FRÜHLING 2022 // SCHÜTZENSWERT - Katholische Kirche Vorarlberg

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FRÜHLING 2022 // SCHÜTZENSWERT - Katholische Kirche Vorarlberg
FRÜHLING 2022 // SCHÜTZENSWERT
FRÜHLING 2022 // SCHÜTZENSWERT - Katholische Kirche Vorarlberg
VERANTWORTUNG
    ÜBERNEHMEN
    EDITORIAL

                                                   In der Begegnung mit              einandersetzung mit Gewaltprä-
                                             Menschen tragen wir alle die            vention und Kinderschutz ist
                                             Verantwortung für ein respekt-          daher dringend notwendig. Mit
                                             volles Miteinander. Neben dem           dieser Ausgabe möchten wir
                                             eigenen Umgang ist es auch              euch einen Einblick in das The-
                                             unsere Pflicht, Unstimmigkeiten         ma ermöglichen und einen ver-
                                             im Verhalten anderer Personen           antwortungsvollen Umgang in
                                             wahrzunehmen und etwas da-              unserer Tätigkeit stärken.
                       TABEA LENZ            gegen zu unternehmen.
       Vorsitzende Katholische Jugend
                       und Jungschar               In der Arbeit mit Kindern
                                             und Jugendlichen steht das
                                             Wohlbefinden der uns Anver-
                                             trauten an erster Stelle. Die Aus-

    IMPRESSUM
    MEDIENINHABER: KATHOLISCHE               CHEFREDAKTION: Corinna Peter            DRUCK: Jochum Druck GmbH & Co KG
    JUGEND UND JUNGSCHAR                     REDAKTION: ARGE Gewaltschutz            Alte Landstraße 39
    A-6800 Feldkirch, Bahnhofstraße 13       KJJS, Mona Pexa, Fabian Jochum,         A-6700 Bludenz
    T 05522 / 3485 - 127                     Ewald Unterhofer, Claudia Marte         www.jochumdruck.at
    ZVR: 056876760                           LEKTORAT: Brigitte Dorner
    DVR: 0029874/1200                        TITELBILD: unsplash                     Die OFFENLEGUNG gemäß §25 Me-
    anstoesse@junge-kirche-vorarlberg.at     FOTOS: unsplash                         diengesetz ist unter www.kathfish.at/
    www.kathfish.at                                                                  anstoesse abrufbar.
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    Empf.: Kath. Jugend und Jungschar Vor-   tion decken.
    arlberg, Verw.zweck: anstösse
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INHALT

4 //                      25 //                34 //
ICH ACHTE DEINE GRENZEN   CYBER-MOBBING        WE*R*MUSIC

6 //                      27 //                35 //
BISCHOFSBLOG              SCHUTZKONZEPT        DIVE IN

8 //                      28 //                36 //
FORMEN VON GEWALT         GRUPPENSTUNDE        TERMINE

11 //                     30 //                38 //
DISKRIMINIERUNG           KINDERGOTTESDIENST   TEAMNEWS

14 //                     32 //                39 //
OMBUDSSTELLE              FIRMUNG 4.0          TEAM

16 //
POLIZEI GEGEN GEWALT

21 //
GEWALTFREIE
KOMMUNIKATION

22 //
GEWALTSCHUTZ IN
DER PFARRE

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ICH ACHTE DEINE
    GRENZEN
    WAS MACHT DIE KIRCHE IM
    BEREICH GEWALTSCHUTZ?

          Während ich diese Zeilen schreibe und ne-                        TIPP:
    benbei Radio höre, ist das Thema Missbrauch                            „ICH ACHTE DEINE
    in der Kirche wieder einmal in den Schlagzeilen                        GRENZEN“
    (Stichwort Münchner Missbrauchsgutachten) und                          GEWALTSCHUTZ-SCHULUNG
    es lässt mich und viele von uns einmal mehr fas-                       Dienstag, 5. April 2022,
    sungslos zurück. Einige haben sich bereits von der                     19 – 21.30 Uhr,
    Kirche distanziert und ihrem Ärger und Wut mit                         Diözesanhaus Feldkirch
    einem Austritt aus der Kirche Ausdruck verliehen.                      Mit Raphael Latzer und
          Mit der Band U2 bin ich versucht, einzustim-                     Silvia Berger
    men in das Lied „40“ (nach Ps 40): „How long must                      Verpflichtend für Verantwortli-
    we sing this song?“                                                    che von Lagern und Veranstal-
                                                                           tungen mit Übernachtung.

          Manche werden vielleicht      griffe, auch in Alltagssituatio-   Jugendliche – für alle Menschen
    sagen: „Das ist doch Schnee von     nen; Graubereiche, die uns oft     – sein und dafür setzen wir uns
    gestern, so etwas Schlimmes wie     nicht bewusst sind oder ein un-    ein. Übergriffe sind nicht immer
    damals kommt heute nicht mehr       gutes Gefühl mit sich bringen.     körperlich, sondern können auch
    vor – schon gar nicht bei uns (in   Vieles hat sich in den letzten     psychisch oder auf spiritueller
    der Pfarre)!“ Was hat das also      Jahren verändert, manche Spie-     Ebene passieren. Eine Sensibili-
    mit dir und mir heute zu tun,       le und Methoden, die früher auf    sierung und regelmäßige Befas-
    dem pfarrlichen Engagement,         dem Jungscharlager üblich wa-      sung mit dem Thema ist das Um
    als Gruppenleiter*in, als Stern-    ren, sind heute ein No-Go. Das     und Auf; es ist ein Prozess, der
    singer-Verantwortliche,    Pries-   Bewusstsein hat sich verändert.    nie abgeschlossen ist – ein Dau-
    ter,…? Vielleicht hört der eine     Wir sind sensibler für dieses      erauftrag, wie Bischof Benno es
    oder die andere einen leisen        Thema, und das ist gut so. Hin-    nennt. Auch wenn ein Schutz-
    Vorwurf oder eine Unterstellung     schauen und nicht Wegschauen       konzept einmal erstellt ist, kön-
    heraus, wenn man sich mit dem       oder unter den Teppich kehren,     nen wir das Thema nicht einfach
    Thema (sexualisierte) Gewalt        ist die Devise.                    „abhaken“. Wir müssen es wach-
    und Gewaltprävention beschäf-                                          halten und darüber sprechen.
    tigen soll.                               Wir als (Junge) Kirche
                                        und Katholische Jugend und
        Doch auch heute passie-         Jungschar müssen und wollen
    ren Grenzverletzungen, Über-        ein sicherer Ort für Kinder und
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FRÜHLING 2022 // SCHÜTZENSWERT - Katholische Kirche Vorarlberg
WAS TUT SICH DAZU AUF                deine Grenzen“ verpflichtend
BUNDES- UND DIÖZESAN-                (www.kath-kirche-vorarlberg.at/
EBENE?                               checkit).

      In der Rahmenordnung                  In diesen Tagen finden
der österreichischen Bischofs-       die PGR-Wahlen statt. Auch
konferenz „Die Wahrheit wird         die Pfarrgemeinderäte sind an-
euch frei machen“ wurde die          gehalten, sich mit dem Thema
Grundlage für Maßnahmen zur          zu beschäftigen. Am besten, ihr
Gewaltprävention geschaffen.         setzt euch gemeinsam dafür
Mit der Überarbeitung und In-        ein! In einem pfarrlichen Schutz-
kraftsetzung am 1. September         konzept hat der Bereich Kinder-
2021 wurde festgelegt, dass alle     und Jugendarbeit einen wich-
Pfarren und Orden, kirchliche        tigen Stellenwert – und dafür
Organisationen und Einrichtun-       seid ihr als Gruppenleitende die
gen, Gemeinschaften, etc. für        Expert*innen!
ihren Bereich Schutzkonzepte
entwickeln und ihre Maßnah-                Nach unserem Aufruf
men schriftlich festhalten und       bei der letzten Jahreshauptver-
kommunizieren müssen (S. 32).        sammlung hat sich auch eine Ar-
Von Seiten der Stabstelle für        beitsgruppe mit Ehrenamtlichen
Gewaltprävention stehen auch         gebildet: Maria Hämmerle, And-
Stefan Schäfer und Doris Bauer-      rea Gollob, Sandro Wolf, Tabea
Böckle bei Fragen zum Schutz-        Lenz und Anna-Maria Lau. Do-
konzept zur Verfügung.               ris Bauer-Böckle begleitet uns
                                     von Seiten der Stabstelle. Sie
       Durch die Einrichtung ei-     alle sind maßgeblich beteiligt
nes Fachstabes Gewaltschutz in       am Entstehen dieser Ausgabe.
unserer Diözese mit Verantwort-      Herzlichen Dank dafür! Mit die-
lichen aus unterschiedlichen Be-     sem „anstösse“ möchten wir Be-
reichen (Stabstelle, Priesterrat,    wusstsein schaffen, zur Reflexion
Schulamt, Caritas, Personalstel-     anregen und auch Fachwissen
le, Junge Kirche, Pfarre, …) wird    und praktische Informationen
das Thema vor Ort präsenter          weitergeben.
und kann besser implementiert
werden. Bei einer diözesanen
Einstellung wird eine Verpflich-
tungserklärung und der erwei-
terte Strafregisterauszug ver-
langt. Auch Referent*innen, die
im Auftrag der KJJS tätig sind
(Orientierungstage,       Firmvor-
bereitung), geben eine Straf-
registerbescheinigung Kinder-                    BRIGITTE DORNER
und Jugendfürsorge ab. Es gibt                   Leitung Junge Kirche
Schulungen für neu eintretende
Mitarbeiter*innen und die Junge
Kirche bietet für pfarrlich Enga-
gierte Workshops zum Thema
Gewaltprävention. Für Verant-
wortliche von Lagern bzw. gene-
rell Veranstaltungen für Kinder
und Jugendliche mit Übernach-
tung (Jugendreise, Firmlings-
wochenende,…) ist die Schulung
sowie die Leitlinien „Ich achte
                                                                         5
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BISCHOFSBLOG
    SCHUTZ FÜR BETROFFENE

