PENSIONEN Alle Infos zu Voraussetzungen, Berechnungen und Leistungen - Aus der Broschürenserie Gewerkschaft GPA - Grundlagenabteilung

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PENSIONEN
Alle Infos zu Voraussetzungen,
Berechnungen und Leistungen

Aus der Broschürenserie
Gewerkschaft GPA – Grundlagenabteilung   1
IMPRESSUM:
Herausgeber: Gewerkschaft GPA, 1030 Wien, Alfred-Dallinger-Platz 1
Redaktion: Alexander Pichler, Gewerkschaft GPA – Grundlagenabteilung
Layout: Christina Schier, Gewerkschaft GPA – GB Organisierung und Marketing
Bilder/Fotos: iStock, Daniel Novotny, Michael Mazohl
ÖGB ZVR-Nr.: 576439352

Stand: Juni 2021
AUTORiNNEN
© Daniel Novotny

                                                                          © Daniel Novotny

                   Mag.a Isabel Koberwein                                                    Dr. David Mum
                   arbeitet in der Grundlagenabteilung                                       ist Mitglied der Bundesgeschäftsführung
                   der Gewerkschaft GPA und beschäftigt                                      und leitet die Grundlagenabteilung der
                   sich schwerpunktmäßig mit den Themen                                      Gewerkschaft GPA. Er ist vorrangig mit
                   ArbeitnehmerInnenschutz, Arbeitszeit                                      den Themen Sozialpolitik, Verteilungs-
                   und Sozialpolitik.                                                        politik, Betriebliche Altersvorsorge und
                                                                                             Politische Ökonomie befasst.

                   Die Inhalte sind nach bestem Wissen erstellt und sorgfältig geprüft. Es besteht jedoch keine Haftung seitens der AutorInnen
                   oder der Gewerkschaft GPA. Inhalte dürfen unter Angabe der AutorInnen weiterverbreitet werden (CC-Urheberrecht).

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VORWORT

4
    © MichaelMazohl
Seit jeher steht das Thema Pensionen immer wieder im Mittelpunkt oftmals hart geführter politischer Auseinander-
setzungen. Den Antrieb liefern dabei nicht selten die Interessen jener, denen es nicht um die Weiterentwicklung und
Absicherung des bestehenden Systems geht, sondern um seine Schwächung zugunsten der Forcierung der privaten
Vorsorge. Das Krankreden und das systematische Erzeugen von Verunsicherung hinsichtlich des Weiterbestands
unseres Pensionssystems, sind dabei eine oftmals angewandte Strategie. Der erste Teil unserer Broschüre setzt sich
daher mit der Finanzierbarkeit und Zukunftsfähigkeit des bestehenden Systems auseinander, stellt die Auswirkun-
gen des erfolgten Umstieges auf das Pensionskonto dar und nimmt dabei auch die Argumente und Gegenentwürfe
mancher wirtschaftsnaher ExpertInnen näher unter die Lupe.

Dass die türkis-grüne Bundesregierung in ihrem Programm ein Bekenntnis zum bestehenden Pensionssystem
abgegeben und sich für Bemühungen ausgesprochen hat, um Lücken und Ungerechtigkeiten im Pensionssystem
zu schließen, ist jedenfalls positiv. Zu begrüßen ist auch, dass die Stärkung der Gesundheit im Erwerbsleben als
wichtiger Faktor gesehen wird und ein Fokus auf Prävention, Rehabilitation und Stärkung des Gesundheitssystems
angekündigt wurde.

Allerdings hat die Regierung in einer Blitzaktion per Initiativantrag die Möglichkeit abgeschafft, nach 45 Jahren
abschlagsfrei in Pension gehen zu können. Dies wurde erst 2020 wieder eingeführt und bedeutet für die Betroffe-
nen, die 45 Jahre in das System einbezahlt haben, deutlich geringere Pensionen. Zur Reduktion des Unterschieds
zwischen Frauen- und Männerpensionen wird leider nicht auf eine bessere Bewertung der Kindererziehungs-
zeiten gesetzt, sondern auf ein Pensionssplitting, bei dem die Pensionsansprüche zwischen Partnern geteilt werden.
Das bringt aber nur jenen was, deren Partner viel verdient.

Für die Gewerkschaft GPA gilt es vor diesem Hintergrund, die Umsetzungsschritte der Pensionspläne der türkis-
grünen Bundesregierung genau zu beobachten und zu bewerten und daraus die entsprechende Informa-
tions- und Sensibilisierungsarbeit abzuleiten. Einen Beitrag dazu leistet auch die vorliegende Broschüre, die
in gewohnter Weise einen Überblick zu den verschiedenen Pensionsarten sowie zu Anspruchsvoraussetzungen und
zur Berechnung der Pensionshöhe gibt. Alle Angaben basieren dabei auf den aktuellen Sozialversicherungswerten
für 2020.

Barbara Teiber, MA
Vorsitzende

                                                                                                                 5
INHALT

 Das Pensionssystem im politischen Diskurs .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 8
    Finanzierbarkeit des Pensionssystems. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  8
    Ist das Pensionssystem zu teuer? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  8
    Wird das Pensionssystem unfinanzierbar, weil der „Altenanteil“ immer mehr zumimmt. .  10
    Bundeszuschüsse. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  12
    ASVG-Pensionen am besten durch Beiträge gedeckt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  13
    Erwerbsquote älterer ArbeitnehmerInnen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  14
    Anstieg bei den Pensionsantritten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  16
    Verhältnis Pensionen zu Erwerbstätigen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  18
    Pensionskonto: Böses Erwachen? Welche Leistungen kann man erwarten? . . . . . . . . . . .  19
    Österreichpension und Pensionskonto. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  19
    Österreichs Pensionssystem bringt im internationalen Vergleich gute Leistungen. . . . . . 20
    Vorsicht bei Pensionslückenrechnern von Anbietern privater Pensions-
    zusatzprodukten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21
    Mit welchen Annahmen wird eine Pensionslücke berechnet. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  23

 Allgemeine Grundlagen .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 24
    Voraussetzungen und Antragstellung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  24
    Mindestversicherungszeit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  25
    Regelpensionsalter. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  26
    Pensionskonto. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  27
    Versicherungszeiten, Beitragszeiten, Ersatzzeiten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  27
    Pensionsanpassung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  28
    Ausgleichszulage. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  29
    Nachkauf von Schul- und Studienzeiten.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  30
    Freiwillige Selbstversicherung und freiwillige Weiterversicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  30
    Höherversicherung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  31

                                                                                                                                                                                                6
Pensionssplitting. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32
    Zuverdienst während der Pension. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  32
    Versicherungszeiten im Ausland. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33

Pensionsberechnung.  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 34
    Bemessungsgrundlage. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34
    Aufwertungsfaktoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  34
    Kontoprozentsatz. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  34
    Abschläge bei vorzeitigem Pensionsantritt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  35
    Frühstarterbonus ab 2020. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  35
    Bonifikation bei späterem Pensionsantritt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  36
    Ermittlung der Pension am Pensionskonto. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  36

Eigenpensionen .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 38
    Alterspension zum Regelpensionsalter. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38
    Langzeitversichertenregelung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  38
    Korridorpension. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  40
    Schwerarbeitspension. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  41
    Berufsunfähigkeits- bzw. Invaliditätspension . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44
    Exkurs: Teilpension . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50

Hinterbliebenenpensionen. .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 51
    Witwen-/Witwerpension. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51
    Waisenpension. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  53

Anhang .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 54
    Anspruchsvoraussetzungen und Abschläge im Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54
    Pensionsarten im Überblick. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  55
    Pensionsrelevante Beträge in der Sozialversicherung 2020 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56

