FRÜHLING 2022 // SCHÜTZENSWERT - Katholische Kirche Vorarlberg
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VERANTWORTUNG ÜBERNEHMEN EDITORIAL In der Begegnung mit einandersetzung mit Gewaltprä- Menschen tragen wir alle die vention und Kinderschutz ist Verantwortung für ein respekt- daher dringend notwendig. Mit volles Miteinander. Neben dem dieser Ausgabe möchten wir eigenen Umgang ist es auch euch einen Einblick in das The- unsere Pflicht, Unstimmigkeiten ma ermöglichen und einen ver- im Verhalten anderer Personen antwortungsvollen Umgang in wahrzunehmen und etwas da- unserer Tätigkeit stärken. TABEA LENZ gegen zu unternehmen. Vorsitzende Katholische Jugend und Jungschar In der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen steht das Wohlbefinden der uns Anver- trauten an erster Stelle. Die Aus- IMPRESSUM MEDIENINHABER: KATHOLISCHE CHEFREDAKTION: Corinna Peter DRUCK: Jochum Druck GmbH & Co KG JUGEND UND JUNGSCHAR REDAKTION: ARGE Gewaltschutz Alte Landstraße 39 A-6800 Feldkirch, Bahnhofstraße 13 KJJS, Mona Pexa, Fabian Jochum, A-6700 Bludenz T 05522 / 3485 - 127 Ewald Unterhofer, Claudia Marte www.jochumdruck.at ZVR: 056876760 LEKTORAT: Brigitte Dorner DVR: 0029874/1200 TITELBILD: unsplash Die OFFENLEGUNG gemäß §25 Me- anstoesse@junge-kirche-vorarlberg.at FOTOS: unsplash diengesetz ist unter www.kathfish.at/ www.kathfish.at anstoesse abrufbar. BANKVERBINDUNG: Namentlich gekennzeichnete Beiträge BTV - 3 Banken Gruppe geben die Meinung der Verfasserin IBAN: AT22 1633 0001 3314 3025 bzw. des Verfassers wider und müssen BIC: BTVAAT22 sich nicht mit der Meinung der Redak- Empf.: Kath. Jugend und Jungschar Vor- tion decken. arlberg, Verw.zweck: anstösse 2
INHALT 4 // 25 // 34 // ICH ACHTE DEINE GRENZEN CYBER-MOBBING WE*R*MUSIC 6 // 27 // 35 // BISCHOFSBLOG SCHUTZKONZEPT DIVE IN 8 // 28 // 36 // FORMEN VON GEWALT GRUPPENSTUNDE TERMINE 11 // 30 // 38 // DISKRIMINIERUNG KINDERGOTTESDIENST TEAMNEWS 14 // 32 // 39 // OMBUDSSTELLE FIRMUNG 4.0 TEAM 16 // POLIZEI GEGEN GEWALT 21 // GEWALTFREIE KOMMUNIKATION 22 // GEWALTSCHUTZ IN DER PFARRE 3
ICH ACHTE DEINE GRENZEN WAS MACHT DIE KIRCHE IM BEREICH GEWALTSCHUTZ? Während ich diese Zeilen schreibe und ne- TIPP: benbei Radio höre, ist das Thema Missbrauch „ICH ACHTE DEINE in der Kirche wieder einmal in den Schlagzeilen GRENZEN“ (Stichwort Münchner Missbrauchsgutachten) und GEWALTSCHUTZ-SCHULUNG es lässt mich und viele von uns einmal mehr fas- Dienstag, 5. April 2022, sungslos zurück. Einige haben sich bereits von der 19 – 21.30 Uhr, Kirche distanziert und ihrem Ärger und Wut mit Diözesanhaus Feldkirch einem Austritt aus der Kirche Ausdruck verliehen. Mit Raphael Latzer und Mit der Band U2 bin ich versucht, einzustim- Silvia Berger men in das Lied „40“ (nach Ps 40): „How long must Verpflichtend für Verantwortli- we sing this song?“ che von Lagern und Veranstal- tungen mit Übernachtung. Manche werden vielleicht griffe, auch in Alltagssituatio- Jugendliche – für alle Menschen sagen: „Das ist doch Schnee von nen; Graubereiche, die uns oft – sein und dafür setzen wir uns gestern, so etwas Schlimmes wie nicht bewusst sind oder ein un- ein. Übergriffe sind nicht immer damals kommt heute nicht mehr gutes Gefühl mit sich bringen. körperlich, sondern können auch vor – schon gar nicht bei uns (in Vieles hat sich in den letzten psychisch oder auf spiritueller der Pfarre)!“ Was hat das also Jahren verändert, manche Spie- Ebene passieren. Eine Sensibili- mit dir und mir heute zu tun, le und Methoden, die früher auf sierung und regelmäßige Befas- dem pfarrlichen Engagement, dem Jungscharlager üblich wa- sung mit dem Thema ist das Um als Gruppenleiter*in, als Stern- ren, sind heute ein No-Go. Das und Auf; es ist ein Prozess, der singer-Verantwortliche, Pries- Bewusstsein hat sich verändert. nie abgeschlossen ist – ein Dau- ter,…? Vielleicht hört der eine Wir sind sensibler für dieses erauftrag, wie Bischof Benno es oder die andere einen leisen Thema, und das ist gut so. Hin- nennt. Auch wenn ein Schutz- Vorwurf oder eine Unterstellung schauen und nicht Wegschauen konzept einmal erstellt ist, kön- heraus, wenn man sich mit dem oder unter den Teppich kehren, nen wir das Thema nicht einfach Thema (sexualisierte) Gewalt ist die Devise. „abhaken“. Wir müssen es wach- und Gewaltprävention beschäf- halten und darüber sprechen. tigen soll. Wir als (Junge) Kirche und Katholische Jugend und Doch auch heute passie- Jungschar müssen und wollen ren Grenzverletzungen, Über- ein sicherer Ort für Kinder und 4
WAS TUT SICH DAZU AUF deine Grenzen“ verpflichtend BUNDES- UND DIÖZESAN- (www.kath-kirche-vorarlberg.at/ EBENE? checkit). In der Rahmenordnung In diesen Tagen finden der österreichischen Bischofs- die PGR-Wahlen statt. Auch konferenz „Die Wahrheit wird die Pfarrgemeinderäte sind an- euch frei machen“ wurde die gehalten, sich mit dem Thema Grundlage für Maßnahmen zur zu beschäftigen. Am besten, ihr Gewaltprävention geschaffen. setzt euch gemeinsam dafür Mit der Überarbeitung und In- ein! In einem pfarrlichen Schutz- kraftsetzung am 1. September konzept hat der Bereich Kinder- 2021 wurde festgelegt, dass alle und Jugendarbeit einen wich- Pfarren und Orden, kirchliche tigen Stellenwert – und dafür Organisationen und Einrichtun- seid ihr als Gruppenleitende die gen, Gemeinschaften, etc. für Expert*innen! ihren Bereich Schutzkonzepte entwickeln und ihre Maßnah- Nach unserem Aufruf men schriftlich festhalten und bei der letzten Jahreshauptver- kommunizieren müssen (S. 32). sammlung hat sich auch eine Ar- Von Seiten der Stabstelle für beitsgruppe mit Ehrenamtlichen Gewaltprävention stehen auch gebildet: Maria Hämmerle, And- Stefan Schäfer und Doris Bauer- rea Gollob, Sandro Wolf, Tabea Böckle bei Fragen zum Schutz- Lenz und Anna-Maria Lau. Do- konzept zur Verfügung. ris Bauer-Böckle begleitet uns von Seiten der Stabstelle. Sie Durch die Einrichtung ei- alle sind maßgeblich beteiligt nes Fachstabes Gewaltschutz in am Entstehen dieser Ausgabe. unserer Diözese mit Verantwort- Herzlichen Dank dafür! Mit die- lichen aus unterschiedlichen Be- sem „anstösse“ möchten wir Be- reichen (Stabstelle, Priesterrat, wusstsein schaffen, zur Reflexion Schulamt, Caritas, Personalstel- anregen und auch Fachwissen le, Junge Kirche, Pfarre, …) wird und praktische Informationen das Thema vor Ort präsenter weitergeben. und kann besser implementiert werden. Bei einer diözesanen Einstellung wird eine Verpflich- tungserklärung und der erwei- terte Strafregisterauszug ver- langt. Auch Referent*innen, die im Auftrag der KJJS tätig sind (Orientierungstage, Firmvor- bereitung), geben eine Straf- registerbescheinigung Kinder- BRIGITTE DORNER und Jugendfürsorge ab. Es gibt Leitung Junge Kirche Schulungen für neu eintretende Mitarbeiter*innen und die Junge Kirche bietet für pfarrlich Enga- gierte Workshops zum Thema Gewaltprävention. Für Verant- wortliche von Lagern bzw. gene- rell Veranstaltungen für Kinder und Jugendliche mit Übernach- tung (Jugendreise, Firmlings- wochenende,…) ist die Schulung sowie die Leitlinien „Ich achte 5
