Freundschaft und Partnerschaft. Sexualität und Behinderung - Partner fürs Leben.
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Sponsoring-Post Verlagspostamt 8010 Graz 02Z033483 S S T E I E R M A R K Jahrgang 18, Nr. 4/2006 © Siegfried Zimmermann Partner fürs Leben. Freundschaft und Partnerschaft. Sexualität und Behinderung.
Lebenshilfe Steiermark | Foyer Inhalt Liebe Leserin, lieber Leser! >> „Leben wie andere auch!“ Die Le- benshilfen in der Steiermark beken- nen sich zu dieser Aussage für Men- schen mit Behinderung in allen Le- bensbereichen. Bei der Arbeit, beim Wohnen und in der Freizeit; beruflich wie privat. Ein gleichberechtigtes Le- ben inmitten der Gesellschaft zu füh- Freundschaft und ren, heißt jedoch auch, zwischen- Sexualität und Behinderung. menschliche Erlebnisse mit anderen Menschen teilen zu dürfen … Freun- de zu haben, eine Partnerschaft zu führen, gemeinsam zu leben und für- Thema einander da zu sein. Seite 4 Lieben und Leben wie andere auch. Romana und Johann sind ein starkes Team Diese Ausgabe von „Lebenshilfe“ wid- Seite 5 Wo die Liebe hinfällt. Der Beziehung wegen zog Peter met sich einem besonderen Schwer- von der Stadt aufs Land punkt: Der Freundschaft und Partner- Seite 6 „Gemeinsam sind wir stark”. Beziehung bedeutet schaft, der Sexualität und Behinde- rung. Ein Thema, das lange Zeit auf Eis nicht immer, dass alles gut läuft gelegen hat, doch allmählich scheint es Seite 7 Endlich am Ziel. Erika Heinz erzählt von ihrer Partnerschaft zu brechen. Lesen Sie, was Menschen und wie alles begonnen hat mit Behinderung dazu zu sagen haben, Seite 8 „Abenteuer Leben”. Helene Berthold ist fünffache Mutter, wie ihre Interessenvertreter darüber zwei ihrer Kinder haben eine Behinderung denken und was der steirische Lan- Seite 9 Siegfried Zimmermann im Gespräch über die Partnersuche deshauptmann-Stellvertreter, Dr. Kurt Seite 10 „Was ist für dich ein Freund oder eine Freundin?” Flecker, meint. ... Berührende Antworten zum Thema Und dabei ist wohl eines klar: Jeder Seite 11 Partnersuche – Die Partnerbörse der Lebenshilfe Mensch hat das Recht auf Partner- Seite 12 Freunde fürs Leben. Die Partnersuche über schaft, Nähe und Sexualität. die Lebenshilfe-Zeitung Seite 14 Sexualität im Zwiespalt von Behinderung und Verhinderung Ich wünsche Ihnen viel Freude beim Seite 15 Dr. Kurt Flecker äußert sich zu Sexualität und Behinderung Lesen! Seite 16 On Board – die Onboardis. Herzlichst, Eine Partnerschaft der besonderen Art Nicole Rubisch Seite 16 Zu guter Letzt PS: Wir würden uns freuen, wenn Sie uns zu diesem Thema schreiben: Landesverband der Lebenshilfe Steiermark, Schießstattgasse 6, 8010 Graz. Seite 2
Vorwort Was ist für uns Menschen eines der wich- tigsten „Lebensmittel“? Wir nennen es Freundschaft, Zuneigung, Partnerschaft,
Lebenshilfe Steiermark | Thema Freundschaft & Partnerschaft Lieben und Leben wie andere auch Romana und Johann sind ein starkes Team. Gemeinsam sind sie durch Dick und Dünn gegangen, haben das Leben angenommen wie es ist. Die beiden werden von der Lebenshilfe Graz und Umgebung – Voitsberg begleitet. Und am Samstag, da wird getanzt … Von Nicole Rubisch ne Stelle in einem Baumarkt als Lager- arbeiter und Staplerfahrer. Romana und Johann lernten sich bei der Lebenshilfe kennen. „Wir haben in der Trainings- wohnung in der Theodor-Körner-Stra- ße gewohnt“, sagt Johann und erzählt: „Sie im ersten Stock, ich im zweiten. Ich bin immer hinuntergegangen, hab einen Kaffee getrunken und auf die Ro- mana gewartet bis sie von der Arbeit heimgekommen ist. Dann hab ich mit ihr gesprochen und langsam, ganz vor- sichtig ihr Herz für „Das Leben in mich geöff- einer Partner- net.“ Roma- na arbeitete schaft ist leichter.“ in der Kü- Romana chengruppe der Tageswerkstätte in der Casalgasse und wechselte später in das „Bistro Relativ“ am Ortwein- p l a t z . A u f Grund einer körperlichen Einschränkung und häufiger epilepti- © H. Schiffer scher Anfälle musste sie diese Arbeit mittlerweile aufgeben. „Zum Leid gehört auch die auch die Haltungsschäden und die Sko- Seit drei Jahren sind die beiden nun Freud“, sagt Romana, lächelt und liose. Meine spätere Arbeit in einer ein Paar. 2004 bezog Romana ihre erste legt ihre Hand in die von Johann. Ge- Gärtnerei war auch schlimm für meinen eigene Wohnung und auch Johann über- meinsam sitzen sie auf dem Sofa in Ro- Rücken. Der war so schief, dass die siedelte in ein eigenes Zuhause. Seit- manas Wohnung in Graz, erinnern sich Ärzte mich vor die Wahl stellten: Rolli dem werden sie von Angela, ihrer an den gestrigen Abend im Tanzcafé. oder OP“, erinnert er sich und fügt hin- Wohnassistentin, unterstützt. Sie „Schön war es da!“, freut sich Johann zu: „Aber heute geht es mir dank der kommt regelmäßig zu Besuch, gibt und schaut seiner Freundin dabei in die Romana gut.“ Tipps und weiß immer einen Weg, Augen. Das Leben hat sich den beiden wenn es Probleme gibt: „Die Angie ist nicht immer von seiner sonnigen Seite Eine Operation war unbedingt nötig eine große Hilfe. Ich kenn’ mich bei Be- gezeigt. Romana hat eine ebenso lange und so musste Johann den Beruf als hördensachen nicht aus, auch bei Erlag- wie unerfreuliche Ehe hinter sich und Gärtnergehilfe aufgeben. Mit Unter- scheinen und öffentlichen Sachen nicht. Johanns Leben ist vor allem von harter stützung der Arbeitsassistenz machte Die Angie übersetzt mir das, sagt, was Arbeit geprägt: „Ich musste schon als er sich auf den Weg, eine neue Arbeits- es bedeutet und was ich machen muss. Kind mit anpacken, daher kommen stätte zu suchen und fand schließlich ei- Das ist wichtig, sonst könnte ich nicht in Seite 4
Wo die Liebe hinfällt Von der Stadt aufs Land: Bei einem Urlaub in Murau lernten sich Peter und Karin kennen. Schon bei der ersten Begegnung wussten die beiden, dass sie von nun an ihr Leben gemeinsam verbringen wollten ... Doch Peter lebte in Graz und Karin in Murau. einer eigenen Wohnung leben, aber mit der Wohnassistenz Lebenshilfe: Peter, was dachten Sie, als Sie Karin das geht es. So kann ich mein Leben recht gut meistern …“ erste Mal gesehen haben? Peter: Ich freute mich, dass ich endlich einmal in meinem Le- Der Alltag. Johann und Romana leben getrennt, denn den ben so eine tolle Frau kennen lernte. Schritt, gemeinsam zu wohnen, wollen die beiden nicht wa- Lebenshilfe: Karin, was war Ihr erster Eindruck von Peter? gen: „Das Leben in einer Karin: Ich war sprachlos, völlig hingerissen. Schlimm war es, als er wieder nach Graz gefahren ist. „Dann hab ich mit Partnerschaft ist leichter, weil man einander hat. Aber ihr gesprochen und durch die Erlebnisse in mei- Nach dem ersten Zusammentreffen führten Peter und Karin viele Telefonate – gefolgt von gegenseitigen Besuchen in Graz vorsichtig ihr Herz ner Ehe möchte ich alleine und Murau. Doch eine Beziehung auf Entfernung zu führen, für mich geöffnet.