           Immer, wenn Studien zum kirchlichen Um-                             fend evaluiert und an den status
    gang mit Missbrauchsfällen erscheinen, werden                              quo angepasst. Es ist allen Men-
    wir dran erinnert: Mit dem Thema Missbrauch sind                           schen, die in den genannten Be-
    wir in der Kirche noch lange nicht „durch“. Zuletzt                        reichen tätig sind, zu verdanken,
    hat die Studie, die die Erzdiözese München in Auf-                         dass dieses Modell nicht nur in-
    trag gegeben hat, ans Licht gebracht, was früher                           ternational Anerkennung gefun-
    an vielen Orten praktiziert wurde: Der Schutz der                          den hat, sondern zum Teil auch
    Institution wurde über den Schutz der Betroffenen                          von staatlichen Stellen über-
    gestellt. Misst man das, was geschehen ist, daran,                         nommen wurde. Zugleich soll
    wie wir „Kirche“ verstehen, muss man sagen: Die                            dieser Überblick keineswegs den
    Kirche hat versagt.                                                        Eindruck erwecken, als ob schon
                                                                               alles getan wäre. Viele Themen
                                                                               liegen noch auf dem Tisch, die
                                                                               uns weiterhin beschäftigen müs-
                                                                               sen. Die ständige Verfeinerung
                                                                               von     Präventionsmaßnahmen
                                                                               sowie die Erforschung des sog.
                                                                               geistigen Missbrauchs sind nur
          Die Diskussionen, die sich     Ombudsstelle, an die sich Be-         zwei davon. Daneben sind es für
    an Veröffentlichungen wie zu-        troffene wenden können. Mit der       mich vor allem drei Punkte, die
    letzt eben der Münchener Stu-        Unabhängigen         Opferschutz-     wir als Kirche fortwährend ins
    die entzünden, schwappen auch        kommission (der sog. „Klasnic-        Zentrum stellen müssen:
    auf Österreich über, obwohl wir      Kommission“) wurde eine un-
    bei uns – das sei mir als Vorsit-    abhängige Stelle geschaffen,          1. AUF DIE
    zender des Beirates Opferschutz      die über finanzielle Hilfe für die    BETROFFENEN HÖREN
    erlaubt zu erwähnen – eine doch      Betroffenen entscheidet. Wir als
    etwas andere Situation vorfin-       Kirche haben uns in einer Selbst-           Das Leid, das Betroffenen
    den. Erst kürzlich hat Paul Mi-      verpflichtung an diese Entschei-      widerfahren ist, ist unermesslich.
    chael Zulehner gemeint, dass         dungen gebunden, sie wurden           Lange Zeit wollte keiner sie an-
    die österreichische Kirche in Sa-    zu 100% umgesetzt. Und was            hören, keiner hat ihnen geglaubt.
    chen Prävention der Weltkirche       ganz wichtig ist: Es gibt in jeder    Wir müssen immer mehr lernen,
    „um Jahre, wenn nicht um Jahr-       kirchlichen Institution – sei es in   uns mit den Augen der anderen
    zehnte voraus ist“. Tatsächlich      den Diözesen oder in den Orden        zu sehen – und das heißt hier:
    hat die Kirche Österreichs seit      – Präventionsbeauftragte, die         mit den Augen der Betroffenen.
    der Affäre Groer einen Lernpro-      für alle Mitarbeiterinnen und         Das geht am ehesten, wenn wir
    zess durchlebt. Durch die Ent-       Mitarbeiter Schulungen durch-         uns den Betroffenen zuwenden
    hüllungswelle, die der Jesuit P.     führen sowie gemeinsam mit            und auf sie hören. Sie stehen im
    Klaus Mertes 2010 in Gang ge-        den Verantwortlichen für den je-      Mittelpunkt, ihnen allein sind wir
    setzt hat, wurde dieses Lernen       weiligen Bereich zugeschnittene       verpflichtet.
    nochmals angeschoben. Die Bi-        Schutzkonzepte erstellen.
    schofskonferenz beschloss noch                                             2. KONTROLLE VON AUSSEN
    im selben Jahr eine Rahmenord-               Das sind, verkürzt darge-
    nung mit dem Titel „Die Wahr-        stellt, die Eckpunkte jener Maß-           Institutionen wie die Kirche
    heit wird euch frei machen“. Seit-   nahmen, die seit mehr als zehn        neigen dazu, sich nach außen
    her gibt es in jeder Diözese eine    Jahren gelten. Sie werden lau-        hin abzuschließen. Ungesunde
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FRÜHLING 2022 // SCHÜTZENSWERT - Katholische Kirche Vorarlberg
Machtstrukturen und persönli-
che Abhängigkeitsverhältnisse
bereiten Missbrauch den Boden.
Umso mehr braucht es Kont-
rolle von außen, d.h. einen un-
abhängigen Blick von externen
Fachleuten. Das hilft uns, ein
Klima der Freiheit und Transpa-
renz aufzubauen, um etwa auch
schon in der Ausbildung eine rei-
fe Entwicklung in menschlicher,
spiritueller und sexueller Hin-
sicht zu fördern.

3. PRÄVENTION ALS
DAUERAUFTRAG

       Prävention ist ein Thema
für uns alle: für jede Jungschar-
gruppe, jeden Ministrantenaus-
flug, für jeden Priester genauso
wie für jede*n Jugendgruppen-
leiter*in. Fortwährendes Anlie-
gen der Präventionsarbeit ist es,
ein fundiertes Wissen über Miss-
brauchs- und Gewaltformen
zu vermitteln sowie ein mög-
lichst hohes Level an Sensibili-
tät für Gefährdungspotentiale
zu schaffen. Dazu gehören ein
verantwortungsvoller Umgang
mit Nähe und Distanz ebenso
wie ein professioneller Umgang
mit Verdachtsfällen. Prävention
ist ein Dauerauftrag, der nie zu
einem Abschluss kommen darf.

                BENNO ELBS
                        Bischof

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FORMEN
    DER
    GEWALT
    WIE ÄUSSERT SICH GEWALT?

          Laut der UN Kinderrechtskonvention haben
    Kinder Recht auf Schutz. Das Kindeswohl steht
    dabei im Mittelpunkt, das heißt, dass Kinder mit
    ihren Bedürfnissen und Fähigkeiten wahrgenom-
    men und respektiert werden.

           Kommt es zu Gewalt, ist dieser Schutz nicht
    mehr gegeben. Viele Formen der Gewalt haben
    mit einem Machtgefälle zwischen Menschen zu
    tun. Ein natürliches Machtgefälle ergibt sich be-
    reits, wenn Erwachsene und Kinder aufeinander-
    treffen. Kinder benötigen den Schutz und die Un-
    terstützung von Erwachsenen, um im Leben klar zu
    kommen. Werden die psychischen und physischen
    Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen wieder-
    holt und auf Dauer nicht oder nicht ausreichend
    befriedigt, dann kommt es zur Vernachlässigung.
    Eine Form von Gewalt, die lange nicht bemerkt
    wird und meist schleichend verläuft. Vernachlässi-
    gung führt zu einer anhaltenden Unterversorgung
    und hat zur Folge, dass die Entwicklung der Kinder
    gehemmt wird. Ein sechsjähriges Kind, das auf ei-
    nem Musikfest um 22 Uhr, ohne Schuhe und Jacke
    auf der Suche nach Essen ist und nicht weiß, wo
    sich seine Bezugspersonen aufhalten, könnte von
    Vernachlässigung betroffen sein. Neben der Ver-
    nachlässigung gibt es die physische, psychische,
    sexualisierte und spirituelle Gewalt. Im digitalen
    Zeitalter sind wir auch mit Gewalt in den Medien
    konfrontiert.
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PHYSISCHE GEWALT                                      SPIRITUELLE GEWALT

