Rehabilitation im häuslichen Umfeld mit der Wii Fit - Eine empirische Studie
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Rehabilitation im häuslichen Umfeld mit der Wii Fit – Eine empiri- sche Studie Michael John, Benny Häusler, Mirco Frenzel, Stefan Klose, Thilo Ernst alle Fraunhofer Institut für Rechnerarchitektur und Softwaretechnik (FIRST), Berlin, Deutschland Jan Bücher, Beate Seewald, Jana Liebach, Mirco Wolschke, Beate Klinkmüller alle Reha-Zentrum Lübben - Fachklinik für Orthopädie und Onkologie, Lübben, Deutschland Kurzfassung Regelmäßiges Kraft-, Koordinations- und Konditionstraining hilft Bewegungs- und Funktionseinschränkungen zu min- dern oder gar zu vermeiden. Nach einer Erkrankung, insbesondere nach einer Rehabilitation, ist die Motivation sich ak- tiv zu bewegen noch besonders hoch, sie lässt aber nach kurzer Zeit stark nach. Um diese Patienten jedoch langfristig an gesundheitssportliche Aktivitäten zu binden und sie zur Durchführung ergänzender Heimtrainigsprogramme zu bewe- gen, müssen spezielle Motivationsstrategien für das häusliche Umfeld zum Einsatz kommen. Die folgende Studie unter- sucht, inwieweit der motivationelle Ansatz und die, in eine sensorbasierte Spieleumgebung eingebetteten Übungspro- gramme der Wii Fit ausreichen, um Patienten auch nach einer Rehabilitation für regelmäßige Übungseinheiten gewinnen zu können, die zu nachweisbaren Leistungssteigerungen führen. Abstract A significant number of studies show the positive effects clinical rehabilitation programs have on improving patients’ health. However, these studies also, often mention that these health benefits decrease if a post-therapeutic regimen is not integrated into a patients’ daily routine. A significant amount of anecdotal evidence suggests the applicability of the Wii sports centric games for rehabilitative purposes. Use of the Wii in a home environment seems to offer great poten- tial. In order to evaluate the concept of personal rehabilitation in the home environment the Fraunhofer Institute for Computer Architecture and Software Technology (Fraunhofer FIRST) and the Rehabilitation Center Lübben conducted a clinical study. This empirical study evaluates the effect of the virtual training exercises and feedback mechanisms of- fered by the Wii Fit sensor-controlled game environment on the motivation of the patients to execute exercizes by their own. 1 Einleitung Eine Vielzahl von Studien belegt den Erfolg durchgeführ- ter medizinischer Rehabilitationsleistungen, gleichzeitig wird aber auch dokumentiert, dass sich die erzielten positi- ven Effekte im Laufe der Zeit wieder verringern können. Die für einen langfristigen Rehabilitationserfolg oft not- wendigen Verhaltens- und Lebensstiländerungen sind Pro- zesse, die im Rahmen einer mehrwöchigen (i.d.R. 3 Wo- chen) Rehabilitationsleistung eingeleitet, aber oft noch nicht ausreichend verfestigt werden können [1]. Oftmals lässt gerade die Motivation nach einer abgeschlossenen © Nintendo Ltd. Rehabilitationsmaßnahme im Alltag stark nach, obwohl eine dauerhafte Übung weiterhin notwendig wäre. Es stellt sich also die Frage, wie die Motivation des Rehabilitanden während des Rehabilitationsprozesses gesteigert und in seinem Lebensalltag als regelmäßiges Bewegungstraining integriert werden kann. Als eine Möglichkeit der spielerischen Vermittlung von Bild 1 Trainingsgerät Balance Board, Wii Fit Spielekonso- Bewegung haben in jüngster Zeit sensorbasierte Spieleum- le und dazugehöriges Eingabegerät (Controller) gebungen an Aufmerksamkeit gewonnen [2]. Mit diesen neuartigen multimedialen, sensorbasierten Trainingsfor- Bisherige Studien zur Wii Fit beschäftigen sich vordring- men, wie z. B. der Wii des Spieleherstellers Nintendo, lich mit Aspekten der Gewichtsreduktion und des Kalori- scheint sich die Möglichkeit zu ergeben, Rehabilitations- enverbrauch. Es gibt Untersuchungen darüber, dass der maßnahmen unter kontrollierten Bedingungen in das häus- Energie- und Kalorienverbrauch bei aktivitätssfördernden liche Umfeld zu verlagern. Computerspielen wie der Wii Fit signifikant höher ist als
bei herkömmlichen Spieleumgebungen [3]. In einem Ver- onkologischer und orthopädischer Patienten annähernd such an der eigenen Person konnte während einer sechs- gleich verteilt waren. Der jeweilig betreuende Arzt sprach wöchigen Trainingszeit mit der Wii Sports eine signifikan- eine Empfehlung für die zusätzlichen Therapien aus und te Gewichtsreduktion beobachtet werden [4]. Zu ähnlichen ergänzte den jeweiligen Therapieplan um die zusätzlichen Ergebnissen kommt eine Studie, die den Kalorienver- Übungen. Jede Gruppe (Wii-Gruppe und Stepper-Gruppe) brauch anhand eines Vergleiches von herkömmlichen mit wurde in einer Gruppenveranstaltung von den begleitenden aktivierenden Spielen auf der Basis des System XaviX J- Therapeuten über die Studie aufgeklärt und in die Übun- Mat untersuchte [5]. gen und Trainingsgeräte eingeführt. Eine weitere Studie untersuchte die Anwendbarkeit der Die Teilnehmer der Gruppe A benutzten das konventionel- Wii zur Verbesserung der Feinmotorik bei Chirurgen. Der- le Trainingsgerät des Steppers (siehe Bild 2). zeit entsteht eine Studie, inwieweit die Wii geeignet ist, kognitive Fähigkeiten von Parkinson Patienten zu fördern [6]. Ebenso werden Controller und Spieleumgebung der- zeit an Patienten mit Verbrennungen zur Wiedergewin- nung der Feinmotorik erprobt [7]. Das American College of Sports Medicine (ACSM) und die American-Heart- Association (AHA) sprechen sich dafür aus, dass die Ba- lanceübungen mit dem Wii Balance Board geeignet sind, die Körperwahrnehmung zu trainieren und so die Sturzge- fahr bei Menschen über 60 Jahre mit zunehmenden Trai- ningseinheiten zu mindern [8]. Bei der Frage, ob das interaktive Training im häuslichen Umfeld geeignet ist, das konservative Fitness-Training zu ersetzen, gehen die Meinungen auseinander. Eine Studie Bild 2 Verwendung des Footsteppers in den Übungen des British Medical Journals besagt, dass zumindest das Beinstrecker (links) und Ausfallschritt (rechts) Wii-Tennis kein Sport-Ersatz für das reale Tennisspiel ist [9]. Weitere