FUSSBALLTRIKOTS DAS BUCH FÜR LIEBHABER - Neal Heard - Verlag Die Werkstatt

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FUSSBALLTRIKOTS DAS BUCH FÜR LIEBHABER - Neal Heard - Verlag Die Werkstatt
FUSSBALLTRIKOTS
DA S B U C H F Ü R L I E B H A B E R   Neal Heard
VERLAG DIE WERKSTATT
FUSSBALLTRIKOTS DAS BUCH FÜR LIEBHABER - Neal Heard - Verlag Die Werkstatt
THIS IS ‘A LOVER’S GUIDE’ BOOK

            Aus dem Englischen von Olaf Bentkämper

          Die Originalausgabe erschien unter dem Titel
The Football Shirts Book. The Connoisseur’s Guide bei Ebury Press.
      Ebury Press ist Teil der Penguin-Random-House-Gruppe

  Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:
  Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation
in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische
     Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

                Copyright © Neal Heard 2017
          Copyright © der deutschsprachigen Ausgabe
               2019 Verlag Die Werkstatt GmbH
             Lotzestraße 22a, D-37083 Göttingen
                    www.werkstatt-verlag.de
                     Alle Rechte vorbehalten
  Satz und Gestaltung: Die Werkstatt Medien-Produktion GmbH

                   ISBN: 978-3-7307-0379-3
FUSSBALLTRIKOTS DAS BUCH FÜR LIEBHABER - Neal Heard - Verlag Die Werkstatt
INHALT
EINFÜHRUNG
KLASSIKER UND SAMMLERSTÜCKE
SING WHEN YOU’RE WINNING
DIE SCHÖNHEIT IM DESIGN
TRIKOTS & POLITIK
BRANDING
STIL & ETIKETTEN
DIE WUNDERBARE WELT DER SAMMLER
DIE STIMME DES VOLKES: TOP 5
DANKSAGUNG
FOTONACHWEIS
FUSSBALLTRIKOTS DAS BUCH FÜR LIEBHABER - Neal Heard - Verlag Die Werkstatt
EINFÜHRUNG
                                                                                                          Wo alles begann: die
                                                                                                          St.-Michaels-Schulmannschaft
                                                                                                          von 1978. Ich bin der mit den
                                                                                                          langen Haaren. Das Trikot war
                                                                                                          gelb mit blauem Kragen – ich
                                                                                                          sehe es heute noch vor mir!

Puh, wo fange ich an? Seit 25 Jahren spukte mir die Idee für             Jahren). Daran hätte sich ein historischer Abriss über die
dieses Buch im Kopf herum, ehe ich es nun endlich nieder-                Evolution von Fußballtrikots in aller streberhaft-obsessiven
schrieb und mir damit einen Traum erfüllte.                              Ausführlichkeit angeschlossen, angefangen mit dem Jahre
In meinen Gedanken ebenso wie in der Realität hat es ein                 null: Corinthian-Casuals, das Wall Game und der ganze
ganzes Spektrum an Erscheinungsformen durchlaufen.                       Kram.
Ursprünglich sollte es so etwas wie Darwins „Entstehung                  Doch das habe ich einstweilen auf die lange Bank geschoben.
der Arten“ für Fußballtrikots werden. Ich wollte damit ein-              Stattdessen habe ich meiner künstlerisch-freigeistigen Ader
steigen, die Bedeutung von Trikotfarben und Mustern zu                   freie Hand gelassen. Denn warum sich von konventionellen
erörtern, warum wir uns über Gruppen definieren und inwie-               Denkmustern einengen lassen?! Obwohl ich durchaus glaube,
weit Teamfarben einen wesentlichen Bestandteil unserer                   dass diese Aspekte total wichtig sind – und wer weiß, viel-
Identität bilden – also quasi von den tribalistischen Wurzeln            leicht greife ich sie im zweiten Band ja wieder auf –, neige
bis heute (zu diesem Thema empfehle ich übrigens Desmond                 ich nach all den Jahren des reiflichen Überlegens dazu, eine
Morris’ vorzügliches Werk The Soccer Tribe aus den 1970er                andere Richtung einzuschlagen.

                               1
NEAL                      Saint-Étienne 1981 Super Télé Dieses
                          Trikot steht für alles, was ich an Trikots
                      romantisch finde, außerdem ist es schlicht
                                                            schlicht--
                                                                                                           Juventus 1983/84 Ariston Noch ein
                                                                                                           Trikot, das irgendwie das Glamouröse
                                                                                                     und Geheimnisvolle der frühen Begegnun-

HEARDS
                      weg umwerfend schön. Das unkonventio-                                          gen mit ausländischen Vereinen und deren
                      nelle Grün, die Streifen, das abgefahrene                                      schrägen Namen einfängt. Schade, dass
                      Logo des mittlerweile nicht mehr existenten                                    man nicht auch in Großbritannien diese
                      französischen Sponsors, abgerundet                                             Gimmiks für Pokalsieger und Meister nach
TOP 5                 durch das hübsch geflockte Abzeichen                                           italienischem Vorbild verwendet – vollen-
                      von Le Coq Sportif – einfach ein Traum.                                        det durch die aufgenähten Logos vom
                                                                                                     Sponsor und von Kappa!
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E i n f ü h r u n g

Während das Projekt auf der langen Bank schmorte, zeichnete
sich ab, dass die Populärkultur den gleichen Pfad des univer-
sellen Bewusstseins beschritten hatte, und es erschienen hervor-
ragende Bücher unterschiedlichster Ausprägungen über Fuß-
balltrikots. Hatte die entsprechende Abteilung meines
Bücherregals zuvor nur ein oder zwei zerfledderte Klassiker
beherbergt, konnte ich sie nun um einige exzellente Werke
ergänzen. Gewiss erfüllen die meisten dieser Bücher auf die
eine oder andere Art und Weise ihren Zweck, aber so großar-
tig sie auch sein mochten, traf keines davon meinen ganz per-
sönlichen Nerv.

Diejenigen unter Ihnen, die mit meinem anderen Werk Trainers
vertraut sind (2015 bei Carlton Books nur auf Englisch erschie-
nen), werden wissen, wie ich mich einem Thema nähere.
Obwohl durchaus wichtig, geht es für mich nicht um detailver-
sessene Pedanterie – also beispielsweise zu erläutern, in wel-
chem konkreten Spiel ein Trikot getragen wurde oder ob sich
das Logo mitten in der Saison änderte. Mir geht es um die Erin-
nerungen, die an ihnen hängen.

