Frau & Politik - Kommunikation - Frauen Union

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Frau & Politik - Kommunikation - Frauen Union
Frau & Politik
Magazin der Frauen Union der CDU Deutschlands

Ausgabe 6/2020 · 66. Jahrgang G2977

Politische
          Kommunikation
Frau & Politik - Kommunikation - Frauen Union
2   inhalt

    Auf den Punkt gebracht2

    Schwerpunkt
    Politische Kommunikation
    Die richtige Digitalstrategie       5
    Eisenmann will‘s wissen – Digital   7
    Wir setzen im Wahlkampf auf
    digital pur                         8

    Sichtbarkeit von Frauen
    Expertinnen in der Coronakrise:
    Mit Frauen reden                   9

    Frauen in Führungspositionen
    Frauen in den Vorstand             12

                                             wie schrieb eine treue Leserin der Frau & Politik auf Twit-
    Frau vor Ort                             ter: „Seit 1955 das Sprachrohr der @frauenunion der CDU:
    Prostitution –                           Die Zeitschrift Frau & Politik. @AWidmannMauz zitiert
    Perspektivwechsel                   14   #HeleneWeber zum Abschied – nach 65 Jahren in den
                                             wohlverdienten Ruhestand. Wir werden sie vermissen.“
                                                  Ja, heute ist es soweit. Der 66. Jahrgang unseres Ma-
    Impressum                          15   gazins ist abgeschlossen und Sie halten die letzte ge-
                                             druckte Ausgabe der Frau & Politik in Händen.
                                                  Die Reaktion auf Twitter zeigt, die Kommunikation in
                                             unserer Gesellschaft hat sich verändert. An der Verwen-
                                             dung des Hashtags im Tweet wird deutlich, dass neue Re-
                                             geln die Kommunikation beherrschen und wir uns umstel-
                                             len müssen, um entsprechend gelesen und gehört zu wer-
                                             den.
                                                  Auch wenn die klassischen Medien nach wie vor ger-
                                             ne genutzt werden, sind doch weitere Kommunikations-
                                             kanäle mit Macht hinzugetreten. Der Bundesvorstand der
                                             Frauen Union wird deshalb die Präsenz des Bundesver-
                                             bandes im Internet und den sozialen Medien verstärken
                                             und ausbauen.
                                                  Der Austausch von Informationen und Argumenten
                                             verlangt heute vor allem eine zeitnahe und zielgenaue In-
                                             formation für Mitglieder und Interessierte. Die neuen Me-
                                             dien bieten in viel stärkerem Maße die Möglichkeit, un-
                                             mittelbar mit den Bürgerinnen und Bürgern in Kontakt zu
                                             treten und zu interagieren. Hierauf wollen wir künftig
                                             unseren Schwerpunkt legen.
                                                  Mit dieser Ausgabe schauen wir in die Zukunft der
                                             politischen Kommunikation. Die Pandemie beschleunigt
                                             den Wandel. Das gilt auch für Wahlkämpfe. Die CDU stellt
                                             sich konsequent darauf ein. Dafür wollen und müssen wir
                                             fit sein. Die Konrad-Adenauer-Stiftung bietet ihr Know-
                                             how an und die Landesverbände Baden-Württemberg und
                                             Rheinland-Pfalz planen ihre Landtagswahlkämpfe mit
                                             neuen digitalen Wegen.
                                                  Der Bundesvorstand der CDU hat sich für einen digi-
    Titel: © Tobias Koch                     talen Parteitag am 15./16. Januar entschieden. Die Dele-
Frau & Politik - Kommunikation - Frauen Union
auf den punkt gebracht                     3

gierten nehmen am 33. Parteitag ohne Anwesenheit am                 Teilen die Kandidaten das Anliegen, zur tatsächlichen
Versammlungsort in Berlin teil und üben ihre Delegier-        Durchsetzung der gleichberechtigten Teilhabe von Frau-
ten- und Mitgliederrechte im Wege elektronischer Kom-         en in Parlamenten das Wahlrecht zu reformieren?
munikation aus. So können wir zu Beginn des Superwahl-              Welche Maßnahmen schlagen die Kandidaten vor, um
jahres die Weichen für eine neue Parteiführung stellen.       etwa die Vereinbarkeit von Familie und Erwerbstätigkeit
Die digitalen Vorabstimmungen müssen dann in einer            zu verbessern? Wie stehen Sie zu den Zukunftsfragen der
schriftlichen Schlussabstimmung per Briefwahl bestätigt       Digitalisierung, des Klima- und Umweltschutzes oder der
werden. Dieser zeitliche Prozess dauert vom 4. bis zum        Nachhaltigkeit?
22. Januar 2021.                                                    Beim Parteitag geht es aber nicht nur um die Vorsit-
     Im Mittelpunkt des Parteitages steht die Auswahl des     zenden-Wahl. Das gesamte Führungsteam wird neu ge-
Führungspersonals unserer Partei. Der Bundesvorstand          wählt. Die Frauen Union hat mit ihren Kandidatinnen
der Frauen Union hat sich in Einzelgesprächen mit den         Kristy Augustin MdL, Ministerin Eva Kühne-Hörmann,
                                                              ­
drei Kandidaten für den CDU-Vorsitz ausgetauscht. In ei-      ­Elisabeth Motschmann MdB, Ministerin Ina Scharrenbach
nem zweiten Schritt haben sich die Bewerber bereit er-         als weitere Mitglieder des Bundesvorstands und mit mei-
klärt, schriftlich unsere Fragen zu beantworten, die online    ner Kandidatur für das Präsidium engagierte und überzeu-
über die Homepage und die Social-Media-Kanäle der              gende Christdemokratinnen für diese Führungsmann-
Frauen Union veröffentlicht werden. In einem dritten           schaft vorgeschlagen. Lassen Sie uns gemeinsam für ihre
Schritt gibt es Videoclips zu Fragen an die Kandidaten, die    Wahl werben – im persönlichen Gespräch und digital!
ebenfalls online zur Verfügung gestellt werden. Im Januar           Dies war die letzte Kolumne. Ich danke Ihnen sehr
wird dann der Bundesvorstand der Frauen Union bilan­           herzlich für Ihre Treue, Ihre Verbundenheit mit unserer
zieren.                                                        Zeitschrift und Ihr Interesse an unserer Arbeit. Ich würde
     Die Wahl des neuen Parteivorsitzenden ist die ent-        mich freuen, wenn Sie uns weiter auf unserer Homepage
scheidende Weichenstellung für die CDU und zugleich            und auf unseren Social-Media-Kanälen verbunden bleiben
eine zentrale Vorentscheidung für die kommende Bun-            und freue mich auf den weiteren und gerne noch intensi-
destagswahl.                                                   veren Austausch mit Ihnen.
     Umso wichtiger ist die Frage: Wofür stehen die Be-
werber? Wie positionieren sie sich?
     Dabei geht es einerseits um die Volkspartei CDU: Wo      Bleiben Sie gesund und kommen Sie gut ins nächste Jahr!
liegt der größte Handlungsbedarf für die CDU, um lang-
fristig Volkspartei und strukturell mehrheitsfähig zu blei-
ben – gerade auch mit Blick auf das hohe Potential von
Wählerinnen?
     Werden sich die Kandidaten die Vorschläge der Struk-
tur- und Satzungskommission zu eigen machen, für deren
Beschluss auf dem nächsten CDU-Programm-Parteitag
werben und deren Umsetzung in der Partei aktiv voran-         Annette Widmann-Mauz
treiben?                                                      Vorsitzende der Frauen Union der CDU Deutschlands
Frau & Politik - Kommunikation - Frauen Union
4   politische kommunikation