aussagekräftige Studien zu der Wirksamkeit Die Teilnehmer der Gruppe B nutzen die multimediale der neuen interaktiven Spielegenerationen z.B. der Wii Fit Spieleumgebung der Wii Fit (siehe Bild 1) mit den ent- als neues Trainingsformat, fehlen noch. sprechenden Hilfsmitteln Balance Board, der Wii Konsole, Die durchgeführte Studie trägt den fehlenden Nachweisen Wii Fit Muskelaufbau Programm und TV Gerät. zur Wirksamkeit von neuen interaktiven und multimedia- Die Übungen zur Stärkung der Muskulatur führte der Pati- len Trainingsformaten Rechnung. Anhand von empiri- ent mit Hilfe des Footsteppers oder der Wii Fit in seinem schen Daten wird der Frage nachgegangen, inwieweit die Zimmer selbstständig zu einem festen Termin mit vorge- technischen und motivationellen Funktionen der Wii aus- gebener Übungsdauer aus. Zusätzlich zu der Einführung in reichend sind, um eine effiziente und valide Nachversor- der Gruppenveranstaltung wurde jeder Patient individuell gung von Rehabilitationsmaßnahmen im häuslichen Um- von dem Übungsleiter auf seinem Zimmer, in dem er die feld zu gewährleisten. Es wurde analysiert, ob die Bereit- Übungen absolvieren sollte, in die Handhabung des jewei- schaft Muskelkräftigungsübungen im häuslichen Umfeld ligen Trainingsgerätes und die auszuführenden Übungen durch das motivationale Umfeld einer Spieleumgebung mit (1. Beinstrecker, 2. Taillendreher, 3. Ausfallschritt) zur Echtzeitvisualisierung der Übungen gesteigert werden Muskelkräftigung eingewiesen. Die Teilnehmer führten in kann. Dies wurde anhand eines Vergleiches der Möglich- der Regel ihre Übungen zweimal täglich jeweils morgens keiten zur Bewegungserfassung und zum multimedialen und abends innerhalb einer halben Stunde durch. Feedback der Wii mit dem konventionellen Trainingsgerät Um sicherzustellen, dass die Bewegungen auch nach den des Steppers dargestellt. ersten Tagen noch korrekt ausgeführt werden, wurden alle Patienten nach 3-5 Tagen bei einer Übungsausführung von dem Übungsleiter beobachtet und gegebenenfalls in der 2 Durchführung der Studie Bewegungsdurchführung korrigiert. Bei technischen Fra- Für die Untersuchung wurden 20 Rehabilitanden ausge- gen oder erwünschter Hilfestellung konnten sich die Teil- wählt. Alle Probanden waren rehabilitationsfähig und so- nehmer auch zwischendurch an die Übungsleiter bzw. das mit in der Lage an aktivierenden Therapien teilzunehmen. technische Personal des Reha-Zentrums Lübben wenden. Die Teilnehmer beider Gruppen sollten während ihres Re- Die folgenden Materialien wurden dem Teilnehmer an die habilitationsaufenthaltes von 3 Wochen in ihrem Zimmer Hand gegeben: in Ergänzung zu ihrem medizinisch verordneten Therapie- plan täglich, vergleichbare Übungen zum Muskelaufbau • Patientenaufklärungsbogen mit Beschreibung des absolvieren. Studieninhaltes sowie der Beschreibung und Illu- Die Übungsleiter verteilten die Patienten nach dem Zu- stration der verwendeten Geräte fallsprinzip auf beide Gruppen, wobei darauf geachtet wurde, dass der Altersdurchschnitt sowie auch der Anteil
• Beschreibung der 3 Muskelkräftigungsübungen in wie auch der Stepper-Gruppe lagen nach den Muskel- Text und Bild (nur für Teilnehmer der Stepper- kraftmessungen mit dem Biodex-Gerät bei einem nahezu Gruppe) gleichen Ausgangsniveau von 585,2 Watt (Wii-Gruppe) • Eigenkontrollbogen zur Dokumentation der An- und 570,6 Watt (Stepper-Gruppe). Es sei aber angemerkt, zahl durchgeführter Übungen dass sich in der Wii-Gruppe drei Patienten mit postopera- • Einverständniserklärung zur Erhebung und Aus- tivem Zustand befanden. In der Gruppe Foostepper waren wertung der personenrelevanten Daten im Rah- keine Probanden mit relaventen zeitnah zurückliegenden men der Studie Operationen. Nach der ersten Trainingswoche wurden alle Patienten Wii-Gruppe Stepper- (sowohl Teilnehmer der Wii- wie auch Stepper-Gruppe) zu (10 Teilneh- Gruppe (10 dem Thema „Inbetriebnahme und Handhabung der Trai- mer) Teilnehmer) ningsgeräte“ ausführlich befragt. In einem abschließenden Anteil Männer 2 Männer 4 Männer persönlichen Interview wurden den Studienteilnehmern Anteil Frauen 8 Frauen 6 Frauen Fragen zu den Themen Motivation während der Übungen“, Onkologische Erkran- 6 5 „Zufriedenheit mit den Trainingsgeräten“, „Trainingsfort- kung schritt und Erfolg“gestellt. davon postoperativ 1 0 Bei jedem Patienten wurde mit Hilfe eines Biodex-Gerätes Orthopädische Erkran- 4 5 die vorhandene Muskelkraft der Beinmuskulatur vor Be- kung ginn und nach Ende des gesamten Übungsverlaufes von 3 davon postoperativ 2 0 Wochen gemessen. Durchschnittsalter 44,9 Jahre 45,5 Jahre Die einzelnen Aktivitäten während der Studiendurchfüh- Werte Pretest Biodex in rung wurden mit Hilfe von Videomitschnitten, separaten Watt Bild- und Tonaufnahmen sowie handschriftlichen Notizen Extension 60°/s links 585,2 Watt 570,6 Watt dokumentiert. Für die Auswertung wurden ebenfalls die Extension 60°/s rechts 604,4 Watt 603,7 Watt gespeicherten Daten aus der Wii Fit sowie die Biodex- Flexion 60°/s links 429,2 Watt 408,1 Watt Daten berücksichtigt. Flexion 60°/s rechts 459,5 Watt 467,6 Watt Aktivierende Begleitthe- 3 Datenerhebung und -auswertung rapien Für die Erhebung und Auswertung der Daten wurde eine Geringer Muskelkraft- 86 86 Kombination aus quantitativen und qualitativen Ansätzen aufwand gewählt. Quantitative Ansätze sind in der empirischen For- Mittlerer Muskelkraft- 196 162 schung weit verbreitet und akzeptiert. Sie dienen dem aufwand Nachweis statistischer Signifikanz hinsichtlich zentraler Hoher Muskelkraftauf- 49 63 Forschungsfragen. Qualitative Ansätze werden in letzter wand Zeit in der medizinischen Soziologie und der Sozialmedi- Summe insgesamt 331 311 zin vermehrt angewendet [10][11]. Sie kommen überall dort zum Einsatz, wo Kommunikations- und Interaktions- Tabelle 1 Verteilung vergleichbarer Kriterien Wii-Gruppe strukturen im Gesundheitswesen analysiert werden [12]. und Stepper-Gruppe Auch für die Evaluation von graphischen Benutzerschnitt- stellen haben sich seit den 90er Jahren qualitative Ansätze Folgende Kriterien müssen daher bei der Auswertung der wie z.B. die entwicklungsbegleitende Evaluation von