                                                                                                                                                                                  Wertvolle Tipps

                                                                                                                                                                                  Zitat

                                                                                                                                                                                  Beispielrechnung

                                                                                                                                                                                                                          7
DAS PENSIONSSYSTEM
IM POLITISCHEN
DISKURS

FINANZIERBARKEIT DES PENSIONSSYSTEMS                      bedeutet, dass die Aufwertung der Beitragsgrundla-
                                                          gen geringer ist, weil diese an die Einkommensent-
Die Pensionsdiskussion ist ein innenpolitischer Dauer-    wicklung gekoppelt ist. Und bei niedrigerem Wachstum
brenner.                                                  ist meist auch die Inflation geringer, was sich auf die
Bedeutet die steigende Lebenserwartung zwangsläufig,       Pensionsanpassungen durchschlägt.
dass das Pensionssystem finanziell unter Druck kommt
und nicht finanzierbar ist?
Nein, denn auf Basis der bisher beschlossenen Refor-      IST DAS PENSIONSSYSTEM ZU TEUER?
men, ist das Pensionssystem auf die geänderte Bevöl-
kerungszusammensetzung vorbereitet.                       Die Ausgaben für das öffentliche Pensionssystem sind
                                                          in den letzten Jahrzehnten moderat gestiegen. Sinn-
Während der Anteil der über 65-Jährigen bis 2060          vollerweise misst man den Pensionsaufwand in Relati-
von 19 % auf 30 % steigen wird (Anstieg um ca. 60 %),     on zum BIP (Bruttoinlandsprodukt). Damit wird gemes-
nimmt der Anteil der Wirtschaftsleistung (BIP), der für   sen, welcher Anteil des Gesamteinkommens bzw. der
Pensionen gezahlt werden wird, nur von ca. 14 % auf       Gesamtproduktion den PensionistInnen zur Verfügung
maximal 15 % zu. Das ist eine überschaubare und ab-       gestellt wird. Logischerweise sollte dieser Anteil stei-
solut machbare Steigerung. Selbstverständlich sind        gen, wenn der Anteil der PensionistInnen an der Bevöl-
Szenarioberechnungen über derart lange Zeiträume          kerung zunimmt.
mit Vorsicht zu genießen. Trotzdem sind diese Progno-     Dabei fällt gleich auf: Der Anteil der Pensionen am BIP
sen aber wertvolle Informationen, denn die Menschen,      ist weitaus geringer als der Anteil der PensionistInnen
um die es in den Szenarien geht, leben in der Regel       an der Bevölkerung. Die PensionistInnen erhalten also
schon. Die maßgeblichen Größen wie Bevölkerungs-          keineswegs ein zu großes „Stück vom Kuchen“.
entwicklung, Lebenserwartung, Beschäftigung und
Wirtschaft unterliegen keinen abrupten Änderungen         Die Ausgaben der gesetzlichen Pensionsversicherung
wie etwa Börsenkursen auf den Finanzmärkten. Wenn         (ohne BeamtInnen inklusive Ausgleichszulagen) lagen
es gegenüber den Szenarioberechnungen zu deut-            1980 bei knapp 10 %, 1990 bei 10,5 % und 2015 bei
lichen Abweichungen kommt, kann und wird man im           11,3 % des BIP. 2020 steigen die Pensionsausgaben
System reagieren.                                         auf 12,5 % des BIP. Das ist ein „Ausreißer“, weil 2020 im
                                                          Zuge der Corona-Krise das BIP stark eingebrochen ist.
Außerdem entwickeln sich maßgebliche Größen in die-       Mit steigender Wertschöpfung wird dann in Folge das
selbe Richtung. Wenn das Wachstum geringer ausfällt,      Gesamteinkommen (BIP) zunächst wieder schneller
steigen meist auch Löhne und Preise geringer. Das         wachsen als die Pensionsaufwendungen (s. Abb. 1).

                                                                                                                 8
DAS PENSIONSSYSTEM IM POLITISCHEN DISKURS

     Abb. 1: GESAMTAUFWENDUNGEN DER PENSIONSVERSICHERUNG IN % DES BIP

%
15

          inkl. AZ
          ohne AZ                                                                                             12,46
                                                                                                                      12,18
12                                                                                           11,31
                                                                           11,14                     11,06
                                                                                   10,81
                                        10,53             10,45
                                                10,14             10,10
                       9,85
                              9,29

 9
         8,02
                7,53

 6

 3

 0
           1970          1980              1990              2000             2010              2015              2020

                              Quelle: Gutachten gemäß Alterssicherungskommissions-Gesetz 131 f.; Nov. 2020, AZ = Ausgleichszulage

                                                                                                                                    9
DAS PENSIONSSYSTEM IM POLITISCHEN DISKURS

WIRD DAS PENSIONSSYSTEM                                              erwartet für Österreich für die nächsten Jahrzehnten
UNFINANZIERBAR, WEIL DER „ALTENANTEIL“                               1,3 % jährliches Wirtschaftswachstum. Das bedeutet,
IMMER MEHR ZUNIMMT?                                                  dass die Erwerbstätigen jedes Jahr ein höheres Ge-
                                                                     samteinkommen erwirtschaften. Ein Teil des Zugewinns
Es ist richtig, dass die Lebenserwartung momentan                    bzw. Wachstums kann und soll für die PensionistInnen
weiter ansteigt und es immer mehr Menschen gibt,                     „reserviert“ werden. Es wäre absurd zu behaupten,
die älter als 65 Jahre sind. Bedeutet dies, dass sich die            dass sich eines der reichsten Länder der Welt seine Be-
Pensionsfinanzierung nicht mehr „ausgehen“ kann?                      völkerung nicht „leisten“ kann.
Nein, die Tatsache, dass die Menschen kontinuierlich
älter werden, ist keineswegs neu. Dementsprechend                    Der Anteil der Pensionsausgaben am BIP entwickelt sich
gibt es schon seit Jahrzehnten längst überholte Prog-                nicht parallel zum Anteil der über 65-Jährigen, sondern
nosen über den Kollaps des Pensionssystems.                          wesentlich langsamer. Das ist u. a. darauf zurückzufüh-
                                                                     ren, dass die BeamtInnenpensionen mit dem Pensions-
Es steigt nicht nur der Anteil der PensionistInnen, son-             recht der ArbeiterInnen und Angestellten harmonisiert
dern auch die Leistungsfähigkeit der Volkswirtschaft.                werden und dass das Frauenpensionsalter an das der
Für die Frage der Finanzierbarkeit des Pensionssystems               Männer angeglichen wird (beginnend mit dem Jahr-
kommt es nicht nur auf die Höhe der Pensionsausga-                   gang 1963, abgeschlossen mit dem Jahrgang 1968).
ben an, sondern auch darauf, wie hoch das gesamte                    Die Pensionsberechnung trägt der längeren Lebens-
volkswirtschaftliche Einkommen ist, aus dem die Pen-                 erwartung Rechnung: Die Pensionsberechnung orien-
sionen finanziert werden müssen. Das Wirtschafts-                     tiert sich seit der Umstellung auf das Pensionskonto am
wachstum hat sich 2019 nach hohen Werten 2016                        Lebensdurchschnittseinkommen.
bis 2018 eingetrübt und 2020 gab es sogar einen vo-
rübergehenden erheblichen Rückgang. Langfristig                      Wenn man alle Pensionen inkl. jener der BeamtInnen
wird mit positiven Wachstumsraten gerechnet. Die EU                  zusammen betrachtet, zeigt sich ein geringer Zuwachs:

       Abb. 2: LANGFRISTPROJEKTIONEN DER EU-KOMMISSION PENSIONSAUSGABEN
                IN % DES BIP PERSONEN AB 65 JAHREN IN % DER GESAMBEVÖLKERUNG
 %
  35

                  65+ in % der Bevölkerung
                  Basisszenario

  30

                                                                                                                                  29,3
                                                                                                                  in % der Bevölkerung

  25

  20    18,5

  15    13,8
                                                                                                                                  14,3
                                                                                                                          in % des BIP

  10
       2016    2020    2024       2028   2032   2036    2040      2044     2048     2052      2056     2060      2064     2068     2070

                                                  Quelle: EU-Kommission, Länderbericht für Österreich 2020; Eurostat; eigene Darstellung

                                                                                                                                         10
DAS PENSIONSSYSTEM IM POLITISCHEN DISKURS

Die gesamten öffentlichen Pensionsausgaben lagen                            nimmt der Pensionsaufwand am BIP bei stark steigen-
2016 bei knapp 13,8 % des BIP und steigen bis Mit-                          der Lebenserwartung nur von 14 % auf maximal knapp
te der 2030er Jahre auf knapp 15 % des BIP.1 Danach                         15,4 % zu.
sinkt der Anteil wieder bis auf 14,3 % (s. Abb. 2). Dies als                Bei dem Szenario der automatischen Anbindung des
unfinanzierbar darzustellen, wäre geradezu lächerlich.                       Regelpensionsalters an die steigende Lebenserwartung
Insbesondere wenn man sich vor Augen führt, dass das                        sinken die Pensionsausgaben am BIP bis auf 12,8 %
BIP ja ein höheres ist. Bildlich gesprochen wird ein mi-                    (2070) deutlich unter das derzeitige Niveau. D. h. ein
nimal größeres Stück eines deutlich größeren Kuchens                        höherer Anteil älterer Menschen müsste sich mit einem
den PensionistInnen zur Verfügung gestellt. Klar ist:                       deutlich kleineren Anteil am Wohlstand begnügen. Das
Der verbleibende Kuchen für die NichtpensionistInnen                        macht keinen Sinn.
ist deutlich höher als derzeit! Wenn das jährliche Wirt-
schaftswachstum 1,3 % beträgt, dann steigt das BIP
2020 bis 2040 um 29,5 %. Das BIP nach Abzug der Pen-
sionsausgaben steigt dann um 29,0 %.2 Und das fällt                              Erik Türk zur Pensionsautomatik:
nach den Projektionen in den Zeitraum mit den annä-                              „Die heute Jüngeren müssten demnach künf-
hernd höchsten relativen Pensionsausgaben. Dass der                              tig trotz deutlich späteren Pensionsantritts mit
Anteil der Pensionsausgaben am BIP zunehmen wird, ist                            erheblich niedrigeren Leistungen auskommen,
notwendig und sinnvoll. Es ist aus Gründen der Genera-                           ohne dass es hierfür irgendeine „Notwendigkeit“
tionengerechtigkeit richtig, einen höheren Anteil am BIP                         gäbe. Die Darstellung eines solchen Vorschlags
für Pensionen auszugeben, wenn der Anteil der Pensio-                            als sinnvolle Antwort auf die demografische Ent-
nistInnen an der Bevölkerung steigt (s. Abb. 3).                                 wicklung oder gar als Beitrag zur „Sicherung der
                                                                                 Pensionen der heute Jüngeren“ kann nur als Un-
Im Basisszenario der EU Kommission steigt das Pensi-                             sinn bezeichnet werden.“3
onsantrittsalter insgesamt um 0,9 Jahre. Und trotzdem