BISCHOFSBLOG SCHUTZ FÜR BETROFFENE Immer, wenn Studien zum kirchlichen Um- fend evaluiert und an den status gang mit Missbrauchsfällen erscheinen, werden quo angepasst. Es ist allen Men- wir dran erinnert: Mit dem Thema Missbrauch sind schen, die in den genannten Be- wir in der Kirche noch lange nicht „durch“. Zuletzt reichen tätig sind, zu verdanken, hat die Studie, die die Erzdiözese München in Auf- dass dieses Modell nicht nur in- trag gegeben hat, ans Licht gebracht, was früher ternational Anerkennung gefun- an vielen Orten praktiziert wurde: Der Schutz der den hat, sondern zum Teil auch Institution wurde über den Schutz der Betroffenen von staatlichen Stellen über- gestellt. Misst man das, was geschehen ist, daran, nommen wurde. Zugleich soll wie wir „Kirche“ verstehen, muss man sagen: Die dieser Überblick keineswegs den Kirche hat versagt. Eindruck erwecken, als ob schon alles getan wäre. Viele Themen liegen noch auf dem Tisch, die uns weiterhin beschäftigen müs- sen. Die ständige Verfeinerung von Präventionsmaßnahmen sowie die Erforschung des sog. geistigen Missbrauchs sind nur Die Diskussionen, die sich Ombudsstelle, an die sich Be- zwei davon. Daneben sind es für an Veröffentlichungen wie zu- troffene wenden können. Mit der mich vor allem drei Punkte, die letzt eben der Münchener Stu- Unabhängigen Opferschutz- wir als Kirche fortwährend ins die entzünden, schwappen auch kommission (der sog. „Klasnic- Zentrum stellen müssen: auf Österreich über, obwohl wir Kommission“) wurde eine un- bei uns – das sei mir als Vorsit- abhängige Stelle geschaffen, 1. AUF DIE zender des Beirates Opferschutz die über finanzielle Hilfe für die BETROFFENEN HÖREN erlaubt zu erwähnen – eine doch Betroffenen entscheidet. Wir als etwas andere Situation vorfin- Kirche haben uns in einer Selbst- Das Leid, das Betroffenen den. Erst kürzlich hat Paul Mi- verpflichtung an diese Entschei- widerfahren ist, ist unermesslich. chael Zulehner gemeint, dass dungen gebunden, sie wurden Lange Zeit wollte keiner sie an- die österreichische Kirche in Sa- zu 100% umgesetzt. Und was hören, keiner hat ihnen geglaubt. chen Prävention der Weltkirche ganz wichtig ist: Es gibt in jeder Wir müssen immer mehr lernen, „um Jahre, wenn nicht um Jahr- kirchlichen Institution – sei es in uns mit den Augen der anderen zehnte voraus ist“. Tatsächlich den Diözesen oder in den Orden zu sehen – und das heißt hier: hat die Kirche Österreichs seit – Präventionsbeauftragte, die mit den Augen der Betroffenen. der Affäre Groer einen Lernpro- für alle Mitarbeiterinnen und Das geht am ehesten, wenn wir zess durchlebt. Durch die Ent- Mitarbeiter Schulungen durch- uns den Betroffenen zuwenden hüllungswelle, die der Jesuit P. führen sowie gemeinsam mit und auf sie hören. Sie stehen im Klaus Mertes 2010 in Gang ge- den Verantwortlichen für den je- Mittelpunkt, ihnen allein sind wir setzt hat, wurde dieses Lernen weiligen Bereich zugeschnittene verpflichtet. nochmals angeschoben. Die Bi- Schutzkonzepte erstellen. schofskonferenz beschloss noch 2. KONTROLLE VON AUSSEN im selben Jahr eine Rahmenord- Das sind, verkürzt darge- nung mit dem Titel „Die Wahr- stellt, die Eckpunkte jener Maß- Institutionen wie die Kirche heit wird euch frei machen“. Seit- nahmen, die seit mehr als zehn neigen dazu, sich nach außen her gibt es in jeder Diözese eine Jahren gelten. Sie werden lau- hin abzuschließen. Ungesunde 6
Machtstrukturen und persönli- che Abhängigkeitsverhältnisse bereiten Missbrauch den Boden. Umso mehr braucht es Kont- rolle von außen, d.h. einen un- abhängigen Blick von externen Fachleuten. Das hilft uns, ein Klima der Freiheit und Transpa- renz aufzubauen, um etwa auch schon in der Ausbildung eine rei- fe Entwicklung in menschlicher, spiritueller und sexueller Hin- sicht zu fördern. 3. PRÄVENTION ALS DAUERAUFTRAG Prävention ist ein Thema für uns alle: für jede Jungschar- gruppe, jeden Ministrantenaus- flug, für jeden Priester genauso wie für jede*n Jugendgruppen- leiter*in. Fortwährendes Anlie- gen der Präventionsarbeit ist es, ein fundiertes Wissen über Miss- brauchs- und Gewaltformen zu vermitteln sowie ein mög- lichst hohes Level an Sensibili- tät für Gefährdungspotentiale zu schaffen. Dazu gehören ein verantwortungsvoller Umgang mit Nähe und Distanz ebenso wie ein professioneller Umgang mit Verdachtsfällen. Prävention ist ein Dauerauftrag, der nie zu einem Abschluss kommen darf. BENNO ELBS Bischof 7
FORMEN DER GEWALT WIE ÄUSSERT SICH GEWALT? Laut der UN Kinderrechtskonvention haben Kinder Recht auf Schutz. Das Kindeswohl steht dabei im Mittelpunkt, das heißt, dass Kinder mit ihren Bedürfnissen und Fähigkeiten wahrgenom- men und respektiert werden. Kommt es zu Gewalt, ist dieser Schutz nicht mehr gegeben. Viele Formen der Gewalt haben mit einem Machtgefälle zwischen Menschen zu tun. Ein natürliches Machtgefälle ergibt sich be- reits, wenn Erwachsene und Kinder aufeinander- treffen. Kinder benötigen den Schutz und die Un- terstützung von Erwachsenen, um im Leben klar zu kommen. Werden die psychischen und physischen Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen wieder- holt und auf Dauer nicht oder nicht ausreichend befriedigt, dann kommt es zur Vernachlässigung. Eine Form von Gewalt, die lange nicht bemerkt wird und meist schleichend verläuft. Vernachlässi- gung führt zu einer anhaltenden Unterversorgung und hat zur Folge, dass die Entwicklung der Kinder gehemmt wird. Ein sechsjähriges Kind, das auf ei- nem Musikfest um 22 Uhr, ohne Schuhe und Jacke auf der Suche nach Essen ist und nicht weiß, wo sich seine Bezugspersonen aufhalten, könnte von Vernachlässigung betroffen sein. Neben der Ver- nachlässigung gibt es die physische, psychische, sexualisierte und spirituelle Gewalt. Im digitalen Zeitalter sind wir auch mit Gewalt in den Medien konfrontiert. 8