Ich wende mich an die Leute auf der Straße. Und zwar auf
allen Straßen der Welt, denn Fußballtrikots verbinden Men-
schen. Mir gefällt die Idee, dass man auf der ganzen Welt ein
Trikot tragen und von einem wildfremden Menschen darauf
angesprochen werden kann, woher man es denn habe. Trikots
überschreiten Zeit, Ort, Alter und sogar Sprache. Es ist dieser
weltumspannende Aspekt, den ich in diesem Buch einzufan-
gen versuche.                                                                                                               Nerd! Da sieht man, wie
                                                                                      Ich oute mich hiermit als waschechter
                                                                                                            a  schon beschäftigt. Die Traumtrikots meines
                                                                                      lange mich das Them
Das ist also quasi die Basis für dieses Buch – ein Buch über Tri-
                                                                                      elfjährigen Ichs …
kots, die geliebt werden. Trikots, die nicht nur ich liebe, son-
dern hoffentlich auch die meisten von Ihnen. Bei der Auswahl
ging es nicht darum, eine Liste namhafter Klubs abzuhaken;
kein Trikot ist dabei, nur weil die Mannschaft so berühmt ist
oder sie so viele Fans hat. Dafür bin ich nicht zuständig.

      Wales 1976–79 Admiral Dieses                 Newport County 1979–82 Das                                               Tampa Bay Rowdies 1979–81 Auch
      Trikot sieht rückblickend sogar noch         Trikot meines geliebten Heimatver-                                       dies eine Mischung aus Exotik und
irrsinniger aus, und für mich wird es durch   eins, getragen in der erfolgreichsten                                    Eleganz. Mir gefiel, wie weit weg und
seine Absonderlichkeit nur noch besser.       Saison der Klubgeschichte, weswegen es                                   neu die NASL erschien. Der frische Wind,
Grandiose Kombination aus Farbgebung          einen besonderen Platz in meinem Herzen                                  den die Amerikaner ins Trikotdesign brach-
und Logo-Platzierung. Seit Langem auf der     einnimmt. Schlicht und in dezentem Bern-                                 ten (inklusive der großen Teamlogos), übte
Liste meiner heiligen Grale von vor dem       stein gehalten, gekrönt durch das legen-                                 damals großen Reiz auf mich aus und tut
Internet-Zeitalter.                           däre adidas-Dreiblatt und den drei Strei-                                es bis heute.
                                              fen auf den Ärmeln.
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E i n f ü h r u n g

                                                                       Zunächst möchte ich mich entschuldigen, sollte Ihr Klub
                                                                       nicht dabei sein. Ich habe kein Buch geschrieben, das auf
                                                                       möglichst große Publicity abzielt. Erstaunlicherweise werden
                                                                       Sie daher ebenso viele oder sogar mehr Trikots von kleinen Ver-
                                                                       einen wie Newport oder Stockport County antreffen wie von
                                                                       den „großen“ Klubs. Außerdem sehe ich mich als Mitglied der
                                                                       Weltgemeinschaft und möchte Trikots aus aller Herren Länder
                                                                       vorstellen. Um ehrlich zu sein, interessieren mich nichtbritische
                                                                       Trikots mehr als die von den Inseln.

                                                                       Grundsätzlich hätte ich locker das Doppelte oder Dreifache an
                                                                       Trikots und Varianten unterbringen können, als hier vertreten ist.
                                                                       Es gab eine Bedingung für die Berücksichtigung: Würde man
                                                                       30 Menschen unterschiedlichen Alters an einem Tisch versam-
                                                                       meln und bitten, die 50 berühmtesten Trikots aller Zeiten aufzu-
                                                                       listen, würde bestimmt mindestens die Hälfte der Nennungen
                                                                       bei den meisten Leuten übereinstimmen. Das sind jene Trikots,
                                                                       die Zeit und Ort überwinden und aus unterschiedlichen Grün-
                                                                       den hier berücksichtigt werden. Vor allem aber sind es jene,
                                                                       an die sich fast jeder gut und in der Regel auch gerne erinnert.
                                                                       Über das eine oder andere ließe sich gewiss streiten, aber die
                                                                       Mehrzahl sollte in der Sammlung eines Trikotsammlers nicht
                                                                       fehlen oder zumindest ganz oben auf dem Wunschzettel
                                                                       stehen. Tatsächlich tauchen manche Trikots hier auf, gerade
                                                                       weil sie unter Sammlern so gesucht sind – wie z. B. die Nieder-
                                                                       lande 1988 oder Dänemark 1986.

                                                                       Ich entschuldige mich außerdem bei Fans von Trikots aus der
                                                                       Zeit vor 1966, denn ehrlich gesagt sind zu wenige davon
                                                                       dabei. Das hat seine Gründe. Zunächst einmal war die TV-
                                                                       Berichterstattung damals noch nicht so allgegenwärtig, vor
                                                                       allem nicht in Farbe! Das bedeutet, dass viele dieser tollen Tri-
                                                                       kots nicht in gleicher Weise an Zeit und Ort gebunden sind
                                                                       (außer für die Menschen, die bei den Spielen leibhaftig dabei
                                                                       waren), sie hatten also gar nicht die gleiche Chance, sich in
                                                                       unser kollektives Gedächtnis einzubrennen. Auch waren
                                                                       Replika-Trikots noch weitgehend unbekannt, waren die
                                                                       Designs schlichter und unverfälschter und änderten sich nur
                                                                       selten. Zudem waren Musik, Mode und Populärkultur weniger
                                                                       mit Trikots verknüpft, weswegen Sie in diesem Buch nur wenige
                                                                       Beispiele aus der Zeit vor 1966 finden. Vom anderen Ende
                                                                       der Zeitachse wiederum sind wenig neuere Trikots zu sehen,
                                                                       denn sie hatten bislang kaum die Chance, Legendenstatus zu
                                                                       erlangen.
                                                 e Liebe,
                                  ine andere groß                      Ein weiterer kurioser Aspekt, der mir bei der Auflistung der Tri-
                 Trainers, über me
Mein erstes Buch                                                       kots auffiel, war die Diskrepanz zwischen Erfolg und Ansehen
                   icht 2003.
erstmals veröffentl                                                    einer Mannschaft und ihrem Kleidungs-Vermächtnis. Zwei Bei-
                                                                       spiele für eine solche Minderleistung sind Real Madrid und
                                                                       Bayern München. Schon diese Namen aufzuschreiben löst
                                                                       etwas in einem aus, ganz zu schweigen von dem Schauder,
                                                                       dem Respekt und dem nervösen Kitzel, der einen erfasst, sieht
                                                                       man diese klassischen roten bzw. weißen Farben gegen das
                                                                       eigene Team auflaufen. Aber welche Trikots dieser beiden
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E i n f ü h r u n g

Giganten sind einem konkret im Gedächtnis geblieben? Abge-
sehen von den klassischen Trikots der „Los Blancos“ aus der
Ära Di Stéfano in den 1950er Jahren fällt es schwer, mir ein
bestimmtes Trikot der Königlichen aus irgendeiner Saison vor
Augen zu führen; geschweige denn, es zu beschreiben. Natür
                                                         Natür-
lich entsinne ich mich der weißen Leibchen, in denen Zidane
und die Galácticos aufgelaufen sind, aber damit hat sich’s
auch schon. Ähnlich geht es mir mit den Bayern: unglaublich
erfolgreich auf dem Platz, aber die Trikots meistens nichtssa-
gend. Es gibt freilich auch umgekehrte Beispiele. Weniger
erfolgreiche Vereine – Saint-Étienne oder Crystal Palace z. B. –
würden gegen einen der beiden oben genannten Giganten
sportlich kaum eine Chance haben, könnten ihnen in modi-
scher Hinsicht aber locker den Rang ablaufen.

