FEHLALLOKATIONEN DURCH EINSEITIGE FÖRDERUNG VON ELEKTROMOBILITÄT?
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FEHLALLOKATIONEN DURCH EINSEITIGE FÖRDERUNG VON ELEKTROMOBILITÄT? EINBLICKE UND HANDLUNGSEMPFEHLUNGEN FÜR DIE AUTOMOBIL- UND ENERGIEBRANCHE Der Klimaschutz ist ein wesentlicher Treiber für Veränderungen im Mobilitätsbereich. EU-Richtlinien zu CO2-Emissionen machen Anpassungen bei den Automobilherstellern erforderlich. Dies betrifft insbesondere die Antriebsform. Der Verbrennungs- motor auf Basis von Benzin und Diesel – jahrzehntelang die dominierende Antriebsform – hat mit Blick auf den Klimaschutz ausgedient. Offen ist die Geschwindigkeit der Ablösung. In den kommenden Jahren wird sich aufgrund der verstärkten An- kann die Energie für den Motor aus unterschiedlichen Quellen strengungen im Bereich des Klimaschutzes der Mobilitätsbereich kommen und zweitens spielt manchmal auch ein Verbrennungs- stark wandeln. Alternative Antriebsformen stehen dabei im Mittel- motor noch eine Rolle. So umfasst die Elektromobilität: punkt dieses Wandels. Wenngleich es durchaus verschiedene Al- ternativen zu klassisch befeuerten Otto- und Dieselmotoren gibt, • Hybrid-Fahrzeuge, bei denen der Elektromotor nur unterstüt- hat sich aktuell in vielen Ländern de facto die Elektromobilität als zend (Mild Hybrid) oder nur auf kurzen Strecken (Vollhybrid) dominierende alternative Antriebsform durchgesetzt. Dieser Ein- zum Einsatz kommt. Die für den Betrieb des Elektromotors not- druck ergibt sich beispielsweise bei einem Blick auf die dynami- wendige Energie wird hauptsächlich vom Verbrennungsmotor schen Zuwächse von batterieelektrischen Fahrzeugen oder auch erzeugt. Hybrid-Fahrzeugen in den monatlichen Zulassungsstatistiken. • Plug-in-Hybrid-Fahrzeuge sind vergleichbar mit einem Vollhy- Zugleich zeigt der Pkw-Gesamtbestand allerdings, dass die brid. Neben einem Elektromotor ist auch ein Verbrennungsmotor Elektromobilität noch weit davon entfernt ist, gegenüber Ver- im Fahrzeug, der das Fahrzeug allein antreibt, wenn die Akku- brennungsmotoren zu dominieren. Angesichts aktueller Heraus- leistung nach einer bestimmten Strecke nicht mehr ausreicht. Im forderungen wie der Rohstoffbeschaffung, dem Ausbau der Lade- Gegensatz zu den Hybrid-Fahrzeugen kann bei einem Plug-in- infrastruktur sowie dem Recycling drängt sich die Frage auf, ob Hybrid die Batterie über ein externes Netzteil geladen werden. diese – aktuell sehr stark subventionierte – Entwicklung in die richtige technologische Richtung geht. Politik, Wissenschaft und • Batterieelektrische Fahrzeuge verfügen ausschließlich über Gesellschaft müssen sich zukunftsweisende Fragen stellen: Ist einen Elektromotor, sodass deren Batterien nur über ein externes die Elektromobilität die „richtige“ Antriebsform für die Zukunft? Netzteil geladen werden können. Denn erweist sich die eingeschlagene Richtung im Nachhinein als falsch, wären enorme Investitionen und Ressourcen fehlallokiert. • Fahrzeuge mit einer Brennstoffzelle werden ebenfalls von ei- Darüber hinaus gilt es abzuwarten, ob das Ergebnis unserer In- nem Elektromotor angetrieben, die benötigte Energie wird aller- novationsökosysteme lediglich eine dominante Antriebsform für dings im Fahrzeug durch Umwandlung von Wasserstoff in einer klimaverträgliche Mobilität hervorbringt. Brennstoffzelle gewonnen. Während bei allen vier Formen ein Elektromotor zum Einsatz Batterie, Hybrid, Brennstoffzelle – kommt, variiert die Energiequelle. So kann fossiler Kraftstoff für den Verbrennungsmotor, elektrischer Strom (fossil oder regene- Was ist Elektromobilität? rativ erzeugt) aus dem Stromnetz für Hybrid- und batterieelek- trische Fahrzeuge oder Wasserstoff für eine Brennstoffzelle als Auch wenn immer nur von Elektromobilität die Rede ist, handelt Energiequelle dienen. Trotz der Diversität an Energiequellen geht es sich dabei genau genommen nicht um eine Antriebsform. die aktuelle Entwicklung sowie Förderung der Elektromobili- Zwar ist es schlussendlich immer ein Elektromotor, der – zum tät primär in Richtung batterieelektrischer Fahrzeuge. Teil unterstützend – für den Antrieb zuständig ist. Aber erstens -1-
Aktuelle Zahlen zum Energiemix Antriebsform. Die Neuzulassungen im Gasbereich verharren auf im Mobilitätsbereich einem geringen Niveau. Trotz jahrzehntelanger Forschung spielt mit Blick auf die tatsächlichen Zulassungszahlen das Thema Wasserstoff (noch) keine große Rolle (weitere Insights zum The- Pkw ma Wasserstoff sind hier zu finden). Dieser Trend ist trotz hoher medialer Aufmerksamkeit, zahlreicher Berichterstattungen durch Im deutschen und europäischen Pkw-Markt verschieben sich die Hersteller sowie der allgemeinen Meinung über das hohe Poten- Marktanteile weiter in Richtung alternative Antriebe, konkret in zial der Brennstofftechnologie unverändert. Richtung Elektromobilität. Forciert wird diese Entwicklung nicht zuletzt durch staatliche Förderprogramme. Fuhren im zweiten Blickt man jedoch auf den Pkw-Bestand in Deutschland, offen- Quartal 2020 beispielsweise noch 3,5 Prozent der neuzugelas- bart sich ein anderes Bild: Die Elektromobilität ist trotz der sehr senen Autos europaweit mit einen batterieelektrischen Antrieb, großen Dynamik in der Anzahl der Neuzulassungen weit davon so waren es laut dem europäischen Herstellerverband ACEA im entfernt, eine dominante Antriebsform zu sein. Zwar sanken zu- gleichen Zeitraum 2021 bereits 7,5 Prozent. Gleichzeitig sank der letzt die Anteile von Benzin und Diesel, sie befinden sich aber Marktanteil bei Benzinern und Dieselfahrzeugen. Zusammen ka- weiterhin auf einem sehr hohen Niveau. men die beiden Antriebsformen auf etwa 62 Prozent unter den Neuzulassungen im zweiten Quartal, im Vorjahreszeitraum waren Mit Blick auf die nahe Zukunft darf angenommen werden, dass es noch mehr als 80 Prozent. die Zulassungszahlen eine weitere Verschiebung der Marktantei- le zugunsten alternativer Antriebe zeigen werden. Für die Prog- Diese Entwicklung spiegelt sich auch auf dem deutschen Markt nose sprechen aktuelle Umfragen, die eine gesteigerte Kaufbe- wider. So halbierten sich in den vergangenen drei Jahren die reitschaft zugunsten von Elektroautos dokumentieren. Laut dem monatlichen Neuzulassungen bei Benzin- und Dieselfahrzeugen, aktuellen Trendbarometer von BearingPoint gingen im Juli 2021 während sich auf dem Markt für Elektrofahrzeuge hingegen ein 22 Prozent der Deutschen davon aus, dass ihr nächstes Auto ein regelrechter Boom zeigte. Im Juli 2021 wurden beispielsweise Elektrofahrzeug sein wird. Bei den unter 25-Jährigen sind es so- mehr Elektrofahrzeuge (Hybrid, Plug-in-Hybrid, Batterie) zuge- gar mit 27 Prozent etwas mehr. Ein maßgeblicher Grund dafür ist lassen als Benziner. Damit ist die Elektromobilität bei den Neu- nach Angaben der Befragten neben dem ökologischen Aspekt zulassungen derzeit eindeutig auch die dominierende alternative die anhaltende Förderung durch die Politik. NEUZULASSUNGEN VON PERSONENKRAFTWAGEN NEUZULASSUNGEN VON PERSONENKRAFTWAGEN IN IN DEUTSCHLAND NACH KRAFTSTOFFARTEN DEUTSCHLAND NACH ALTERNATIVEN KRAFTSTOFFARTEN 250.000 50.000 200.000 40.000 150.000 30.000 100.000 20.000 50.000 10.000 0 0 Juli 2018 Juli 2019 Juli 2020 Juli 2021 Juli 2018 Juli 2019 Juli 2020 Juli 2021 Benzin Diesel Alternative Antriebe (Elektro, Gas, Hybrid) Quelle: KBA Hybrid (ohne Plug-in) Plug-in Hybrid Elektro Flüssiggas Erdgas Quelle: KBA PKW-BESTAND IN DEUTSCHLAND NACH KRAFTSTOFFARTEN PKW-BESTAND MIT ALTERNATIVEN ANTRIEBEN IN DEUTSCHLAND Stand: jeweils 1. Januar Stand: jeweils 1. Januar 2019 2019 31.031.021 341.411 15.153.364 395.592 900.954 83.175 80.776 2020 2020 31.464.680 539.383 15.111.382 371.472 1.129.670 136.617 82.198 2021 2021 31.435.340 1.004.089 15.060.124 346.765 1.743.004 309.083 83.067 Benzin Diesel Alternative Antriebe (Elektro, Gas, Hybrid) Quelle: KBA Hybrid Flüssiggas Elektro Erdgas Quelle: KBA -2-