gra- Biodex-Daten relativierend in die Diskussion einbezogen phischen Anwendungen in Fokus-Gruppen bewährt [13]. werden: In letzter Zeit werden qualitative Ansätze vermehrt zur • Der Anteil der Männer in der Wii-Gruppe betrug Analyse von Kommunikationsbeziehungen im Software nur die Hälfte im Vergleich zu der Stepper Grup- Entwicklungsprozess herangezogen [14]. Die Kombination pe von qualitativen und quantitativen Ansätzen ermöglicht • Der Anteil der Begleittherapien, die einen hohen eine umfassende Betrachtung des Untersuchungsgegen- Muskelaufwand, insbesondere die der Beinmus- standes [15]. kulatur erforderten, waren in der Stepper-Gruppe Die Ausgangssituation aussagekräftiger und beeinflussen- um 22% höher der Kriterien war in beiden Gruppen in etwa vergleichbar • In der Stepper-Gruppe waren keine Probanden (vgl. Tabelle 1). Der Anteil an onkologischen Patienten mit postoperativen Zuständen. In der Wii-Gruppe und der orthopädischen Patienten war annähernd gleich wirkten drei Probanden mit postoperativen Zu- verteilt. Auch die Abweichung bezogen auf den Alters- ständen mit durchschnitt lag unter 0,7 Jahren. Es gab keine signifikan- Diese Unterschiede in den Vergleichsgruppen könnten ten Unterschiede in der Betrachtung der Ausgangswerte Einfluss auf die Leistungssteigerung haben. der Biodexmessungen. Sowohl die Teilnehmer der Wii-
3.1 Erhebung qualitativer Aussagen zur aufsummiert. Die Anzahl der Trainingstage pro Patient Akzeptanz, Motivation und Zufrie- wurde ebenfalls erfasst und aufsummiert. Hierbei wurde berücksichtigt, dass zwei Patienten jeweils an einem Tag denheit mit den Trainingsformen ausgefallen sind. Die Summe über die einzelnen Kategori- Für die Erhebung der Akzeptanz, Motivation und Zufrie- en des Wii-Fit-Programms (Yoga, Muskelübungen, Aero- denheit im Umgang mit den jeweiligen Trainingsgeräten bic und Balance-Spiele), sowie eine Aufschlüsselung in und Übungsformen, fanden zwei Interviews statt, die zeit- die Einzelübungen wurde grafisch dargestellt. Um einen lich genau eine Woche auseinanderlagen. Den Teilneh- relativeren Überblick zu erzeugen, wurde die Anzahl an mern der Stepper-Gruppe wurden nach einem vorab ent- Pflicht-Kraftübungen des Therapieplans der Patienten ab- wickelten Interviewleitfaden 14 Fragen gestellt, den Teil- gezogen (vgl. Bild 5). nehmern der Wii-Gruppe 33 Fragen. Ergänzend wurden Die zwei Patientengruppen wurden über den Verlauf der von den Teilnehmern beider Gruppen Angaben über die Studie dazu angehalten täglich Eigenprotokolle über die Person und die Vorerfahrungen im Umgang mit Compu- erbrachten Leistungen in den drei Pflichtübungen zu füh- tern und Computerspielen erfragt. ren (Anzahl der Wiederholungen links / rechts). Zur Aus- Die jeweiligen Fragen wurden durch den Interviewer zu- wertung wurden die Anzahlen der Wiederholungen pro erst offen gestellt, um eine Gesprächssituation herbeizu- Gruppenteilnehmer für jede Gruppe (Stepper / Wii) über führen. Je nach Situation wurde den Teilnehmern vertie- die Trainingstage in einer Tabelle aufsummiert und in gra- fende Fragen gestellt, um weitere Zusammenhänge zu er- phische Form gebracht (vgl. Bild 4). Der Vergleich be- fahren, die für die Bewertung der Aussagen wichtig sein schränkt sich auf einen Zeitraum von den ersten fünfzehn könnten. Zum Schluss fragte der Interviewer die Teilneh- Trainingstagen, da für einige Patienten der Aufenthalt in mer explizit nach einem Eintrag auf einer 4-stufigen Skala, der Reha-Klinik beendet war und die Daten ab diesem z.B. „sehr leicht“, „leicht“, „weniger leicht“, „schwer“ Zeitpunkt nicht mehr vergleichbar sind. Zur Kontrolle der oder „sofort“, „nach kurzer Zeit“, „nach längerer Zeit“, Signifikanz der Daten wurden aus beiden Datensätzen „gar nicht“. Die Werte der Skala waren dabei auf den Kon- (Stepper und Wii) die stärksten Teilnehmer (mit der höch- text der Frage abgestimmt. sten Summe an Wiederholungen aller Übungen) entfernt. Für die Auswertung wurden die mittels Diktiergerät aufge- Da sich im Kurvenverlauf allerdings kein signifikanter Un- nommen zentralen Aussagen der Teilnehmer ausschnitts- terschied ergab, werden im weiteren die Eigenprotokolle weise transkribiert. Dabei wurde versucht, sich möglichst aller Teilnehmer verwendet. Der leichte Einbruch am Tag nah an der gesprochenen Sprache zu orientieren, um die 10 rührt daher, dass ein Teilnehmer an diesem Tag ausge- individuellen Hervorhebungen und Relativierungen die die fallen ist. Teilnehmer im Gespräch trafen wiedergeben zu können. Die getätigten Aussagen wurden in zwei große Tabellen 3.3 Erhebung physiologischer Parameter (Wii-Gruppe 45 Seiten; Stepper-Gruppe 36 Seiten) über- nommen und nach dem Prinzip des gegenseitigen Reviews mit dem Biodex-System (Peer-Review) hinsichtlich der Korrektheit der Transkrip- Die Biodex-Daten wurden gemäß einer Standardprozedur tionen überprüft und ggfs. ergänzt. Danach erfolgte eine unter Anleitung des medizinischen Fachpersonals erhoben, Auswertung je Frage. Die quantitativen Einträge auf den um möglichst quantifizierbare Aussagen über die physio- Skalen wurden aufgerechnet und die qualitativen Äuße- logische Effizienz bzw. den Trainingsfortschritt der ge- rungen, die zu den jeweiligen Bewertungen geführt hatten, wählten Trainingsarten treffen zu können. Der Testablauf nach vorab identifizierten Aspekten gruppiert und interpre- bei den Messungen wurde standardisiert und vorab persön- tiert. Abschließend wurden die vorliegenden Daten in lich mit den Studienteilnehmern besprochen. Alle Störfak- Fließtext verschriftlicht. toren, die die Resultate der Messungen beeinflussen konn- ten, wurden soweit wie möglich ausgeschlossen. 