         Abb. 3: Z
                  UNAHME DES BIP UND DES BIP NACH PENSIONEN

    %
    35

                             29,5
                                                             29,0
    30

    25

    20                                                                                   2020–2040
    15                                                                                           BEI   1,3 %
                                                                                         WIRTSCHAFTSWACHSTUM
    10

     5

     0
                         Anstieg BIP         Anstieg BIP abzüglich Pensionen                                        Quelle: Ageing Report 2021,
                                                                                                                            eigene Berechnung

1   https://www.awblog.at/langfristprojektionen-der-eu-kommission/ (9.3.2018)
2   Die Annahme von 1,3 % Wirtschaftswachstum wurde auch den Berechnungen im Ageing Report 2021 der EU-Kommission für Österreich zugrunde gelegt.
3   https://www.awblog.at/langfristprojektionen-der-eu-kommission/ (9.3.2018)

                                                                                                                                               11
DAS PENSIONSSYSTEM IM POLITISCHEN DISKURS

BUNDESZUSCHÜSSE                                                                  Der Bundesbeitrag ist seit Beschlussfassung des ASVG
                                                                                 ein zentraler Bestandteil der Pensionsfinanzierung.
Neben den zweckgebundenen Pensionsversicherungs-                                 Dass es einen Zuschuss aus dem Budget gibt, ist also
beiträgen der ArbeitnehmerInnen und Arbeitgebe-                                  nicht einem Pensionsloch oder einem Defizit geschul-
rInnen werden die Pensionen zu einem Teil auch aus                               det, sondern ist seit Anfang des Pensionssystems vor-
Steuermitteln finanziert (Bundesbeitrag). Mit den Pen-                            gesehen. Die Interpretation des Bundeszuschusses als
sionsausgaben insgesamt sind auch diese Bundeszu-                                „ungewollte Defizitabdeckung“ ist daher eine Verdre-
schüsse gestiegen.                                                               hung der Tatsachen.

Von Anfang an war konzipiert, dass das Pensionssystem                            Die teilweise Steuerfinanzierung hat mehrere Grün-
gemischt finanziert wird: durch zweckgebundene Bei-                               de: Zum einen gibt es viele Leistungen der Pensions-
träge und durch Steuermittel. Kommt die Rede auf die                             versicherung, bei denen eine Steuerfinanzierung die
Mittel aus dem Steueraufkommen bei den Pensionen,                                sachlich adäquate Finanzierungsart darstellt. Dies
wird oft von einem „Pensionsloch“ oder einem „Defizit“                            sind etwa die Ausgleichszulagen als Element der Ar-
gesprochen. Das ist aber irreführend und falsch.                                 mutsvermeidung für PensionistInnen, die Berücksich-
                                                                                 tigung von Kindererziehungszeiten oder Präsenz- und
Der Bundesbeitrag lag in den 2010er Jahren meist                                 Zivildienst bei der Pensionshöhe, Gesundheitsvorsorge
knapp über 2,5 % des BIPs, 2018 bis 2019 sank dieses                             und Rehabilitation oder die Krankenversicherung von
wegen Sonderfaktoren und dem hohen Wirtschafts-                                  PensionistInnen.
wachstum auf 2,1 bis 2,2 % des BIPs.4                                            Der Bundesbeitrag aus Steuermitteln deckt die Diffe-
Die Höhe des Bundesbeitrags ist auch stark von der                               renz zwischen den Beitragseinnahmen und den Pen-
wirtschaftlichen Entwicklung geprägt, was den deutli-                            sionsausgaben. Es macht aber wenig Sinn, von der
chen Anstieg 2020 erklärt (s. Abb. 4).                                           Abdeckung eines „Defizits“ zu sprechen. Denn sowohl

          Abb. 4: BUNDESBEITRAG (AUSFALLHAFTUNG) IN % DES BIP

    %
    3,0
                                           2,69       2,67      2,72                                                           2,71
                     2,63                                                    2,60
                                2,54                                                   2,51
    2,5
                                                                                                 2,11      2,18      2,16

    2,0

    1,5

    1,0

    0,5

    0,0
                     2010      2011       2012       2013       2014        2015      2016      2017      2018      2019      2020

                                                                            Quelle: Gutachten gem. Alterssicherungskommissions-Gesetz, Nov. 2020

4    Quelle: Gutachten gem. Alterssicherungskommissions-Gesetz, Nov. 2020

                                                                                                                                                   12
DAS PENSIONSSYSTEM IM POLITISCHEN DISKURS

Pensionsversicherungsbeiträge als auch Steuern sind              ASVG-PENSIONEN AM BESTEN DURCH
öffentliche Abgaben. Man könnte den Bundeszuschuss               BEITRÄGE GEDECKT
reduzieren, indem man die Pensionsversicherungsbei-
träge erhöht. Aber das wäre nicht sinnvoll.                      Steuermittel decken etwa ein Fünftel der Pensions-
                                                                 ausgaben. Anders gesagt: Die Pensionen sind zu 4/5
Die PV-Beiträge werden von den Arbeitseinkommen                  durch die Pensionsversicherungsbeiträge gedeckt.
eingehoben, während Steuern auch bei anderen Ein-                Am höchsten ist der Eigenfinanzierungsgrad bei den
kommensquellen (Kapitalertragssteuer), oder etwa am              ArbeiterInnen und Angestellten. Deutlich geringere
Vermögen und Konsum ansetzen können. Außerdem                    Deckungsquoten haben die Systeme der Bauern und
werden Sozialversicherungsbeiträge maximal bis zur               Selbständigen. Bei diesen wird der Pensionsaufwand
Höchstbeitragsgrundlage entrichtet (2021: EUR 5.550,–)           daher wesentlich stärker aus dem Steueraufkommen
während Steuern auch von hohen Einkommen entrich-                mitfinanziert (s. Abb. 5).
tet werden.
                                                                 ●   Bei den ArbeiterInnen und Angestellten (ASVG-
Die Diskreditierung des Bundesbeitrages in der öffent-               Bereich) sind fast 90 % des Aufwands bei-
lichen Diskussion als Zuschuss zu einem „defizitären                  tragsfinanziert
System“ geht damit an der Realität vorbei. Durch die             ●   Bei den Selbstständigen (GSVG) sind es 55,4 % und
Einbeziehung von Steuermitteln erfolgt eine bewusste                 bei den Bauern 24,1 %
Verbreiterung der Finanzierungsbasis. Durch die Ausge-
staltung des Bundesbeitrages als Ausfallshaftung wird
darüber hinaus klargestellt, dass die Verantwortung
für die Finanzierung der Pensionszahlungen aus dem
öffentlichen System eine gesamtgesellschaftliche ist.

      Abb. 5: BEITRAGSDECKUNGSQUOTEN 2019 (OHNE AUSGLEICHSZULAGE)

      %

                ASVG                     GSVG/FSVG                     BSVG

                     89,4                     55,4                         24,1

                                                                                                        82,9

                                                                                                      insgesamt
         beitragsfinanziert
         finanziert durch Steuermittel

                                                Quelle: BMSGPK endgültige Gebarungsergebnisse PV bzw. HV vlfg. GE Stand Mai 2020

                                                                                                                               13
DAS PENSIONSSYSTEM IM POLITISCHEN DISKURS

ERWERBSQUOTE ÄLTERER                                                                                                                                                                                                                         lag unter dem EU-Schnitt: In Österreich betrug
ARBEITNEHMERINNEN                                                                                                                                                                                                                            sie 2020 54,7 % (EU Schnitt: 59,6 %)6 (s. Abb. 7).
                                                                                                                                                                                                                                             Aber in Österreich stieg die Beschäftigungsquo-
Die Erwerbsquote Älterer ist in Österreich im inter-                                                                                                                                                                                         te der älteren ArbeitnehmerInnen seit 2000 konti-
nationalen Vergleich noch unterdurchschnittlich, aber                                                                                                                                                                                        nuierlich an. 2000 waren 28 % der 55- bis 64-Jährigen
sie ist in den letzten 15 Jahren kontinuierlich und deut-                                                                                                                                                                                    erwerbstätig, 2020 waren es 54,7 %. Deutlich geringer
lich gestiegen. Die Erwerbsquote misst den Anteil der                                                                                                                                                                                        als im EU-Schnitt ist in Österreich hingegen die Jugend-
Erwerbstätigen an einer Altersgruppe.                                                                                                                                                                                                        arbeitslosigkeit und die Langzeitarbeitslosigkeit.