Aber genug geschwafelt. Ich wollte nur ein wenig erläutern,
welche Methode hinter meinem Wahnsinn steckt. Sehen Sie es
mir nach, wenn ich bisweilen ins Schwärmen gerate, und
scheuen Sie sich nicht, das Buch entnervt an die Wand zu
schmeißen, sollte Ihr geliebter Verein fehlen. Aber seien Sie
versichert, dass ich nach bestem Wissen und Gewissen gear
                                                        gear-
beitet habe.

Jedes Trikot in diesem Buch soll Sie an einen bestimmten Ort
und in eine bestimmte Zeit zurückbringen, Sie mit seiner Schön-
heit überwältigen, eine interessante Geschichte vermitteln
und – am allerwichtigsten – in Erinnerungen schwelgen lassen.
Ich mache keinen Hehl daraus, dass mich vor allem interes-
siert, inwieweit Trikots Einzug in das Reich der Populärkultur
gefunden haben. Für mich geht es nicht nur um das Spiel oder
die Spieler, sondern vor allem um uns, die Fans, die Men-
schen, ohne die der Fußball nichts weiter als ein Zeitvertreib
wäre.

Ein wichtiger Punkt: Sämtliche hier gezeigten Trikots sind
Originale, entweder im Spiel tatsächlich getragene „match-
worn“-Trikots oder Original-Replikas aus der jeweiligen
Zeit. Anders als die meisten ernsthaften Sammler bin ich zwar
nicht so sehr an Matchworn-Trikots interessiert, zugleich aber
versnobt, wenn es um Originale statt neueren Retro-Trikots
geht. Ich habe bewusst auf moderne Retro-Neuauflagen ver-
zichtet – denn die sind Teufelswerk!

Falls also ein kultiges Trikot nicht vertreten ist, obwohl es im
Internet im Nu als Retro-Auflage aufzutreiben wäre, liegt das
keineswegs daran, dass ich schlampig oder nachlässig gear-
beitet hätte. Ich habe an meiner Vision festgehalten (wie schon
                                                                     Ich in jüngeren Jahren mit meinem beste
in meinem Buch Trainers) und nur Vintage-Trikots und keine jün-                                                 n Kumpel Griffo im Stadio Luigi
                                                                     Ferraris in Genua bei der WM 199
geren Neuauflagen oder Kopien berücksichtigt.                                                               0 in Italien. Griffo trägt sein geliebtes
                                                                     Benetton-T-Shirt und ich ein brasilianis
                                                                                                             ches Vereinstrikot, das ich bei einem
                                                                     arglosen Brasilianer für ein Newport-C
                                                                                                               ounty-Trikot ertauscht habe.
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                                                                                                                              6) und
                                                                                                          e (siehe Seite 13
                                                                          r Kreis schließt sich: ich, Jess              taffier t wie
                                                                        De                                   , alle auss
                                                                                          arlett und Fabien
Verknüpfungen haben großen Anteil daran, ob uns ein                     meine Kinder Sc                    …
                                                                                         hnachtsbäume
Trikot in Erinnerung bleibt. Konkrete Momente, Begeben-                 die bunten Wei
heiten und Herkunft spielen eine wichtige Rolle dabei, ob
ein Trikot Kultcharakter erhält. Englands Finaltrikot bei der
WM 1966 ist ein klassisches Beispiel dafür. Nur selten getra-
gen und auch ansonsten kaum beachtet, hat sich das rote Aus-
wärtstrikot (das freilich im Fernsehen nicht mal als rot zu erken-
nen war bzw. ist) zu dem Trikot gemausert, bei dessen Anblick
erwachsene Engländer feuchte Augen bekommen. Das Trikot
ist schnörkellos und schlicht, aber sobald man es sieht, kommt
einem der legendäre Kommentar von Kenneth Wolstenholme
aus dem Finale in den Sinn: „Some people are on the pitch,
they think it’s all over … it is now!“ Genau darum geht es in
diesem Buch.

                                                                                                                         Endlich b
                                                                                                                                       egriff au
                                                                                                                         Modepre                  ch die
                                                                                                                                       sse, dass
                                                                                                                        nicht nur                  Fußball
                                                                                                                                     etwas fü
                                                                                                                        und Stati               r Spieße
                                                                                                                                    stiker ist.           r
                                                                                                                       veröffen                 The Face
                                                                                                                                  tlichte ein
                                                                                                                       gaben,                   paar Au
                                                                                                                                 die sich                s-
                                                                                                                      Thema F                dem
                                                                                                                                 ußball u
                                                                                                                     widmete                nd Mod
                                                                                                                                n (inklusi            e
                                                                                                                    Titelbilde              ve diese
                                                                                                                                r). Auf de            r
                                                                                                                    Seite selte              r rechten
                                                                                                                                 ne brasi
                                                                                                                   Trikots, d               lianische
                                                                                                                              ie dama
                                                                                                                   Duffer of              ls von
                                                                                                                             St Georg
                                                                                                                  kauft wu                 e ver-
                                                                                                                            rden.
FUSSBALLTRIKOTS DAS BUCH FÜR LIEBHABER - Neal Heard - Verlag Die Werkstatt
E i n f ü h r u n g
FUSSBALLTRIKOTS DAS BUCH FÜR LIEBHABER - Neal Heard - Verlag Die Werkstatt
Lassen Sie sich nicht täuschen: Das erste
              Objekt in diesem Buch, eigentlich eine
              semi-obskure Schallplatte aus dem Jahr
              1986, ist bewusst ausgewählt worden und
              eine Absichtserklärung! Denn kaum etwas
              könnte dieses Buch und das, wofür es steht,
              treffender beschreiben als dieser Song von
              Half Man Half Biscuit. Der Song trifft bei
              mir, lieber Leser, einen empfindlichen Nerv,
              und damit stehe ich sicher nicht alleine!
              Es ist schwer, irgendjemandem unter 30
              erklären, wie ganz anders das Leben in der

‘
‘ALL I
              Zeit vor dem Internet war. Wir hatten ja
              von nichts eine Ahnung! Das galt auch für
              ausländische Fußballklubs, ihre Namen

 WANT FOR     und Trikots.
              „Weniger ist mehr“ lautete damals die

 CHRISTMAS    Maxime. Wenn uns einmal im Jahr der Name
              irgendeines exotischen Klubs zu Ohren kam,
              hinterließ das tiefen Eindruck.
 IS A DUKLA   Für mich und viele andere fing der Song von
              HMHB genau dieses Gefühl wunderbar ein.
 PRAGUE       Eine Stimmung, die ich auch in diesem Buch
              aufzugreifen hoffe.