“ wohnen; es ist wichtig, dass ist nicht immer einfach. Anfang 2006 entschloss sich Peter, Johann jeder sein Rückzugsgebiet sein geliebtes Stadtleben aufzugeben und aufs Land zu „sei- hat“, erzählt Romana. „Aber ner“ Karin zu ziehen ... eines weiß ich“, sagt sie, „gegenseitiges Vertrauen, kein Miss- Schließlich folgte ein Umzug in das Wohnhaus der Lebenshil- trauen, dem anderen die Freiheit lassen, das hilft in jeder Be- fe Murau, wo er seither im vollzeitbetreuten Wohnen beglei- ziehung und macht den Alltag schön!“ Ihre Freizeit verbringen tet wird. Karin wohnt in einiger Entfernung in einer Trainings- die beiden stets miteinander; hören Radio, kochen, kümmern wohnung im Ortszentrum von Murau und verbringt jede sich um Romanas Katze „Sandy“ oder unternehmen lange freie Minute mit Peter. Karin sorgt sich liebevoll um ihn und liest ihm beinahe jeden Wunsch von den Augen ab. Die Frei- Spaziergänge. Die beiden verbindet auch die Liebe zum Tanz: zeit verbringen die beiden gerne beim Spazierengehen und „Ob Polka, Walzer oder Fox, Samstagabend wird getanzt“, Bummeln, am liebsten gehen sie jedoch auf einen Kaffee. Die schmunzelt Johann, nimmt Romana in den Arm und bittet schönste Zukunftsvorstellung für beide ist, einmal miteinan- zum Tanz. der in einer Trainingswohnung zu wohnen. Lebenshilfe: Peter und Karin, was hat sich für Sie seit Peters Umzug nach Murau verändert? Peter: Obwohl ich das Stadtleben manchmal vermisse, habe ich meine Entscheidung noch nie bereut. Ich genieße die Zeit mit Karin sehr. Karin: Ich fühle mich sehr gut und bin froh, dass Peter nun in Murau ist, ich bin jetzt glücklicher. Lebenshilfe: Danke für das Gespräch. Für die gemeinsame Zukunft wünschen wir Ihnen von Herzen alles Gute! © H. Schiffer >> Diese Geschichte ist in der neuen Broschüre der Lebens- hilfe Graz und Umgebung – Voitsberg „Leben wie andere auch“ erschienen. Sie können diese Broschüre unter der Telefonnum- mer 0316 / 71 55 06-600 anfordern. Seite 5
Lebenshilfe Steiermark | Thema Freundschaft & Partnerschaft „Gemeinsam sind wir stark“ Beziehung bedeutet nicht immer, dass alles gut läuft und schön ist. Machmal ist man auch mit Kompromissen und der gemeinsamen Lösung von Problemen konfrontiert. Aber dennoch lebt es sich in einer Patnerschaft leichter ... Auch innerhalb der Lebenshilfe Radkersburg gibt es Pär- chen. Reinhold Potzinger ist seit einigen Jahren in der Weberei der Werkstätte Mureck beschäftigt. Silvia Gödl arbeitet in der Küche der Werkstätte Bad Radkersburg. Die beiden sind seit einem Jahr ein Paar und sprachen mit Marlene Pirkheim über ihre Beziehung und ihre gemeinsame Zukunft. Wie habt ihr euch kennengelernt? Und was gefällt dir an Reinhold, Silvia? hen Eis essen oder spazieren und wir Reinhold: Das erste Mal haben wir uns Silvia: Mir gefällt, dass Reinhold immer reden viel miteinander. Zusammen mit vor einigen Jahren bei einem Arzt in ehrlich zu mir ist. Er hört mir zu, wenn unseren Betreuern gehen wir auch Bad Radkersburg gesehen. Ich war mit ich Probleme habe oder wenn es mir Nordic Walken. Silvester haben wir ge- meinem Betreuer zu einer Untersu- schlecht geht. Ich kann immer zu ihm meinsam in einem Gasthof gefeiert. chung dort, als Silvia zur Tür hereinge- kommen, wenn mich etwas bedrückt. Das war sehr schön. kommen ist. Silvia hat mich angespro- Silvia: Gemeinsam einkaufen gehen wir chen und mir erzählt, dass sie nach dem Was macht ihr gemeinsam in eurer auch manchmal. Reinhold kann sehr gut Arztbesuch einkaufen geht. Zu der Zeit Freizeit? kochen, einmal hat er für mich geback- habe ich noch zu Hause gewohnt. Kurz Reinhold: Wir sind jeden Tag zusam- ene Champignons gemacht, die waren darauf bin ich in das Wohnhaus Kolping- men, weil wir im gleichen Haus woh- sehr gut. Wir gehen auch sehr gerne haus gezogen. Seit vier Jahren lebe ich nen. Wir sehen zusammen fern und ge- mit Reinholds Hund spazieren. nun in der betreuten Wohngemein- schaft in Mureck, wo auch Silvia wohnt. Wie lange seid ihr schon zusam- men? Reinhold: Am 12. Oktober war es ein Jahr. Silvia hatte damals noch einen Freund, der sie schlimm gekränkt hatte. Die Beziehung zu ihm ist dann in die Brüche gegangen. Voriges Jahr kamen wir beide zusammen und zum Jahrestag war ich mit ihr essen. Silvia: Ein kleines Geschenk hat Rein- hold auch bekommen. Darüber hat er sich sehr gefreut Was gefällt dir an Silvia, Reinhold? Reinhold: Sie ist sehr zuverlässig, lieb, fesch und sie ist nicht auf Geld aus. Sie schenkt mir immer wieder Kleinigkei- ten, ich kann mit ihr zusammen einkau- fen oder spazieren gehen und wir re- den sehr viel miteinander. Wenn sie sich ärgert, tut es mir auch weh, weil ich nicht will, dass sie schlecht drauf ist. Seite 6
Endlich am Ziel „Für mich sind Sexualität und Partnerschaft ein sehr wichtiges Thema, aber auch durchaus kompliziert.“ Erika Heinz, Obfrau des Vereins People First Steier- mark spricht hier offen über ihr Leben – gemeinsam mit ihrem Partner Bernhard. Als Mensch mit Behinderung ist es nicht einfach, eine Part- nerschaft zu führen. In meinem Falle führte es sogar dazu, dass ich von zu Hause ausgezogen bin. Meine Mutter akzep- Möchtet ihr einmal zusammenziehen? tierte meinen Freund zwar und er war wie ein Sohn für sie, Reinhold: Ich möchte eigentlich schon für mich al- aber sie sagte, wir sollten ruhig weiterhin eine Wochenend- leine wohnen bleiben. Silvia und ich wohnen im beziehung führen. An unser gemeinsames Leben wollte sie gleichen Gebäude und sie kann immer zu mir in nicht denken ... Ich lebte ja auch in einer Einrichtung und mein Zimmer kommen oder ich komme zu ihr. Bernhard in einer Trainingswohnung, wo er auf das selbstän- Zusammenbleiben will ich schon mit ihr aber in dige Leben vorbereitet wurde. getrennten Zimmern im gleichen Gebäude. Silvia: Wenn wir einmal zusammenziehen sollten, Anfangs besuchten wir uns nur gegenseitig, das führte dann erst in ein paar Jahren. Ich glaube schon, aber vor allem in der Gruppe, in der ich wohnte, zu Unru- dass wir gemeinsam einen Haushalt führen kön- hen. Und auch durfte ich mit meinem Partner nur fortgehen, nen. Ich möchte aber in Mureck wohnen bleiben. wenn ein Betreuer mit dabei war. In dieser Zeit lernten Ich fühle mich dort sehr wohl und kenne schon Bernhard und ich uns sehr gut kennen. Wir lernten viel von einige Leute. einander: Er lernte von mir den Umgang mit dem Rollstuhl und eine gewisse Art von Stärke. Auch, dass man sich lang er- Möchtet ihr irgendwann heiraten? sehnte Wünsche erfüllen muss. Ich wiederum bekam durch Silvia: Ich kann es mir schon vorstellen aber es unsere Partnerschaft die Kraft, mich von meiner Mutter zu steht noch alles offen. lösen und meinen eigenen Weg zu gehen. Damit ist auch Reinhold: Nein, ich möchte so mit Silvia zu- mein langer Lebenstraum in Erfüllung gegangen: Nämlich mit sammenleben wie jetzt. Ich denke, dass eine Be- Bernhard in einer eigenen Wohnung mit Wohnassistenz zu ziehung eher auseinandergeht wenn man verhei- leben. Und das ist heute das Schönste für mich. ratet ist. Möchtet ihr einmal Kinder haben? Reinhold: Ich habe Kinder sehr gerne, ich habe ja schon einige Nichten und Neffen. Selber möchte ich aber keine haben, es geht sich ja auch finan- ziell nicht aus. Silvia: Ich habe auch ein paar Nichten und Neffen und freue mich immer, wenn ich sie sehe. Was wünscht ihr euch für eure Beziehung? Silvia und Reinhold: Wir wünschen uns, dass alles so bleibt wie es ist und dass wir immer zusam- men sein können. Seite 7
