GASMARKT SCHWEIZ 2015 - EVU Partners
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3 | Vorwort VORWORT Sehr geehrte Leserinnen und Leser Nach den vielen positiven Rückmeldungen auf unsere erste Gasmarktstudie im Jahr 2013 haben wir uns entschlossen, die Einblicke über den schweizerischen Gasmarkt in diesem Jahr weiter zu vertiefen. Dabei haben wir das bewährte Konzept mit vier Fokus- bereichen, einem Interview mit einer Schlüsselperson der Branche sowie ergänzenden Exkursen beibehalten. Insbesondere haben wir uns dabei auch für die zeitliche Ent- wicklung der Meinungen der Branchenvertreter zu einzelnen Themenbereichen inter- essiert. Wir freuen uns, Ihnen hiermit die zweite Ausgabe unserer Gasmarktstudie vor- legen zu können. Gemeinsam mit den Gasversorgungsunternehmen (GVU) aller Druckstufen haben wir die aktuelle Situation der schweizerischen Gasbranche unter- sucht. Wir haben uns dabei auf die Themenbereiche Marktöffnung und Regulierung, Marktstruktur und Wettbewerb, Erdgaspreise und -mengen sowie unternehmerisches Verhalten fokussiert. Seit der Inkraftsetzung der Verbändevereinbarung (VV) im für Energie ab dem Jahr 2020 geplante Gasversorgungsge- Jahr 2012 haben sich die Rahmenbedingungen in der setz (GasVG) geschaffen werden. schweizerischen Gaswirtschaft wesentlich verändert. So Mit der Studie «Gasmarkt Schweiz 2015» wollen wir die er- führten beispielsweise die veröffentlichten lokalen Netznut- warteten Entwicklungen und Tendenzen im schweizerischen zungsentgelte zu einer noch nie dagewesenen Transparenz Gasmarkt aus Sicht von Entscheidungsträgern der Gasver- und Vergleichbarkeit. Daneben wurden die GVU durch einen sorgungsbranche aufzeigen. Die Studie soll Ihnen helfen, die weiteren Zerfall der Handelspreise gefordert und mussten zukünftigen Marktverhältnisse zu antizipieren, die eigene Ein- flexibel auf die sich wandelnden Kundenbedürfnisse im schätzung im Kontext der Branche zu überprüfen, Chancen Segment der marktzugangsberechtigten Kunden reagieren. und Risiken zu erkennen und daraus allfällige Handlungs- Weiter haben auch die Aktivitäten der Behörden einen nicht optionen für Ihr Unternehmen abzuleiten. zu vernachlässigenden Einfluss auf die Branche. So wurde An dieser Stelle bedanken wir uns herzlich bei allen Studien- zwar im Dezember 2013 die Vorabklärung der Wettbewerbs- teilnehmenden und wünschen Ihnen eine interessante Lek- kommission ohne eine eigentliche Untersuchung abge- türe mit spannenden Erkenntnissen zum Schweizer Gas- schlossen. Nach wie vor schwebt jedoch das Damokles- markt. schwert einer möglichen Einzelfallprüfung, insbesondere im Falle der Verweigerung eines Netzzugangs, über der Branche. Auch kann die im Oktober 2014 erreichte Einigung zwischen dem Preisüberwacher und den überregionalen und regionalen Netzbetreibern in mittlerer Frist möglicher- weise einen Einfluss auf die lokalen Netznutzungsentgelte haben. Schliesslich sollen mit der aktuell laufenden Weiter- Nico Waldmeier Sven Schlittler entwicklung der VV die Grundlagen für das vom Bundesamt Partner Leitender Berater 9RZ_EVU_MAFO_2015.indd 3 02.07.15 16:51
4 | Schlüsselerkenntnisse SCHLÜSSELERKENNTNISSE DER STUDIE MARKTÖFFNUNG UND REGULIERUNG ERDGASPREISE UND -MENGEN Die grosse Mehrheit der GVU erwartet eine schrittweise Während die Unternehmen mit Blick auf das Jahr 2020 von Marktöffnung in Anlehnung an die Liberalisierungsent- stabilen Endkundenpreisen für Energie und Netznutzung wicklung im schweizerischen Strommarkt. Das Augenmerk ausgehen, erwarten sie für die öffentlichen Abgaben (insb. richtet sich dabei insbesondere auf drei Fragestellungen. auch im Kontext der Energiestrategie 2050 des Bundes) eine Erstens ist eine Marktzugangsgrenze zu definieren. Diese signifikante Zunahme von rund 12 % im gleichen Zeitraum. liegt gemäss VV aktuell bei einer vertraglichen Transport- Die Einschätzungen der Studienteilnehmer zu den langfrist- kapazität von 200 Nm3/h und wird auf das Gasjahr 2015/16 auf igen Gasabsatzmengen sind im Vergleich zu den Energieper- 150 Nm3/h abgesenkt. Zweitens ist der Umgang mit der neu spektiven des Bundes tendenziell optimistischer. Nichtsdes- gewonnenen Flexibilität der GVU aufgrund auslaufender totrotz gehen auch die Studienteilnehmer langfristig ebenfalls Langfristverträge zu würdigen. Und drittens ist die mögliche von abnehmenden Gasabsatzmengen aus. Einen wesentli- Beeinträchtigung der Wettbewerbsfähigkeit von Gas gegen- chen Einfluss auf die zukünftige Absatzentwicklung wird die über anderen Energieträgern aufgrund der mit den Lieferan- Entwicklung der zentralen und dezentralen Stromproduktion tenwechseln verbundenen Transaktionskosten zu berück- haben. Insbesondere der Einfluss von allfälligen Grosskraft- sichtigen. werken wäre signifikant. Mit Inkraftsetzung einer gesetzlichen Regulierung (GasVG) erwarten die Studienteilnehmer eine einheitliche Kapital- UNTERNEHMERISCHES VERHALTEN verzinsung über alle Netzebenen der Gasversorgung. Auf- Die GVU verfolgen aufgrund der unklaren