Freundschaft und Partnerschaft. Sexualität und Behinderung - Partner fürs Leben.

 
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Freundschaft und Partnerschaft. Sexualität und Behinderung - Partner fürs Leben.
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S T E I E R M A R K                                     Jahrgang 18, Nr. 4/2006
 © Siegfried Zimmermann

                                                           Partner
                                                       fürs Leben.

Freundschaft und Partnerschaft.
   Sexualität und Behinderung.
Freundschaft und Partnerschaft. Sexualität und Behinderung - Partner fürs Leben.
Lebenshilfe Steiermark | Foyer
 Inhalt

                        Liebe Leserin,
                        lieber Leser!

>>   „Leben wie andere auch!“ Die Le-
     benshilfen in der Steiermark beken-
     nen sich zu dieser Aussage für Men-
     schen mit Behinderung in allen Le-
     bensbereichen. Bei der Arbeit, beim
     Wohnen und in der Freizeit; beruflich
     wie privat. Ein gleichberechtigtes Le-
     ben inmitten der Gesellschaft zu füh-
                                                 Freundschaft und
     ren, heißt jedoch auch, zwischen-           Sexualität und Behinderung.
     menschliche Erlebnisse mit anderen
     Menschen teilen zu dürfen … Freun-
     de zu haben, eine Partnerschaft zu
     führen, gemeinsam zu leben und für-            Thema
     einander da zu sein.                        Seite 4    Lieben und Leben wie andere auch. Romana und Johann
                                                            sind ein starkes Team
     Diese Ausgabe von „Lebenshilfe“ wid-
                                                 Seite 5    Wo die Liebe hinfällt. Der Beziehung wegen zog Peter
     met sich einem besonderen Schwer-
                                                            von der Stadt aufs Land
     punkt: Der Freundschaft und Partner-
                                                 Seite 6    „Gemeinsam sind wir stark”. Beziehung bedeutet
     schaft, der Sexualität und Behinde-
     rung. Ein Thema, das lange Zeit auf Eis                nicht immer, dass alles gut läuft
     gelegen hat, doch allmählich scheint es     Seite 7    Endlich am Ziel. Erika Heinz erzählt von ihrer Partnerschaft
     zu brechen. Lesen Sie, was Menschen                    und wie alles begonnen hat
     mit Behinderung dazu zu sagen haben,        Seite 8    „Abenteuer Leben”. Helene Berthold ist fünffache Mutter,
     wie ihre Interessenvertreter darüber                   zwei ihrer Kinder haben eine Behinderung
     denken und was der steirische Lan-          Seite 9    Siegfried Zimmermann im Gespräch über die Partnersuche
     deshauptmann-Stellvertreter, Dr. Kurt       Seite 10   „Was ist für dich ein Freund oder eine Freundin?”
     Flecker, meint.                                        ... Berührende Antworten zum Thema
     Und dabei ist wohl eines klar: Jeder        Seite 11   Partnersuche – Die Partnerbörse der Lebenshilfe
     Mensch hat das Recht auf Partner-           Seite 12   Freunde fürs Leben. Die Partnersuche über
     schaft, Nähe und Sexualität.
                                                            die Lebenshilfe-Zeitung
                                                 Seite 14   Sexualität im Zwiespalt von Behinderung und Verhinderung
     Ich wünsche Ihnen viel Freude beim
                                                 Seite 15   Dr. Kurt Flecker äußert sich zu Sexualität und Behinderung
     Lesen!
                                                 Seite 16   On Board – die Onboardis.
     Herzlichst,                                            Eine Partnerschaft der besonderen Art
     Nicole Rubisch                              Seite 16   Zu guter Letzt

     PS: Wir würden uns freuen, wenn Sie
     uns zu diesem Thema schreiben:
     Landesverband der Lebenshilfe Steiermark,
     Schießstattgasse 6, 8010 Graz.

 Seite 2
Freundschaft und Partnerschaft. Sexualität und Behinderung - Partner fürs Leben.
Vorwort
                                                                    Was ist für uns Menschen eines der wich-
                                                                    tigsten „Lebensmittel“? Wir nennen es
                                                                    Freundschaft, Zuneigung, Partnerschaft,
Freundschaft und Partnerschaft. Sexualität und Behinderung - Partner fürs Leben.
Lebenshilfe Steiermark | Thema
Freundschaft & Partnerschaft

Lieben und Leben wie andere auch
Romana und Johann sind ein starkes Team. Gemeinsam sind sie durch Dick und Dünn gegangen,
haben das Leben angenommen wie es ist. Die beiden werden von der Lebenshilfe Graz und
Umgebung – Voitsberg begleitet. Und am Samstag, da wird getanzt … Von Nicole Rubisch
                                                                                      ne Stelle in einem Baumarkt als Lager-
                                                                                      arbeiter und Staplerfahrer. Romana und
                                                                                      Johann lernten sich bei der Lebenshilfe
                                                                                      kennen. „Wir haben in der Trainings-
                                                                                      wohnung in der Theodor-Körner-Stra-
                                                                                      ße gewohnt“, sagt Johann und erzählt:
                                                                                      „Sie im ersten Stock, ich im zweiten.
                                                                                      Ich bin immer hinuntergegangen, hab
                                                                                      einen Kaffee getrunken und auf die Ro-
                                                                                      mana gewartet bis sie von der Arbeit
                                                                                      heimgekommen ist. Dann hab ich mit
                                                                                      ihr gesprochen und langsam, ganz vor-
                                                                                      sichtig ihr
                                                                                      Herz für             „Das Leben in
                                                                                      mich geöff-          einer Partner-
                                                                                      net.“ Roma-
                                                                                      na arbeitete
                                                                                                           schaft ist leichter.“
                                                                                      in der Kü-           Romana
                                                                                      chengruppe der Tageswerkstätte in der
                                                                                      Casalgasse und wechselte später in
                                                                                      das „Bistro Relativ“ am Ortwein-
                                                                                      p l a t z . A u f Grund einer körperlichen
                                                                                      Einschränkung und häufiger epilepti-
   © H. Schiffer

                                                                                      scher Anfälle musste sie diese Arbeit
                                                                                      mittlerweile aufgeben.

„Zum Leid gehört auch die                 auch die Haltungsschäden und die Sko-       Seit drei Jahren sind die beiden nun
Freud“, sagt Romana, lächelt und          liose. Meine spätere Arbeit in einer        ein Paar. 2004 bezog Romana ihre erste
legt ihre Hand in die von Johann. Ge-     Gärtnerei war auch schlimm für meinen       eigene Wohnung und auch Johann über-
meinsam sitzen sie auf dem Sofa in Ro-    Rücken. Der war so schief, dass die         siedelte in ein eigenes Zuhause. Seit-
manas Wohnung in Graz, erinnern sich      Ärzte mich vor die Wahl stellten: Rolli     dem werden sie von Angela, ihrer
an den gestrigen Abend im Tanzcafé.       oder OP“, erinnert er sich und fügt hin-    Wohnassistentin, unterstützt. Sie
„Schön war es da!“, freut sich Johann     zu: „Aber heute geht es mir dank der        kommt regelmäßig zu Besuch, gibt
und schaut seiner Freundin dabei in die   Romana gut.“                                Tipps und weiß immer einen Weg,
Augen. Das Leben hat sich den beiden                                                  wenn es Probleme gibt: „Die Angie ist
nicht immer von seiner sonnigen Seite     Eine Operation war unbedingt nötig          eine große Hilfe. Ich kenn’ mich bei Be-
gezeigt. Romana hat eine ebenso lange     und so musste Johann den Beruf als          hördensachen nicht aus, auch bei Erlag-
wie unerfreuliche Ehe hinter sich und     Gärtnergehilfe aufgeben. Mit Unter-         scheinen und öffentlichen Sachen nicht.
Johanns Leben ist vor allem von harter    stützung der Arbeitsassistenz machte        Die Angie übersetzt mir das, sagt, was
Arbeit geprägt: „Ich musste schon als     er sich auf den Weg, eine neue Arbeits-     es bedeutet und was ich machen muss.
Kind mit anpacken, daher kommen           stätte zu suchen und fand schließlich ei-   Das ist wichtig, sonst könnte ich nicht in

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Freundschaft und Partnerschaft. Sexualität und Behinderung - Partner fürs Leben.
Wo die Liebe hinfällt
                                                                  Von der Stadt aufs Land: Bei einem Urlaub in Murau
                                                                  lernten sich Peter und Karin kennen. Schon bei der
                                                                  ersten Begegnung wussten die beiden, dass sie von
                                                                  nun an ihr Leben gemeinsam verbringen wollten ...
                                                                  Doch Peter lebte in Graz und Karin in Murau.