Lebenshilfe Steiermark | Thema Freundschaft & Partnerschaft „Abenteuer Leben“ Helene Berthold ist fünffache Mutter, zwei ihrer Kinder haben eine Behinderung. In „Lebenshilfe“ berichtet sie über die Beziehung zu ihrer Tochter Magdalena – und über die Elternschaft als Partnerschaft. „Ja, so lange ich mich stützung, die wir unseren Kindern mit © H. Schiffer irgendwie be- Behinderung zukommen ließen, emp- wegen kann, werde ich mein be- fanden wir oft als überfordernd. Auch hindertes Kind zuhause behalten der Ablösungsprozess, speziell zwi- und es selbst betreuen.“ Als jun- schen Mutter und Tochter, konnte in ge Mutter hatte ich diesen Satz dieser engen Konstellation nicht richtig oft gehört. Diese Aussage zog stattfinden. Dies zehrte ebenfalls an un- immer meine Aufmerksamkeit seren Kräften. So reifte Stück für Stück auf sich: Sie irritierte mich, ja sie der Entschluss, für Magdalena eine verwirrte mich. Ich hörte aus Wohnmöglichkeit außer Haus zu fin- diesem Satz zwei extreme Hal- den. tungen heraus: Auf der einen Seite war da etwas menschlich Neue Wege. Nach einem informativen sehr Berührendes zu hören, Gespräch mit Eva Skergeth-Lopic´, die aber auf der anderen Seite war für den Bereich „Wohnen“ der Lebens- da etwas Hartes, fast könnte ich hilfe Graz und Umgebung – Voitsberg sagen etwas Quälendes. Damals zuständig ist, dachten mein Mann und ich nicht h a b e n w i r Ein Ablösungs- an diese Zeit der Zukunft unse- M a g d a l e n a prozess zwischen rer Kinder, denn die Aufgaben, für einen die zu bewältigen waren, waren Wo h n p l a t z Mutter und Toch- andere. angemeldet. ter, der bis heute Wir Eltern mussten uns erst in Im Herbst andauert. das Schicksal fügen lernen. Die 2004 wurde Gegenwart war extrem for- es ernst: Ein vollzeitbetreuter Wohn- dernd und beanspruchte alle platz war frei geworden. Wir willigten Kräfte. Was wird sein, wenn un- ein und damit setzte sich ein Ablösungs- sere Kinder, vor allem unsere und Lernprozess in Gang, der bis heute beiden behinderten Kinder, er- andauert. wachsen sind – diese Frage stell- te sich uns nicht … Magdalena, die zeitliche Orientie- rungsprobleme hat, fand es spannend, Dann kam die Zeit, wo unsere in die zukünftige Gruppe schnuppern Kinder nach und nach erwach- zu gehen, auch das Zimmer herzurich- sen wurden. Die beiden Ältesten ten war lustig, aber Vorstellung über ih- waren ausgezogen und auch re veränderte Zukunft hatte sie keine. Magdalena, unsere behinderte Da sie ganz stark im Augenblick lebt, ist Tochter, war eine Frau gewor- das eben schwierig für sie … Gut ein- den. Natürlich waren auch wir einhalb Jahre lebt sie nun in ihrem Eltern in die Jahre gekommen. „Abenteuer“: Wohnen und Leben mit Die notwendige tägliche Unter- anderen Menschen. Alltagsunterstüt- Seite 8
Im Gespräch Siegfried Z. ist Künstler im Malatelier Randkunst Graz der Lebenshilfe Graz und Umgebung – Voitsberg. Hier spricht er über Partnerschaft und die Partnersuche, die sich nicht immer ganz einfach gestaltet. Lebenshilfe: Herr Z., wie sind Sie auf die Idee gekommen, eine zung von anderen anzunehmen, unterstützt ihre Ab- Kontaktanzeige zu schreiben? lösung von uns sehr. Es ist ein Lernprozess für alle – Siegfried Z.: Ich hab das in der Lebenshilfe-Zeitung gesehen und für Magdalena, für uns Eltern und die Geschwister. dann bin ich selber draufgekommen, dass ich da was machen könn- te. Dann hab ich zur Ingrid (der Betreuerin, Anm. der Red.) gesagt, Die Arbeitsentlastung, dass ich das machen will. „Da sie stark im die durch Magdalenas Augenblick lebt, Auszug von Zuhause ge- Lebenshilfe: Was haben Sie da hineingeschrieben? ist das schwierig geben war, war vom er- Siegfried Z.: Dass ich in der Malwerkstätte arbeite, dass ich gern Sternzeichen male, gern spazieren gehe und vor allem, dass ich für sie.“ sten Tag an positiv. An- gern bei TUMAWAS mitmache und in die Brücke gehe. ders erlebten wir ihre sonstige Abwesenheit. Wir vermissten ihre Alltagsri- Lebenshilfe: Hat sich jemand gemeldet? tuale, die gemeinsamen Stunden, aber auch ihre Siegfried Z.: Nix, niemand hat sich gemeldet, dann hab ich aufge- Konflikte mit uns. Wir Eltern müssen lernen, die hört. Aber ich hab einmal gesehen, dass jemand aus Mürzzuschlag Unterstützung und Begleitung nun in die Hände der einen Brieffreund sucht. Dort hab ich dann was hingeschickt und BetreuerInnen zu legen, auf ihr Können zu vertrau- die Brieffreundin hab ich noch immer. en, aber auch die Augen offen zu halten, um die Ab- läufe in einem Wohnhaus besser zu verstehen. Ge- Lebenshilfe: Sie haben also eine Brieffreundin gefunden, mit der gebenenfalls ist es notwendig, Änderungsvorschläge Partnerschaft hat sich aber nichts ergeben … einzubringen. Siegfried Z.: Ich hab schon eine Freundin. Naja ein bisschen … mit Zusammenfassend würde ich sagen, dass es von allen der Magdi, aber nicht viel. Beteiligten große Bereitschaft zur Zusammenarbeit Lebenshilfe: Wo haben Sie Ihre Freundin kennen gelernt? verlangt, um für Magdalena gute Bedingungen zu Siegfried Z.: Bei TUMAWAS und in der Brücke. schaffen, diese gravierende Veränderung in ihrem Le- ben zu meistern. Aber das Gefühl, unserer Tochter ei- Lebenshilfe: Was ist für Sie in einer Partnerschaft wichtig? nen guten Weg geöffnet zu haben, ist gegeben. Siegfried Z.: Zusammen leben und sich ganz nah zu sein. Lebenshilfe: Sie sind ja Künstler bei Randkunst und malen gerne Frauen und Akte, warum? Siegfried Z.: Ich mach das gern; Frauen zeichnen und die Männer auch. Lebenshilfe: Danke für das Gespräch! Siegfried Z. ist Künstler bei „Randkunst”. Vor allem Akt- zeichnungen be- stimmen seine kreative Arbeit. Seite 9