3.2 Erhebung quantitativer Daten zur Pro Proband wurden zwei identische Testsitzungen im Abstand von genau 19 Tagen unter möglichst gleichen Kontrolle der genutzten Trainings- Trainingsvoraussetzungen durchgeführt. Der Test richtete formen sich primär nach dem standardisierten, isokinetischen Die Eigenkontrollbögen der Patienten über die Anzahl der Knie-Kurzprotokoll. [16] Nach einem 10-minütigen leich- ausgeführten Übungen sowie die in der Wii gespeicherten ten Aufwärmen auf dem Ergometer, erfolgt das Einstellen Daten über die zeitliche Verweildauer bei den Übungen des Gerätes auf die Körpermaße des Patienten. Der Patient dienten dazu, den Trainingsfortschritt zahlenmäßig verfol- setzt sich bei eingestellter Rückenlehne (85° von der Hori- gen zu können. zontalen abweichend) auf den Sitz. Er wird aufgefordert, Nach Beendigung der Therapieaufenthalte wurden die Da- mit dem Gesäß und dem Rücken ganz nach hinten zu rut- ten aus den Wii-Konsolen der Teilnehmer ausgelesen und schen. (vgl. Bild 3) Die Sitzflächenlänge (Sitzeinstellung) zur weiteren Verarbeitung in Form von Excel-Tabellen di- wird so eingestellt, dass zwischen Kniekehle und Vorder- gitalisiert. Es wurde die Anzahl der Ausführungen der ein- kante der Sitzfläche gerade noch Zeige- und Mittelfinger zelnen Übungen/Spiele des Wii-Fit-Programms pro Teil- des Testers Platz hat. Das Dynamometer wird auf seiner nehmer in eine Tabelle zusammengefasst. Anschließend Schiene und in seiner Höhe so eingestellt, dass die Dreh- wurden die einzelnen Übungen/Spiele über die Teilnehmer achse auf der Beuge- und Streckachse des Kniegelenks
liegt. Die Befestigung des Knieadapters wird wie folgt 4 Studienergebnisse durchgeführt: die Unterkante des Adapters wird eine Dau- menbreite oberhalb der Malleolen fixiert. Sitzt der Patient Im folgenden wird eine Auswahl an Ergebnissen aus der in einer für sich bequemen Ausgangsposition, wird das Studie vorgestellt. Die Ergebnisse beschreiben die Akzep- Bewegungsausmaß bestimmt, welches in einer Amplitude tanz der Trainingsgeräte, die Zufriedenheit mit den ge- von 90° Beugung bis 20° Streckung eingestellt wird. Der wählten Übungsformen sowie die subjektiv empfundenen Patient beginnt mit einem Gewöhnungsprogramm (15 und objektiv gemessenen Effekte des jeweiligen Trainings, sek.), um einen Lerneffekt von Test 1 zum Test 2 zu ver- das von den Teilnehmern über den Zeitraum der Studie meiden. Im Test 1 wird mit einer Bewegungsgeschwindig- absolviert wurde. Es lassen sich drei größere Themenkom- keit von 60° pro Sekunde und im Test 2 in einer Bewe- plexe beschreiben. gungsgeschwindigkeit von 180° pro Sekunde gearbeitet. Die Wiederholungszahl wird mit 5 Wiederholungen im 4. 1 Interaktive multimediale Trainings- Test 1 und 10 Wiederholungen im Test 2 festgelegt. Die formen werden angenommen Pausenzeit beträgt zwischen Test 1 und Test 2 eine Minu- Wie gut bzw. schlecht die Studienteilnehmer mit dem te. Nach Durchführung der Testreihe auf dem rechten Bein Trainingsgerät zu Recht kamen, wurde sowohl für die wechselten wir auf die andere Seite um auch hier ein Teilnehmer der Wii- wie auch Stepper-Gruppe anhand von Rechts/Linksvergleich zu haben. vier Fragen ermittelt. Zuerst wurden im Gespräch die Zu- gänglichkeit des Steppers sowie die angebotene Trainings- form bewertet. Die Teilnehmer wurden nach der allgemei- nen Handhabung des Steppers und nach der Verständlich- keit der Stepper-Übungsanleitung gefragt. 5 Teilnehmer der Stepper-Gruppe empfanden den Umgang mit dem Steppbrett „sehr leicht“ und die verbleibenden 5 urteilten hierüber „leicht“. Der Stepper wurde von den Teilnehmern problemlos angenommen, nur 2 Personen be- richteten über anfängliche Schwierigkeiten. Diese waren dem Koordinationsaufwand der ersten Übung (Beinstrec- ker) geschuldet. Auch die Aufgabenstellung und die Verwendung des Step- pers aus den bereitgelegten Materialien waren ohne weite- res verständlich. Die jeweils sowohl textuell wie auch bild- lich beschriebenen Übungen wurden größtenteils problem- los verstanden. „Sofort“ verstehen konnten die Instruktio- Bild 3 Aufbau des Biodex-Gerätes für die Messung der nen 9 Teilnehmer, lediglich einer schränkte auf „nach kur- Muskelkraft (Extension und Flexion) zer Zeit“ ein. Laut eigener Aussage der Gruppenmitglieder Folgende Daten wurden erhoben: Messung Extension waren dennoch im Zuge der Zwischenkontrolle durch die 60°/sec in Watt, links und rechts Messung Flexion 60°/sec Therapeuten Korrekturen an der Ausführung nötig. in Joule, links und rechts Messung maximales Drehmo- Im Umgang mit der Wii Fit gibt es durch das Gerät be- ment in Nm, links und rechts. Die Messreihen ergaben für dingte Unterschiede in der Handhabung. Die Einschätzung alle Probanden eine signifikante Verbesserung der Mus- der Handhabbarkeit der technischen Zusatzgeräte wie die kelkraft. Wii Konsole, das Balance Board und der Wii Controller Die Vergleichbarkeit der Trainingsgeräte wurde gesondert wurden in separaten Fragen bewertet. untersucht, da der Footstepper eine Höhendifferenz zum Den meisten Teilnehmern war der Umgang mit dem Gerät Wii Balance Board um 4 cm aufweist. Hier lag die Vermu- vollkommen neu, lediglich ein Teilnehmer hatte im Vor- tung nahe, dass die Übungen auf dem Stepper aufgrund feld die Wii Konsole bereits benutzt. Von den 10 Teilneh- des längeren Weges einen höheren Kraftaufwand erfordern mern hatten 5 im Vorfeld Erfahrungen mit Computerspie- würden. Hinsichtlich der Vergleichbarkeit der Biodexdaten len gemacht. 2 Teilnehmer kannten Computerspiele nur für die Wii- und die Stepper-Gruppe wurde ein Test durch ihre Kinder und durch PC-Spiele. 1 Teilnehmer hatte durchgeführt, der die unterschiedlichen Druckbelastungen beim Ausführen der Übungen auf den unterschiedlichen stellt. Der gemessene Unterschied in der Druckbelastung Trainingsgeräten in Relation zueinander setzt.1 (1 kg) ist als gering einzustufen. Der prozentuale Unter- schied bei der Testperson beträgt 2 % beim vorderen und 1 Es wurde eine Übung durch den Trainer durchgeführt, 4 % beim hinteren Bein. Dennoch kann trotz der geringen der die Kraftentwicklung während eines Ausfallschrittes Unterschiede aufgrund der hohen Anzahl an Wiederho- mit zwei digitalisierten Waagen (vorderer und hinterer lungen und der langen Dauer der Studie nicht vollends Fuß), Bandmaß, Wii Board, Stepper, Höhenausgleich und ausgeschlossen werden, dass die unterschiedliche Höhe Winkelmesser erhob. Dabei wurde das Wii Board bzw. von Balance Board und Footstepper eventuell zu einem der Stepper auf eine digitalisierte Waage (Höhe 5 cm) ge- erhöhten Muskelaufbau bei der Stepper-Gruppe führt.