 AWAY KIT’    Ich hatte das Vergnügen, mich mit Nigel
              Blackwell, dem Sänger der Band, über den
              Song zu unterhalten, und er erzählte mir:
              „Anfangs war die Sache mit Dukla Prag, zumindest
              als Song, nur eine Spielerei, aber sie schien sich bald
              zu verselbstständigen. So sehr, dass ich inzwischen
              vom Geschäftsführer von Dukla Prag zu den Spielen
              eingeladen werde.
Was das Dukla-Trikot und den Song betrifft: Damals
haftete den europäischen Teams, die gegen britische
Mannschaften antraten, eine gewisse Romantik an,
nicht zuletzt wegen ihrer fremdartig klingenden
Namen, denke ich. Lokomotive dies, Sparta das, und
mein besonderer Favorit: Újpest Dózsa. Sogar jetzt
weiß ich nicht, ob ich das richtig buchstabiert
habe – und deswegen habe ich es im Song in ,Dukla
Prag’ geändert, denn das passte genauso gut ins
,komischer Name, bestimmt alles Spione’-Muster und
war leichter auszusprechen. Ich hatte keine Ahnung,
wie deren Trikots aussahen, wäre aber auch damals
davon ausgegangen, dass es recht ungewöhnlich
war. Ich finde, das Wappen ist das Beste daran.
Die beiden Seiten der Plattenhülle illustrieren den
Song, die Zeichnungen sind von unserem Bassisten
Neil Crossley. Sie erzählen die Geschichte von einem
aufgeregten Jungen, der hofft, dass in dem
Päckchen unterm Weihnachtsbaum ein
Auswärtstrikot von Dukla Prag ist, aber am Morgen
stellt er dann fest, dass es eins von den Go Ahead
Eagles ist, und er ist total angepisst!“
Nun, besser hätte ich meine Einstellung zu Trikots nicht
beschreiben können. In meinen Augen gelingt es dem
Song, einfach alles zu erfassen: das Glamouröse, das
Geheimnisvolle, das Exotische, die ganze Sehnsucht und
die Freude, die wir mit Trikots verbinden.
Momentaufnahmen.
Ach ja, noch fürs Protokoll: Nigel war einer der ersten,
der mir seine absoluten Lieblingstrikots verraten hat
(1975–79 Sheffield United und 1971/72 Crystal
Palace) – zwei Trikots, die ich nicht unbedingt auf dem
Schirm hatte. Zum Glück war das eine frühzeitige
Mahnung, darauf zu achten, nicht nur Trikots aus meiner
eigenen Zeit zu berücksichtigen, sondern Stücke quer
durch die Jahrzehnte und Kontinente.
Dabei will ich es nun aber belassen und lieber die
Trikots für sich sprechen lassen.

,Enjoy this trip, and it is a trip.’
DIE SCHÖNHEIT IM DESIGN
D i e   S c h ö n h e i t   i m   D e S i g n

      Arsenal                                                                 Auswärts
Fangen wir an mit der „Gequetschten Banane“, wie das Modell liebevoll genannt wird. Kein Entwurf,
der exklusiv von adidas oder Arsenal genutzt wurde, nur die Gunners erzielten mit ihren eigenen Farben
aber eine so erschütternde Wirkung.

Diese von Kevin Campbell getragene Europapokal-Version hat ein paar besondere Features: Wie von
Shakey, dem Co-Autor des hervorragenden Buchs The Arsenal Shirt erläutert, musste ein rechteckiges
Stück Stoff unterlegt werden, um die Nummern in dem ganzen Chaos überhaupt entziffern zu können!
D i e   S c h ö n h e i t   i m   D e S i g n

  UdSSR
Ein ähnliches Shirt haben wir bereits von den glor
                                              glor-
reicheren Niederländern gesehen (siehe Seite 15).
Auch Russland – bzw. die UdSSR – spielte bei der
EM 88, ebenso wie ein paar andere Ländern
darunter Deutschland (siehe unten bzw. auf Seite
89) – in diesem ikonischen Muster. Allerdings bei
der EM mit einem Kragen und einem anderen
Wappen.

Der UdSSR-Schriftzug, bzw. CCCP im kyrillischen
Alphabet, kommt auf dem Trikot besonders gut zur

                                                                                                  Deutschland
Geltung.

                                                                                                                          Auswärts
                                                                                        Statt einfach das ikonische Heimtrikot (siehe Seite 18)
                                                                                        zu nutzen, war dies erstaunlicherweise das Auswärtsshirt
                                                                                        Westdeutschlands bei der EURO 88 sowie der WM
                                                                                        1990. Der Hauptgrund, warum diese deutsche Version
                                                                                        mit dem ikonischen Muster wenig bekannt ist, liegt wohl
                                                                                        darin, dass es lediglich einmal getragen wurde. Und die
                                                                                        Erinnerung daran wird englischen Fans die Tränen in die
                                                                                        Augen treiben, denn es war das Shirt, das Deutschland
                                                                                        beim Halbfinalsieg der WM 1990 in Italien trug.
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           Manchester United
                                                Auswärts
Gemeinhin als das „Schneeflocken“-Shirt bekannt, stellt dieses Trikot
einen weiteren Bruch mit der Vergangenheit dar und schafft es, die
in der Regel ganz in Blau oder ganz in Weiß gehaltenen Auswärts--
trikots des Klubs zu kombinieren. In designtechnischer Hinsicht hat
es definitiv hohe Wellen geschlagen und je nachdem, in welcher
Zeit man geboren ist oder ob man ein Lo-fi- oder ein Hi-fi-Typ ist, steht
man entweder auf solche Trikots oder kann sie nicht ausstehen.

                                                                                             FC Liverpool
                                                                                                                      Auswärts
                                                                               Die Heim- und Auswärts-Versionen der Trikots dieser Spielzeiten
                                                                               sind die hinsichtlich des Designs wohl radikalsten, die Liverpool
                                                                               je getragen hat. Silber und Grau sind immer Farben, an denen
                                                                               sich die Geister scheiden, und sind traditionell auch nicht mit
                                                                               dem Klub assoziiert. Mit dieser obskuren Musterung ging aber
                                                                               alles irgendwie auf.