Lebenshilfe Steiermark | Thema Freundschaft & Partnerschaft „Was ist für dich ein Freund oder eine Freundin?“ ... ... Diese Frage haben wir unseren Kundinnen und Kunden der Tageswerkstätte Feldbach gestellt und interessante, liebevol- le, für jeden von uns nachvollziehbare aber auch überraschen- de Zitate erhalten. Manche dieser Antworten brauchten viel Zeit und Geduld ... andere wiederum kamen ganz spontan. Jeder weitere Kommentar meinerseits erübrigt sich beim Durchlesen dieser teils berührenden Worte ... Wie sehr man oder frau sich doch selbst darin wiederfindet, bei der Überlegung, was einen Freund oder eine Freundin aus- macht ... Mag. Yasmin Herzog-Lipp >> „Meine Freundin sollte Pullover >> „Ein Freund ist da zum Fortge- anziehen, bunten Rock, Schuhe mit hen, Ausgehen.“ Birgit S. Mascherl. Soll blonde Haare haben und rote Lippen. Augenfarbe ist egal. Sie trägt Ohrringe und Ring.“ >> „Teresa, weil wir uns gegenseitig Robert T. ärgern und uns viel erzählen.“ Karl P. >> „Gehe mit meiner Freundin spa- zieren, tanzen, essen ... Ich hätte ger- >> „Mit der man ins Kino geht, tele- ne einen Freund zum Küssen und so ... foniert und schwimmen geht. Auch wenns so was gibt. Oja, hätte ich ger- bei ihr übernachtet.“ Evelyn W. ne.“ Rosalinde T. >> „Doris ist meine Freundin. Freun- >> [Nach langem Nachdenken] de sind, wer mir hilft, mich führt ...“ „Mama“ Gerald K . [sehbeeinträchtigt] Anonym >> „Eine Brieffreundin habe ich >> „Freundschaft ist Spielen, etwas schon. Eigentlich habe ich keinen unternehmen. Zuhause habe ich keine Freund.“ Maria S. Freunde. Ich bin immer allein unter- wegs. In der Arbeit ist Karl mein Freund. Wir sind schon zusammen in >> „Manfred, Elisabeth und Werner“ die Schule gegangen. Er ist mein [die BetreuerInnen] Michi W. Freund, weil er nett und tüchtig ist und ich mich gut mit ihm verstehe. >> „Ein Helfer, der alles zuwitrogt.“ Freundinnen habe ich keine.“ Markus P. Anonym Seite 10
PARTNERSUCHE Brieffreundschaft. Ich heiße Markus Jessner, bin 27 Jahre alt und suche eine Freundin zum kennen lernen und mehr. Sie soll zwischen 20 und 28 Jahre alt sein. Meine Hobbys sind Langlaufen, Schifahren, ich liebe Volksmusik und mehr ... Meine Adresse: Markus Jess- ner, Grazerstraße 6/2, 8753 Fohnsdorf. Du erreichst mich auch unter Tel. 03573 / 34 25 23, erreichbar bis 20 Uhr. >> „... Der Freund tut mit der Freundin auch ein Busserl geben.“ Anonym Hallo! Ich heiße Benjamin. Ich möchte gerne ein Mädchen kennen lernen. Meine Hobbys sind schwimmen, Eisstock schießen, klettern, Radtouren, wandern, ausgehen, Ski fahren, Schnee- >> „Wenn ich mich mit dem Freund gut ballschlachten machen, Eislaufen und fernsehschauen. Ich wür- verstehe und mit ihm eine Gaudi habe. Und er soll einen Charakter haben, er soll de mich sehr freuen, wenn ich einen Brief von dir kriege. Viel- mir nicht ins Gesicht lügen. Freundin habe leicht können wir dann auch mal zusammen Essen oder ins ich keine. Wenn ich eine Freundin hätte, Kino gehen. Kontakt: Benjamin Resedaritz, Mariazellerstr. würde ich sie fest einteilen zur Hausarbeit. 52, 8605 Kapfenberg oder 0676 / 60 71 401 Wenigstens ein bissl.“ Thomas T. Hallo! Ich heisse Cornelia und unterhalte mich gern. Meinst >> „Hilfebereit, nett, kann ihm alles er- du wir könnten Telefonpartner werden? Ich bin 22 Jahre jung zählen ...“ Gabriel M. und in St. Johann im Sausal daheim. Diese Gemeinde schließt der Bezirk Leibnitz ein. Die Tageswerkstätte Arnfels ist mein Arbeitsplatz, genauer gesagt fand ich in der Kreativgruppe mei- >> „Ich weiß was eine Freundin ist. Ich nen Platz. Hast du Lust, hin und wieder mit mir zu telefonieren habe schon eine gehabt. Sie hat bei mir oft angerufen. Wir haben über Sex ge- oder zu sms’n? Dann darfst du mich anrufen. Nicht vergessen! sprochen. Ich habe sie in der Sonderschu- Meine Telefonnummer: 0664 / 47 69 833. Ruf mich gleich le kennen gelernt ... Ich bin mit den an, es ist nichts dabei. Deine Cornelia! Freundinnen fortgegangen, ins Kaffeehaus und zu den Festen ...“ Alfred F. Hallo, ich heiße Regina Penz und bin 30 Jahre alt. Ich suche im Raum Juden- >> „A Frau“ Werner S. burg bis Leoben oder Murau einen net- ten Brieffreund. Bei besserem Kennen ist persönlicher Kontakt nicht ausge- >> „Ein Freund ist jemand, der mich ger- schlossen. Meine Hobbys sind Musik hö- ne hat ... jemand, mit dem man viel reden ren, spazieren gehen und Kaffee trinken! kann zum Beispiel über Probleme. Ich wür- Meine Adresse lautet: Regina Penz, de mit einem Freund Ausflüge machen. Wenn es eine richtige Beziehung wäre, Christophorusweg 15, 8750 Judenburg. würde ich mich sogar von einem Freund Ich würde mich auf deine baldige Nachricht sehr freuen! waschen lassen, aber nur, wenn er Interes- se daran zeigen würde.“ Manuela S. Hallo, ich heiße Alex und bin in der Lebenshilfe Salzburg. Ich möchte mit gleichgesinnten und lustigen Leuten, die etwas >> „Papa, Spielen, Nicole“ Franz S. mehr über mich wissen möchten und gerne Briefe schreiben, Kontakt aufnehmen. Ich würde mich sehr darüber freuen. Liebe Grüße einstweilen, Alex. >> „... Seppi ist mein Freund, weil er Kontakt: Alexander Holzleitner, Uferstraße 17, 5071 Wals / schöne Haare hat ...“ Doris H. Viehhausen Seite 11
Lebenshilfe Steiermark | Thema Freundschaft & Partnerschaft „Ewald und ich“ Hallo! Ich bin Monika Bachmair und bin Leserin der Lebenshilfe- Freunde Zeitung. Ich bin seit 11. Oktober 1993 in der Lebenshilfe in Weiz. 2003 habe ich in das Heft geschrie- ben, dass ich einen Partner suche. fürs Leben Und gleich hat sich der Ewald ge- Seit vielen Jahren gibt es die Rubrik „Partnersuche“ in der meldet – seit dem habe ich den. Dann haben sich noch zwei Lebenshilfe-Zeitung, die Menschen mit Behinderung die Suche gemeldet. nach einem Partner erleichtern soll. Hier haben sich im Laufe der D as erste Mal war ich in Graz, dort habe ich Ewald kennen ge- lernt. Dann war ich bei ihm in Admont Zeit viele Menschen gesucht und gefunden. – Wenn auch nicht immer als Paare fürs Leben, aber oft als Freunde fürs Leben. einen Tag. Ich bin jetzt drei Jahre zusam- Denn mit einem guten Freund oder einer guten Freundin an men mit ihm. Früher habe ich geschrie- ben und jetzt rufe ich ihn an – und es der Seite lässt es sich leichter leben ... geht gut. Er macht immer Spaß mit mir und dann mache ich Spaß mit ihm. Ich habe eine Stiefmutter, einen Papa Große Erwartungen Hallo, mein Name ist Helmut, ich bin 36 Jahre alt, lebe und arbeite und zwei Brüder. Ich mache gerne seit rund drei Jahren in der Lebenshilfe Knittelfeld. Sport: Schwimmen, laufen, Rad fahren. Ich habe beim Stock schießen den er- sten Platz gemacht und eine silberne Medaille gewonnen. Ich war gerne tur- P artnerschaft beziehungsweise Partnersuche sind auch in meinem Leben ein sehr wichtiges Thema. Es ist nicht einfach, eine Freundin oder eine Partnerin zu finden, daher habe ich vor einem Jahr eine Anzeige in die Lebenshilfe-Zeitung ge- nen bei „Christina