Lkw Auch in Deutschland weisen alternative Antriebsformen, insbe- sondere elektrische Antriebe, größere Wachstumsraten auf als Die dynamische Entwicklung bei der Elektromobilität ist aller- Diesel und Benzin. Dennoch waren zu Beginn des Jahres 2021 dings in erster Linie auf den Pkw-Bereich beschränkt. Im europäi- weiterhin etwa 94 Prozent der Lkw in Deutschland mit einem schen Nutzfahrzeugbereich holt der Elektroantrieb gegenüber Diesel-Antrieb ausgestattet. Die Anteile der alternativen An- der marktbeherrschenden Dieseltechnologie erst allmählich auf. triebsformen haben sich von 2020 zu 2021 nur minimal erhöht, So wurden ACEA zufolge 2020 in der EU 28.597 rein batterie- wobei dieser – wenn auch geringe – Anstieg auf die Elektromo- betriebene leichte Nutzfahrzeuge zugelassen, 26 Prozent mehr bilität zurückzuführen ist. als im Vorjahr. Die Zahl der Hybridmodelle legte um 175 Prozent auf 12.698 Nutzfahrzeuge zu. Allerdings lagen die Marktanteile beider elektrifizierter Antriebsarten nur bei zwei Prozent be- ziehungsweise 0,9 Prozent. Wichtigster Motor bleibt mit einem Marktanteil von 92,4 Prozent der Diesel. LKW-BESTAND IN DEUTSCHLAND NACH KRAFTSTOFFARTEN LKW-BESTAND MIT ALTERNATIVEN ANTRIEBEN IN DEUTSCHLAND Stand: jeweils 1. Januar, in Mio. Stand: jeweils 1. Januar, in Tsd. Elektro Diesel Flüssig- gas Benzin Erdgas Alternative Antriebe Hybrid (Elektro, Gas, Hybrid) 0 0,5 1,0 1,5 2,0 2,5 3,0 3,5 0 5 10 15 20 25 30 35 2020 2021 Quelle: KBA 2020 2021 Quelle: KBA -3-
Tank-/Ladeinfrastruktur ANZAHL DER TANKSTELLEN IN DEUTSCHLAND Stand: jeweils Jahresbeginn Entsprechend der Entwicklung der Antriebsarten ergibt sich ein 50.000 vergleichbares Bild mit Blick auf die Tank- bzw. Ladeinfrastruktur in Deutschland. Aktuell gibt es hierzulande etwa 14.500 klassische 45.000 Kraftstoff-Tankstellen. Gleichwohl in den Siebziger-Jahren eine 40.000 negative Entwicklung der Anzahl an Kraftstoff-Tankstellen zu be- 35.000 obachten war, stagniert diese Anzahl in den vergangenen Jahren. 30.000 Deutlich geringer ist die Anzahl an Tankstellen, bei denen Erdgas 25.000 (CNG) und Flüssiggas/Autogas (LPG) angeboten wird. So gab es 20.000 Anfang 2021 etwa 6.000 LPG-Tankstellen in Deutschland. Dazu kamen 846 CNG-Tankstellen, wobei deren Anzahl zuletzt sogar 15.000 leicht rückläufig ist. 10.000 5.000 Nahezu keine Rolle spielt bei der Tankinfrastruktur – ähnlich wie im Antriebsbereich – der Wasserstoff. Zwar hat sich die Anzahl 0 an Wasserstofftankstellen in den vergangenen Jahren nahezu 1970 1975 1980 1985 1990 1995 2000 2005 2010 2015 2020 verdoppelt, sie liegt dennoch mit einer Anzahl von 92 Tankstellen Quelle: Energie Informationsdienst auf einem sehr niedrigen Niveau. Während sich in den Zulassungen im Bereich der Elektromobilität ANZAHL AN ERDGASTANKSTELLEN IN DEUTSCHLAND hohe Dynamik widerspiegelt, hält der Ausbau der dazugehörigen Infrastruktur dabei allerdings nicht mit. Eine solche Entwicklung 1.000 ist vor dem Hintergrund der staatlichen bzw. steuerlichen Sub- ventionierung nicht zu erwarten. Laut Bundesnetzagentur stan- 900 den am 1. Oktober 2021 22.685 Ladesäulen im öffentlichen Raum 800 zur Verfügung. Beim Blick auf die Anzahl lässt sich in den ver- gangenen Jahren ein positiver Trend ableiten, allerdings hat der 700 weitere Ausbau zuletzt wieder an Dynamik verloren. Diese Ent- 600 wicklung ergibt sich dabei vor dem Hintergrund der ambitionier- ten Pläne der Bundesregierung. Eine Million öffentlich zugäng- 500 liche Ladesäulen insgesamt hat sich die Bundesregierung laut 400 dem „Masterplan Ladeinfrastruktur“ bis 2030 zum Ziel gesetzt, 50.000 sollten es im Jahr 2020 sein. Beim Blick auf den Erfül- 300 lungsgrad lässt sich eine Diskrepanz zwischen dem Masterplan 200 und dem aktuellen Stand des Ausbaus der öffentlichen Lade- infrastruktur in Deutschland beobachten. Bei der Interpretation 100 dieser Daten ist allerdings zu berücksichtigen, dass sowohl pri- 0 vate als auch von Unternehmen zur Verfügung gestellte Lade- 2001 2005 2010 2016 2020 säulen (z. B. auf Firmenparkplätzen und Parkhäusern für Beschäf- Quellen: dena, MWV, erdgas-mobil.de, Gas-tankstellen.de tigte) aktuell noch nicht zuverlässig erfasst werden. Soll die Elektromobilität in Zukunft eine dominierende Posi- ANZAHL DER WASSERSTOFFTANKSTELLEN IN DEUTSCHLAND tion einnehmen, müsste der Ausbau der Ladeinfrastruktur noch deutlich intensiviert werden. Zugleich müsste er auch regional gleichmäßiger erfolgen. Aktuell sind die meisten Ladesäulen im 2018 52 öffentlichen Raum in den drei Bundesländern Bayern, Nordrhein- Westfalen und Baden-Württemberg anzutreffen. Die höchste Dichte ist allerdings in den drei Stadtstaaten gegeben, insbeson- dere in Hamburg und Berlin. In jedem Fall sollte allerdings auch 2019 79 in Gebieten mit geringer Bevölkerungs- und Verkehrsdichte eine ausreichende Versorgung sichergestellt sein. 2020 87 2021 92 Quelle: H2 MOBILITY -4-
Gründe für eine dominante chinesischen Volksrepublik im Bereich Elektromobilität. Zu beach- Energieform ten sind bei einem internationalen Vergleich jedoch die jeweiligen nationalen Umstände und Unterschiede. Meist hängt die Entwick- lung in einem Land von lokalen Besonderheiten ab. Folglich kann Der Blick auf den aktuellen Energiemix im Mobilitätsbereich man das Vorgehen eines Landes nicht als Blaupause für den Erfolg zeigt, dass Verbrennungsmotoren auf Basis fossiler Kraftstoffe und die Marktdurchdringung eines anderen Landes heranziehen. weiterhin noch die dominierende Antriebsform darstellen. Aller- dings dürfte deren Bedeutung im Hinblick auf den Klimaschutz und damit einhergehende gesetzliche Regelungen künftig ab- ANZAHL NEUER ÖFFENTLICH ZUGÄNGLICHER LADEPUNKTE nehmen. Dabei drängt sich die Frage auf, ob es künftig eine neue IN DEUTSCHLAND dominante Antriebsform gibt oder der Mobilitätsbereich sich vielmehr durch einen Mix an verschiedenen Antriebsformen aus- 1.600 zeichnen wird. 1.400 Es gibt durchaus Gründe, die für eine dominante Energieform 1.200 sprechen – vom heutigen Standpunkt wäre es die Elektromobilität. 