                                        Foto: Tobias Koch

    Politische
        Kommunikation
            Die CDU Deutschlands veranstaltet am 16. Januar 2021 als erste Partei in Deutsch-
            land einen digitalen Parteitag mit Neuwahlen des Präsidiums und des Bundes-
            vorstands. Der innerparteiliche Wettbewerb um den CDU-Vorsitz findet seit Wo-
            chen nur in digitalen Formaten statt.

            Der Parteitag ist der Auftakt für das anstehende Superwahljahr mit sechs Land-
            tagswahlen, zwei Kommunalwahlen und der Bundestagswahl am 26. September
            2021.

            Die Landesverbände der CDU Baden-Württemberg und der CDU Rheinland-Pfalz
            beginnen mit den Frühjahrswahlkämpfen. Keiner von uns rechnet damit, dass bis
            dahin Corona soweit eingedämmt ist, dass die Wahlkämpfe wie bislang üblich
            stattfinden können. Sie stellen uns ihre Digitalstrategie für den Wahlkampf vor.
            Was jede/jeder Einzelne von uns im digitalen Raum bewegen kann, beschreibt
            die Leiterin der Politischen Kommunikation der Konrad-Adenauer-Stiftung.
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politische kommunikation                        5

                                                                            Das Digitale rückt auf Platz 1 – mit und ohne
                                                                            Pandemie.

                                                        Foto: Tobias Koch

Die richtige
           Digitalstrategie
Facebook, Instagram, Twitter, TikTok, Jodel, Twitch … Und                   seinem Thema auf den digitalen Marktplatz zu stellen und
Sie denken: „Wie kriege ich meine Botschaft auf all die vie-                die zu begeistern, die der Algorithmus vorbeischickt. Dies
len Kanäle?“ FALSCH! Denn jede erfolgreiche Kampagne                        gelingt allerdings nur, wenn man den digitalen Raum zu
beginnt mit einer guten Geschichte: Greta Thunberg steht                    einem Ort der Begegnung auf Augenhöhe macht.
vor dem schwedischen Parlament und fordert eine konse-                           Im digitalen Raum spricht man gerne von Community,
quente Klimapolitik. Emmanuel Macron hat sich mit En Mar-                   also Gemeinschaft. Eine Community entsteht, wenn Men-
che! auf den Weg gemacht, um Frankreich und Europa zu                       schen sich für die gleichen Themen interessieren und ein
erneuern. Joe Biden will der Präsident aller Amerikaner sein                Zusammengehörigkeitsgefühl entwickeln. Bei Facebook und
und die Polarisierung überwinden. Und wofür steht die CDU                   bei Messenger-Diensten wie Telegram gibt es inzwischen
– und Sie ganz persönlich?! Erst wenn diese Frage beantwor-                 für fast jedes Interesse einen virtuellen Stamm­tisch – also
tet ist, lohnen sich Gedanken über die richtige Digitalstrate-              eine Gruppe, die sich über das jeweilige Thema austauscht.
gie. Wer es schafft, eine überzeugende Geschichte zu erzäh-                 Gelingt es, durch eine mitreißende Geschichte und passen-
len, dem gelingt es auch, Unterstützung zu mobilisieren –                   de Beteiligungsformate eine eigene Community aufzubau-
vor Ort und digital. Welcher Kommunikationskanal der pas-                   en, bietet das viele Möglichkeiten zur Interaktion. Sie steht
sende ist, entscheidet sich dann folgerichtig nach Themen                   beispielsweise als Resonanzraum für neue Ideen genauso
und Zielgruppe. Klar ist, dass angesichts der Vielzahl an Ka-               zur Verfügung wie für die nächste politische Aktion, die vor
nälen und Möglichkeiten eine klare Fokussierung auf ausge-                  Ort geplant ist.
wählte Medien und gut gemachte Inhalte notwendig ist.
                                                                            Stufen der Beteiligung
Digitale Kommunikation als Chance
                                                                            Natürlich lassen sich nicht alle Facebook-Freunde für eine
Parteiarbeit vor Ort – in der Pandemie? Das Gespräch mit                    Plakataktion oder die nächste Tür-zu-Tür-Kampagne mobili-
den Mitgliedern, der Wahlkampfstand auf dem Markt oder                      sieren. Deshalb ist es wichtig, die unterschiedlichen Stufen
auch große Veranstaltungen mit prominenten Parteifreun-                     der Beteiligung mitzudenken. Machen Sie sich bewusst,
den – die üblichen Kampagnen-Instrumente sind mit der                       dass der Großteil der eigenen Freunde bzw. Fans in den so-
Corona-Pandemie nicht mehr ganz oben auf dem Merkblatt                      zialen Medien nur gelegentlich wahrnimmt, was gerade po-
für Parteiarbeit. Das Digitale rückt auf Platz eins. Das trifft             litisch passiert. Studien gehen davon aus, dass sich die Men-
sich eigentlich auch ganz gut, denn längst haben sich Markt-                schen durchschnittlich nur drei Minuten täglich mit Politik
plätze und Stammtische ins Internet verlagert. Viele Bei-                   beschäftigen. Oft ist man überrascht, dass nur wenige bereit
spiele zeigen, dass heute jeder die Möglichkeit hat, sich mit               sind, auch mal einen Post zu teilen. Lob gibt es selten, kri-
Frau & Politik - Kommunikation - Frauen Union
6      politische kommunikation

                                                                                                                            Foto: KAS Egon Huschitt
    tische Kommentare dagegen jede Menge. Das kann frustrie-        reicht natürlich nicht, nur in der eigenen Community zu blei-
    ren. Wer jedoch den digitalen Marktplatz den Kritikern          ben, wenn man etwas bewegen und am Ende vielleicht so-
    überlässt, dringt mit der eigenen Botschaft nicht durch und     gar Wahlen gewinnen will. Im US-Wahlkampf war es Teil der
    verliert das Vertrauen der mitlesenden Mehrheit. Es lohnt       Kampagnen-Strategie des nächsten US-Präsidenten mit In-
    sich deshalb, Ressourcen für ein gutes Community Manage-        fluencern, also Meinungsmachern, ins Gespräch zu kom-
    ment in den sozialen Medien einzuplanen und sich auf den        men, damit die politischen Botschaften auch neue Zielgrup-
    Dialog einzulassen – wie am Stand auf dem Marktplatz.           pen erreichen. Während die Meinungsmacher früher im
    Selbstverständlich gilt hier wie dort: Die Grenzen des An-      Fußballverein zu finden waren, sucht man sie heute in der
    stands sind einzuhalten und dürfen auch aufgezeigt werden.      Facebook-Gruppe mit lokalem oder regionalem Bezug.

