FLEXIBILISIERUNG VON BIOGASANLAGEN - Update BIOGAS BEDARFSGERECHT NUTZEN
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IMPRESSUM Herausgeber Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e. V. (FNR) OT Gülzow, Hofplatz 1 18276 Gülzow-Prüzen Tel.: 03843/6930-0 Fax: 03843/6930-102 info@fnr.de www.fnr.de Gefördert durch das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages Text Uwe Welteke-Fabricius, Netzwerk Flexperten, meta-i.d. Ökologische Innovation GmbH Rechte vorbehalten. Für die Ergebnisdarstellung mit Schlussfolgerungen, Konzepten und fachlichen Empfehlungen sowie die Beachtung etwaiger Autorenrechte sind die Verfasser verantwortlich. Redaktion Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e. V. (FNR), Abteilung Öffentlichkeitsarbeit Bilder Titel: Countrypixel/Adobe.Stock, Wilken von Behr Gestaltung/Realisierung www.tangram.de, Rostock Druck www.mkl-druck.de, Ostbevern Gedruckt auf 100 % Recyclingpapier mit Farben auf Pflanzenölbasis Bestell-Nr. 1.196 Update FNR 2021
UPDATE EEG 2021 Die Broschüre zur Flexibilisierung wurde An- Jahr in der zweiten Förderperiode wurde fang 2018 erstellt und ist in allen wesent- es wirtschaftlich sinnvoll, in möglichst lichen Punkten nach wie vor gültig. hohe BHKW-Leistung zur Flexibilisie- rung zu investieren. Eine im EEG 2021 Doch hat sich der Strommarkt weiterent- zunächst festgelegte Anrechnung der wickelt. Die Branche hat Erfahrungen mit Flexibilitätsprämie für bereits geförderte inzwischen mehreren Hundert Speicher- Leistung wurde mit dem Reparaturge- kraftwerken gesammelt und die Politik die setz weitgehend zurückgenommen. rechtlichen Rahmenbedingungen geändert. • Die Förderung insbesondere für Wärme- netze und die verbesserten Höchstge- Durch verbesserte Förderbedingungen bote für Neuanlagen (16,4 Cent pro Ki und höhere Markterlöse lohnt es sich lowattstunde abzüglich einer jährlichen heute noch mehr als bisher, geeignete Degression von 1 Prozent, zuzüglich Biogasanlagen auf hochflexible Strom- Flexzuschlag) ermöglicht auch, neue Sa- erzeugung umzustellen: telliten-BHKW als Speicherkraftwerke zu • Mit dem Erneuerbare-Energien-Gesetz konzipieren und sich damit sogar für 20 (EEG) 2021 ist die bisherige Deckelung Jahre EEG-Förderung an der Ausschrei- der Flexibilitätsprämie entfallen, sodass bung zu beteiligen. jede weitere Blockheizkraftwerk (BHKW)- • Auch der Markt belohnt durch höhere Zusatzleistung wieder mit Flexibilitäts- Spitzenstrompreise und neue Ertrags- prämie belohnt wird. Leider können viele quellen für Wärme und Umweltsystem- Betreiber die Flexibilitätsprämie nicht leistungen immer stärker, wenn Bio- mehr für die volle Laufzeit von 10 Jahren gasanlagen über größere Speicher für erhalten – sei es wegen des ablaufenden Biogas und Wärme verfügen. Im Sep- EEG-Vergütungsanspruchs oder wegen tember/Oktober und voraussichtlich einer früher erfolgten Anmeldung. bis Frühjahr 2022 erreichten die Groß- • Die Aussicht darauf, Biogasanlagen nach handelspreise am Spotmarkt ein neues 20 Jahren EEG-Förderung weitere 10 Jah- Rekordniveau, das alle Prognosen über re betreiben zu können, hat sich durch das Erlöspotenzial übertroffen hat. höhere Gebotspreise bis 18 Cent pro • Man kann mit kurzfristigen Markter- Kilowattstunde, den höheren Flexibilitäts- eignissen zwar keine langfristigen In- zuschlag von 65 Euro pro Kilowatt und vestitionen finanzieren. Viele Betreiber ein größeres Ausschreibungsvolumen von Biogasanlagen dürften jedoch die von 750 (statt 200) Megawatt pro Jahr Marktentwicklungen zum Anlass neh- deutlich verbessert. men, neu über einen Umbau zum Spei- • Durch die Verbesserung des Flexibilitäts- cherkraftwerk nachzudenken. zuschlags auf 65 Euro pro Kilowatt pro 3
