Für ein soziales Europa - SP Schweiz

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Für ein soziales Europa - SP Schweiz
123rf
      Mitgliederzeitung der SP Schweiz
      179 · Ausgabe CH · Dezember 2018
      AZB 3001 Bern

Für ein soziales
 Europa
Im Mai stehen Europa-Wahlen an. Bis dahin gilt es, Europas Bürgerinnen und Bürger zu mobilisieren.
Auch die über zwei Millionen, die in der Schweiz wohnen. Seiten 4 und 5

NATIONALRATSPRÄSIDIUM                                                HARTES PFLASTER
Als höchste Schweizerin will Marina Carobbio den Minderheiten eine   Die SP ist in den Städten und in Parlamentsgemeinden stark. Aber
Stimme geben: der Svizzera italiana wie auch all den Sprachen und    auch in Versammlungsgemeinden, in der Agglomeration und auf
Kulturen, die nicht historische Wurzeln in der Schweiz haben, aber   dem Land stehen wir in der Verantwortung. Zwei Politikerinnen
genauso Teil des Landes sind. Seite 7                                erzählen, wie es ist, weit entfernt von rot-grünen Mehrheiten zu
                                                                     politisieren. Seiten 16 und 17
Für ein soziales Europa - SP Schweiz
2     LINKS
      179 ∙ 2018   Aktuell

Liebe Genossinnen und Genossen                                                                                                              INHALT
Liebe Sympathisantinnen und Sympathisanten

                                                                                                                                            2–3          Aktuell
                     Im nächsten Mai wählen die Bürgerinnen und Bürger der
                     Europäischen Union ihr Parlament neu. Anfang Dezem-                                                                    4–5          Thema
                     ber hat die SP Europa deshalb in Lissabon ihr Programm                                                                              Im nächsten Mai finden die
                     verabschiedet. Dabei waren auch Christian Levrat und                                                                                Europa-Wahlen statt. Wahl­
                                                                                                                                                         berechtigt ist auch ein Viertel
                     weitere Genossinnen und Genossen aus der Schweiz.
                                                                                                                                                         der Schweizer Bevölkerung.
                     Denn auch wenn die Schweiz nicht EU-Mitglied ist: Es ist                                                                            von Mario Carera und Peter Hug
                     uns nicht egal, wie die Weichen Ende Mai gestellt werden.
                     Die SP Schweiz und insbesondere die SP MigrantInnen                                                                    6            Aktuell
                                                                                                                                                         Die Bürgerlichen haben in der
                     werden ihren Beitrag dazu leisten, dass die fortschrittli-
                                                                                                                                                         laufenden Legislatur trotz satter
                     chen Kräfte diese Wahl gewinnen: Von den rund 400 Mil-                                                                              Mehrheit wenig erreicht. Eine
lionen Stimmberechtigten wohnen etwas mehr als 2 Millionen in der Schweiz.                                                                               vorläufige Legislaturbilanz.
Sie wollen wir überzeugen, im Mai ihre Stimme für ein soziales Europa abzu-                                                                              von Roger Nordmann
geben, wir der SP-Fachsekretär Peter Hug in seinem Text schreibt.
                                                                                                                                            7            Tribüne
Wie ihr wisst, stehen 2019 nicht nur in der EU Wahlen an, sondern auch in der                                                                            «Ich möchte mein Präsidialjahr
Schweiz. Darauf werden wir in der Januar-Ausgabe näher eingehen. Vor vier                                                                                für kulturelle und sprachliche
Jahren haben die Fraktionen der SVP und der FDP im Nationalrat eine absolute                                                                             Minderheiten einsetzen.»
Mehrheit von 101 Stimmen erreicht. Was sie aus dieser Mehrheit gemacht ha-                                                                               von Marina Carobbio
ben, zeigt Fraktionschef Roger Nordmann in seiner Legislaturbilanz auf. Sein                                                                8            Positionen
Fazit: Sie haben herzlich wenig erreicht. Das ist jedoch kein Grund zur Scha-                                                                            Globale Probleme können nur
denfreude, denn für die Schweiz ist dieser Stillstand fatal. Es braucht darum                                                                            global gelöst werden. Darum
eine Kurskorrektur bei den Wahlen im nächsten Herbst.                                                                                                    unterstützt die SP den UNO-
                                                                                                                                                         Migrationspakt.
Die beiden SP-Politikerinnen Michèle Dünki-Bättig und Laura Kronig haben
                                                                                                                                                         von Fabian Molina
bereits einen Wahlkampf hinter sich – und erst noch einen erfolgreichen: Bei-
de wurden nämlich im April dieses Jahres in die Exekutive ihrer Gemeinde ge-                                                                13           Denknetz
wählt. Wir haben sie gebeten, aus ihrem politischen Alltag zu erzählen. Damit
                                                                                                                                            14 – 15      Debatte
möchten wir die Arbeit all jener Politikerinnen und Politiker in den Vorder-
                                                                                                                                                         Die Linke muss Care-Arbeit
grund rücken, die für die SP fern von rot-grünen Mehrheiten in den Städten                                                                               endlich ins Zentrum stellen!
tagein, tagaus wichtige Arbeit leisten.                                                                                                                  von Nina Hüsser

Ich wünsche euch eine spannende Lektüre, ein paar erholsame Wintertage                                                                      16 – 17      Aktiv
                                                                                                                                                         Weit entfernt von rot-grünen
und einen guten Start in ein politisch anspruchsvolles 2019.                                                                                             Mehrheiten leisten SP-Politike-
                                                                                                                                                         rinnen und -Politiker wichtige
Herzliche Grüsse                                                                                                                                         und nötige Arbeit.
Andrea Bauer, Chefredaktorin «links»                                                                                                                     Zwei Beiträge von Laura Kronig
                                                                                                                                                         und Michèle Dünki-Bättig

                                                                                                                                            18           Aktiv
                                                                                                                                                         Das war der Parteitag in Brugg/
                                                                                                                                                         Windisch.

IMPRESSUM Herausgeberin: SP Schweiz, Theaterplatz 4, 3011 Bern, Telefon 031 329 69 69, Fax 031 329 69 70 Erscheint 6 Mal pro Jahr, Auflage 36 796 (Wemf) Abonnements­preise: Für
­Mitglieder der SP Schweiz gratis Adressänderungen/Abo: abo@spschweiz.ch Redaktion: Andrea Bauer (Chefredaktion), Niklaus Wepfer (SO), Livia Diem (BS), Ruedi B                   ­ rassel (BL), Hannes
 Rettenmund (BE), Katha­rina Kerr (AG), Sebastian Dissler (LU), Julian Fitze (TG), Michael Sutter (Region Bern), Urs Geiser ­(Korrektor) E-Mail Redaktion: l­ inks@spschweiz.ch Gestaltung/Produktion:
 Atelier Bläuer, Bern Druck: Ringier Print Adligenswil AG, Postfach 3739, 6002 Luzern Anzeigen: Kilian Gasser, Medienvermarktung GmbH, G            ­ itschenstrasse 4, 6460 Altdorf, Tel. 041 871 24 46,
Fax 041 871 24 47, k­ g@kiliangasser.ch Redaktionsschluss dieser Ausgabe: 8.10.2018. Redaktionsschluss nächste Ausgabe: 21. Januar 2019.
Für ein soziales Europa - SP Schweiz
Aktuell           LINKS
                                                                                                                                              179 ∙ 2018    3

Kein Schweizer Kriegs­                                   Entlastung von Familien                            Wahl von Nationalrätin Ada
material in Bürgerkriegen                                und Alleinstehenden                                Marra ins Vizepräsidium
Parlament und Volk sollen künftig bei Kriegs-            Am Parteitag in Brugg/Windisch haben die           Am Parteitag in Brugg/Windisch wurde die
materialexporten mitbestimmen können.                    Delegierten die Lancierung der Prämienent-         Waadtländer Nationalrätin Ada Marra neu
Zusammen mit anderen Organisationen hat                  lastungsinitiative beschlossen. Mit dieser         ins Vizepräsidium gewählt. Ada Marra ist seit
die SP Schweiz am 11. Dezember die Korrek-               Initiative fordert die SP, dass kein Haushalt      2007 Mitglied des Nationalrats und bringt