    Freunde als Multiplikatoren                                     Baukasten für den individuellen Erfolg

    Gerade auf kommunaler Ebene gehört es zu jedem guten            Um die Kommunikation im digitalen Raum zu erleichtern,
    Wahlkampf, dass man das eigene Adressbuch für den Wahl-         bieten die Landesverbände allen Kandidatinnen und Kandi-
    kampf nutzt. Diese Idee wird nun auf den digitalen Raum         daten einen Baukasten mit den wichtigsten Bauteilen für
    ausgeweitet. Im US-Wahlkampf hat man dafür den Begriff          eine erfolgreiche Kampagne. Nutzen Sie die Möglichkeit der
    des „Relational Organizing“ gefunden. Wie bisher geht es        Individualisierung und überlegen Sie, wie Sie das große
    darum, erst einmal Familie und Freunde zu überzeugen und        Wahlkampfthema auf Ihren Wahlkreis herunterbrechen
    sie dann zu Multiplikatoren zu machen. Im digitalen Raum        können. Stellen Sie einen Bezug zu den täglichen Erfah-
    ist man natürlich nicht mit allen „Freunden“, die man auf       rungen der Menschen vor Ort her und zeigen Sie anhand
    den verschiedenen Social-Media-Kanälen versammelt hat,          konkreter Beispiele auf, für welche politischen Ideen Sie ge-
    so vertraut wie mit dem Freundeskreis, der auch mal zum         wählt werden wollen. Schießen Sie beispielsweise ein Foto
    Abendessen vorbeikommt. Die Herausforderung ist des-            auf der lärmbelasteten Hauptstraße, wenn Sie für eine Um-
    halb, die politischen Botschaften so zu formulieren, dass sie   gehungsstraße einstehen. So wird Politik für Wählerinnen
    auch mit der „Flüsterpost“ richtig weitergetragen werden.       und Wähler wieder konkret und persönlich. Denn es ist nicht
    Es gehört Mut dazu sich auf diesen „kontrollierten Kontroll-    egal, wer die politischen Entscheidungen trifft.
    verlust“ einzulassen, statt auf die „sichere“ Pressemittei-
    lung. Damit einher geht jedoch auch eine neue Form der                    Dr. Sandra Busch-Janser ist Leiterin der Abteilung
    Fehlerkultur. Wer zu seinen Fehlern steht, kann mit posi-                ­ olitische Kommunikation und Adenauer Campus
                                                                             P
    tiven Reaktionen aus der Community rechnen. Doch es                                         der Konrad-Adenauer-Stiftung
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politische kommunikation                        7

Eisenmann will‘s wissen –
           Digital
                                                     Foto: CDU Baden-Württemberg – KD Busch

                                                                                              In Baden-Württemberg wird am 14. März 2021 ein
                                                                                              neuer Landtag gewählt. Die CDU-Spitzenkandida-
                                                                                              tin Susanne Eisenmann gibt einen Einblick in den
                                                                                              digitalen Wahlkampf in Pandemiezeiten.

Das Corona-Virus hat unser Leben verändert. Das gilt auch                                     rand. So sind wir als CDU präsent, selbst wenn Menschen
für den Wahlkampf für die Landtagswahl 2021. Weil er coro-                                    nachher nicht einschalten. Die Online-Formate, die tech-
nabedingt unter so noch nie dagewesenen Bedingungen                                           nisch über einen Live-Stream und meine Facebook-Seite er-
stattfinden muss, ist es eine große Herausforderung, ihn zu                                   reichbar sind, sind natürlich eine andere Art der Kommuni-
organisieren und die Menschen, abgesehen vom Weg über                                         kation als das Gespräch vor Ort: bei „Eisenmann will’s wis-
die klassischen Medien, mit unseren Inhalten und Konzep-                                      sen“ fehlt die direkte Rückkopplung, also die Reaktionen
ten zu erreichen. Wir dürfen aber auch nicht vergessen, dass                                  nach der Antwort oder das Lachen nach einem spontanen
auch die anderen Parteien damit umgehen müssen.                                               Witz. Aber daran habe ich mich inzwischen gewöhnt.
     Das Herzstück des Wahlkampfs bildet meine „Eisen-                                             Die Resonanz bei den offenen Online-Veranstaltungen
mann will’s wissen“-Tour durch alle Wahlkreise in Baden-                                      ist bemerkenswert. Wir erreichen digital mindestens genau-
Württemberg. Bei diesen Veranstaltungen geht es darum,                                        so so viele Menschen wie vor Ort – in der Regel 150 bis 250
gemeinsam mit der Wahlkreiskandidatin oder dem Wahl-                                          Personen unterschiedlichen Alters. Was sicherlich mit der
kreiskandidaten niederschwellig mit Bürgerinnen und Bür-                                      Corona-Situation zusammenhängt. Denn andere Abendver-
gern ins Gespräch zu kommen und zu erfahren, was sie be-                                      anstaltungen in Präsenz wie zum Beispiel das Training im
wegt und wo vor Ort der Schuh besonders drückt.                                               Mannschaftssport oder die Musikprobe können derzeit auch
     Von Mitte September an bis Mitte Oktober hatten wir                                      nicht stattfinden.
dank ausgeklügelter Hygienekonzepte und ungewöhnlicher                                             Über Digitale Kampagnencamps halten wir zudem un-
Veranstaltungsorte – zum Beispiel in einer Omnibushalle                                       sere Kandidatinnen und Kandidaten sowie Mandats- und
oder auf einem Weingut – tolle Präsenzveranstaltungen. Die                                    Funktionsträger über die aktuellen Schritte des Wahlkampfs
Menschen haben das Angebot gut angenommen, sie waren                                          auf dem Laufenden. Dieses Beispiel zeigt, wie moderne Par-
sehr gut besucht. Aufgrund der steigenden Infektionszahlen                                    teiarbeit funk­tioniert.
haben wir „Eisenmann will’s wissen“ dann allerdings zügig                                          Neben den digitalen Auftritten planen wir auch kleine-
auf ein digitales Format umgestellt. Auch Zielgruppenge-                                      re Vor-Ort-Aktionen im Februar und März. Ich bin zuver-
spräche auf Einladung der Kandidatinnen und Kandidaten                                        sichtlich, dass dann auch wieder das direkte, das persönliche
veranstalten wir seither digital in Videokonferenzen.                                         Gespräch möglich ist – natürlich mit Maske und unter Wah-
     Zwei Räume in der Landesgeschäftsstelle der CDU Ba-                                      rung des nötigen Abstands. Mit dieser Zuversicht packen
den-Württemberg sind dafür in TV-Studios umgewandelt                                          wir es an!
worden. Die Kreisverbände vor Ort bewerben die frei zu-
gänglichen, digitalen „Eisenmann will’s wissen“-Veranstal-                                                 Dr. Susanne Eisenmann ist Spitzenkandidatin
tungen im Wahlkreis trotzdem mit Plakaten am Straßen-                                               der CDU Baden-Württemberg zur Landtagswahl 2021
Frau & Politik - Kommunikation - Frauen Union
8      politische kommunikation

                                                 Foto: CDU Rheinland-Pfalz
                                                                             Wenn Säle geschlossen werden, müssen die virtu-
                                                                             ellen Räume gefüllt werden: Wie die CDU Rhein-
                                                                             land-Pfalz auch im Internet mit regionalen Themen
                                                                             punkten will.