lebt“ und ins „I-Kaf- setzt. Die Erwartungen waren groß! Eine Frau hatte ebenfalls eine Anzeige in der fee“ gehe ich gerne. Nur Turnen ist jetzt Zeitung aufgegeben. Ich habe ihr daraufhin gleich geschrieben und durch die Unter- aus, wann es wieder anfangt, weiß ich stützung meiner BetreuerInnen konnte ich meine Briefbekanntschaft besuchen; und noch nicht. Ich gehe zur Volkshilfe. sie mich auch. Wir haben uns sehr gut ver- Erst war ich in der Cafeteria, jetzt gibt es standen, es war schön, eine Freundin gefun- die nicht mehr. Jetzt bin ich aber noch den zu haben, mit der man Erlebnisse und Er- dort und arbeite im Speisesaal. Ich habe fahrungen austauschen kann. Für eine Part- eine Wohnung in der Lebenshilfe. Dort nerschaft hat es aber leider nicht gereicht, zu- wohnen ich und eine Mitbewohnerin. dem auch die örtliche Entfernung zwischen Wir haben eine Küche. Meine Mitbe- uns hinderlich war. Nun bin ich erneut auf der wohnerin und ich kochen zusammen Suche nach einer Partnerin und hoffe, dass ich oder wir wechseln uns beim Putzen ab. vielleicht auf diesem Wege wieder jemanden Ich wohne da zweieinhalb Jahre schon. finden werde ... Ich habe einen Computerkurs gemacht vom 3. Mai bis 6. Juni 2005. Das habe ich >> Helmut Sattler ist Kunde der jetzt selbst geschrieben. Lebenshilfe Knittelfeld. Wenn Sie ihm Monika Bachmair schreiben möchten: Er wohnt am Unzdorfweg 2, in 8720 Knittelfeld. Seite 12
Licht und Schatten Wahre Freundschaft zählt Die Chance, über die Lebenshilfe-Zeitung einen Unter dem Motto „Wir und unsere Partner zu finden, wird auch von den KundInnen der Geschichten“ fand ein therapeutisches Lebenshilfe Radkersburg gerne genutzt. Manchmal Projekt der Lebenshilfe Radkersburg rund um entsteht aus einer Brieffreundschaft auch eine Be- ziehung ... Anita Russ, Kundin der Lebenshilfe Rad- Beziehungen statt. kersburg, erzählt hier von ihren Erfahrungen mit Partnerschaftsanzeigen. B ereits zum zweiten Mal fand im Schloss Halbenrain ein Workshop mit der Tanztherapeutin Carmen List und der Kunsttherapeutin Christa Herrmann statt. So erarbeiteten die I m Jahr 2004 gab ich eine Anzeige bezüglich Brief- freundschaften in die Lebenshilfe-Zeitung. Ich erhielt 32 Antworten auf meine Anzeige und in den darauf folgen- KundInnen der Lebenshilfe Radkersburg eine Woche lang Be- den Tagen stieg meine Telefonrechnung sehr hoch ... Bald ziehungsthemen. Ziel des Workshops war es, sich auf andere merkte ich, dass mir ein Mann besonders gut gefiel. Wir te- einzulassen und die Rahmenbedingungen für ein Leben in Bezie- lefonierten öfter und haben uns auch einige Male getroffen. hung zu erkennen ... Wie gehe ich mit meinem Gegenüber um? Wir sind zusammen essen gegangen oder machten es uns Wie gestalte ich Beziehung? Wie viel Nähe oder Distanz brau- bei mir zu Hause gemütlich. Einmal waren wir auch bei ei- nem Konzert. Mit Peter telefoniere ich noch immer ab und chen ich und der andere? zu. Es ist schön, dass aus dieser Anzeige eine solche Freundschaft entstanden ist, die noch immer hält. Darum Wie gestalte ich Übrigens: Im Rahmen der Abschlussver- grüße ich Peter aus Lassing ganz herzlich und sage „Danke anstaltung im Festsaal der Stadtgemeinde Beziehung? für die gemeinsamen Stunden“. Bei einem zweiten jungen Mureck zeigten die TeilnehmerInnen eine Mann wartete ich leider vergeblich auf die von ihm gemach- beeindruckende Performance im Licht und Schatten und wur- ten Versprechungen. Leider wurde nichts daraus, was mich den dabei mit gebührendem Applaus von über hundert Zu- traurig machte. schauerInnen belohnt. Die in der Projektwoche erarbeiteten Aber ich finde es Themen konnten anschließend in der künstlerischen Umset- toll, dass es die zung in verschiedenen Medien – Bilder und Skulpturen – be- Partnersuche der wundert werden. Der dritte und letzte Teil des Projektes findet Lebenshilfe gibt. im April 2007 statt. „Meine Freundin Susanne und ich am Kienzerhof in Trahüt- ten“, Anita Russ Seite 13
Lebenshilfe Steiermark | Thema Freundschaft & Partnerschaft >> Zu guter Letzt On Board – Sexualität und Die Onboardis™ Behinderung Eine Partnerschaft der besonderen Art: Unsere Gesellschaft ist schon sehr offen und Die Onboardis der Lebenshilfe trotzdem ist es etwas sehr Privates, über Graz und Umgebung – Voitsberg. Sexualität zu sprechen – noch dazu im Zusammenhang mit intellektueller Behinderung. Von Daniela Gruber D ie Lebenshilfe Graz und Umgebung – Voitsberg liefert ei- nen Verkaufsschlager: Die Onboardis. Die kleinen Uni- kate werden von Menschen mit Behinderung in der Tageswerk- stätte Söding geschaffen. Onboardis können als Brosche, Schlüs- I n der Lebenshilfe versuchen wir, nach dem Prinzip der Normalität zu leben und unseren Kunden ein möglichst normales Leben zu bieten – mit dosierter Be- sel- oder Halsbandanhänger getragen werden, in Kleidung ein- genäht oder in Laufschuhe eingebunden werden. In der Region Voitsberg gelten die kleinen Kunstwerke mittlerweile als belieb- gleitung. Sexualität ist ein Grundbedürfnis. Das Ausleben te Kult- und Tauschobjekte. stößt jedoch sehr rasch auf Grenzen. Für die Bewohner- Innen unserer Wohnhäuser besteht der große Wunsch, Die treibende Kraft hinter den Onboardis ist Peter Sandor- einen Partner oder eine Partnerin zu finden, dies stellt Guggi vom Turn- und Sportverein Kainach (TUS Kainach): „Ein sich jedoch als fast unmöglich dar. Zahlreiche Versuche, Onboardi kostet zwei Euro und fünfzig Cent. Ein Euro davon wie etwa Kontaktanzeigen aufzugeben, sind schon fehl- kommt dem Steirischen Behinderten-Sportverband (StBSV) geschlagen ... bzw. dem Kinder- und Jugend-Behindertensport – JBS Steier- mark, REHAzentrum Tobelbad – zu Gute; ein Euro und zwan- Unbefriedigte Sexualität führt teilweise zu psychi- zig Cent ergehen an die Tageswerkstätte Söding. Die restlichen schen Erkrankungen, die fachärztlich behandelt werden 30 Cent kommen in müssen. Die Gabe von Tabletten kann zwar eine Symp- den Topf ‚Projektför- tomverbesserung bringen, nicht jedoch eine Lösung des derung/Projektkos- Grundproblems. Erschwerend hinzu kommt noch die ten’, aus welchem Einstellung mancher Eltern, die durch ihre Erziehung unter anderem finan- oder ihre Lebensumstände eben nicht anders können: zielle Vorleistungen Sexualität stellt für sie ein absolutes Tabuthema dar, sie für Onboardis-Bestel- vertreten oft die Meinung, ihre Kinder haben und brau- lungen, Werbemaß- chen keine Sexualität in ihrem Leben. nahmen und derglei- Wie können Begleiterinnen und Begleiter helfend ein- chen abgedeckt wer- greifen? Trotz zahlreicher Literatur und Gesprächen mit den“, so Sandor-Gug- Fachleuten fanden wir noch keine wirklich gute Lösung. gi. Übrigens tragen Wir können keinen Partner „herzaubern“ und wir wollen die Schmuckstücke keine Bordellbesuche vorschlagen. den Namen Onboardi aus einem bestimm- Vielleicht können Sie etwas zu diesem Thema bei- ten Grund: „Wir wol- tragen, liebe Leserinnen und Leser. – Welche Mög- len alle herzlich Will- lichkeiten sehen Sie für Menschen mit Behinde- kommen an Bord hei- rung, auch im Bereich der Sexualität so „wie ande- ßen, um gemeinsam re auch“ leben zu können? mit und für Menschen >> Schreiben Sie uns! mit Behinderung er- Landesverband der Lebenshilfe Steiermark, folgreich zu sein“, sagt Schießstattgasse 6, 8010 Graz Peter Sandor-Guggi. Daniela Gruber ist Leiterin der Lebenshilfe Knittelfeld. Seite 16