                                            dreamstime

tur-Initiative lanciert. Mit dieser Initiative           in der Schweiz mehr als 10 Prozent seines          besondere Kompetenzen in Wirtschafts-
wollen wir dafür sorgen, dass künftig kein               verfügbaren Einkommens für Kranken-                und Migrationspolitik mit. Mit ihrem Enga-
Schweizer Kriegsmaterial mehr in Länder                  kassenprämien ausgeben muss. Während               gement für Asylpolitik, Integration und
exportiert werden dürfen, die in Kriege                  sich seit Einführung des Krankenversiche-          Migration hat sie sich in der Staatspoliti-
verwickelt sind oder systematisch die Men-               rungsgesetzes (KVG) die Prämien mehr               schen Kommission (SPK) schnell Respekt
schenrechte verletzen. Der Bundesrat hatte               als verdoppelt haben, sind die Löhne nur           verschafft. 2011 wechselte sie in die prestige­
sich im Juni 2018 für eine weitere Lockerung             schwach gestiegen. Viele Haushalte können          trächtige Wirtschaftskommission (WAK) und
der Waffenexporte ausgesprochen. Dies ist                die Kranken­kasse kaum bezahlen. Einerseits        spezialisierte sich auf wichtige Themen wie
unvereinbar mit der humanitären Tradition                muss das KVG endlich ein soziales Ziel ent-        den Kampf gegen die Armut oder die Steuer­
der Schweiz.                                             halten, andererseits soll der vorgeschlagene       gerechtigkeit auf nationaler und internatio-
                                                         Mechanismus letztlich zu einer gerechteren         naler Ebene. Sie ersetzt Géraldine Savary, die
                                                         Finanzierung der obligatorischen Kranken-          von den Delegierten mit grossem Applaus
Ein Erfolg für                                           versicherung führen.                               verabschiedet wurde.
die Menschenrechte
Mathias Reynard (SP VS) lancierte im März                Kein Kompromiss                                    Zurück auf Feld eins
2013 eine parlamentarische Initiative mit dem            beim Lohnschutz
Ziel, Homophobie gesetzlich zu verbieten,                                                                   Mit der Revision des CO2-Gesetzes soll die
wie dies bereits für Rassismus oder Anti­                Das Rahmenabkommen mit der EU liegt                Klimapolitik nach 2020 festgelegt werden.
                                                         jetzt auf dem Tisch. Damit will der Bun-           Die bundesrätliche Vorlage wurde jedoch
                                                         desrat den bilateralen Weg sichern, den            derart abgeschwächt, dass darin keine
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                                                         die Schweiz 1992 eingeschlagen hat. Eine

                                                                                                                                                           123rf
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semitismus der Fall ist. Die «Anti-Rassismus-
Norm» verbietet Hassreden und Diskriminie-
rungen aufgrund von Rasse, ethnischer oder                                                                  einzige der Verpflichtungen aus dem Pariser
religiöser Zugehörigkeit. Die vorgeschlagene             Debatte über die Zukunft der Schweiz in            Klimaabkommen mehr erfüllt wird. Ziel war
Anpassung des Artikels wird seit langem                  Europa ist notwendig, denn wir haben ein           es, Instrumente zur Halbierung des CO2-Aus-
von zahlreichen internationalen Menschen-                enormes Interesse an geregelten und engen          stosses bis 2030 festzulegen. Die Mehrheit
rechtsorganisationen und zivilgesellschaftli-            Beziehungen zur EU. Die SP fordert aber vom        aus FDP und SVP im Nationalrat lehnte
chen Organisationen aus der Schweiz gefor-               Bundesrat ein Rahmenabkommen, das den              jedoch ein verbindliches Inlandziel für CO2-
dert. Der Nationalrat hat nun beschlossen,               Schutz der Löhne und Arbeitsbedingungen            Emissionen ab. Dies zeigt einmal mehr, wie
die Diskriminierung aufgrund der sexuellen               in der Schweiz garantiert. Die wirtschaftliche     die bürgerliche Mehrheit jegliche Schritte
Orientierung neu ins Schweizerische Strafge-             Integration der Schweiz in Europa darf nicht       hin zu einer zukunftsfähigen Klimapolitik zu
setzbuch aufzunehmen.                                    auf Kosten der Lohnabhängigen stattfinden.         sabotieren versucht. Nun muss der Stände-
                                                         Auch in der Europapolitik braucht es soziale       rat das Geschäft neu aufgleisen.
                                                         Begleitmassnahmen.
Für ein soziales Europa - SP Schweiz
4   LINKS
    179 ∙ 2018   Thema

Für ein Europa der Freiheit,
Gleichheit und Nachhaltigkeit
Im Mai stehen Europa-Wahlen an. Bis dahin gilt es, Europas                                                spitzt: 40 Prozent der europäischen
Bürgerinnen und Bürger zu mobilisieren. Anfang Dezember                                                   Bevölkerung besitzen weniger als
haben die fortschrittlichen europäischen Parteien deshalb                                                 1 Prozent des Gesamtvermögens
ihr Programm verabschiedet.                                                                               (und 1 Prozent allein einen Drittel),
                                                                                                          120 Millionen Menschen sind von
Für oder gegen Europa: Um nichts       ten Christian Levrat und weiterer                                  Armut und Randständigkeit betrof-
weniger als dies geht es im nächsten   Genossinnen und Genossen. Das                                      fen. Von daher muss der Akzent auf
Mai. Die populistischen Kräfte – in    fortschrittliche Lager hat seinen                                  öffentlichen und privaten Investitio-
Italien, Ungarn, Polen, Österreich,    Spitzenkandidaten für die Wahl          Mario Carera, Geschäfts­   nen liegen, mit Schwerpunkt auf ei-
Frankreich, Deutschland oder Skan-     bestimmt – den Holländer Frans          leitungs-Mitglied der      ner grünen und digitalisierten Wirt-
                                                                               SP Schweiz, Delegierter
dinavien – werden zulegen, ver-        Timmermans, gegenwärtig Vizeprä-        der SP im Präsidium der    schaft (durch Bildung, Schutzmass-
mutlich aber nicht so weit, dass sie   sident der Europäischen Kommis-         SP Europa                  nahmen und Anreize), Fairplay-
die Führung der Europäischen Uni-      sion, der die Kampagne unter dem                                   Regeln (Steuergerechtigkeit) und
on (EU) an sich reissen und deren      Slogan «fair, frei, nachhaltig, das                                Programmen, die den Jungen Pers-
Prinzipien wie Frieden, Freiheit und   fortschrittliche Europa, das wir wol-                              pektiven verschaffen (Europäischer
Wohlstand gefährden könnten. Was       len» anführen wird: Europa soll sich                               Jugendplan). Das soziale Europa
können wir entgegenhalten, wie         verändern, statt in einen nationa-                                 muss Gestalt annehmen durch die
bringen wir das Europaprojekt vor-     listischen Strudel hineinzugeraten.                                Umsetzung der im November 2017
wärts, mit welchen zukunftsträch-      Die SPE hat Bildungsveranstaltun-                                  vom tripartiten EU-Gipfel in Göte-
tigen Vorschlägen – zur Beschäfti-     gen und Begegnungen in manchen                                     borg beschlossenen europäischen
gung, zu einem Ende der Austeri-       EU-Ländern organisiert, eine davon                                 Säule sozialer Rechte: Stichworte
tätspolitik, zur Geschlechtergleich-   in Spanien mit tausend jungen Leu-                                 sind hier Chancengleichheit, faire
heit, einer grünen Wirtschaft?         ten, darunter auch Schweizer Jusos.                                Arbeitsbedingungen, gesellschaft-
                                                                                                          liche Integration. Angesichts der
Europa soll sich verändern             Das soziale Europa muss Gestalt                                    Krise des Multilateralismus muss
Die in der SP Europa (SPE) zusam-      annehmen                                                           die EU auch ihre führende Rolle auf
mengeschlossenen fortschrittlichen     Die EU ist einer der am weitesten                                  der weltpolitischen Bühne verstärkt
europäischen Parteien (33 Mitglieds-   entwickelten Wirtschaftsräume der                                  wahrnehmen (Klima, Menschen-
parteien, 10 assoziierte Parteien,     Welt, die Bevölkerung kann darin                                   rechte, Terrorismus, Agenda 2030,
darunter die SP Schweiz, und 13 mit    frei reisen, arbeiten, studieren und                               Fairtrade). Die Verteidigung von De-
Beobachterstatus) haben Anfang         wohnen. Doch die wachsende Un-                                     mokratie und Rechtsstaat verlangt
Dezember an ihrem Kongress in Lis-     gleichheit und der Mangel an Jobs                                  von der EU erhöhte Wachsamkeit
sabon ihr Programm verabschiedet,      haben sich durch Wirtschaftskrisen                                 gegenüber der Populismuswelle. Zu-
in Anwesenheit unseres Präsiden-       und Austeritätsmassnahmen zuge-                                    dem bedingt die fortbestehende mi-
                                                                                                          grationspolitische Herausforderung
                                                                                                          Reformen (Dublin-System, legale
                                                                                                          Einwanderung, Aussengrenze) und
                                                                                                          eine neue Partnerschaft mit Afrika
                                                                                                          zwecks Ursachenbekämpfung.

