstock.com
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