Für die Finanzierbarkeit des Sozialsystems kommt es                                                                                                                                                                                          Die Erwerbsanreize im Pensionssystem sind im neuen
auf die Beschäftigungsquote insgesamt über alle                                                                                                                                                                                              Pensionskontorecht sehr hoch. Es bedarf aber auch
Altersgruppen an. Diese beeinflusst das Verhältnis von                                                                                                                                                                                        ausreichender und altersgerechter Arbeitsplätze.
BeitragszahlerInnen zu LeistungsbezieherInnen. Bei der
Gesamtbeschäftigungsquote der 20- bis 64-Jährigen                                                                                                                                                                                            2014 traten viele Maßnahmen in Kraft, die das faktische
liegt Österreich 2020 deutlich über EU Schnitt. 75,5 %                                                                                                                                                                                       Pensionsalter erhöhen: die Umstellung auf das Pensi-
der 20- bis 64-Jährigen waren beschäftigt. Das ist deut-                                                                                                                                                                                     onskonto und die Abschaffung der befristeten Berufs-
lich höher als der EU Schnitt von 72,4 %.5 (s. Abb. 6)                                                                                                                                                                                       unfähigkeits- bzw. Invaliditätspensionen für Jahrgän-
                                                                                                                                                                                                                                             ge ab 1964. Bei der Langzeitversichertenregelung
Die Erwerbsquote der Älteren (55- bis 64-Jährigen)                                                                                                                                                                                           wurde das Mindestalter angehoben.

          Abb. 6: ERWERBSQUOTE DER 20- BIS 64-JÄHRIGEN (2020), IN %

    %
    100                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                 20- bis 64-
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                         Jährige
                                                                                                                                                                                                    75,5
                                                                                                                                                                                                                                                                                      72,4
     80
                                        Deutschland (bis 1990 früheres Gebiet der BRD)

     60
                                                                                                                                                                                                                                                                                          Europäische Union – 27 Länder (ab 2020)

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                Euroraum – 19 Länder (ab 2015)

     40
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                           Nordmazedonien
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                            Griechenland

     20
                                                                                         Niederlande

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                    Luxemburg
                                                                                                       Tschechien

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                 Frankreich
                                                                                                                                         Dänemark

                                                                                                                                                                                                        Österreich
                                                                                                                              Norwegen
                             Schweden

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                              Rumänien
                                                                                                                                                                                            Slowenien

                                                                                                                                                                                                                                                          Bulgarien
                                                                                                                                                                                 Finnland

                                                                                                                                                                                                                                                                               Slowakei
                                                                                                                                                                                                                                       Portugal

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                   Kroatien

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                        Spanien
                                                                                                                                                            Lettland
          Schweiz

                                                                                                                                                                                                                     Ungarn

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                              Serbien
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                         Belgien
                                                                                                                                                                       Litauen
                                                                                                                    Estland

                                                                                                                                                                                                                              Zypern

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                  Italien
                    Island

                                                                                                                                                                                                                                                                      Irland

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                            Türkei
                                                                                                                                                    Malta

                                                                                                                                                                                                                                                  Polen

     0

                                                                                                                                                    Quelle: https://ec.europa.eu/eurostat/databrowser/view/t2020_10/default/table?lang=de, 31.05.2021

5    Quelle: https://ec.europa.eu/eurostat/databrowser/view/t2020_10/default/table?lang=de, 31.05.2021
6    Quelle: https://ec.europa.eu/eurostat/databrowser/view/tesem050/default/table?lang=de, 31.05.2021

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                14
DAS PENSIONSSYSTEM IM POLITISCHEN DISKURS

      Abb. 7: ERWERBSQUOTE DER 55- BIS 64-JÄHRIGEN (2020), IN %

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100

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                               55- bis 64-
 80
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                Jährige
                                                                                                                                                                                                                                                59,6
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                             54,7
                                                         Deutschland (bis 1990 früheres Gebiet der BRD)

 60

                                                                                                                                                                                                                                                          Europäische Union – 27 Länder (ab 2020)
 40                                                                                                                                                                                                                      Euroraum – 19 Länder (ab 2015)

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                         Frankreich (metropolitanes)

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                               Nordmazedonien
 20

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                           Griechenland
                                                                                                                     Niederlande

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                          Luxemburg
                                                                                                                                              Tschechien

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                       Frankreich
                                                                                                          Dänemark

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                  Österreich
                                    Norwegen
               Schweden

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                    Rumänien
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                        Slowenien
                                                                                                                                                                                Bulgarien
                                                                                                                                                                     Finnland

                                                                                                                                                                                                                                                                                                             Slowakei
                                                                                                                                                                                                              Portugal

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                Kroatien
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                        Spanien
                                                                                                                                   Lettland
                          Schweiz

                                                                                                                                                                                                                                                                                                    Ungarn

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                      Serbien
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                    Belgien
                                                                                                                                                           Litauen
                                               Estland

                                                                                                                                                                                                     Zypern

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                               Italien
      Island

                                                                                                                                                                                            Irland

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                      Türkei
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                              Malta

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                Polen
  0
                                                                                                                                              Quelle: https://ec.europa.eu/eurostat/databrowser/view/tesem050/default/table?lang=de, 31.05.2021

      Abb. 8: 55- BIS 64-JÄHRIGE ERWERBSTÄTIGE IN ÖSTERREICH

in 1.000 Personen
800
                                     zusammen
                                     55–59-Jährige                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                           687,8
700                                  60–64-Jährige

600
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                             514,3

500

400

300      253,3

         205,2
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                             173,5
200

100       48,1

  0
      2000                             2002                                                                          2004                                    2006                                    2008                                                             2010                                                    2012                                                       2014                              2016                                 2018                                            2020

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                      Quelle: Statistik Austria 18.05.2021

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                           15
DAS PENSIONSSYSTEM IM POLITISCHEN DISKURS

ANSTIEG BEI DEN PENSIONSANTRITTEN                                        Jahren bei Frauen, in Pension gegangen. Auch der
ZUM REGELPENSIONSALTER                                                   Zugang bei den vorzeitigen Pensionsantritten ist in den
                                                                         letzten zwei Jahren leicht gestiegen. Letztere sind jene
In den letzten Jahren sind bei den neu zuerkannten                       Pensionen, bei denen man bei Vorliegen ausreichen-
Alterspensionen immer mehr Menschen zum Regel-                           der Versicherungsjahre schon etwas vor dem Regel-
pensionsalter von 65 Jahren bzw. derzeit noch 60                         pensionsalter die Pension antreten kann (s. Abb. 9).

         Abb. 9: ENTWICKLUNG DER PENSIONSNEUZUERKENNUNGEN ZUM REGELPENSIONSALTER
         UND DER VORZEITIGEN ALTERSPENSION

 in Personen
 60000

                  vorzeitige Alterspension
                  davon normale Alterspension (im Regelpensionsalter)

 50000

 40000

 30000

 20000
           2010        2011         2012         2013           2014 BMSGPK,
                                                               Quelle:     2015       2016
                                                                             Dachverband            2017
                                                                                         der österreichischen    2018          2019
                                                                                                              Sozialversicherungsträger

         Abb. 10: PENSIONSANTRITTSALTER ALTERSPENSION

  in Jahren
                                                                        61,7           61,7            61,7
  61,7
                                       61,6             61,6
  61,6

  61,5

  61,4

  61,3
                      61,2
  61,2

  61,1

   61
                     2014             2015           2016               2017           2018            2019
                                                                        Quelle: Dachverband der österreichischen Sozialversicherungsträger

                                                                                                                                         16
DAS PENSIONSSYSTEM IM POLITISCHEN DISKURS
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                                                 17
DAS PENSIONSSYSTEM IM POLITISCHEN DISKURS

VERHÄLTNIS PENSIONEN ZU ERWERBSTÄTIGEN                                                                      Wie man anhand der Grafik sieht (s. Abb. 11), ist die
                                                                                                            Zahl der über 60-Jährigen auf jeweils 1.000 15- bis
In der öffentlichen Debatte zum Pensionssystem steht                                                        59-Jährigen (Demographisch Belastungsquote) seit
meist das Verhältnis der über 60 bis 65-Jährigen zum                                                        2000 deutlich gestiegen (von 325 auf 412: +26,8 %).
Rest der Bevölkerung im Mittelpunkt. Entscheidend ist                                                       Demgegenüber ist die Pensionsbelastungsquote (An-
aber für das Pensionssystem die Relation der Anzahl                                                         zahl der Pensionen je 1.000 Versicherte) gesunken: von
der BeitragszahlerInnen zu den Leistungsempfänge-                                                           619 auf 576. Darin spiegelt sich die gestiegene Be-
rInnen („Pensionsbelastungsquote“). Diese Relation                                                          schäftigung wider. Bei einer hohen Beschäftigung ist
hängt auch ganz stark von der Entwicklung der Be-                                                           das Pensionssystem auch bei einem steigenden Alten-
schäftigung ab. Die beiden Größen unterschieden                                                             anteil gut finanzierbar.
sich sehr deutlich. Die Pensionsbelastungsquote misst                                                       Der Schlüssel zur Sicherstellung der Finanzierbarkeit
die Anzahl an Pensionen, die je 1.000 Pensionsversi-                                                        des Pensionssystems liegt nicht in einem automatisch
cherten anfallen. Diese ist seit 2019 geringer als vor                                                      steigenden Regelpensionsalter, sondern in steigender
20 Jahren.                                                                                                  Beschäftigung (s. Abb. 11).