                        Arsenal
                                           Auswärts
Nike sorgte für einiges Aufsehen, als man Anfang der 1990er Jahre
in den Trikotmarkt im Vereinigten Königreich einstieg. Ob man die
Firma nun liebte oder hasste, ignorieren konnte man sie jedenfalls
nicht. Ich persönlich finde, dass viele ihrer frühen Versuche den Markt
zumindest ein bisschen aufmischten, muss aber gestehen, dass mir
der in gotischen Lettern gehaltene Arsenal-Schriftzug auf dem Trikot
nicht besonders gefällt.
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                   Schottland
                                        Freizeitshirt
Ein echtes Kultobjekt unter Trikotliebhabern und Designfreaks. Streng
genommen, dürfte es nicht im Buch sein. Ich hatte es stets für ein
schottisches Ausweichtrikot gehalten, bis ich von John Devlin, dem
Autor der hervorragenden Trikot-Referenzbibel True Colors, aufgeklärt
wurde, dass es sich um ein Freizeitshirt handelt. Aber weil es so
wichtig ist und weil ich immer dachte, es wäre ein reguläres Schott
                                                               Schott-
land-Spieltrikot, bleibt es drin.

                                                                                           Nordirland
                                                                                                                   Auswärts
                                                                         Ich weiß nicht mehr, welches es war, aber wenn ich dieses Trikot
                                                                         sehe, muss ich immer an dieses Videospiel aus den 1980ern mit
                                                                         dem drolligen Monster mit der großen Nase denken nun ja, ich
                                                                         schweife ab. Das Trikot ist sicher eines der abstraktesten und abge-
                                                                                                                                         abge
                                                                         fahrensten aller Zeiten. Zudem brachte es, sich auf alte Zeiten besin-
                                                                                                                                         besin
                                                                         nend, das Blau in Nordirlands Auswärtstrikot zurück. Hieß das Spiel
                                                                         Dilbert? Gilbert? Mist.

         Ajax Amsterdam
                                      Ausweichtrikot
Vielleicht liegt es daran, dass sie für gewöhnlich ein so schlichtes
und zeitlos schönes Heimtrikot tragen, dass die Ausrüster von Ajax
sich hin und wieder bemüßigt fühlen, ein völlig abgedrehtes Aus-
wärts-Leibchen aufzulegen. Dieses hier ist vollkommen schizo. Ich
schätze mal, der Designer war nüchtern, als er die Nadelstreifen
fertigte und dann am nächsten Tag nach einem zünftigen Rave die
untere Hälfte und die Ärmel machte!
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  Borussia Dortmund
Zweifelsohne eines der Kulttrikots von einem der Kultvereine
Europas. Der BVB ist der berühmteste Vertreter, der jemals
nahezu neongelbe Shirts benutzte. Dieses Modell ist umso
auffälliger, als Nike-Designer Dramberg das Adleremblem,
das man damals überall sah, durch eine Adlerfeder an den
Trikotärmeln ersetzte.

       Adlerfeder an den Trikotärmeln.

                                                                              Manchester United
                                                                                                          Ausweichtrikot
                                                                         Ein beinahe großartiges Trikot, das durch einen krassen
                                                                         Makel leider vollkommen ruiniert wird. Grundsätzlich finde
                                                                         ich die Idee einer Art Batikmusterung nicht schlecht, weil es
                                                                         eine innovative Note in das Trikotdesign bringt. Das stark
                                                                         vergrößert aufgedruckte Klublogo verschandelt aber das
                                                                         komplette Design.

      Huddersfield Town
                                         Auswärts
Auch dieses Modell ist sicher nicht jedermanns Sache, mir
persönlich gefällt es aber ganz prima, zum einen aufgrund
des ungewöhnlichen Designs, zum anderen, weil Gola
keinen Zweifel daran lässt, wer das Teil hergestellt hat!
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                    USA                                         Auswärts
Auf unsere amerikanischen Vettern ist Verlass. Man muss ihnen lassen, dass sie stets ihre ganz eigene
Herangehensweise haben. Sie hatten sich schon eine Weile an „Soccer“ versucht, und wie ich finde,
waren einige der Trikots aus der Zeit der NASL (1968–84) absolut herausragend. Als die WM im
eigenen Land anstand, ließen sie sich die Chance, der Fußballwelt ihren Stempel aufzudrücken, natür
                                                                                                 natür-
lich nicht entgehen – und das umfasste auch die Trikots. Der ziegenbärtige, Gitarre spielende Alexi
Lalas wird auf ewig mit diesem Design von adidas assoziiert werden.

                                                    Diese Auswärtsvariante war diejenige, die
                                                    den größten Eindruck hinterlassen hat: die
                                                    Sterne aus der Nationalflagge, schwung-
                                                    voll auf einem Pseudo-Jeansstoff drapiert.
                                                    Brillante Idee.
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       Deutschland
Die Spielkleidung, in der Deutschland erstmals als wiedervereintes Team an einer WM teilnahm. Im
Schatten ihres ungleich berühmteren Vorgängers, in dem man vier Jahre zuvor Weltmeister geworden
war, ist diese Kluft fast ein wenig in Vergessenheit geraten. Zu Unrecht, wie ich finde, und ich glaube
auch, dass ihre Zeit noch kommen wird. Die Vorlage wurde nicht exklusiv von Deutschland verwendet
(siehe gegenüberliegende Seite), die Farben freilich schon, und sie sind als eine Art Poncho gestaltet.
Nicht jedermanns Sache, aber wer es bunt und knallig mag, wird es sicherlich schön finden.

                                                                               Soweit ich mich erinnere, habe ich der Montur
                                                                               damals keine große Beachtung geschenkt,
                                                                               aber wenn man Trikot und Hosen zusammen
                                                                               sieht, ist es schon sehr stimmig.
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  Mexiko
Ich habe die Mexikaner bei der WM 1998 in
Frankreich in diesen Leibchen spielen sehen, kann
mich aber nicht entsinnen, dass mich das Design
damals vom Hocker gehauen hätte. Viele konnten
mit derartigen holografischen Auswüchsen wenig
anfangen, ich muss aber zugeben, dass mir diese
Art Neunziger-Exzesse inzwischen sehr ans Herz
gewachsen ist. Ich habe Torwart Campos in seinem
abgefahrenen Trikot noch deutlich vor Augen.
Zurückhaltend und dezent war es jedenfalls nicht!

Ein Hingucker ist das Design. ein riesiger
Inka/Maya-Kopf mit einer herausgestreckten
Zunge als Hommage an das Erbe Mexikos.