    Wir setzen im Wahlkampf auf
               digital pur
    In diesem Wahlkampf wird alles anders. So, wie Corona                         struktur – produzieren wir dazu kurze Imagefilme, die ge-
    ganze Branchen zwingt, die digitale Transformation zu be-                     zielt auf den Social-Media-Kanälen ausgespielt werden.
    schleunigen, so müssen auch die Parteien ihre digitalen                            Wenn keine Hallen mehr gebucht werden dürfen und
    Aktivitäten ausbauen. In Rheinland-Pfalz werden wir ei-                       Räume geschlossen bleiben, müssen wir die digitalen Säle
    nen reinen digitalen Wahlkampf erleben: Ohne Wahl-                            füllen. So starten wir im Januar eine Serie von insgesamt
    kampfstände, ohne Massenveranstaltungen, ohne Prä-                            14 regionalen Videokonferenzen. Warum diese Zahl? Wir
    senzparteitage. Die CDU Rheinland-Pfalz stellt sich dieser                    haben Rheinland-Pfalz in 14 Kulturregionen unterteilt und
    Situation, die sie auch als Chance begreift. Wir setzen auf                   machen einen dezidiert regionalen Wahlkampf. Die CDU
    „digital pur.“                                                                muss raus aus ihrer Hauptstadt-Käseglocke. Wir bringen
          Unser Spitzenkandidat Christian Baldauf lädt auf Fa-                    Kandidaten und Multiplikatoren in digitalen, regionalen
    cebook die User in sein digitales Wohnzimmer ein. Er be-                      Townhall-Meetings zusammen – zu Topthemen wie Stra-
    richtet aus den Landtagssitzungen, geht auf tagesaktuelle                     ßenbauprojekten, drohenden Krankenhausschließungen
    Ereignisse ein – etwa die US-Wahl im November – und                           oder dem Erhalt kleiner Schulen. Wir bieten den insge-
    bewertet die Entwicklung der Corona-Pandemie. Dabei                           samt 52 Kandidaten eigene Videoveranstaltungen mit
    tritt er mit den Wohnzimmerbesuchern in den Dialog. Das                       Christian Baldauf an. Wir veranstalten virtuelle Bürgerdi-
    ist ein Gespräch auf Augenhöhe. Auf Instagram trifft                          aloge mit Zielgruppen, etwa Gastronomen, Vereinsver-
    Baldauf regelmäßig in Livegesprächen Persönlichkeiten                         tretern, Kulturschaffenden, Pflegerinnen und der soge-
    des öffentlichen Lebens. Das kann ein Bundesgesund-                           nannten Blaulichtfamilie. Und wir bieten der Community
    heitsminister Jens Spahn ebenso sein wie Extremismusex-                       den Austausch mit den insgesamt sieben Expertenteams
    perte Ahmad Mansour oder eine Fastnachtsikone aus                             an, die unseren Spitzenkandidaten beraten.
    „Mainz bleibt Mainz“. Facebook, Instagram und Youtube                              Machen wir uns nichts vor: Einen Wahlkampf ohne
    bleiben die Social-Media-Zugpferde für Wahlkämpfer.                           den direkten, analogen Bürgerkontakt macht es einer Op-
    Auf Instagram geben wir Einblicke in den Alltag eines                         positionspartei nicht leichter, für ihre Themen zu werben.
    Spitzenpolitikers. Christian Baldauf zum Anfassen. Jünge-                     Aber wir leben in herausfordernden Zeiten. Und besonde-
    re Kanäle wie TikTok oder die eher akademische Plattform                      re Zeiten verlangen besondere Lösungen. Sehen wir mit
    Jodel sehen wir eher als Experimentierwiese an; diese zäh-                    Mut in die Zukunft!
    len nicht zum Standard.
          Dabei versuchen wir, die Zielgruppen auf Facebook                                        Gerd Schreiner MdL ist Generalsekretär
    spezifisch anzusprechen. Zu unseren drei Wahlkampf-                                                          der CDU Rheinland-Pfalz
    schwerpunkten – Bildung, Gesundheit, Wirtschaft/Infra-
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sichtbarkeit von frauen                    9

Expertinnen in der Coronakrise:
           Mit Frauen reden
                                                     Foto: Melse/stock.adobe.com

                                                                                   Damit nicht nur Männer erklären, wie die Welt
                                                                                   funktioniert, brauchen wir Stimmen von Exper-
                                                                                   tinnen. Doch in Medien kommen Frauen viel sel-
                                                                                   tener zu Wort. Woran liegt das – und wie lässt es
                                                                                   sich ändern? Ein persönlicher Praxisbericht.