langfristigen Ren- grund eines ungünstigeren Risikoprofils im Vergleich zum tabilität des Gasgeschäfts eine zurückhaltende Netzentwick- Strom erwarten die Unternehmen jedoch einen höheren Ka- lungsstrategie. Zwecks Erzielung von Grössenvorteilen bzw. pitalkostensatz beim Gas. Der erwartete Aufschlag gegen- von Effizienzgewinnen fokussieren sie sich insbesondere auf über der aktuellen Verzinsung beim Strom (2015: 4.70 %) liegt eine Verdichtung des bestehenden Netzgebietes. Die Kosten im Bereich von 0.20 % bis 0.40 %. pro Kunde können mit diesem Vorgehen entsprechend redu- ziert werden. MARKTSTRUKTUR UND WETTBEWERB Die Akquisition von Kunden ausserhalb des eigenen Netzge- Für das nach den geltenden Regeln der VV marktzugangs- bietes (Gas-to-gas-Wettbewerb) gewinnt zwar zunehmend an berechtigte Kundensegment wird für den Gesamtmarkt in Bedeutung. Eine Mehrheit der Unternehmen verfolgt derzeit den kommenden fünf Jahren eine mengenbasierte jährliche jedoch nach wie vor eine passive Strategie und versucht pri- Wechselquote von 3.5 % erwartet. Die prognostizierten jährli- mär, die bestehenden Kunden langfristig zu binden. chen eigenen Kundenverluste liegen mit 3.3 % nur unwesent- Die Bedeutung der Kooperationen mit alternativen Lieferanten lich tiefer. Generell liegen diese Einschätzungen jedoch deut- und des Ausbaus von eigenen Kompetenzen im Energiege- lich unterhalb der effektiven Wechselquoten von Industrie- schäft ist gegenüber der letzten Umfrage deutlich gestiegen. und Gewerbekunden in Deutschland (2013: 12.7 %). Aufgrund von marktseitigen Initiativen einzelner schweizeri- scher GVU und der damit gemachten Erfahrungen erwarten die Unternehmen den grössten Wettbewerbsdruck aus der schweizerischen Gasbranche. Erst in zweiter Priorität wird ein Markteintritt von Akteuren aus der übrigen schweizeri- schen Energiewirtschaft (insb. Stromversorgungsunterneh- men) und von ausländischen Energieunternehmen erwartet. Um die eigene Wettbewerbsfähigkeit zu stärken, stehen zu- künftig vermehrt kooperative Zusammenarbeitsmodelle un- ter Beibehaltung der Eigenständigkeit (Shared Service) im Fokus der Unternehmen. Damit verbunden ist auch eine stär- kere Fokussierung der eigenen Leistungserbringung auf ausgewählte Funktionen. 9RZ_EVU_MAFO_2015.indd 4 02.07.15 16:51
5 | Conclusions clés CONCLUSIONS CLÉS DE L’ÉTUDE OUVERTURE DU MARCHÉ ET RÉGLEMENTATION PRIX ET QUANTITÉS DE GAZ La grande majorité des entreprises gazières s’attend à une À l’horizon 2020, les entreprises prévoient des prix stables ouverture du marché graduelle sur le modèle de la libéralisa- pour les clients finaux à la fois pour l’énergie et l’utilisation du tion du marché suisse de l’électricité. Trois problématiques réseau, mais s’attendent à une augmentation significative majeures requièrent l’attention. Premièrement, il convient de des taxes publiques dans le même laps de temps (augmenta- définir un seuil d’accès au marché. Selon la convention pas- tion de l’ordre de 12 %, notamment dans le contexte de la sée entre la branche et les gros clients industriels, ce seuil Stratégie énergétique 2050 de la Confédération). est actuellement fixé à une capacité de transport contractu- Les estimations des participants à l’étude concernant le volu- elle de 200 Nm3/h et sera abaissé à 150 Nm3/h pour l’année me des ventes de gaz à long terme sont tendanciellement gazière 2015/16. Deuxièmement, il convient d’observer le plus optimistes que les perspectives énergétiques de la Con- comportement des entreprises gazières face à la nouvelle fédération. Ils estiment néanmoins aussi que les ventes de flexibilité que leur offre l’échéance de contrats à long terme. gaz s’inscriront à la baisse à long terme. L’évolution future Troisièmement, il faut tenir compte d’une possible perte de des ventes dépendra très largement du développement de la compétitivité du gaz vis-à-vis d’autres agents énergétiques, production de courant électrique centralisée et décentra- liée aux coûts de transaction dus aux changements de four- lisée. D’éventuelles grandes centrales, en particulier, aurai- nisseur. ent un impact significatif. Avec l’entrée en vigueur d’une loi sur l’approvisionnement en gaz, les participants à l’étude comptent sur une rémunéra- TENDANCES AU NIVEAU DES ENTREPRISES tion du capital uniforme pour tous les niveaux du réseau. Vu Compte tenu des incertitudes qui pèsent sur la rentabilité à le profil de risque défavorable par rapport à l’électricité, les terme de leur activité, les entreprises gazières conduisent entreprises gazières s’attendent toutefois à un coût moyen une stratégie prudente en matière de développement du ré- pondéré du capital plus élevé pour le gaz. La surtaxe atten- seau. Pour tirer parti d’économies d’échelle et de gains de due par rapport à la rémunération actuelle du courant élec- productivité, elles se concentrent en particulier sur la densi- trique (2015 : 4.70 %) est de l’ordre de 0.20 à 0.40 %. fication des réseaux existants. Cette manière de procéder permet