       Physische Gewalt wird auch als körperliche            Die spirituelle Gewalt oder geistiger bzw.
Gewalt bezeichnet. Dabei werden andere Personen       geistlicher Missbrauch ist eine Form von psychi-
körperlich geschädigt, zum Beispiel: durch schüt-     scher Gewalt. Die Kinderschutzrichtlinien der
teln, schlagen, treten, stoßen, würgen, ohrfeigen,    Katholischen Jungschar Österreichs betonen die
mit Gegenständen werfen, an den Haaren ziehen         Wichtigkeit der Auseinandersetzung und Acht-
oder wenn mit Zigaretten Verbrennungen zuge-          samkeit gegenüber dieser Gewaltform im kirchli-
fügt werden. Ebenso wenn jemand verletzt oder         chen Kontext. Geistlicher Machtmissbrauch „wird
erkrankt ist, und entsprechende Hilfe unterlassen     ausgeübt, wenn mittels religiöser Inhalte oder auf-
wird. Körperliche Gewalt wirkt sich auch emotional    grund der Position einer Person in der Kirche (als
aus. „Eine Ohrfeige hat noch niemandem gescha-        geistliche Autorität) Druck ausgeübt oder Angst
det“ oder der „Füdlatätsch“ sind und bleiben physi-   gemacht wird.“ Geistlicher Machtmissbrauch ver-
sche Gewalt, wenn sie ausgeführt werden.              hindert das Wachsen im Glauben. Durch Angst,
       Beispiele für physische Gewalt: zwei Kinder    Drohung oder Vermittlung eines negativen Gottes-
streiten in der Jungscharstunde, sie ohrfeigen sich   bildes wird er sogar geschwächt und moralische
und ziehen sich an den Haaren. Mutproben kön-         Forderungen führen zu Schuldgefühlen. Bei geistli-
nen zu physischer Gewalt führen, wenn Schmer-         chem Machtmissbrauch stellt sich ein Mensch über
zen, Scham oder Ekel überwunden werden sollen.        Gott. Die Person gibt an, den Willen Gottes für die
Beispiele: über Kohlen laufen müssen, Finger in       andere Person am besten zu kennen, besser als die
eine brennende Flamme halten, eklig zusammen          Person selbst. Somit wird der Person die Fähigkeit
gemischte Getränke trinken, Alkohol trinken müs-      zur eigenen Meinung und zur Selbstbestimmung
sen oder Brennnesseln angreifen müssen. Bei Mut-      abgesprochen.
proben haben Jugendliche von sich aus das Ge-
fühl, dass sie etwas beweisen müssen. Werden sie
bei Mutproben zu sehr von anderen Gleichaltrigen
bearbeitet und unter Druck gesetzt, kann das als
psychische Gewalt oder emotionale Misshandlung
definiert werden.

PSYCHISCHE GEWALT

      In den Kinderschutzrichtlinien der Katho-
lischen Jungschar Österreich wird folgendes Ver-
halten als psychische Gewalt benannt: Wenn Men-
schen andere ablehnen und ihnen vermitteln, dass
sie ungeliebt, minderwertig und wertlos sind. Wei-
ters zählen „Beschimpfungen, Erniedrigung, Isolie-
rung, rassistische Äußerungen, seelisches Quälen,
emotionales Erpressen, absichtliches „Angst ma-
chen“, anhaltende Abwertung über Familienmit-
glieder und die Befriedigung eigener Bedürfnis-
se auf Kosten der Kinder und Jugendlichen dazu.
Das tatenlose Zusehen bei Mobbing und Cyber-
Mobbing wird ebenso in die Kategorie psychische
Gewalt eingeordnet. In vielen Sommerlagern gab
es die Tradition von Gruselgeschichten oder gan-
ze Erzählabende, die dazu führten, dass Kinder
Angst hatten. Weiters gab es auch Nachtgelände-
spiele, die mit den Erzählungen noch spannender
gemacht worden sind und dazu führten, dass Kin-
der in der Dunkelheit Angst hatten. Wird ein Kind
ausgelacht, da es weniger Bälle als andere fangen
kann bzw. langsamer ist als andere, kann das eine
Form von psychischer Gewalt sein, da es sich weni-
ger wertgeschätzt fühlt als andere.
                                                                                                            9
FRÜHLING 2022 // SCHÜTZENSWERT - Katholische Kirche Vorarlberg
SEXUALISIERTE GEWALT
            Sexualisierte Gewalt unter-
     liegt nach wie vor noch mehr der
     gesellschaftlichen Tabuisierung,
     als andere Formen der Gewalt.
     Bei sexuellem Missbrauch bzw.
     sexualisierter Gewalt plant eine
     erwachsene Person, Vertrauen
     und Autorität auszunützen, um
     sich mit dem Missbrauch sexuell
     zu erregen. Bei sexualisierter Ge-
     walt wird die Grenze und Würde
     verletzt, und sie passiert nie zu-
     fällig. Die Intensität sexualisier-
     ter Gewalt kann mit der Zeit
     zunehmen. Beginnen kann das
     mit „Kitzelspielen“, Kindern beim
     Waschen zuschauen, verbale se-
     xuelle Belästigung durch Spra-
     che oder Atmosphäre, Kinder
     auf den Schoß setzen, sie nicht
     altersgemäß über Sexualität
     aufklären, angreifen oder an-
     greifen lassen der Geschlechts-
     bereiche bis hin zur Vergewalti-
     gung. Sexuelle Übergriffe finden
     sowohl zwischen Erwachsenen,
     zwischen Erwachsenen und Kin-
     dern bzw. Jugendlichen, und
     auch zwischen Kindern und Ju-
     gendlichen untereinander statt.

     GEWALT IN DEN (SOZIALEN)
     MEDIEN

            Mit dem Fortschritt der Di-
     gitalisierung in unserem Alltag
     hat sich eine weitere Form von
     Gewalt gebildet. Die Gewalt in
     den Medien wird in eine aktive
     und in eine passive Form einge-
     teilt. Die passive Form besteht,      gegenüber anderen nicht or-
     wenn Videos mit Gewaltinhalten        dentlich benimmt. Du kommst
     konsumiert werden. Dabei sind         drauf, dass du häufig stoppen
     es nicht nur Horrorfilme, Filme       wirst müssen. Die aktive Form
     ab 18 oder Pornos, sondern häu-       betrifft das Ausüben von Gewalt
     fig versteckt sich die Darstellung    mit der Hilfe von Medien, also
     von Gewalt schon in Zeichen-          wenn zum Beispiel Fotos oder Vi-
     trickserien für Kinder, in lusti-     deos mit bloßstellendem Inhalt
     gen Videos auf Youtube oder in        veröffentlicht werden. Beispiele
     Musikvideos und -texten. Starte       dazu: eine Schlägerei am Schul-
     einen Selbstversuch, in dem du        hof wird gefilmt und in sozialen
     einen Zeichentrick von 5 bis 10       Netzwerken gepostet. Cyber-
     Minuten ansiehst, drücke auf          mobbing ist ebenso ein Thema.        MARIA HÄMMERLE
     Pause und stoppe kurz, wenn je-       Dazu ist noch ein extra Artikel in   KJJS, ARGE Gewaltschutz
     mand Gewalt ausübt oder sich          dieser Ausgabe zu finden (S. 25).
10
DISKRIMINIERUNG
SCHLUSSENDLICH SIND WIR ALLE GLEICH

      In der Kinderschutzrichtlinie der Katholi-
schen Jungschar Österreich heißt es, dass „ausge-
hend [vom] christlichen Selbstverständnis und im
Sinne der UN-Kinderrechtskonvention […] Kinder
und Jugendliche vor allen Formen der Gewalt, Ver-
nachlässigung, Ausbeutung und Diskriminierung
zu schützen“ sind.

      Das Wort „Diskriminierung“ stammt aus dem       ten werden sowie Demonstrationen gegen Gleich-
Lateinischen und bedeutet so viel wie „unterschei-    berechtigung von homosexuellen Personen.
den“. Wenn Personen auf Grund von bestimm-
ten Merkmalen wie Geschlecht, Hautfarbe oder          INSTITUTIONELLE DISKRIMINIERUNG
Religion benachteiligt werden, nennt man dies
Diskriminierung. In der Charta der Grundrechte               Institutionelle Diskriminierung hingegen
der Europäischen Union wurde vereinbart, dass         geht immer von einer Institution aus, zum Beispiel
„Diskriminierungen insbesondere wegen des Ge-         Schulen, dem Gesundheitswesen, der Polizei oder
schlechts, […], der Hautfarbe, der ethnischen oder    dem Arbeitsmarkt. Zum Beispiel werden People of
sozialen Herkunft, […] der Sprache, der Religion      Color (= Personen, die in der weißen Mehrheitsge-
oder der Weltanschauung, der politischen […] An-      sellschaft als „anders“ definiert werden) bei polizei-
schauung, […] einer Behinderung, des Alters oder      lichen Überprüfungen sehr oft anders behandelt
der sexuellen Ausrichtung“ verboten sind (Artikel     als weiße Personen. Ebenfalls tragen die Bildungs-
21). Leider findet Diskriminierung immer noch sehr    institutionen mit ihren Organisationsstrukturen,
häufig statt, hauptsächlich im Alltag, in staatli-    offenen und unausgesprochenen Regeln, den Kom-
chen Organisationen und auch in Bildungsstätten.      munikationsformen und Routinen dazu bei, dass
Diskriminierung kann in verschiedensten subtilen      Kinder mit verschiedener sozialer Herkunft nicht
und offenen Erscheinungsformen auftreten, von         dieselben Chancen und Möglichkeiten haben.
unbedachten, aber kränkenden Äußerungen über          Auch wenn Personen mit „nicht-österreichischem“
willkürliche Ungleichbehandlung bis hin zu aktiver    Namen auf Wohnungs- oder Jobsuche sind, tritt
Gewalt.                                               oftmals institutionelle Diskriminierung auf.