Vor Kurzem erschien auf SPIEGEL.de ein Artikel, der mit                            ­ ollen über die Auswirkungen von Covid auf Herz, Hirn,
                                                                                   w
dem Satz eingeleitet wird: „Wer meint, sich mit dem Coro-                          Nieren, Lunge reden. Gute Ansprechpartner*innen wä-
navirus infiziert zu haben, meldet sich oft bei seiner Haus­                       ren:
ärztin.“                                                                           1.	Fachleute, die bereits Studien dazu veröffentlicht
     Wie eigentlich immer bei solchen Formulierungen,                                   haben. Zu Beginn der Pandemie stellte man fest, dass
die Frauen sichtbar machen, erreichte uns Kritik (von                                   Männer deutlich mehr Forschungsarbeiten veröffent-
Männern), die sich zusammenfassen lässt als: Das Gen-                                   lichten als Frauen. Das war wohl unter anderem da-
dern nerve. Seltener erreichen uns Zuschriften, in denen                                rauf zurückzuführen, dass sich Akademikerinnen
sich jemand für die Formulierungen bedankt.                                             während der Schließung von Kitas und Schulen deut-
     Wer hier liest, muss sich allerdings daran gewöh-                                  lich mehr um Kinder kümmern mussten als Akademi-
nen. Die im Februar veröffentlichten neuen SPIEGEL-                                     ker – die Krise verstärkte die ohnehin bestehenden
Standards halten fest: „Das generische Maskulinum soll                                  Ungleichheiten.
nicht mehr Standard sein. Alle streben an, in ihren Texten                         2.	Chefärzte und Chefärztinnen, die aus dem Klinik­
beide Geschlechter abzubilden.                                                          alltag berichten. Obwohl Medizin heute von mehr
                                                                                        Frauen als Männern studiert wird, finden sich in Füh-
Expertinnen gefragt                                                                     rungspositionen immer noch wenige Frauen. Ärz-
                                                                                        tinnen setzen sich deshalb schon seit einer Weile für
Auch mal „Hausärztin“ zu schreiben und nicht immer                                      eine Frauenquote ein. Kein Witz: Wenn man „Chef-
nur „Hausarzt“, kann aber nur ein Anfang sein. Noch                                     ärztin Kardiologie“ googelt, fragt die Suchmaschine
­wichtiger ist es, auf der Suche nach Expertise nicht nur                               nach, ob man nicht „Chefarzt Kardiologie“ meinte.
 Ärzte, sondern auch Ärztinnen zu Wort kommen zu las-                              3.	 Vorstände der entsprechenden medizinischen Fach­
 sen, nicht nur Wissenschaftler, sondern auch Wissenschaft­                             gesellschaften in Deutschland. Auch hier sind Frau­
 lerinnen.                                                                              en deutlich seltener vertreten als Männer – und auch
      In der Coronakrise ist dies gerade zu Beginn schlecht                             Menschen, die BPoC sind, haben in Deutschland sel-
 gelaufen. Eine Auswertung der Kommunikationswissen-                                    ten diese Posten inne.
 schaftlerin Elisabeth Prommer zeigte, dass Frauen in TV-                               So passiert es schnell, dass zitierte Experten tatsäch-
 Formaten 22 Prozent der Experten stellten, in der Online-                         lich nur zitierte Experten sind und sich darunter keine Ex-
 berichterstattung sogar nur sieben Prozent.                                       pertinnen finden. Womit eines der Probleme des generi-
      Warum? Eine erste Erklärung ist, dass die schnells-                          schen Maskulinums gleich deutlich wird: Ob Frauen bloß
 te Anlaufstelle oft ein Mann ist. Stellen Sie sich vor, Sie                       mitgemeint sind oder tatsächlich da, verrät es nicht.
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10      sichtbarkeit von frauen

     Wen habe ich angerufen, befragt und zitiert?                   sind es Männer, wie etwa US-Präsident Donald Trump,
                                                                    Gesundheitsminister Jens Spahn, der Chef der Weltge-
     Dazu kommt, dass Frauen etwas häufiger Gesprächsanfra-         sundheitsorganisation Tedros Adhanom Ghebreyesus, die
     gen ablehnen, als Männer dies tun. Genau beziffern kann        Präsidenten von RKI und PEI, Lothar Wieler und Klaus Ci-
     ich das nicht, weil ich es nicht strukturell ausgewertet ha-   chutek. Ein paarmal Kanzlerin Angela Merkel zitieren,
     be, aber Kolleginnen und Kollegen schildern durchweg           stellt da kein Gleichgewicht her.
     denselben Eindruck. Achtung: Das ist eine Beobachtung,              Auch auffällig: Viermal habe ich Aussagen von Män-
     keine Schuldzuweisung. Es bedeutet nicht, dass die Exper-      nern erwähnt, weil diese aus meiner Sicht so irritierend
     tinnen „selbst schuld“ sind, wenn sie seltener gehört wer-     waren, dass öffentlicher Widerspruch nötig war, keinmal
     den. Im Schnitt passiert es nur häufiger, dass eine ange-      die einer Frau. Liegt das daran, dass Frauen in den Medien
     fragte Professorin oder Doktorin sagt, sie kenne sich mit      eben insgesamt seltener zitiert werden – oder dass sie sel-
     dem Thema nicht gut genug aus – bei Professoren oder           tener Unsinn reden? Vielleicht wecken schräge Aussagen
     Doktoren geschieht dies seltener.                              von Männern aber auch eher meinen Impuls zu widerspre-
          Weil manchmal konkrete Zahlen helfen, habe ich ge-        chen.
     zählt, wie oft ich seit Beginn der Coronakrise mit Expertin-        Aber wen habe ich wegen seiner – oder ihrer – Exper-
     nen beziehungsweise Experten gesprochen, wie oft ich           tise angerufen, angemailt, befragt und zitiert? Auch nur
     Männer und Frauen in meinen Artikeln erwähnt habe.             zu 28 Prozent Frauen. Immerhin: Von insgesamt neun In-
     Ausgewertet habe ich meine Autorentexte ab Februar,            terviews habe ich fünf mit Frauen geführt. Und während
     auch die, die ich gemeinsam mit ein bis drei Kolleginnen       ich mit dem HNO-Arzt Christian Lübbers in einem bereits
     geschrieben habe. (Autorentexte sind die Artikel, über de-     2019 geführten, aber erst 2020 veröffentlichen Interview
     nen mein voller Name steht. Dies ist bei längeren, auf-        über das persönliche und eher emotionale Thema (seiner)
     wendigeren Artikeln der Fall – kürzere Artikel, die auch       Segelohren gesprochen habe, habe ich zum Beispiel die
     mithilfe von Meldungen der Presseagenturen entstanden          Epidemiologin Emma Hodcroft zu Virusmutationen be-
     sind, habe ich nicht gezählt, weil die darin enthaltenen Zi-   fragt und die Virologin Sandra Ciesek zu den Eigenschaf-
     tate zum Großteil von den Agenturen stammen.)                  ten von Sars-CoV-2 allgemein.
          Was meine persönliche Statistik ergab: Knapp 120-              Auch auffällig: Zu Beginn der Coronakrise habe ich
     mal habe ich in den Artikeln Menschen namentlich er-           fast ausschließlich männliche Experten kontaktiert, in der
     wähnt, nur 22 Prozent davon sind Frauen. Ein Teil dieser       zweiten Jahreshälfte zu 45 Prozent Expertinnen. Aber un-
     Unwucht liegt darin begründet, dass die Artikel auch ab-       term Strich bleibt die Frauenquote in meinen Artikeln ver-
     bilden, wer an wichtigen Stellen etwas zu sagen hat. Meist     besserungswürdig.
sichtbarkeit von frauen                                                11