                                                                                                          Europas Bürgerinnen und Bürger
                                                                                                          mobilisieren
                                                                                                          Die Frage der Allianzen wird sich
                                                                                                          nach der Wahl stellen: Christdemo-
                                                                                                          kraten (29 % im 2014), die Progressive
                                                                                                          Allianz der Sozialdemokraten (25 %),
                                                                                                          Liberale (9 %; 2019 kommt Macrons
                                                                                                          Bewegung hinzu) und Grüne (7 %)
                                                                                                          werden in der Pflicht stehen, Europa
                                                                                                          zu reformieren, zu demokratisieren
                                                                                                          und voranzubringen. Bis dahin gilt
                                                                                                          es, Europas Bürgerinnen und Bürger
                                                                                                          zu mobilisieren – an den Wahlen zum
                                                                                                          Europäischen Parlament 2014 nah-
                                                                                                          men nur 42,5 Prozent teil – und klar
 Frans Timmermans, der Spitzenkandidat der SP Europa für die Wahlen 2019.                                 zu machen, dass Europas Zukunft
                                                                                                          nationalen Querelen vorgeht.
Für ein soziales Europa - SP Schweiz
SeitentitelSTAND
                                                                                                                                   179 ∙ 2018 5
                                                                                                                                   LINKS

                                                                                                                                  PUNKT
Seite an Seite für eine                                                                                                                        Michael Sorg,
                                                                                                                                               Co-General­
                                                                                                                                               sekretär der

starke und soziale EU
                                                                                                                                               SP Schweiz

Nationalismus und Fremdenhass haben in Europa ein erschreckendes Aus-                                        ­Rinks und lechts
mass angenommen. Eine tiefgreifende Solidaritätskrise rüttelt an den
Grundfesten der europäischen Zusammenarbeit. Umso wichtiger ist es,                                          Das Parlamentarier-Rating der NZZ ist das
wie die Weichen bei den Europawahlen vom nächsten Mai gestellt werden.                                       Playboy-Heftli der Politik: Alle schauen es
                                                                                                             an – aber niemand gibt es zu. Letzte Woche
Der aggressive Nationalismus und die Angriffe       Unsere Stimme hat Gewicht                                erschien die Ausgabe 2018. Und wie so oft
auf die europäischen Institutionen untergra-        An den Wahlen zum Europäischen Parla-                    dürfte manchen das morgendliche Gipfeli im
ben auch das Fundament, auf dem die Schweiz         ment können deutlich über 2,1 Millionen                  Hals stecken geblieben sein. So findet sich
steht. Die SP will da nicht tatenlos zuschauen.     EU-Bürgerinnen und -Bürger mit Wohnsitz                  Fabian Molina in der rechten Hälfte der SP-
Sie hat an ihrem Parteitag vom 1./2. Dezember       in der Schweiz teilnehmen. Denn zusätzlich               Fraktion wieder. CVP-Chef Gerhard Pfister
2018 in Brugg/Windisch einmal mehr klarge-          zu den etwa 1,45 Millionen «Nur»-EU-Staats-              soll sich um sagenhafte vier Prozentpunkte in
stellt, dass sie Europa nicht den Nationalisten     angehörigen dürfen wir die rund 740 000 EU-              Richtung Mitte bewegt haben. Und der offen
und Fremdenfeinden überlassen will. Viel-           Doppelbürgerinnen und -Doppelbürger in                   mit Rechtsradikalen sympathisierende Jean-
mehr ruft der Parteitag in einer von der SP         der Schweiz nicht vergessen. Insgesamt gibt              Luc Addor politisiert angeblich am linken
MigrantInnen eingebrachten und einstimmig           es mehr EU-Bürgerinnen und -Bürger in der                Rand der SVP. Das Urteil von Regula Stämpfli,
verabschiedeten Resolution dazu auf, dass           Schweiz als in den sechs kleinsten EU-Mit-               die solche Ratings mit «Wer die Demokratie
sich die SP mit ihren Verbündeten der antieu-       gliedstaaten. Ein Viertel der über 18-Jähri-             vermisst, schafft sie ab» kommentiert, mag
ropäischen Rhetorik entgegenstellt. Dies mit        gen in der Schweiz kann an den Wahlen zum                etwas gar hart sein. Die obigen Beispiele
dem Ziel, über die Landesgrenzen hinweg für         Europäischen Parlament teilnehmen. Davon                 zeigen vor allem eines, nämlich dass solche
ein starkes und soziales Europa einzutreten,        nehmen 88 Prozent ihre politischen Rech-                 Ratings Unfug sind. Ihre vermeintliche Stärke
das seine globale Verantwortung für Frieden,        te in einem der «Top 7» EU-Staaten Italien,              ist ihre Schwäche. Sie geben vor, die Komple-
Menschenrechte und eine nachhaltige Ent-            Deutschland, Portugal, Frankreich, Spanien,              xität der Politik auf einer simplen Links-
wicklung wahrnimmt.                                 Österreich und Kroatien wahr (siehe Grafik).             rechts-Achse abbilden zu können. Nur: Steht
   Anlässlich der Wahlen zum Europäischen              Die SP MigrantInnen steht in engem Kon-               links oder rechts, wer einen Rahmenvertrag
Parlament vom 23. bis 26. Mai 2019 werden die       takt zu den Schweizer Sektionen und Ver-                 mit der EU mit dem Lohnschutz verknüpft?
politischen Weichen neu gestellt. Dann wird         trauensleuten der Mitgliedsparteien der SP               Steht links oder rechts, wer das CO2-Gesetz
sich entscheiden, ob die Neoliberalen mithil-       Europa. Ziel ist es, mit einer koordinierten             zurückweist, weil es wirkungslos ist?
fe der Antieuropäer durchmarschieren oder           Kampagne die EU-Bürgerinnen und -Bürger                  Nun könnte man sich fünf Minuten amüsieren
ob das soziale und solidarische Europa ge-          in der Schweiz für ein starkes und soziales              und dann zur Tagesordnung übergehen. Das
stärkt wird. Die SP MigrantInnen macht in ih-       Europa zu mobilisieren. Dies erfordert die               Problem ist nur, dass diese Ratings ein Eigen-
rer Parteitagsresolution deutlich, weshalb es       aktive Mitwirkung der SP-Kantonalparteien                leben entwickeln. Keine Zeitung im Lande, die
für die Schweiz alles andere als egal ist, ob sie   und der lokalen Sektionen. Es liegt an ihnen,            vor den jüngsten Bundesratswahlen nicht die
von einem auseinanderbrechenden, von Nati-          die zahlreichen SP-Mitglieder und Sympathi-              «Smartspider» der Kandidierenden analysiert
onalisten und Fremdenhassern beherrschten           sierenden mit doppelter Staatsbürgerschaft               hätte. Keine Stellungnahme der «Reform­
Europa umgeben ist oder von einer starken,          zu mobilisieren, damit sie an den Wahlen                 plattform», in der die SP nicht als zu weit links,
sozialen und solidarischen EU. Schon heute          zum Europäischen Parlament vom Mai 2019                  kein Positionspapier der JUSO, in der die SP
sind über 60 Prozent aller Schweizer Gesetze        teilnehmen und ihre Stimme für ein starkes               nicht als zu weit rechts kritisiert wird. Ratings
direkt durch europäisches Recht beeinflusst         und soziales Europa abgeben.                             und Links-rechts-Achsen bilden die Realität
oder bilden dieses gar eins zu eins ab.                     Peter Hug, politischer Fachsekretär SP Schweiz   nicht ab, sie schaffen eine neue Realität. Und
                                                                                                             sie lenken den Fokus der Medien und der Öf-
Über 18-jährige Staatsangehörige von EU-Staaten und SchweizerInnen mit einer                                 fentlichkeit weg von den politischen Projek-
EU-Staatsbürgerschaft, 2016                                                                                  ten hin zur politgeografischen Positionierung.
500 000                                                                                                      Dabei ist der Entscheid, ob jemand 2019
             483908                                                                                          SP wählt, kaum davon abhängig, ob die SP
400 000                                                                                                      im Schnitt bei 7,8, bei 8,4 oder bei 9,1 auf
             318659                                                                                          der Links-rechts-Skala positioniert ist. Viel
300 000                                                                                                      wichtiger ist, wofür die SP kämpft: für Kran-
                236655                                                                                       kenkassenprämien, die nicht mehr als
                   196 013
200 000                                                                                                      10 Prozent des Haushaltbudgets ausmachen,
                                                                         ohne weiteren Pass
                                                                                                             für einen Ausstieg aus dem Erdöl bis 2025,
                       100 049                                           zudem mit Schweizer Pass
100 000                                                                                                      für das Recht auf Arbeit und Ausbildung für
                          50 412
                                   43 001                                                                    alle sowie für die Gleichstellung von Mann
      0                                                                                                      und Frau in allen Lebensbereichen.
                  Italien
          Deutschland
               Portugal
             Frankreich
                Spanien
             Österreich
               Kroatien
                   Polen
           Niederlande
                 Ungarn
          Griechenland
               Slowakei
                 Belgien
             Rumänien
            Tschechien
             Schweden
              Bulgarien
               Finnland
             Slowenien
                   Irland
             Dänemark
            Luxemburg
                 Litauen
                Leƒland
                 Estland
                 Zypern
                   Malta