einer eigenen Wohnung leben, aber mit der Wohnassistenz           Lebenshilfe: Peter, was dachten Sie, als Sie Karin das
geht es. So kann ich mein Leben recht gut meistern …“             erste Mal gesehen haben?
                                                                  Peter: Ich freute mich, dass ich endlich einmal in meinem Le-
Der Alltag. Johann und Romana leben getrennt, denn den            ben so eine tolle Frau kennen lernte.
Schritt, gemeinsam zu wohnen, wollen die beiden nicht wa-         Lebenshilfe: Karin, was war Ihr erster Eindruck von Peter?
                                 gen: „Das Leben in einer         Karin: Ich war sprachlos, völlig hingerissen. Schlimm war es,
                                                                  als er wieder nach Graz gefahren ist.
 „Dann hab ich mit Partnerschaft ist leichter, weil
                                 man einander hat. Aber
ihr gesprochen und durch die Erlebnisse in mei-                   Nach dem ersten Zusammentreffen führten Peter und Karin
                                                                  viele Telefonate – gefolgt von gegenseitigen Besuchen in Graz
  vorsichtig ihr Herz ner Ehe möchte ich alleine                  und Murau. Doch eine Beziehung auf Entfernung zu führen,
für mich geöffnet.“ wohnen; es ist wichtig, dass                  ist nicht immer einfach. Anfang 2006 entschloss sich Peter,
                       Johann jeder sein Rückzugsgebiet           sein geliebtes Stadtleben aufzugeben und aufs Land zu „sei-
                                 hat“, erzählt Romana. „Aber      ner“ Karin zu ziehen ...
eines weiß ich“, sagt sie, „gegenseitiges Vertrauen, kein Miss-   Schließlich folgte ein Umzug in das Wohnhaus der Lebenshil-
trauen, dem anderen die Freiheit lassen, das hilft in jeder Be-   fe Murau, wo er seither im vollzeitbetreuten Wohnen beglei-
ziehung und macht den Alltag schön!“ Ihre Freizeit verbringen     tet wird. Karin wohnt in einiger Entfernung in einer Trainings-
die beiden stets miteinander; hören Radio, kochen, kümmern        wohnung im Ortszentrum von Murau und verbringt jede
sich um Romanas Katze „Sandy“ oder unternehmen lange              freie Minute mit Peter. Karin sorgt sich liebevoll um ihn und
                                                                  liest ihm beinahe jeden Wunsch von den Augen ab. Die Frei-
Spaziergänge. Die beiden verbindet auch die Liebe zum Tanz:
                                                                  zeit verbringen die beiden gerne beim Spazierengehen und
„Ob Polka, Walzer oder Fox, Samstagabend wird getanzt“,
                                                                  Bummeln, am liebsten gehen sie jedoch auf einen Kaffee. Die
schmunzelt Johann, nimmt Romana in den Arm und bittet             schönste Zukunftsvorstellung für beide ist, einmal miteinan-
zum Tanz.                                                         der in einer Trainingswohnung zu wohnen.

                                                                  Lebenshilfe: Peter und Karin, was hat sich für Sie seit
                                                                  Peters Umzug nach Murau verändert?
                                                                  Peter: Obwohl ich das Stadtleben manchmal vermisse, habe
                                                                  ich meine Entscheidung noch nie bereut. Ich genieße die Zeit
                                                                  mit Karin sehr.
                                                                  Karin: Ich fühle mich sehr gut und bin froh, dass Peter nun in
                                                                  Murau ist, ich bin jetzt glücklicher.
                                                                  Lebenshilfe: Danke für das Gespräch. Für die gemeinsame
                                                                  Zukunft wünschen wir Ihnen von Herzen alles Gute!
© H. Schiffer

>> Diese Geschichte ist in der neuen Broschüre der Lebens-
hilfe Graz und Umgebung – Voitsberg „Leben wie andere auch“
erschienen. Sie können diese Broschüre unter der Telefonnum-
mer 0316 / 71 55 06-600 anfordern.

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Freundschaft und Partnerschaft. Sexualität und Behinderung - Partner fürs Leben.
Lebenshilfe Steiermark | Thema
Freundschaft & Partnerschaft

„Gemeinsam sind wir stark“
Beziehung bedeutet nicht immer, dass alles gut läuft und schön ist. Machmal ist man auch
mit Kompromissen und der gemeinsamen Lösung von Problemen konfrontiert. Aber dennoch lebt
es sich in einer Patnerschaft leichter ... Auch innerhalb der Lebenshilfe Radkersburg gibt es Pär-
chen. Reinhold Potzinger ist seit einigen Jahren in der Weberei der Werkstätte Mureck beschäftigt.
Silvia Gödl arbeitet in der Küche der Werkstätte Bad Radkersburg. Die beiden sind seit einem Jahr
ein Paar und sprachen mit Marlene Pirkheim über ihre Beziehung und ihre gemeinsame Zukunft.

Wie habt ihr euch kennengelernt?            Und was gefällt dir an Reinhold, Silvia?   hen Eis essen oder spazieren und wir
Reinhold: Das erste Mal haben wir uns       Silvia: Mir gefällt, dass Reinhold immer   reden viel miteinander. Zusammen mit
vor einigen Jahren bei einem Arzt in        ehrlich zu mir ist. Er hört mir zu, wenn   unseren Betreuern gehen wir auch
Bad Radkersburg gesehen. Ich war mit        ich Probleme habe oder wenn es mir         Nordic Walken. Silvester haben wir ge-
meinem Betreuer zu einer Untersu-           schlecht geht. Ich kann immer zu ihm       meinsam in einem Gasthof gefeiert.
chung dort, als Silvia zur Tür hereinge-    kommen, wenn mich etwas bedrückt.          Das war sehr schön.
kommen ist. Silvia hat mich angespro-                                                  Silvia: Gemeinsam einkaufen gehen wir
chen und mir erzählt, dass sie nach dem     Was macht ihr gemeinsam in eurer           auch manchmal. Reinhold kann sehr gut
Arztbesuch einkaufen geht. Zu der Zeit      Freizeit?                                  kochen, einmal hat er für mich geback-
habe ich noch zu Hause gewohnt. Kurz        Reinhold: Wir sind jeden Tag zusam-        ene Champignons gemacht, die waren
darauf bin ich in das Wohnhaus Kolping-     men, weil wir im gleichen Haus woh-        sehr gut. Wir gehen auch sehr gerne
haus gezogen. Seit vier Jahren lebe ich     nen. Wir sehen zusammen fern und ge-       mit Reinholds Hund spazieren.
nun in der betreuten Wohngemein-
schaft in Mureck, wo auch Silvia wohnt.

Wie lange seid ihr schon zusam-
men?
Reinhold: Am 12. Oktober war es ein
Jahr. Silvia hatte damals noch einen
Freund, der sie schlimm gekränkt hatte.
Die Beziehung zu ihm ist dann in die
Brüche gegangen. Voriges Jahr kamen
wir beide zusammen und zum Jahrestag
war ich mit ihr essen.
Silvia: Ein kleines Geschenk hat Rein-
hold auch bekommen. Darüber hat er
sich sehr gefreut

Was gefällt dir an Silvia, Reinhold?
Reinhold: Sie ist sehr zuverlässig, lieb,
fesch und sie ist nicht auf Geld aus. Sie
schenkt mir immer wieder Kleinigkei-
ten, ich kann mit ihr zusammen einkau-
fen oder spazieren gehen und wir re-
den sehr viel miteinander. Wenn sie sich
ärgert, tut es mir auch weh, weil ich
nicht will, dass sie schlecht drauf ist.

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Freundschaft und Partnerschaft. Sexualität und Behinderung - Partner fürs Leben.
Endlich am Ziel
                                                     „Für mich sind Sexualität und Partnerschaft ein sehr
                                                     wichtiges Thema, aber auch durchaus kompliziert.“
                                                     Erika Heinz, Obfrau des Vereins People First Steier-
                                                     mark spricht hier offen über ihr Leben – gemeinsam
                                                     mit ihrem Partner Bernhard.

                                                     Als Mensch mit Behinderung ist es nicht einfach, eine Part-
                                                     nerschaft zu führen. In meinem Falle führte es sogar dazu,
                                                     dass ich von zu Hause ausgezogen bin. Meine Mutter akzep-
Möchtet ihr einmal zusammenziehen?                   tierte meinen Freund zwar und er war wie ein Sohn für sie,
Reinhold: Ich möchte eigentlich schon für mich al-   aber sie sagte, wir sollten ruhig weiterhin eine Wochenend-
leine wohnen bleiben. Silvia und ich wohnen im       beziehung führen. An unser gemeinsames Leben wollte sie
gleichen Gebäude und sie kann immer zu mir in        nicht denken ... Ich lebte ja auch in einer Einrichtung und
mein Zimmer kommen oder ich komme zu ihr.            Bernhard in einer Trainingswohnung, wo er auf das selbstän-
Zusammenbleiben will ich schon mit ihr aber in       dige Leben vorbereitet wurde.
getrennten Zimmern im gleichen Gebäude.
Silvia: Wenn wir einmal zusammenziehen sollten,      Anfangs besuchten wir uns nur gegenseitig, das führte
dann erst in ein paar Jahren. Ich glaube schon,      aber vor allem in der Gruppe, in der ich wohnte, zu Unru-
dass wir gemeinsam einen Haushalt führen kön-        hen. Und auch durfte ich mit meinem Partner nur fortgehen,
nen. Ich möchte aber in Mureck wohnen bleiben.       wenn ein Betreuer mit dabei war. In dieser Zeit lernten
Ich fühle mich dort sehr wohl und kenne schon        Bernhard und ich uns sehr gut kennen. Wir lernten viel von
einige Leute.                                        einander: Er lernte von mir den Umgang mit dem Rollstuhl
                                                     und eine gewisse Art von Stärke. Auch, dass man sich lang er-
Möchtet ihr irgendwann heiraten?                     sehnte Wünsche erfüllen muss. Ich wiederum bekam durch
Silvia: Ich kann es mir schon vorstellen aber es     unsere Partnerschaft die Kraft, mich von meiner Mutter zu
steht noch alles offen.                              lösen und meinen eigenen Weg zu gehen. Damit ist auch
Reinhold: Nein, ich möchte so mit Silvia zu-         mein langer Lebenstraum in Erfüllung gegangen: Nämlich mit
sammenleben wie jetzt. Ich denke, dass eine Be-      Bernhard in einer eigenen Wohnung mit Wohnassistenz zu
ziehung eher auseinandergeht wenn man verhei-        leben. Und das ist heute das Schönste für mich.
ratet ist.