PHYSISCHE GEWALT SPIRITUELLE GEWALT Physische Gewalt wird auch als körperliche Die spirituelle Gewalt oder geistiger bzw. Gewalt bezeichnet. Dabei werden andere Personen geistlicher Missbrauch ist eine Form von psychi- körperlich geschädigt, zum Beispiel: durch schüt- scher Gewalt. Die Kinderschutzrichtlinien der teln, schlagen, treten, stoßen, würgen, ohrfeigen, Katholischen Jungschar Österreichs betonen die mit Gegenständen werfen, an den Haaren ziehen Wichtigkeit der Auseinandersetzung und Acht- oder wenn mit Zigaretten Verbrennungen zuge- samkeit gegenüber dieser Gewaltform im kirchli- fügt werden. Ebenso wenn jemand verletzt oder chen Kontext. Geistlicher Machtmissbrauch „wird erkrankt ist, und entsprechende Hilfe unterlassen ausgeübt, wenn mittels religiöser Inhalte oder auf- wird. Körperliche Gewalt wirkt sich auch emotional grund der Position einer Person in der Kirche (als aus. „Eine Ohrfeige hat noch niemandem gescha- geistliche Autorität) Druck ausgeübt oder Angst det“ oder der „Füdlatätsch“ sind und bleiben physi- gemacht wird.“ Geistlicher Machtmissbrauch ver- sche Gewalt, wenn sie ausgeführt werden. hindert das Wachsen im Glauben. Durch Angst, Beispiele für physische Gewalt: zwei Kinder Drohung oder Vermittlung eines negativen Gottes- streiten in der Jungscharstunde, sie ohrfeigen sich bildes wird er sogar geschwächt und moralische und ziehen sich an den Haaren. Mutproben kön- Forderungen führen zu Schuldgefühlen. Bei geistli- nen zu physischer Gewalt führen, wenn Schmer- chem Machtmissbrauch stellt sich ein Mensch über zen, Scham oder Ekel überwunden werden sollen. Gott. Die Person gibt an, den Willen Gottes für die Beispiele: über Kohlen laufen müssen, Finger in andere Person am besten zu kennen, besser als die eine brennende Flamme halten, eklig zusammen Person selbst. Somit wird der Person die Fähigkeit gemischte Getränke trinken, Alkohol trinken müs- zur eigenen Meinung und zur Selbstbestimmung sen oder Brennnesseln angreifen müssen. Bei Mut- abgesprochen. proben haben Jugendliche von sich aus das Ge- fühl, dass sie etwas beweisen müssen. Werden sie bei Mutproben zu sehr von anderen Gleichaltrigen bearbeitet und unter Druck gesetzt, kann das als psychische Gewalt oder emotionale Misshandlung definiert werden. PSYCHISCHE GEWALT In den Kinderschutzrichtlinien der Katho- lischen Jungschar Österreich wird folgendes Ver- halten als psychische Gewalt benannt: Wenn Men- schen andere ablehnen und ihnen vermitteln, dass sie ungeliebt, minderwertig und wertlos sind. Wei- ters zählen „Beschimpfungen, Erniedrigung, Isolie- rung, rassistische Äußerungen, seelisches Quälen, emotionales Erpressen, absichtliches „Angst ma- chen“, anhaltende Abwertung über Familienmit- glieder und die Befriedigung eigener Bedürfnis- se auf Kosten der Kinder und Jugendlichen dazu. Das tatenlose Zusehen bei Mobbing und Cyber- Mobbing wird ebenso in die Kategorie psychische Gewalt eingeordnet. In vielen Sommerlagern gab es die Tradition von Gruselgeschichten oder gan- ze Erzählabende, die dazu führten, dass Kinder Angst hatten. Weiters gab es auch Nachtgelände- spiele, die mit den Erzählungen noch spannender gemacht worden sind und dazu führten, dass Kin- der in der Dunkelheit Angst hatten. Wird ein Kind ausgelacht, da es weniger Bälle als andere fangen kann bzw. langsamer ist als andere, kann das eine Form von psychischer Gewalt sein, da es sich weni- ger wertgeschätzt fühlt als andere. 9
SEXUALISIERTE GEWALT Sexualisierte Gewalt unter- liegt nach wie vor noch mehr der gesellschaftlichen Tabuisierung, als andere Formen der Gewalt. Bei sexuellem Missbrauch bzw. sexualisierter Gewalt plant eine erwachsene Person, Vertrauen und Autorität auszunützen, um sich mit dem Missbrauch sexuell zu erregen. Bei sexualisierter Ge- walt wird die Grenze und Würde verletzt, und sie passiert nie zu- fällig. Die Intensität sexualisier- ter Gewalt kann mit der Zeit zunehmen. Beginnen kann das mit „Kitzelspielen“, Kindern beim Waschen zuschauen, verbale se- xuelle Belästigung durch Spra- che oder Atmosphäre, Kinder auf den Schoß setzen, sie nicht altersgemäß über Sexualität aufklären, angreifen oder an- greifen lassen der Geschlechts- bereiche bis hin zur Vergewalti- gung. Sexuelle Übergriffe finden sowohl zwischen Erwachsenen, zwischen Erwachsenen und Kin- dern bzw. Jugendlichen, und auch zwischen Kindern und Ju- gendlichen untereinander statt. GEWALT IN DEN (SOZIALEN) MEDIEN Mit dem Fortschritt der Di- gitalisierung in unserem Alltag hat sich eine weitere Form von Gewalt gebildet. Die Gewalt in den Medien wird in eine aktive und in eine passive Form einge- teilt. Die passive Form besteht, gegenüber anderen nicht or- wenn Videos mit Gewaltinhalten dentlich benimmt. Du kommst konsumiert werden. Dabei sind drauf, dass du häufig stoppen es nicht nur Horrorfilme, Filme wirst müssen. Die aktive Form ab 18 oder Pornos, sondern häu- betrifft das Ausüben von Gewalt fig versteckt sich die Darstellung mit der Hilfe von Medien, also von Gewalt schon in Zeichen- wenn zum Beispiel Fotos oder Vi- trickserien für Kinder, in lusti- deos mit bloßstellendem Inhalt gen Videos auf Youtube oder in veröffentlicht werden. Beispiele Musikvideos und -texten. Starte dazu: eine Schlägerei am Schul- einen Selbstversuch, in dem du hof wird gefilmt und in sozialen einen Zeichentrick von 5 bis 10 Netzwerken gepostet. Cyber- Minuten ansiehst, drücke auf mobbing ist ebenso ein Thema. MARIA HÄMMERLE Pause und stoppe kurz, wenn je- Dazu ist noch ein extra Artikel in KJJS, ARGE Gewaltschutz mand Gewalt ausübt oder sich dieser Ausgabe zu finden (S. 25). 10
DISKRIMINIERUNG SCHLUSSENDLICH SIND WIR ALLE GLEICH In der Kinderschutzrichtlinie der Katholi- schen Jungschar Österreich heißt es, dass „ausge- hend [vom] christlichen Selbstverständnis und im Sinne der UN-Kinderrechtskonvention […] Kinder und Jugendliche vor allen Formen der Gewalt, Ver- nachlässigung, Ausbeutung und Diskriminierung zu schützen“ sind. Das Wort „Diskriminierung“ stammt aus dem ten werden sowie Demonstrationen gegen Gleich- Lateinischen und bedeutet so viel wie „unterschei- berechtigung von homosexuellen Personen. den“. Wenn Personen auf Grund von bestimm- ten Merkmalen wie Geschlecht, Hautfarbe oder INSTITUTIONELLE DISKRIMINIERUNG Religion benachteiligt werden, nennt man dies Diskriminierung. In der Charta der Grundrechte Institutionelle Diskriminierung hingegen der Europäischen Union wurde vereinbart, dass geht immer von einer Institution aus, zum Beispiel „Diskriminierungen insbesondere wegen des Ge- Schulen, dem Gesundheitswesen, der Polizei oder schlechts, […], der Hautfarbe, der ethnischen oder dem Arbeitsmarkt. Zum Beispiel werden People of sozialen Herkunft, […] der Sprache, der Religion Color (= Personen, die in der weißen Mehrheitsge- oder der Weltanschauung, der politischen […] An- sellschaft als „anders“ definiert werden) bei polizei- schauung, […] einer Behinderung, des Alters oder lichen Überprüfungen sehr oft anders behandelt der sexuellen Ausrichtung“ verboten sind (Artikel als weiße Personen. Ebenfalls tragen die Bildungs- 21). Leider findet Diskriminierung immer noch sehr