       Abb. 11: PENSIONSBELASTUNGSQUOTE UND ALTERSABHÄNGIGENQUOTE

 800
                          PBQ alle PV Träger
                          60+ je 1000 15-59-Jährige
 700

                                               620     619           619   621    624   624   624     625    621                621    623   620
                                         616                 617                                                   615                             615   615    614
                                                                                                                          607                                         606
                           593   601                                                                                                                                         597
 600   585    582   586                                                                                                                                                            589
                                                                                                                                                                                         579     576

 500

                                                                                                                                                                                                     412
                                                                                                                                                                                               404
                                                                                                                                                                                     396
 400                                                                                                                                           376   379   382    385   388    389
                                                                                                                                         371
                                                                                                                            360   376
                                                                                           348      351   354   351   354
                                                                                     346
                                                                               336
         322    320   318                                                325
                             317   316     315       314   314     315

 300

 200

 100

   0
       1991         1993         1995          1997          1999          2001         2003          2005         2007         2009         2011        2013         2015         2017          2019

                                                                                 Quelle: Statistik Austria, Dachverband der österreichischen Sozialversicherungsträger

                                                                                                                                                                                                       18
DAS PENSIONSSYSTEM IM POLITISCHEN DISKURS

PENSIONSKONTO: BÖSES ERWACHEN?                                                 2018 lag die Ersatzraten für die Neuzugänge bei
WELCHE LEISTUNGEN KANN MAN ERWARTEN?                                           den Pensionen (ohne Hinterbliebenenpensionen) bei
                                                                               ca. 78 %. Die Zahlen beziehen sich sowohl auf Alters-
Die Pensionsansprüche aller Versicherten ab Jahrgang                           pensionen als auch auf Invaliditätspensionen.
1955 sind bei der Pensionsversicherung in einem Pen-
sionskonto gutgeschrieben. Das Pensionskonto zeigt                             ●     Nettoersatzrate: 78,3 % (Männer 80,4 %, Frauen
den aufgrund der vorliegenden Versicherungszeiten                                    76,6 %)
bereits erworbenen Pensionsanspruch zum Regelpen-                              ●     Bruttoersatzrate: 65,6 % (Männer 66,9 %, Frauen
sionsalter.                                                                          64,4 %

Der Pensionsanspruch wird aufgrund einer einfachen                             Betrachtet man nur die Alterspensionen, so lag die
Formel ermittelt: Pro Versicherungsjahr erwirbt man ei-                        Nettoersatzrate bei Männern bei 82,7 % und bei
nen Pensionsanspruch von 1,78 % des Einkommens in                              Frauen bei 77,4 %.7
diesem Jahr. Dieser Anspruch wird jährlich im Ausmaß                           Man sieht daher: Eine reine Betrachtung der Brutto-
der durchschnittlichen Lohnsteigerung aufgewertet.                             pension und ein Vergleich zum Bruttoeinkommen un-
Wenn man beispielsweise in einem Jahr EUR 2.000,–                              terschätzt die Absicherung im Alter.
brutto verdient, erwirbt man dadurch in diesem Jahr
einen Pensionsanspruch von EUR 35,60 (1,78 % von EUR
2.000,–). Würde man 40 Jahre EUR 2.000,– brutto ver-                           ÖSTERREICHPENSION UND PENSIONSKONTO
dienen, erwirbt man einen Pensionsanspruch von EUR
1.424,– brutto (40* EUR 35,60). Das wären dann 71,2 %                          Das derzeitige Pensionssystem mit dem leistungs-
des Aktiveinkommens.                                                           definierten Pensionskonto beruht nicht auf der ge-
                                                                               planten Schüsselreform, die massive Pensionskürzun-
                                                                               gen zum Ziel hatte und 2003 durch gewerkschaftliche
                                                                               Proteste weitgehend verhindert werden konnte.
    Beispiel Angestellter, 40 Versicherungsjahre:                              Das Pensionskonto wurde hingegen 2004 im Zuge der
                                                                               Pensionsharmonisierung verschiedener öffentlicher
    Bruttomonatsverdienst: EUR 2.000,–, das ent-                               Pensionssysteme als Umsetzung des neuen langfristig
    spricht EUR 1.522,96 netto (bzw. Jahresbezug:                              und nachhaltig ausgerichteten Pensionssystems mit
    EUR 28.000,– brutto, EUR 21.466,69 netto).                                 einem Leistungsziel beschlossen. Das Leistungsziel be-
    In Pension: EUR 1.424,– brutto laufend, EUR                                ruht auf dem Modell der Österreichpension des ÖGB.
    1.314,44 netto (bzw. Jahresbezug: EUR 19.936,–                             Die auf der Lebensdurchrechnung basierenden Bei-
    brutto, EUR 18.351,08 netto)                                               tragsgrundlagen werden im Ausmaß der Lohnentwick-
    Das Verhältnis der Bruttopension zum Bruttoar-                             lung aufgewertet. Damit wurde die Aufwertung massiv
    beitseinkommen beträgt 71,2 %.                                             verbessert und wir haben als einziges Land der Welt ein
    Das Verhältnis von laufender Nettopension zum                              leistungsdefiniertes Pensionskonto umsetzen können.
    Nettoarbeitseinkommen liegt aber wesentlich
    höher und beträgt 87,6 %!                                                  Anderen Länder sowie Schweden und Italien haben
    Auf dem Pensionskonto ist immer der Anspruch                               beitragsdefinierte Konten, mit hohen impliziten Ab-
    auf die Bruttopension angeführt. Da man in der                             schlägen bei früherem Antritt. Die schwarz-blaue Re-
    Pension aber weniger Abgaben als im Erwerbs-                               gierung unter Schüssel wollte – unterstützt von IV und
    leben zahlt, ist die Relation von Nettopension                             WKO – auch ein eine rein „beitragsorientierte“ Be-
    zum Nettoeinkommen deutlich besser. Arbeit-                                stimmung der Pension. D. h. es gäbe keine Leistungs-
    nehmerInnen zahlen Sozialversicherungsbei-                                 zusage und Anspruch auf eine konkrete Pensionshöhe,
    träge von etwa 18 %, als PensionistIn zahlt man                            sondern die Pension wäre so berechnet worden, dass
    hingegen nur 5,1 % Krankenversicherungsbei-                                die Summe der eingezahlten Beiträge auf die Lebens-
    trag. Hinzu kommt bei beiden die Lohnsteuer.                               erwartung aufgeteilt worden wären.

7   Quelle: BMSGPK, https://www.dnet.at/opis/Pensionsversicherung.aspx, 27.05.2021

                                                                                                                                   19
DAS PENSIONSSYSTEM IM POLITISCHEN DISKURS

Demgegenüber gibt unser Pensionskonto jedes Jahr                                 rate für den Durchschnittsverdienst liegt in den OECD
Auskunft über die Höhe der bereits erworbenen Pen-                               Simulationen bei 89,9 % und damit auch deutlich hö-
sionsansprüche. Das bringt eine Bestandssicherheit                               her als im OECD-Schnitt von 58,6 %.8
und Transparenz.
                                                                                 Zur Interpretation: Das sind natürlich keine Echtdaten,
Die Tatsache, dass die bereits erworbenen Leistungs-                             sondern Berechnungen wie viel jemand, der durch-
ansprüche auf den individuellen Pensionskonten aus-                              schnittlich viel verdient, an Pension bekommt, wenn
gewiesen sind, bringt eine hohe Bestandssicherheit.                              er nach 45 Jahren zum Regelpensionsalter in Pension
Kürzungen bereits erworbenen Anwartschaften sind                                 geht. Auch das ist natürlich nicht repräsentativ. Aber
im Pensionskonto-Recht kaum durchsetzbar. Die jähr-                              da die Berechnung bei den verschiedenen Pensions-
liche Erhöhung der Gutschrift um die neu erworbenen                              systemen immer denselben Einkommensverlauf unter-
Leistungsansprüche auf individuellen Pensionskonten                              stellt, sieht man gut die Unterschiede in der Leistungs-
bringt ein hohes Maß an Transparenz und ist leicht                               höhe der verschiedenen Pensionssysteme.
nachvollziehbar                                                                  Das heißt, das Pensionssystem bietet auch für all jene,
                                                                                 die neu auf den Arbeitsmarkt kommen, eine vergleichs-
Das österreichische Leistungskonto bietet eine ver-                              weise gute finanzielle Absicherung im Alter. Und das
gleichsweise gute Leistungshöhe: 1,78 % Leistungs-                               Pensionskonto stabilisiert das öffentliche System. Re-
gutschrift pro Jahr in Verbindung mit fairer Aufwer-                             gierungen sollten sich davor hüten, rückwirkend in er-
tung, ergibt bei durchschnittlichem Erwerbsverlauf                               worbene Ansprüche der Versicherten einzugreifen. Das
auch für die heute Jüngeren einen guten Einkom-                                  würden alle durch eine Verschlechterung ihres Pensi-
mensersatz (Nettopension relativ zu vorherigem                                   onsanspruches am Pensionskonto merken.
Nettoeinkommen).
                                                                                 Das Pensionskonto schafft Transparenz und zeigt, wie
Zum Vergleich: Die jährliche Leistungsgutschrift be-                             sich die Pensionshöhe je nach Antrittsalter unterschei-
trägt in Deutschland nicht 1,78 %, sondern nur etwa                              det. Wenn man statt mit 62 mit 65 Jahren in Pension
1 % und wird in Zukunft sogar noch weiter sinken.                                geht, hat das erhebliche Auswirkungen auf die Pensi-
                                                                                 onshöhe.