de réduire en conséquence les coûts par client. STRUCTURE DU MARCHÉ ET CONCURRENCE L’acquisition de clients hors du réseau propre (concurrence Pour le segment de la clientèle actuellement éligible à l’ac- gaz-gaz) gagne certes en importance, mais une majorité des cès au marché selon les règles en vigueur de la convention de entreprises continue actuellement de suivre une stratégie branche, on s’attend pour l’ensemble du marché à un taux passive et s’attache avant tout à fidéliser durablement la cli- annuel de changement de fournisseur de 3.5 % dans les cinq entèle. prochaines années. Les pertes de clients annuelles prévues L’importance des coopérations avec d’autres fournisseurs sont très légèrement inférieures (-3.3 %). De manière géné- possibles et du développement des compétences propres rale, ces estimations sont cependant clairement inférieures dans le commerce de l’énergie s’est clairement accrue par aux taux de changement observés en Allemagne dans l’in- rapport à l’enquête précédente. dustrie et les arts et métiers (2013 : 12.7 %). Compte tenu des initiatives libérales prises par certains ac- teurs gaziers suisses et de l’expérience acquise dans ce con- texte, les entreprises estiment que le gros de la pression con- currentielle viendra du secteur gazier suisse lui-même. L’entrée sur le marché d’acteurs d’autres branches du sec- teur énergétique suisse, à commencer par les sociétés élec- triques, et d’entreprises énergétiques étrangères ne jouera qu’un rôle secondaire à leurs yeux. Afin de renforcer leur pro- pre compétitivité, les entreprises gazières miseront à l’avenir davantage sur des modèles coopératifs qui garantissent néanmoins leur autonomie (shared service), tout en concent- rant leurs propres prestations sur certaines fonctions clés. 9RZ_EVU_MAFO_2015.indd 5 02.07.15 16:51
7 | Standpunkt MARKTEINSCHÄTZUNG UND ZUKUNFTSPROGNOSE INTERVIEW MIT DANIELA DECURTINS Die schweizerische Gasbranche ist stark in Bewegung Es ist davon auszugehen, dass sich der Bund daran orientieren und mit einer Vielzahl von Herausforderungen konfron- wird. Das zeigt schon der Umstand, dass er nicht mehr wie tiert. Daniela Decurtins, Direktorin des Verbandes der ursprünglich von einem Gasmarktgesetz, sondern von einem Schweizerischen Gasindustrie (VSG), nimmt Stellung Gasversorgungsgesetz spricht. Es sind teilweise ja auch die zum geplanten GasVG, zum sich verschärfenden Wettbe- gleichen Leute, die an beidem arbeiten. Es ist aber den spezi- werb zwischen den etablierten Marktakteuren und den fischen Gegebenheiten Rechnung zu tragen, das heisst, den daraus resultierenden strukturellen Anpassungen sowie Erfahrungen mit dem Stromversorgungsgesetz sowie den zum Spannungsfeld von Erdgas und Ökologie. spezifischen Eigenheiten des Energieträgers. Es gibt nun mal Unterschiede zwischen Strom und Gas. Der wichtigste ist wohl, dass im Wärmemarkt heute ein in- tensiver Wettbewerb herrscht. Anders als Strom ist Gas bei allen Anwendungen substituierbar. Weiter gehört Erdgas nicht zur obligatorischen Grundversor- gung, und der Entscheid, Gebäude und Regionen anzu- schliessen, ist allein Sache der Gasnetzbetreiber. Das heisst, dass das Investitionsrisiko bei Erdgasnetzen deut- lich höher ist, und monopolistische Praktiken werden durch die Konkurrenz weitgehend unterbunden. Ist die Verbändevereinbarung aus Ihrer Sicht eine Daniela Decurtins, Direktorin des Verbandes der Schweizerischen zweckmässige Grundlage für ein Gasversorgungsgesetz? Gasindustrie (VSG) Ja. Das hat auch der Bundesrat so festgehalten. Das ent- sprechende Bundesamt war von Anfang an im Beobachter- status dabei und verfolgt nun auch die Weiterentwicklung. Diese betrifft derzeit insbesondere die Entwicklung eines Entry-Exit-Modells. Umgesetzt werden kann es aber nur Das grosse Thema der kommenden Jahre wird das Gas- dann, wenn die Gaswirtschaft vom Bund die verlässliche Zu- versorgungsgesetz sein. Welches sind die zentralen An- sage erhält, dass es kompatibel mit dem GasVG ist. Es wäre liegen des Verbandes der Schweizerischen Gasindustrie ineffizient, wenn die Werke kurz nacheinander ihre Prozesse bezüglich der Ausgestaltung der zukünftigen gesetzli- wieder anpassen müssten. chen Grundlagen? Das Gesetz soll nach Auffassung der Bundesbehörden Rechtssicherheit und stabile Rahmenbedingungen für den Gasmarkt schaffen. Das war über den Weg der Verbändever- «Ein Gasmarktgesetz sollte auch der Be- einbarung nicht möglich. Die regulatorischen Vorgaben soll- deutung für die Industrie, der Versor- ten sich aber unserer Auffassung nach auf die Regelung des Netzzuganges beschränken. Dazu gehören Regeln der Netz- gungssicherheit und der Wettbewerbsfä- nutzung und des Netznutzungsentgelts. In der Verbändever- higkeit Rechnung tragen.» einbarung und dem Branchenstandard für die Ermittlung von Netznutzungsentgelten in lokalen Erdgasnetzen (Nemo) sind die Grundprinzipien bereits vorhanden und werden weiter entwickelt. Ansonsten besteht die Gefahr von Wettbewerbs- Die Mehrheit der