bereits mit der Xbox Erfahrungen gesammelt. Weitere 5 vation an. In einem Fall motivierte die Trainingsform des Teilnehmer hatten noch nie mit einem Computer gearbei- Steppers sehr, weil sie mit dem Therapieziel „Muskelauf- tet. 4 von den teilweise älteren und den Umgang mit Com- bau“ zusammenfiel. Ein Teilnehmer war motiviert, weil putern nicht gewöhnten Teilnehmern gaben an, dass sie sich unter den Teilnehmern eine kleine Gruppe gebildet Hilfe bei den anfänglichen Einstellungen der Wii benötig- hatte und durch die Vergleichsmöglichkeit mit anderen ten, beurteilten die Inbetriebnahme in der Gesamtheit ins- sein Ehrgeiz gesteigert wurde. Ein anderer Teilnehmer sah gesamt und abschließend aber dennoch als „leicht“ und es als problematisch, dass man sich selber motivieren müs- konnten meist nach dem ersten Tag (und ggf. mit der Un- se. terstützung durch das Begleitpersonal der Studie) selbstän- Auf die Frage, ob die Teilnehmer aus der Stepper-Gruppe dig mit dem Gerät umgehen. Für „sehr leicht“ befanden 5 noch weitere Übungen mit dem Stepper absolviert hätten, der 10 Befragten die selbstständige Inbetriebnahme der gaben 7 Teilnehmer an, keine weiteren Übungen mit dem Wii. Ein Teilnehmer machte hierzu keine Angabe, er be- Stepper gemacht zu haben. Allerdings muß einschränkend richtete aber ebenfalls von einer anfänglichen Lernphase. gesagt werden, dass die Steppergruppe keine über die drei Die anfänglichen Probleme sind offensichtlich an die Pflichtübungen hinausgehenden Übungsanleitungen besaß. Handhabung des Controllers gekoppelt. „Problemlos“ 3 Teilnehmer erhöhten nach eigenen Angaben ihre konnten 4 Teilnehmer navigieren, die 6 verbliebenen be- Übungsanzahl. richteten von einem „geringem Lernaufwand“. Dieser Bei der Wii-Gruppe ergibt sich ein anderes Bild. Die Teil- Lernaufwand bestand im Wesentlichen daraus, die Abhän- nehmer dieser Gruppe führten insgesamt mehr Übungen gigkeit des Controllers vom sog. „Sensor Bar“ (eine Infra- aus, da es ihnen freistand, neben den vorgeschriebenen rotquelle die die Bewegung des Controllers erkennt) zu Übungen die Wii Fit nach eigenem Ermessen zu nutzen. verstehen. Wurde diese Abhängigkeit einmal erkannt, rea- Wiederholungsanzahlen 800 gierten die Teilnehmer schnell darauf, wenn der handför- 700 mige Zeiger (Mouse) aus dem Bild veschwand. 6 Teil- 600 nehmer waren der Meinung, dass das Hauptmenü „über- 500 sichtlich“ gestaltet sei, 4 stuften es als „sehr übersichtlich“ 400 ein. Positiv hervorgehoben wurden hier u.a. die großen und 300 übersichtlich angeordneten Schriftfelder, aus denen deut- 200 lich zu ersehen sei, wo man auf dem Bildschirm hinklicken 100 müsse. 0 Trainingstage Auch die multimedialen, interaktiven Anleitungen zur 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 Verwendung des Balanceboards waren offenbar leicht zu Beinstrecker ( Stepper ) Beinstrecker ( Wii ) verstehen. Die überwältigende Mehrheit der Teilnehmer (9 Taillendreher ( Stepper ) Taillendreher ( Wii ) von 10) konnte die Anleitung auf dem Bildschirm „sofort“ Ausfallschritt ( Stepper ) Ausfallschritt ( Wii ) verstehen, eine Teilnehmerin „nach kurzer Zeit“. Anhand Bild 4 Summe der Wiederholungsanzahlen der einzelnen der Resonanz der Teilnehmer wird offensichtlich, dass die Übungen pro Tag im Vergleich Wii-Gruppe / Stepper- ausgiebigen Dialoge zur technischen Handhabung des Ba- Gruppe lance Boards von Vorteil sind; man bekomme permanent gesagt, was man zu tun habe. Ein nicht unerheblicher Anhaltspunkt für die Akzeptanz des Trainingsgerätes ist die freiwillige Beschäftigung da- 4. 2 Die Motivation zur Leistungssteige- mit, nachdem das Pflichtprogramm absolviert war. Die rung ist bei den Nutzern der Wii Fit Spanne der Antworten hierzu reichte von „mal reinge- guckt“ bis zum fast vollständigen Freischalten aller Übun- größer gen im Muskelaufbau-Programm. 4 Teilnehmer schilder- In einem zweiten Fragenkomplex wurde nach der Motiva- ten ihren Spaß am Ausprobieren neuer Übungen und Spie- tion der Teilnehmer beider Gruppen im Hinblick auf die le. 2 Teilnehmer davon bezogen den Spaß u.a. auch auf die angebotene Trainingsform gefragt. Es wurde u.a. danach gemeinsam mit Familienangehörigen durchgeführten Ba- gefragt, inwieweit die Teilnehmer motiviert seien, die lancespiele. Für Teilnehmer, die die Übungen nicht sofort Übungen regelmäßig durchzuführen und ob über die vor- ausprobierten, waren teilweise gesundheitsbedingte Ein- gegebenen Übungen hinaus noch zusätzliche Übungen schränkungen oder mangelnde Zeit der Grund. ausgeführt wurden. Ebenso wurde erfragt, ob die multime- dialen Feedbackmechanismen der Wii durch die Teilneh- mer der Wii-Gruppe angenommen wurden und motivati- onssteigernd wirkten. Im Vergleich von Stepper-Gruppe zu Wii-Gruppe stellt sich folgendes Bild dar. Demnach waren 4 Teilnehmer aus der Stepper-Gruppe nach ihren Angaben „sehr motiviert“, drei waren „motiviert“ und weitere drei waren „weniger motiviert“. 4 Teilnehmer aus der Stepper-Gruppe führten u.a. die Teilnahme an der Studie als Grund für ihre Moti-