ÖSTERREICHS PENSIONSSYSTEM BRINGT                                                Für jedes Monat, das man vor dem Regelpensionsalter
IM INTERNATIONALEN VERGLEICH                                                     in Pension geht, gibt es Abschläge:
GUTE LEISTUNGEN
                                                                                 ●    4,2 % pro Jahr bei der Langzeitversichertenrege-
Mit dem Pensionskonto und seiner Berechnungsformel                                    lung; 5,1 % pro Jahr in der Korridorpension.
bleibt Österreich ein Land mit einem guten öffentlichen                          ●    Jedes zusätzliche Versicherungsmonat erhöht den
Pensionssystem. Das zeigen u. a. Vergleichsberechnun-                                 Pensionsanspruch (pro Jahr 1,78 % des versicher-
gen der OECD für Menschen die neu auf den Arbeits-                                    ten Einkommens).
markt kommen.                                                                    ●    Beide Effekte bewirken, dass sich die Pensionshöhe
                                                                                      um ca. 8 % pro Jahr des verschobenen Pensionsan-
Die OECD simuliert die Pensionshöhe eines Erwerbs-                                    tritts erhöht. Wer also mit 65 Jahren statt mit 62 in
tätigen, der 2018 im Alter von 22 Jahren auf den                                      Pension geht, hat eine Pension, die ca. um ein Vier-
Arbeitsmarkt kommt und ohne Unterbrechung bis                                         tel höher ist.
zum jeweiligen zukünftigen Regelpensionsalter ar-                                ●    Das bedeutet, dass im Pensionskonto die Erwerbsan-
beitet. Die Bruttoersatzrate liegt dann in Öster-                                     reize im Pensionssystem außerordentlich hoch sind.
reich bei 76,5 % und damit deutlich über dem OECD                                     Jetzt muss es darum gehen, es den Menschen zu er-
Schnitt von 49 %. Die österreichische Nettoersatz-                                    möglichen bis 65 Jahre arbeiten zu können.

8   OECD „Pensions at a glance 2019“. Dass die Ersatzrate 76,5 % beträgt und nicht 80,1 % (45*1,78), liegt vermutlich daran, dass die Ansprüche im letzten
    Jahr vor dem Pensionsantritt nicht aufgewertet werden, während das Erwerbseinkommen möglicherweise aber noch ansteigt. Die bereits erworbenen
    Pensionsanwartschaften werden grundsätzlich jedes Jahr am Pensionskonto mit der Aufwertungszahl valorisiert. Außer im Jahr des Pensionsantritts selbst,
    da wird die aus den vergangenen Jahren erworbene Gutschrift nicht mehr aufgewertet. Wenn man aber unterjährig vor Pensionsantritt noch eine Einkom-
    menserhöhung hat, führt das zu einer leicht geringeren Ersatzrate. In ihren Berechnungen geht die OECD von folgenden Annahmen aus: Realeinkom-
    menssteigerung 1,25 %, Inflation 2 %, Diskontrate 2 %.

                                                                                                                                                        20
DAS PENSIONSSYSTEM IM POLITISCHEN DISKURS
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           ●   Abschläge bei vorzeitigem Pensionsantritt berück-      zu erwartenden Pension machen. Von Versicherungen
               sichtigen, dass man bei früherem Pensionsantritt       und Banken werden dazu Pensionslückenrechner an-
               einige Monate/Jahre länger Pension bezieht und         geboten, die relativ hohe Pensionslücken errechnen. Es
               eine längere Pensionsbezugsdauer aufweist. Die         ist ratsam auch den diesbezüglichen Rechner der Ar-
               Abschläge dürfen aber nicht mehr ausmachen als         beiterkammer zu verwenden9, um abzusehen, wie sehr
               die längere Bezugsdauer zu kompensieren.               die Ergebnisse unter verschiedenen Annahmen ausei-
                                                                      nandergehen. Für viele Menschen bietet die Pensions-
                                                                      versicherung eine gute Altersabsicherung.
           VORSICHT BEI PENSIONSLÜCKENRECHNERN                        Auch wird der bereits erworbene Pensionsanspruch
           VON ANBIETERN PRIVATER PENSIONSZUSATZ-                     jährlich im Ausmaß der gesamtwirtschaftlichen Lohn-
           PRODUKTEN                                                  steigerungen erhöht. Die Pensionsansprüche werden
                                                                      jährlich mit der sogenannten „Aufwertungszahl“ va-
           Zweifellos kann es für viele Menschen sinnvoll sein,       lorisiert. Diese errechnet sich aus der Entwicklung der
           eine zusätzliche Vorsorge im Alter zu haben. Davor         durchschnittlichen Beitragsgrundlage in der Sozial-
           sollte man sich ein realistisches Bild über die Höhe der   versicherung.

           9   http://pensionsrechner.arbeiterkammer.at

                                                                                                                          21
DAS PENSIONSSYSTEM IM POLITISCHEN DISKURS

Wie hoch wird die Pensionslücke?                                                                    Wer derzeit Vollzeit arbeitet und auf Teilzeit wechselt,
                                                                                                    hat ein geringeres Einkommen und erwirbt daher für
Anbieter von Pensionszusatzvorsorgeprodukten wie                                                    jedes zusätzliche Versicherungsjahr geringere An-
Banken, Versicherungen und Vermögensberater wer-                                                    sprüche als bei Fortsetzung der Vollzeitbeschäftigung.
den Ihnen anhand der aktuellen Ansprüche laut dem                                                   Andererseits wird auch das Letzteinkommen geringer
Pensionskonto anbieten, ihre Pensionslücke zu berech-                                               sein. Man hat also eine geringere Pensionslücke und
nen und zu schließen. Mit Pensionslücke ist die Differenz                                           eine geringere Pension!
zwischen der zu erwartenden Pension und dem Letztein-
kommen gemeint. Nachdem beide Werte noch nicht                                                      Wer die Beschäftigung verliert, ist zwar weiter pensi-
feststehen, kann man mit verschiedenen Annahmen                                                     onsversichert, erwirbt aber in der Arbeitslosigkeit für
eine große oder eine kleine Pensionslücke errechnen.                                                jedes Versicherungsjahr um 30 % geringere Pensions-
                                                                                                    ansprüche als bei Fortsetzung des Dienstverhältnis-
Wovon hängt die Pensionslücke ab?                                                                   ses. Es erfolgen Gutschriften in der Höhe von 70 % des
                                                                                                    Einkommens vor Eintritt der Arbeitslosigkeit. Bei einem
Wer von jetzt bis zum Regelpensionsalter weiterarbeitet                                             Jahr der Arbeitslosigkeit ist der Unterschied in Bezug
und erst zum Regelpensionsalter in Pension geht, hat si-                                            auf die Gesamtpension gering, wer lange arbeitslos
cher eine kleinere Pensionslücke als jemand, der vorzei-                                            bleibt, wird größere Einbußen haben. Wer seine Arbeit
tig in Pension gehen wird und für jedes Monat vor dem                                               verliert, wird sich aber sehr schwer tun, laufend für ein
Regelpensionsalter Abschläge in Kauf nehmen muss.                                                   Altersvorsorgeprodukt einzuzahlen.