Unternehmen, welche an unserer Um- verzerrungen, welche die Position von Erdgas beeinträchtigen. frage teilgenommen haben, geht von einer sequenziellen Ein Gasversorgungsgesetz sollte im Rahmen der Regulie- Marktöffnung in Anlehnung an den Strommarkt aus. Wie rung insbesondere auch der Bedeutung der Erdgaswirtschaft realistisch sehen Sie dieses Vorgehen und wie würde aus für die Industrie, der Gewährleistung der Versorgungssicher- Ihrer Sicht eine mögliche Marktzutrittsgrenze aussehen? heit und der Wettbewerbsfähigkeit Rechnung tragen. Die Verbändevereinbarung beinhaltet ja ebenfalls eine schrittweise Marktöffnung. Dies deshalb, weil die Spiesse Die weiterentwickelte Verbändevereinbarung wird häu- wegen der Langfristverträge nicht gleich lang sind und die fig als eine wesentliche Grundlage für das zukünftige Anpassung der Prozesse und der IT Zeit benötigt. Gasversorgungsgesetz betrachtet. Inwiefern wird sich Mögliche Regelungen sind sehr stark davon abhängig, wann das Gasversorgungsgesetz auch am bereits bestehenden ein solches Gesetz in Kraft treten wird und wie weit bis dahin Stromversorgungsgesetz orientieren? die Marktöffnung über den Weg der Verbändevereinbarung gediehen ist. 9RZ_EVU_MAFO_2015.indd 7 02.07.15 16:51
8 | Standpunkt Erdgas befindet sich bereits heute in einem Substituti- Durch die erwartete Marktöffnung werden sich die onswettbewerb mit anderen Energieträgern. Wie sinn- Spielregeln nachhaltig ändern und die Gasversorgungs- voll ist aus Ihrer Sicht eine vollständige Marktöffnung unternehmen werden vermehrt in Konkurrenz zueinan- mit entsprechenden Kosten aufgrund von Lieferanten- der stehen. Welche Rolle wird der Verband dabei in Zu- wechseln? kunft spielen und wo wird er seine Schwerpunkte Das Bundesamt für Energie wird das sicher prüfen, allein setzen? schon aus prinzipiellen Gründen und weil es sich an der EU Auch in einem geöffneten Markt hat die Branche gemeinsa- orientieren wird. Aus volkswirtschaftlicher Sicht lohnt es sich me Interessen, die durch den Verband wahrgenommen wer- da genau hinzuschauen, in welchem Verhältnis Kosten und den, gerade in Fragen der Regulierung und der Energiepoli- Nutzen zueinander stehen. Dazu bräuchte es entsprechende tik. Es ist auch denkbar, dass der Verband in Zukunft auch IT-, Abrechnungs- und Wechselsysteme, die einen grossen individuelle Beratungsdienstleistungen anbietet, die von den Aufwand mit sich bringen und entsprechend zu höheren Kos- einzelnen Mitgliedern genutzt werden können. Weiterhin von ten und Preisen für den Haushalt führen könnten. Gas steht grosser Bedeutung wird die Pflege der Dachmarke sein. Das ja heute schon im Wettbewerb zu anderen Energieträgern, grüne Blatt ist ein bedeutsamer Vermögenswert, um den uns und das könnte seine Wettbewerbsfähigkeit beeinträchtigen. viele beneiden, und das in Absprache mit uns etwa auch in Dabei ist Gas bei den Haushalten heute sehr beliebt. Deutschland und Österreich genutzt wird. Wie sieht der schweizerische Gasmarkt aus strukturel- ler Sicht im Jahr 2025 aus? Erwarten Sie eher eine Kon- «Das Investitionsrisiko ist bei Erdgasnet- solidierung der bestehenden Anbieter oder eine weitere Fragmentierung durch zusätzliche Anbieter? zen deutlich höher und monopolistische Jede Marktöffnung führt zu Veränderungen, das liegt in der Praktiken werden durch die Konkurrenz Natur der Sache. Auch der Schweizer Gasmarkt wird sich weitgehend unterbunden.» verändern, Anbieter werden sich zusammenschliessen, neue Anbieter drängen in den Markt, und man wird verschiedene Kooperationsformen sehen, die von mehr oder weniger lan- gem Bestand sind. Der Gasmarkt wird in zehn Jahren anders Was können die Gasversorgungsunternehmen aus Ihrer aussehen, dies ist gewiss. Sicht aktuell tun, um sich optimal auf die weiteren Schritte im regulatorischen Umfeld vorzubereiten? Die Unternehmen bereiten sich darauf vor, indem sie sich zum einen mit Entbündelung und der Berechnung der nach- «Aus volkswirtschaftlicher Sicht lohnt es prüfbaren Netznutzungsentgelte beschäftigen, sich aber sich genau hinzuschauen, in welchem auch die Prozesse bezüglich Effizienz anschauen. Hinzu kommen Fragen der Positionierung, wie etwa die Förderung Verhältnis Kosten und Nutzen bei einer von Kooperationen. Es ist ein anspruchsvolles Umfeld gerade vollständigen Marktöffnung zueinander auch für reine Gasversorger, die – anders als Querverbund- stehen.» unternehmen – nicht derart breit aufgestellt sind und auch weniger entsprechende Erfahrungen mitbringen. Was sind aus Ihrer Sicht die Gründe, dass die Gasversor- Die Gasversorgungsunternehmen erwarten mittelfristig ger primär bestehende Kunden halten und keine neuen stark steigende Abgaben resp. sich verschlechternde ge- Kunden ausserhalb des eigenen Netzgebiets akquirie- setzliche Rahmenbedingungen für Erdgas als Energie- ren wollen? Ist diese Strategie aus Ihrer Sicht langfristig träger. Welches sind aus Ihrer Sicht die zentralen Trei- nachhaltig? ber für diese Einschätzung? Das kann man nicht unbedingt