1.000 Zielpläne und Subventionspolitik 800 Die bisherigen Zielpläne sowie die Förderpolitik in Deutsch- 600 land sind im Pkw- und Lkw-Bereich bereits auf den Energieträ- ger Strom als Antriebsquelle ausgerichtet. Schon im Jahr 2009 400 wurde im Rahmen des Nationalen Entwicklungsplans Elektro- mobilität das Ziel ausgegeben, dass bis zum Jahr 2020 ein Mil- 200 lion Elektrofahrzeuge in Deutschland zugelassen sein sollen. Da die Erreichung des Ziels zwischenzeitlich mehr als unsicher war, 0 2010 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 wurde ab Juni 2016 mit der Umweltprämie der Kauf von Elektro- fahrzeugen subventioniert. Eine deutliche Ausweitung dieser Quelle: Bundesnetzagentur Förderung erfolgte mit der Innovationsprämie im Rahmen des Corona-Konjunkturprogramms im Sommer 2020 (weitere In- ANZAHL DER ÖFFENTLICH ZUGÄNGLICHEN LADESÄULEN sights zum Thema Innovationsprämie sind hier zu finden). IN DEUTSCHLAND Stand: 1. Oktober 2021 Allerdings wurde erst im Juli 2021 – also ein Jahr später als ge- plant – das Ziel von einer Million zugelassener Elektrofahrzeuge ANZAHL GESAMT in Deutschland erreicht. ANZAHL PRO KM3 Schleswig-Holstein Neues Ziel ist laut Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier nun, 816 Mecklenburg- dass die Elektromobilität bis 2030 „einen entscheidenden Bei- Vorpommern 0,05 Hamburg 232 trag zur Senkung der Treibhausgasemissionen leistet“. Dies be- 0,01 628 deutet laut Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer, dass es bis Bremen 0,88 zu diesem Datum 14 Millionen Elektrofahrzeuge in Deutschland 174 Berlin Nieder- 727 geben muss. 0,34 sachsen 0,83 2.480 Sachsen- Brandenburg Auf dieses Ziel ist auch die staatliche Förderung ausgerichtet. Nordrhein- 0,05 Anhalt 449 Weiterhin wird der Kauf von Elektrofahrzeugen staatlich geför- Westfalen 401 0,02 3.858 0,02 dert. Gleiches gilt für den Ausbau der Ladeinfrastruktur – sowohl im öffentlichen wie auch im privaten Bereich. Aktiv ist der deut- 0,12 Sachsen Thüringen Hessen 467 873 sche Staat ebenfalls bei der Batterieforschung, die öffentlich ge- 0,05 Rheinland- 1.445 0,03 fördert wird. Pfalz 0,07 908 Erwartungsgemäß führt eine solch extensive Innovationspolitik 0,05 in Richtung Elektromobilität dazu, dass sich in der Zukunft eine Saarland bestimmte Antriebsform durchsetzen kann. 167 Bayern 0,07 Baden- 4.473 Württemberg 0,07 Länder wie China und Norwegen, deren politische Instrumente 3.696 bereits seit langer Zeit auf die Förderung der Elektromobilität 0,11 ausgerichtet sind, können sowohl durch ihre Vorreiterrolle als auch durch die Bedeutung als Absatzmarkt (etwa für deutsche Hersteller) die Entwicklung in anderen Ländern in einem ge- wissen Ausmaß lenken. Besonders zu betonen ist die Macht der Quelle: Bundesnetzagentur -5-
So sind in Norwegen mit der staatlichen Förderung die Kauf- sich der Aufwand für den Fahrer eines Elektroautos durch den anreize für Elektrofahrzeuge besonders hoch. Außerdem gibt es Wegfall von Kabeln und Steckern. Dort wo die Fahrzeuge längere Privilegien im Straßenverkehr wie die Nutzung von Busspuren, Zeit stehen – zum Beispiel im Parkhaus – werden sie automatisch kostenfreie Parkplätze sowie verringerte Mautsätze. Die Lade- geladen. Dadurch verringert sich der Aufwand. infrastruktur ist bereits umfassender ausgebaut als beispiels- weise in Deutschland und die Nutzer von Elektrofahrzeugen sind Was darüber hinaus einen reinen Fokus auf die Elektromobilität mit dem Bewusstsein mobil, keine CO2-Emissionen zu verursa- in Zukunft begünstigt, ist die Tatsache, dass elektrischer Strom chen, da Strom in Norwegen fast ausschließlich aus Wasserkraft in Deutschland – wie im Rest der Welt – die dominante Energie- gewonnen wird. form in Wirtschaft und Gesellschaft ist. Jeder Haushalt und jeder Gewerbebetrieb verfügt über einen Stromanschluss. Die Infra- Eine intensive staatliche Förderung hat auch in China die Ent- struktur für diese Energieform ist also nicht nur bereits flächen- wicklung der Elektromobilität stark stimuliert. Dazu kommt eine deckend vorhanden, sie ist auch engmaschiger vernetzt und inländische Automobilindustrie, die im Gegensatz zur deutschen „naheliegender“ als die traditionelle Tankstelle. Folglich ist das Automobilindustrie nicht auf Verbrennungsmotoren fokussiert bestehende Stromnetz in Deutschland für die Elektromobilität war. Hersteller wie MG oder Nio setzten von vornherein nur auf grundsätzlich vorhanden und gerüstet. Neben dem Vorhanden- Elektrofahrzeuge und verhalfen somit China zu einer Vorreiter- sein des Stromnetzes gibt es aber noch eine weitere wichtige rolle in Bezug auf Elektromobilität. Restriktion, die Stabilität des Netzes. Selbst bei Lastspitzen muss eine zuverlässige und sichere Ladung gewährleistet werden. Da- für ist eine intelligente Planung der Netze durch die Netzbetreiber Technologische Rahmenbedingungen der Schlüssel. Für diese Planung benötigen sie allerdings mög- lichst vollständige Informationen über die zu erwartenden Lasten Unbestreitbar gibt es aktuell ein Momentum bei der technologi- in ihren Netzen. Der flächendeckende Ausbau an Ladeinfrastruk- schen Entwicklung, das für die Elektromobilität spricht. Beson- tur ist folglich von einem intelligenten Netzausbau abhängig. ders die Reichweite sowie die Kosten dämpften die Nachfrage nach Elektrofahrzeugen lange Zeit sehr stark. Durch techno- logische Weiterentwicklungen gerade im Bereich der Batterie- Zielpläne der Automobilhersteller leistung werden beide Aspekte allerdings positiv verändert: Die Reichweite der Elektrofahrzeuge steigt kontinuierlich von Gene- Bedingt durch immer neue und strengere Klimaschutzvorgaben ration zu Generation und die Kosten für die Batterie sowie für die seitens der Politik in Deutschland sowie der EU wenden sich die Elektromobilität insgesamt sinken. Automobilhersteller immer stärker alternativen Antriebsformen zu. Erfolgte dies einige Jahre bzw. bei einigen Herstellern relativ Der technologische Fortschritt führt darüber hinaus dazu, dass technologieoffen, zeigt sich bei der überwiegenden Zahl der Her- sich die Ladeinfrastruktur verbessert. Vor allem mit der zuneh- steller zuletzt eine Ausrichtung der Investitionen in Forschung menden Verbreitung von DC- und HPC-Ladestationen, die Lade- und Entwicklung sowie Produktion im Bereich der Elektromobili- leistungen von bis zu 350 Kilowatt ermöglichen, verkürzen sich tät. Andere Technologien wie etwa Wasserstoff spielen damit im die Ladezeiten erheblich. Mit Weiterentwicklungen im Bereich Pkw-Bereich nur noch eine untergeordnete Rolle. des induktiven Ladens könnte in Zukunft das Laden für die Nutzer noch komfortabler werden. In dieser Zukunftsvision verringert Alternative Antriebsformen – abseits der Elektromobilität – ste- cken noch in der Forschungs- und Erprobungsphase, folglich WELTWEITE PREISE FÜR LITHIUM-IONEN-AKKUS sind für deutsche und europäische Automobilhersteller elektri- in US-Dollar/kWh sche Antriebe aktuell die einzige Möglichkeit, den immer stren- geren CO2-Flottenzielen zu entsprechen. 