       Abb. 12: ENTWICKLUNG DER TARIFLÖHNE, DER PREISE UND DER AUFWERTUNGSZAHL

 200

                            Aufwertungszahl
 190
                            Tariflohnindex
                            Inflation VPI
 180

 170

 160

 150

 140

 130

 120

 110

 100
       1995

              1996

                     1997

                             1998

                                    1999

                                            2000

                                                   2001

                                                          2002

                                                                 2003

                                                                        2004

                                                                               2005

                                                                                      2006

                                                                                             2007

                                                                                                    2008

                                                                                                           2009

                                                                                                                  2010

                                                                                                                          2011

                                                                                                                                 2012

                                                                                                                                        2013

                                                                                                                                               2014

                                                                                                                                                      2015

                                                                                                                                                             2016

                                                                                                                                                                    2017

                                                                                                                                                                           2018

                                                                                                                                                                                  2019

                                                                                                                                                                                         2020

                              Quelle: Eigene Berechnungen; Statistik Austria und Dachverband der österreichischen Sozialversicherungsträger, 2021

                                                                                                                                                                                            22
DAS PENSIONSSYSTEM IM POLITISCHEN DISKURS

Pensionskonto: Die „Verzinsung“ kann sich                  In einem anderen Fall wurden die Pension und die
sehen lassen                                               Pensionslücke in heutigen Geldwerten gerechnet und
                                                           danach auf den Pensionszeitpunkt hochgerechnet.
Die Ansprüche am Pensionskonto werden jährlich ent-        Die Pension ist aber zu gering angegeben, da sie so
sprechend der gesamtwirtschaftlichen Lohn- und Ge-         berechnet wird als entspräche die Aufwertungszahl
haltsentwicklung aufgewertet. Wie man anhand der           immer genau der Preissteigerung. Wie wir in Abb. 12
Grafik deutlich sieht, entwickelte sich die Aufwertungs-    gesehen haben, lag die Aufwertungszahl in den letzten
zahl seit 1995 sehr ähnlich wie der Tariflohnindex, der     Jahren deutlich über der Inflationsrate. Würde dieser
die Entwicklung der kollektivvertraglichen Mindestlöh-     Effekt berücksichtigt werden, so würde dies die Pen-
ne und -gehälter darstellt. Beide stiegen deutlich stär-   sionslücke verkleinern, weil sich eine höhere Pension
ker als die Preise.                                        ergäbe.
Während die Preise von 1995 bis 2020 um 55,6 % ge-
stiegen sind, stiegen die Kollektivvertrags-Löhne um       Gegencheck mit AK Pensionsrechner
79,4 % und die Aufwertungszahl um 83,7 %. Die Pen-
sionsansprüche werden daher nicht nur gegen die            Die Arbeiterkammer bietet einen guten Pensionsrech-
Teuerung abgesichert, sondern steigen immer dann           ner an, der zum Ziel hat, dass man sich ein realistisches
höher als die Inflation, wenn die Bruttolöhne und           Bild über die zu erwartende Pension machen kann. Die
-gehälter stärker steigen als die Preise. Man wird also    AK hat kein Eigeninteresse ihnen ein Vorsorgeprodukt
mit der jährlichen Aufwertung der Pensionsansprüche        verkaufen zu wollen. Daher sollte man sich mit diesem
am Wohlstandszugewinn beteiligt. Die Aufwertungs-          Rechner verschiedene Szenarien durchrechnen.
zahl betrug 1995 bis 2020 durchschnittlich 2,5 % pro
Jahr, die Inflation 1,8 %. Die Ansprüche am Pensions-       Der Rechner zeigt ihnen die zu erwartende Pension in
konto werden daher auch deutlich besser „verzinst“ als     drei Ausprägungen:
ihre Geldguthaben auf einem Sparbuch! (s. Abb. 12)
                                                           ●   Heutig: Pension zu heutigen Preisen und Kaufkraft
                                                           ●   Real: zeigt ihnen die Kaufkraft der Pension in heu-
MIT WELCHEN ANNAHMEN WIRD EINE                                 tigen Preisen. Da die Ansprüche am Pensionskonto
PENSIONSLÜCKE BERECHNET?                                       mit der Lohnentwicklung und nicht der Preisent-
                                                               wicklung valorisiert werden, gewinnt man an Kauf-
Man sollte vorsichtig sein, wenn BeraterInnen von              kraft.
Banken, Versicherungen oder Vermögensberater eine          ●   Nominal: Pensionshöhe im Jahr des Pensionsan-
hohe Pensionslücke berechnen und Ihnen zum Kauf                tritts zu den hochgerechneten Werten
von Vorsorgeprodukten raten. Vergleichen Sie deren
Ergebnisse mit dem Pensionsrechner der AK.                 Man kann einen Karrierefaktor eingeben, der simu-
                                                           liert, wie sich Einkommen, Pension und die Ersatzraten
Diesen finden Sie unter                                     entwickeln, wenn das individuelle Einkommen stärker
http://pensionsrechner.arbeiterkammer.at                   steigt, als das Durchschnittseinkommen.

Da Prognoserechnungen von vielen Annahmen
abhängen, ist das Ergebnis immer einigermaßen
„gestaltbar“.

Beim Test von Onlinerechnern haben wir festgestellt,
dass bei Hochrechnungen die Pensionen deutlich
geringer hochgerechnet werden als die Einkommen.
Das ergibt dann eine deutliche Erhöhung der Pensi-
onslücke!

                                                                                                                 23
ALLGEMEINE
GRUNDLAGEN

P
      ensionen zählen zu den wichtigsten Leistungen         Gesetzlich geregelt sind die Pensionen einerseits im
      des Sozialstaats. Sie ermöglichen die finanzielle      ASVG (Allgemeines Sozialversicherungsgesetz) bzw.
      und materielle Absicherung nach dem Ende              GSVG (Gewerbliches Sozialversicherungsgesetz) und
des Erwerbslebens. Zu den Leistungen der Pensions-          BSVG (Sozialversicherungsgesetz der BäuerInnen) so-
versicherung zählen die Alterspensionen, die man ab         wie andererseits im Allgemeinen Pensionsgesetz (APG),
Erreichen des Pensionsalters beziehen kann, ebenso          das mit 01.01.2005 in Kraft getreten ist und die Grund-
wie Rehabilitationen oder krankheitsbedingte Pensio-        lage für die Pensionsharmonisierung darstellt.
nierungen, wenn man krankheitsbedingt seinen Beruf
nicht mehr ausüben kann. Damit im Todesfall einer be-       Mit 2014 erfolgte die Umstellung ins neue Pensions-
schäftigten Person die Angehörigen abgesichert sind,        recht. Alle bis dahin bestehenden Pensionsansprüche
gibt es die Hinterbliebenenpensionen (Witwen-/Wit-          wurden abgerechnet und ins Pensionskonto über-
wer- und Waisenpensionen).                                  tragen. Die Ermittlung der Pensionshöhe ist damit
                                                            nicht nur wesentlich vereinfacht, sondern für die/den
In der Pensionsversicherung wird zwischen Eigenpensi-       einzelne/n Versicherte/n auch weitaus besser nach-
onen und Hinterbliebenenpensionen unterschieden. Zu         vollziehbar und transparenter geworden. Vom Umstieg
Ersteren gehören die Alterspension, die vorzeitige Alter-   ins neue Pensionsrecht und der Beendigung der bis
spension bei langer Versicherungsdauer, die Langzeit-       2013 angewandten Parallelrechnung sind alle Versi-
versichertenregelung („Hacklerregelung“) sowie die          cherten betroffen, die ab 01.01.1955 geboren wurden.
Korridorpension und die Schwerarbeitspension.               Für vor 1955 geborene Versicherte war der Umstieg
                                                            von keiner Relevanz. Ihre Pensionshöhe wurde weiter-
Alle diese Pensionsarten setzen jeweils die Erreichung      hin ausschließlich nach den Bestimmungen des ASVG
einer bestimmten, gesetzlich vorgesehenen Alters-           ermittelt.
grenze voraus. Krankheitsbedingte Pensionen, die
unterschieden werden in Berufsunfähigkeitspension
(Angestellte) und Invaliditätspension (ArbeiterInnen),      VORAUSSETZUNGEN UND ANTRAGSTELLUNG
zählen ebenfalls zu den Eigenpensionen. Bei Tod
eines/einer Versicherten existieren für die Hinterblie-     Grundsätzlich besteht ein Anspruch auf eine Pension,
benen Leistungen in Form der Witwen-/Witwerpension          wenn ein bestimmtes Lebensalter erreicht ist (Eintritt
sowie der Waisenpension. Genauere Erläuterungen             des Versicherungsfalles), wenn eine Mindestanzahl von
zu den einzelnen Pensionsarten folgen in den Kapiteln       Versicherungsmonaten vorliegt (Erfüllung der Warte-
„Eigenpensionen“ (Seite 38 ff.) und „Hinterbliebenen-       zeit) bzw. wenn bestimmte Anspruchsvoraussetzungen
pensionen“ (Seite 51 ff.).                                  erfüllt sind. Über die unterschiedlichen Anspruchsvo-