verallgemeinern. Bei den Es ist offensichtlich, dass die Forderungen nach weniger Gasversorgern handelt es sich in der Regel um Querverbund- Regulierung und Entlastung von Abgaben, die momentan in unternehmen, die in öffentlicher Hand sind und einen ent- Politik und Wirtschaft generell erhoben werden, in der sprechenden Versorgungsauftrag haben. Sie sind sehr intensiv Energiepolitik noch nicht wirklich angekommen sind. Die daran, Ölkunden für Gasheizungen zu gewinnen. Sie leisten zentralen Gesetzgebungsprojekte im Energiebereich zielen damit einen wesentlichen Beitrag zur Erfüllung energiepoliti- alle auf mehr Vorschriften, höhere Abgaben und die Ein- scher Ziele, wie z.B. die Reduktion der CO2-Emissionen. Es schränkung der Wahlmöglichkeiten sowie der Eigentums- gibt auch Gasversorger, die ihr Versorgungsgebiet ausdeh- freiheit mit entsprechenden Kostenfolgen. Das gilt auf nen bzw. ausserhalb ihres angestammten Gebiets Kunden Bundesebene (Stichworte: erstes Massnahmenpaket zur gewinnen. 9RZ_EVU_MAFO_2015.indd 8 02.07.15 16:51
9 | Standpunkt Energiestrategie 2050, Einführung eines Klima- und Energie- Die bestehende MuKEn-Logik bildet diese Entwicklung nur lenkungssystems, CO2-Gesetz) ebenso wie kantonal mit den ungeeignet ab. Hier wäre ein neues System nötig – was die neuen Mustervorschriften der Kantone im Energiebereich Energiedirektorenkonferenz eigentlich auch einräumt – aber (MuKEn). geltend macht, es gebe darüber noch keinen Konsens unter den Experten. Trotz gesellschaftlichem Druck scheint Erdgas insb. im Gebäudebereich nach wie vor ein attraktiver Energie- Eine essentielle Einschränkung ist die fehlende Aner- träger zu sein. Gemäss der Gebäude- und Wohnungssta- kennung von Biogas als erneuerbare Energie. Wo liegen tistik des Bundesamtes für Statistik konnte der mengen- aus Ihrer Sicht die Schwierigkeiten bei der Anerken- mässige Marktanteil von Gasheizungen zwischen 2010 nung von Biogas als erneuerbare Energie? und 2013 von 15.1 % auf 15.6 % bzw. in absoluten Zahlen Wir verstehen, dass es aus Sicht der Vollzugsbehörden einige von 248’000 auf 263’000 gesteigert werden. Wie erklären unabdingbaren Voraussetzungen gibt. Dazu gehört, dass der Sie sich diesen Widerspruch? Biogasbezug für die Dauer der Baubewilligung, also bis zu Der Widerspruch besteht interessanterweise nicht so sehr in einer nächsten umfassenden Sanierung, gewährleistet sein der Zielsetzung, sich ökologisch, ökonomisch und sozial muss, und der Vollzugsaufwand bei den Behörden nicht stei- nachhaltig zu verhalten, sondern in der Wahl der Mittel. Die gen darf. Das haben wir bei unseren Vorschlägen berücksich- Energiepolitik ist da teilweise leider zu schematisch, unter- tigt. Im Mobilitätsbereich, wo Biogas von der Mineralölsteuer scheidet pauschal in «gute» erneuerbare und «schlechte» befreit ist und dies mittels unserer Clearingstelle gegenüber fossile Energieträger. Die Marktakteure agieren oft sachori- der Oberzolldirektion nachgewiesen wird, haben wir auch be- entierter und kommen so zu nachhaltigeren Lösungen. Tat- reits den praktischen Beweis dafür. sächlich ist es ja so, dass jede Gasheizung, die eine Ölheizung ersetzt, ein Beitrag zur Senkung der CO2-Emissionen ist. Der Frau Decurtins, wir bedanken uns für Ihre Zeit und das span- Erfolg von Biogas im Wärmemarkt zeigt, dass für viele Gas- nende Gespräch. kunden nicht nur der günstigste Preis zählt, sondern dass auch Bereitschaft da ist, noch einen zusätzlichen eigenen Beitrag zur CO2-Reduktion zu leisten. «Die Energiepolitik ist leider zu schema- tisch, unterscheidet pauschal in ‹gute› er- neuerbare und ‹schlechte› fossile Energie- träger. Tatsächlich ist es ja so, dass jede Gasheizung, die eine Ölheizung ersetzt, ein Beitrag zur Senkung der CO2-Emissio- nen ist.» In den Mustervorschriften der Kantone im Energiebe- reich gibt es keine Differenzierung im fossilen Bereich zwischen Heizöl und Erdgas. Letzteres kann aber einen massgeblichen Beitrag zur Erreichung der klimapoliti- schen Zielsetzungen leisten. Warum fliessen diese auf der Hand liegenden Vorteile nur untergeordnet in die Weiterentwicklung der Mustervorschriften ein? Zum einen hat das mit der oben angesprochenen Dogmatik zu tun, zum anderen erklärt es sich wohl aus der Entwicklung der MuKEn. Ursprünglich ging es nur darum, Energie im Gebäu- debereich effizienter zu nutzen und es brauchte keine Unter- scheidung zwischen den Energieträgern. Die Aspekte des Kli- maschutzes und der Erneuerbarkeit kamen erst später dazu. 9RZ_EVU_MAFO_2015.indd 9 02.07.15 16:51
10 | Marktöffnung und Regulierung Unterschiedlicher Einfluss der Verbändevereinbarung auf die GVU Einheitliche Bestimmung des Kapital- kostensatzes für alle Netzebenen Sequenzielle Markt- öffnung analog Strom 9RZ_EVU_MAFO_2015.indd 10 02.07.15 16:51