                                                                                          Club América
                                                                                Die gleiche Vorlage wie beim Deutschland-Trikot von 1994,
                                                                                diesmal in den Farben des größten Klubs in Mexiko. Falls
                                                                                Sie die Gelegenheit haben, werfen Sie mal einen Blick auf
                                                                                frühere Trikots dieses Vereins: interessant und andersartig
                                                                                sind Attribute, die einem dabei in den Sinn kommen. Aus
                                                                                irgendeinem Grund ist das Team als die „Adler“ bekannt,
                                                                                was mir angesichts des Wappens nicht in den Sinn gekom-
                                                                                men wäre. Wie auch immer, Coca-Cola als Sponsor ist nie
                                                                                verkehrt.
TRIKOTS & POLITIK
T r i k o T s     &   P o l i T i k

      Medureira Sporting
         Club
Ein drittklassiger brasilianischer Verein mit dem legendären Guerilla-
führer Che Guevara auf dem Trikot? Gewiss nur eine Marketingma-
sche, oder? Schließlich war das berühmte Bild von Korda bereits auf
Mauern und Millionen von T-Shirts auf der ganzen Welt zu sehen.
Tatsächlich steckte aber mehr als reiner Kommerzgeist dahinter, denn
es gab eine Verbindung, die auf eine Episode aus der Vergangenheit
des Klubs zurückgeht. Aufgrund des Handelsembargos mussten die
Kubaner in mancherlei Hinsicht darben. Das galt auch für den Fußball.
Als also 1963 ein kleiner Klub aus Brasilien Kuba im Rahmen einer
Tournee einen Besuch abstattete, war das eine große Sache. Die
Mannschaft ließ es sich nicht nehmen, auch Che Guevara zu treffen,
der an der Seite des kubanischen Revolutionsführers Fidel Castro
gekämpft hatte. Entsprechend bescherte dieses Trikot, das 50 Jahre
danach zur Feier der historischen Begegnung aufgelegt wurde, dem
Klub mehr Aufsehen und Aufmerksamkeit, als Medureira sonst zuteil
wurde.

                                                                                             Hasta la victoria siempre –
                                                                                             Immer bis zum Sieg.
T r i k o T s   &   P o l i T i k

                Corinthians, Sócrates und Democracia

     Corinthians

Darf ich mir ein wenig künstlerische Freiheit im Sinne von Billy Braggs „Waiting for the Great Leap Forwards“ herausnehmen (dies ist
für dich, Nick)?: „Mixing shirts with politics, she asked me what the use is? I offered her apologies and my usual excuses. . .“ [Sie fragte
mich, was es bringen würde, Trikots und Politik miteinander zu vermischen. Ich hatte nichts als Entschuldigungen und meine üblichen
Ausreden zu bieten.]
Soziales Gewissen und schönes Spiel überschneiden sich nicht oft, aber manchmal tun sie es eben doch – und dies ist mein Lieblingsbei-
                                                                                                                              Lieblingsbei
spiel, das Trikot von Democracia Corinthiana. Ich werde meinem brasilianischen Kollegen @juniorhiltonmusic ewig dankbar sein, dasss
er mir meinen langgehegten Traum wahr machte.
T r i k o T s   &   P o l i T i k

Sócrates bzw. der „Doktor“, wie er genannt wurde (er war wirklich einer,
nämlich Kinderarzt), war mein Lieblingsspieler. Ein Akteur von lässiger Eleganz,
außerdem klug, gebildet und ein wahrer Mann des Volkes. Neben zwei
Weltmeisterschaften mit Brasilien als Kapitän spielte Sócrates sechs Jahre lang
bei den seit jeher linksgerichteten Corinthians aus São Paulo.
Brasilien war damals eine Militärdiktatur, und die Menschen wollten einen
Wandel. Den meisten Fußballern war das herzlich egal, aber Sócrates war
kein normaler Fußballer: „Wo eine Krise ist, besteht die Möglichkeit für eine
Revolution“, wusste er. Sócrates war es, der, gemeinsam mit Verteidiger Wla-
dimir (dessen Matchworn-Trikot aus dem Fundus von @juniorhiltonmusic hier
zu sehen ist), Biro-Biro, Ataliba und Casagrande, die Democracia Corinthiana,
die Demokratie von Corinthians, ins Leben rief. Eine ideologische Bewegung,
die die damaligen politischen und sozialen Strömungen im ganzen Land
spiegelte und unterstützte und sich nicht nur an die Spieler selbst richtete,
sondern auch die Massen führen und ermutigen wollte, Demokratie einzu-
fordern.
Unter ihrer Führung übernahm die Mannschaft die Kontrolle über das Manage-
ment des Teams und organisierte Abstimmungen der Spieler über alle Belange,
die sie betrafen. Das war damals revolutionär. Ihr Motto lautete: „Ganhar ou
perder, mas sempre com democracia.“ (Siegen oder verlieren, aber immer
mit Demokratie.)
Manchmal, nur manchmal, ist das, was abseits des Platzes geschieht, viel,
viel wichtiger als das, was auf ihm passiert, und manchmal prallen die beiden
Welten aufeinander. Dieses Trikot war eines von zweien, die ich für dieses
Buch unbedingt auftreiben wollte. Wie ich darüber empfinde, lässt sich mit
einem Zitat des Doktors persönlich bestens zusammenfassen:

„Das war die größte Mannschaft, in der ich je gespielt habe,
denn es ging um mehr als Sport. Meine politischen Siege sind
wichtiger als meine Siege als professioneller Fußballer. Ein
Spiel ist nach 90 Minuten vorbei, aber das Leben geht weiter.“

                                                        1982 beschlossen die Spie-
                                                                                 Spie
                                                        ler, die Botschaft „Geht am
                                                        15. wählen“ auf den Rücken
                                                        ihrer Trikots drucken zu lassen,
                                                        um die Fans aufzufordern,
                                                        sich an den ersten demokrati-
                                                                            demokrati
                                                        schen Wahlen seit dem Mili-
                                                                                  Mili
                                                        tärputsch zu beteiligen.
B r a n d i n g