zugenommen habe. Eine Frau fand den Kurvenverlauf des 133 BMI „nicht so gut“, nannte jedoch keinen Grund dafür. Eine Patientin, die kein Augenmerk auf ihr Gewicht legte, 1026 fand den Kurvenverlauf eher uninteressant. Drei Patientin- 878 nen von den insgesamt 8 Frauen in der Wii-Gruppe trafen keine Aussage über den Kurvenverlauf. 203 Des Weiteren verschafft die Speicherung der Anzahl gelei- 388 steter Übungen ein Gefühl des Überblickes und der Kon- trolle. 7 Teilnehmer hat es motiviert zu sehen, was sie im Trainingsverlauf über einen längeren Zeitraum schon an Muskel‐Übungen ( Pflicht ) Muskel‐Übungen ( Zusätzlich ) Übungen geleistet hatten. Man bekomme seine Leistung in Aerobic Balance Spiele einer einfachen und verständlichen Darstellung visualisiert Yoga und könne sofort seine eigene Steigerung bzw. Einbrüche sehen. 5 Teilnehmer erwähnten positiv, dass die Speiche- Bild 5 Summe der Anzahl ausgeführter Übungen aller rung der Übungen sie daran erinnere, welche Übungen sie Teilnehmer (nach Kategorie) zuletzt ausgeführt hatten (Favoriten-Funktion). Ein sensibles Thema stellt grundsätzlich der Umgang mit Darüberhinaus wurden die Teilnehmer der Wii-Gruppe ge- persönlichen Daten dar. Die Mitglieder der Wii-Gruppe fragt, inwieweit die multimedialen Feedbackmechanismen wurden daher nach ihrer Meinung befragt, ob die Speiche- motivationssteigernd wirken. Die Bewertung erfolgt hier- rung der Trainingsdaten gewünscht sei oder ob dem evtl. bei in Form von Sternchen („Schweinchen-Fit“-Punkten) Vorbehalte gegenüber dem Datenschutz widersprächen. für eine gute Ausführung der Übungen und für die absol- 7 der befragten Teilnehmer hatten bezüglich Datenschutz vierte Trainingszeit auf dem Balance Board. Eine gute keine Bedenken oder akzeptierten diese Form der Daten- Ausführung der Übung bedeutet, dass der Proband über speicherung einfach. Ein Teilnehmer war sich unsicher, den Zeitraum der Übung ein entsprechendes Ziel erreicht, was mit den Daten eigentlich geschehe und merkte an, wie beispielsweise einen bestimmten Kraftaufwand (Bal- dass man diese ja löschen könne. Von den verbleibenden 2 ken) auf das Balance Board auszuüben bzw. die Balance Teilnehmern existiert hierzu keine Äußerung. innerhalb eines bestimmten Bereiches (Kreis) zu halten. Um auch eine Aussage zur Nachhaltigkeit und über die 6 Teilnehmer hat die Bewertung in Form von Sternchen Fortführung der Trainingsform im häuslichen Umfeld tref- („Schweinchen-Fit“-Punkte) „sehr angesprochen“, weitere fen zu können, wurde nach der Zufriedenheit der Teilneh- 3 hat sie nach ihrer Einschätzung „angesprochen“. Einen mer mit der gewählten Trainingsform gefragt und ob sie Teilnehmer hat dies eher „weniger“ angesprochen. Die sich vorstellen könnten, das genutzte Trainingsgerät auch Bewertung gibt offenbar einen Anreiz die Übung zu wie- im häuslichen Umfeld einzusetzen. derholen und sie besser als zuvor auszuführen. Namenszu- Teilnehmer aus der Stepper-Gruppe führten als Gründe für sätze wie „Amateur“, „Sonntagsathlet“, „Tänzer“, „Mus- ihr Urteil häufiger die Zweckmäßigkeit und den persönli- kelprotz“ lockern die Bewertung auf und schwächen chen Nutzen der Trainingsform an während Teilnehmer gleichzeitig die Bedeutung der zahlenmäßigen Bewertung aus der Wii-Gruppe ihre Aussagen, warum ihnen die ab. Die Bewertung in Form von „Schweinchen-Fit“-Zeit, Übungen gefallen hätten eher an die Interaktionsformen half nach Aussagen der Teilnehmer sich ein Tagesziel zu und die Bewertung der Spieleumgebung also an motivatio- setzen (beispielsweise mind. 30 Minuten am Tag), und gab nale Aspekte rückkoppelten. Die Bewertung, ob den Teil- einen Überblick darüber, wie viel man schon am Tag ge- nehmern die Übungen gefallen hätten, fiel bei den Teil- leistet hat bzw. noch leisten muss, um sein selbst festgeleg- nehmern aus der Stepper-Gruppe im Durchschnitt weniger tes Pensum zu absolvieren. positiv aus. 8 Teilnehmer gaben an, dass ihnen die Übun- Da die Wii Fit nach jeweils 10 Minuten Gesamttrainings- gen „gefallen“ hätten, ein Teilnehmer wertete die Übungen zeit eine weitere Übung frei schaltet, wurde auch danach mit „weniger gefallen“ und ein weiterer Teilnehmer diffe- gefragt, ob die Teilnehmer jene frei geschalteten Übungen renzierte, dass ihm die Übungen gefallen,,hingegen das sofort ausprobiert hätten. 7 Teilnehmer gaben an, die Trainingsgerät Stepper „weniger gefallen“ hätte. Dabei fiel Übungen „sofort“ ausprobiert zu haben, 2 Teilnehmer ver- insgesamt auf, dass die Teilnehmer aus der Stepper- neinten diese Frage. Ein Teilnehmer äußerte sich nicht Gruppe häufig zuerst Worte wie „Ist OK“ oder „Es ging“ eindeutig. Gründe warum eine Übung nicht gleich auspro- benutzten und weniger Gründe genannt wurden, warum biert wurde, waren Zeitmangel aufgrund des ausgefüllten die Übungen gefallen bzw. weniger gefallen hätten. Hier Therapieplanes oder anfängliche Unsicherheiten bezüglich könnte man darauf schließen, dass die Teilnehmer der der Durchführbarkeit aufgrund körperlicher Einschränkun- Stepper-Gruppe die Übungen eher aus dem Grund akzep- gen. tierten, weil man sie im Rahmen der Studie als gegeben Der durch die Wii visualisierte Kurvenverlauf des BMI hinnehmen musste. Bei der Wii-Gruppe haben 6 Teilneh- (Body Mass Index) wird vorwiegend positiv aufgenom- mern die Übungen „gefallen“ und 4 Teilnehmern sogar men. Insbesondere drei Frauen betonten, dass man anhand „sehr gefallen“. des Kurvenverlaufes gut erkennen könne, ob man ab oder
Auch bei der Eigeneinschätzung, ob sich bei den Teilneh- Gruppe keine zeitnah relevanten Operationen die Lei- mern nach der Ausführung der Übungen ein Wohlgefühl stungsfähigkeit beeinflussten. Hier ist davon auszugehen, und Zufriedenheit eingestellt hätte, äußerten sich Teilneh- dass die postoperativen Einschränkungen der Belastbarkeit mer aus der Wii-Gruppe durchweg positiver: 8 Teilnehmer gegenüber Patienten ohne postoperativen Zustand nach gaben an, das die Übungen ihnen Spaß gemacht hätten Operation deutlich erhöht sind. Die Wii-Gruppe hatte im und sie körperlich animierten. 