       Generell unterscheidet man zwischen drei       STURKTURELLE DISKRIMINIERUNG
großen Bereichen der Diskriminierung: individu-
elle, institutionelle und strukturelle Diskriminie-         Von struktureller Diskriminierung spricht
rung. Die individuelle Diskriminierung beinhaltet     man, wenn Gesetze, Normen und Regeln, die ei-
Vorurteile und Stereotypen, aber vor allem auch       gentlich für die Gesamtheit der Bevölkerung gel-
konkrete Handlungen und Verhaltensweisen durch        ten, für eine bestimmte Personengruppe nicht an-
einzelne Personen. Beispiele für diese Art der Dis-   gewendet werden oder sie von einer tatsächlichen
kriminierung sind etwa, wenn Personen aufgrund        Gleichbehandlung ausgeschlossen sind. Während
ihrer sexuellen Orientierung oder Hautfarbe offen     individuelle Diskriminierung auf der persönlichen
beschimpft oder Hijabs im Sportunterricht verbo-      Ebene zwischen Menschen und die institutionelle

                                                                                                               11
Sprachliche Diskriminierung existiert noch
                                                            auf einer weiteren Ebene, nämlich wenn unbe-
                                                            denkliche Bezeichnungen in negativem Kontext
                                                            erwähnt werden, ohne dass diese zur Erklärung
                                                            der jeweiligen Situation beitragen. Besonders in
                                                            Berichten über Straftaten wird häufig auf die Na-
                                                            tionalität des Täters verwiesen, obwohl diese in
                                                            keinem Zusammenhang mit der Straftat steht.

                                                            MEDIALE DISKRIMINIERUNG

                                                                  Auch in Medien – Werbung, Zeitung, Fernse-
                                                            hen – ist Diskriminierung allgegenwärtig. Vor allem
                                                            Sexismus spielt eine große Rolle in der heutigen
                                                            Werbung. So werden Frauen immer noch als Ver-
                                                            kaufsstrategie für anscheinend männliche Produk-
                                                            te verwendet. Davon sind aber nicht nur Frauen,
                                                            sondern auch Männer genervt. Ebenfalls sollten
                                                            Medien die gesellschaftliche Diversität widerspie-
                                                            geln. Deshalb müssen People of Color, Personen
                                                            mit Behinderungen und verschiedenen Religionen
                                                            sichtbar gemacht werden.

                                                            SOZIALES PROBLEM

                                                                   Diskriminierung hat ihre Wurzeln in den
     Diskriminierung innerhalb von staatlichen Institu-     Macht- und Herrschaftsverhältnissen und zielt
     tionen stattfindet, passiert strukturelle Gewalt im-   immer darauf ab, dass die „herrschende“ Gruppe
     mer innerhalb einer gesamten Gesellschaft. Zum         weiterhin an der Spitze bleibt. Das ist zum Beispiel
     Beispiel werden die Lohn- und Gehaltsunterschie-       bei Sexismus, Rassismus, Behindertenfeindlichkeit
     de zwischen Männern und Frauen nicht als institu-      oder Homophobie der Fall. Sowohl beabsichtigte
     tionelles, sondern strukturelles Problem gesehen,      wie auch unbeabsichtigte Diskriminierung beruht
     da die gesamte Gesellschaft auf einem Patriar-         auf tief in der Gesellschaft verankerten Sichtwei-
     chat basiert.                                          sen, die oftmals als normal oder natürlich gelten.
                                                            Zum Beispiel wird Männern eine natürliche körper-
     SPRACHLICHE DISKRIMINIERUNG                            liche Überlegenheit zugeschrieben, was bedeutet,
                                                            dass Frauen für die Baubranche als nicht geeignet
            Diskriminierung kann auch auf sprachlicher      angesehen werden. Dies führt dazu, dass Schutz-
     Ebene stattfinden. Hierbei werden einzelne Perso-      kleidung, Maschinen und Werkzeuge hauptsäch-
     nen oder Personengruppen von anderen bewusst           lich für Männer gedacht sind, was zu erheblichen
     oder unbewusst verbal herabgesetzt, abgewertet,        Schwierigkeiten bei der Ausübung eines Berufes,
     beleidigt oder angegriffen. Dies können einzelne       führen kann. Ebenfalls sehen viele Personen Ho-
     Wörter oder Begriffe sein, welche Geringschät-         mosexualität als etwas Unnatürliches an, woraus
     zung zum Ausdruck bringen oder auch Sätze oder         oft homophobe Sichtweisen und Praktiken entste-
     Texte, die Stereotype und Vorurteile beinhalten        hen.
     oder historisch negativ belastet sind. Zum Beispiel
     wird in letzter Zeit im deutschsprachigen Raum         WAS TUN?
     sehr oft über die Verwendung des Wortes „Mohr“
     diskutiert. Dieser Begriff wird oft für Straßenna-           Um gegen Diskriminierung anzukämpfen,
     men, Apotheken oder Süßigkeiten verwendet und          muss auf der persönlichen Ebene versucht werden,
     ist eindeutig rassistisch einzuordnen, da er früher    sich von Vorurteilen und Stereotypen zu lösen, da-
     für unterwürfige afrikanische Sklaven verwendet        mit diese nicht zur Ausgrenzung verwendet wer-
     wurde.                                                 den. Ebenfalls sollte auf der sprachlichen Ebene

12
bedacht werden, dass bestimmte
Begriffe verletzend gegenüber
Personen sind, auch wenn man
das selbst nicht so empfindet.

      Doch die wichtigste Arbeit
muss auf der institutionellen
und strukturellen Ebene passie-
ren. Organisationen und Insti-
tutionen müssen ihre aktuellen
Handlungsweisen und Praktiken
analysieren und überarbeiten.
Ebenfalls muss es Betroffenen
möglich sein, dass sie Unterstüt-
zung bei der Durchsetzung ihres
Rechts bekommen.

      Um die gesamte Gesell-
schaft auf vorhandene Diskri-
minierung und deren Folgen
aufmerksam zu machen, können
bestimmte Maßnahmen ge-
setzt werden, wie zum Beispiel
Anti-Diskriminierungs- oder Di-
versity-Trainings. Auch in der
Schule sollte das Thema Diskri-
minierung im Lehrplan veran-
kert werden, damit kommende
Generationen bereits früh dafür
sensibilisiert werden.

             ADELINE HAGEN
         KJJS Lustenau Kirchdorf

                                    13
OMBUDS-                                                                   WENN DU BERATUNG
                                                                               BRAUCHST, SELBST
                                                                               BETROFFEN BIST, ODER

     STELLE
                                                                               ETWAS AUFFÄLLIGES
                                                                               MELDEN MÖCHTEST:

                                                                               •   Tel. 0800 / 84 80 08
                                                                                   (kostenlos)
                                                                               •   ombudsstelle@kath-kirche-
                                                                                   vorarlberg.at

     BERATUNGSSTELLE DER
     KATHOLISCHEN KIRCHE

     WAS IST DIE OMBUDSSTELLE?                              WARUM RICHTET DIE KATHOLISCHE KIRCHE
     WIE WIRD SIE ERREICHT?                                 EINE SOLCHE SCHUTZSTELLE EIN?