institutionen mit ihren Organisationsstrukturen, häufig statt, hauptsächlich im Alltag, in staatli- offenen und unausgesprochenen Regeln, den Kom- chen Organisationen und auch in Bildungsstätten. munikationsformen und Routinen dazu bei, dass Diskriminierung kann in verschiedensten subtilen Kinder mit verschiedener sozialer Herkunft nicht und offenen Erscheinungsformen auftreten, von dieselben Chancen und Möglichkeiten haben. unbedachten, aber kränkenden Äußerungen über Auch wenn Personen mit „nicht-österreichischem“ willkürliche Ungleichbehandlung bis hin zu aktiver Namen auf Wohnungs- oder Jobsuche sind, tritt Gewalt. oftmals institutionelle Diskriminierung auf. Generell unterscheidet man zwischen drei STURKTURELLE DISKRIMINIERUNG großen Bereichen der Diskriminierung: individu- elle, institutionelle und strukturelle Diskriminie- Von struktureller Diskriminierung spricht rung. Die individuelle Diskriminierung beinhaltet man, wenn Gesetze, Normen und Regeln, die ei- Vorurteile und Stereotypen, aber vor allem auch gentlich für die Gesamtheit der Bevölkerung gel- konkrete Handlungen und Verhaltensweisen durch ten, für eine bestimmte Personengruppe nicht an- einzelne Personen. Beispiele für diese Art der Dis- gewendet werden oder sie von einer tatsächlichen kriminierung sind etwa, wenn Personen aufgrund Gleichbehandlung ausgeschlossen sind. Während ihrer sexuellen Orientierung oder Hautfarbe offen individuelle Diskriminierung auf der persönlichen beschimpft oder Hijabs im Sportunterricht verbo- Ebene zwischen Menschen und die institutionelle 11
Sprachliche Diskriminierung existiert noch auf einer weiteren Ebene, nämlich wenn unbe- denkliche Bezeichnungen in negativem Kontext erwähnt werden, ohne dass diese zur Erklärung der jeweiligen Situation beitragen. Besonders in Berichten über Straftaten wird häufig auf die Na- tionalität des Täters verwiesen, obwohl diese in keinem Zusammenhang mit der Straftat steht. MEDIALE DISKRIMINIERUNG Auch in Medien – Werbung, Zeitung, Fernse- hen – ist Diskriminierung allgegenwärtig. Vor allem Sexismus spielt eine große Rolle in der heutigen Werbung. So werden Frauen immer noch als Ver- kaufsstrategie für anscheinend männliche Produk- te verwendet. Davon sind aber nicht nur Frauen, sondern auch Männer genervt. Ebenfalls sollten Medien die gesellschaftliche Diversität widerspie- geln. Deshalb müssen People of Color, Personen mit Behinderungen und verschiedenen Religionen sichtbar gemacht werden. SOZIALES PROBLEM Diskriminierung hat ihre Wurzeln in den Diskriminierung innerhalb von staatlichen Institu- Macht- und Herrschaftsverhältnissen und zielt tionen stattfindet, passiert strukturelle Gewalt im- immer darauf ab, dass die „herrschende“ Gruppe mer innerhalb einer gesamten Gesellschaft. Zum weiterhin an der Spitze bleibt. Das ist zum Beispiel Beispiel werden die Lohn- und Gehaltsunterschie- bei Sexismus, Rassismus, Behindertenfeindlichkeit de zwischen Männern und Frauen nicht als institu- oder Homophobie der Fall. Sowohl beabsichtigte tionelles, sondern strukturelles Problem gesehen, wie auch unbeabsichtigte Diskriminierung beruht da die gesamte Gesellschaft auf einem Patriar- auf tief in der Gesellschaft verankerten Sichtwei- chat basiert. sen, die oftmals als normal oder natürlich gelten. Zum Beispiel wird Männern eine natürliche körper- SPRACHLICHE DISKRIMINIERUNG liche Überlegenheit zugeschrieben, was bedeutet, dass Frauen für die Baubranche als nicht geeignet Diskriminierung kann auch auf sprachlicher angesehen werden. Dies führt dazu, dass Schutz- Ebene stattfinden. Hierbei werden einzelne Perso- kleidung, Maschinen und Werkzeuge hauptsäch- nen oder Personengruppen von anderen bewusst lich für Männer gedacht sind, was zu erheblichen oder unbewusst verbal herabgesetzt, abgewertet, Schwierigkeiten bei der Ausübung eines Berufes, beleidigt oder angegriffen. Dies können einzelne führen kann. Ebenfalls sehen viele Personen Ho- Wörter oder Begriffe sein, welche Geringschät- mosexualität als etwas Unnatürliches an, woraus zung zum Ausdruck bringen oder auch Sätze oder oft homophobe Sichtweisen und Praktiken entste- Texte, die Stereotype und Vorurteile beinhalten hen. oder historisch negativ belastet sind. Zum Beispiel wird in letzter Zeit im deutschsprachigen Raum WAS TUN? sehr oft über die Verwendung des Wortes „Mohr“ diskutiert. Dieser Begriff wird oft für Straßenna- Um gegen Diskriminierung anzukämpfen, men, Apotheken oder Süßigkeiten verwendet und muss auf der persönlichen Ebene versucht werden, ist eindeutig rassistisch einzuordnen, da er früher sich von Vorurteilen und Stereotypen zu lösen, da- für unterwürfige afrikanische Sklaven verwendet mit diese nicht zur Ausgrenzung verwendet wer- wurde. den. Ebenfalls sollte auf der sprachlichen Ebene 12
bedacht werden, dass bestimmte Begriffe verletzend gegenüber Personen sind, auch wenn man das selbst nicht so empfindet. Doch die wichtigste Arbeit muss auf der institutionellen und strukturellen Ebene passie- ren. Organisationen und Insti- tutionen müssen ihre aktuellen Handlungsweisen und Praktiken analysieren und überarbeiten. Ebenfalls muss es Betroffenen möglich sein, dass sie Unterstüt- zung bei der Durchsetzung ihres Rechts bekommen. Um die gesamte Gesell- schaft auf vorhandene Diskri- minierung und deren Folgen aufmerksam zu machen, können bestimmte Maßnahmen ge- setzt werden, wie zum Beispiel Anti-Diskriminierungs- oder Di- versity-Trainings. Auch in der Schule sollte das Thema Diskri- minierung im Lehrplan veran- kert werden, damit kommende Generationen bereits früh dafür sensibilisiert werden. ADELINE HAGEN KJJS Lustenau Kirchdorf 13
OMBUDS- WENN DU BERATUNG BRAUCHST, SELBST BETROFFEN BIST, ODER STELLE ETWAS AUFFÄLLIGES MELDEN MÖCHTEST: • Tel. 0800 / 84 80 08 (kostenlos) • ombudsstelle@kath-kirche- vorarlberg.at BERATUNGSSTELLE DER KATHOLISCHEN KIRCHE WAS IST DIE OMBUDSSTELLE? WARUM RICHTET DIE KATHOLISCHE KIRCHE WIE WIRD SIE ERREICHT? EINE SOLCHE SCHUTZSTELLE EIN? Die Ombudsstelle ist eine Beratungsstelle Es war eine Vorgabe der Bischofskonferenz, zum Schutz vor Gewalt und sexuellen Übergrif- dass in jeder Diözese eine Ombudsstelle einge- fen in der katholischen Kirche und wurde für jene richtet werden musste. Die Rahmenordnung für Menschen eingerichtet, die Gewalt innerhalb der die katholische Kirche legt die Struktur fest. Eben- Kirche erlebt oder beobachtet haben. Die Mitar- so legt sie fest, dass überall eine diözesane Kom- beiter*innen sind weisungsfreie und zur Verschwie- mission und eine Stabsstelle für Prävention von genheit verpflichtete Fachpersonen aus Psycholo- Missbrauch und Gewalt eingerichtet wird. Darüber gie, Psychotherapie, Psychiatrie