Möchtet ihr einmal Kinder haben?
Reinhold: Ich habe Kinder sehr gerne, ich habe ja
schon einige Nichten und Neffen. Selber möchte
ich aber keine haben, es geht sich ja auch finan-
ziell nicht aus.
Silvia: Ich habe auch ein paar Nichten und Neffen
und freue mich immer, wenn ich sie sehe.

Was wünscht ihr euch für eure Beziehung?
Silvia und Reinhold: Wir wünschen uns, dass alles
so bleibt wie es ist und dass wir immer zusam-
men sein können.

                                                                                                            Seite 7
Freundschaft und Partnerschaft. Sexualität und Behinderung - Partner fürs Leben.
Lebenshilfe Steiermark | Thema
                Freundschaft & Partnerschaft

                „Abenteuer Leben“
                Helene Berthold ist fünffache Mutter, zwei ihrer Kinder haben eine Behinderung.
                In „Lebenshilfe“ berichtet sie über die Beziehung zu ihrer Tochter Magdalena –
                und über die Elternschaft als Partnerschaft.

                                                       „Ja,             so lange ich mich       stützung, die wir unseren Kindern mit
© H. Schiffer

                                                                        irgendwie be-           Behinderung zukommen ließen, emp-
                                                        wegen kann, werde ich mein be-          fanden wir oft als überfordernd. Auch
                                                        hindertes Kind zuhause behalten         der Ablösungsprozess, speziell zwi-
                                                        und es selbst betreuen.“ Als jun-       schen Mutter und Tochter, konnte in
                                                        ge Mutter hatte ich diesen Satz         dieser engen Konstellation nicht richtig
                                                        oft gehört. Diese Aussage zog           stattfinden. Dies zehrte ebenfalls an un-
                                                        immer meine Aufmerksamkeit              seren Kräften. So reifte Stück für Stück
                                                        auf sich: Sie irritierte mich, ja sie   der Entschluss, für Magdalena eine
                                                        verwirrte mich. Ich hörte aus           Wohnmöglichkeit außer Haus zu fin-
                                                        diesem Satz zwei extreme Hal-           den.
                                                        tungen heraus: Auf der einen
                                                        Seite war da etwas menschlich           Neue Wege. Nach einem informativen
                                                        sehr Berührendes zu hören,              Gespräch mit Eva Skergeth-Lopic´, die
                                                        aber auf der anderen Seite war          für den Bereich „Wohnen“ der Lebens-
                                                        da etwas Hartes, fast könnte ich        hilfe Graz und Umgebung – Voitsberg
                                                        sagen etwas Quälendes. Damals           zuständig ist,
                                                        dachten mein Mann und ich nicht         h a b e n w i r Ein Ablösungs-
                                                        an diese Zeit der Zukunft unse-         M a g d a l e n a prozess zwischen
                                                        rer Kinder, denn die Aufgaben,          für einen
                                                        die zu bewältigen waren, waren          Wo h n p l a t z
                                                                                                                  Mutter und Toch-
                                                        andere.                                 angemeldet. ter, der bis heute
                                                        Wir Eltern mussten uns erst in          Im Herbst andauert.
                                                        das Schicksal fügen lernen. Die         2004 wurde
                                                        Gegenwart war extrem for-               es ernst: Ein vollzeitbetreuter Wohn-
                                                        dernd und beanspruchte alle             platz war frei geworden. Wir willigten
                                                        Kräfte. Was wird sein, wenn un-         ein und damit setzte sich ein Ablösungs-
                                                        sere Kinder, vor allem unsere           und Lernprozess in Gang, der bis heute
                                                        beiden behinderten Kinder, er-          andauert.
                                                        wachsen sind – diese Frage stell-
                                                        te sich uns nicht …                     Magdalena, die zeitliche Orientie-
                                                                                                rungsprobleme hat, fand es spannend,
                                                        Dann kam die Zeit, wo unsere            in die zukünftige Gruppe schnuppern
                                                        Kinder nach und nach erwach-            zu gehen, auch das Zimmer herzurich-
                                                        sen wurden. Die beiden Ältesten         ten war lustig, aber Vorstellung über ih-
                                                        waren ausgezogen und auch               re veränderte Zukunft hatte sie keine.
                                                        Magdalena, unsere behinderte            Da sie ganz stark im Augenblick lebt, ist
                                                        Tochter, war eine Frau gewor-           das eben schwierig für sie … Gut ein-
                                                        den. Natürlich waren auch wir           einhalb Jahre lebt sie nun in ihrem
                                                        Eltern in die Jahre gekommen.           „Abenteuer“: Wohnen und Leben mit
                                                        Die notwendige tägliche Unter-          anderen Menschen. Alltagsunterstüt-

                Seite 8
Freundschaft und Partnerschaft. Sexualität und Behinderung - Partner fürs Leben.
Im Gespräch
                                                         Siegfried Z. ist Künstler im Malatelier Randkunst Graz der
                                                         Lebenshilfe Graz und Umgebung – Voitsberg. Hier spricht
                                                         er über Partnerschaft und die Partnersuche, die sich nicht
                                                         immer ganz einfach gestaltet.

                                                         Lebenshilfe: Herr Z., wie sind Sie auf die Idee gekommen, eine
zung von anderen anzunehmen, unterstützt ihre Ab-        Kontaktanzeige zu schreiben?
lösung von uns sehr. Es ist ein Lernprozess für alle –   Siegfried Z.: Ich hab das in der Lebenshilfe-Zeitung gesehen und
für Magdalena, für uns Eltern und die Geschwister.       dann bin ich selber draufgekommen, dass ich da was machen könn-
                                                         te. Dann hab ich zur Ingrid (der Betreuerin, Anm. der Red.) gesagt,
                            Die Arbeitsentlastung,       dass ich das machen will.
„Da sie stark im
                            die durch Magdalenas
Augenblick lebt,            Auszug von Zuhause ge-       Lebenshilfe: Was haben Sie da hineingeschrieben?
ist das schwierig           geben war, war vom er-       Siegfried Z.: Dass ich in der Malwerkstätte arbeite, dass ich gern
                                                         Sternzeichen male, gern spazieren gehe und vor allem, dass ich
         für sie.“          sten Tag an positiv. An-
                                                         gern bei TUMAWAS mitmache und in die Brücke gehe.
                            ders erlebten wir ihre
sonstige Abwesenheit. Wir vermissten ihre Alltagsri-     Lebenshilfe: Hat sich jemand gemeldet?
tuale, die gemeinsamen Stunden, aber auch ihre           Siegfried Z.: Nix, niemand hat sich gemeldet, dann hab ich aufge-
Konflikte mit uns. Wir Eltern müssen lernen, die         hört. Aber ich hab einmal gesehen, dass jemand aus Mürzzuschlag
Unterstützung und Begleitung nun in die Hände der        einen Brieffreund sucht. Dort hab ich dann was hingeschickt und
BetreuerInnen zu legen, auf ihr Können zu vertrau-       die Brieffreundin hab ich noch immer.
en, aber auch die Augen offen zu halten, um die Ab-
läufe in einem Wohnhaus besser zu verstehen. Ge-         Lebenshilfe: Sie haben also eine Brieffreundin gefunden, mit der
gebenenfalls ist es notwendig, Änderungsvorschläge       Partnerschaft hat sich aber nichts ergeben …
einzubringen.                                            Siegfried Z.: Ich hab schon eine Freundin. Naja ein bisschen … mit
Zusammenfassend würde ich sagen, dass es von allen       der Magdi, aber nicht viel.
Beteiligten große Bereitschaft zur Zusammenarbeit
                                                         Lebenshilfe: Wo haben Sie Ihre Freundin kennen gelernt?
verlangt, um für Magdalena gute Bedingungen zu
                                                         Siegfried Z.: Bei TUMAWAS und in der Brücke.
schaffen, diese gravierende Veränderung in ihrem Le-
ben zu meistern. Aber das Gefühl, unserer Tochter ei-    Lebenshilfe: Was ist für Sie in einer Partnerschaft wichtig?
nen guten Weg geöffnet zu haben, ist gegeben.            Siegfried Z.: Zusammen leben und sich ganz nah zu sein.

                                                         Lebenshilfe: Sie sind ja Künstler bei Randkunst und malen gerne
                                                         Frauen und Akte, warum?
                                                         Siegfried Z.: Ich mach das gern; Frauen zeichnen und die Männer
                                                         auch.

                                                         Lebenshilfe: Danke für das Gespräch!
  Siegfried Z. ist
     Künstler bei
   „Randkunst”.
  Vor allem Akt-
zeichnungen be-
  stimmen seine
 kreative Arbeit.