2013 668 Darüber hinaus haben praktisch alle namhaften Automobilherstel- ler einen (teilweisen) Ausstieg aus der Verbrenner-Technologie in den kommenden Jahren angekündigt, wobei dies in erster Linie 2014 592 den Pkw-Bereich betrifft. Allerdings ist dabei zu beachten, dass erstens die Ziele der Hersteller sehr variieren und zweitens sie sich 2015 384 häufig in Grauzonen bewegen. Vielfach sind die Commitments noch vage formuliert: Ein Ausstieg wird nur „angestrebt“. Bei 2016 295 den Herstellern, die sich festgelegt haben, soll der geplante Aus- stieg zwischen dem Jahr 2030 (z. B. Fiat, Ford, Volvo) und 2040 (z. B. Honda) stattfinden. Darüber hinaus ist die Daimler Tochter 2017 221 Smart bereits seit 2020 eine reine Elektro-Marke und die Stellantis Marke Peugeot soll diesem Vorbild ab 2023 folgen. 2018 181 Die Ausstiegspläne sind in zwei Dimensionen zu differenzieren: So unterscheiden die Hersteller vom Ausstieg aus der Entwick- 2019 157 lung neuer Verbrenner-Fahrzeuge und der Produktion dieser Fahrzeuge. Darüber hinaus bleibt festzustellen, dass der Ausstieg 2020 137 meist in Europa zuerst erfolgt und beispielsweise in den USA und Quelle: BloombergNEF China später folgen soll. -6-
„New Player“ eine ausreichende Ladeinfrastruktur vorhanden ist. Ein Plug-in- Hybrid mit seiner kleineren Batterie müsste zu häufig geladen Die zunehmende Ausrichtung der etablierten Automobilher- werden, da auf der Autobahn Bremsvorgänge zur Rekuperation steller auf die Elektromobilität erfolgt nicht nur auf Druck der weniger vorkommen. Wasserstoff-Pkws finden trotz jahrzehnte- politischen Vorgaben zum Klimaschutz. Daneben gibt es – langer Forschung keine Abnehmer und keine passenden Tank- mittlerweile mächtige – neue Wettbewerber wie Tesla und NIO stellen in ausreichender Zahl. am Markt, die sich von Beginn an komplett der Elektromobili- tät verschrieben haben. Diese Unternehmen haben sich klar bei Bei der Gütermobilität gelten für leichte Nutzfahrzeuge im Be- einer Antriebsform positioniert und bieten dabei nicht nur Fahr- reich der Kurier- und Paketdienste die gleichen Voraussetzungen zeuge an. Sie haben vielmehr ein ganzes Produkt-Ökosystem für wie bei den Pkw. Auf Kurz- und Mittelstrecke, insbesondere im die Elektromobilität entwickelt und sind ebenfalls bei Batterien Stadtverkehr, sind Plug-in-Hybrid und batterieelektrische Antrie- und Ladeinfrastruktur aktiv, sodass sie ihren Kunden ein Gesamt- be sinnvoll. Auf der Langstrecke könnte nur ein batterieelektri- paket bieten können. Dies wirkt sich positiv auf ihre Marge aus scher Antrieb mit ausreichender Reichweite und dann passender und setzt andere Automobilhersteller unter Zugzwang, ihre An- Ladeinfrastruktur zum Einsatz kommen. strengungen bei der Elektromobilität zu intensivieren. Bei schweren Lkw im Langstreckeneinsatz bringen Elektro- Antriebe in Form von Plug-in-Hybrid und batterieelektrische Antriebe weitere Herausforderungen mit sich, da die notwen- Gründe, die gegen eine dominante dige Batterie zu viel Gewicht verursachen und die Nutzlast Energieform sprechen der Fahrzeuge damit reduzieren würde. Hier würde sich als Alternative zum Verbrennungsmotor jedoch ein Brennstoff- zellen-Antrieb anbieten, da auf den Betriebshöfen die notwen- Allerdings gibt es ebenfalls gute Gründe gegen die Elektromo- dige Tankinfrastruktur aufgebaut werden könnte. bilität als dominante Antriebsform – Gründe, die darüber hinaus auch gegen eine dominierende Antriebsform sprechen. Einige Angesichts dieser unterschiedlichen Bedürfnisse ist ein Neben- Expertinnen und Experten sprechen sich für technologieoffene einander verschiedener Antriebsformen wahrscheinlicher als die Lösungen aus. Einerseits sei es noch zu früh, um sich auf nur eine Dominanz einer einzigen Technologie. dominante Lösung festzulegen. Andererseits werde es immer wieder zum Einsatz verschiedener Lösungen für unterschiedliche Mobilitätsanwendungen kommen. Nachhaltigkeit und Versorgungssicherheit Eine Konzentration auf eine bestimmte Antriebsform und damit Unterschiedliche Mobilitätsformen Technologie geht mit einer Konzentration auf die dafür notwendi- gen Ressourcen einher. Gerade bei den für die Batterien benötig- Elektro-Antriebe in Form von Plug-in-Hybrid und batterieelekt- ten seltenen Erden – 17 Metalle aus der dritten Nebengruppe des rische Antriebe kommen aktuell in erster Linie bei der individu- Periodensystems wie zum Beispiel Lanthan oder Neodym – gibt ellen Personenmobilität auf kurzen und mittleren Strecken zum es bereits die absehbare Herausforderung einer ausreichenden Einsatz. Dies ist insbesondere dem Reichweitenaspekt geschul- Beschaffung. Mit steigender Ausrichtung auf Elektromobilität det. Gerade im Stadtverkehr durch häufige Bremsvorgänge wird und die Herstellung von Lithium-Ionen-Akkus verstärkt sich diese die Batterie durch Rekuperation immer wieder geladen. Auf der Problematik. In Well-to-Wheel-Analysen „verdirbt“ zudem meist Langstrecke – beispielsweise auf der Autobahn – wäre bei Pkws die Treibhausgas-Bilanz der Batterieherstellung den Spitzenplatz allerdings nur ein batterieelektrischer Antrieb sinnvoll – sofern im Lebenszyklus-Vergleich verschiedener Antriebstechnologien. -7-
WELL-TO-WHEEL VS. TANK-TO-WHEEL VS. CRADLE-TO-GRAVE Mit dem Konzept „Well-to-Wheel“ ist eine bestimmte Betrachtung der Energieerzeugung und -verwendung beispielswei- se im Bereich der Elektromobilität verbunden. Konkret bei Well-to-Wheel wird der gesamte Weg der Energie vom „Bohr- loch bis zum Rad“ betrachtet. Neben der Umwandlung elektrischer in kinetischer Energie im Fahrzeug wird ebenfalls die vorgelagerte Energieherstellung bzw. -bereitstellung bei derartigen Analysen betrachtet. „Tank-to-Wheel“ ist insofern ein Teilbereich – Energienutzung im Fahrzeug – von Well-to-Wheel. Eine Unterscheidung von Well-to-Wheel und Tank-to-Wheel ist besonders bei der Umweltbilanz relevant. Während Elektromobilität bei einer Tank-to-Wheel-Betrachtung keine CO2- Emissionen aufweist, ist dies bei einer Well-to-Wheel-Betrachtung der Fall, sofern die Energie nicht vollständig aus regenerati- ven Quellen gewonnen wird. Und selbst dann kann die Umweltbilanz noch negativ sein, falls das Well-to-Wheel-Konzept auf die Cradle-to-Grave Betrachtung erweitert wird, die auch die Herstellung und das Recycling der Fahrzeuge und Batterien miteinbezieht. Auch grundsätzlich lässt eine Well-to-Wheel-Betrachtung der Unterschiedliche Strategien in den Ländern Elektromobilität deren Umweltbilanz negativ ausfallen. Zwar gibt es direkt am Fahrzeug keine CO2-Emissionen, aber bei der Auch wenn Länder wie China, Deutschland oder Norwegen sich Gesamtbetrachtung kommt es auch auf den Energiemix in den auf die