Im Gespräch mit den. Der Erfolg gibt uns auch Recht, denn wohl unvergleichliche Onboardis™-Pro- Peter Sandor-Guggi mittlerweile sind schon viele Institutionen jekt. Nebst der organisatorischen Mitwir- Lebenshilfe: Die Onboardis sind kleine – Sportvereine, Firmen, Schulen, und vie- kung und aktiven Unterstützung seitens Kultobjekte. Herr Sandor-Guggi, Sie sind le mehr – an Bord gegangen. Und dies al- TUS Kainach samt allen SpitzenathletIn- die treibende Kraft hinter den Onboar- les, obwohl wir uns noch in den Kinder- nen des Vereins mutierte diese Veranstal- dis. Welche Emotion steht dahinter? schuhen befinden. Die Onboardis sind tung zu einem unvergesslichen Erlebnis Peter Sandor-Guggi: Ein solches Projekt wirklich als eine Einladung an ALLE Er- und die Onboardis feierten schließlich ei- unaufhörlich zu beleben und auszudeh- denbürger zu verstehen, gemeinsam mit ne fulminante Premiere. nen erfordert viel Energie. Schon viele Menschen mit Behinderung an Bord zu Menschen haben das Onboardis-Projekt gehen! Lebenshilfe: Mit diesem Projekt unter- beispielgebend begleitet und unterstützt, stützen Sie auch Sportler mit Behinde- die Onboardis-Gemeinschaft wird stän- Lebenshilfe: Wie begann alles? – Und rung ... dig größer und größer. Die überaus posi- wie kam es zu Ihrem Engagement? Peter Sandor-Guggi: Das Onboardis™- tive Resonanz der Bevölkerung gibt ei- Peter Sandor-Guggi: Im Jahre 2004 wur- Konzept ist so ausgelegt, dass ein Teil des nem die hiefür erforderliche Kraft. Und de mir seitens TUS Kainach, einem west- Verkaufserlöses für die Sportförderung das Streben nach einem gemeinsamen steirischen TOP-Verein in der Leichtath- von Menschen mit Behinderung einge- Erfolg mit und für Menschen mit Behin- letik- und Triathlonszene, die or- setzt wird. Die Quintessenz un- derung bedeutet zugleich eine besondere ganisatorische Verantwor- seres gemeinsamen Onbo- Herausforderung. Gemeinsam können tung zur Ausrichtung ardis™-Projektes liegt und werden wir es schaffen! des Berglaufklassi- darin, sportliche und kers, den „Interna- künstlerische Akti- Lebenshilfe: Und Ihre Emotion? tionalen Bergma- vitäten von Men- Peter Sandor-Guggi: Viele emotionale rathon Kainach“, schen mit Behin- Aspekte stecken hinter dem Onboar- übertragen. Für derung zu unter- dis™-Projekt. Zum einen sind es die mich war von stützen, auf de- schier unglaublichen Leistungen von Anbeginn klar, ren Leistungen Menschen mit Behinderung. Das künstle- dass ein solch be- aufmerksam zu rische Wirken und die Fingerfertigkeiten sonderer Sport- machen und diese bei den Ton-, Schmuck- und Industriear- event nur unter Teil- auch zu würdigen. beiten in den Tageswerkstätten beein- nahme und Mitwirkung Natürlich fehlen uns drucken mich zutiefst! Als ich das erste ALLER ausgetragen werden vorerst noch die Mittel um Mal die Tageswerkstätte der Lebenshilfe sollte – und selbstverständlich ge- diese Ambitionen im großen Stil GUV in Söding betrat, war ich regelrecht hören dazu auch Menschen mit Behinde- zu realisieren, aber immerhin können wir überwältigt von den faszinierenden rung. schon ein paar Dinge umsetzen – zum Kunstwerken. Unbeschreiblich, welch Es folgte eine Kooperation mit dem Stei- Bespiel: Die Förderung einer steirischen kreatives Schaffen dort vorherrscht. Die rischen Behindertensportverband Behinderten-Schisportlerin im Nach- Malkunstwerkstätte „Randkunst“ wurde (StBSV) und dies sollte erst der Anfang ei- wuchsbereich sowie Sportrollstühle für für mich zum Inbegriff künstlerischen ner erfolgreichen Zusammenarbeit sein. die Kinder im REHAzentrum Tobelbad Wirkens. Wichtig war mir dabei, auf eine längerfri- und JBS Kapfenberg. Super wäre, wenn stige Ausrichtung dieser Partnerschaft es uns bis Jahresende gelänge, für unsere Lebenshilfe: Was ist Ihr Motto? Bedacht zunehmen; Bereits ein Jahr spä- Blinden-SportlerInnen ein Budget zur Peter Sandor-Guggi: Unter dem Motto ter, am 1. Oktober 2005, fiel der Start- Trainingsförderung in Form eines Tan- „Gemeinsam mit und für Menschen er- schuss anlässlich der „Österreichischen dem-Rades parat zu haben. folgreich sein!“ sollten viele weitschichti- Meisterschaften im Straßenlauf der Be- Lebenshilfe: Danke für das Gespräch ge emotionale Netze angesprochen wer- hinderten“, in Unterpremstätten für das und alles Gute! Seite 17
Lebenshilfe Steiermark | Magazin Interessenvertretung Solide Finanzen und angemessene Kontrolle. Die Finanzlage muß rechtzeitig erkennbar sein. Von Johann F. Lampel Nicht nur dem Vereinsfunktionär muss das Rechnungswesen des Vereines eine angemessene Kontrol- le ermöglichen. Auch Rechnungsprüfer, Subventionsprüfer, öffentliche und private Geldgeber, Finanz- behörden, Krankenkassen, etc. werden die Prüfungshandlungen auf das Rechnungswesen stützen. Was muss der Funktionär beim Welche Details müssen Vereins- Rechnungswesen beachten? funktionäre bei „großen Vereinen“ beach- Um den Bestand eines Vereines durch solide Finanzen zu si- ten? Hier wird die Sache etwas komplizierter: chern, wird der Funktionär gezwungen, das Rechnungswesen stärker (als vielleicht bisher) zu beachten. Vereinsart mittelgroßer Verein großer Verein Unterscheidungs- Einnahmen/Ausga- Einnahmen/Ausga- 1. Der Funktionär muss dafür sorgen, dass die Finanzlage kriterium ben größer 1 Mio. ben größer 3 Mio. rechtzeitig erkennbar ist! Dies wird durch die Umsetzung bis 3 Mio. oder Spendenauf- der Regelungen des Vereinsgesetzes erreicht kommen größer (siehe Ausgabe 3 / 2006, S. 20). 