und Sozialarbeit. hinaus gibt es die Unabhängige Opferschutzkom- Aufgabe der Ombudsstelle ist es, den Betroffenen mission (die sogenannte Klasnic-Kommission) und zu ermöglichen, ihre Gedanken und Gefühle zu die Stiftung Opferschutz in Wien. ordnen. In der Folge erarbeiten sie miteinander Hintergrund war bestimmt, dass sich immer mögliche nächste Schritte. Zudem vermittelt sie mehr Betroffene gemeldet haben, die in der Ver- weitere Unterstützungsmöglichkeiten. Die Bera- gangenheit Gewalt und Missbrauch in Einrichtun- tung ist kostenlos. Sie ist telefonisch (Tel. 0800 / gen der Kirche erlebt hatten. Zur Aufarbeitung 84 80 08 kostenlos) und per Email (ombudsstel- dieser verstörenden Meldungen wurde eine profes- le@kath-kirche-vorarlberg.at) erreichbar, die Kon- sionelle Struktur benötigt. Die Betroffenen sollten taktdaten finden sich auf der Homepage der Ka- angehört und ernst genommen werden und sollten tholischen Kirche. bei verjährten Fällen eine Entschädigung erhalten. Bisher wurden mehr als 2.000 Anträge bearbei- An die Ombudsstelle können Fälle von Miss- tet und mehr als 20 Millionen Euro an Entschädi- brauch und Gewalt herangetragen werden. Sie gungszahlungen ausbezahlt. bietet Hilfe für Betroffene und ihre Angehörigen Außerdem wollte man nach Möglichkeit wei- an. Sie leistet Krisenintervention und können, wenn teren Missbrauch und weitere Gewalt verhindern. gewünscht, psychotherapeutische Hilfe vermitteln. Dazu musste man die Strukturen analysieren und neue Strukturen schaffen. Die Ombudsstellen beraten kirchliche Ein- richtungen in Fragen der Verhinderung von se- MIT WELCHEN ANLIEGEN MELDEN xuellen Missbrauch und Gewalt und können auf SICH LEUTE BEI EUCH? Defizite in der Prävention und im Umgang mit Vorwürfen von Gewalt und sexuellem Missbrauch Viele Menschen haben sich gemeldet, die als hinweisen und kooperieren mit den Stabsstellen. Kinder betroffen waren von Gewalt: körperliche, se- 14
xuelle oder psychische Gewalt, die jetzt aber schon Bei anderen Anliegen werden die Menschen lange erwachsen sind. Das fand oft in kirchlichen angehört und es wird gemeinsam ein Plan entwi- Einrichtungen statt: Heim, Schule, Internat oder ckelt, je nachdem, was das Anliegen der Betroffe- auch im Rahmen der Kirche. Manche wollten eine nen ist. Es geschieht nichts gegen den Willen der finanzielle Entschädigung, manche wollten es ein- Betroffenen. fach melden, manche haben überhaupt das erste Mal darüber gesprochen. Ein Anliegen hatten je- WIE ARBEITET DIE KATHOLISCHE KIRCHE doch alle: Sie wollten ernst genommen werden und DAS THEMA GEWALT AUF? sie wollten, dass man ihnen glaubt. Manche haben sich gemeldet, weil sie geistigen oder spirituellen Gewalt und Missbrauch ist immer auch ein Missbrauch erlebt haben. Oder Menschen haben Machtmissbrauch. Deshalb müssten auch die ein übergriffiges Verhalten beobachtet und möch- Machtstrukturen in der Kirche noch mehr durch- ten das melden. leuchtet und verändert werden, damit die Struktur den Missbrauch nicht mehr ermöglicht. Der geisti- WELCHE SCHRITTE WERDEN VON ge Missbrauch muss auch noch mehr aufgearbeitet EUCH EINGELEITET? werden. Er trifft vor allem sehr gläubige Menschen und zerstört oftmals deren Gottesbeziehung. Die Bei zurückliegendem Missbrauch an Kindern notwendigen Einrichtungen wurden geschaffen, wird im Rahmen eines Gesprächs aufgeschrieben, um Gewalt und Missbrauch aufzuarbeiten. Es ist was vorgefallen ist: wer, was, durch wen, wo, wie allen bewusst, dass Gewalt und Missbrauch ge- oft und in welchem Rahmen erlebt hat. Wenn die schehen und dass es gilt, alles aufzudecken und Betroffenen einverstanden sind, dann wird ein künftig zu verhindern. Antrag auf Entschädigung und/oder Ersatz von Therapiekosten gestellt. Dieser wird von der diö- zesanen Kommission geprüft. Es wird erhoben, wer RUTH RÜDISSER der Beschuldigte ist, wo er zu welcher Zeit einge- Ombudsstelle setzt war, ob die Umstände nachvollziehbar sind. Oft sind ja die Erinnerungen nicht mehr so ge- nau und vollständig. Der Beschuldigte und sein*e Vorgesetzte*r (oder deren Nachfolger*in) werden über die Vorwürfe informiert und können Stellung beziehen. Dann tagt die Kommission und spricht eine Empfehlung aus. Dann geht der Antrag an die Unabhängige Opferschutzkommission in Wien, die dann über den Antrag entscheidet. Die zu- gesprochenen Entschädigungen werden über die Stiftung Opferschutz abgewickelt und überwiesen. 15
GEWALT WIDERSETZEN POLIZEILICHE PRÄVENTION, INTERVENTION UND REPRESSION Die Polizei, unser Freund und Helfer in aus- sichtslosen Situationen. Sie greift ein, wenn es zu gewalttätigen Übergriffen kommt. Wie das genau ausschauen kann, lest ihr hier: WAS MACHT DIE POLIZEI IM BEREICH „GE- „Sicherheit für Kinder“ umfasst u.a. das WALTSCHUTZ“? Ansprechen durch fremde Personen, körperliche Misshandlung und sexueller Missbrauch. Über Pro- Wie im realen Leben tritt auch in der Polizei- jekte wie die „Kinderpolizei“ oder auch „Cyberkids“ arbeit „Gewalt“ mannigfaltig auf. Sie macht weder informieren speziell ausgebildete Beamt*innen in vor Geschlecht oder Glaubensrichtung – noch vor Volksschulen. Dabei werden nicht nur die Kinder Alter, Religion oder Hautfarbe – noch vor der ana- sensibilisiert, sondern im Sinne des Mehrebenen- logen oder digitalen Welt Halt. Im Jahre 2021 trat ansatzes auch Lehrpersonen und Erziehungsbe- vor allem der Bereich „Gewalt in der Privatsphäre“ rechtigte. in den (politischen) Mittelpunkt. Auf Grund wie- derkehrender Frauenmorde (Ende 2021 waren es „Gewalt in der Privatsphäre“ („GiP“) / leider 31) sah sich der Gesetzgeber gefordert und „Stalking“: Im Rahmen von Einzelberatungen wer- ergriff Sofortmaßnahmen und schärfte auch das den zumeist weiblichen Opfern Hilfsangebote für Jahr erst im Jahr 2019 novellierte Gewaltschutz- sich und etwaig gefährdete Kinder dargelegt – es gesetz nach. erfolgt die Durchführung eines Opferkontaktge- sprächs und einer präventiven Rechtsaufklärung Die Polizei bemüht sich dabei nicht nur in mit den Gefährder*innen. Den Opfern sollen durch den Bereichen „Einschreiten“ und „Sanktionierung“, speziell ausgebildete Beamt*innen Handlungs- sondern auch bei der „Vorbeugung“ aktiv zu wer- anleitungen und rechtliche Möglichkeiten wie den. Seit einigen Jahren verlagert sich auch immer psychosoziale oder juristische Prozessbegleitung mehr Kriminalität ins Internet, was auch bedeutet, dargelegt werden, den Gefährder*innen soll ihr auf dieser Ebene des Cybercrime ständig aktiv zu widerrechtliches Handeln aufgezeigt werden. Bei sein. Fällen unmittelbarer häuslicher Gewalt kann die Polizei zunächst ein Betretungs- und Annäherungs- WAS GIBT ES FÜR ANGEBOTE AUF DEM verbot für 14 Tage verhängen, das je nach Anlass- SEKTOR DER PRÄVENTION? fall auch verlängert werden kann. Das novellierte Gewaltschutzgesetz trat mit 2020 in Kraft. Seit Die Angebote der Landespolizeidirektion dem September 2021 müssen Gefährder*innen Vorarlberg werden in der Regel zentral vom Bun- verpflichtend eine Gewaltberatung besuchen – mit desministerium für Inneres bzw. dem Bundeskri- 2022 kam das obligatorische Waffenverbot für minalamt vorgegeben – mitunter jedoch regional Gewalttäter*innen hinzu. modifiziert. Dazu zählen die Projekte: 16