Elektromobilität fokussieren, verfolgen nicht alle Länder Ländern an. In Ländern mit einem CO2-intensiven Energiemix – diese Strategie. Andere Länder setzen – eventuell auch künftig – zum Großteil Kohle, wenig erneuerbare Energien und oder wenig auf die Dominanz einer anderen alternativen Antriebsform oder Atomenergie – kann zusammen mit der Treibhausgas-Bilanz der streben gar eine Mischung unterschiedlicher Energieformen im Batterieherstellung die Umweltbilanz der Elektromobilität im Mobilitätsbereich an. Dies könnte zuerst Auswirkungen auf die Extremfall sogar schlechter ausfallen als beim konventionellen Attraktivität als Absatzmarkt und damit die Ausrichtung der Antrieb. Dabei spielen allerdings auch die Lebensdauer der Hersteller haben. Infolgedessen kommt es unter Umständen Batterie sowie der Wirkungsgrad des Motors eine Rolle. bei den Herstellern ebenfalls zu unterschiedlichen Strategien. Während sich einige Unternehmen auf den batterieelektrischen Unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten ist aktuell noch kritisch zu Antrieb fokussieren, könnten andere auf eine technologieoffene sehen, dass es zwar verschiedene Ansätze und Projekte für das Mischung setzen. aufwändige Recycling von Elektroauto-Batterien gibt, allerdings bislang eine funktionierende umweltfreundliche Entsorgungs- Am Ende könnten sich Nachteile sowohl für die Länder als auch industrie für die Akkus fehlt. für die Hersteller bei Fokussierung auf eine Antriebs- bzw. Ener- gieform ergeben. So verringert sich in den Ländern mit dominan- Auch ist noch nicht absehbar, ob die für eine nahezu vollständig ter Antriebsform das Angebotsspektrum an Fahrzeugen für die elektrifizierte Mobilität notwendige Strommenge künftig überall Kunden, da die Hersteller mit einem gemischten Portfolio zum in Deutschland zur Verfügung steht. Extremszenarien wie eine Teil keine passenden Fahrzeuge anbieten. Damit verringert sich Zwangs-Stromabschaltung bei drohender Netzüberlastung sind auch das Angebot an Alternativen. nicht komplett unwahrscheinlich, gerade wenn der Strom aus- schließlich aus regenerativen Energiequellen stammen soll. Dies Des Weiteren ergeben sich für fokussierte Hersteller wirtschaft- wäre aber die Basisvoraussetzung dafür, dass Elektromobilität in liche Einbußen, da sie Absatzmärkte mit anderen Ausrichtungen der Lebenszyklusanalyse überhaupt die „sauberste“ Antriebs- nicht mehr vollständig bedienen können. variante im Pkw-Bereich wäre. Darüber hinaus spricht unter Umständen die Risikodiversifikation gegen eine ausschließliche Ausrichtung auf eine Antriebsform. Folgen einer – im Nachhinein Bei Problemen in der spezifischen Wertschöpfungskette ist die unpassenden – Festlegung auf eine gesamte Mobilität davon betroffen. dominante alternative Energieform Technologischer Fortschritt Bei der Festlegung auf eine bestimmte Energieform für die künf- Zwar konzentriert sich die Forschung aktuell sehr stark auf den tige Mobilität – beispielsweise die Elektromobilität – kann sich Bereich der Elektromobilität, dennoch gibt es immer wieder auch diese Entscheidung nach einer gewissen Zeit als unpassend her- Fortschritte in anderen Antriebsbereichen. Beispielsweise zeu- ausstellen. Im Zuge eines weiteren technologischen Fortschritts gen neue (länderübergreifende) Kooperationen in der Branche könnte sich nach einigen Jahren zeigen, dass eine alternative An- davon, dass Hersteller, Zulieferer, Start-ups, Energieunternehmen triebsform mit einem höheren Nutzen der Elektromobilität über- und Wissenschaft im Wasserstoffantrieb bzw. in der Brennstoff- legen ist. Ist dies der Fall, sind zuvor getätigte Investitionen unter zellentechnologie ein enormes Potenzial sehen. Ähnliches gilt Umständen zum Teil verloren. für synthetisch hergestellte Flüssigkraftstoffe (E-Fuels), die zwar im Verbrennungsmotor eingesetzt werden, deren Einsatz aber Folgende „Kosten“ – aufgezeigt am Beispiel der Elektromobili- klimaneutral sein soll. Unter Umständen sind diese Bereiche bei tät – sind mit einer Festlegung auf eine dominante alternative weiterem technologischem Fortschritt als alternativer Antrieb Energieform, die sich im Nachhinein als falsch herausstellt, ver- der Elektromobilität künftig überlegen. bunden: -8-
Infrastruktur nativen durch, sind nicht nur die bisherigen Investitionen in die Elektromobilität unter Umständen verloren, sondern es drohen Soll die Elektromobilität zur dominanten alternativen Antriebs- auch Marktanteilsverluste gegenüber Konkurrenten, die auf die form ausgebaut werden, ist eine umfangreiche Ladeinfrastruktur Alternativen gesetzt haben. Die verlorene Zeit zur Entwicklung unerlässlich. Damit ist nicht nur einfach eine Steigerung der An- anderer alternativer Antriebsformen erweist sich dann als Wett- zahl an Ladesäulen verbunden. Unter Umständen ist ein differen- bewerbsnachteil. Andere Hersteller, die sich einen Vorsprung er- zierter Ausbau erforderlich, weil Ladesäulen für Pkw mit Blick auf arbeitet haben, wieder einzuholen, ist sehr schwer, wenn nicht Parkplatzgröße, -zugänglichkeit und Ladeleistung nicht für Lkw gar unmöglich. Dies zeigt ein Beispiel aus dem Telekommunika- nutzbar sind. tionsbereich anschaulich: Blackberry hatte nicht auf den Touch- screen gesetzt und infolgedessen brach der Absatz massiv ein, Ein weitreichender Ausbau der Ladeinfrastruktur hat auch Aus- als sich Geräte mit Touchscreen durchsetzten. wirkungen auf die vorgelagerte Infrastruktur im Bereich der Stromnetze. Um Überlastungen zu vermeiden, muss entlang der Im Automobilbereich ist Toyota ein Beispiel dafür: Der nach Ladeinfrastruktur das Stromnetz ausreichend stark sein. Schon Produktion größte Autohersteller der Welt erzielte zunächst heute werden von Anbietern wie beispielsweise EnBW, Fastned seit den 1990er Jahren deutliche Technologiefortschritte beim und Tesla für größere Ladeparks mit mehreren DC-/HPC-Lade- Hybrid-Antrieb und vermarktete die kraftstoffsparende Elektro- stationen aufwändige neue Anschlüsse an das Mittelspannungs- Benziner-Kombination (Modell Prius) global erfolgreicher als alle netz mit Umspannstationen errichtet. Entlang der Autobahnen anderen Hersteller, die erst später technisch nachzogen. Toyota kann es bei flächendeckender Verbreitung der Elektromobilität setzt aktuell zudem als einer der wenigen Großserien-Hersteller im Pkw- und Lkw-Bereich zukünftig sogar erforderlich sein, noch neben Honda und Hyundai auf den Brennstoffzellenantrieb und deutlich komplexere und teurere Anschlüsse an das Hochspan- bietet mit dem Mirai ein solches Fahrzeug an. Zwar fertigt Toyo- nungsnetz mit eigenen Umspannwerken zu errichten, um die ta nach wie vor (Plug-in-)Hybrid-Fahrzeuge, anders als Honda notwendige Leistung für das gleichzeitige Laden mehrerer Dut- und Hyundai hat das Unternehmen aber kein batterieelektrisches zend Pkw und Lkw aus dem Stromnetz bereitstellen zu können. Fahrzeug im Programm. Rein wirtschaftlich