                                                                                                             Ob diese Projekte als links oder rechts
                                                                                                             klassifiziert werden, ist nebensächlich, denn
                                                                                                             Hauptsache, sie sind richtig! Und ob wir sie
                                                                                                             realisieren können, hängt nicht von irgend-
Über 2,1 Millionen EU-Bürgerinnen und -Bürger leben in der Schweiz. Ziel der SP MigrantInnen                 welchen Ratings ab, sondern vom Wahl­
ist es, sie für die Wahl des Europäischen Parlaments zu mobilisieren.                                        ergebnis am 20. Oktober.
Für ein soziales Europa - SP Schweiz
Martin Abegglen
   Eine verlorene Legislatur
Die Bürgerlichen haben in der laufenden Legislatur trotz satter Mehrheit                                       Fraktionspräsident Thomas Aeschi
im Parlament wenig erreicht. Das ist jedoch kein Grund zur Freude, denn für                                    in der Budgetdebatte anführen. Im
die Schweiz ist diese politische Lähmung besorgniserregend. Eine vorläufige                                    Vergleich dazu wirkt der mittlerwei-
Legislaturbilanz von Fraktionschef Roger Nordmann.                                                             le gescheiterte Versuch von Bundes-
                                                                                                               rat Schneider-Ammann, den Waf-
Durch den Wahlsieg 2015 erreichten                                     ren Verfahren einen Blankoscheck        fenexport zu lockern, wie eine solide
die SVP- und die FDP-Fraktion ein                                      über 8 Milliarden für Kampfflug-        handwerkliche Leistung.
absolutes Mehr von 101 Stimmen                                         zeuge und Flugabwehr zu erhalten            Bundesrat Ignazio Cassis ist es
im Nationalrat. Diese numerische                                       oder dem Versuch, die Stempel-          in weniger als einem Jahr gelungen,
Übermacht demonstrierten die                                           steuer abzuschaffen (Kostenpunkt:       die innenpolitische Allianz für die
Rechtsbürgerlichen denn auch von                                       2,3 Milliarden). Sie sind zum Glück     Bilateralen zu zerschlagen, indem
Beginn weg. Als Erstes verschoben                                      so schlecht aufgegleist, dass es den    er die flankierenden Massnahmen
sie mit der Wahl von Guy Parme-                                        Bürgerlichen kaum gelingen wird,        in den Verhandlungen zur Dispo-
lin die Ausrichtung des Bundesrats                                     sie voranzutreiben.                     sition stellte. Wohl in der naiven
nach rechts. Und mit dem Aufstieg        Roger Nordmann, Nationalrat                                           Hoffnung, die europäische Integra-
von Ignazio Cassis in die Landesre-      VD und Fraktionspräsident     Winkelzüge in der Gesundheits­          tion der Schweiz könne neu mit der
gierung vollendeten sie die aus ihrer                                  politik                                 SVP vorankommen. «You dreamer»,
Sicht längst überfällige Korrektur.                                    Auffällig sind die Winkelzüge der       würde Magdalena Martullo-Blocher
                                                                       Bürgerlichen in der Gesundheitspo-      da wohl kommentieren.
Wenig rühmliche Sachpolitik                                            litik. Wiederum unter Federführung
Was danach sachpolitisch folgte, ist                                   des damaligen FDP-Fraktionschefs        Fortschritte dank Druck von aussen
wenig rühmlich: Im Eiltempo drück-                                     und Krankenkassenlobbyisten Cas-        In diesem politischen Umfeld ist es
ten die Bürgerlichen die Vorlage zur                                   sis hatte eine sehr knappe Mehrheit     beinahe ein Wunder, dass es uns
USR III durch und überluden sie der-                                   aus SVP und FDP die Zulassungs-         gelungen ist, eine akzeptable Vor-
massen, dass es ein Leichtes war,                                      beschränkung für freischaffende         lage für die Abschaffung der Son-
sie mit dem Referendum bachab zu                                       Ärztinnen und Ärzte in der ersten       derstatus in der Unternehmensbe-
schicken. Beim schwierigsten Dos-                                      Session der Legislatur versenkt. Dies   steuerung und für die Finanzierung
sier der Legislatur, der Altersvorsor-                                 löste prompt einen Boom bei Praxis­     der AHV zu schmieden. Das liegt
ge 2020, wollte sich die FDP – unter                                   eröffnungen und einen Schub bei         wohl daran, dass der internationa-
Federführung des damaligen Frak-                                       den Krankenkassenprämien aus.           le Druck in der Steuerfrage hoch
tionschefs (und Kommissionspräsi-                                      Deshalb wurde die gleiche Vor­lage      genug war und die FDP nach ihrem
denten) Ignazio Cassis – à tout prix                                   per dringliches Verfahren dem Par-      Feldzug gegen die Altersvorsorge
nicht einbinden lassen. Die Folge                                      lament wieder vorgelegt und – al-       2020 eigentlich ziemlich ratlos da-
davon war die knappe Ablehnung                                         lerdings zeitlich beschränkt – ange-    stand.
dieser zukunftsweisenden Vorlage                                       nommen. Zurzeit versuchen die Bür-         Auch bei der Einführung des
an der Urne.                                                           gerlichen, die Franchise zu erhöhen     automatischen      Informationsaus-
   Bei der Umsetzung der «Massen-                                      und die freie Wahl der Franchise in     tausches in Steuerfragen war es
einwanderungsinitiative» machte                                        der obligatorischen Versicherung        schliesslich der Druck von aussen,
die SVP keine Vorschläge und die                                       mit 3-Jahres-Verträgen auszuhebeln.     der uns geholfen hat, den letzten
CVP biederte sich bei ihr an, anstatt                                  Dass dies in krassem Widerspruch        Nagel in den Sarg des internatio­
mitzuhelfen, die bilateralen Ver-                                      zu dem von ihnen heiss geliebten        nalen Steuerhinterziehungsgeheim-
träge zu retten. Schliesslich wurde                                    Wettbewerb steht, stört sie wenig.      nisses einzuschlagen.
zwar mit dem Inländervorrang eine                                      Und sie haben ein weiteres Vorha-          Aus linker Perspektive könnte
akzeptable Lösung zwischen SP, FDP                                     ben in der Pipeline: Die Versicherer    man sich über so viel Unfähigkeit
und kleinen Parteien ausgehandelt.                                     sollen einseitig die Leistungen der     der Bürgerlichen freuen. Sie haben
Aber dieses Dossier zeigt exempla-                                     mehrjährigen Zusatzversicherung         herzlich wenig erreicht. Für das
risch, wie eine oder zwei bürgerliche                                  begrenzen dürfen. Von wegen fairer      Land ist diese politische Lähmung
Bundesratsparteien immer versu-                                        Markt …                                 aber besorgniserregend. Die gros­
chen, sich aus der Verantwortung zu                                                                            sen Herausforderungen unserer
stehlen.                                                               «You dreamer»                           Zeit werden kaum angepackt. Es ist
   Weiter ging es mit einer Abfolge                                    Die Liste der Absurditäten ist fast     deshalb Zeit für eine Kurskorrektur.
von wirren und ideologisch gefärb-                                     beliebig verlängerbar: Man könnte       Dazu sind die Wahlen im Oktober
ten Vorhaben. Etwa dem Versuch                                         etwa die zahlreichen unausgegore-       2019 da – an die Arbeit, Genossin-
von Parmelin, mit einem plebiszitä-                                    nen Kürzungsvorschläge von SVP-         nen und Genossen!
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Tribüne            LINKS
                                                                                                                                        179 ∙ 2018     7