         Trikotsponsoring,
     französischer Pokal
Versuchen Sie mal einem Kind zu erklären, dass es Zeiten gab, in denen Fuß-
ballvereine nicht den Namen eines Sponsors auf ihren Trikots trugen. Falls es
ungläubig lacht, erläutern Sie ihm, dass so etwas auch heute noch durchaus
machbar ist – denken Sie z. B. an die NFL oder die NBA. Es geht also auch heute
noch – und sollte nach meiner bescheidenen Meinung auch getan werden.
Der Trend zum Trikotsponsoring ging ausgerechnet vom sonst so kultivierten Frankreich
aus. 1968 handelte der französische Verband einen Deal mit Vittel aus, demzufolge
alle Klubs aus den ersten beiden Ligen gehalten waren, im Rahmen des Pokalwett
                                                                           Pokalwett--
bewerbs Trikots mit dem Logo der Mineralwassermarke zu tragen. Die TV-Anstalten
und die Öffentlichkeit generell waren nicht begeistert und liefen Sturm, woraufhin
einige Spiele abgesagt wurden. Noch im gleichen Jahr aber lief Valenciennes als
erste Mannschaft mit Vittel als Trikotsponsor auf. 1970 übernahm Perrier als Sponsor
des Pokalwettbewerbs, und alle Klubs trugen dessen Logo auf der Brust. Wie auf
den Bildern des 1971-Finales zwischen Bastia und Marseille (1:2) zu sehen ist,
trugen beide Seiten von Perrier gesponserte Trikots von Le Coq Sportif.
Anschließend gab es keinen Weg zurück und die französischen Klubs ergaben sich
dem Würgegriff des Sponsorings. So stellten beispielsweise Paris FC (der Vorläufer
von PSG) sowie Marseille riesige Logos von BIC und BUT zur Schau. Die Sache lief
dermaßen aus dem Ruder, dass Sponsoren wie Super Télé vorne auf dem Trikot bald
mehr Platz einnahmen als alles andere und man auch vor der Rückseite nicht halt
machte.

                                                                           Eintracht Braunschweig
                                                                                1973 waren dann die Deutschen an der Reihe, und der
                                                                                Kampf der Kulturen wurde aufs Neue ausgefochten. Den
                                                                                darbenden Klub lockte die Aussicht auf zusätzliche Ein-
                                                                                nahmen, den Sponsor die Chance, Millionen von Men-
                                                                                schen zu erreichen. Der DFB aber wollte die Unverdorben-
                                                                                heit des Spiels erhalten, also verweigerte man Eintracht
                                                                                Braunschweig die Genehmigung, Name und Logo des
                                                                                Spirituosenherstellers Jägermeister auf den Trikots zu tragen.
                                                                                Um das Verbot zu umgehen, änderte die Eintracht sogar
                                                                                ihr Vereinslogo und ersetzte den bis dahin verwendeten
                                                                                Löwen durch den Hirschen, der auf den Flaschen des Kräu-
                                                                                terlikörs und fortan auch auf den Trikots prangte. Rund ein
                                                                                Jahr später lenkte der DFB ein und gestattete allen Bundes-
                                                                                ligaklubs, Sponsorenlogos auf der Brust zu tragen. Als die
                                                                                Braunschweiger sich 1983 in Jägermeister Braunschweig
                                                                                umbenennen wollten, ging ihnen das aber dann doch zu
                                                                                weit!
B r a n d i n g

Hibernian Edinburgh
In Großbritannien haben wir ein bisschen länger
durchgehalten – guter alter Amateurgeist und der
ganze Kram, Sie wissen schon. 1977 aber war
es damit vorbei, und die Hibs aus Edinburgh
waren der erste Klub auf den britischen Inseln,
der einen Trikotsponsor präsentierte. Und machte
dabei keine halben Sachen, denn der alteinge-
sessene britische Hersteller Bukta nutzte die Gele-
genheit und deckte gleich mehrere Baustellen ab:
Das Logo des Unternehmens wurde auf den
Ärmeln verewigt, der Name in großen Lettern auf
der Brust. Der Kampf mit den Sendeanstalten war
indes noch nicht ausgefochten: Sie weigerten
sich, bei ausgestrahlten Spielen Trikots mit Spon-
sorenwerbung zuzulassen.

                                                                            Liverpool
                                                                        In England machte 1976 das kleine Kettering Town
                                                                        aus der Southern League mit Kettering Tyres als
                                                                        Sponsor den Anfang. Der erste Profiklub, der mit
                                                                        einem Trikotsponsor auflief, war drei Jahre später
                                                                        der FC Liverpool mit dem japanischen Elektrotechnik
                                                                                                             Elektrotechnik-
                                                                        konzern Hitachi. Fortan war die Welt der Trikots
                                                                        auch in Großbritannien nicht mehr dieselbe.
                                                                        Anfangs mussten die Klubs noch die Sponsoren-
                                                                        namen entfernen, wenn Spiele im Fernsehen über-
                                                                        tragen wurden, aber auch dieses Heiligtum wurde
                                                                        1983 auf dem Altar des schnöden Mammons
                                                                        geopfert. Damit war der Weg geebnet für all die
                                                                        Wettanbieter und Brauereien, deren Marken und
                                                                        Logos heute allenthalben zu sehen sind.
B r a n d i n g

         VfL Bochum
                                  Auswärts
Wir haben uns bereits mit dem langen und harten
Kampf zwischen Fußballverbänden und Sponsoren
um Markenwerbung in den 1960er Jahren beschäf beschäf-
tigt. Hier ist ein Beispiel, wie ein Sponsor und ein
Klub ziemlich schlau und versteckt die Regeln aus-
hebelten. Das Glücksspielunternehmen Faber wollte
ein auffälligeres Ensemble und benutzte das Regen-
bogensymbol, um einen solchen Effekt zu erzielen.
Dazu meldete man sich schlauerweise als Trikot-
hersteller und benutzte sein Logo in einer überdimen-
sionierten Variante als Bestandteil des Trikotdesigns.

                                                                           Slovan Bratislava
                                                                           Lassen Sie sich nicht blenden: Dies ist kein Fake,
                                                                           sondern ein von Slovan Bratislava im Europapokal
                                                                           getragenes und von adidas produziertes offizielles
                                                                           Trikot. Auf den ersten Blick scheint es von deren
                                                                           Konkurrenten Nike gesponsert zu sein. Doch weit
                                                                           gefehlt. Zwar ist der Schriftzug fast identisch mit
                                                                           demjenigen, den der Sportartikelhersteller in den
                                                                           1970er Jahren zu Zeiten des „Windrad-Logos“ ver ver-
                                                                           wendete, doch weist er außerdem einen Akzent
                                                                           auf, der im Namen des US-Konzerns nichts zu
                                                                           suchen hat. Ich weiß nicht, wer oder was dieser
                                                                           Sponsor war, aber der Effekt ist interessant.
B r a n d i n g

      FC Barcelona
Lange Zeit gönnte sich Barça den Luxus, mit gänz-
lich blanker Brust aufzulaufen, ehe man 2007 die
Idee des Sponsorings komplett auf den Kopf stellte.
Nicht nur warben sie auf ihren Trikots für die Unicef,
sie bezahlten das Kinderhilfswerk der Vereinten
Nationen für dieses Privileg auch noch! Seither hat
sich der Klub den Bedingungen des Marktes
gebeugt und bedient nun auch richtige Sponsoren,
den Schriftzug der Unicef tragen sie aber noch auf
dem Rücken, und auch die Spenden an die Orga-
nisation fließen weiterhin. In der Tat „mehr als ein
Klub“.