Wann lohnt sich die Flexibilisierung? Aus allen diesen Gründen kann sich die Im EEG 2021 wurden die Anforderungen an Frage stellen: Soll oder muss für die zweite die höchste Bemessungsleistung für neue Förderperiode in ein neues BHKW investiert Biogasanlagen und für die zweite Vergü- werden? tungsperiode auf 45 Prozent angehoben. Das bedeutet umgekehrt eine installierte Wenn ja, dann lohnt es sich, dieses zusätz- Leistung vom 2,2-fachen der Bemessungs- liche BHKW so früh wie möglich (!) und mit leistung oder eine maximale Betriebszeit von der höchstmöglichen elektrischen Leistung knapp 4.000 Volllaststunden pro Jahr. Diese zu installieren, da die Grenzkosten, also die Flexibilität wird für eine Förderung nach EEG zusätzlichen Kosten für höhere Leistung, mit 2021 als Minimum vorausgesetzt. jedem weiteren Kilowatt sinken1. Die Grenz- erlöse, also die zusätzliche Flexibilitätsprä- Wenn die installierte Leistung einer Biogas- mie von jährlich 65 Euro pro Kilowatt und anlage bisher lediglich verdoppelt wurde, der Flexibilitätszuschlag von insgesamt min- muss man die Biogasmenge auf eine Strom- destens 575 Euro je Kilowatt, übertrifft diese erzeugung von 45 Prozent dieser installier- Grenzkosten. Obendrein stiftet die höhere ten Leistung verringern oder in zusätzliche Motorleistung weitere geldwerte Nutzen. BHKW-Leistung investieren. Durch den höheren Flexibilitätszuschlag In jedem Fall wird es notwendig, in der Lauf- im EEG 2021 lohnt sich die Flexibilisierung zeit SCR-Katalysatoren (selective catalytic auch dann, wenn der Anspruch auf Flexibi- reduction) nachzurüsten; möglicherweise litätsprämie gemindert ist, also kürzer als muss auch eine thermische Nachverbren- 10 Jahre besteht (siehe Seite 8, Kapitel 2 nung gegen den Methanschlupf im Abgas „Kurzcheck“, Frage 3: Flexibilisierung lohnt installiert werden. sich auch ohne volle Flexibilitätsprämie). Bei einer früher erfolgten kleinen Flexibilisie- Haben sich die Anforderungen im rung kann es problematisch sein, wenn auch Strommarkt geändert? der „Flex-Motor“ schon mehr als 80.000 Be- Flexible BHKW mit möglichst großen Spei- triebsstunden geleistet hat und die Lebens- chern nehmen im Wert zu und bringen dem erwartung beider BHKW nicht ausreicht, um Betreiber zunehmende Erlöse ein. Derzeit weitere 10 Jahre Betrieb zu sichern. steigen nicht nur die durchschnittlichen 1 Bei zusätzlicher BHKW-Leistung einer Anlage, die bereits nach dem EEG 2014 oder 2017 Flexprämie beansprucht hat: Bitte klären Sie zuallererst mit Ihrem Netzbetreiber, dass auch für Ihre Anlage kein Deckel mehr für die Flexibili- tätsprämie gilt. 4
Preise im Großhandel („Base-Preis“), es merhin noch 50 Euro je Kilowatt beanspru- wächst auch die Differenz zwischen dem chen. Die gesamte übrige Leistung wird mit Marktmittelwert, nach dem sich die Markt- 65 Euro je Kilowatt gefördert. prämie berechnet, und den Stromerlösen in den Zeiten hoher Residuallast. Betreiber Daraus ergibt sich für jedes zusätzliche Ki- flexibler BHKW mit qualifizierter Fahrplan- lowatt eines neuen BHKW eine Flexibilitäts- steuerung werden dadurch mit höheren Er- förderung von mindestens 650 Euro. Damit trägen belohnt. können die Grenzkosten für diese zusätz- liche Leistung oftmals gedeckt werden. Die Durch die Reform der Regelleistung ist heute darüber hinaus gehenden Finanzmittel kön- auch eine Kombination aus Fahrplanbetrieb nen genutzt werden, um bei der Flexibilisie- in einigen Zeitblöcken und dem Angebot von rung z. B. auch die Speicher zu vergrößern. Regelleistung möglich (vorherige Festlegung auf „an“ oder „aus“). Allerdings werden deut- Neue Geschäftsmodelle lich attraktivere Erlöse mit großen Speichern, Nach wie vor gilt: Ein Biogas-BHKW nur für täglich aktualisierten Fahrplänen für die day- die Stromerzeugung und ohne hochwertige ahead-Auktion und der Teilnahme am konti- Wärmeverwertung kann energiepolitisch nuierlichen Intradayhandel erzielt (siehe Sei- und wirtschaftlich nicht nachhaltig sein. te 31, Kapitel 6: Der flexible Anlagenbetrieb). Bei vielen Biogasanlagen mit BHKW gibt es Rechtliche Rahmenbedingungen keine nennenswerte Wärmenutzung. Hier Im EEG 2017 wurde der Flexibilitätszu- sollte man prüfen, ob eine Gasaufbereitung schlag für die zweite Vergütungsperiode und -einspeisung ins Gasnetz, gegebenfalls von Bestandsanlagen und für Neuanlagen gemeinsam mit benachbarten Biogasan- auf 40 Euro je Kilowatt installierte Leistung lagen, in Frage kommt. Die Absatzchancen festgelegt. Im EEG 2021 wurde diese För- für Biomethan sind gestiegen. Neue Nach- derung auf 65 Euro je Kilowatt angehoben. frage entsteht durch die neue Förderung für hochflexible