11 | Marktöffnung und Regulierung ABBILDUNG 1 ABBILDUNG 2 Wie stark schätzen Sie den Einfluss der Verbändeverein- Wie werden sich die gesetzlichen Rahmenbedingungen barung auf Ihr Unternehmen ein? unter dem Einfluss der aktuellen Diskussion zur Ener- giewende für die Erdgaswirtschaft aus Sicht der Versor- ger in den kommenden Jahren entwickeln? 50% 60% 46% 54% 53% 50% 40% 31% 40% 29% 30% 24% 30% 27% 19% 23% 20% 20% 20% 12% 12% 10% 11% 10% 7% 6% 10% 7% 3% 3% 2% 0% 0% 0% 0% Äusserst Gering Eher Eher Hoch Äusserst Signifikant Moderat Unverändert Moderat Signifikant gering gering hoch hoch verschlechtern verschlechtern bleiben verbessern verbessern Erwarteter Einfluss der Verbändevereinbarung (Sicht 2013) Umfrage 2013 Umfrage 2015 Effektiver Einfluss der Verbändevereinbarung (Sicht 2015) Die Mehrheit der Entscheidungsträger (64 %) innerhalb der Die überwiegende Mehrheit der Studienteilnehmer (80 %) er- Gasbranche erwartete bei der letzten Umfrage im Jahr 2013, wartet in den kommenden Jahren eine weitere Verschlechte- dass die VV einen tendenziell eher hohen bis äusserst hohen rung der gesetzlichen Rahmenbedingungen für Erdgas (Ab- Einfluss auf ihr Unternehmen haben wird (Abbildung 1). Auf- bildung 2). Insgesamt resultiert eine noch pessimistischere grund der mit der VV gemachten Erfahrungen haben die Stu- Einschätzung der Lage als bei der letzten Umfrage. Insbe- dienteilnehmer ihre Meinung in der Zwischenzeit revidiert. So sondere wird eine Verschärfung der Energiegesetzgebung stellt die Mehrheit der Studienteilnehmer der aktuellen Um- und/oder von verbindlichen Richtlinien (bspw. MuKEn) sowie frage (57 %) einen eher geringen bis äusserst geringen Ein- eine weitere Anhebung der Lenkungsabgaben auf fossilen fluss der VV auf ihr Unternehmen fest. Erwartungsgemäss Brennstoffen erwartet. Mit diesen Verschärfungen soll lang- sehen sich mittlere und grössere GVU,1 welche die meisten fristig der Erdgasverbrauch in der Schweiz reduziert werden von der VV betroffenen Grossverbraucher im Kundenportfolio (vgl. hierzu auch Abbildung 14 zur mengenmässigen Ent- haben, stärker mit den Auswirkungen der VV konfrontiert, als wicklung des schweizerischen Gasmarktes). kleinere GVU. So liegt die durchschnittliche Einschätzung der Während kleinere und mittlere GVU3 eher eine pessimistische mittleren und grösseren GVU mit «eher hoch» über derjeni- Entwicklung der regulatorischen Rahmenbedingungen pro- gen der kleineren GVU mit «eher gering». Diese Erkenntnis gnostizieren, sehen grössere Unternehmen durchaus auch deckt sich auch mit der Anzahl und Charakterisierung der Chancen für den Energieträger Erdgas. Dabei spielt insbe- lokalen GVU, welche ihre Netznutzungsentgelte gemäss den sondere die Konvergenz zwischen der Strom- und Erdgas- Bestimmungen der VV2 veröffentlichen. infrastruktur durch synthetisches Erdgas eine zentrale Rolle. Letzteres könnte durch die Speicherung und den Transport von erneuerbarer Energie massgeblich zu einem ökonomisch und ökologisch nachhaltigen Geschäftsmodell für die beste- 1 GVU mit einem Absatz über 500 GWh. hende Erdgasinfrastruktur beitragen. 2 Gemäss der VV besteht eine Pflicht zur Veröffentlichung der lokalen Netznutzungsentgelte für alle GVU mit industriellen Kunden, welche die entsprechenden Marktzugangskriterien erfüllen (vertragliche Transportka- pazität von mindestens 200 Nm3/h, primärer Einsatz als Prozessgas sowie 3 Verfügbarkeit einer Lastgangmessung und Datenfernübertragung). GVU mit einem Absatz bis 1’000 GWh. 9RZ_EVU_MAFO_2015.indd 11 02.07.15 16:51
12 | Marktöffnung und Regulierung ABBILDUNG 3 Beibehaltung einer unternehmensspezifischen Spannweite beim Kapitalkostensatz Erwarten Sie zukünftig einen einheitlichen Kapital- kostensatz oder eine Spannweite für die Bestimmung der lokalen Netznutzungsentgelte? Umsetzungsperiode VV II (2015/16 62% 38% bis Inkraftsetzung GasVG) GasVG (voraussichtliche 24% 76% Inkraftsetzung per 2020) 0% 20% 40% 60% 80% 100% Ja Nein Beibehaltung einer unternehmensspezifischen Einführung eines einheitlichen Kapitalkostensatzes Spannweite beim Kapitalkostensatz bei den vorgelagerten und lokalen Netzebenen Umsetzungsperiode VV II (2015/16 Umsetzungsperiode VV II (2015/16 62% 38% 32% 68% bis Inkraftsetzung GasVG) bis Inkraftsetzung GasVG) GasVG (voraussichtliche GasVG (voraussichtliche 24% 76% 82% 18% Inkraftsetzung per 2020) Inkraftsetzung per 2020) 0% 20% 40% 60% 80% 100% 0% 20% 40% 60% 80% 100% Ja Nein Einführung eines einheitlichen Kapitalkostensatzes bei den vorgelagerten und lokalen Netzebenen Eine belastbare Methodik zur Berechnung von Netznut- schiedlicher finanzieller und sachlicher Voraussetzungen zungsentgelten bedingt klare Regeln einerseits in der Defini- eine unternehmensspezifische Kapitalverzinsung unter Ver- tion der zu verwendenden Umsetzungsperiode VV II (2015/16 Netz(rest)werte 32% und68% andererseits wendung von individuellen Parametern definieren. Dies führt bis Inkraftsetzung GasVG) in der Festlegung des Kapitalkostensatzes. Die bisherige un- zu einer grossen Spannweite der angewendeten Kapitalkos- terschiedliche Bemessungsgrundlage mit Wiederbeschaf- tensätze. Zudem liegt der gemäss «Nemo-Manual» empfoh- fungswerten im vorgelagerten Netz und mit Anschaffungs- lene lokale Kapitalkostensatz mit 5.58 % signifikant höher als werten im lokalen Netz wurde mit Inkraftsetzung der der Kapitalkostensatz aus der einvernehmlichen Regelung GasVG (voraussichtliche 82% 18% einvernehmlichen Inkraftsetzung per 2020) Regelung zwischen den Hochdruck-Netz- zwischen den Hochdruck-Netzbetreibern und dem Preis- betreibern und dem Preisüberwacher bereinigt. Ab dem Gas- überwacher für die vorgelagerten Netze. jahr 2014/15 erfolgt die Ermittlung der Netzwerte für alle Die Mehrheit der Studienteilnehmer geht davon aus, dass Netzebenen einheitlich auf 0%Basis von Anschaffungswerten. 