„Sicherheit im öffentlichen Raum“: Im Rah- geistigen Leistungsfähigkeit, Unkenntnis über kri- men eines Vortrages erfahren interessierte Frauen minelle Methoden und Gutherzigkeit. Der Polizei und Mädchen ab 16 Jahren, welche Gefahrenquel- obliegt es, Senior*innen dahingehend zu informie- len im öffentlichen Raum existieren (u.a. Unsi- ren und aufzuklären. cherheitsräume, K.O.-Tropfen) und wie man sich effektiv davor schützen kann. Der Umgang mit „Überfallsschulungen“: Vulnerable Berufs- Handalarmgeräten und Pfefferspray wird erklärt sparten wie Banken, Taxiunternehmen und auch und welche Vor- und Nachteile diese Geräte mit der Einzelhandel werden durch die Polizei darüber sich bringen. Auch Selbstbehauptung und Selbst- informiert, wie man sich vor, während und nach schutz sind Themen. einer Raub-Tat richtig verhält. Bei einer prakti- schen Überfallsübung können die Schulungsteil- „Sicherheit in öffentlichen Gebäuden“ („Si- nehmer*innen ihr neuerlerntes Wissen auch gleich cherheit am Arbeitsplatz“): Bereits vor dem tra- unter Beweis stellen. gischen Mord in der BH Dornbirn im Februar 2019 rückte der Sicherheitsgedanke bei immer mehr Jugendgewaltprävention „Under 18“: Behörden und Dienstleistungsunternehmen in den Ein wichtiger Teilbereich der polizeilichen Prä- Fokus. Zuletzt kam es auf Grund der Coronapan- ventionsarbeit ist die Kriminalprävention mit demie zu einer aufgeheizten und teils aggressiven Zielgruppe Jugendliche. Mit den Projekten „All Stimmung innerhalb der Bevölkerung, weshalb Right“, „Click&Check“ sowie Look@your.Life wer- sich auch die Ärzteschaft und der Einzelhandel den die Themenfelder Recht/Gewalt/Zivilcoura- vermehrt an die Polizei wandten, um sich Tipps ge bzw. digitale Medien und Internet bzw. Sucht im Rahmen von Sicherheitsschulungen einzuholen. aus dem Blickwinkel der Polizeiarbeit beleuchtet Die Exekutive steht dabei mit Rat und Tat zur Sei- und über Gefahren und Möglichkeiten aufgeklärt. te. Auch Radikalisierung wird immer mehr zum The- ma. Diese Projekte stehen für die Zielgruppe 13 „Hilfe für ältere Menschen“ („Sicher in den bis 17 Jahre zur Verfügung. „Click&Check“ sogar besten Jahren“): Ältere Menschen sind sowohl schon ab zehn Jahren. Gewalt, aber auch anderen kriminellen Machen- schaften besonders ausgesetzt. Das liegt u.a. am demographischen Wandel, der körperlichen und 17
WANN KANN DIE POLIZEI VERSTÄNDIGT NEBEN DER ALLGEMEINEN WERDEN? NOTRUFNUMMER 133 GIBT ES INSBESONDERE FÜR DIE Die Polizei kann nicht nur bei „Gefahr in Verzug“ THEMENBEREICHE VORBEU- unter der Notrufnummer 133 (Euronotruf 112) ver- GUNG UND ständigt werden, sondern auch bei unklaren Situ- PRÄVENTION SPEZIELLE AN- ationen („…mein Bauchgefühl sagt, da stimmt was SPRECHPARTNER*INNEN IN nicht…“). Die Polizei ist gesetzlich zu einer Gefah- VORARLBERG: renerforschung angehalten. Situationen werden ab- und aufgeklärt und etwaige Folgemaßnahmen getroffen. Dafür fallen für den Anzeiger*in auch • Landesverkehrsabteilung keine Kosten an! Vorarlberg – Allgemeine Verkehrsangelegenheiten, WER SIND MEINE ANSPRECHPARTNER? Schulungen und Verkehrs- erziehung (wie Kinderpolizei Die Polizei ist in Vorarlberg Bestandteil eines gro- und Cyberkids) – Chefins- ßen Netzwerks und steht anderen Institutionen pektor Klaus WIEDEMANN und Einrichtungen jederzeit mit Rat und Tat zur und Abteilungsinspektor Seite. Umgekehrt greift auch die Polizei sehr ger- Christian TSCHÜTSCHER - ne auf Expertisen und Meinungen dieser Netz- +43 59 133 804100 werkpartner zurück. • Kriminalprävention beim Landeskriminalamt Vor- arlberg – Chefinspektor Christian SPITALER und Abteilungsinspektor Frank JENTSCH - +43 59 133 803750 • Initiative „Gemeinsam. Sicher“ („Community poli- cing“) – Kontrollinspektor FRANK JENTSCH Gerhard BARGETZ (Ober- Polizei Vorarlberg land) - +43 59 133 8150 305 und Gruppeninspektor Gert GRÖCHENIG (Unterland) - +43 59 133 8120 305. WEITERFÜHRENDE INFOR- MATIONEN: • Gewalt: Präventionstipps bundeskriminalamt.at • Cybercrime: Internet ken- nen bundeskriminalamt.at • Jugendprojekte: Jugendpro- gramme bundeskriminalamt.at • Kinderpolizei: Willkommen bei der Kinderpolizei • Cyberkids: CyberKids kinderpolizei.at 18
RECHT AUF SCHUTZ VOR JEDER FORM VON GEWALT KINDER- UND JUGENDANWALTSCHAFT Die Kinder- und Jugendanwaltschaft des Landes Vorarlberg hat sich in den 30 Jahren ihres Bestehens immer mit einem der zentralen Kinder- rechte, dem Schutz vor jeder Form von Gewalt be- schäftigt. Egal wo sich Kinder aufhalten, wo sie be- treut oder erzogen werden oder ihre Freizeit ver- bringen, soll sichergestellt sein, dass sie sicher sind und keine wie auch immer geartete Form von Ge- walt erleben. Dazu braucht es u.a. klare gesetzliche Grundlagen, ein Monitoring wie diese Gesetze ein- gehalten werden, Schulung von Fachpersonen um Gewalt frühzeitig zu erkennen bzw. zu beenden, so- wie ein entsprechendes Hilfs- und Unterstützungs- angebot für konkrete Hilfe und Unterstützung. Die kija ist in Vorarlberg Teil eines Netzwerks, das sich diesen Aufgaben widmet. RECHTSENTWICKLUNG Kinderrechte sind Rechte für junge Men- schen bis 18. Deren Umsetzung ist eine staatliche Verpflichtung. Ein bloßes Bekenntnis zum Schutz von Kindern vor jeder Form von Gewalt wäre ungenügend. Es braucht daher entsprechende Grundlagen und das Monitoring, ob diese auch eingehalten werden. Österreich kann in diesem Be- reich im internationalen Vergleich durchaus zu den Vorreitern gezählt werden, wenn es in der Vergan- genheit darum ging, Artikel 19 Absatz 1 der UN- Kinderrechtskonvention in nationalen Gesetzen zu normieren. Sowohl im Bundesverfassungsgesetz 19