betrachtet muss die Wasserstoff-Strategie aktuell als gescheitert bewertet werden, Setzt sich allerdings in der Zukunft eine andere Antriebsform da außerhalb des Heimatmarktes Japan in keinem Land erwäh- durch, ist diese Ladeinfrastruktur nutzlos – in jedem Fall wird sie nenswerte Marktanteile mit dem Brennstoffzellenantrieb erzielt nicht ausgelastet. Da sie nicht anders genutzt werden kann, sind wurden. In Deutschland beispielsweise, wo es bis Juni 2021 erst die getätigten Investitionen „verloren“. Gegebenenfalls ist sogar 92 (öffentlich teils nicht zugängliche) Wasserstofftankstellen ein Rückbau erforderlich, der weitere Kosten verursacht. gibt, wird der nur im Leasing angebotene Toyota Mirai, der mit 63.900 Euro als unverhältnismäßig teuer im Vergleich zu Plug-in- Hybriden oder batterieelektrischen Pkw gilt, im ersten Halbjahr Unternehmen 2021 nur 154 mal zugelassen. Stehen die Zeichen – beispielsweise gesetzt durch die Politik – Solche Strategiefehler betreffen nicht nur die Hersteller, sondern auf Elektromobilität als die dominante Antriebsform in Zukunft, auch die Zulieferer, die der Ausrichtung ihrer Kunden folgen. Sie werden sich auch die Hersteller darauf einstellen und Forschung passen ihre Produktion für die benötigten Vorprodukte an, sind sowie Produktion anpassen. Unternehmen, die jedoch auf die- dann allerdings nicht mehr handlungsfähig oder müssen erneut se alternative Antriebsform setzen, werden für Erforschung und in einen Umbau investieren, wenn sich eine andere alternative Etablierung von Alternativen weniger Kapital und Beschäftigte Antriebsform durchsetzt. zur Verfügung haben. Setzen sich später allerdings diese Alter- -9-
Experteneinschätzung von BearingPoint Die Politik agiert mit vielschichtigen Förderinstrumenten als ei- Derzeitige Herausforderungen wie die Reichweitenangst der ner der Haupttreiber der vergangenen, derzeitigen und zukünfti- Elektrofahrzeugnutzer werden mittelfristig aufgrund der fort- gen Entwicklung von Elektromobilität. Neben direkten finanziel- schreitenden Batterietechnologieentwicklung (mehr Akkukapa- len Kaufanreizen für Elektrofahrzeuge (zum Beispiel in Form des zität bei gleichem Gewicht/Bauraum) an Bedeutung verlieren. Umweltbonus oder deutlich geringerer Versteuerung für Dienst- Ebenso wird durch die fortschreitende Forschung auch die Men- wagen) wird in Deutschland auch die Errichtung von Ladestatio- ge der benötigten (seltenen) Rohstoffe sukzessive verringert. So nen massiv subventioniert – sowohl in privaten Garagen als auch verzichtet beispielsweise BMW in der fünften Generation seines im öffentlichen Raum. „E-Drive“ genannten Antriebs bereits heute auf seltene Erden und reduziert den Kobalteinsatz. Darüberhinausgehende nicht-finanzielle Anreize, wie die immer schärfer ausgestalteten Umweltzonen in Innenstadtbereichen Entscheidend für eine tatsächliche nachhaltige Emissionsreduk- und damit einhergehende Einfahrtbeschränkungen für Ver- tion im Individualverkehr wird allerdings sein, die Förderung für brennerfahrzeuge, fördern hingegen alle alternativen Antriebs- Fahrzeuge zukünftig deutlich differenzierter auszugestalten. So technologien gleichermaßen. könnten beispielsweise Kaufprämien nur bei größeren Akkuka- pazitäten bzw. größeren rein elektrisch möglichen Reichweiten DIE WICHTIGSTEN TREIBER FÜR DEN AUSBAU DER ELEKTRO- v. a. bei Hybridfahrzeugen ausgeschüttet werden. Ein weiteres MOBILITÄT LASSEN SICH DURCH DIE FOLGENDEN KATEGORIEN Instrument könnte sein, die reduzierte Dienstwagenbesteuerung „SOZIOKULTUR“, „TECHNOLOGIE“, „WIRTSCHAFT“ UND zukünftig an die tatsächlich elektrisch gefahrenen Kilometer zu „POLITIK“ BESCHREIBEN koppeln, um für Hybrid-Pkw-Fahrer einen finanziellen Anreiz zur Politik Soziokultur tatsächlichen Nutzung des Elektroantriebs zu schaffen. Als Voraus- E missionsziele Technologietreue (Antriebsart) setzung für die Förderung sollte zudem die Nutzung von primär F ahrverbote (Diesel / Benzin / Bedeutung des Klimaschutzes erneuerbar erzeugtem Fahrstrom in Betracht gezogen werden. Verbrennungsmotor) Mobilitätsverhalten (Fahrzeugkauf, V erkaufsverbote für intermodale Mobilität, ...) Verbrennungsmotoren Reichweitenangst bei Elektro- Seitens der Politik gilt es zudem, gezielt Anreize zu setzen, um S ubventionen für Elektro- fahrzeugen die Nachhaltigkeit entlang des gesamten Produktionsprozesses zu fahrzeuge steigern. Als Voraussetzung für die Förderfähigkeit der Fahrzeuge S ubventionen für Ladeinfra- struktur könnten die Fahrzeughersteller beispielsweise zur Reduzierung P rivilegierung von Elektro- des Ressourceneinsatzes seltener Erden, zum Einsatz regenerati- fahrzeugen im Straßenverkehr ver Energie im Produktionsprozess sowie zur Weiterentwicklung K oordinierung des Ausbaus von Second-Life-Konzepten für Batterien verpflichtet werden. der Ladeinfrastruktur K limaziele Langfristig ist aktuell noch nicht abzusehen, ob sich die Elektro- Wirtschaft Technologie mobilität als dominierende Antriebsform im Individualverkehr Kostenentwicklung Batterietechnologie etablieren wird. Dies hängt unter anderem davon ab, ob sich die Elektrofahrzeuge Ladeinfrastrukturtechnologie aktuellen Schwächen überwinden lassen und wie sich alternative (insb. Batteriekosten) Entwicklung von Elektrofahrzeugen K ostenentwicklung Verfügbarkeit von Elektrofahrzeug- Antriebsformen wie zum Beispiel Wasserstoff entwickeln. Ent- Ladeinfrastruktur Modellen in allen Fahrzeugklassen sprechend bedarf es einer differenzierten und ergebnisoffenen E ntwicklung der Strompreise S ystemintegration von Photovoltaik Betrachtung möglicher alternativer Antriebsformen. Technolo- E ntwicklung der Benzin- und (PV), Heimspeichern, Elektrofahr- gieoffenheit und eine damit einhergehende Intensivierung von Dieselpreise zeugen ... E lektrofahrzeug vs. Verbrenner Recycling-Lösungen für Elektro- F&E-Investitionen in weitere alternative Technologien ermöglichen Gesamtkosten fahrzeuge (insb. Batterien) zum einen neue Geschäftsmodelle, zum anderen technologischen R estwert von Elektrofahr- Fortschritt und sind notwendig für das Gelingen der Verkehrs- und zeugen (insb. Batterie) Klimawende. Nach aktuellem Stand der Forschung erweitert die Quelle: BearingPoint Wasserstofftechnologie den Anwendungsbereich der Elektro- mobilität vor allem auf Segmente mit hohem Arbeitszyklus, bei Entwicklung der Elektromobilität denen die Batterien der Elektroautos an ihre Grenzen stoßen, wie dem Langstrecken- und dem (über)regionalen Verteilverkehr. kurz-, mittel- und langfristig Exkurs in die Wasserstofftechnologie Die Elektromobilität ist derzeit die einzige massenmarktreife An- triebstechnologie, mit der die lokalen Emissionen im Individual- verkehr kurzfristig deutlich gesenkt werden können. Die massive Die Herausforderungen liegen hier neben der Herstellung von öffentliche finanzielle und nicht-finanzielle Förderung sowie priva- Wasserstoff in der Bereitstellung der entsprechenden Infrastruk- te Investitionen in Elektromobilität sind daher auch weiterhin ge- tur. Einerseits zögern die Fahrzeughersteller, in die Herstellung rechtfertigt, sollten allerdings zielgerichteter eingesetzt werden, von Brennstoffzellenfahrzeugen zu investieren, ohne dass eine um die aktuellen Schwächen der Elektromobilität zu überwinden. ausreichende Anzahl an Wasserstofftankstellen existiert. Auf der - 10 -