20% 40% 60% 80% 100% sich die Vorgaben im Zusammenhang mit der Kapitalverzin- Anders sieht die Situation beim Kapitalkostensatz aus. Im sung in den nächsten Jahren bzw. während der Umsetzung Gegensatz zum einheitlichen Kapitalkostensatz für alle Netz- einer weiterentwickelten VV (VV II) am Status quo orientieren ebenen in der Stromversorgung wird in der Gasversorgung (Abbildung 3). Erst mit Beginn einer gesetzlichen Regulie- im Bereich der Kapitalverzinsung zwischen den vorgelager- rung (GasVG) – voraussichtlich ab dem Jahr 2020 – erwartet ten und lokalen Netzebenen unterschieden. Während heute eine Mehrheit der Studienteilnehmer eine einheitliche Kapi- in den vorgelagerten Netzebenen für alle Netzbetreiber ein talverzinsung über alle Netzebenen der Gasversorgung ana- einheitlicher Kapitalkostensatz von 4.90 % ab Entgeltperiode log der Stromversorgung. 2014/15 gilt, können lokale Netzbetreiber aufgrund unter- 9RZ_EVU_MAFO_2015.indd 12 02.07.15 16:51
13 | Marktöffnung und Regulierung ABBILDUNG 4 In welchem Bereich sollte Ihrer Meinung nach der an- gemessene Kapitalkostensatz für die Festlegung der lo- kalen Netznutzungsentgelte liegen? 49% 50% 45% 40% 35% 30% 30% 25% 19% 20% 15% 10% 5% 2% 0% 0% 0% 0% ‹ 4.70% 4.70% 5.01% 5.41% 5.81% 6.21% › 6.60% bis 5.00% bis 5.40% bis 5.80% bis 6.20% bis 6.60% Rund die Hälfte der Studienteilnehmer (49 %) sieht eine Im Vergleich dazu beträgt der regulatorische Kapitalkosten- angemessene Kapitalverzinsung für die lokalen Netznut- satz in der Stromversorgung für das Jahr 2015 für alle Netz- zungsentgelte im Bereich der heutigen Vorgaben aus der ein- ebenen einheitlich 4.70 %.5 Es stellt sich somit die Frage, in- vernehmlichen Regelung zwischen den Hochdruck-Netz- wiefern eine Differenzierung der Kapitalkostensätze zwischen betreibern und dem Preisüberwacher in der Höhe von 4.90 % den beiden Energieträgern Strom und Gas aufgrund von un- (Abbildung 4). Die Antworten der Unternehmen sind jedoch terschiedlichen Risikoprofilen angemessen ist. Gemäss Aus- grössenabhängig. Kleinere und mittlere GVU4 erachten ten- sagen von Branchenvertretern sind insbesondere die latente denziell eine höhere Kapitalverzinsung als angemessen, da Gefahr einer Substitution (z. B. durch Wärmenetze) sowie aufgrund der langen Nutzungsdauer der Netzinfrastruktur eine gegenüber dem Strom signifikant höhere Volatilität bei (50 Jahre) durch politische Massnahmen die Rentabilität des den Absatzmengen (z. B. höhere Temperaturabhängigkeit) lokalen Netzes stärker beeinträchtigt werden kann. Dieses für ein grundsätzlich höheres unternehmerisches Risiko höhere Risiko soll durch eine höhere Kapitalverzinsung abge- beim Gas relevant. Nicht zu vernachlässigen sind auch mög- golten werden. Unter Berücksichtigung der eingegangenen liche langfristige Effekte im Kontext der Energiestrategie Rückmeldungen ergäbe sich ein angemessener Kapitalkos- 2050, wie beispielsweise allfällige Lenkungsabgaben (vgl. tensatz für die lokalen Netznutzungsentgelte von 5.10 % und hierzu auch Abbildung 2 zur Entwicklung der gesetzlichen somit ein Risikozuschlag gegenüber dem vorgelagerten Netz Rahmenbedingungen). in der Höhe von 0.20 %. 4 GVU mit einem Absatz bis 1’000 GWh. 5 Vgl. https://www.admin.ch/opc/de/federal-gazette/2014/1714.pdf 9RZ_EVU_MAFO_2015.indd 13 02.07.15 16:51
14 | Marktöffnung und Regulierung ABBILDUNG 5 Welches Verhalten erwarten Sie von der Wettbewerbskommission (WEKO), wenn einem nach den geltenden Regeln der Verbändevereinbarung nicht marktzugangsberechtigten Kunden der Zugang verweigert wird? 50% 45% 45% 39% 40% 35% 30% 25% 25% 20% 20% 18% 14% 14% 15% 10% 8% 8% 6% 5% 2% 2% 0% Äusserst Gering Eher Eher Hoch Äusserst gering gering hoch hoch Wahrscheinlichkeit der Eröffnung einer Untersuchung durch die WEKO Wahrscheinlichkeit von Sanktionen durch die WEKO als Folge einer Untersuchung Die Wettbewerbskommission hat ihre Vorabklärungen über Vor diesem Hintergrund wurden die Studienteilnehmer über die VV zwischen der Gaswirtschaft und der Industrie mit dem ihre Einschätzung bezüglich dem Verhalten der Wettbe- Schlussbericht vom 16. Dezember 2013 abgeschlossen, ohne werbskommission gefragt, sofern einem nach den geltenden eine eigentliche Untersuchung einzuleiten. Im Rahmen die- Regeln der VV nicht marktzugangsberechtigen Kunden der ses Verfahrens konnten mögliche kartellrechtliche Bedenken Marktzugang verweigert wird. Die Mehrheit der