1 Mio. 2. Primär ist festzulegen, ob der Verein der einfachen oder Buchführung doppelte doppelte Buchhal- der qualifizierten Rechnungslegung unterliegt. Buchhaltung tung, geltende Regelungen für Ka- pitalgesellschaften Jahresabschluss Bilanz, Gewinn- Bilanz, Gewinn- und Verlust- und Verlustrech- Wie sieht das Rechnungswesen beim rechnung nung und Anhang „kleinen Verein“ (Einnahmen/Ausgaben mit Anlagenspiegel nicht größer als 1 Mio. €) aus? Jahresabschluss- binnen 5 Monaten binnen 5 Monaten Erstellung Folgende Mindeststandards sind zu erfüllen: Zusätzliche Im Anhang: Mit- 1. Laufende Aufzeichnungen der Einnahmen und Ausgaben – Angaben gliedsbeiträge, öf- mindestens monatlich. fentliche Subven- 2. Führung eines Anlagenverzeichnisses – für nicht sofort tionen, Spenden, abschreibbare Gegenstände. sonstige Zuwen- dungen, Einkünfte 3. Subventionen und Mitgliedsbeiträge sind erst bei Zufluss aus wirtschaft- zu erfassen. licher Tätigkeit 4. Die Erstellung eines Finanzplanes wird dann zusätzlich und die zuordenbar- nötig, wenn die finanzielle Lage nicht mehr einfach en Aufwendungen überblickt werden kann. 5. Erstellung der Einnahmen-Ausgaben-Rechnung samt Vereinsfunktionäre werden sich, wenn sie nicht selbst ein- Vermögensübersicht innerhalb von fünf Monaten nach schlägig vorbelastet sind oder im Verein hochqualifiziertes Ende des Geschäftsjahres. Personal vorhanden ist, eines profunden Wirtschaftstreuhän- 6. Die Vermögensübersicht sollte mindestens die ders/Steuerberaters bedienen müssen. Dies dient sicherlich wesentlichen Vermögens- bzw. Schuldenstände aufweisen. auch der Haftungsbegrenzung. Seite 18
BHG: Visionen & Erfahrungen Einerseits haben Vereinsfunktionäre dafür zu sorgen, dass die Fi- Dr. Wolfgang Sellitsch ist Leiter der nanzierung der Vereinsgeschäfte gesichert, andererseits das Ver- Rechtberatung der Lebenshilfe Steiermark. einsvermögen sachgerecht, wirtschaftlich und sparsam verwaltet In „Lebenshilfe” berichtet er über seine ist. Der Mitgliederversammlung, einem etwaigen Kontrollorgan Erfahrungen mit dem Steiermärkischen sowie den Rechnungsprüfern ist über die Verwendung der Ver- einsmittel Rechenschaft zu geben. Für eine ordentliche und ge- Behindertengesetz. wissenhafte Verwaltung fremden Vermögens sind die dargestell- ten Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung durch den Funk- tionär unbedingt zu beachten. D ie neuen Rechtsansprüche des Behindertenge- setzes vom 1. Juli 2004 stellen eine großartige Verbesserung gegenüber der alten Rechtslage dar. In den ersten beiden Jahren unserer Beratungspraxis haben wir All diesen Anforderungen kann der Vereinsfunktionär bzw. das die Erfahrung gemacht, dass den Bedürfnissen von Men- Leitungsorgan nur dann gerecht werden, wenn er sich auf ein schen mit Behinderung mit der erstmaligen Schaffung den gesetzlichen Grundlagen und ein dem Verein angepasstes von Rechtsansprüchen zweifelsohne besser entsprochen Rechnungswesen stützen kann. wurde. Die Problematik liegt aber im Vollzug dieses mo- dernen Gesetzes durch die Behörden. Auffällig ist aus unserer Sicht die unterschiedliche Handhabung des neu- Zweck des Jahresabschlusses en Behindertengesetzes in den steirischen Bezirken. Dokumentation Rechenschaft Information Unterschiedliche Handhabung. Dadurch passiert es immer wieder, dass oft der Wohnort unserer Kunden Vermögen Verwendung an Mitglieder- entscheidet, ob beziehungsweise in welchem Umfang Vereinsmittel versammlung Leistungen zuerkannt werden. In vielen Fällen konnten Schulden unsere Kunden erst mit Interventionen von unserer Sei- Rechnungsprüfer te oder in Berufungsverfahren ihre Ansprüche verwirk- Vereinskapital lichen. Die gute Zusammenarbeit mit vielen Institutionen sonstige der Behindertenhilfe, wie insbesondere mit dem Anwalt für Menschen mit Behinderung des Landes Steiermark, sowie mit dem Verein für Sachwalterschaft und den ent- Wie kann es sein, dass Vereinsfunktionäre scheidenden Behörden haben sich dabei sehr bewährt in die Schlagzeilen kommen, bzw. sogar und werden mehr Rechtssicherheit für unsere Kunden Insolvenzverfahren über Vereine eröffnet bringen. werden? Gesetzesnovelle. Ob die geplante Gesetzesnovelle für Klare Antwort: Offensichtlich war die Finanzlage nicht rechtzei- unsere Kundinnen und Kunden weitere Verbesserungen tig erkennbar und es haben gesetzlich vorgeschriebene Kontroll- erwarten lässt, bleibt abzuwarten. Jedenfalls haben wir mechanismen versagt! – Zum Schluss verbleibt dann immer die unsere Erfahrungen und die Nöte unserer Kunden im Suche nach den Schuldigen für eine derartige Misere. Vorfeld der Gesetzwerdung an kompetenter Stelle ein- gebracht. – Wir sind also gespannt, in welchem Ausmaß „Das Kreuz mit der Steuer eine Umsetzung erfolgen wird. – ein Ungeheuer?“ das ist Die Erfüllung unserer Vision, dass Menschen mit Behin- das Thema in der nächsten derung in größerem Umfang als bisher leben, wohnen Ausgabe. und arbeiten können „wie andere auch” wird uns weiter- hin der nötige Ansporn sein. >> Kontakt: >> Lesen Sie auf den Seiten 30 und 31 Steuerberater Lampel mehr über das Projekt „Rechtsberatung”. St.-Peter-Gürtel 10 / Center Ost 8042 Graz Telefon: 0316 / 40 99 93 E-Mail: stb.lampel@utanet.at www.steuerberaterlampel.at Seite 19
Lebenshilfe Steiermark | Magazin Interessenvertretung Das BHG: Eine lebendige Materie Vor rund einem halben Jahr durfte ich hier einen Beitrag zu den Erfahrungen mit dem Steiermärkischen Behindertengesetz 2004 in den ersten 21 Monaten seiner Geltung verfassen. Was hat sich seit damals getan? Von Mag. Siegfried Suppan D em dargestellten Aufholbedarf im Zusammenhang mit den IHB-Ver- fahren wurde Rechnung getragen, indem Durchführung dieser – sowohl für den einzelnen Menschen mit Behinderung als auch für das Gelingen des Gesetzesvor- scheidungsträger weitergegeben wer- den. Dort wo keine Übereinstimmung zu erreichen war, wurden die unter- man das Personal des IHB-Vereines be- habens – insgesamt besonders bedeutsa- schiedlichen Standpunkte und deren je- deutend men Verfahren zu erreichen. weilige Begründung klargelegt. Ich gehe Neuerungen: Die vergrößert daher davon aus, dass die Novellierung Erarbeitung eines hat. Eben- Die zweite wesentliche Entwicklung bald erfolgen kann und sich die gemein- Vorschlages zur so wurde damit be- der vergangenen Monate bestand in der Erarbeitung eines Vorschlages zur ersten schaftlichen Empfehlungen der ExpertIn- nen darin hoffentlich wieder finden wer- ersten Novelle des g o n n e n , Novelle des Behindertengesetzes. Die- den. Behindertengesetzes. b e z i r k s - ser wurde unter Beteiligung aller damit Bis jetzt (Anfang November 2006, Anm. weise flä- befassten und davon betroffenen Perso- der Red.) hat sich das neue BHG aus mei- chendeckende Begutachtungen durchzu- nen, Institutionen und Behörden bzw. ner Sicht als sehr lebendige Materie dar- führen und damit ein Regelwerk für eine deren VertreterInnen erstellt. Das gestellt. Das sollte so bleiben. Regelmäßi- möglichst kompetente und reibungslose Hauptaugenmerk lag dabei auf den aus ge Blicke auf die Entwicklungen sind da- der Sicht der bei ein unverzichtbares Qualitätskrite- täglichen Praxis rium. erkennbaren notwendigen Veränderungen, Mag. Siegfried um den Zielen Suppan ist Anwalt des Gesetzes für Menschen mit bestmöglich ent- Behinderung des sprechen zu Landes Steier- können. Für vie- mark. le Bereiche konnte Konsens gefunden und ein gemeinsamer Vorschlag an die politischen Ent- >> >> Seite 20