                                                                                                                        Seite 9
Freundschaft und Partnerschaft. Sexualität und Behinderung - Partner fürs Leben.
Lebenshilfe Steiermark | Thema
Freundschaft & Partnerschaft

„Was ist für dich ein
Freund oder eine
Freundin?“ ...
... Diese Frage haben wir unseren Kundinnen und Kunden der
Tageswerkstätte Feldbach gestellt und interessante, liebevol-
le, für jeden von uns nachvollziehbare aber auch überraschen-
de Zitate erhalten. Manche dieser Antworten brauchten viel
Zeit und Geduld ... andere wiederum kamen ganz spontan.
Jeder weitere Kommentar meinerseits erübrigt sich beim
Durchlesen dieser teils berührenden Worte ... Wie sehr man
oder frau sich doch selbst darin wiederfindet, bei
der Überlegung, was einen Freund oder eine Freundin aus-
macht ... Mag. Yasmin Herzog-Lipp

>> „Meine Freundin sollte Pullover >> „Ein Freund ist da zum Fortge-
anziehen, bunten Rock, Schuhe mit          hen, Ausgehen.“ Birgit S.
Mascherl. Soll blonde Haare haben
und rote Lippen. Augenfarbe ist egal.
Sie trägt Ohrringe und Ring.“              >> „Teresa, weil wir uns gegenseitig
Robert T.                                  ärgern und uns viel erzählen.“
                                           Karl P.

>> „Gehe mit meiner Freundin spa-
zieren, tanzen, essen ... Ich hätte ger-   >> „Mit der man ins Kino geht, tele-
ne einen Freund zum Küssen und so ...      foniert und schwimmen geht. Auch
wenns so was gibt. Oja, hätte ich ger-     bei ihr übernachtet.“ Evelyn W.
ne.“ Rosalinde T.

                                           >> „Doris ist meine Freundin. Freun-
>> [Nach langem Nachdenken]                de sind, wer mir hilft, mich führt ...“
„Mama“ Gerald K .                          [sehbeeinträchtigt] Anonym

>> „Eine   Brieffreundin habe ich          >> „Freundschaft ist Spielen, etwas
schon. Eigentlich habe ich keinen          unternehmen. Zuhause habe ich keine
Freund.“ Maria S.                          Freunde. Ich bin immer allein unter-
                                           wegs. In der Arbeit ist Karl mein
                                           Freund. Wir sind schon zusammen in
>> „Manfred, Elisabeth und Werner“         die Schule gegangen. Er ist mein
[die BetreuerInnen] Michi W.               Freund, weil er nett und tüchtig ist
                                           und ich mich gut mit ihm verstehe.
>> „Ein Helfer, der alles zuwitrogt.“      Freundinnen habe ich keine.“
Markus P.                                  Anonym

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PARTNERSUCHE
                                               Brieffreundschaft. Ich heiße Markus
                                               Jessner, bin 27 Jahre alt und suche eine
                                               Freundin zum kennen lernen und mehr.
                                               Sie soll zwischen 20 und 28 Jahre alt
                                               sein. Meine Hobbys sind Langlaufen,
                                               Schifahren, ich liebe Volksmusik und
                                               mehr ... Meine Adresse: Markus Jess-
                                               ner, Grazerstraße 6/2, 8753 Fohnsdorf.
                                               Du erreichst mich auch unter
                                               Tel. 03573 / 34 25 23, erreichbar bis 20 Uhr.
>> „... Der Freund tut mit der Freundin
auch ein Busserl geben.“ Anonym                Hallo! Ich heiße Benjamin. Ich möchte gerne ein Mädchen
                                               kennen lernen. Meine Hobbys sind schwimmen, Eisstock schießen,
                                               klettern, Radtouren, wandern, ausgehen, Ski fahren, Schnee-
>>   „Wenn ich mich mit dem Freund gut
                                               ballschlachten machen, Eislaufen und fernsehschauen. Ich wür-
verstehe und mit ihm eine Gaudi habe.
Und er soll einen Charakter haben, er soll     de mich sehr freuen, wenn ich einen Brief von dir kriege. Viel-
mir nicht ins Gesicht lügen. Freundin habe     leicht können wir dann auch mal zusammen Essen oder ins
ich keine. Wenn ich eine Freundin hätte,       Kino gehen. Kontakt: Benjamin Resedaritz, Mariazellerstr.
würde ich sie fest einteilen zur Hausarbeit.   52, 8605 Kapfenberg oder 0676 / 60 71 401
Wenigstens ein bissl.“ Thomas T.
                                               Hallo! Ich heisse Cornelia und unterhalte mich gern. Meinst
>> „Hilfebereit, nett, kann ihm alles er-      du wir könnten Telefonpartner werden? Ich bin 22 Jahre jung
zählen ...“ Gabriel M.                         und in St. Johann im Sausal daheim. Diese Gemeinde schließt
                                               der Bezirk Leibnitz ein. Die Tageswerkstätte Arnfels ist mein
                                               Arbeitsplatz, genauer gesagt fand ich in der Kreativgruppe mei-
>> „Ich weiß was eine Freundin ist. Ich        nen Platz. Hast du Lust, hin und wieder mit mir zu telefonieren
habe schon eine gehabt. Sie hat bei mir
oft angerufen. Wir haben über Sex ge-
                                               oder zu sms’n? Dann darfst du mich anrufen. Nicht vergessen!
sprochen. Ich habe sie in der Sonderschu-      Meine Telefonnummer: 0664 / 47 69 833. Ruf mich gleich
le kennen gelernt ... Ich bin mit den          an, es ist nichts dabei. Deine Cornelia!
Freundinnen fortgegangen, ins Kaffeehaus
und zu den Festen ...“ Alfred F.               Hallo, ich heiße Regina Penz und bin
                                               30 Jahre alt. Ich suche im Raum Juden-
>> „A Frau“ Werner S.                          burg bis Leoben oder Murau einen net-
                                               ten Brieffreund. Bei besserem Kennen
                                               ist persönlicher Kontakt nicht ausge-
>>   „Ein Freund ist jemand, der mich ger-     schlossen. Meine Hobbys sind Musik hö-
ne hat ... jemand, mit dem man viel reden      ren, spazieren gehen und Kaffee trinken!
kann zum Beispiel über Probleme. Ich wür-      Meine Adresse lautet: Regina Penz,
de mit einem Freund Ausflüge machen.
Wenn es eine richtige Beziehung wäre,
                                               Christophorusweg 15, 8750 Judenburg.
würde ich mich sogar von einem Freund          Ich würde mich auf deine baldige Nachricht sehr freuen!
waschen lassen, aber nur, wenn er Interes-
se daran zeigen würde.“ Manuela S.
                                               Hallo, ich heiße Alex und bin in der Lebenshilfe Salzburg. Ich
                                               möchte mit gleichgesinnten und lustigen Leuten, die etwas
>> „Papa, Spielen, Nicole“ Franz S.            mehr über mich wissen möchten und gerne Briefe schreiben,
                                               Kontakt aufnehmen. Ich würde mich sehr darüber freuen.
                                               Liebe Grüße einstweilen, Alex.
>> „... Seppi ist mein Freund, weil er         Kontakt: Alexander Holzleitner, Uferstraße 17, 5071 Wals /
schöne Haare hat ...“ Doris H.
                                               Viehhausen

                                                                                                         Seite 11
Lebenshilfe Steiermark | Thema
Freundschaft & Partnerschaft

„Ewald und ich“
Hallo! Ich bin Monika Bachmair
und bin Leserin der Lebenshilfe-
                                               Freunde
Zeitung. Ich bin seit 11. Oktober
1993 in der Lebenshilfe in Weiz.
2003 habe ich in das Heft geschrie-
ben, dass ich einen Partner suche.
                                               fürs Leben
Und gleich hat sich der Ewald ge-              Seit vielen Jahren gibt es die Rubrik „Partnersuche“ in der
meldet – seit dem habe ich den.
Dann haben sich noch zwei                      Lebenshilfe-Zeitung, die Menschen mit Behinderung die Suche
gemeldet.                                      nach einem Partner erleichtern soll. Hier haben sich im Laufe der

D       as erste Mal war ich in Graz,
        dort habe ich Ewald kennen ge-
lernt. Dann war ich bei ihm in Admont
                                               Zeit viele Menschen gesucht und gefunden. – Wenn auch nicht
                                               immer als Paare fürs Leben, aber oft als Freunde fürs Leben.
einen Tag. Ich bin jetzt drei Jahre zusam-     Denn mit einem guten Freund oder einer guten Freundin an
men mit ihm. Früher habe ich geschrie-
ben und jetzt rufe ich ihn an – und es         der Seite lässt es sich leichter leben ...
geht gut. Er macht immer Spaß mit mir
und dann mache ich Spaß mit ihm.