zeige und Prozessbegleitung sind wichtige Unter- stützungsangebote für Kinder und Jugendliche. EHRENAMTLICHE KINDER- UND JUGEND- ARBEIT Grenzverletzungen, Übergriffe oder Gewalt an Kindern und Jugendlichen kann es in jeder Or- ganisation und Institution geben, die mit Kindern und Jugendlichen arbeitet. Es ist daher notwen- dig, dass ein Bewusstsein dafür geschaffen wird, wo Risiken abzuwenden sind und Kinder wirksam geschützt werden können. Durch verschiedenste Maßnahmen übernehmen auch Jugendorganisa- tionen Verantwortung im Kinderschutz. Gerade in der Arbeit von und mit Ehrenamtlichen ist eine gute Begleitung und Unterstützung wichtig. Jeden- über die Rechte von Kindern als auch im Allge- falls braucht es aus Sicht der Kinder- und Jugend- meinen Bürgerlichen Gesetzbuch (ABGB) wurde anwaltschaft auch in der verbandlichen Jugend- der Schutz vor Gewalt verbindlich festgeschrieben. arbeit die Bereitschaft, Konzepte zu entwickeln, die neben Standards für die Personalauswahl und LOBBYARBEIT FÜR DIE EINHALTUNG DES –entwicklung, Verhaltensleitlinien, ein Beschwer- GEWALTSVERBOTS demanagement, einen Interventionsplan bzw. ein Fallmanagement und Richtlinien für die Dokumen- Die Kinder- und Jugendanwaltschaft setzt tation beinhalten. sich immer wieder dafür ein, dass durch Kampa- gnen und Öffentlichkeitsarbeit das Thema Kin- KINDER SCHÜTZEN – ALS ORGANISATION derschutz in der Öffentlichkeit präsent ist. Neben VERANTWORTUNG ÜBERNEHMEN allgemeinen Informationen braucht es auch prä- ventive und unterstützende Angebote für Eltern, Organisationen, die sich proaktiv mit dem damit sie eine gewaltfreie Erziehung sicherstel- Thema Kinderschutz auseinandersetzen und sich len können. Auch Kinder und Jugendliche selbst klar gegen Gewalt an Kindern positionieren, schaf- sind Adressaten von Informationsangeboten fen Sicherheit und Vertrauen. Sie nehmen Verant- bspw. in Form von Workshops in Schulen. Zuneh- wortung für die ihnen anvertrauten Kinder wahr. mend setzt sich auch die Erkenntnis durch, dass Unbestritten braucht es für die Auseinanderset- alle Einrichtungen und Organisationen, die sich zung mit diesem Thema Zeit und Energie. Aber der Bildung und Betreuung von Kindern widmen, die Etablierung eines Schutzkonzepts ist auch ein oder Angebote im Sport- oder Kulturbereich bzw. zentrales Qualitätsmerkmal. in der verbandlichen Jugendarbeit machen, auch über entsprechende Kinderschutzkonzepte verfü- gen sollten. KOOPERATION MIT ANDEREN EINRICHTUNGEN Um die Unterstützung und Beratung im Ein- zelfall sicherzustellen, ist die Kooperation mit an- deren Institutionen und Einrichtungen sehr wichtig. Neben den Angeboten der Kinder- und Jugendhil- fe – sowohl bei den Bezirkshauptmannschaften als auch bei den freien Trägern - ist vor allem das Institut für Sozialdienste mit verschiedenen Fach- MICHAEL RAUCH diensten ein wichtiger Akteur im Kinderschutz. Kinder- und Jugendanwalt Vorarlberg Psychotherapie, Beratung in Bezug auf eine An- 20
GEWALTFREIE KOMMUNIKATION VERBALE GRENZVERLETZUNGEN Ganz unabhängig vom Thema dreht sich unterschiedliche Bilder auf, welche schlussendlich unsere verbale Kommunikation, also das, was wir ein Gefühl in uns auslösen. Für manch einen*e ist mit Worten sagen, oft um den Sachinhalt. Wir be- es verwerflich, überhaupt an Stolz zu denken, weil schreiben Situationen und versuchen dabei, mög- es mit Hochnäsigkeit und Überheblichkeit in Ver- lichst objektiv zu sein. In der Hoffnung, dass unser bindung gebracht wird, für den*die andere*n ist Gegenüber uns dann versteht und unsere Sicht der es ein Gefühl von Bestätigung und Lohn für harte Dinge mit uns teilt. Arbeit. Das Phänomen dieser, mit unseren Erfah- Wir sind dann irritiert, verwundert, manch- rungen erstellten Wirklichkeit, nennt man Konst- mal verärgert, wenn wir nicht verstanden werden ruktivismus. oder jemand sogar das, was wir da so von uns ge- ben, als Lüge in Frage stellt. GEFÜHLSSACHE Ein zweiter Grund ist, dass wir selten unse- ANSICHTSSACHE re Aussagen mit unseren Gefühlen und wirklichen Bedürfnissen umschreiben und untermauern. Das Zwei Gründe, warum das so sein kann, möch- liegt zum einen daran, dass wir uns wenig bewusst te ich kurz aufzeigen. Zum einen beobachten, er- sind, wie wir uns gerade wirklich fühlen und uns leben und schlussendlich beschreiben wir unsere auch nicht die Zeit dafür nehmen, es wahrzuneh- Umwelt so, dass sie irgendwie in unsere Gedanken- men. Zum anderen braucht es etwas Übung, um welt passt. Das bedeutet, dass wir unsere Wirklich- zu erkennen, was wir denn wirklich wollen und vom keit so formen und deuten, wie wir es bis heute ge- Gegenüber erwarten. lernt und erlebt haben. Ein schönes Beispiel dafür ist das Wort „Stolz“. Wenn wir es hören, tauchen Auf Seite 22 geht‘s weiter! 21
GEWALTSCHUTZ IN UNSERER KÖNNEN SICH JUGENDLICHE UND BETEILIGE GRUPPE/PFARRE SCHAUT IHR EUCH REGELMÄSSIG WIE SCHAUT’S IN UNSERER EURE RÄUMLICHKEITEN UND BIETET IHR PFARRE MIT GEWALTSCHUTZ AUS? GRUPPEN AN, UM GEWALTPRÄVEN- MIT ÜBERN TIVE MASSNAHMEN ZU ERARBEITEN? UND MIT K GENDLICH LAGER) A BIST DU IN DEINER PFARRLICHEN ARBEIT MIT KINDERN UND KANNST DU MIT JEMANDEM JUGENDLICHEN MIT ÜBER SCHWIERIGE HERAUSFORDERNDEN SITUATIONEN SPRECHEN? SITUATIONEN GIBT ES U KONFRONTIERT? PFARRER UMSETZU VENTIVEN GESTALTU IST ES DIR WICHTIG KEITEN, S ÜBER KINDER- UND SCHEINIG HAST DU IN DER PFARRLICHEN GEWALTSCHUTZ TÄTIGKEIT DIREKTEN KONTAKT ZU SPRECHEN? MIT KINDERN UND JUGEND- LICHEN? MINISTRIEREN, GRUPPENSTUNDE ETC. FINDET EIN REGELMÄSSIGER AUSTAUSCH MIT DEN GIBT ES IN DER PFARRE PERSONEN, DIE MIT KINDERN EINE PERSON, DIE FÜR UND JUGENDLICHEN GEWALTSCHUTZ ARBEITEN, STATT? VERANTWORTLICH IST? ZUM RAUSREISSEN UND AUFHÄNGEN HILFREICHE TIPPS UND LINKS RUND UMS THEMA GEWALTPRÄVENTION: • Leitlinien der Katholischen Kirche Vorarlberg zu Gewalt- • Kinderrechte: www.jungschar.at/ueber-uns/positionen/ schutz bei Veranstaltungen für Kinder und Jugendliche mit kinderrechte Übernachtungen: www.kath-kirche-vorarlberg.at/checkit • Gender Toolbox der Bundesjugendvertretung: • Kinderschutzrichtlinie der Katholischen Jungschar: Check- https://bjv.at/portfolio-items/toolbox-alles-gender-aber-wie/ listen, vertiefende Kapitel, Gruppenstunden, Materialien, • generelle Info zu Schutzkonzepten: etc. www.jungschar.at/kinderschutz www.schutzkonzepte.at/safe-places/ 22
Nehmt euch Zeit und beantwortet die folgenden Fragen ehrlich. Am besten setzt ihr euch als Leitungsteam der, pfarrlichen Kinder- und Jugendarbeit zusam- men und geht das Flowchart gemeinsam durch. Reflektiert euer Verhalten mitein- ander. Vielleicht gibt es verschiedene Sichtweisen auf dasselbe Thema? Wo seht ihr selbst Handlungsbedarf? Einigt euch auf konkrete Handlungsschritte, wie ihr H KINDER UND Gewaltschutz aktiv in eure Arbeit einbaut. E EINBRINGEN EN? BRAVO Mach regelmäßige Fortbildungen, besonderes Augenmerk ist bei Über- nachtungen gefordert (Tipp: Weiter- bildung „Veranstaltungen mit Über- R VERANSTALTUNGEN nachtungen“), sprich regelmäßig NACHTUNGEN FÜR über dieses Thema! KINDERN UND JU- SEID IHR EUCH DEM HEN (Z.B. FERIEN- KONFLIKTPOTENZIAL/ AN? GEFAHRENPOTENZIAL BEWUSST? UNTERSTÜTZUNG VOM R/PFARRBÜRO FÜR DIE UNG VON GEWALTPRÄ- Was nehmen wir zu diesem Thema N MASSNAHMEN Z.B. in unsere Arbeit mit? UNG DER RÄUMLICH- STRAFREGISTERBE- GUNG? AUSTAUSCH UNTEREINANDER FÖRDERN: Befasse dich bewusst mit dem Was haben wir über unsere Rollen in Thema, reflektiere eigene pädagogi- Bezug auf Gewaltschutz gelernt? sche Haltungen, definiere eine verantwortliche Person/Kontakt, bilde dich in diesem Thema weiter! WICHTIGE KONTAKTE AUF EINEN BLICK: • Stabstelle Gewaltprävention Bis zum möchten wir Stefan Schäfer, Telefon: 0664 2795736 folgende Handlungsschritte umsetzen: gewaltpraevention@kath-kirche-vorarlberg.at • Doris Bauer-Böckle, Telefon: 0676 832401102 doris.bauer-boeckle@kath-kirche-vorarlberg.at • Ombudsstelle, 0800 / 849008 ombudsstelle@kath-kirche-vorarlberg.at • Rat auf Draht – Beratung für Kinder und Jugend- liche jederzeit – anonym – kostenlos Telefon 147, www.rataufdraht.at 23