2 Teilnehmer wollten sich Ergebnis nach der statistischen Auswertung der Therapie- nicht festlegen, hoben aber die positiven Trainingseffekte pläne auf Grund der geringeren Belastbarkeit weniger The- wie z. B. das stabilere Gleichgewicht und die strafferen rapien, bei denen eine hohe Muskelkraft erforderlich war. Muskeln hervor, die sie auf das Training mit der Wii zu- (vgl. Tabelle 1) rückführten. Bei geschlechtsspezifischer Betrachtung fällt auf, dass sich Bei den Teilnehmern aus der Stepper-Gruppe gaben 5 die Leistungsdifferenz im Vergleich zur Gesamtbetrach- Teilnehmer an, dass ihnen die Übungen Spaß gemacht und tung erheblich voneinander unterscheidet. So ergeben sich körperlich animiert hätten, 3 waren sich jedoch nicht si- für die Frauen beider Gruppen (vgl. Tabelle 2) vergleich- cher, ob ihnen die Übungen geholfen hätten, sich wieder bar positive Leistungsveränderungen, während die Gruppe besser bewegen zu können und sich fitter zu fühlen. Ein der Männer signifikant mehr von dem Gerät des Footstep- Teilnehmer äußerte sich, dass ihm die Übungen zwar kei- pers profitierte. (vgl. Tabelle 3) nen Spaß gemacht, aber schon geholfen hätten. Für die abschließende Betrachtung des empfundenen Trai- 16,00 14,45 14,03 ningserfolges im Vergleich zum tatsächlichen Trainingser- 14,00 folg müssen allerdings noch für beide Gruppen die Übun- 12,00 gen des jeweiligen Therapieplanes und die persönlichen 10,00 Therapieziele ausgewertet werden, um ausschließen zu können, dass die subjektiven Einschätzungen auf konven- 8,00 Watt tionelle Rehabilitationsmaßnahmen zurückzuführen sind. 6,00 Auf die Frage, ob die Teilnehmer der Stepper-Gruppe das 4,00 Steppbrett weiter zu hause würden nutzen wollen, äußerten sich 5 Teilnehmer mit „Ja“ und ebenfalls 5 Teilnehmer mit 2,00 -0,42 „Nein“. Als Gründe das Gerät weiter nutzen zu wollen 0,00 1 2 3 wurden einerseits die Größe des Gerätes genannt und die -2,00 Einsicht in die Notwendigkeit, sich körperlich betätigen zu Gruppe Wii Gruppe Stepper Differenz müssen. Teilnehmer, die das Gerät nicht weiter zu hause Tabelle 2 Vergleich Leistungsdifferenz Frauen Extension nutzen möchten gaben an, dass es zu eintönig sei oder sie links Biodexmessung bei 60°/sec in Watt Wii- und Step- ggfs. andere Bewegungsformen (Spazierengehen, Fitness- per-Gruppe Studio) bevorzugen würden. Im Gegensatz dazu konnte sich die große Mehrheit (9 von 10 Teilnehmern) vorstellen, die Wii Fit zu hause weiterhin 40,00 36,85 einzusetzen. Lediglich ein Teilnehmer führte finanzielle 35,00 Gründe an, warum das Gerät für eine Nutzung zu hause 30,00 nicht in Frage komme. Als häufigstes Argument für die 25,00 20,35 Watt Nutzung zu hause wurde von 4 Teilnehmern der Wii- 20,00 16,50 Gruppe angeführt, das man auch die erweiterten Spiele- 15,00 funktionen der Wii alleine oder gemeinsam mit Familien- 10,00 angehörigen und Freunden nutzen könne. 2 Teilnehmer 5,00 gaben an, dass sie aus Gründen des Zeitmangels sich vor- 0,00 stellen könnten, das Bewegungstraining mit der Wii Fit im 1 2 3 Gruppe Wii Gruppe Stepper Differenz häuslichen Umfeld alternativ zum Besuch eines Fitness- Studios zu absolvieren. 3 Teilnehmer führten die speziel- Tabelle 3 Vergleich Leistungsdifferenz Männer len, multimedialen Interaktionsformen und die Kontrolle Extension links Biodexmessung bei 60°/sec in Watt während der Bewegungsübungen als Gründe dafür an, die Wii- und Stepper-Gruppe Wii Fit weiter zu hause nutzen zu wollen. 4.3 Effizienz bei Muskelaufbau beim 5 Zusammenfassung und Ausblick Stepper besser Wie zu erwarten fiel den Probanden der Stepper-Gruppe Im Gesamtvergleich schnitt die Gruppe der Footstepper die Handhabung des Footsteppers leicht. Auch der besser ab als die der Wii-Gruppe. Allerdings ist dieses Er- Übungsverlauf stellte keine Hürde dar. Trotz der Einfach- gebnis sicher auch dem Umstand geschuldet, dass sich in heit der Übungen waren hier teilweise Korrekturen in der der Wii-Gruppe drei Patienten (davon 2 Frauen) mit post- Bewegungsausführung notwendig. Die Teilnehmer der operativen Zuständen befanden, während in der Stepper- Wii-Gruppe fanden überraschend schnell einen Zugang zur
Handhabung des Gerätes. Bemerkenswert ist dieser Sa- den. Die Genauigkeit der Visualisierung von Bewegungs- cherverhalt insbesondere vor dem Hintergrund, dass nahe- abläufen, die Personalisierung der Trainingsform und das zu die Hälfte der Probanden keine Erfahrung mit dem Um- regelmäßige Feedback von einem realen Therapeuten sind gang mit einem Zeigergerät (z.B. Maus) hatte. Gründe für wichtige Anforderungen an ein derartiges interaktives, diesen intuitiven Zugang sehen wir vor allem in der über- sensorbasiertes Übungsumfeld. Diese hohen Entwick- sichtlichen Visualisierung des Übungsverlaufes und den lungsanforderungen sind unseres Erachtens nur unter Ein- wiederholten akustischen Aufforderungen zur Nutzung der beziehung von Medizinern, Sporttherapeuten, Physiothe- technischen Geräte (Balance Board und Controller) und rapeuten, Krankenkassen und Rentenversicherungsträgern zur Übungsausführung. Diese Hinweise vermittelten den zu realisieren. In diesem Falle gehen wird davon aus, dass sensorbasierte interaktive Trainingsmöglichkeiten für prä- Übenden nach eigenen Angaben Sicherheit. Während die ventive und rehabilitative Maßnahmen im Rahmen von Handhabung mit dem Controller gewöhnungsbedürftig betrieblichen Gesundheitsmanagmentmaßnahmen und im war, erschien der überwältigenden Mehrheit das Balance- häuslichen Umfeld eine Vielzahl geeigneter Anwendungs- board in seiner Bedienung als überraschend einfach. felder finden wird. Die Motivation bei den Teilnehmern der Stepper-Gruppe, die Übungen durchzuführen, kann als verhalten positiv be- zeichnet werden. Die Selbstmotivation fiel, wie einige Teilnehmer im Interview anmerkten, schwer. Hier fehlte 6 Literatur offenbar die Motivation durch einen die Übungen beglei- [1] Vgl. dazu Praxisleitfaden „Strategien zur Sicherung tenden