           Die Ombudsstelle ist eine Beratungsstelle              Es war eine Vorgabe der Bischofskonferenz,
     zum Schutz vor Gewalt und sexuellen Übergrif-          dass in jeder Diözese eine Ombudsstelle einge-
     fen in der katholischen Kirche und wurde für jene      richtet werden musste. Die Rahmenordnung für
     Menschen eingerichtet, die Gewalt innerhalb der        die katholische Kirche legt die Struktur fest. Eben-
     Kirche erlebt oder beobachtet haben. Die Mitar-        so legt sie fest, dass überall eine diözesane Kom-
     beiter*innen sind weisungsfreie und zur Verschwie-     mission und eine Stabsstelle für Prävention von
     genheit verpflichtete Fachpersonen aus Psycholo-       Missbrauch und Gewalt eingerichtet wird. Darüber
     gie, Psychotherapie, Psychiatrie und Sozialarbeit.     hinaus gibt es die Unabhängige Opferschutzkom-
     Aufgabe der Ombudsstelle ist es, den Betroffenen       mission (die sogenannte Klasnic-Kommission) und
     zu ermöglichen, ihre Gedanken und Gefühle zu           die Stiftung Opferschutz in Wien.
     ordnen. In der Folge erarbeiten sie miteinander              Hintergrund war bestimmt, dass sich immer
     mögliche nächste Schritte. Zudem vermittelt sie        mehr Betroffene gemeldet haben, die in der Ver-
     weitere Unterstützungsmöglichkeiten. Die Bera-         gangenheit Gewalt und Missbrauch in Einrichtun-
     tung ist kostenlos. Sie ist telefonisch (Tel. 0800 /   gen der Kirche erlebt hatten. Zur Aufarbeitung
     84 80 08 kostenlos) und per Email (ombudsstel-         dieser verstörenden Meldungen wurde eine profes-
     le@kath-kirche-vorarlberg.at) erreichbar, die Kon-     sionelle Struktur benötigt. Die Betroffenen sollten
     taktdaten finden sich auf der Homepage der Ka-         angehört und ernst genommen werden und sollten
     tholischen Kirche.                                     bei verjährten Fällen eine Entschädigung erhalten.
                                                            Bisher wurden mehr als 2.000 Anträge bearbei-
           An die Ombudsstelle können Fälle von Miss-       tet und mehr als 20 Millionen Euro an Entschädi-
     brauch und Gewalt herangetragen werden. Sie            gungszahlungen ausbezahlt.
     bietet Hilfe für Betroffene und ihre Angehörigen             Außerdem wollte man nach Möglichkeit wei-
     an. Sie leistet Krisenintervention und können, wenn    teren Missbrauch und weitere Gewalt verhindern.
     gewünscht, psychotherapeutische Hilfe vermitteln.      Dazu musste man die Strukturen analysieren und
                                                            neue Strukturen schaffen.
           Die Ombudsstellen beraten kirchliche Ein-
     richtungen in Fragen der Verhinderung von se-          MIT WELCHEN ANLIEGEN MELDEN
     xuellen Missbrauch und Gewalt und können auf           SICH LEUTE BEI EUCH?
     Defizite in der Prävention und im Umgang mit
     Vorwürfen von Gewalt und sexuellem Missbrauch               Viele Menschen haben sich gemeldet, die als
     hinweisen und kooperieren mit den Stabsstellen.        Kinder betroffen waren von Gewalt: körperliche, se-
14
xuelle oder psychische Gewalt, die jetzt aber schon          Bei anderen Anliegen werden die Menschen
lange erwachsen sind. Das fand oft in kirchlichen     angehört und es wird gemeinsam ein Plan entwi-
Einrichtungen statt: Heim, Schule, Internat oder      ckelt, je nachdem, was das Anliegen der Betroffe-
auch im Rahmen der Kirche. Manche wollten eine        nen ist. Es geschieht nichts gegen den Willen der
finanzielle Entschädigung, manche wollten es ein-     Betroffenen.
fach melden, manche haben überhaupt das erste
Mal darüber gesprochen. Ein Anliegen hatten je-       WIE ARBEITET DIE KATHOLISCHE KIRCHE
doch alle: Sie wollten ernst genommen werden und      DAS THEMA GEWALT AUF?
sie wollten, dass man ihnen glaubt. Manche haben
sich gemeldet, weil sie geistigen oder spirituellen         Gewalt und Missbrauch ist immer auch ein
Missbrauch erlebt haben. Oder Menschen haben          Machtmissbrauch. Deshalb müssten auch die
ein übergriffiges Verhalten beobachtet und möch-      Machtstrukturen in der Kirche noch mehr durch-
ten das melden.                                       leuchtet und verändert werden, damit die Struktur
                                                      den Missbrauch nicht mehr ermöglicht. Der geisti-
WELCHE SCHRITTE WERDEN VON                            ge Missbrauch muss auch noch mehr aufgearbeitet
EUCH EINGELEITET?                                     werden. Er trifft vor allem sehr gläubige Menschen
                                                      und zerstört oftmals deren Gottesbeziehung. Die
      Bei zurückliegendem Missbrauch an Kindern       notwendigen Einrichtungen wurden geschaffen,
wird im Rahmen eines Gesprächs aufgeschrieben,        um Gewalt und Missbrauch aufzuarbeiten. Es ist
was vorgefallen ist: wer, was, durch wen, wo, wie     allen bewusst, dass Gewalt und Missbrauch ge-
oft und in welchem Rahmen erlebt hat. Wenn die        schehen und dass es gilt, alles aufzudecken und
Betroffenen einverstanden sind, dann wird ein         künftig zu verhindern.
Antrag auf Entschädigung und/oder Ersatz von
Therapiekosten gestellt. Dieser wird von der diö-
zesanen Kommission geprüft. Es wird erhoben, wer                                        RUTH RÜDISSER
der Beschuldigte ist, wo er zu welcher Zeit einge-                                         Ombudsstelle
setzt war, ob die Umstände nachvollziehbar sind.
Oft sind ja die Erinnerungen nicht mehr so ge-
nau und vollständig. Der Beschuldigte und sein*e
Vorgesetzte*r (oder deren Nachfolger*in) werden
über die Vorwürfe informiert und können Stellung
beziehen. Dann tagt die Kommission und spricht
eine Empfehlung aus. Dann geht der Antrag an
die Unabhängige Opferschutzkommission in Wien,
die dann über den Antrag entscheidet. Die zu-
gesprochenen Entschädigungen werden über die
Stiftung Opferschutz abgewickelt und überwiesen.

                                                                                                           15
GEWALT
     WIDERSETZEN
     POLIZEILICHE PRÄVENTION,
     INTERVENTION UND REPRESSION

            Die Polizei, unser Freund und Helfer in aus-
     sichtslosen Situationen. Sie greift ein, wenn es zu
     gewalttätigen Übergriffen kommt. Wie das genau
     ausschauen kann, lest ihr hier:

     WAS MACHT DIE POLIZEI IM BEREICH „GE-                         „Sicherheit für Kinder“ umfasst u.a. das
     WALTSCHUTZ“?                                            Ansprechen durch fremde Personen, körperliche
                                                             Misshandlung und sexueller Missbrauch. Über Pro-
            Wie im realen Leben tritt auch in der Polizei-   jekte wie die „Kinderpolizei“ oder auch „Cyberkids“
     arbeit „Gewalt“ mannigfaltig auf. Sie macht weder       informieren speziell ausgebildete Beamt*innen in
     vor Geschlecht oder Glaubensrichtung – noch vor         Volksschulen. Dabei werden nicht nur die Kinder
     Alter, Religion oder Hautfarbe – noch vor der ana-      sensibilisiert, sondern im Sinne des Mehrebenen-
     logen oder digitalen Welt Halt. Im Jahre 2021 trat      ansatzes auch Lehrpersonen und Erziehungsbe-
     vor allem der Bereich „Gewalt in der Privatsphäre“      rechtigte.
     in den (politischen) Mittelpunkt. Auf Grund wie-
     derkehrender Frauenmorde (Ende 2021 waren es                  „Gewalt in der Privatsphäre“ („GiP“) /
     leider 31) sah sich der Gesetzgeber gefordert und       „Stalking“: Im Rahmen von Einzelberatungen wer-
     ergriff Sofortmaßnahmen und schärfte auch das           den zumeist weiblichen Opfern Hilfsangebote für
     Jahr erst im Jahr 2019 novellierte Gewaltschutz-        sich und etwaig gefährdete Kinder dargelegt – es
     gesetz nach.                                            erfolgt die Durchführung eines Opferkontaktge-
                                                             sprächs und einer präventiven Rechtsaufklärung
           Die Polizei bemüht sich dabei nicht nur in        mit den Gefährder*innen. Den Opfern sollen durch
     den Bereichen „Einschreiten“ und „Sanktionierung“,      speziell ausgebildete Beamt*innen Handlungs-
     sondern auch bei der „Vorbeugung“ aktiv zu wer-         anleitungen und rechtliche Möglichkeiten wie
     den. Seit einigen Jahren verlagert sich auch immer      psychosoziale oder juristische Prozessbegleitung
     mehr Kriminalität ins Internet, was auch bedeutet,      dargelegt werden, den Gefährder*innen soll ihr
     auf dieser Ebene des Cybercrime ständig aktiv zu        widerrechtliches Handeln aufgezeigt werden. Bei
     sein.                                                   Fällen unmittelbarer häuslicher Gewalt kann die
                                                             Polizei zunächst ein Betretungs- und Annäherungs-
     WAS GIBT ES FÜR ANGEBOTE AUF DEM                        verbot für 14 Tage verhängen, das je nach Anlass-
     SEKTOR DER PRÄVENTION?                                  fall auch verlängert werden kann. Das novellierte
                                                             Gewaltschutzgesetz trat mit 2020 in Kraft. Seit
          Die Angebote der Landespolizeidirektion            dem September 2021 müssen Gefährder*innen
     Vorarlberg werden in der Regel zentral vom Bun-         verpflichtend eine Gewaltberatung besuchen – mit
     desministerium für Inneres bzw. dem Bundeskri-          2022 kam das obligatorische Waffenverbot für
     minalamt vorgegeben – mitunter jedoch regional          Gewalttäter*innen hinzu.
     modifiziert. Dazu zählen die Projekte:
16
„Sicherheit im öffentlichen Raum“: Im Rah-     geistigen Leistungsfähigkeit, Unkenntnis über kri-
men eines Vortrages erfahren interessierte Frauen    minelle Methoden und Gutherzigkeit. Der Polizei
und Mädchen ab 16 Jahren, welche Gefahrenquel-       obliegt es, Senior*innen dahingehend zu informie-
len im öffentlichen Raum existieren (u.a. Unsi-      ren und aufzuklären.
cherheitsräume, K.O.-Tropfen) und wie man sich
effektiv davor schützen kann. Der Umgang mit               „Überfallsschulungen“: Vulnerable Berufs-
Handalarmgeräten und Pfefferspray wird erklärt       sparten wie Banken, Taxiunternehmen und auch
und welche Vor- und Nachteile diese Geräte mit       der Einzelhandel werden durch die Polizei darüber
sich bringen. Auch Selbstbehauptung und Selbst-      informiert, wie man sich vor, während und nach
schutz sind Themen.                                  einer Raub-Tat richtig verhält. Bei einer prakti-
                                                     schen Überfallsübung können die Schulungsteil-
      „Sicherheit in öffentlichen Gebäuden“ („Si-    nehmer*innen ihr neuerlerntes Wissen auch gleich
cherheit am Arbeitsplatz“): Bereits vor dem tra-     unter Beweis stellen.
gischen Mord in der BH Dornbirn im Februar 2019
rückte der Sicherheitsgedanke bei immer mehr               Jugendgewaltprävention      „Under     18“:
Behörden und Dienstleistungsunternehmen in den       Ein wichtiger Teilbereich der polizeilichen Prä-
Fokus. Zuletzt kam es auf Grund der Coronapan-       ventionsarbeit ist die Kriminalprävention mit
demie zu einer aufgeheizten und teils aggressiven    Zielgruppe Jugendliche. Mit den Projekten „All
Stimmung innerhalb der Bevölkerung, weshalb          Right“, „Click&Check“ sowie Look@your.Life wer-
sich auch die Ärzteschaft und der Einzelhandel       den die Themenfelder Recht/Gewalt/Zivilcoura-
vermehrt an die Polizei wandten, um sich Tipps       ge bzw. digitale Medien und Internet bzw. Sucht
im Rahmen von Sicherheitsschulungen einzuholen.      aus dem Blickwinkel der Polizeiarbeit beleuchtet
Die Exekutive steht dabei mit Rat und Tat zur Sei-   und über Gefahren und Möglichkeiten aufgeklärt.
te.                                                  Auch Radikalisierung wird immer mehr zum The-
                                                     ma. Diese Projekte stehen für die Zielgruppe 13
      „Hilfe für ältere Menschen“ („Sicher in den    bis 17 Jahre zur Verfügung. „Click&Check“ sogar
besten Jahren“): Ältere Menschen sind sowohl         schon ab zehn Jahren.
Gewalt, aber auch anderen kriminellen Machen-
schaften besonders ausgesetzt. Das liegt u.a. am
demographischen Wandel, der körperlichen und