Als Beispiel hören wir den Satz: „Sei still.“ Die Schweigens. Erst durch Schweigen wird es möglich, Aufforderung scheint ja recht klar zu sein. Aber Grenzverletzungen wiederholt auszuüben. Manch- wie geht es dem oder derjenigen die ihn aus- mal genügt es, eine Beobachtung direkt anzuspre- spricht? Wütend, gelangweilt, traurig, genervt? chen, um so das Geschehene sichtbar zu machen. Und ebenso bleibt offen, was der*diejenige denn Ich sehe es als unsere Pflicht und Verantwortung, für ein Bedürfnis hat. Ist gerade Ruhe erwünscht? gerade wenn es um Kinder und Jugendliche geht, Möchte ein Satz fertig gesprochen werden? Wurde mit großer Achtsamkeit auch ihr Wohlbefinden im jemand gerade unterbrochen? Ist es ein Ausdruck Auge zu haben. Das soll keine Last und Mehrar- der Ablehnung (das, was du sagst, stimmt nicht)? beit bedeuten, sondern ein Zeichen der Fürsorge So bleibt bereits bei so einem kurzen Satz sein. eine riesige Fülle an Interpretationsspielraum. Hinzu kommt natürlich noch der größte Teil der Gleicht eure Wahrnehmungen und Gefühle Nachricht, nämlich jener, der ohne Worte zum miteinander ab. Sprecht darüber, wie es euch geht. Ausdruck kommt. Das „zwischen den Zeilen“. Laut- Wenn sich eure Befürchtungen erhärten, stärke, Mimik und Gestik, Klangfarbe, Tonation wiederholen oder einfach nicht aus eueren Ge- lassen unsere Worte erst zu einer Aussage werden. danken weg gehen, dass es im kirchlichen Bereich Und zwischen all diesen Möglichkeiten ha- zu Grenzverletzungen kommt, dann sprecht eure ben wir das Gefühl, dass wir uns doch unmissver- Leitungskreisvorsitzende an, meldet euch bei der ständlich ausgedrückt haben und wundern uns Jungen Kirche oder direkt bei der Ombudsstel- darüber, wenn wir nicht gehört und verstanden le der Diözese. Ihr habt so die Möglichkeit, eure werden. Wahrnehmungen mit Expert*innen abzugleichen. Niemand kann und muss solche Situationen allei- GRENZEN ne klären. Es gibt ein Netzwerk an Hilfen, die auf euch und eure Fragen warten. Gerade wenn es nun um Grenzverletzungen geht, also um Situationen, in denen über die Gren- Mutet euch einander zu. Fühlt und spürt. zen eines Menschen gegangen wird, braucht es Redet miteinander. Übernehmt Verantwortung. umso mehr Vertrauen in das eigene Gefühl und auch den Mut, diese Befindlichkeiten und Gefühle auszudrücken. Immer wieder geht es um Situatio- nen, die schwer einzuschätzen sind, Situationen, in denen wir keine klaren Beobachtungen machen konnten, aber irgendwie ein komisches, ungutes Gefühl übrigbleibt. Diese Unsicherheiten dürfen und müssen wir ernst nehmen. Das effektivste Mittel bei Grenzverletzungen ist das An- und Aus- sprechen der eigenen Wahrnehmungen. Wenn uns RAPHAEL LATZER das gelingt, übernehmen wir bereits Verantwor- Lebens- & Sozialberater, tung und lichten mit jedem Wort den Mantel des Gewaltpädagoge 24
CYBERMOBBING MOBBING IM NETZ DIE GRENZE ZWISCHEN HÄNSELN UND Fake-Profile (37%), der ungewollte Erhalt unan- STRAFTATBESTAND genehmer Nachrichten (37%) oder Einschüchte- rungsversuche (31%). Die Lockdowns haben dazu geführt, dass die Menschen mehr Zeit zuhause verbracht ha- SCHWERWIEGENDE AUSWIRKUNGEN FÜR ben. Home-Schooling hat Kinder und Jugendliche OPFER in die eigenen vier Wände verbannt. Social Dis- tancing war eine Zeit lang das Gebot der Stunde, Cyber-Mobbing ist ein diffiziles Thema, denn um das Infektionsgeschehen in Schach zu halten. einerseits wird „Ich werde gemobbt!“ oft inflationär Das hat zu großen Teilen soziale Kontakte ins verwendet, aber andererseits ist es offensichtlich Netz verlagert. Die Möglichkeit, in Zeiten der Ab- ein ernstzunehmendes Problem. Unter dem Begriff geschiedenheit verbunden zu bleiben, hat jedoch versteht man konkret das absichtliche und über auch viele Konflikte und Probleme in die digitale einen längeren Zeitraum anhaltende Beleidigen, Welt verlagert und massiv verstärkt. Bedrohen, Bloßstellen, Belästigen oder Ausgren- zen anderer über digitale Medien. Als Hauptgrund AKTUELLE STUDIE ZU CYBER-MOBBING für Cyber-Mobbing wird in der Studie angegeben, dass die Grenze zwischen Spaß und Ernst nicht Die österreichische Initiative Saferinternet.at erkannt wird. Dass das keine Bagatelle darstellt, unterstützt beim sicheren, kompetenten und ver- zeigt sich auch darin, dass junge Menschen durch antwortungsvollen Umgang mit digitalen Medien. Mobbing-Erlebnisse schwere psychische Belastun- Neben Informationen und Materialien zu diesen gen erfahren, die bis zum Suizid führen können. Themen, geben sie auch immer wieder Studien in Auftrag, wie zuletzt die im Februar erschienene STRAFTATBESTAND IM ÖSTERREICHISCHEN Studie zum Thema Cyber-Mobbing. Aus ihr geht GESETZ hervor, dass Jugendliche zwischen 11 und 17 Jahren eine Zunahme von Cyber-Mobbing wahrnehmen. Vor über zehn Jahren musste Michaela Horn aus Kärnten Schreckliches erleiden. Ihr 13-jähriger Knapp die Hälfte der Befragten (48%) Sohn Joel wurde über das Internet gemobbt und stimmt der Aussage zu, dass Cyber-Mobbing in war schlussendlich so verzweifelt, dass er sich das Zeiten von Distance Learning häufiger vorkommt. Leben genommen hat. Das hat die Mutter dazu Genauso viele junge Menschen geben an, dass sie veranlasst, sich an die Öffentlichkeit zu wenden selbst schon Beschimpfungen und Beleidigungen und sich für die Schaffung neuer Gesetzte zu en- am eigenen Leib erfahren haben. Verbreitet sind gagieren. Mit 01. Jänner 2016 wurde Cyber-Mob- auch Ghosting, also der plötzliche, unangekündig- bing als Straftatbestand definiert, der mit einer te Kontaktabbruch durch andere (46%), Lügen Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr bedroht ist. oder Gerüchte, die über die eigene Person ver- Begeht das Opfer Selbstmord, erhöht sich das breitet wurden (41%), Identitätsdiebstahl durch Strafmaß auf bis zu drei Jahre. 25
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