anderen Seite sind Energie- und Industriegasunternehmen nicht Bedarf auch bei Spitzenlast decken zu können, benötigt es neben bereit, die notwendige Infrastruktur für Wasserstoff aufzubauen, frühzeitigen Netzverstärkungsmaßnahmen auch intelligente Last- bevor Brennstoffzellenfahrzeuge kommerziell genutzt werden, da managementsysteme. Zudem könnten Elektroautos über das so sich die Amortisationszeit der notwendigen Investitionen ansons- genannte bidirektionale Laden als Energiespeicher genutzt wer- ten deutlich verlängert. den, um Schwankungen im Stromnetz entgegenwirken zu können. Auch die Wasserstofftechnologie kann im Rahmen der Sektoren- Mit Blick auf die im Vergleich weiterentwickelten Elektrofahrzeuge kopplung einen wertvollen Beitrag zur Energiespeicherung und und entsprechender Ladetechnologie, hat der bisher schwierige somit Ausgleich der Spitzenlast liefern. Hochlauf der Elektromobilität gezeigt, wie erfolgskritisch das Vor- handensein einer Ladeinfrastruktur für die Akzeptanz von Elektro- Welche Automobilhersteller fahrzeugen ist. Auf dieser Erfahrung sollte aufgebaut werden und das Tankstellennetz für Brennstoffzellenfahrzeuge bereits jetzt werden in 2030 profitieren und entwickelt werden. Die politische Unterstützung und Förderung wer wird verlieren? sollten sich somit vor allem auf die notwendigen regulatorischen Anpassungen, die Weiterentwicklung der Antriebstechnologie, den Kauf der Fahrzeuge, die Errichtung einer flächendeckenden Die Analyse von BearingPoint hat ergeben, dass sich die Automobil- Wasserstoff-Infrastruktur und die regenerative Erzeugung von hersteller im Wesentlichen in zwei Lager aufteilen lassen. Hersteller Wasserstoff konzentrieren. Entscheidend ist aus unserer Sicht, die wie Audi und Volvo, die ab 2030 nur noch Elektrofahrzeuge her- Strategien im Hinblick auf beide Technologien, Wasserstoff und stellen wollen und mit voller Kraft in die Elektromobilität investieren, Elektromobilität, in Einklang zu bringen. können als „All-in Player“ bezeichnet werden. Automobilhersteller, die Technologieoffenheit proklamieren, wie Toyota oder BMW, kön- Neben dem schnellen Aufbau der notwendigen Lade- bzw. Tank- nen der Gruppe der „Diversified Player“ zugeordnet werden. infrastruktur sind der Ausbau erneuerbarer Energien sowie die ge- zielte Integration in Energiemanagementsysteme eine wesentliche Doch welche Gruppe geht am Ende als Gewinner hervor? Der Voraussetzung für das Gelingen der Verkehrswende. Sowohl die entscheidende Faktor zur Beantwortung dieser Frage ist die Ge- Elektromobilität als auch die Wasserstofftechnologie werden zu schwindigkeit, mit welcher der Marktanteil von batterieelektrischen einer enormen Steigerung des Strombedarfs führen. Um diesen Fahrzeugen zunehmen wird. EIN ERHEBLICHER TEIL DER AUTOMOBILHERSTELLER HAT EINE STRATEGIE FÜR DEN AUSSTIEG AUS DEM VERBRENNUNGSMOTOR Weltweiter Absatz 2020 in Mio. Fahrzeugen „DIVERSIFIED PLAYER“ „ALL-IN-PLAYER“ 10 Toyota Group 9 8 GM (2035) 7 VW (2035)* 6 5 Ford (2030)* Nissan (2030)3 4 Honda (2040) Renault Mercedes-Benz1 (2030) 3 Hyundai (2035)* BMW 2 Tesla Fiat (2030) Mazda Geely Li Auto Opel (2028) 1 Dongfeng Motors Audi (2033) Peugeot (2023)2 BYD Smart NIO Xpeng Mitsubishi Volvo (2030) * Beginnend in Europa Herkunft der OEMs: Europe, Asia, USA 1. Mercedes-Benz bereitet sich darauf vor, 2030 komplett auf Elektromobilität umzusteigen 2. Stop der ICE Entwicklung in den betreffenden Jahren geplant 3. Vollständig elektrifizierte Flotte geplant (inkl. PHEV) ICE: Internal Combustion Engine BEV: Battery Electric Vehicle FCEV: Fuel Cell Electric Vehicle PHEV: Plug-In Hybrid Electric Vehicle Annahme: Globale Ausstiegsstrategie, sofern keine bestimmten Märkte/Regionen genannt werden. ICE Ausstieg: Von diesem Zeitpunkt an werden keine ICEs (einschließlich PHEVs) mehr von den jeweiligen OEMs produziert. Quelle: BearingPoint Research 10/2021 - 11 -
Zukunftsszenarien Elektromobilität Szenario „schnelle Adaption“ der Elektromobilität in 2030 Automobilhersteller, die mit voller Kraft in die Elektromobilität in- In der folgenden Grafik skizziert BearingPoint zwei Zukunfts- vestieren („All-in Player“), werden bei einer schnellen Adaption der szenarien, die wesentlich durch die Treiber Batterietechnologie, Elektrofahrzeuge entsprechend profitieren. Sie werden die Marktan- Verfügbarkeit von Rohstoffen, Ladeinfrastruktur, Entwicklungs- teile signifikant steigern können, hohe Gewinne erzielen (ihre geziel- kosten und Regulierung beeinflusst werden. Ein hoher Anteil an ten Investitionen in die Elektromobilität zahlen sich aus) und somit Neuzulassungen von Elektrofahrzeugen („Fast Track“) und die auch ihre Marktkapitalisierung steigern. Reine Elektrofahrzeugher- damit verbundene Reduktion von Emissionen lässt sich nur dann steller wie Tesla aus den USA, Polestar in Europa oder NIO aus China verwirklichen, wenn finanzielle und nicht-finanzielle politische werden aufgrund ihrer Fokussierung und des technologischen Vor- Anreize sowie privatwirtschaftliche Investitionen in Technologie sprungs vermutlich noch stärker davon profitieren – entsprechende und Ladeinfrastruktur weiterhin in hohem Maße getätigt werden. Investitionen in Sales- und Aftersales-Netzwerke vorausgesetzt. VERSCHIEDENE SZENARIEN FÜR DEN AUSBAU DER ELEKTROMOBILITÄT IN EUROPA – VON SCHNELLER BIS LANGSAMER ADAPTION FAST TRACK GEMÄSSIGTE ENTWICKLUNG T echnologischer Sprung (neue Batteriegeneration) Inkrementelle Verbesserungen Batterietechnologie / Lebenszyklus D ie Reichweite wird deutlich erhöht R eichweite wird schrittweise erweitert Verfügbarkeit A usreichend verfügbar oder substituiert K nappheit führt zu erheblichen Produktionsengpässen von Rohstoffen S chnelle Entwicklung im privaten und öffentlichen Raum U nzureichender Netzausbau Ladeinfrastruktur A usreichender Ausbau des Stromnetzes für eine breite S chwerwiegende Einschränkungen (z. B. im Stromnetz) Elektromobilität S ignifikante Kostensenkungen; wettbewerbsfähige Prei- K eine Kostensenkung auf das Niveau von Verbrennern Kostenentwicklung se für Elekroahrzeuge; Förderung der Elektromobilität (in Europa) von Elektrofahrzeugen R eduzierung der Ladekosten S tark steigende Ladekosten B eibehaltung/Erhöhung aktueller Subventionen A nreize für Elektrofahrzeuge durch niedrigere Steuern, A uslaufen aktueller Subventionen Mautgebühren ... Maßnahmen der K eine weiteren Anreize für Elektrofahrzeuge Regierungen/Städte N egative Anreize für Verbrenner durch höhere K eine zusätzlichen