Ich habe eine Stiefmutter, einen Papa
                                               Große Erwartungen
                                               Hallo, mein Name ist Helmut, ich bin 36 Jahre alt, lebe und arbeite
und zwei Brüder. Ich mache gerne
                                               seit rund drei Jahren in der Lebenshilfe Knittelfeld.
Sport: Schwimmen, laufen, Rad fahren.
Ich habe beim Stock schießen den er-
sten Platz gemacht und eine silberne
Medaille gewonnen. Ich war gerne tur-
                                               P      artnerschaft beziehungsweise Partnersuche sind auch in meinem Leben ein
                                                      sehr wichtiges Thema. Es ist nicht einfach, eine Freundin oder eine Partnerin
                                               zu finden, daher habe ich vor einem Jahr eine Anzeige in die Lebenshilfe-Zeitung ge-
nen bei „Christina lebt“ und ins „I-Kaf-       setzt. Die Erwartungen waren groß! Eine Frau hatte ebenfalls eine Anzeige in der
fee“ gehe ich gerne. Nur Turnen ist jetzt      Zeitung aufgegeben. Ich habe ihr daraufhin gleich geschrieben und durch die Unter-
aus, wann es wieder anfangt, weiß ich          stützung meiner BetreuerInnen konnte ich meine Briefbekanntschaft besuchen; und
noch nicht. Ich gehe zur Volkshilfe.                                                  sie mich auch. Wir haben uns sehr gut ver-
Erst war ich in der Cafeteria, jetzt gibt es                                          standen, es war schön, eine Freundin gefun-
die nicht mehr. Jetzt bin ich aber noch                                               den zu haben, mit der man Erlebnisse und Er-
dort und arbeite im Speisesaal. Ich habe                                              fahrungen austauschen kann. Für eine Part-
eine Wohnung in der Lebenshilfe. Dort                                                 nerschaft hat es aber leider nicht gereicht, zu-
wohnen ich und eine Mitbewohnerin.                                                    dem auch die örtliche Entfernung zwischen
Wir haben eine Küche. Meine Mitbe-                                                    uns hinderlich war. Nun bin ich erneut auf der
wohnerin und ich kochen zusammen                                                      Suche nach einer Partnerin und hoffe, dass ich
oder wir wechseln uns beim Putzen ab.                                                 vielleicht auf diesem Wege wieder jemanden
Ich wohne da zweieinhalb Jahre schon.                                                 finden werde ...
Ich habe einen Computerkurs gemacht
vom 3. Mai bis 6. Juni 2005. Das habe ich                                              >> Helmut Sattler ist Kunde der
jetzt selbst geschrieben.                                                              Lebenshilfe Knittelfeld. Wenn Sie ihm
Monika Bachmair
                                                                                       schreiben möchten: Er wohnt am
                                                                                       Unzdorfweg 2, in 8720 Knittelfeld.

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Licht und Schatten                                                Wahre Freundschaft zählt
                                                                     Die Chance, über die Lebenshilfe-Zeitung einen
   Unter dem Motto „Wir und unsere
                                                                     Partner zu finden, wird auch von den KundInnen der
   Geschichten“ fand ein therapeutisches                             Lebenshilfe Radkersburg gerne genutzt. Manchmal
   Projekt der Lebenshilfe Radkersburg rund um                       entsteht aus einer Brieffreundschaft auch eine Be-
                                                                     ziehung ... Anita Russ, Kundin der Lebenshilfe Rad-
   Beziehungen statt.                                                kersburg, erzählt hier von ihren Erfahrungen mit
                                                                     Partnerschaftsanzeigen.

   B      ereits zum zweiten Mal fand im Schloss Halbenrain ein
          Workshop mit der Tanztherapeutin Carmen List und der
   Kunsttherapeutin Christa Herrmann statt. So erarbeiteten die
                                                                     I    m Jahr 2004 gab ich eine Anzeige bezüglich Brief-
                                                                          freundschaften in die Lebenshilfe-Zeitung. Ich erhielt
                                                                     32 Antworten auf meine Anzeige und in den darauf folgen-
   KundInnen der Lebenshilfe Radkersburg eine Woche lang Be-         den Tagen stieg meine Telefonrechnung sehr hoch ... Bald
   ziehungsthemen. Ziel des Workshops war es, sich auf andere        merkte ich, dass mir ein Mann besonders gut gefiel. Wir te-
   einzulassen und die Rahmenbedingungen für ein Leben in Bezie-     lefonierten öfter und haben uns auch einige Male getroffen.
   hung zu erkennen ... Wie gehe ich mit meinem Gegenüber um?        Wir sind zusammen essen gegangen oder machten es uns
   Wie gestalte ich Beziehung? Wie viel Nähe oder Distanz brau-      bei mir zu Hause gemütlich. Einmal waren wir auch bei ei-
                                                                     nem Konzert. Mit Peter telefoniere ich noch immer ab und
   chen ich und der andere?
                                                                     zu. Es ist schön, dass aus dieser Anzeige eine solche
                                                                     Freundschaft entstanden ist, die noch immer hält. Darum
Wie gestalte ich        Übrigens: Im Rahmen der Abschlussver-        grüße ich Peter aus Lassing ganz herzlich und sage „Danke
                        anstaltung im Festsaal der Stadtgemeinde
    Beziehung?                                                       für die gemeinsamen Stunden“. Bei einem zweiten jungen
                        Mureck zeigten die TeilnehmerInnen eine      Mann wartete ich leider vergeblich auf die von ihm gemach-
   beeindruckende Performance im Licht und Schatten und wur-         ten Versprechungen. Leider wurde nichts daraus, was mich
   den dabei mit gebührendem Applaus von über hundert Zu-            traurig machte.
   schauerInnen belohnt. Die in der Projektwoche erarbeiteten        Aber ich finde es
   Themen konnten anschließend in der künstlerischen Umset-          toll, dass es die
   zung in verschiedenen Medien – Bilder und Skulpturen – be-        Partnersuche der
   wundert werden. Der dritte und letzte Teil des Projektes findet   Lebenshilfe gibt.
   im April 2007 statt.
                                                                            „Meine Freundin
                                                                        Susanne und ich am
                                                                       Kienzerhof in Trahüt-
                                                                           ten“, Anita Russ

                                                                                                                        Seite 13
Lebenshilfe Steiermark | Thema
Freundschaft & Partnerschaft

>> Zu guter Letzt
                                                             On Board –
Sexualität und                                               Die Onboardis™
Behinderung                                                  Eine Partnerschaft der besonderen Art:
Unsere Gesellschaft ist schon sehr offen und                 Die Onboardis der Lebenshilfe
trotzdem ist es etwas sehr Privates, über                    Graz und Umgebung – Voitsberg.
Sexualität zu sprechen – noch dazu im
Zusammenhang mit intellektueller
Behinderung. Von Daniela Gruber
                                                             D       ie Lebenshilfe Graz und Umgebung – Voitsberg liefert ei-
                                                                     nen Verkaufsschlager: Die Onboardis. Die kleinen Uni-
                                                             kate werden von Menschen mit Behinderung in der Tageswerk-
                                                             stätte Söding geschaffen. Onboardis können als Brosche, Schlüs-
I    n der Lebenshilfe versuchen wir, nach dem Prinzip
     der Normalität zu leben und unseren Kunden ein
möglichst normales Leben zu bieten – mit dosierter Be-
                                                             sel- oder Halsbandanhänger getragen werden, in Kleidung ein-
                                                             genäht oder in Laufschuhe eingebunden werden. In der Region
                                                             Voitsberg gelten die kleinen Kunstwerke mittlerweile als belieb-
gleitung. Sexualität ist ein Grundbedürfnis. Das Ausleben
                                                             te Kult- und Tauschobjekte.
stößt jedoch sehr rasch auf Grenzen. Für die Bewohner-
Innen unserer Wohnhäuser besteht der große Wunsch,
                                                             Die treibende Kraft hinter den Onboardis ist Peter Sandor-
einen Partner oder eine Partnerin zu finden, dies stellt
                                                             Guggi vom Turn- und Sportverein Kainach (TUS Kainach): „Ein
sich jedoch als fast unmöglich dar. Zahlreiche Versuche,
                                                             Onboardi kostet zwei Euro und fünfzig Cent. Ein Euro davon
wie etwa Kontaktanzeigen aufzugeben, sind schon fehl-
                                                             kommt dem Steirischen Behinderten-Sportverband (StBSV)
geschlagen ...
                                                             bzw. dem Kinder- und Jugend-Behindertensport – JBS Steier-
                                                             mark, REHAzentrum Tobelbad – zu Gute; ein Euro und zwan-
Unbefriedigte Sexualität führt teilweise zu psychi-
                                                             zig Cent ergehen an die Tageswerkstätte Söding. Die restlichen
schen Erkrankungen, die fachärztlich behandelt werden
                                                                                                     30 Cent kommen in
müssen. Die Gabe von Tabletten kann zwar eine Symp-
                                                                                                     den Topf ‚Projektför-
tomverbesserung bringen, nicht jedoch eine Lösung des
                                                                                                     derung/Projektkos-
Grundproblems. Erschwerend hinzu kommt noch die
                                                                                                     ten’, aus welchem
Einstellung mancher Eltern, die durch ihre Erziehung
                                                                                                     unter anderem finan-
oder ihre Lebensumstände eben nicht anders können:
                                                                                                     zielle Vorleistungen
Sexualität stellt für sie ein absolutes Tabuthema dar, sie
                                                                                                     für Onboardis-Bestel-
vertreten oft die Meinung, ihre Kinder haben und brau-
                                                                                                     lungen, Werbemaß-
chen keine Sexualität in ihrem Leben.
                                                                                                     nahmen und derglei-
Wie können Begleiterinnen und Begleiter helfend ein-
                                                                                                     chen abgedeckt wer-
greifen? Trotz zahlreicher Literatur und Gesprächen mit
                                                                                                     den“, so Sandor-Gug-
Fachleuten fanden wir noch keine wirklich gute Lösung.
                                                                                                     gi. Übrigens tragen
Wir können keinen Partner „herzaubern“ und wir wollen
                                                                                                     die Schmuckstücke
keine Bordellbesuche vorschlagen.
                                                                                                     den Namen Onboardi
                                                                                                     aus einem bestimm-
Vielleicht können Sie etwas zu diesem Thema bei-
                                                                                                     ten Grund: „Wir wol-
tragen, liebe Leserinnen und Leser. – Welche Mög-
                                                                                                     len alle herzlich Will-
lichkeiten sehen Sie für Menschen mit Behinde-
                                                                                                     kommen an Bord hei-
rung, auch im Bereich der Sexualität so „wie ande-
                                                                                                     ßen, um gemeinsam
re auch“ leben zu können?
                                                                                                     mit und für Menschen
>> Schreiben Sie uns!
                                                                                                     mit Behinderung er-
Landesverband der Lebenshilfe Steiermark,
                                                                                                     folgreich zu sein“, sagt
Schießstattgasse 6, 8010 Graz
                                                                                                     Peter Sandor-Guggi.
Daniela Gruber ist Leiterin der Lebenshilfe Knittelfeld.