                                                                                                          17
WANN KANN DIE POLIZEI VERSTÄNDIGT                      NEBEN DER ALLGEMEINEN
     WERDEN?                                                NOTRUFNUMMER 133 GIBT
                                                            ES INSBESONDERE FÜR DIE
     Die Polizei kann nicht nur bei „Gefahr in Verzug“      THEMENBEREICHE VORBEU-
     unter der Notrufnummer 133 (Euronotruf 112) ver-       GUNG UND
     ständigt werden, sondern auch bei unklaren Situ-       PRÄVENTION SPEZIELLE AN-
     ationen („…mein Bauchgefühl sagt, da stimmt was        SPRECHPARTNER*INNEN IN
     nicht…“). Die Polizei ist gesetzlich zu einer Gefah-   VORARLBERG:
     renerforschung angehalten. Situationen werden
     ab- und aufgeklärt und etwaige Folgemaßnahmen
     getroffen. Dafür fallen für den Anzeiger*in auch       •   Landesverkehrsabteilung
     keine Kosten an!                                           Vorarlberg – Allgemeine
                                                                Verkehrsangelegenheiten,
     WER SIND MEINE ANSPRECHPARTNER?                            Schulungen und Verkehrs-
                                                                erziehung (wie Kinderpolizei
     Die Polizei ist in Vorarlberg Bestandteil eines gro-       und Cyberkids) – Chefins-
     ßen Netzwerks und steht anderen Institutionen              pektor Klaus WIEDEMANN
     und Einrichtungen jederzeit mit Rat und Tat zur            und Abteilungsinspektor
     Seite. Umgekehrt greift auch die Polizei sehr ger-         Christian TSCHÜTSCHER -
     ne auf Expertisen und Meinungen dieser Netz-               +43 59 133 804100
     werkpartner zurück.                                    •   Kriminalprävention beim
                                                                Landeskriminalamt Vor-
                                                                arlberg – Chefinspektor
                                                                Christian SPITALER und
                                                                Abteilungsinspektor Frank
                                                                JENTSCH - +43 59 133
                                                                803750
                                                            •   Initiative „Gemeinsam.
                                                                Sicher“ („Community poli-
                                                                cing“) – Kontrollinspektor
                                     FRANK JENTSCH              Gerhard BARGETZ (Ober-
                                      Polizei Vorarlberg
                                                                land) - +43 59 133 8150 305
                                                                und Gruppeninspektor Gert
                                                                GRÖCHENIG (Unterland) -
                                                                +43 59 133 8120 305.

                                                            WEITERFÜHRENDE INFOR-
                                                            MATIONEN:

                                                            •   Gewalt: Präventionstipps
                                                                bundeskriminalamt.at
                                                            •   Cybercrime: Internet ken-
                                                                nen
                                                                bundeskriminalamt.at
                                                            •   Jugendprojekte: Jugendpro-
                                                                gramme
                                                                bundeskriminalamt.at
                                                            •   Kinderpolizei: Willkommen
                                                                bei der
                                                                Kinderpolizei
                                                            •   Cyberkids: CyberKids
                                                                kinderpolizei.at

18
RECHT AUF SCHUTZ VOR
JEDER FORM VON
GEWALT
KINDER- UND JUGENDANWALTSCHAFT

                                       Die Kinder- und Jugendanwaltschaft des
                                 Landes Vorarlberg hat sich in den 30 Jahren ihres
                                 Bestehens immer mit einem der zentralen Kinder-
                                 rechte, dem Schutz vor jeder Form von Gewalt be-
                                 schäftigt.

                                        Egal wo sich Kinder aufhalten, wo sie be-
                                 treut oder erzogen werden oder ihre Freizeit ver-
                                 bringen, soll sichergestellt sein, dass sie sicher sind
                                 und keine wie auch immer geartete Form von Ge-
                                 walt erleben. Dazu braucht es u.a. klare gesetzliche
                                 Grundlagen, ein Monitoring wie diese Gesetze ein-
                                 gehalten werden, Schulung von Fachpersonen um
                                 Gewalt frühzeitig zu erkennen bzw. zu beenden, so-
                                 wie ein entsprechendes Hilfs- und Unterstützungs-
                                 angebot für konkrete Hilfe und Unterstützung. Die
                                 kija ist in Vorarlberg Teil eines Netzwerks, das sich
                                 diesen Aufgaben widmet.

                                 RECHTSENTWICKLUNG

                                        Kinderrechte sind Rechte für junge Men-
                                 schen bis 18. Deren Umsetzung ist eine staatliche
                                 Verpflichtung. Ein bloßes Bekenntnis zum Schutz
                                 von Kindern vor jeder Form von Gewalt wäre
                                 ungenügend. Es braucht daher entsprechende
                                 Grundlagen und das Monitoring, ob diese auch
                                 eingehalten werden. Österreich kann in diesem Be-
                                 reich im internationalen Vergleich durchaus zu den
                                 Vorreitern gezählt werden, wenn es in der Vergan-
                                 genheit darum ging, Artikel 19 Absatz 1 der UN-
                                 Kinderrechtskonvention in nationalen Gesetzen zu
                                 normieren. Sowohl im Bundesverfassungsgesetz
                                                                                           19
zeige und Prozessbegleitung sind wichtige Unter-
                                                            stützungsangebote für Kinder und Jugendliche.