Gegen Vorurteile,
    für gleiche Rechte
Ein Jahr lang habe ich die Ehre, den       Rassismus, Fremdenfeindlich-          Marina Carobbio,              sondern hat auch einen konkreten
Nationalrat und die Bundesver-          keit, Homophobie und Sexismus            Nationalrätin TI, National-   Einfluss auf die politischen Ent-
                                                                                 ratspräsidentin 2019
sammlung zu leiten sowie unsere         haben die gleiche Matrix: Sie wol-                                     scheidungen. Ich hoffe, mit meiner
Institutionen in der Schweiz und        len die Privilegien weniger ver-                                       Präsidentschaft meinen beschei-
im Ausland zu vertreten. Als Natio-     teidigen statt die Rechte aller. Um                                    denen Beitrag zu diesem wichtigen
nalratspräsidentin werde ich versu-     gegen sie anzukämpfen, brauchen                                        Kampf leisten zu können. Es ist von
chen, die Stimme der Minderheiten       wir den Feminismus. Und zwar                                           grundlegender Bedeutung, Bedin-
zu sein und ihre Anliegen besser in     einen Feminismus, der sich nicht                                       gungen zu schaffen, unter denen
die Politik einzubringen: sprachliche   nur für die Frage des Geschlechts                                      Frauen eine politische Karriere ver-
und kulturelle Minderheiten wie die     interessiert, sondern für die Werte                                    folgen können. Dies umfasst eine
Svizzera italiana, aber auch all die    der Gesellschaft. Der nicht nur für                                    bessere Aufgabenteilung innerhalb
Sprachen und Kulturen, welche nicht     Chancengleichheit von Frauen und                                       der Familie und die Schaffung von
historische Wurzeln in der Schweiz      Männern kämpft, sondern auch                                           staatlichen Strukturen, die die Ver-
haben, aber genauso Teil unseres        gegen geschlechtsspezifische Dis-                                      einbarkeit von Beruf, Familie und
Landes sind. Die Schweiz ist nicht      kriminierung und generell gegen                                        Politik erleichtern. Es bedeutet aber
viersprachig, sondern zehn-, zwölf-,    Diskriminierung von Minderheiten.                                      auch, dass Parteien die Frauen aktiv
zwanzigsprachig. Unsere Vielfalt ist    Voraussetzungen dafür sind ein                                         unterstützen müssen, weil sie im-
unser grösster Reichtum. In Zeiten,     Paradigmenwechsel in der Gesell-                                       mer noch mehr Hindernisse über-
in denen Angst und Misstrauen ge-       schaft und bei den Machtverhält-                                       winden müssen als Männer, um in
genüber all dem herrschen, was als      nissen. Ich würde auch sagen, dass                                     die Politik einzutreten: Vorurteile,
«anders» angesehen wird, ist es wich-   der Feminismus eine Vision mit                                         mangelnde Förderung oder eine
tig, dies zu unterstreichen. Während    globaler Legitimität ist: Er versucht,                                 schwächere Präsenz in den Medien.
meines Präsidialjahrs möchte ich        ein Querschnittsproblem zu lösen,                                         Als Vertreterin der Svizzera ita-
versuchen, Brücken zwischen den         das in der Schweiz ebenso wie in         Die Schweiz                   liana möchte ich mein Präsidialjahr
verschiedenen Sprachregionen und        Europa oder im Norden und Süden                                        den Frauen, den sprachlichen und
Kulturen zu schlagen, aber auch zwi-    der Welt existiert.                      ist nicht                     kulturellen Minderheiten und den
schen den Bewohnerinnen und Be-            Wir müssen die Arbeit von                                           Schwächeren widmen. All jenen
wohnern unseres Landes – seien es       Frauen sichtbarer machen und sie         viersprachig,                 also, deren Stimmen man häufig
Schweizer Bürgerinnen und Bürger,       motivieren, sich politisch zu en-                                      nicht hört. Die Demokratie for-
in der Schweiz wohnhafte Auslän-        gagieren. Dies bringt mich zu dem        sondern                       dert nicht nur, dass man Vorurteile
derinnen und Ausländer, Flüchtlinge     zweiten Thema, das ich während                                         überwindet und Diskriminierung
oder Menschen, die mit Ausgrenzung      meiner Präsidentschaft hervorhe-         zehn-,                        bekämpft, sondern auch, dass die
und Schwierigkeiten am Arbeitsplatz     ben möchte: die Beteiligung von                                        Interessen aller Mitglieder der Ge-
oder in der Gesellschaft zu kämpfen     Frauen am politischen Leben und          zwölf-,                       sellschaft im Entscheidungsprozess
haben. Brücken zu bauen, um Vorur-      allgemein in allen Bereichen der                                       gehört werden. Es ist eine Herausfor-
teile gegen diejenigen zu bekämpfen,    Gesellschaft. Die Unterrepräsen-         zwanzig-                      derung, aber ich bin überzeugt, dass
die sich nicht den sozialen Zwängen     tation der Frauen ist nicht nur aus                                    wir es zusammen schaffen können,
anpassen.                               demokratischer Sicht ein Problem,        sprachig.                     care compagne und cari compagni.
                                                                                                                                                     zVg

                                                                                 Marina Carobbio bei ihrem offiziellen Empfang in Bellinzona.
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    179 ∙ 2018   Positionen

Eine Kampagne
 jenseits von Fakten
Der Nationalrat hat in der Wintersession eine Unterstützung des Migrations­                                      die Schweiz vorerst. Auch übernah-
pakts durch die Schweiz vorerst verhindert. Die SP wird sich weiter für ihn                                      men zahlreiche Medien Nationalrat
starkmachen. Denn globale Probleme können nur global gelöst werden.                                              Andreas Glarners Argumentation
                                                                                                                 unhinterfragt und machten der SVP
2016 verabschiedete die Uno-Voll-        Compact for Safe, Orderly and Regu-                                     ein Wahlkampfgeschenk für 2019.
versammlung die so genannte «Er-         lar Migration» der Schweizer Öffent-
klärung von New York». Vor dem           lichkeit völlig unbekannt. Obwohl                                       SP setzt sich weiter dafür ein
Hintergrund von gewaltigen welt-         der Schweizer Botschafter in New                                        Dass sich globale Probleme – wie
weiten Migrationsbewegungen und          York, Jürg Lauber, seit längerem mit                                    etwa der Klimawandel oder nach-
einer steigenden Zahl von Menschen       192 Staaten und im Beisein zahlrei-                                     haltige Entwicklung – nur global
auf der Flucht legte die Staatenge-      cher NGOs über den Inhalt des Pakts                                     lösen lassen, scheint einleuchtend.
meinschaft den Grundstein für ein        verhandelte, las man in der Schwei-                                     Deshalb ist der Migrationspakt ein
globales Regelwerk zu Migration und      zer Presse nichts darüber. Nicht ein-                                   richtiger Schritt. Unter voller Wah-
Flucht. Mit der New Yorker Erklä-        mal der feierliche Abschluss der Ver-   Fabian Molina, Nationalrat ZH   rung nationaler Kompetenzen wer-
rung stellten die Staaten an sich ei-    handlungen am 13. Juli war auch nur                                     den Empfehlungen aufgestellt, wel-
nige banale Dinge fest: Erstens, Mig-    einem Medium eine Meldung wert.                                         che die Zusammenarbeit unter den
ration und Flucht sind eine Realität –   Ganz anders im Ausland: Die deut-                                       Staaten verbessern und die Men-
und das seit Anbeginn menschlicher       sche «Tagesschau» berichtete pro-                                       schenrechte der Migranten stärken
Geschichte. Zweitens, mit dieser         minent darüber, ebenso die «New                                         sollen. Die Schweiz erfüllt die gros-
Realität gilt es politisch umzugehen.    York Times». Hierzulande interes-                                       se Mehrheit der Vorschläge schon
Und zwar multilateral. Kein einzel-      sierte das Ereignis die Medien nicht.                                   heute, könnte aber einen wichtigen
nes Land kann darauf alleine sinn-       Logisch also, dass die Schweizerin-                                     Beitrag für positive Entwicklungen
volle Antworten finden. Und drittens     nen und Schweizer nichts über den                                       andernorts leisten.
gilt es, bei der Lösung der Probleme,    Verhandlungserfolg ihres Landes                                            Selbstverständlich ist das Doku-
die mit Migration und Flucht zusam-      bei der Uno wussten.                                                    ment nicht perfekt. Wie denn auch:
menhängen, die Menschenrechte               Seit Mitte September macht die                                       Es ist ein Kompromiss zwischen 192
der Betroffenen zu stärken.              SVP nun mit den Schlagworten «glo-                                      Staaten. Migrationsursachen wie
                                         bale Personenfreizügigkeit», «Ende                                      Steuerflucht, mangelnde Konzern-
Schutz und rechtsstaatliche              der nationalen Souveränität» oder                                       verantwortung oder die Zerstörung
Verfahren                                «Medienzensur» gegen den Migra-                                         der Lebensgrundlagen durch die rei-
Gemäss Zahlen der Uno gibt es            tionspakt mobil. Mit freundlicher                                       chen Länder bleiben unerwähnt. Das
heute weltweit rund 250 Millio-          Unterstützung von Aussenminister                                        könnte man kritisieren. Aber solche
nen Migrantinnen und Migranten.          Cassis, der öffentlich Zweifel am Do-                                   Details gehen im faktenfreien Ge-
Nicht wenige von ihnen leben unter       kument äusserte und danach wieder                                       schrei von rechts unter. Die SP wird
erbärmlichen Bedingungen: In Ka-         zurückruderte. Nicht nur knickten                                       sich weiter dafür einsetzen, dass die
tar bauen indische, pakistanische        Teile von FDP und CVP daraufhin                                         Schweiz den Pakt doch noch unter-
und nepalesische Zwangsarbeiter          ein und verhinderten in der Winter-                                     stützt und sich aussenpolitisch nicht
Stadien für die Fussball-WM 2022.        session eine Unterstützung durch                                        vollends der Lächerlichkeit preisgibt.
In Spanien pflücken nordafrikani-
sche Migrantinnen und Migranten
                                                                                                                                                   123 rf

Erdbeeren für den reichen Norden.
Und in ganz Westeuropa verkau-
fen ausländische Sexarbeiterinnen
und Sexarbeiter ohne Rechte ihre
Körper. Die Menschenrechte dieser
Personen zu stärken, ist eines der
erklärten Ziele des Migrationspak-
tes. Er hält fest, dass alle Menschen
in jedem Land Anspruch auf Schutz
und rechtsstaatliche Verfahren ha-
ben. Für uns in der Schweiz eigent-
lich eine Selbstverständlichkeit.