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Im Gespräch mit                                den. Der Erfolg gibt uns auch Recht, denn     wohl unvergleichliche Onboardis™-Pro-
Peter Sandor-Guggi                             mittlerweile sind schon viele Institutionen   jekt. Nebst der organisatorischen Mitwir-
Lebenshilfe: Die Onboardis sind kleine         – Sportvereine, Firmen, Schulen, und vie-     kung und aktiven Unterstützung seitens
Kultobjekte. Herr Sandor-Guggi, Sie sind       le mehr – an Bord gegangen. Und dies al-      TUS Kainach samt allen SpitzenathletIn-
die treibende Kraft hinter den Onboar-         les, obwohl wir uns noch in den Kinder-       nen des Vereins mutierte diese Veranstal-
dis. Welche Emotion steht dahinter?            schuhen befinden. Die Onboardis sind          tung zu einem unvergesslichen Erlebnis
Peter Sandor-Guggi: Ein solches Projekt        wirklich als eine Einladung an ALLE Er-       und die Onboardis feierten schließlich ei-
unaufhörlich zu beleben und auszudeh-          denbürger zu verstehen, gemeinsam mit         ne fulminante Premiere.
nen erfordert viel Energie. Schon viele        Menschen mit Behinderung an Bord zu
Menschen haben das Onboardis-Projekt           gehen!                                        Lebenshilfe: Mit diesem Projekt unter-
beispielgebend begleitet und unterstützt,                                                    stützen Sie auch Sportler mit Behinde-
die Onboardis-Gemeinschaft wird stän-          Lebenshilfe: Wie begann alles? – Und          rung ...
dig größer und größer. Die überaus posi-       wie kam es zu Ihrem Engagement?               Peter Sandor-Guggi: Das Onboardis™-
tive Resonanz der Bevölkerung gibt ei-         Peter Sandor-Guggi: Im Jahre 2004 wur-        Konzept ist so ausgelegt, dass ein Teil des
nem die hiefür erforderliche Kraft. Und        de mir seitens TUS Kainach, einem west-       Verkaufserlöses für die Sportförderung
das Streben nach einem gemeinsamen             steirischen TOP-Verein in der Leichtath-      von Menschen mit Behinderung einge-
Erfolg mit und für Menschen mit Behin-         letik- und Triathlonszene, die or-                      setzt wird. Die Quintessenz un-
derung bedeutet zugleich eine besondere        ganisatorische Verantwor-                                     seres gemeinsamen Onbo-
Herausforderung. Gemeinsam können              tung zur Ausrichtung                                             ardis™-Projektes liegt
und werden wir es schaffen!                    des Berglaufklassi-                                                 darin, sportliche und
                                               kers, den „Interna-                                                   künstlerische Akti-
Lebenshilfe: Und Ihre Emotion?                 tionalen Bergma-                                                       vitäten von Men-
Peter Sandor-Guggi: Viele emotionale           rathon Kainach“,                                                        schen mit Behin-
Aspekte stecken hinter dem Onboar-             übertragen. Für                                                         derung zu unter-
dis™-Projekt. Zum einen sind es die            mich war von                                                            stützen, auf de-
schier unglaublichen Leistungen von            Anbeginn klar,                                                          ren Leistungen
Menschen mit Behinderung. Das künstle-         dass ein solch be-                                                     aufmerksam zu
rische Wirken und die Fingerfertigkeiten       sonderer Sport-                                                       machen und diese
bei den Ton-, Schmuck- und Industriear-        event nur unter Teil-                                               auch zu würdigen.
beiten in den Tageswerkstätten beein-          nahme und Mitwirkung                                             Natürlich fehlen uns
drucken mich zutiefst! Als ich das erste       ALLER ausgetragen werden                                     vorerst noch die Mittel um
Mal die Tageswerkstätte der Lebenshilfe        sollte – und selbstverständlich ge-                   diese Ambitionen im großen Stil
GUV in Söding betrat, war ich regelrecht       hören dazu auch Menschen mit Behinde-         zu realisieren, aber immerhin können wir
überwältigt von den faszinierenden             rung.                                         schon ein paar Dinge umsetzen – zum
Kunstwerken. Unbeschreiblich, welch            Es folgte eine Kooperation mit dem Stei-      Bespiel: Die Förderung einer steirischen
kreatives Schaffen dort vorherrscht. Die       rischen Behindertensportverband               Behinderten-Schisportlerin im Nach-
Malkunstwerkstätte „Randkunst“ wurde           (StBSV) und dies sollte erst der Anfang ei-   wuchsbereich sowie Sportrollstühle für
für mich zum Inbegriff künstlerischen          ner erfolgreichen Zusammenarbeit sein.        die Kinder im REHAzentrum Tobelbad
Wirkens.                                       Wichtig war mir dabei, auf eine längerfri-    und JBS Kapfenberg. Super wäre, wenn
                                               stige Ausrichtung dieser Partnerschaft        es uns bis Jahresende gelänge, für unsere
Lebenshilfe: Was ist Ihr Motto?                Bedacht zunehmen; Bereits ein Jahr spä-       Blinden-SportlerInnen ein Budget zur
Peter Sandor-Guggi: Unter dem Motto            ter, am 1. Oktober 2005, fiel der Start-      Trainingsförderung in Form eines Tan-
„Gemeinsam mit und für Menschen er-            schuss anlässlich der „Österreichischen       dem-Rades parat zu haben.
folgreich sein!“ sollten viele weitschichti-   Meisterschaften im Straßenlauf der Be-        Lebenshilfe: Danke für das Gespräch
ge emotionale Netze angesprochen wer-          hinderten“, in Unterpremstätten für das       und alles Gute!

                                                                                                                                Seite 17
Lebenshilfe Steiermark | Magazin
Interessenvertretung

Solide Finanzen und angemessene Kontrolle.
Die Finanzlage muß rechtzeitig erkennbar sein.
Von Johann F. Lampel
Nicht nur dem Vereinsfunktionär muss das Rechnungswesen des Vereines eine angemessene Kontrol-
le ermöglichen. Auch Rechnungsprüfer, Subventionsprüfer, öffentliche und private Geldgeber, Finanz-
behörden, Krankenkassen, etc. werden die Prüfungshandlungen auf das Rechnungswesen stützen.

Was muss der Funktionär beim                                  Welche Details müssen Vereins-
Rechnungswesen beachten?                                      funktionäre bei „großen Vereinen“ beach-
Um den Bestand eines Vereines durch solide Finanzen zu si-    ten? Hier wird die Sache etwas komplizierter:
chern, wird der Funktionär gezwungen, das Rechnungswesen
stärker (als vielleicht bisher) zu beachten.                      Vereinsart      mittelgroßer Verein     großer Verein