Behindertengleichstellungspaket Mit dem 1. 1. 2006 trat auf Initiative des ehemaligen Sozialministers Herbert Haupt und der nunmehrigen Bundesministerin Ursula Haubner das Behindertengleichstellungspaket in Kraft. „Paket“ deshalb, weil nicht nur das Behindertengleichstellungsge- setz (BGstG) verabschiedet wurde, sondern auch das Behinderten- einstellungsgesetz (BeinstG) und das Bundesbehindertengesetz (BBG) sowie einige angrenzende Gesetze im Sinne des Gleichstel- lungsgebots geändert wurden. Von Dr. Margareta Steiner I m Behindertengleichstellungsgesetz (BGstG) ist geregelt, dass Menschen mit Behinderungen, bei öffentlich zugäng- lichen Informations- und Dienstleistungsangeboten und bei pri- gliedschaft in Inter- essenvertretungen, Zugang zu selbstän- vaten Rechtsgeschäften (insbesondere Verbrauchergeschäfte diger Erwerbstätig- nach dem Konsumentenschutzgesetz) nicht diskriminiert wer- keit und arbeitnehmerähnliche Verhältnisse). den dürfen. Unter Diskriminierung versteht man in diesem Zusammenhang: Im Bundesbehindertengesetz (BBG) ist die Errichtung einer 1. Die unmittelbare Diskriminierung (eine Person erfährt auf- Behindertenanwaltschaft geregelt. grund der Behinderung eine weniger günstige Behandlung als nicht behinderte Menschen in einer vergleichbaren Was geschieht bei einer Verletzung des Gleichstellungs- Situation). gebotes: 2. Die mittelbare Diskriminierung (eine Schlechterstellung Vor jedem Gerichtsverfahren ist ein Schlichtungsverfahren ver- durch anscheinend neutrale Vorschriften, Kriterien, Verfah- pflichtend. In jeder Landesstelle des Bundessozialamtes wurde ren oder Barrieren verschiedenster Art) und daher eine Schlichtungsstelle eingerichtet, mit dem Ziel Inter- 3. die Belästigung. essengegensätze auszugleichen. Im Zuge dieses Verfahrens kann von den Schlichtungsparteien auch Mediation durch externe, Dieses Gesetz schützt Menschen mit Behinderung, Eltern, die geprüfte MediatorInnen in Anspruch genommen werden. Die ein behindertes Kind betreuen, Angehörige, die einen behinder- Kosten des Schlichtungsverfahrens übernimmt das Bundessozi- ten Menschen überwiegend betreuen und ZeugInnen oder Aus- alamt. Sollte die Schlichtung nicht glücken, kann Klage einge- kunftspersonen in Verfahren sowie UnterstützerInnen einer Be- bracht werden. Im Falle einer unmittelbaren oder mittelbaren schwerde. Diskriminierung kann der Ersatz des materiellen und immate- riellen Schadens eingeklagt werden. Bei einer Belästigung geht Im Behinderteneinstellungsgesetz (BeinstG) ist seit dem 1.1. man von einem Schadenersatz von mindestens 400 Euro aus. 2006 zusätzlich die Nicht-Diskriminierung in der Arbeitswelt geregelt (privatrechtliche und öffentlich-rechtliche Dienstver- Die Autorin ist Leiterin der hältnisse, Ausbildungsverhältnisse und Weiterbildung, Mit- Landesstelle Steiermark des Bundessozialamtes. Das Behindertengleichstellungspaket des Bun- Dr. Hansjörg Hofer, Dr. Wolfgang Iser, Dr. Ka- >> Buchtipp des wurde im Juli 2005 vom Nationalrat be- schlossen und trat am 1. Jänner 2006 in Kraft. Das Gesetz beinhaltet im Wesentlichen das rin Miller-Fahringer und Dr. Max Rubisch sind Experten auf dem Gebiet des Behinderten- rechts und schrieben einen Kommentar zum Behinderten- Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz, ei- Behindertengleichstellungsrecht. Darin be- ne umfangreiche Novelle des Behindertenein- leuchten sie die Rechtsmaterie aus ihrer Sicht. gleichstellungsrecht stellungsgesetzes sowie Änderungen des Bundesbehindertengesetzes und bringt einen >> Der Kommentar ist im nwv – neuer Paradigmenwechsel in der Politik für Men- wissenschaftlicher Verlag erschienen schen mit Behinderungen mit sich. ISBN-Nummer: 3-7083-0334-2 Seite 21
Lebenshilfe Steiermark | Aktuell Berichte der Lebenshilfen ALPHA NOVA AKADEMIE Mit Humor ans Ziel Seminare die Spaß machen, findet man nicht überall. Die Akademie-Angebote von alpha nova machen es möglich und beleben in zwei Kursen den Spaß und Humor bei der Arbeit. Führen mit Humor - Konfliktlösungen und Referent: Michael E. Trybek, Trainer & Seminar- Entwickeln von Humorkompetenz Kommunikation mit Humor leiter, Clown, Buchautor, Humorpro- im Führungsstil. - Konstruktiver und kreativer jektleiter, Trainings im gesundheitswe- Humor ist ein wesentliches Merkmal Umgang mit Fehlern und sentlichen, pädagogischen und sozialen der Persönlichkeit und ist mit einem re- Emotionen Berufsfeld sowie in Unternehmen. spektvollen Umgang mit Menschen - Humor-Ressourcen im Team Termin: 23. Jänner 2007, 9 bis 17 Uhr verbunden. Humor kann eine gelöste, erkennen und stärken Ort: alpha nova Beratungszentrum, Rö- entspannte Sicht bewirken. Gerade in - Erweiterung des eigenen merstraße 92, 8401 Kalsdorf Situationen, wo Entscheidungen getrof- Lebens-Repertoires und Kosten: 225 Euro fen und Veränderungsprozesse ent- Handlungsspielraumes Anmeldeschluss: Ende Dezember 2006 wickelt werden. Zielgruppe: >> Kontakt und Information: Inhalte: Frauen und Männer in (an)leitenden alpha nova Akademie - Persönlichkeitsentwicklung durch Positionen, von der Team- bzw. Grup- Caroline Knüpper Humorkompetenz penleitung bis hin zur Unternehmens- 8401 Kalsdorf, Römerstr. 92 - Aktives Management mit leitung Tel.: 03135 / 56382-11 Fax: -25 praktischen „Humor-Tools“ E-Mail: akademie@alphanova.at Schluss mit lustig? - Die „Kunst des Scheiterns“ als Basis sentlichen, pädagogischen und sozialen Stressreduktion durch Humor am des Gelingens Berufsfeld sowie in Unternehmen. Arbeitsplatz. - Angewandter Perspektivenwechsel Termin: 24. Jänner 2007 Negativer Stress wirkt einengend auf - Humor zur Aussöhnung von 9 bis 17 Uhr Körper und Geist und die Kreativität Kränkungen Ort: alpha nova Beratungszentrum, versiegt. Eine humorvolle Sichtweise - Humor als Brücke zur Klientin oder Römerstraße 92, 8401 Kalsdorf kann spannungsgeladene Situationen zum Klienten Kosten: 195 Euro auflockern – auch völlig unerwartet. Anmeldeschluss: Ende Dezember 2006 Humor ist zum Teil eine Gabe, kann Zielgruppe: aber auch erlernt werden. Frauen und Männer in helfenden, hei- >> Kontakt und Information: Inhalte: lenden und pflegenden Berufen alpha nova Akademie - Möglichkeiten und Grenzen von Referent: Caroline Knüpper Humor in der Betreuungsarbeit Michael E. Trybek, Trainer & Seminar- 8401 Kalsdorf, Römerstr. 92 - Eigene Humorkompetenz erken- leiter, Clown, Buchautor, Humorpro- Tel.: 03135 / 56382-11 Fax: -25 nen und erweitern jektleiter, Trainings im gesundheitswe- E-Mail: akademie@alphanova.at Seite 22
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