Keine Meldung wert
Bis zum 13. September 2018 war der
unter der Leitung der Schweiz und
Mexikos ausgehandelte «Global
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  Ältere nicht
im Regen stehen lassen
Altersarbeitslosigkeit ist ein drängendes und weiter zunehmendes Pro-                              Weiterbildung statt Erhöhung
blem, das noch zu wenig Beachtung findet. Der Volksvorschlag «Für eine                             des Rentenalters
wirksame Sozialhilfe» würde vieles verbessern.                                                     Die Heraufsetzung des AHV-Alters bei Frau-
                                                                                                   en auf 65 Jahre wird keine Beruhigung auf
Die Arbeitslosenquote ist zurzeit so tief wie     entspricht. Auch im Interesse der Allgemein-     dem Arbeitsmarkt bringen. Die Altersarbeits-
seit 10 Jahren nicht mehr. Das ist für die All-   heit muss hier einerseits dringend dafür ge-     losigkeit wird sicher auch nicht mit einer Er-
gemeinheit eine sehr gute Nachricht, für be-      sorgt werden, dass ältere Arbeitnehmende         höhung des AHV-Alters für Mann und Frau
stimmte Menschen aber ist es nur ein schwa-       nicht gezielt auf die Strasse gestellt werden.   auf 66 oder 67 Jahre gelöst. Vielmehr braucht
cher Trost. So zum Beispiel für Leute, die mit    Ein Beispiel für solch unerhörtes Vorgehen       es eine Weiterbildungsoffensive. Bildungs-
über 55 Jahren arbeitslos werden. Viele von       war die Nachrichtenagentur, welche allen         und Weiterbildungsdefizite sind Gründe für
ihnen schaffen es trotz guter Qualifikation       Redaktorinnen und Redaktoren, die älter als      die Benachteiligung von älteren Arbeitssu-
und unzähligen Bewerbungen nicht zu ei-           60 Jahre waren, kündigte. Zum Glück führte       chenden gegenüber jüngeren. Die Ausbildung
nem neuen Job. Stattdessen liegt ein Spiess-      in dem Fall der Streik der ganzen Redaktion      der über 50-Jährigen liegt meist etliche Jahre
rutenlauf vor ihnen: Zuerst müssen sie wäh-       dazu, dass die Kündigungen zurückgenom-          zurück. Selbst wenn die Betroffenen lange bei
rend zwei Jahren Bewerbung um Bewerbung           men wurden.                                      der gleichen Firma angestellt waren und sich
schreiben, auch wenn nicht einmal Einla-                                                           durch Praxiserfahrung und Weiterbildung
dungen zu Bewerbungsgesprächen folgen.            Würdige Behandlung dank Volksvorschlag           zusätzliche Fähigkeiten angeeignet haben,
Anschliessend wird das angesparte Vermö-          «Für eine wirksame Sozialhilfe»                  sind diese meist sehr firmenspezifisch. An
gen aufgebraucht – aus der Traum von der          Andererseits braucht es abfedernde Mass-         einer neuen Arbeitsstelle ist dieses Wissen
Reise nach der Pensionierung, dafür droht         nahmen für die Menschen, die kurz vor der        nicht immer relevant.
nach 65 die Altersarmut. Ist nichts mehr da,      Pensionierung arbeitslos werden. Hier greift        Das firmenspezifische Wissen wächst
und erst dann, hilft das Sozialamt. Wer ein       der Volksvorschlag «Für eine wirksame Sozi-      mit der Dauer der Betriebszugehörigkeit und
Leben lang hart gearbeitet hat, kann eine         alhilfe»: Als Gegenvorschlag zur Sozialhilfe-    ist daher bei älteren Arbeitnehmenden von
solche Behandlung nur als demütigend em­          gesetzrevision, die zur Abbauvorlage verkam,     grösserer Bedeutung als bei jüngeren. Auch
pfinden.                                          will er nicht nur dafür sorgen, dass mehr So-    hier braucht es den Volksvorschlag, der eine
                                                  zialhilfebeziehende eine Arbeitsstelle und       gezielte Weiterbildung von Stellensuchenden
Zahlen zeigen beunruhigende Entwicklung           damit den Weg aus der Abhängigkeit finden.       vorsieht.
Umso dramatischer ist es, dass immer mehr         Er sieht nämlich auch vor, dass Personen, die
Personen über 55 ausgesteuert werden. Seit        nach Erreichen des 55. Altersjahrs arbeitslos    Paul Zaugg, Präsident SP 60+ Kanton Bern
2010 hat ihre Zahl um die Hälfte zugenom-         werden, mit Ergänzungsleistungen statt So-
men: Es sind nun in der Schweiz schon über        zialhilfe unterstützt werden. So haben die
30 000 Personen, was etwa der Bevölkerung         Betroffenen noch etwas Geld auf der Seite,
von Langenthal und Burgdorf zusammen              wenn sie in Pension gehen.
Für ein soziales Europa - SP Schweiz
10    LINKS
      179 ∙ 2018        LINKS LU
                   Seitentitel

    «Der Wille, die Wahlen zu
gewinnen, ist enorm»
«Links.lu» sprach mit den CampaignerInnen Anna Gallati (23) und                                   Es freut mich sehr, dass ihr beide uns auch
Kilian Koch (28) über ihre Arbeit für die Basiskampagne.                                          für die eidgenössischen Wahlen vom Okto-
                                                                                                  ber 2019 erhalten bleibt. Was erwartet uns?
Liebe Anna, lieber Kilian, zuerst möchte         auch sind. Ehrlich gesagt, habe ich gedacht,     Kilian: Im Moment liegt unser Fokus noch
ich euch herzlich gratulieren. Wir haben         dass das Ganze etwas hierarchischer struk-       ganz bei den Kantons- und Regierungsrats-
im Rahmen der Quartierumfrage bis heu-           turiert ist. Wohl einfach weil dies im politi-   wahlen vom März. Parallel dazu planen wir
te 2000 Gespräche mit der Bevölkerung            schen System schnell so rüberkommt. Jetzt,       die Basiskampagne zu den Wahlen im Herbst.
geführt und somit unsere Ziele mehr als          wo ich das Parteileben etwas besser kennen       Schon bald werden wir die Mitglieder und
übertroffen!                                     lernen durfte, habe ich diesen Eindruck nicht    Sektionen über die bevorstehenden Aktivitä-
Kilian: Das war nur dank dem unermüdli-          aber mehr.                                       ten informieren.
chen Einsatz der Parteibasis möglich. Es ist        Ach ja … an das Wort Genossinnen bzw.                               Interview: Sebastian Dissler
unglaublich, wie viel Engagement wir in den      Genossen musste ich mich erst noch gewöh-
letzten Monaten miterleben durften. Der          nen, aber inzwischen finde ich es ziemlich
Wille, die Wahlen zu gewinnen und sich auch
persönlich dafür einzusetzen, ist enorm.
                                                 cool. Auch passend. Denn meine bisherige
                                                 Zeit als Genosse habe ich sehr genossen.
                                                                                                      QUARTIERUMFRAGE
Auch die Stimmung im Team finde ich su-                                                               IN ZAHLEN
per. Mit dir und Anna zusammenzuarbeiten         Anna, du bist schon länger in der SP und
macht echt Spass!                                der JUSO aktiv. Hat deine Arbeit für dich            Bis heute wurden 1996 Gespräche
Anna: Da stimme ich Kilian voll und ganz zu.     zu neuen Einblicken geführt?                         geführt, davon 1454 am Telefon und
Der Dank gilt all den motivierten GenossIn-      Früher war die SP für mich hauptsächlich die         542 an der Haustüre. 233 SP-Mitglieder
nen, die sich auf die Quartierumfrage einge-     Partei, mit welcher ich mich politisch identi-       haben sich an den Aktivitäten be-
lassen haben.                                    fiziere – nicht mehr, aber auch nicht weniger.       teiligt. 73 Personen konnten wir als
                                                 Durch meine Arbeit in der Basiskampagne              Sympi oder Mitglied gewinnen! Am
Nicht so bescheiden! Euer Einsatz war            und mit den Mitgliedern wurde mein abs-              15. Dezember 2018 findet die letzte
wirklich grossartig. Kilian, du kanntest die     traktes Parteibild mit Menschen gefüllt. Die         Quartierumfrage statt. Anschliessend
SP vorher nicht «von innen». Sind wir etwa       unterschiedlichen Motivationen und Ge-               werden die Ergebnisse ausgewertet
so, wie du dir das vorgestellt hast?             schichten, die hinter jedem einzelnen Enga-          und den Mitgliedern und Sektionen
Die SP als Partei war mir schon immer sympa-     gement für die SP stehen, faszinieren mich           kommuniziert.
thisch. Nun weiss ich, dass es ihre Mitglieder   immer wieder von neuem.
LINKS  AG
                                                                                                       Seitentitel                 LINKS
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MIGRANTEN UND FLÜCHTLINGE AUF DER BALKANROUTE