                                                              Unterscheidungs-   Einnahmen/Ausga- Einnahmen/Ausga-
1. Der Funktionär muss dafür sorgen, dass die Finanzlage      kriterium          ben größer 1 Mio. ben größer 3 Mio.
   rechtzeitig erkennbar ist! Dies wird durch die Umsetzung                      bis 3 Mio.        oder Spendenauf-
   der Regelungen des Vereinsgesetzes erreicht                                                     kommen größer
   (siehe Ausgabe 3 / 2006, S. 20).                                                                1 Mio.
2. Primär ist festzulegen, ob der Verein der einfachen oder   Buchführung        doppelte          doppelte Buchhal-
   der qualifizierten Rechnungslegung unterliegt.                                Buchhaltung       tung, geltende
                                                                                                   Regelungen für Ka-
                                                                                                   pitalgesellschaften
                                                              Jahresabschluss    Bilanz, Gewinn-        Bilanz, Gewinn-
                                                                                 und Verlust-           und Verlustrech-
Wie sieht das Rechnungswesen beim                                                rechnung               nung und Anhang
„kleinen Verein“ (Einnahmen/Ausgaben                                                                    mit Anlagenspiegel
nicht größer als 1 Mio. €) aus?                               Jahresabschluss-   binnen 5 Monaten binnen 5 Monaten
                                                              Erstellung
Folgende Mindeststandards sind zu erfüllen:                   Zusätzliche                               Im Anhang: Mit-
1. Laufende Aufzeichnungen der Einnahmen und Ausgaben –       Angaben                                   gliedsbeiträge, öf-
    mindestens monatlich.                                                                               fentliche Subven-
2. Führung eines Anlagenverzeichnisses – für nicht sofort                                               tionen, Spenden,
    abschreibbare Gegenstände.                                                                          sonstige Zuwen-
                                                                                                        dungen, Einkünfte
3. Subventionen und Mitgliedsbeiträge sind erst bei Zufluss
                                                                                                        aus wirtschaft-
    zu erfassen.                                                                                        licher Tätigkeit
4. Die Erstellung eines Finanzplanes wird dann zusätzlich                                               und die zuordenbar-
    nötig, wenn die finanzielle Lage nicht mehr einfach                                                 en Aufwendungen
    überblickt werden kann.
5. Erstellung der Einnahmen-Ausgaben-Rechnung samt            Vereinsfunktionäre werden sich, wenn sie nicht selbst ein-
    Vermögensübersicht innerhalb von fünf Monaten nach        schlägig vorbelastet sind oder im Verein hochqualifiziertes
    Ende des Geschäftsjahres.                                 Personal vorhanden ist, eines profunden Wirtschaftstreuhän-
6. Die Vermögensübersicht sollte mindestens die               ders/Steuerberaters bedienen müssen. Dies dient sicherlich
    wesentlichen Vermögens- bzw. Schuldenstände aufweisen.    auch der Haftungsbegrenzung.

Seite 18
BHG: Visionen &
                                                                    Erfahrungen
Einerseits haben Vereinsfunktionäre dafür zu sorgen, dass die Fi-   Dr. Wolfgang Sellitsch ist Leiter der
nanzierung der Vereinsgeschäfte gesichert, andererseits das Ver-    Rechtberatung der Lebenshilfe Steiermark.
einsvermögen sachgerecht, wirtschaftlich und sparsam verwaltet      In „Lebenshilfe” berichtet er über seine
ist. Der Mitgliederversammlung, einem etwaigen Kontrollorgan
                                                                    Erfahrungen mit dem Steiermärkischen
sowie den Rechnungsprüfern ist über die Verwendung der Ver-
einsmittel Rechenschaft zu geben. Für eine ordentliche und ge-      Behindertengesetz.
wissenhafte Verwaltung fremden Vermögens sind die dargestell-
ten Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung durch den Funk-
tionär unbedingt zu beachten.
                                                                    D       ie neuen Rechtsansprüche des Behindertenge-
                                                                            setzes vom 1. Juli 2004 stellen eine großartige
                                                                    Verbesserung gegenüber der alten Rechtslage dar. In den
                                                                    ersten beiden Jahren unserer Beratungspraxis haben wir
All diesen Anforderungen kann der Vereinsfunktionär bzw. das        die Erfahrung gemacht, dass den Bedürfnissen von Men-
Leitungsorgan nur dann gerecht werden, wenn er sich auf ein         schen mit Behinderung mit der erstmaligen Schaffung
den gesetzlichen Grundlagen und ein dem Verein angepasstes          von Rechtsansprüchen zweifelsohne besser entsprochen
Rechnungswesen stützen kann.                                        wurde. Die Problematik liegt aber im Vollzug dieses mo-
                                                                    dernen Gesetzes durch die Behörden. Auffällig ist aus
                                                                    unserer Sicht die unterschiedliche Handhabung des neu-
            Zweck des Jahresabschlusses                             en Behindertengesetzes in den steirischen Bezirken.

 Dokumentation          Rechenschaft         Information            Unterschiedliche Handhabung. Dadurch passiert es
                                                                    immer wieder, dass oft der Wohnort unserer Kunden
    Vermögen            Verwendung          an Mitglieder-          entscheidet, ob beziehungsweise in welchem Umfang
                        Vereinsmittel       versammlung             Leistungen zuerkannt werden. In vielen Fällen konnten
    Schulden                                                        unsere Kunden erst mit Interventionen von unserer Sei-
                                           Rechnungsprüfer          te oder in Berufungsverfahren ihre Ansprüche verwirk-
  Vereinskapital                                                    lichen. Die gute Zusammenarbeit mit vielen Institutionen
                                               sonstige             der Behindertenhilfe, wie insbesondere mit dem Anwalt
                                                                    für Menschen mit Behinderung des Landes Steiermark,
                                                                    sowie mit dem Verein für Sachwalterschaft und den ent-
Wie kann es sein, dass Vereinsfunktionäre                           scheidenden Behörden haben sich dabei sehr bewährt
in die Schlagzeilen kommen, bzw. sogar                              und werden mehr Rechtssicherheit für unsere Kunden
Insolvenzverfahren über Vereine eröffnet                            bringen.
werden?                                                             Gesetzesnovelle. Ob die geplante Gesetzesnovelle für
Klare Antwort: Offensichtlich war die Finanzlage nicht rechtzei-
                                                                    unsere Kundinnen und Kunden weitere Verbesserungen
tig erkennbar und es haben gesetzlich vorgeschriebene Kontroll-     erwarten lässt, bleibt abzuwarten. Jedenfalls haben wir
mechanismen versagt! – Zum Schluss verbleibt dann immer die         unsere Erfahrungen und die Nöte unserer Kunden im
Suche nach den Schuldigen für eine derartige Misere.                Vorfeld der Gesetzwerdung an kompetenter Stelle ein-
                                                                    gebracht. – Wir sind also gespannt, in welchem Ausmaß
„Das Kreuz mit der Steuer                                           eine Umsetzung erfolgen wird.
– ein Ungeheuer?“ das ist                                           Die Erfüllung unserer Vision, dass Menschen mit Behin-
das Thema in der nächsten                                           derung in größerem Umfang als bisher leben, wohnen
Ausgabe.                                                            und arbeiten können „wie andere auch” wird uns weiter-
                                                                    hin der nötige Ansporn sein.
>> Kontakt:
                                                                    >> Lesen Sie auf den Seiten 30 und 31
Steuerberater Lampel
                                                                    mehr über das Projekt „Rechtsberatung”.
St.-Peter-Gürtel 10 / Center Ost
8042 Graz
Telefon: 0316 / 40 99 93
E-Mail: stb.lampel@utanet.at
www.steuerberaterlampel.at

                                                                                                                    Seite 19
Lebenshilfe Steiermark | Magazin
    Interessenvertretung

    Das BHG: Eine lebendige Materie
    Vor rund einem halben Jahr durfte ich hier einen Beitrag zu den Erfahrungen mit dem
    Steiermärkischen Behindertengesetz 2004 in den ersten 21 Monaten seiner Geltung verfassen.
    Was hat sich seit damals getan? Von Mag. Siegfried Suppan

   D      em dargestellten Aufholbedarf im
          Zusammenhang mit den IHB-Ver-
   fahren wurde Rechnung getragen, indem
                                             Durchführung dieser – sowohl für den
                                             einzelnen Menschen mit Behinderung als
                                             auch für das Gelingen des Gesetzesvor-
                                                                                        scheidungsträger weitergegeben wer-
                                                                                        den. Dort wo keine Übereinstimmung
                                                                                        zu erreichen war, wurden die unter-
   man das Personal des IHB-Vereines be-     habens – insgesamt besonders bedeutsa-     schiedlichen Standpunkte und deren je-
                               deutend       men Verfahren zu erreichen.                weilige Begründung klargelegt. Ich gehe
    Neuerungen: Die vergrößert                                                          daher davon aus, dass die Novellierung
    Erarbeitung eines hat. Eben-             Die zweite wesentliche Entwicklung         bald erfolgen kann und sich die gemein-
       Vorschlages zur so          wurde
                               damit be-
                                             der vergangenen Monate bestand in der
                                             Erarbeitung eines Vorschlages zur ersten
                                                                                        schaftlichen Empfehlungen der ExpertIn-
                                                                                        nen darin hoffentlich wieder finden wer-
  ersten Novelle des g o n n e n ,           Novelle des Behindertengesetzes. Die-      den.
Behindertengesetzes. b e z i r k s -         ser wurde unter Beteiligung aller damit    Bis jetzt (Anfang November 2006, Anm.
                               weise flä-    befassten und davon betroffenen Perso-     der Red.) hat sich das neue BHG aus mei-
   chendeckende Begutachtungen durchzu-      nen, Institutionen und Behörden bzw.       ner Sicht als sehr lebendige Materie dar-
   führen und damit ein Regelwerk für eine   deren VertreterInnen erstellt. Das         gestellt. Das sollte so bleiben. Regelmäßi-
   möglichst kompetente und reibungslose     Hauptaugenmerk lag dabei auf den aus       ge Blicke auf die Entwicklungen sind da-
                                                                    der Sicht der       bei ein unverzichtbares Qualitätskrite-
                                                                    täglichen Praxis    rium.
                                                                    erkennbaren
                                                                    notwendigen
                                                                    Veränderungen,          Mag. Siegfried
                                                                    um den Zielen       Suppan ist Anwalt
                                                                    des Gesetzes        für Menschen mit
                                                                    bestmöglich ent-      Behinderung des
                                                                    sprechen zu             Landes Steier-
                                                                    können. Für vie-                mark.
                                                                    le Bereiche
                                                                    konnte Konsens
                                                                    gefunden und
                                                                    ein gemeinsamer
                                                                    Vorschlag an die
                                                                    politischen Ent-