                                                                                                                24
ALLGEMEINE GRUNDLAGEN
                                                                                                                 KAPITELTITEL
© iStock

           raussetzungen je nach Pensionsart wird im Anhang            MINDESTVERSICHERUNGSZEIT
           unter „Pensionsarten im Überblick (Seite 55) informiert.
                                                                       Neben der Erfüllung des Pensionsantrittsalters ist ein
           Im alten wie im neuen Pensionsrecht ist die Höhe der        Anspruch auf eine Alterspension an folgende Mindest-
           Pension abhängig von der Anzahl der Versicherungs-          versicherungszeiten geknüpft:
           monate, vom jeweiligen Pensionsantrittsalter sowie
           vom versicherten Einkommen (Bemessungsgrundlage).           Für Personen, die vor dem 01.01.1955 geboren wurden:
           Voraussetzung für die Leistungserbringung bzw. die
           Durchführung eines Pensionsfeststellungsverfahrens ist      ●   mindestens 180 Beitragsmonate der Pflichtver-
           die Antragstellung beim Pensionsversicherungsträger.            sicherung (dazu zählen pro Kind auch bis zu 24 Mo-
                                                                           nate des Bezuges von Kinderbetreuungsgeld) oder
           Der Antragstag löst den Pensionsstichtag aus, der auf           freiwilligen Versicherung zum Stichtag
           den jeweils folgenden Monatsersten nach dem Tag der         ●   oder mindestens 300 Versicherungsmonate (Ersatz-
           Antragstellung fällt. Zu diesem wird festgestellt, ob der       monate vor dem 01.01.1956 ausgenommen) zum
           Versicherungsfall eingetreten ist und die Pensionsvor-          Stichtag
           aussetzungen erfüllt sind, wie hoch die Leistung ist und    ●   oder mindestens 180 Versicherungsmonate in den
           welche Versicherungsanstalt sie auszahlt.                       letzten 360 Kalendermonaten vor dem Stichtag
           Erfolgt die Antragstellung an einem Monatsersten, so
           ist dieser Tag auch der Pensionsstichtag. Bei Anträgen      Für Personen, die ab dem 01.01.1955 geboren wurden:
           auf eine Leistung aus dem Versicherungsfall des Todes
           ist der Stichtag der Todestag, wenn dieser auf einen        ●   mindestens 180 Versicherungsmonate, davon min-
           Monatsersten fällt, sonst der dem Todestag folgende             destens 84 Monate auf Grund einer Erwerbstätig-
           Monatserste.                                                    keit, vor dem Stichtag.

                                                                                                                          25
ALLGEMEINE GRUNDLAGEN

Den Versicherungszeiten auf Grund einer Erwerbs-        Wenn auch Monate einer Selbstversicherung (§16a
tätigkeit sind folgende Zeiten gleichgestellt:          ASVG) erworben wurden, zählen höchstens 12 davon
                                                        für die Erfüllung der Mindestversicherungszeit.
●   Zeiten einer Selbstversicherung wegen Pflege eines
    behinderten Kindes
●   Zeiten einer Selbstversicherung wegen Pflege eines   REGELPENSIONSALTER
    nahen Angehörigen
●   Zeiten einer beitragsbegünstigten Weiterversiche-   Das Regelpensionsalter für die Alterspension beträgt
    rung für pflegende Angehörige                        65 Jahre. Für Frauen gilt noch ein niedrigeres Regel-
●   Zeiten einer Familienhospizkarenz                   pensionsalter von 60 Jahren. Dieses wird ab 2024 in
●   Zeiten des Bezuges von aliquotem Pflegekarenz-       Halbjahresschritten an das der Männer angeglichen.
    geld bei Pflegeteilzeit.                             Demnach wird für alle Frauen, die ab dem 02.06.1968
                                                        geboren wurden, ein Pensionsantrittsalter von 65 Jah-
                                                        ren gelten.

ANHEBUNG FRAUENPENSIONSALTER

    Kalenderjahr                  Antrittsalter                   Weibliche Versicherte, geboren bis:

        2023              60. Lebensjahr                                     01.12.1963

        2024              60. Lebensjahr + 6 Monate                          01.06.1964

        2025              61. Lebensjahr                                     01.12.1964

        2026              61. Lebensjahr + 6 Monate                          01.06.1965

        2027              62. Lebensjahr                                     01.12.1965

        2028              62. Lebensjahr + 6 Monate                          01.06.1966

        2029              63. Lebensjahr                                     01.12.1966

        2030              63. Lebensjahr + 6 Monate                          01.06.1967

        2031              64. Lebensjahr                                     01.12.1967

        2032              64. Lebensjahr + 6 Monate                          01.06.1968

        2033              65. Lebensjahr                  für alle ab dem 02.06.1968 geborene Versicherte

                                                                                                            26
ALLGEMEINE GRUNDLAGEN

PENSIONSKONTO

Seit 2005 werden die verschiedenen öffentlichen Pen-
sionssysteme schrittweise vereinheitlicht. Grundlage         Ein vereinfachtes Beispiel:
bildet das 2005 in Kraft getretene Allgemeine Pensi-         Wenn jemand monatlich EUR 1.000,– verdient,
onsgesetz (APG). Durch das APG wurde ein leistungs-          dann erhält er am Ende des Jahres EUR 17,80
orientiertes Pensionskonto eingerichtet. Damit wurden        (1,78 % der Bemessungsgrundlage) als künfti-
weitgehend die von ÖGB und AK entwickelten Grund-            ge Monatspension gutgeschrieben. Dieser Be-
sätze umgesetzt.                                             trag wird jährlich fair mit der Lohnentwicklung
                                                             aufgewertet, und es kommen die Beträge der
Das „Pensionskonto“ zeigt den Versicherten, welchen          Folgejahre hinzu. 45 Jahre mal EUR 17,80 ergibt
Pensionsanspruch sie bislang erworben haben, wenn            EUR 800,–, also eine Ersatzrate von 80 %.
sie mit den bereits erworbenen Versicherungszeiten
zum Regelpensionsalter in Pension gehen würden. Es
sieht bei einem Pensionsantritt mit 65 Lebensjahren       Dieses leistungsdefinierte Pensionskonto stellt die
und 45 Versicherungsjahren 80 % des Lebensdurch-          Pensionsansprüche im neuen Recht dar und enthält
schnittseinkommens vor. Das Konto gewährleistet die       seit 2014 auch die übertragenen Ansprüche aus dem
Ausfallshaftung des Bundes und Transparenz für die        Altrecht. Für vor dem 01.01.1955 geboren Versicherte
Versicherten. In bereits erworbene Ansprüche kann         wurde kein Pensionskonto geführt, ihre Pension wurde
rückwirkend nicht mehr eingegriffen werden.               nur nach der modifizierten Pensionsreform 2003 aus-
                                                          gerechnet.
Durch die Beendigung der Parallelrechnung ab 2014         Die Aufwertung zurückliegender Versicherungs-/
wurden alle zuvor erworbenen Ansprüche auf dem            Beitragsjahre ist im Vergleich zu den vor der Harmo-
Pensionskonto gutgeschrieben, die laufenden Leis-         nisierung geltenden Regelungen verbessert: Im har-
tungsansprüche werden regelmäßig vermerkt. Das            monisierten Recht werden die jährlichen Beitrags-
Konto wird bis zu jenem Kalenderjahr geführt, in dem      grundlagen (auch für die Vergangenheit) mit der
der Stichtag der (vorzeitigen) Alterspension bzw. der     Lohnentwicklung, und damit wesentlich besser als im
Tod des/der Versicherten liegt.                           Altrecht, aufgewertet.
Mit dem Stichtag kommt es zur Zuerkennung der Pen-
sion und eine weitere Führung des Pensionskontos ist
hinfällig. Die Pensionshöhe ergibt sich aus dem „Kon-     VERSICHERUNGSZEITEN, BEITRAGSZEITEN,
tostand“ des Pensionskontos. Während einer Invalidi-      ERSATZZEITEN
tätspension oder Berufsunfähigkeitspension wird das
Pensionskonto weitergeführt.                              Im APG gibt es nur mehr Versicherungszeiten. Diese
                                                          untergliedern sich in Versicherungszeiten auf Grund-
Das Konto weist Folgendes aus:                            lage einer Erwerbstätigkeit, Zeiten einer Teilversiche-
                                                          rung in der Pensionsversicherung (dazu zählen Zeiten
●   Das (versicherte) Erwerbseinkommen bzw. die Bei-      der Kindererziehung, Familienhospizkarenz, Bezug
    tragsgrundlage bei „Ersatzzeiten“,                    von Arbeitslosengeld und Notstandhilfe, von Kranken-,
●   die jährliche Gutschrift (1,78 % der Summe der Bei-   Wochen-, Übergangs- und Rehabilitationsgeld, Zivil-
    tragsgrundlagen),                                     oder Präsenzdienst) sowie Zeiten einer freiwilligen Ver-
●   die aufgewerteten Gutschriften der Vorjahre,          sicherung in der Pensionsversicherung.
●   die Gesamtgutschrift und die                          Im Altrecht (ASVG) wurden Versicherungszeiten in Bei-
●   bereits erworbene monatliche Pensionshöhe.            tragszeiten und Ersatzzeiten unterteilt. Beitragszeiten
                                                          entstanden durch Zeiten einer Pflichtversicherung
Ein Pensionskonto ist nicht mit einem Bankkonto ver-      („Erwerbsarbeitszeiten“) und einer freiwilligen Versi-
gleichbar. Es bedeutet nicht, dass die Gelder auf dem     cherung. Ersatzzeiten waren Versicherungszeiten, die
Kapitalmarkt veranlagt werden. Das Konto ist auch         ohne Bezahlung von Beiträgen in der Pensionsversi-
nicht „jederzeit behebbar“. Man kann es vielmehr als      cherung berücksichtigt wurden, wie etwa Kinderer-
einen „Beitrags- bzw. Leistungsausweis“ ansehen.          ziehungszeiten.

                                                                                                               27
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