In der Sackgasse
Als Projekt Help Now unter dem                   Bihać gibt zu Zeit täglich
Dach des Netzwerks Asyl Aargau                   dreimal je 1000 Mahlzeiten
er­folgte im Sommer 2018 ein wei-                aus. Der Europarat ging von
terer Hilfseinsatz entlang der                   9000 bis 10 000 Personen
Balkanroute. Nun soll es eine                    aus, die sich seit Jahresbe-
dringend notwendige Aktion an                    ginn im Land befanden.
Weihnachten 2018 geben.                          Täglich treffen auch heute
                                                 Flüchtlinge und Migranten
                                                 aus verschiedensten Staa-
                                                 ten, von Afghanistan, Paki-
                                                 stan, Irak, Iran, Syrien bis
                                                 Marokko ein.
Stefan Dietrich von                                 Das Gros der Menschen
Bremgarten ist Be-                               ist relativ jung und stammt
zirkspräsident der
SP Bremgarten.                                   aus Pakistan. Es sind wie-
                                                 der vermehrt auch Familien
                                                 mit kleinen Kindern (oft aus
                                                 Syrien, Irak, Iran) darunter.
Seit Frühling 2018 treffen täglich Flüchtlinge   Überall in der Stadt kann
und Migranten in Bihać und in den benach-        man junge Migranten und
barten Grenzortschaften im Nordwesten            Flüchtlinge antreffen. Der Sommer war sehr         nen Chancen, in Europa zu bleiben, nicht
Bosnien-Herzegowinas ein. Sie kommen             heiss. Die alten Bäume im Stadtkern und der        einschätzen. Sie sind mehrheitlich sehr jung
mehrheitlich über Mazedonien und Serbien         nahe Fluss spendeten Schatten. Viele zelte-        und haben bereits sehr viel mitgemacht. Sie
nach Bosnien-Herzegowina und versuchen           ten im Park, andere hatten ihren Schlafplatz       sehen sich kurz vor dem Ziel, dem «gelob-
im Nordwesten des Landes, in die Europäi-        in der Ruine aufgeschlagen. Nachts und am          ten Land». In der Regel wollen fast alle nach
sche Union, nach Kroatien, weiter über Slo-      Morgen war es im August schon recht kühl.          Deutschland, Frankreich oder Italien. Vie-
wenien nach Italien zu gelangen.                 Wer konnte, wärmte sich an einem Feuer.            le sind frustriert, sehen keine Perspektive
   Zum Zeitpunkt unserer Hilfsaktion im             An der mit Fahrzeugen erreichbaren Seite        mehr, und oft werden sie aggressiv. Andere
Sommer sollen sich etwa 3000 Personen            des Gebäudes haben sich Hilfsorganisatio­          wiederum haben es bereits 17 Mal versucht,
in Bihać und etwa 800 Personen in Velika         nen eingerichtet und geben Kleidung und            nach Kroatien zu gelangen, wurden dort
Kladuša befunden haben. 5000 Personen            andere Hilfsgüter aus, freiwillige Ärzte ver-      von der Polizei erwischt und nach Bosnien-
sollen sich im Una-Sana-Kanton und in der        arzteten Erwachsene und Kinder. Die Stadt          Herzegowina zurückgeschafft. Dabei werden
Region Krajina befinden. Das Rote Kreuz in       Bihać und ihre Bürger bemühen sich seit Mo-        Migranten geschlagen, ihre Handys und ihr
                                                    naten vergeblich, die Situation zu bewäl-       Bargeld abgenommen.
                                                     tigen. Es fehlt an materieller, logistischer       Aus humanitären, aber auch aus sicher-
                                                     und vor allem politischer Unterstützung.       heits- und gesundheitspolitischen Gründen
                                                     Das UNHCR, IOM und andere internatio-          besteht dringender Handlungsbedarf. Die
                                                      nale Organisationen sind aktiver gewor-       Vorbereitungszeit für die letzte Hilfs­aktion
                                                      den.                                          war kurz, aber sie war erfolgreich. Alle im
                                                          Der Winter steht vor der Tür, und es      Aargau gespendeten Schlafsäcke konnten
                                                      ist unerlässlich, eine institutionalisier-    in Bihać direkt an bedürftige Menschen
                                                      te Form der Registrierung, Versorgung         übergeben werden. Die Mehrzahl schlief in
                                                       und Unterbringung zu organisieren.           Zelten, sehr viele aber auch auf dem Boden
                                                       Insbesondere, wenn man weitere Tote          oder auf Plastikplanen, alten Matratzen oder
                                                       an der Grenze und die Zunahmen von           auf alten Kleidern. In Zusammenarbeit mit
                                                       Spannungen in der Lokalbevölkerung           dem Roten Kreuz wurden die gesammelten
                                                        vermeiden möchte. Möglicherweise            Spendengelder für Unterwäsche für Kinder,
                                                        wird geradezu dies zynischer Weise in       Frauen und Männer, T-Shirts, Hygienearti-
                                                        Kauf genommen. Die Spannungen an            kel, Lebensmittel, Plastikbesteck und -ge-
                                                        der Grenze haben massiv zugenom-            schirr für die Essensausgabe in Bihać, Insu-
                                                        men. Migranten und Flüchtlinge setz-        lin, Kekse für Kinder, … verwendet. Dennoch
                                                         ten sich in Gruppen Richtung Grenz-        fehlt es weiterhin an vielem. Insbesondere
                                                         übergängen in Bewegung. Es kam zu          fehlt es an Nahrungsmitteln, aber auch an
                                                         gewaltsamen Zusammenstössen mit            Sanitäreinrichtungen. Auch das Rote Kreuz
                                                          den Grenzbeamten, aber auch mit der       ist nach wie vor notdürftig ausgestattet. Die
                                                          Lokalbevölkerung.                         nächste Hilfsaktion ist für Weihnachten
                                                             Zahlreichen Migranten fehlen oft       2018 in Bihać geplant. Jede Unterstützung
                                                          auch Informationen über Asyl, Ein-        ist willkommen und kommt den Betroffenen
                                                          wanderung und Bleiberecht. Sie kön-       direkt zugute.
Staatskanzlei Basel-Stadt
                   LINKS BLBS

Visionen statt Autobahnen
Gegen die Bevölkerung?                                            tring zu Grunde liegenden Mobili-        Lärm und mehr Abgasen. Deshalb
Die Regierungen von Basel-Stadt                                   tätsvorstellungen längst nicht mehr      fordern wir mit einer Motion der
und Baselland haben zusammen                                      den dann vorhandenen Bedürf­             Basler Regierung dazu auf, sich
mit dem Bundesamt für Strassenbau                                 nissen.                                  verbindlich gegen die Planung der
(ASTRA) einen Plan ausgeheckt. Sie                                                                         zusätzlichen Stadtautobahnen Wes-
wollen neue Autobahnen im Gebiet                                  Falsche Prioritäten                      tring (auch unterirdisch) und der
Bottmingen, Binningen, Allschwil                                  Wo bleibt der Ausbau des ÖV, wo          damit erweiterten Strassenkapazi-
und Bachgraben bauen. Dies obwohl                                 das Herzstück? Dieses wurde vom          täten einzusetzen. Der Planungs-
Basel-Stadt 2010 per Volksentscheid                               Bundesamt für Verkehr nicht in den       stopp soll 10 Jahre gelten oder so lan-
zur Reduktion des Autoverkehrs um        Danielle Kaufmann,       Ausbau der Bahninfrastruktur 2035        ge, bis die Finanzierung des alterna-
10 Prozent bis 2020 verpflichtet wur-    Grossrätin               aufgenommen. Der Bundesrat wird          tiven Schienenprojekts Herzstück
de und Autobahn-Ausbauten nur                                     sich darüber erst im 2026 Gedan-         gesichert ist und Elektromobile
noch realisiert werden dürfen, wenn                               ken machen. Der Bau des Herzstücks       einen Marktanteil von mindestens
dadurch die Kapazität des Strassen-                               ist damit auf unbekannte Zeit ver-       50 Prozent haben.
netzes insgesamt nicht erhöht wird.                               schoben. Der Bund und die beiden            Im Baselbiet möchten wir, neben
Auch die BaselbieterInnen haben                                   Kantonsregierungen setzen damit          der Förderung des öffentlichen und
sich gegen zusätzliche Autobahnen                                 falsche Prioritäten. Sie planen und      des Langsamverkehrs, einerseits
ausgesprochen und 2015 den ge-                                    bauen lieber neue Autobahnen, an-        ein Park & Ride-Konzept und ande-
planten Autobahnring Leimental                                    statt das viele Geld in neue Formen      rerseits die Förderung von Fahrge-
– Birseck-Allschwil (ELBA) deutlich                               von Mobilität zu investieren. Sie ver-   meinschaften. In einem Vorstoss
abgelehnt. Die beiden Regierungen                                 folgen lieber die Strategien des letz-   fordern wir die Regierung dazu auf,
missachten mit dem geplanten Wes-        Jan Kirchmayr, Landrat   ten Jahrhunderts, statt Visionen zu      an neuralgischen Orten wie Kreu-
tring also klar den Volkswillen.                                  entwickeln für eine ökologische und      zungen oder Autobahnausfahrten
                                                                  nachhaltige Lebensweise.                 Spuren für Autos zu reservieren, in
Nicht nachhaltig                                                                                           welchen mehr als eine Person sitzt.
In Zeiten des Klimawandels wirkt                                  Visionen für die Region                  Unser Ziel ist klar und zukunftsge-
es bizarr, an einen massiven Ausbau                               Um die Klimaziele von Paris zu er-       richtet. Sinnloser Betonbau ist von
von Autobahnen zu denken. Denn                                    reichen, müssen wir an die Arbeit        vorgestern.
dieser schafft in erster Linie zusätz-                            gehen. Wir brauchen Lösungen, die
lichen Autoverkehr. Die Realisierung                              umweltfreundlich,       platzsparend
eines solch gigantischen Projektes                                und lärmreduzierend sind. Wir
wie der Westring braucht Jahrzehn-                                brauchen Visionen, wie die Region
te und kostet immens viel Geld.                                   Basel trotz Bevölkerungszuwachs
Bis dahin entsprechen die dem Wes-                                nicht erstickt in mehr Verkehr, mehr
Denknetz               LINKS
                                                                                                                                                                                                     179 ∙ 2018   13

                                 Bildung, «Gutes Alter», Marx:
                                 Jetzt Denknetz-Mitglied werden
                                 Wer Denknetz-Mitglied wird, hilft kritisches Denken und politische Hintergrundarbeit zu stärken – und erhält
                                 jetzt gleich zwei neue Denknetz-Bücher kostenlos zugeschickt: Das Jahrbuch 2018 zum Thema Bildung und Eman-
                                 zipation und das neue Sachbuch Gutes Alter. Als Mitglied erhältst du auch künftig die Denknetz-Bücher kos-
                                 tenlos zugesandt. Jetzt den Talon einschicken oder online ausfüllen auf www.denknetz.ch/mitglied-werden.