                                                            EHRENAMTLICHE KINDER- UND JUGEND-
                                                            ARBEIT

                                                                   Grenzverletzungen, Übergriffe oder Gewalt
                                                            an Kindern und Jugendlichen kann es in jeder Or-
                                                            ganisation und Institution geben, die mit Kindern
                                                            und Jugendlichen arbeitet. Es ist daher notwen-
                                                            dig, dass ein Bewusstsein dafür geschaffen wird,
                                                            wo Risiken abzuwenden sind und Kinder wirksam
                                                            geschützt werden können. Durch verschiedenste
                                                            Maßnahmen übernehmen auch Jugendorganisa-
                                                            tionen Verantwortung im Kinderschutz. Gerade in
                                                            der Arbeit von und mit Ehrenamtlichen ist eine
                                                            gute Begleitung und Unterstützung wichtig. Jeden-
     über die Rechte von Kindern als auch im Allge-         falls braucht es aus Sicht der Kinder- und Jugend-
     meinen Bürgerlichen Gesetzbuch (ABGB) wurde            anwaltschaft auch in der verbandlichen Jugend-
     der Schutz vor Gewalt verbindlich festgeschrieben.     arbeit die Bereitschaft, Konzepte zu entwickeln,
                                                            die neben Standards für die Personalauswahl und
     LOBBYARBEIT FÜR DIE EINHALTUNG DES                     –entwicklung, Verhaltensleitlinien, ein Beschwer-
     GEWALTSVERBOTS                                         demanagement, einen Interventionsplan bzw. ein
                                                            Fallmanagement und Richtlinien für die Dokumen-
           Die Kinder- und Jugendanwaltschaft setzt         tation beinhalten.
     sich immer wieder dafür ein, dass durch Kampa-
     gnen und Öffentlichkeitsarbeit das Thema Kin-          KINDER SCHÜTZEN – ALS ORGANISATION
     derschutz in der Öffentlichkeit präsent ist. Neben     VERANTWORTUNG ÜBERNEHMEN
     allgemeinen Informationen braucht es auch prä-
     ventive und unterstützende Angebote für Eltern,              Organisationen, die sich proaktiv mit dem
     damit sie eine gewaltfreie Erziehung sicherstel-       Thema Kinderschutz auseinandersetzen und sich
     len können. Auch Kinder und Jugendliche selbst         klar gegen Gewalt an Kindern positionieren, schaf-
     sind Adressaten von Informationsangeboten              fen Sicherheit und Vertrauen. Sie nehmen Verant-
     bspw. in Form von Workshops in Schulen. Zuneh-         wortung für die ihnen anvertrauten Kinder wahr.
     mend setzt sich auch die Erkenntnis durch, dass        Unbestritten braucht es für die Auseinanderset-
     alle Einrichtungen und Organisationen, die sich        zung mit diesem Thema Zeit und Energie. Aber
     der Bildung und Betreuung von Kindern widmen,          die Etablierung eines Schutzkonzepts ist auch ein
     oder Angebote im Sport- oder Kulturbereich bzw.        zentrales Qualitätsmerkmal.
     in der verbandlichen Jugendarbeit machen, auch
     über entsprechende Kinderschutzkonzepte verfü-
     gen sollten.

     KOOPERATION MIT ANDEREN
     EINRICHTUNGEN

            Um die Unterstützung und Beratung im Ein-
     zelfall sicherzustellen, ist die Kooperation mit an-
     deren Institutionen und Einrichtungen sehr wichtig.
     Neben den Angeboten der Kinder- und Jugendhil-
     fe – sowohl bei den Bezirkshauptmannschaften als
     auch bei den freien Trägern - ist vor allem das
     Institut für Sozialdienste mit verschiedenen Fach-                                    MICHAEL RAUCH
     diensten ein wichtiger Akteur im Kinderschutz.                                  Kinder- und Jugendanwalt
                                                                                                    Vorarlberg
     Psychotherapie, Beratung in Bezug auf eine An-
20
GEWALTFREIE
KOMMUNIKATION
VERBALE GRENZVERLETZUNGEN

       Ganz unabhängig vom Thema dreht sich            unterschiedliche Bilder auf, welche schlussendlich
unsere verbale Kommunikation, also das, was wir        ein Gefühl in uns auslösen. Für manch einen*e ist
mit Worten sagen, oft um den Sachinhalt. Wir be-       es verwerflich, überhaupt an Stolz zu denken, weil
schreiben Situationen und versuchen dabei, mög-        es mit Hochnäsigkeit und Überheblichkeit in Ver-
lichst objektiv zu sein. In der Hoffnung, dass unser   bindung gebracht wird, für den*die andere*n ist
Gegenüber uns dann versteht und unsere Sicht der       es ein Gefühl von Bestätigung und Lohn für harte
Dinge mit uns teilt.                                   Arbeit. Das Phänomen dieser, mit unseren Erfah-
       Wir sind dann irritiert, verwundert, manch-     rungen erstellten Wirklichkeit, nennt man Konst-
mal verärgert, wenn wir nicht verstanden werden        ruktivismus.
oder jemand sogar das, was wir da so von uns ge-
ben, als Lüge in Frage stellt.                         GEFÜHLSSACHE

                                                              Ein zweiter Grund ist, dass wir selten unse-
ANSICHTSSACHE                                          re Aussagen mit unseren Gefühlen und wirklichen
                                                       Bedürfnissen umschreiben und untermauern. Das
      Zwei Gründe, warum das so sein kann, möch-       liegt zum einen daran, dass wir uns wenig bewusst
te ich kurz aufzeigen. Zum einen beobachten, er-       sind, wie wir uns gerade wirklich fühlen und uns
leben und schlussendlich beschreiben wir unsere        auch nicht die Zeit dafür nehmen, es wahrzuneh-
Umwelt so, dass sie irgendwie in unsere Gedanken-      men. Zum anderen braucht es etwas Übung, um
welt passt. Das bedeutet, dass wir unsere Wirklich-    zu erkennen, was wir denn wirklich wollen und vom
keit so formen und deuten, wie wir es bis heute ge-    Gegenüber erwarten.
lernt und erlebt haben. Ein schönes Beispiel dafür
ist das Wort „Stolz“. Wenn wir es hören, tauchen       Auf Seite 22 geht‘s weiter!

                                                                                                             21
GEWALTSCHUTZ
                                     IN UNSERER                                                                                                        KÖNNEN SICH
                                                                                                                                                       JUGENDLICHE
                                                                                                                                                       UND BETEILIGE

                                     GRUPPE/PFARRE
                                                                                            SCHAUT IHR EUCH REGELMÄSSIG
                                     WIE SCHAUT’S IN UNSERER                                EURE RÄUMLICHKEITEN UND                                          BIETET IHR
                                     PFARRE MIT GEWALTSCHUTZ AUS?                           GRUPPEN AN, UM GEWALTPRÄVEN-                                     MIT ÜBERN
                                                                                            TIVE MASSNAHMEN ZU ERARBEITEN?                                   UND MIT K
                                                                                                                                                             GENDLICH
                                                                                                                                                             LAGER) A
                                           BIST DU IN DEINER
                                           PFARRLICHEN ARBEIT
                                           MIT KINDERN UND                                      KANNST DU MIT JEMANDEM
                                           JUGENDLICHEN MIT                                     ÜBER SCHWIERIGE
                                           HERAUSFORDERNDEN                                     SITUATIONEN SPRECHEN?
                                           SITUATIONEN                                                                                                        GIBT ES U
                                           KONFRONTIERT?                                                                                                      PFARRER
                                                                                                                                                              UMSETZU
                                                                                                                                                              VENTIVEN
                                                                                                                                                              GESTALTU
                                                                                                          IST ES DIR WICHTIG                                  KEITEN, S
                                                                                                          ÜBER KINDER- UND                                    SCHEINIG
                                     HAST DU IN DER PFARRLICHEN                                           GEWALTSCHUTZ
                                     TÄTIGKEIT DIREKTEN KONTAKT                                           ZU SPRECHEN?
                                     MIT KINDERN UND JUGEND-
                                     LICHEN? MINISTRIEREN,
                                     GRUPPENSTUNDE ETC.

                                                                  FINDET EIN REGELMÄSSIGER
                                                                  AUSTAUSCH MIT DEN                                              GIBT ES IN DER PFARRE
                                                                  PERSONEN, DIE MIT KINDERN                                      EINE PERSON, DIE FÜR
                                                                  UND JUGENDLICHEN                                               GEWALTSCHUTZ
                                                                  ARBEITEN, STATT?                                               VERANTWORTLICH IST?
ZUM RAUSREISSEN UND AUFHÄNGEN

                                     HILFREICHE TIPPS UND LINKS RUND UMS THEMA
                                     GEWALTPRÄVENTION:

                                     •   Leitlinien der Katholischen Kirche Vorarlberg zu Gewalt-    •   Kinderrechte: www.jungschar.at/ueber-uns/positionen/
                                         schutz bei Veranstaltungen für Kinder und Jugendliche mit       kinderrechte
                                         Übernachtungen: www.kath-kirche-vorarlberg.at/checkit       •   Gender Toolbox der Bundesjugendvertretung:
                                     •   Kinderschutzrichtlinie der Katholischen Jungschar: Check-       https://bjv.at/portfolio-items/toolbox-alles-gender-aber-wie/
                                         listen, vertiefende Kapitel, Gruppenstunden, Materialien,   •   generelle Info zu Schutzkonzepten:
                                         etc. www.jungschar.at/kinderschutz                              www.schutzkonzepte.at/safe-places/
                                22
Nehmt euch Zeit und beantwortet die folgenden Fragen ehrlich. Am besten
                                             setzt ihr euch als Leitungsteam der, pfarrlichen Kinder- und Jugendarbeit zusam-
                                             men und geht das Flowchart gemeinsam durch. Reflektiert euer Verhalten mitein-
                                             ander. Vielleicht gibt es verschiedene Sichtweisen auf dasselbe Thema? Wo seht
                                             ihr selbst Handlungsbedarf? Einigt euch auf konkrete Handlungsschritte, wie ihr
H KINDER UND
                                             Gewaltschutz aktiv in eure Arbeit einbaut.
E EINBRINGEN
EN?

                                                                                   BRAVO
                                                                                   Mach regelmäßige Fortbildungen,
                                                                                   besonderes Augenmerk ist bei Über-
                                                                                   nachtungen gefordert (Tipp: Weiter-
                                                                                   bildung „Veranstaltungen mit Über-
R VERANSTALTUNGEN                                                                  nachtungen“), sprich regelmäßig
 NACHTUNGEN FÜR                                                                    über dieses Thema!
 KINDERN UND JU-                             SEID IHR EUCH DEM
 HEN (Z.B. FERIEN-                           KONFLIKTPOTENZIAL/
AN?                                          GEFAHRENPOTENZIAL
                                             BEWUSST?