                                                                                          >>                                          >>

    Seite 20
Behindertengleichstellungspaket
  Mit dem 1. 1. 2006 trat auf Initiative des ehemaligen Sozialministers Herbert Haupt und der
  nunmehrigen Bundesministerin Ursula Haubner das Behindertengleichstellungspaket in Kraft.
  „Paket“ deshalb, weil nicht nur das Behindertengleichstellungsge-
  setz (BGstG) verabschiedet wurde, sondern auch das Behinderten-
  einstellungsgesetz (BeinstG) und das Bundesbehindertengesetz
  (BBG) sowie einige angrenzende Gesetze im Sinne des Gleichstel-
  lungsgebots geändert wurden. Von Dr. Margareta Steiner

 I     m Behindertengleichstellungsgesetz (BGstG) ist geregelt,
       dass Menschen mit Behinderungen, bei öffentlich zugäng-
  lichen Informations- und Dienstleistungsangeboten und bei pri-
                                                                    gliedschaft in Inter-
                                                                    essenvertretungen,
                                                                    Zugang zu selbstän-
  vaten Rechtsgeschäften (insbesondere Verbrauchergeschäfte         diger Erwerbstätig-
  nach dem Konsumentenschutzgesetz) nicht diskriminiert wer-        keit und arbeitnehmerähnliche Verhältnisse).
  den dürfen.
  Unter Diskriminierung versteht man in diesem Zusammenhang:        Im Bundesbehindertengesetz (BBG) ist die Errichtung einer
  1. Die unmittelbare Diskriminierung (eine Person erfährt auf-     Behindertenanwaltschaft geregelt.
      grund der Behinderung eine weniger günstige Behandlung
      als nicht behinderte Menschen in einer vergleichbaren         Was geschieht bei einer Verletzung des Gleichstellungs-
      Situation).                                                   gebotes:
  2. Die mittelbare Diskriminierung (eine Schlechterstellung        Vor jedem Gerichtsverfahren ist ein Schlichtungsverfahren ver-
      durch anscheinend neutrale Vorschriften, Kriterien, Verfah-   pflichtend. In jeder Landesstelle des Bundessozialamtes wurde
      ren oder Barrieren verschiedenster Art) und                   daher eine Schlichtungsstelle eingerichtet, mit dem Ziel Inter-
  3. die Belästigung.                                               essengegensätze auszugleichen. Im Zuge dieses Verfahrens kann
                                                                    von den Schlichtungsparteien auch Mediation durch externe,
  Dieses Gesetz schützt Menschen mit Behinderung, Eltern, die       geprüfte MediatorInnen in Anspruch genommen werden. Die
  ein behindertes Kind betreuen, Angehörige, die einen behinder-    Kosten des Schlichtungsverfahrens übernimmt das Bundessozi-
  ten Menschen überwiegend betreuen und ZeugInnen oder Aus-         alamt. Sollte die Schlichtung nicht glücken, kann Klage einge-
  kunftspersonen in Verfahren sowie UnterstützerInnen einer Be-     bracht werden. Im Falle einer unmittelbaren oder mittelbaren
  schwerde.                                                         Diskriminierung kann der Ersatz des materiellen und immate-
                                                                    riellen Schadens eingeklagt werden. Bei einer Belästigung geht
  Im Behinderteneinstellungsgesetz (BeinstG) ist seit dem 1.1.      man von einem Schadenersatz von mindestens 400 Euro aus.
  2006 zusätzlich die Nicht-Diskriminierung in der Arbeitswelt
  geregelt (privatrechtliche und öffentlich-rechtliche Dienstver-   Die Autorin ist Leiterin der
  hältnisse, Ausbildungsverhältnisse und Weiterbildung, Mit-        Landesstelle Steiermark des Bundessozialamtes.

                                  Das Behindertengleichstellungspaket des Bun-       Dr. Hansjörg Hofer, Dr. Wolfgang Iser, Dr. Ka-
>> Buchtipp                       des wurde im Juli 2005 vom Nationalrat be-
                                  schlossen und trat am 1. Jänner 2006 in Kraft.
                                  Das Gesetz beinhaltet im Wesentlichen das
                                                                                     rin Miller-Fahringer und Dr. Max Rubisch sind
                                                                                     Experten auf dem Gebiet des Behinderten-
                                                                                     rechts und schrieben einen Kommentar zum
     Behinderten-                 Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz, ei-       Behindertengleichstellungsrecht. Darin be-
                                  ne umfangreiche Novelle des Behindertenein-        leuchten sie die Rechtsmaterie aus ihrer Sicht.
     gleichstellungsrecht         stellungsgesetzes sowie Änderungen des
                                  Bundesbehindertengesetzes und bringt einen         >> Der Kommentar ist im nwv – neuer
                                  Paradigmenwechsel in der Politik für Men-          wissenschaftlicher Verlag erschienen
                                  schen mit Behinderungen mit sich.                  ISBN-Nummer: 3-7083-0334-2

                                                                                                                            Seite 21
Lebenshilfe Steiermark | Aktuell
Berichte der Lebenshilfen

ALPHA NOVA AKADEMIE

Mit Humor ans Ziel
Seminare die Spaß machen, findet man nicht überall. Die Akademie-Angebote von
alpha nova machen es möglich und beleben in zwei Kursen den Spaß und Humor bei der Arbeit.

Führen mit Humor                           -   Konfliktlösungen und
                                                                                      Referent:
                                                                                      Michael E. Trybek, Trainer & Seminar-
Entwickeln von Humorkompetenz
                                               Kommunikation mit Humor                leiter, Clown, Buchautor, Humorpro-
im Führungsstil.
                                           -   Konstruktiver und kreativer            jektleiter, Trainings im gesundheitswe-
Humor ist ein wesentliches Merkmal
                                               Umgang mit Fehlern und                 sentlichen, pädagogischen und sozialen
der Persönlichkeit und ist mit einem re-
                                               Emotionen                              Berufsfeld sowie in Unternehmen.
spektvollen Umgang mit Menschen
                                           -   Humor-Ressourcen im Team               Termin: 23. Jänner 2007, 9 bis 17 Uhr
verbunden. Humor kann eine gelöste,
                                               erkennen und stärken                   Ort: alpha nova Beratungszentrum, Rö-
entspannte Sicht bewirken. Gerade in
                                           -   Erweiterung des eigenen                merstraße 92, 8401 Kalsdorf
Situationen, wo Entscheidungen getrof-
                                               Lebens-Repertoires und                 Kosten: 225 Euro
fen und Veränderungsprozesse ent-
                                               Handlungsspielraumes                   Anmeldeschluss: Ende Dezember 2006
wickelt werden.

                                           Zielgruppe:                                >> Kontakt und Information:
Inhalte:
                                           Frauen und Männer in (an)leitenden         alpha nova Akademie
- Persönlichkeitsentwicklung durch
                                           Positionen, von der Team- bzw. Grup-       Caroline Knüpper
   Humorkompetenz
                                           penleitung bis hin zur Unternehmens-       8401 Kalsdorf, Römerstr. 92
- Aktives Management mit
                                           leitung                                    Tel.: 03135 / 56382-11 Fax: -25
   praktischen „Humor-Tools“
                                                                                      E-Mail: akademie@alphanova.at

Schluss mit lustig?                        -   Die „Kunst des Scheiterns“ als Basis   sentlichen, pädagogischen und sozialen
Stressreduktion durch Humor am
                                               des Gelingens                          Berufsfeld sowie in Unternehmen.
Arbeitsplatz.
                                           -   Angewandter Perspektivenwechsel        Termin: 24. Jänner 2007
Negativer Stress wirkt einengend auf
                                           -   Humor zur Aussöhnung von               9 bis 17 Uhr
Körper und Geist und die Kreativität
                                               Kränkungen                             Ort: alpha nova Beratungszentrum,
versiegt. Eine humorvolle Sichtweise
                                           -   Humor als Brücke zur Klientin oder     Römerstraße 92, 8401 Kalsdorf
kann spannungsgeladene Situationen
                                               zum Klienten                           Kosten: 195 Euro
auflockern – auch völlig unerwartet.
                                                                                      Anmeldeschluss: Ende Dezember 2006
Humor ist zum Teil eine Gabe, kann
                                           Zielgruppe:
aber auch erlernt werden.
                                           Frauen und Männer in helfenden, hei-       >> Kontakt und Information:
Inhalte:                                   lenden und pflegenden Berufen              alpha nova Akademie
- Möglichkeiten und Grenzen von            Referent:                                  Caroline Knüpper
   Humor in der Betreuungsarbeit           Michael E. Trybek, Trainer & Seminar-      8401 Kalsdorf, Römerstr. 92
- Eigene Humorkompetenz erken-             leiter, Clown, Buchautor, Humorpro-        Tel.: 03135 / 56382-11 Fax: -25
   nen und erweitern                       jektleiter, Trainings im gesundheitswe-    E-Mail: akademie@alphanova.at

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