Biomethan-BHKW und durch Dieser Flexzuschlag wird bei Bestandsan- die höhere Treibhausgas-Minderungsquote lagen auf 50 Euro je Kilowatt gekürzt, und im Verkehrssektor – insbesondere für gülle- zwar für jedes Kilowatt Leistung, für das in stämmiges Biogas. der ersten Förderperiode der maximale Be- trag von 1.300 Euro in Anspruch genom- Doch die verteilte Stromerzeugung in BHKW men wurde. Die gesamte erhaltene Flexibili- ist nicht nur wichtig für die Energiewende, tätsprämie wird also durch 1.300 dividiert. sondern auch ein zunehmend attraktives Ge- Für die sich ergebende Leistung kann man schäftsmodell. Die Verbesserungen im EEG in der zweiten Förderperiode jährlich im- ermöglichen es, neue Wärmeverwertungen 5
zu entwickeln. Der verlängerte Förderzeit- Am Satellitenstandort wird ein großer Puf- raum wird so zur Grundlage für langfristige ferspeicher installiert, der die Laufzeit des Investitionen. BHKW von den Wärmbedarfen unabhängig macht und die Versorgung des Wärmenet- Im Zuge der „Wärmewende“ werden Wärme- zes sichert. Der Speicher kann zusätzlich netze verstärkt gefördert, z. B. durch die neue Wärme aus anderen unflexiblen Quellen Bundesförderung effiziente Wärmenetze aufnehmen, wie aus Power-to-Heat („Nut- (BEW). Insbesondere die Kosten für Konzep- zen statt Abregeln“), Solarthermie, Abwär- tion und Planung werden betroffenen Kom- me von Industrie- oder Kühlanlagen oder munen fast vollständig abgenommen. auch in weiterer Zukunft die Abwärme von Elektrolyseuren für Wasserstoff. Für Biogasanlagen ergibt sich in der Verbin- dung mit der verbesserten Förderung sogar So wird aus dem BHKW-Satelliten mit Wär- die Chance für einen EEG-„Neustart“: Auch mepuffer ein regeneratives Speicherkraft- ein Satelliten-BHKW kann als Neuanlage werk für die lokale Wärmeversorgung und an einer Ausschreibung für eine 20-jährige dezentrale Stromerzeugung. Förderung nach dem EEG teilnehmen. Die Gebotsobergrenze beträgt derzeit 16,4 Cent Aussichten pro Kilowattstunde zuzüglich Flexibilitäts- Auch Europa steckt mitten im Klimawandel. zuschlag von 65 Euro pro Kilowatt für die Immer mehr Ereignisse zeigen, dass die Kli- gesamte Förderperiode von 20 Jahren. Der maschäden viel teurer sein werden als eine Flexibilitätszuschlag macht je nach installier- vorbeugende Energiewende. ter Leistung zwischen 1,6 und über 6 Cent je Kilowattstunde aus. Ein möglichst früher Kohleausstieg stellt die Frage, wie die verbleibende Residuallast Die Biogasanlage liefert dann einen Groß- gedeckt werden kann. Dazu kann Biogas teil der Biogasmenge per Rohgasleitung einen sehr wichtigen Beitrag leisten: Mit der an den neuen Satelliten. Anders als bei Verwertung von landwirtschaftlichen Rest- einer Wärmeleistung entstehen dabei kei- stoffen, insbesondere Stroh, Mist und der ne Verluste. Aufwuchs von Naturschutz- und Blühflä- chen kann die Biogaserzeugung noch deut- Die Bestandsanlage wird „passiv flexibili- lich wachsen. Konsequent in Speicherkraft- siert“. Dort wird nur so viel Biogas einge- werken eingesetzt könnte Strom aus Biogas setzt, wie für die Beheizung der Fermenter dezentral zu einer Spitzenstromerzeugung und örtlichen Bedarfe notwendig ist – mög- von 20 bis 30 Gigawatt beitragen. Das ist lichst in den Zeiten hoher Strompreise, so- ein Löwenanteil des absehbaren Bedarfs, dass auch hier zusätzliche Stromerlöse er- kurzfristig erschließbar, nachhaltig und kos- zielt werden. tengünstig. 6
Inzwischen steigen die Strompreise im Großhandel in unvorhergesehenem Aus- maß und die Differenz zwischen den Groß- handelspreisen für konventionellen Strom und den Erlösen für BHKW-Betreiber ver- ringern sich. Das entlastet die EEG-Umlage und verbessert die Anreize zum Bau von Speicherkraftwerken gleichermaßen. Betreiber von Biogasanlagen sollten unver- züglich die neuen Chancen prüfen und sich an entsprechende Fachleute wenden.
Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e. V. (FNR) OT Gülzow, Hofplatz 1 18276 Gülzow-Prüzen Tel.: 03843/6930-0 Fax: 03843/6930-102 info@fnr.de www.fnr.de Gedruckt auf 100 % Recyclingpapier mit Farben auf Pflanzenölbasis Bestell-Nr. 1.196 mediathek.fnr.de FNR 2021
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