Trainer. Einige motivierten sich dadurch, dass sie, der Nachhaltigkeit zur medizinischen Rehabilitatio- ohne echte Überzeugung von dem Effekt dieser Übung, nen“ der Bundesarbeitsgemeinschaft Rehabilitation einen positiven Beitrag zu der Studie liefern wollten. Ein http://www.bar- klar formuliertes Therapieziel wie z.B. Muskelaufbau stei- frankfurt.de/Praxisleitfaden_Nachhaltigkeit.bar, zu- gerte den Antrieb zur Übungsausführung bei den Footstep- letzt besucht am 23.11.08 pern. Trotzdem muss man im Endergebnis feststellen, dass [2] "Wiihabilitation". Wenn Spiel zur Therapie wird, die Motivation mehr Übungen als erforderlich zu machen, Stern vom 16. Februar 2008, bei den Teilnehmern der Stepper-Gruppe sehr gering war. http://www.stern.de/computer- Hier könnnte es eine Zusammenhang zu den fehlenden technik/computer/:Wiihabilitation-Wenn-Spiel- Spiel- und Motivationselementen geben: Da insgesamt ge- Therapie/611349.html, zuletzt besucht am 23.11.08 sehen eintönige Übungsvarianten Motivationseinschrän- [3] Graves, L.; Stratton, Ridgers, N.D.; Cable, N.T.: kungen mit sich bringen, war lediglich eine Minderheit der Comparison of energy expenditure in adolescents Befragten bereit, sich positiv dazu zu äußern den Footstep- when playing new generation and sedentary computer per für häusliche Übungen nutzen zu wollen. games: cross sectional study. BMJ 2007; 335:1282-4. Ganz anders beurteilten die Probanden der Wii-Gruppe [4] Testimony by Mickey DeLorenzo, ihre Übungssituation. Sie fühlten sich ausnahmslos moti- http://www.wiihealthy.com/movie/testimony-by- viert die Übungen durchzuführen. Die Motivation ging so- mickey-delorenzo/, zuletzt besucht am 23.11.08 gar soweit, erheblich mehr Übungen als erforderlich [5] Mellecker, Robin R.; McManus, Alison M.: Energy durchzuführen und darüber hinaus andere, nicht durch den Expenditure and Cardiovascular Responses to Seated Therapieplan vorgesehene Übungen mit in das persönliche and Active Gaming in Children. Arch Pediatr Adolesc Tagesprogramm aufzunehmen. Hier wirkten die Motivati- Med. 2008;162(9):886-891. onsfaktoren der Wii offensichtlich besonders gut. Bis auf [6] Goldstein, Jacob: Surgeons Hone Skills on Nintendo einen Teilnehmer gaben alle Probanden an, ein solches Wii, The Wall Street Journal vom 17. Januar 2008, Trainingsgerät im häuslichen Umfeld nach der Studie nut- http://blogs.wsj.com/health/2008/01/17/surgeons- zen zu wollen. hone-skills-on-nintendo-wii/, zuletzt besucht am Der Sachverhalt, das die Gruppe der weiblichen Wii Fit- 23.11.08 Nutzer hinsichtlich der Muskelkraftmessung bessere Er- [7] Wii-habilitation: Using Video Games To Heal Burns, gebnisse erzielten, erklärt sich möglicherweise dadurch, Science Daily vom 21. Juli 2008, dass Nintendo mit dieser Konsole durch Gestaltung und http://www.sciencedaily.com/releases/2008/07/08071 Marketing überwiegend die weibliche Zielgruppe, die bis- 8080755.htm, zuletzt besucht am 23.11.08 lang wenig oder gar nicht mit Konsolen in Berührung ge- [8] Haskell, W.L.; Lee, I.M.; Pate, R.R.; Powell, K.E.; kommen ist, ansprechen wollte [17]. Blair, S.N.; Franklin, B.A.; Macera, C.A.; Heath, Als besonders beachtenswert ist das Ergebnis zu werten, G.W.; Thompson, P.D.; Bauman, A.: Physical activity dass es der Wii-Gruppe gelang das soziale Umfeld dazu zu and public health: updated recommendation for adults bewegen ebenfalls Übungen zu absolvieren. Diese zusätz- from the American College of Sports Medicine and liche Nutzung wären durchaus positive Signale für die the American Heart Association. Med Sci Sports Ex- Einbeziehung der Angehörigen von Rehabilitanden in ein erc 2007;39(8):1423-34 notwendiges Nach-Reha-Übungsprogramm. [9] Graves, L.; Stratton, Ridgers, N.D.; Cable, N.T.: Für den therapeutischen Einsatz bedarf es jedoch noch ei- Comparison of energy expenditure in adolescents niger Anstrengungen, geeignete Übungsszenarien abzubil-
when playing new generation and sedentary computer games: cross sectional study. BMJ 2007; 335:1282-4. [10] Mathe, Thomas: Medizinische Soziologie und Sozi- almedizin, 2. Auflage, Scheßlitz: Schulz-Kirchner Verlag, 2005 [11] Wagner, Rudolph Friedrich: Für eine gegenstandsad- äquate Erforschung des Menschen in Bereichen der medizinischen Versorgung, Forum Qualitative Sozial- forschung / Forum: Qualitative Social Research, 1(2), Art. 27, http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0114- fqs0002273, zuletzt besucht am 23.11.08 [12] Lorenz, Hans-Jürgen; Unger, Hella von; Lichte, Thomas; Herrmann, Markus: Die Allgemeinmedizin als Forschungsfeld: Ein Seminarkonzept zur Vermitt- lung qualitativer Forschungsmethoden im Medizinstu- dium, GMS Z Med Ausbild 2007;24(3):Doc151, http://www.egms.de/en/journals/zma/2007- 24/zma000445.shtml#ref1, zuletzt besucht am 23.11.08 [13] Nielsen, Jakob: Interface. The Use and Misuse of Focus Groups, IEEE Software 14(1): 94-95 (1997): Interface: The Use and Misuse of Focus Groups. IEEE Software 14(1): 94-95 (1997) [14] Dittrich, Y.; John, M.; Singer, J., Tessem, B.: Quali- tative Software research, Information and Software Technology 49 (2007) [15] Flick, Uwe: Triangulation. Eine Einführung, 2. Auf- lage, Wiesbaden, VS Verlag für Sozialwissenschaften, 2008 [16] Brunner-Althaus, Christine; de Bruin, Eling D.: Die Zuverlässigkeit des isokinetischen Knie Kurzproto- kolls von Swiss Olympic. Schweizerische Zeitschrift für Sportmedizin und Sporttraumatologie 54 (3), 96– 100, 2006 [17] Hosaka, A; Shibata, M; Oyama, Y.; Miyagawa, Y., Minegishi, T; Iwata, S.: A Wii Board with a Tail, http://us.wii.com/wii-fit/iwata_asks/vol4_page3.jsp, zuletzt besucht am 23.11.08
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