                                                                                                                             Foto: Kurhan/stock.adobe.com
     In den Bereichen Politik, Wirtschaft und Gesellschaft      Adrienne LaFrance, wie oft in ihren Artikeln Männer und
im gedruckten SPIEGEL liegt das Verhältnis Männer zu            Frauen erwähnt wurden – nur etwa ein Viertel der von ihr
Frauen laut einem aktuellen Bericht des Medienmagazins          Zitierten waren Frauen. Ihr Kollege Ed Yong griff das auf
„Kress“ übrigens sogar bei neun zu eins.                        und schrieb 2018 darüber, wie er zwei Jahre lang daran ar-
     Und noch etwas: Statt eines weißen Mannes ab und           beitete, das Gender-Ungleichgewicht in seinen Artikeln zu
zu auch mal eine weiße Frau zu Wort kommen zu lassen,           beheben. Während er zu Beginn auch viel häufiger Männer
ist weit entfernt von Diversität. Das ist mir auch klar. Die-   zitierte als Frauen, stand er am Ende bei etwa 50:50. Seine
se Auswertung ist deshalb nur ein erster Schritt eines ers-     Lösung war simpel: Er schreibt, er suche einfach so lange
ten Schritts. Mit BPoC-Expert*innen habe ich so selten          nach passenden Fachleuten, bis auf der jeweiligen Liste
gesprochen, dass ich meine bisherige Unzulänglichkeit           nicht bloß Männer, sondern auch einige Frauen stünden.
eingestehen muss. Und Ihnen nur empfehlen kann, dieses               Yong schreibt auch über einen Kritikpunkt, der ihm
Porträt der Immunologin Akiko Iwasaki bei „Statnews“ zu         begegnete – und den man oft im Zusammenhang mit einer
lesen oder die „Guardian“-Kolumnen der Public-Health-           Frauenquote hört: Es sei doch beleidigend gegenüber ei-
Expertin Devi Sridhar, die Schottland beim Umgang mit           ner Frau, sie nur zu interviewen, weil sie eine Frau sei. Das
der Pandemie berät.                                             ist aber ein Scheinargument, schreibt er. „Ich frage Men-
                                                                schen nicht wegen ihres Geschlechts nach ihrer Meinung,
Wie lässt sich das ändern?                                      sondern wegen ihres Fachwissens. Jede einzelne Person,
                                                                die ich kontaktiert, ist qualifiziert. Nur ist es jetzt so, dass
Eine Kollegin sagte mir, ich solle an dieser Stelle eine Ex-    die Hälfte dieser qualifizierten Leute Frauen sind.“ Man
pertinnenquote in den Medien fordern. Der daraus ent-           muss sich von der Weltsicht verabschieden, dass grund-
stehende Druck ließe sich ja weitertragen, etwa wenn            sätzlich immer ein Mann der beste Experte wäre. Denn für
man bei der nächsten Anfrage bei einer Uniklinik-Presse-        gewöhnlich gibt es eben nicht diese eine Person, die allein
stelle oder einem Facharztverband mit Verweis auf die           alles Wissen über diesen speziellen Sachverhalt besitzt.
Quote sagen könnte: Aber ich spreche nur mit einer Frau!             Das Schönste an Yongs Statement: Es erübrigt sich
Ob das eine gute Lösung darstellt, mag ich nicht beurtei-       dann tatsächlich, darüber zu diskutieren, ob eine Frau ei-
len. Eine Debatte dazu finde ich wünschenswert.                 ne Quotenfrau ist. Expertinnen sind Expertinnen. Punkt.
     Jenseits einer großen Medienquote gibt es aber die         Jetzt muss ich sie nur noch häufiger anrufen.
eigene, persönliche. Wie die sich umsetzen lässt, haben
eine Kollegin und ein Kollege vom US-Magazin „The Atlan-                     Nina Weber, DER SPIEGEL online, 26.11.2020
tic“ vor ein paar Jahren aufgeschrieben. 2016 analysierte                  Abdruck mit Genehmigung des Spiegel Verlags
12      frauen in führungspositionen

                                                 Foto: NDABCREATIVITY/stock.adobe.com
                                                                                        Es geht voran: Durchbruch beim Gesetz für die
                                                                                        gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Män-
                                                                                        nern in der Privatwirtschaft und im öffentlichen
                                                                                        Dienst, kurz FüPoG II genannt.

     Frauen in den
               Vorstand
     Die unionsgeführte Koalition im Bund hält, was sie ver-                                 in Führungspositionen sprechen. Diversität, gemischte
     spricht. Ein Ziel des gemeinsamen Koalitionsvertrages                                   Teams sind ein Erfolgsrezept. Die Unternehmensberatung
     von CDU, CSU und SPD ist die Förderung von Frauen in                                    McKinsey führte den Nachweis, dass Unternehmen mit
     Führungspositionen der Wirtschaft und im öffentlichen                                   mehr als 30 Prozent Frauen in ihren Entscheidungsgremi-
     Dienst. Ende November kam es zum Durchbruch bei den                                     en finanziell profitieren. Der Vorteil von gemischten
     Verhandlungen zum Führungspositionengesetz in der zu-                                   Teams ist die Vielfalt der Perspektiven. Mit ihnen verän-
     ständigen Koalitionsarbeitsgruppe. Ein großer Erfolg.                                   dert sich auch die Unternehmenskultur und das Klima im
     Erstmals haben wir verbindliche Vorgaben für mehr                                       Miteinander.
     Frauen in Vorständen von Unternehmern und in großen                                           Bei den personellen Entscheidungen in Unternehmen
     Körperschaften, wie den Krankenkassen, vereinbart. Wir                                  geht es um Wettbewerbsfähigkeit und unsere wirtschaft-
     setzen dort an, wo die Entscheidungen in Unternehmen                                    liche Zukunftsfähigkeit. Und deshalb wollen wir, dass der
     fallen. Damit machen wir der Weg frei für den Aufstieg                                  Bund gerade auch in seinem Einflussbereich als Vorbild
     von Frauen und eine andere Führungs- und Organisa­                                      vorangeht.
     tionskultur.                                                                                  Der Vorschlag sieht erstmals verbindliche Vorga-
          Dies war eine gemeinsame Kraftanstrengung von                                      ben für mehr Frauen in Vorständen vor. In Vorständen
     CDU und CSU. Wir konnten der Einigung unsere Prägung                                    börsennotierter und paritätisch mitbestimmter Unter-
     geben: Mehr Frauen in Führungspositionen, aber mit ei-                                  nehmen mit mehr als drei Mitgliedern muss künftig ein
     ner klaren Priorität dort, wo der Bund in der Verantwor-                                Mitglied eine Frau sein. Für die Unternehmen mit Mehr-
     tung steht. Wir berücksichtigen mit abgestuften Vorga-                                  heitsbeteiligung des Bundes wurde eine Aufsichtsrats-
     ben unterschiedliche Gegebenheiten in privaten und öf-                                  quote von mindestens 30 Prozent und eine Mindestbe­
     fentlichen Unternehmen.                                                                 teiligung in Vorständen mit mehr als zwei Vorständen
          Druck von allen Seiten hat geholfen. Wir konnten und                               vereinbart. Bei den Körperschaften des öffentlichen
     wollten nicht länger abwarten. Bereits 2012 hatten wir ge-                              Rechts wie zum Beispiel Krankenkassen, Renten- und
     meinsam mit EU-Kommissarin Viviane Reding eine euro-                                    ­Unfallversicherungsträgern sowie der Bundesagentur für
     päische Regelung für mehr Frauen in Top-Positionen in                                    Arbeit soll ebenfalls eine Mindestbeteiligung bereits bei
     Unternehmen gefordert. Freiwillige Selbstverpflichtun-                                   zwei Vorständen eingeführt werden. Damit werden erst-
     gen haben in den fast zwei Jahrzehnten keinen spürbaren                                  mals gesetzliche Mindestvorgaben für Vorstände kom-
     Erfolg gebracht.                                                                         men und wichtige Sozialversicherungsträger mit hun­
          Vorausdenkende Unternehmen haben längst er-                                         derttausenden weiblichen Arbeitnehmerinnen einbezo-
     kannt, dass klare wirtschaftliche Gründe für mehr Frauen                                 gen.
frauen in führungspositionen                                                     13