UNTERSTÜTZUNG VOM
R/PFARRBÜRO FÜR DIE
UNG VON GEWALTPRÄ-                                           Was nehmen wir zu diesem Thema
 N MASSNAHMEN Z.B.                                           in unsere Arbeit mit?
 UNG DER RÄUMLICH-
STRAFREGISTERBE-
 GUNG?

            AUSTAUSCH UNTEREINANDER
            FÖRDERN:
            Befasse dich bewusst mit dem                     Was haben wir über unsere Rollen in
            Thema, reflektiere eigene pädagogi-              Bezug auf Gewaltschutz gelernt?
            sche Haltungen, definiere eine
            verantwortliche Person/Kontakt, bilde
            dich in diesem Thema weiter!

     WICHTIGE KONTAKTE AUF EINEN BLICK:

     •   Stabstelle Gewaltprävention                         Bis zum                       möchten wir
         Stefan Schäfer, Telefon: 0664 2795736               folgende Handlungsschritte umsetzen:
         gewaltpraevention@kath-kirche-vorarlberg.at
     •   Doris Bauer-Böckle, Telefon: 0676 832401102
         doris.bauer-boeckle@kath-kirche-vorarlberg.at
     •   Ombudsstelle, 0800 / 849008
         ombudsstelle@kath-kirche-vorarlberg.at
     •   Rat auf Draht – Beratung für Kinder und Jugend-
         liche jederzeit – anonym – kostenlos
         Telefon 147, www.rataufdraht.at
                                                                                                                                23
Als Beispiel hören wir den Satz: „Sei still.“ Die   Schweigens. Erst durch Schweigen wird es möglich,
     Aufforderung scheint ja recht klar zu sein. Aber          Grenzverletzungen wiederholt auszuüben. Manch-
     wie geht es dem oder derjenigen die ihn aus-              mal genügt es, eine Beobachtung direkt anzuspre-
     spricht? Wütend, gelangweilt, traurig, genervt?           chen, um so das Geschehene sichtbar zu machen.
     Und ebenso bleibt offen, was der*diejenige denn           Ich sehe es als unsere Pflicht und Verantwortung,
     für ein Bedürfnis hat. Ist gerade Ruhe erwünscht?         gerade wenn es um Kinder und Jugendliche geht,
     Möchte ein Satz fertig gesprochen werden? Wurde           mit großer Achtsamkeit auch ihr Wohlbefinden im
     jemand gerade unterbrochen? Ist es ein Ausdruck           Auge zu haben. Das soll keine Last und Mehrar-
     der Ablehnung (das, was du sagst, stimmt nicht)?          beit bedeuten, sondern ein Zeichen der Fürsorge
           So bleibt bereits bei so einem kurzen Satz          sein.
     eine riesige Fülle an Interpretationsspielraum.
     Hinzu kommt natürlich noch der größte Teil der                  Gleicht eure Wahrnehmungen und Gefühle
     Nachricht, nämlich jener, der ohne Worte zum              miteinander ab. Sprecht darüber, wie es euch geht.
     Ausdruck kommt. Das „zwischen den Zeilen“. Laut-                Wenn sich eure Befürchtungen erhärten,
     stärke, Mimik und Gestik, Klangfarbe, Tonation            wiederholen oder einfach nicht aus eueren Ge-
     lassen unsere Worte erst zu einer Aussage werden.         danken weg gehen, dass es im kirchlichen Bereich
           Und zwischen all diesen Möglichkeiten ha-           zu Grenzverletzungen kommt, dann sprecht eure
     ben wir das Gefühl, dass wir uns doch unmissver-          Leitungskreisvorsitzende an, meldet euch bei der
     ständlich ausgedrückt haben und wundern uns               Jungen Kirche oder direkt bei der Ombudsstel-
     darüber, wenn wir nicht gehört und verstanden             le der Diözese. Ihr habt so die Möglichkeit, eure
     werden.                                                   Wahrnehmungen mit Expert*innen abzugleichen.
                                                               Niemand kann und muss solche Situationen allei-
     GRENZEN                                                   ne klären. Es gibt ein Netzwerk an Hilfen, die auf
                                                               euch und eure Fragen warten.
           Gerade wenn es nun um Grenzverletzungen
     geht, also um Situationen, in denen über die Gren-             Mutet euch einander zu. Fühlt und spürt.
     zen eines Menschen gegangen wird, braucht es              Redet miteinander. Übernehmt Verantwortung.
     umso mehr Vertrauen in das eigene Gefühl und
     auch den Mut, diese Befindlichkeiten und Gefühle
     auszudrücken. Immer wieder geht es um Situatio-
     nen, die schwer einzuschätzen sind, Situationen, in
     denen wir keine klaren Beobachtungen machen
     konnten, aber irgendwie ein komisches, ungutes
     Gefühl übrigbleibt. Diese Unsicherheiten dürfen
     und müssen wir ernst nehmen. Das effektivste
     Mittel bei Grenzverletzungen ist das An- und Aus-
     sprechen der eigenen Wahrnehmungen. Wenn uns                                           RAPHAEL LATZER
     das gelingt, übernehmen wir bereits Verantwor-                                      Lebens- & Sozialberater,
     tung und lichten mit jedem Wort den Mantel des                                            Gewaltpädagoge

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CYBERMOBBING
MOBBING IM NETZ

DIE GRENZE ZWISCHEN HÄNSELN UND                         Fake-Profile (37%), der ungewollte Erhalt unan-
STRAFTATBESTAND                                         genehmer Nachrichten (37%) oder Einschüchte-
                                                        rungsversuche (31%).
      Die Lockdowns haben dazu geführt, dass
die Menschen mehr Zeit zuhause verbracht ha-            SCHWERWIEGENDE AUSWIRKUNGEN FÜR
ben. Home-Schooling hat Kinder und Jugendliche          OPFER
in die eigenen vier Wände verbannt. Social Dis-
tancing war eine Zeit lang das Gebot der Stunde,              Cyber-Mobbing ist ein diffiziles Thema, denn
um das Infektionsgeschehen in Schach zu halten.         einerseits wird „Ich werde gemobbt!“ oft inflationär
Das hat zu großen Teilen soziale Kontakte ins           verwendet, aber andererseits ist es offensichtlich
Netz verlagert. Die Möglichkeit, in Zeiten der Ab-      ein ernstzunehmendes Problem. Unter dem Begriff
geschiedenheit verbunden zu bleiben, hat jedoch         versteht man konkret das absichtliche und über
auch viele Konflikte und Probleme in die digitale       einen längeren Zeitraum anhaltende Beleidigen,
Welt verlagert und massiv verstärkt.                    Bedrohen, Bloßstellen, Belästigen oder Ausgren-
                                                        zen anderer über digitale Medien. Als Hauptgrund
AKTUELLE STUDIE ZU CYBER-MOBBING                        für Cyber-Mobbing wird in der Studie angegeben,
                                                        dass die Grenze zwischen Spaß und Ernst nicht
      Die österreichische Initiative Saferinternet.at   erkannt wird. Dass das keine Bagatelle darstellt,
unterstützt beim sicheren, kompetenten und ver-         zeigt sich auch darin, dass junge Menschen durch
antwortungsvollen Umgang mit digitalen Medien.          Mobbing-Erlebnisse schwere psychische Belastun-
Neben Informationen und Materialien zu diesen           gen erfahren, die bis zum Suizid führen können.
Themen, geben sie auch immer wieder Studien in
Auftrag, wie zuletzt die im Februar erschienene         STRAFTATBESTAND IM ÖSTERREICHISCHEN
Studie zum Thema Cyber-Mobbing. Aus ihr geht            GESETZ
hervor, dass Jugendliche zwischen 11 und 17 Jahren
eine Zunahme von Cyber-Mobbing wahrnehmen.                    Vor über zehn Jahren musste Michaela Horn
                                                        aus Kärnten Schreckliches erleiden. Ihr 13-jähriger
      Knapp die Hälfte der Befragten (48%)              Sohn Joel wurde über das Internet gemobbt und
stimmt der Aussage zu, dass Cyber-Mobbing in            war schlussendlich so verzweifelt, dass er sich das
Zeiten von Distance Learning häufiger vorkommt.         Leben genommen hat. Das hat die Mutter dazu
Genauso viele junge Menschen geben an, dass sie         veranlasst, sich an die Öffentlichkeit zu wenden
selbst schon Beschimpfungen und Beleidigungen           und sich für die Schaffung neuer Gesetzte zu en-
am eigenen Leib erfahren haben. Verbreitet sind         gagieren. Mit 01. Jänner 2016 wurde Cyber-Mob-
auch Ghosting, also der plötzliche, unangekündig-       bing als Straftatbestand definiert, der mit einer
te Kontaktabbruch durch andere (46%), Lügen             Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr bedroht ist.
oder Gerüchte, die über die eigene Person ver-          Begeht das Opfer Selbstmord, erhöht sich das
breitet wurden (41%), Identitätsdiebstahl durch         Strafmaß auf bis zu drei Jahre.
                                                                                                               25
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