negativen Anreize für Verbrenner Steuern, Mautgebühren, steigende Umweltauflagen, mehr Fahrrad- statt Autospuren Quelle: BearingPoint Die Kernfrage ist die Adaptionsgeschwindigkeit der Elektromobi- Automobilhersteller, die eine gewisse Technologieoffenheit pro- lität – wie schnell wird sie sich bis 2030 durchsetzen? Werden na- klamieren („Diversified Player“) werden in diesem Szenario da- hezu alle neuen Fahrzeuge in Europa Elektrofahrzeuge sein („Fast gegen verlieren. Die Profitabilität wird sich negativ entwickeln Track“) oder werden aufgrund von möglichen Rückschlägen, wie und die Marktkapitalisierung entsprechend sinken (unter anderem dem Mangel an Rohstoffen oder unzureichender Ladekapazitäten, auch durch stark gestiegene Abschreibungen auf Vermögenswer- deutlich weniger Elektrofahrzeuge, zum Beispiel nur ein Drittel der te) – gegebenenfalls werden „Diversified Player“ in diesem Szena- Neuzulassungen, abgesetzt („Gemäßigte Entwicklung“)? rio sogar in den Fokus als potenzieller Übernahmekandidat rücken. DER ANTEIL DER ELEKTROFAHRZEUGE AN DEN PKW-ZULASSUNGEN IN EUROPA KANN SICH IN DER GESCHWINDIGKEIT UND IM AUSMASS DER VERÄNDERUNG UNTERSCHEIDEN Anteil der Elektrofahrzeuge (nur BEV) an den Pkw-Zulassungen in Europa 100 % Fast Track (Elektrofahrzeuge dominieren ab 2030) 75 % Gemässigte 50 % Entwicklung 25 % 2020 2030 Zeit Hinweis: Ausgangspunkt 2020 auf Basis des Anteils der Elektrofahrzeuge in Deutschland Quelle: BearingPoint - 12 -
Szenario „gemässigte Adaption“ der Elektrofahrzeug- BearingPoint Empfehlungen Zulassungen in 2030 Anders sieht die Welt für „Diversified Player“ aus, wenn die Wet- te auf einen schnellen Hochlauf batterieelektrischer Fahrzeuge nicht aufgeht. In diesem Szenario werden diese Automobilher- …für die Automobilwirtschaft: steller stark davon profitieren, dass sie ihre Produktionsanlagen K ontinuierliche Markt- und Umfeldbeobachtung, um schnell für Verbrennungsmotoren entsprechend weiterentwickelt und auf politische Weichenstellungen reagieren zu können aufrechterhalten haben und von einem bestehenden Zuliefer- netzwerk profitieren, um die Nachfrage nach Verbrennungsmo- A ufbau und Förderung einer agilen Organisation, um mit toren bedienen zu können. Damit werden die Marktanteile und Unsicherheiten entsprechend umgehen und unterschiedliche Gewinne der „Diversified Player“ und damit einhergehend auch Szenarien abdecken zu können. Je nach Strategie benötigen die Marktkapitalisierung steigen. Hier wäre es zum Beispiel denk- die Automobilhersteller einen „Plan B in der Hinterhand“. bar – analog zu den Entwicklungen des Shared Services Marktes So müssen „All-in Player“ bei einer gemäßigten Durchdrin- wie Car Sharing –, dass es zu Gelegenheiten kommen könnte, gung von Elektrofahrzeugen entsprechend reagieren und Start-Ups für Elektrofahrzeuge „günstig“ zu übernehmen. „Diversified Player“ umgekehrt in einem „Fast Track“ Szenario (u. a. durch eine schnelle Umstellung der Produktion) Die „All-in Player“ werden dagegen in diesem Szenario an Wert verlieren, da sie es versäumt haben, ihre Fahrzeuge mit Ver- S tärkung der Resilienz in der Organisation, um in den der- brennungsmotor weiterzuentwickeln. In der Konsequenz wer- zeitigen Spannungsfeldern der Automobilindustrie nachhaltig den diese Hersteller nicht in der Lage sein, ihren Marktanteil an erfolgreich und flexibel zu bleiben – insbesondere durch konventionellen Fahrzeugen zu halten. Somit dürfte sich deren die schnelle Digitalisierung der internen Geschäftsprozesse Marktkapitalisierung reduzieren und sie riskieren, bei einer Kon- entlang der gesamten Supply Chain (je höher die Prozess- solidierungswelle selbst zum Übernahmeopfer zu werden. digitalisierung, desto schneller können notwendige Strategie- anpassungen umgesetzt werden). Auch das Vorantreiben der Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass der Druck auf die Digitalisierung im Fahrzeug, u. a. durch ein eigenes Betriebs- Automobilbranche bis 2030 kontinuierlich steigen wird. Es werden system, stärkt die Resilienz und damit auch die Unabhängig- sich Gewinner und auch Verlierer der Transformation in Abhängig- keit gegenüber Tech-Riesen wie Apple und Google. keit von der Geschwindigkeit der Durchdringung von Elektrofahr- zeugen und den Investitionen der Hersteller herauskristallisieren. Die Automobilbranche steht somit vor einer Konsolidierungswelle – die …für die Energiewirtschaft: Gewinner werden ihre Marktposition signifikant weiter ausbauen. U nterstützung bei der Entwicklung und Umsetzung einer Die Verlierer dagegen werden sich vom Markt verabschieden be- markt- und systemförderlichen Regulierung ziehungsweise ihre Eigenständigkeit verlieren. E rfahrungswerte aus dem Hochlauf von erneuerbaren Ener- BEI EINER SCHNELLEN ADAPTION DER ELEKTRO- gien und Elektromobilität für einen beschleunigten Hochlauf MOBILITÄT WERDEN „ALL-IN PLAYER“ VON EINEM von Wasserstoff berücksichtigen. Insbesondere mit Fokus auf KLAREN WETTBEWERBSVORTEIL PROFITIEREN die sektorübergreifende Betrachtung (Prozesse, Standardisie- rungsfelder, Regulierung und Markt) Fast Track Gemäßigte Entwicklung „All-in M assiver Gewinn V erlust von A ktive fortlaufende Markt- und Technologiebeobachtung Player“ von Marktanteilen Marktanteilen (Elektromobilität, Wasserstoff, LNG, CNG, …) und darauf H ohe Gewinne H ohe Verluste / basierend notwendige Adjustierung der Strategie und (gezielte Investitionen Gewinnrückgänge Umsetzungsprozesse schnell und flexibel umsetzen zahlen sich aus) (gezielte Investitionen zahlen sich nicht aus) A ktive Teilnahme an Forschungs- und Pilotprojekten für Drastischer Anstieg der Marktkapitalisierung Drastischer Rück- alternative Antriebsformen, um frühzeitig Erfahrungen mit (vielversprechender gang der Markt- Planung, Errichtung und Betrieb der entsprechenden Lade- Ausblick für Wachs- kapitalisierung tum und Gewinne) und Tankinfrastruktur zu generieren „Diversified V erlust von G ewinn von W eiterhin proaktiver flächendeckender Aufbau von leistungs- Player“ Marktanteilen Marktanteilen fähiger, kundenfreundlicher und einfach erweiterbarer Lade- Gewinneinbußen (Möglichkeit, weiter- infrastruktur hin die Nachfrage nach Dramatischer Verbrennungsmotoren Rückgang der Markt- zu befriedigen – R&D N etzausbau besser auf den Bedarf der Anschlussnehmer aus- kapitalisierung und und Assets weiterhin richten (beispielsweise Steuerungssoftware in den Netzen) mögliches Ziel von vorhanden) (feindlichen) Über- W eitere Vereinfachung und Komfortsteigerung bei Lade- und Höhere Gewinne nahmen (niedrige Wachstumspotenziale, Erhöhung der Bezahlvorgängen hohe Abschreibung Marktkapitalisierung von Vermögenswerten, (Potenzial zur Ü bersicht und Transparenz von Ladesäulen (zuverlässige z. B. F&E, Produktion, Übernahme von Informationen über Verfügbarkeit und Zustand). Fahrzeuge) EV-Spezialisten) Quelle: BearingPoint - 13 -
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