                       Denk
                       netz       Denk
                                  netz
                      Jahrbuch                          Ute Klotz, Fitzgerald Grain, Johannes Gruber,
                        2018
                                                        Annemarie Sancar, Hans Baumann, Roland
                                                        Herzog, Andri Bösch, Holger Schatz, (Hg.):
                                  Mit Beiträgen von
                                  Simone Ambord         Bildung und
                                                        Emanzipation
                                  Fabienne Amliger
mmer bessere und                  Hans Baumann
 e gar nichts mehr:               Bruno Bollinger
  auf einen halb-
                                                        Formation et
                                  Monique Brunner
 elen, Firmen,                    Fitzgerald Crain
 en Entwicklung                   Farinaz Fassa
 t sich angesichts
 erungswellen,
                                  Lena Frank
                                  Tamara Funicello
                                                        émancipation
nd bereitet weitere               Johannes Gruber
 ereits jetzt ist                 Romy Günthart
                                  Barbara Gurtner       Ökonomisierung
verkommen und
                                  Theres Hammel         Innere und äussere Ökonomisierung in der Bildung
  vorliegenden                                          Entstehung von Bildungsmärkten
                                  Catherine Haus
 ese Verkümmerung                                       Die Finanzierung der Bildung
                                  Roland Herzog
  en gegangenen
                                  Chantal Hinni
 n Idee von Bildung               Anton Hügli           Chancengerechtigkeit
                                  Ute Klotz             Intersektionalität und Bildung
                                  Eva Krattiger         Reproduktion sozialer Ungleichheit durch Bildung
                                  Magdalena Küng        La formation, placeur principal du système inégalitaire
                                  Nadia Lamamra         suisse
                                  René Levy             Formation professionnelle et genre
                                  Isabel Martinez       Feministische Öffentlichkeit
                                  Wiebke Oppermann      Chancengleichheit als neoliberale Ideologie
                                  Thomas Ragni
                                  Erich Ribolits        Arbeit und Bildung
                                  Beat Ringger          Welche Arbeitskraft braucht das Kapital
                                  Annemarie Sancar      Arbeitsbedingungen an der Hochschule
                                  Holger Schatz
                                  Katharina Steinmann   Bildung und Emanzipation
                                  Linda Stibler         Schule ohne Angst
                                  Markus Truniger       Macht und Herrschaft in der Schule
                                                        Emanzipation – Leerformel oder erstrebenswertes Bil-
                                                        dungsziel

                                  Jahrbuch
                                  2018

                                 Denknetz-Jahrbuch 2018:                                                          Denknetz-Sachbuch:
                                 Bildung und Emanzipation                                                         Gutes Alter                                      TALON
                                 Die Spatzen pfeifen es von den Dächern:                                          Das Buch gibt der aktuellen Diskussion rund
                                 Ohne immer intensivere und lebenslange                                           um die «Probleme mit der alternden Gesell-       Jetzt Denknetz-Mitglied werden:
                                 Bildung geht gar nichts mehr, verspielen wir                                     schaft» einen neuen Fokus. Anstelle der De-      Der Denknetz-Mitgliederbeitrag beläuft
                                 halbwegs sichere und gute Arbeitsplätze,                                         fizitorientierung (Was kosten uns die Alten?)    sich auf jährlich CHF 100.– für Normal-
                                 werden Firmen und Standorte von der globa-                                       betont es die historisch erstmalige Chance       verdienende und CHF 40.– für Nicht- oder
                                 len Entwicklung abgehängt. Doch stimmt das                                       einer Gesellschaft des guten langen Lebens       Geringverdienende.
                                 überhaupt? Welche Bildung ist da gemeint?                                        für alle. Eine solche gelingt, wenn wir dem
                                 Produziert dieser Bildungs-Dauerdruck nicht                                      Grundwert der Solidarität neue Relevanz           Ich werde Denknetz-Mitglied und
                                 mehr Schaden als Nutzen: Stress, Angst,                                          verschaffen, statt zu versuchen, die Gene-         erhalte die drei aktuellen Denknetz-
                                 Konformität? Im Denknetz-Jahrbuch 2018                                           rationen gegeneinander auszuspielen. In            Bücher als Willkommensgeschenk
                                 fragen die Autorinnen und Autoren, welchen                                       einer solidarischen Gesellschaft verfügen         Ich bestelle das Buch MarxnoMarx zu
                                 Stellenwert emanzipatorische, demokrati-                                         die Menschen über die Zeit und die nötigen         CHF 23.– zuzüglich Versandkosten
                                 sche Bildung heute noch hat und wie sie wie-                                     Ressourcen, um sich um die Mitmenschen zu         Ich bestelle das Denknetz-Jahrbuch
                                 der gestärkt werden kann. Denn Bildung ist                                       kümmern, immer im Wissen, dass die Sorge           2018 Bildung und Emanzipation zu
                                 zwar immer auch Mittel, indem sie uns hilft,                                     um andere nicht nur auf ihnen als Einzelne         CHF 23.– zuzüglich Versandkosten
                                 in dieser Welt bestehen zu können, aber sie                                      lastet, sondern auch durch gesellschaftliche      Ich bestelle das Buch Gutes Alter zu
                                 soll uns gleichzeitig auch dazu befähigen,                                       Institutionen (z. B. Sozialversicherungen, öf-     CHF 23.– zuzüglich Versandkosten
                                 als Einzelne und als Kollektiv unsere Zwecke                                     fentliche Care-Dienste) abgesichert ist. Nur
                                 selber zu setzen. Und genau das ist gefragt,                                     eine Gesellschaft, die das Thema Care ernst
                                 wenn wir nicht einem ohnmächtigen Dauer-                                         nimmt, kann eine solidarische Gesellschaft
                                 Anpassungsdruck verfallen wollen.                                                sein. Und nur eine solche Gesellschaft kann      Name
                                                                                                                  dafür sorgen, dass der wachsende Reichtum
                                 Mit Beiträgen von Fitzgerald Crain, Wibke                                        allen zugute kommt. Das Buch bezieht sich
                                 Opermann, Johannes Gruber, Theres Hammel,                                        u. a. auch auf die Arbeiten des Netzwerks        Vorname
                                 Linda Stibler, Thomas Ragni, Simone Ambord,                                      Gutes Alter. Dieses Netzwerk sondiert ge-
                                 Monique Brunner, Isabel Martinez, René Levy,                                     genwärtig die Möglichkeiten für eine breit
                                 Nadia Lamamra, Farinaz Fassa, Catherine                                          abgestützte nationale Volksinitiative zur Si-    Strasse
                                 Haus, Fabienne Amliger, Holger Schatz,                                           cherung einer guten Pflege, Betreuung und
                                 Erich Ribolits, Ute Klotz, Katharina Stein-                                      Alltagsunterstützung aller im Alter.
                                 mann, Beat Ringger, Markus Truniger,                                                                                              PLZ, Ort
                                 Annemarie Sancar, Roland Herzog, Hans                                            Mit Beiträgen von Marie-Louise Barben, Bar-
                                 Baumann, Anton Hügli, Romy Günthart,                                             bara Baumeister, Trudi Beck, Markus Bran-
                                 Chantal Hinni, Magdalena Küng, Tamara                                            denberger, Adrian Durtschi, Andres Frick,        Mailadresse (bitte deutlich schreiben)
                                 Funiciello, Eva Krattiger, Barbara Gurtner,                                      Rosmarie Glauser, Susy Greuter, Ruth Gurny,
                                 Lena Frank, Bruno Bollinger                                                      Cornelia Heinze, Carlo Knöpfel, Riccardo         Einsenden an Denknetz, Postfach,
                                                                                                                  Pardini, Beat Ringger, Kurt Seifert, Monika      8036 Zürich, oder ein entsprechendes
                                 Beide Bücher sind auch im Buchhandel erhältlich.                                 Stocker, Elvira Wiegers und Heidi Witzig         Mail an info@denknetz.ch
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