                                                                                                                           Foto: Joe Gough/stock.adobe.com
Evaluation beweist: Freiwillige Maßnahmen                        Stiftung liegt dieser zurzeit bei 12,8 Prozent. Der Bund geht
wirken nicht                                                     als Vorbild voran und zwar dort, wo der Bund staatlicher
                                                                 Mehrheitseigentümer ist. Dort sollen künftig schon Dreier-
Wir gehen qualitativ einen großen Schritt voran. Es gibt da-     vorstände mit mindestens einer Frau besetzt werden. Denn
zu keine Alternative. Die Evaluation zur Wirksamkeit des         bisher waren Unternehmen mit mehrheitlicher Beteiligung
Gesetzes für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und       des Bundes laut Bundesbeteiligungsbericht nur mit einem
Männern in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst       Frauenanteil von 15,2 Prozent in Vorständen und Geschäfts-
zeigt deutlich, dass eine feste Quote wirkt und freiwillige      führungen besetzt. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion hat
Maßnahmen nicht den gewünschten Fortschritt bringen.             sich nach einer intensiven Beratung bereits hinter die Eini-
Dort wo die feste Quote für Aufsichtsräte gilt, wurde die        gung zu Frauen in Führungspositionen gestellt. Bundes-
gesetzliche Vorgabe von 30 Prozent mit aktuell 35,2 Prozent      kanzlerin Angela Merkel wies in der Debatte darauf hin,
übertroffen. Es konnten also genügend hochqualifizierte          dass trotz vieler freiwilliger Vereinbarungen es immer noch
Frauen in die Aufsichtsräte berufen werden. Bei den Vor-         30 börsennotierte Unternehmen ohne eine Frau im Vor-
ständen großer Unternehmen wurde bislang auf freiwillige         stand gebe und trotz der jahrelangen öffentlichen Debatten
Selbstverpflichtungen gesetzt. Sie sollten sich selbst Ziel-     keine Änderung bei den Firmen eingetreten sei.
größen setzen. 70 Prozent der vom Gesetz betroffenen Un-              Dies ist genau der Punkt. Dazu abschließend ein Bei-
ternehmen wollten für die Zukunft nichts ändern: Sie set-        spiel: Die Finanzchefin von Siemens, Maria Ferraro, hatte
zen sich die Zielgröße „Null“, also keine einzige Frau für den   sich auf Twitter selbst als „Quotenfrau“ bezeichnet: Sie wer-
Vorstand. Sie sagen also glasklar: Frauen sind keine Option      de immer noch ungläubig angesehen, wenn sie sage, sie sei
für uns. Da sind wir als Gesetzgeber gefordert zu handeln.       Finanzchefin eines börsennotierten Unternehmens. Sie-
Die Reaktionen auf die Beschlüsse der „AG Frauen in Füh-         mens-Chef Joe Kaeser hat der „Quotenfrau“-Bewertung wi-
rungspositionen“ des Koalitionsausschusses reichten von:         dersprochen. Maria Ferraro gehöre zu den Besten und sie
„die Koalition gebiert ein Mäuschen“ bis zur „massiven Stö-      sei ein Vorbild: „Diejenigen, die Ihnen diese Blicke zuwer-
rung der unternehmerischen Freiheit der Unternehmen“.            fen, sind der Hauptgrund, warum in Deutschland ein Gesetz
Wir nehmen jedoch nicht nur die großen Unternehmen in            verabschiedet werden muss.“ Damit hat Joe Kaeser recht.
die Pflicht. Dazu ein paar Zahlen: Von den insgesamt 186         Das ist gute Unternehmensführung! Neben gesetzlichen
Vorstandsposten bei den 107 Krankenkassen sind bisher nur        Vorgaben brauchen wir eine neue Unternehmenskultur.
26 mit Frauen besetzt. Damit liegt der Frauenanteil bei den
Krankenkassenvorständen bei 14 Prozent. Das ist kaum hö-            Annette Widmann-Mauz MdB, Vorsitzende der Frauen
her als bei den Dax-Vorständen. Laut Zählung der Allbright-                              Union der CDU Deutschlands
14      frau vor ort

                                                                          Die Frauen Union der CDU Baden-Württemberg
                                                                          setzt sich für ein Sexkaufverbot ein. Wir haben uns
                                                                          im Landesverband umgehört, wie die Frauen vor

                                                  Foto: Christoph Naser
                                                                          Ort einen Perspektivwechsel fördern.

     Prostitution
     Perspektivwechsel
     Frauen Union der CDU Bezirksverband Südbaden                              tische Werbestrategie der Profiteure weiterhin im gesell-
                                                                               schaftlichen kollektiven Bewusstsein gehalten. Ein wichti-
     Baden-Württemberg hat sich des Themas bereits ab 2017                     ger Schritt ist, dies immer wieder klarzustellen.
     mit einem Arbeitskreis angenommen. Es ging primär da-                          Die FU Südbaden hat festgestellt, dass Presseerklä-
     rum, Einfluss auf das in diesem Jahr zur Novellierung an-                 rungen/Leserbriefe auf entsprechende Artikel die beste
     stehende liberale Prostitutionsgesetz zu nehmen. Was                      Wirkung haben. Aber auch das Nachfassen nach Zahlen,
     leider nicht gelungen ist. Informieren heißt seither das                  die oft durcheinander gebracht werden ist wichtig. So
     Schlagwort!                                                               werden nicht selten, die gemeldeten Prostituierten (je
          2018 richtete die FU Südbaden eine Veranstaltung zu-                 nach Artikel liegen die Zahlen bei 40 000 und 400 000)
     sammen mit dem Arbeitskreis aus. Südbaden ist durch das                   mit den sozialversicherten Prostituierten (circa 400) ver-
     liberale Gesetz in Deutschland besonders betroffen, weil                  wechselt. Im Wesentlichen gibt es fünf Punkte, die so oft
     es an die Schweiz und Frankreich grenzt, das wesentlich                   wie möglich, klargestellt werden sollten.
     strengere Prostitutionsgesetze hat. Somit wird die Prosti-                1.	Prostitution ist in den Händen der organisierten
     tution in grenznahe Orte nach Deutschland, dem „Puff                           Kriminalität.
     Europas“ verlegt. Zusammen mit dem Kriminalkommissar                      2.	Prostitution heißt Versklavung.
     a. D., Buchautor Manfred Paulus, und der Psychologin An-                  3.	Die Zahl der freiwillig tätigen Prostituierten ist
     ke Pracht, die mit Aussteigerinnen arbeitet, wurde auch                        verschwindend gering.
     dem anwesenden baden-württembergischen Justizminis-                       4.	Sex mit Freiern macht den Frauen keinen Spaß.
     ter Guido Wolf MdL die Tragweite der liberalen Gesetzge-                       Sie empfinden es als Qual und werden dabei oft
     bung nahegebracht. Er hatte ebenso wie viele andere, so                        ernied­rigt.
     auch Journalisten und Journalistinnen, die die Prostitution               5.	Nur wenige Prostituierte sind versicherungspflichtig
     zum Selbstbestimmungsrecht von Frauen zählen, keine                            angemeldet, was die ursprüngliche Intention der
     Vorstellung, wie weit die organisierte Kriminalität in die                     liberalisierten Gesetzgebung war. Das Gegenteil
     Gesellschaft eingedrungen ist. Nicht wenige Männer und                         wurde erreicht.
     Frauen sind auch heute noch überzeugt, dass Prostituier-
     ten Sex mit Freiern Spaß macht und ein Großteil der Frau-                     Helga Gund ist Bezirksvorsitzende der Frauen Union
     en diesen Job gerne ausüben. Dies wird durch eine gigan-                        der CDU Südbaden und stellv. Landesvorsitzende
frau vor ort                    15