                                                                                  Brasilien
                                                                           Trikotsponsoring ist natürlich nicht nur auf Klubebene ein
                                                                           Thema. Zum Glück sind die nationalen Verbände bisher
                                                                           noch nicht eingeknickt, aber das ist wohl nur eine Frage
                                                                           der Zeit. Als ziemlich pfiffig erwiesen sich die Brasilianer,
                                                                           die bei der WM 1986 ein paar Spiele lang damit
                                                                           durchkamen, mit dem diskret neben dem Verbandswap-
                                                                           pen platzierten Logo des Sponsors Café De Brasil auf-
                                                                           zulaufen. Auf Replikas blieb es sogar bestehen, und die
                                                                           meisten schienen die kleine Ergänzung neben dem
                                                                           Coupe Jules Rimet, hier in der Vergrößerung zu sehen,
                                                                           gar nicht zu bemerken.
B r a n d i n g

       Leeds United
Ich konnte nicht verifizieren, ob dies wirklich ein
offizielles Trikot ist, aber es musste dabei sein, denn
es soll von einer Vorbereitungstour durch Italien stam-
                                                   stam
men und gehört einem wahren Leeds-Liebhaber. Das
semi-obskure und früher recht punkige Modelabel
Boy wird nirgends als Leeds-Sponsor geführt, nicht
mal für die Trikots der Jugendteams, wie dieses hier.
Es ist ein Mysterium, aber eins, dessen Resultat mir
gefällt. Was immer es damit auf sich hat, es rockt!
(Weiß vielleicht jemand mehr?)

                                                                                Blyth Spartans

                                                                            Dass sich Fußballtrikots, Humor sowie hehre Absich-
                                                                            ten durchaus vertragen können, zeigt dieses Exemp-
                                                                            lar, dass britischen Lesern in gewissem Alter bestimmt
                                                                            ein Lächeln entlocken und Erinnerungen an „Roger
                                                                            Mellie the Man on the Telly“ und all die anderen
                                                                            wecken wird. Falls Ihnen das nichts sagt, googeln
                                                                            Sie es und tun Sie sich etwas Gutes, indem sie ein
                                                                            paar Ausgaben des superben Comedy-Magazins
                                                                            Viz erstehen. Als Spartans-Fans sprangen dessen
                                                                            Gründer ein, als es dem Klub finanziell schlecht ging,
                                                                            und bewahrten ihn damit vor der Pleite.
B r a n d i n g

                                    NASL
Auf die Amis ist Verlass! In den 1970er Jahren näherten sie sich   als Logo oder in großen Lettern auf den Trikots präsentiert – hier zu
mit unverbrauchtem Blick dem Thema Fußball (bzw. „Soccer“, wie     sehen am Beispiel der Atlanta Chiefs, Tampa Bay Rowdies und
sie das nennen) und brachten mit der Gründung der NASL frischen    von New York Cosmos. Spitznamen waren obligatorisch, und tat      tat-
Wind in das schöne Spiel. Dazu gehörten ein neuer Look und         sächlich sieht es inzwischen so aus, als habe die „alte“ Fußballwelt
innovativer Ansatz bei der Gestaltung von Spielkleidung (bzw.      langsam Geschmack gefunden an der Idee. Gleichzeitig sehen
Uniformen, wie das in den Staaten heißt). Sich ein Beispiel am     die Trikots der aktuellen MLS wiederum eher traditionell und nach
Baseball nehmend, wurde das Team zur eigentlichen Marke und        „alter Welt“ aus. Komisch.
B r a n d i n g

              You Can’t Beat the Feeling!
Was bin ich für ein jämmerlicher Angeber. Beim Schreiben dieses     für uns Europäer) obskuren brasilianischen oder argentinischen
Buchs ist mir klar geworden, dass ich keineswegs der prinzipien-    Ausrüster wie Topper oder Penalty produziert wurden. Der Umstand,
treue radikale Linke bin, für den ich mich ausgebe (doch, bin ich   dass diese Trikots, oft in alternativen Farbkombinationen gearbeitet,
wohl!), sondern genau wie alle anderen auf das ganze Marken-        in der Regel schön anzuschauen sind und möglicherweise einst
gedöns des dekadenten Westens reinfalle. Zu meiner Verteidigung     von Ronaldo, Ronaldinho, Zico, Pelé oder Sócrates getragen
(hey, ich sammle diese Dinger schließlich) muss ich sagen, dass     wurden, bedeutet, dass ich einfach nicht wiederstehen kann. Zudem
ich sie nur mag, wenn sie nicht aus diesen glänzenden neumodi-      muss man dem Zeug lassen, dass das Logo schon echt kultig ist
schen Materialien bestehen und vorzugsweise von einem (zumindest    und die meisten Trikots sogar noch verschönert.

                                                                                                  São Paulo
                                                                                         Brasiliens zweitgrößte Stadt nutzt den Sponsor
                                                                                         hier auch auf dem Rücken. Trotzdem ein schö-
                                                                                                                                  schö
                                                                                         nes, schlichtes klassisches Design und tolle
                                                                                         Farben.

                Fluminense
         Irre Farbkombi bei diesem Teil. Fluminense ist
         der Rivale von Flamengo, dem anderen großen
         Klub aus Rio. Man schaue sich nur das gestickte
         Penalty-Logo an!
B r a n d i n g

                                                                          Palmeiras
                                                                 Nicht viele Klubs tragen Grün, und Wappen
                                                                 und Brandings passen hier einfach super zusam-
                                                                                                         zusam
                                                                 men. Bob Marley wurde häufig in diesem Trikot
                                                                 gesehen, wenn er mit Mick Jagger abhing –
                                                                 dann allerdings im Shirt ohne Coca-Cola-Logo.

           Grêmio
Ein Trikot dieser Mannschaft war an anderer
Stelle im Buch schon ohne Sponsor zu sehen.
Was für eine Farbkombi, dazu der Sponsor auf
einem aufgenähten Stoffpaneel! Großartig!
Fußballtrikots sind längst mehr als reine Funktionskleidung.
Sie schaffen Identität, sind Mode-Accessoire und gehören nicht erst seit
                 Oasis und den Toten Hosen zur Popkultur.
 Trikotsammler und -liebhaber Neal Heard hat mehr als 150 ausgewählte Ex-
emplare zusammengestellt und nimmt uns mit auf eine bunte Reise durch die
Welt der Fußballtrikots. Er erzählt wunderbare Geschichten zu skurillen Shirts,
 entdeckt die Verbindung zwischen Sport, Musik, Mode, Kommerz und Politik
und zeigt zahlreiche legendäre Fußballhemden aus mehr als fünf Jahrzehnten.

                            „Eine Hommage an
                        ungewöhnliche Fußballshirts“
                                Daily Mail

                                 ISBN 978-3-7307-0379-3
                                 VERL AG DIE WERKSTAT T
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