                                                             Frauen Union der CDU Kreisverband Tübingen

                                                             Die Frauen Union des CDU Kreisverbandes Tübingen geht
                                                             zusammen mit dem Arbeitskreis Christ & Politik an die
                                                             ­Öffentlichkeit.
                                                                   Im Juli führten der Arbeitskreis Christ & Politik und
                                                              der Kreisverband der Frauen Union Tübingen zusammen
                                                              eine Online-Veranstaltung zum Thema durch. Prominen-
                                                              teste Rednerin an diesem Abend: Staatsministerin Annet-
                                                              te Widmann-Mauz MdB, Bundesvorsitzende der Frauen
                                                              Union, unterstützt durch den Beitrag von Sozialarbeiterin
                                                              Sabine Constabel von Sisters e.V., einem Verein, der Pros-
                                                              tituierten beim Ausstieg aus der Prostitution hilft. Sabine
                                                              Constabel betreut seit mehr als 30 Jahren im Stuttgarter
                                                              Rotlichtmilieu Prostituierte.
                                                                   Am 10.10.2020 veranstalten die Frauen der FU Info-
                                                              stände in Rottenburg und Tübingen zum Thema, unter-
                                                              stützt durch Mitglieder der CDA und des Arbeitskreises
                                                              Christ & Politik und der FU-Bundesvorsitzenden. Terres
                                                              des Femmes stellt Material bereit, trotzdem erstellen wir
                                                              nochmals eigene Flyer. Überrascht sind wir vom medialen
                                                              Echo. Artikel über Redaktionsgespräche im Vorfeld, Be-
                                                              richte und Nachrichten im regionalen Fernsehen über die
Landesvorstand der Frauen Union                               Aktionen geben uns einen breiten Raum. Das Argument
der CDU Baden-Württemberg                                     von Annette Widmann-Mauz „Es geht um Rechte. Frauen-
                                                              rechte sind Menschenrechte.“ überzeugt.
Im FU-Landesvorstand waren wir übereingekommen,
dass wir beim nächsten Bundesparteitag einen Antrag auf                          Christine Jerabek ist Kreisvorsitzende
Einführung des „Nordischen Modells“ stellen wollen. Nun                           der Frauen Union der CDU Tübingen
ist pandemiebedingt aber ja alles anders. Programma-
tische Anträge werden erst wieder bei einem ordentlichen
Programmparteitag debattiert
     In meiner Funktion als CDU-Kreisvorsitzende habe
ich beim letzten Bundesparteitag schon einen entspre-
chenden Antrag gestellt. Dieser wurde aber zur Beratung
in die CDU/CSU-Bundestagsfraktion verwiesen.
     Wer im einundzwanzigsten Jahrhundert noch der ro-
mantischen Vorstellung von der „Glücklichen Hure“, die
in großer Selbstbestimmung und vollkommen freiwillig
dem „ältesten Gewerbe“ der Welt nachhängt, befindet
sich auf dem falschen Dampfer. Die Wirklichkeit sieht bru-
tal anders aus. Prostitution ist kein „normales Gewerbe“,
sondern bedeutet Ausbeutung und Menschenhandel, ist            Impressum
menschenunwürdig, zerstörerisch und frauenverachtend.          Herausgeber: Bundesgeschäftsstelle der Frauen Union der CDU Deutsch­
     Nachdem nun Pandemie-bedingt auch Bordelle                ­­­lands · Klingelhöferstraße 8 · 10785 Berlin · Telefon 030 22070452 · Te­le­
schließen mussten, wurden die Opfer kurzerhand in ihre         fax 030 22070439 · fu@cdu.de · www.frauenunion.de · Bun­des­­ge­schäfts­
Heimatländer zurück verfrachtet oder sie fristen hier ihr      führerin: Claudia Hassenbach · Re­­daktions­leitung: Silke Adam · Ver­lag:
Dasein im Untergrund und in grausamer Abhängigkeit.            Union Betriebs-Gesellschaft mbH · Egermannstraße 2 · 53359 Rhein­bach ·
Höchste Zeit zum Umsteuern – wann, wenn nicht jetzt?           Telefon 02226 8020 · Telefax 02226 802111 · Telefon Ver­trieb 02226 802213 ·
Abhilfe könnte das „Nordische Modell“ schaffen.                Geschäftsführer: Jürgen von Meer · Erscheinungsweise: 6-mal im Jahr ·
     Die Frauen-Union Baden-Württemberg setzt sich             Be­­zugs­­preis: Einzelpreis 2,50 Euro · Jahresabonnement: 15,00 Euro · Bank­
deshalb weiterhin und nachdrücklich für das „Nordische         verbindungen: Sparkasse KölnBonn (IBAN DE20370501980007510183,
Modell“ ein und wird dies mit den entsprechenden Anträ-        BIC COLSDE33XXX) · Raiffeisenbank Voreifel eG (IBAN DE933706962
gen untermauern.                                               70076204012, BIC GENODED1RBC) · Anzeigenverwaltung: Union Be-
                                                               triebs-GmbH · Egermannstraße 2 · 53359 Rhein­­bach · Layout, Satz &
     Brigitte Schäuble ist Mitglied des Landesvorstandes       Druck: Union Betriebs-GmbH · Egermannstraße 2 · 53359 Rhein­bach ·
         der Frauen Union der CDU Baden-Württemberg            Dieses Produkt wurde auf chlorfreiem Papier gedruckt.
Frau & Politik

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                 Magazin der Frauen Union der CDU Deutschlands

                 Ausgabe 6/2020 · 66. Jahrgang G2977

                 Politische
                           Kommunikation
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