Studienteil- durch Anpassungen resp. Konkretisierungen an den Grund- nehmer geht davon aus, dass in diesem Fall die Wahrschein- lagendokumenten ausgeräumt werden. Trotzdem besteht bei lichkeit einer Eröffnung einer Untersuchung «eher hoch» ist, einer möglichen Einzelfallprüfung jedoch weiterhin ein Sank- aber nur eine «eher geringe» Wahrscheinlichkeit von Sankti- tionierungsrisiko. Insbesondere könnte die Anwendung des onen als Folge einer Untersuchung besteht (Abbildung 5). Kriteriums für den Netzzugang, wonach ein Netzkunde eine Anzumerken ist, dass zwischen den Einschätzungen eine vertragliche Transportkapazität von mindestens 200 Nm3/h starke Streuung besteht. Je grösser ein GVU ist, desto gerin- (resp. von mindestens 150 Nm3/h infolge der Absenkung der ger werden die beiden Wahrscheinlichkeiten eingeschätzt. Transportkapazität per Gasjahr 2015/166) aufweisen und die Nutzung primär als Prozessgas erfolgen muss, unter gewis- sen Umständen eine Verweigerung einer Geschäftsbezie- hung7 und/oder eine Diskriminierung von Handelspartnern8 darstellen. 6 Vgl. Medienmitteilung «Gasbranche beschliesst weiteren Marktöffnungs- schritt», Verband der Schweizerischen Gasindustrie, 16. Juni 2015. 7 Im Sinne von Art. 7 Abs. 2 lit. a in Verbindung mit Art. 7 Abs. 1 Kartellgesetz. 8 Im Sinne von Art. 7 Abs. 2 lit. b in Verbindung mit Art. 7 Abs. 1 Kartellgesetz. 9RZ_EVU_MAFO_2015.indd 14 02.07.15 16:51
15 | Marktöffnung und Regulierung ABBILDUNG 6 In welcher Ausprägung wird der Markt mit Inkrafttreten eines möglichen Gasversor- gungsgesetzes voraussichtlich ab 2020 geöffnet? Sequenzielle Marktöffnung in Teilschritten (analog schweizerischer Strommarkt) 58% Gleichzeitige und vollständige Marktöffnung über alle Kundensegmente 23% Vollständige Marktöffnung für Grosskunden/Grundversorgung ohne Marktzugang 15% im Retailsegment Sonstige Ausprägungen 4% 0% 20% 40% 60% Die Mehrheit der GVU (58 %) geht davon aus, dass analog zur (Teil-)Monopol im Retailsegment auszugestalten. Bei diesem schrittweisen Öffnung des schweizerischen Strommarktes Vorgehen besteht jedoch der aus Kleinkundenoptik uner- eine sequenzielle Marktöffnung auch in der Gasversorgung wünschte Anreiz, dass die von den GVU erzielten Kostenvor- umgesetzt wird (Abbildung 6). Während sich kleinere und teile (z. B. durch auslaufende Langfristverträge) tendenziell an mittlere GVU9 in zweiter Priorität auch eine gleichzeitige und die Kundensegmente mit Wettbewerb weitergegeben werden. vollständige Marktöffnung über alle Kundensegmente vor- Grundsätzlich stellt sich im Fall einer Teilmarktöffnung die stellen können, spielt dies bei grösseren GVU eine eher un- Frage nach den Kriterien für die Definition der Marktzu- tergeordnete Rolle. Vielmehr sehen diese Unternehmen in gangsgrenze. Derzeit befindet sich diese gemäss VV bei 200 zweiter Priorität die Möglichkeit einer Teilmarktöffnung für Nm3/h (resp. 150 Nm3/h ab dem Gasjahr 2015/16). Dies ent- Grosskunden und einer Grundversorgung ohne Marktzugang spricht bei einer mittleren Benutzungsdauer einem Energie- im Retailsegment. Gemäss Branchenvertretern ist der Hin- bedarf von rund 6 GWh (resp. 4.5 GWh).10 Im Vergleich dazu tergrund zu dieser Feststellung, dass sich Erdgas bereits wurde die Zugangsgrenze im Strommarkt beim ersten heute in einer Wettbewerbssituation mit anderen Energieträ- Marktöffnungsschritt per 1. Januar 2009 mit 0.1 GWh bzw. gern befindet und eine vollständige Marktöffnung aufgrund 100 MWh signifikant tiefer angesetzt.11 Die Ausgestaltung der der damit verbundenen zusätzlichen Aufgaben (z. B. Lieferan- Marktöffnung resp. der Marktzugangsgrenze wird aktuell im tenwechselprozesse) zu höheren Transaktionskosten führen Rahmen von laufenden Studien des Bundesamtes für Ener- würde. Dadurch könnte die Konkurrenzfähigkeit von Erdgas gie evaluiert. Mögliche Einflussfaktoren auf diese Ausgestal- gegenüber anderen Energieträgern (insb. Heizöl) negativ be- tung sind die aufgrund von auslaufenden Langfristverträgen einflusst werden. Ziel der Branche könnte es somit sein, eine gewonnene Flexibilität der GVU sowie die erwarteten Trans- weiterführende Marktöffnung mit einem kosteneffizienten aktionskosten von Lieferantenwechselprozessen. 9 GVU mit einem Absatz bis 1’000 GWh. 10 Kapazität (200 Nm3/h) × Heizwert (10 kWh/Nm3) × Benutzungsdauer (3’000 h). 11 Vgl. Art. 6 Abs. 2 Stromversorgungsgesetz. 9RZ_EVU_MAFO_2015.indd 15 02.07.15 16:51
16 | Marktstruktur und Wettbewerb Grösster Wettbewerbsdruck aus der schweizerischen Gasbranche Jährliche Wechselquote von 3.5 % Stärkere Kooperationen unter Beibehaltung der Eigenständigkeit 9RZ_EVU_MAFO_2015.indd 16 02.07.15 16:51
17 | Marktstruktur und Wettbewerb ABBILDUNG 7 Wer sind die Wettbewerber in einem zukünftigen schweizerischen Gasmarkt? 3.83 Akteure der heutigen schweizerischen Gaswirtschaft 4.49 3.63 Akteure aus der übrigen schweizerischen Energiewirtschaft 4.14 3.66 Ausländische Akteure der «traditionellen» Energiewirtschaft 4.10 4.60 Unabhängige in-/ausländische Vertriebsgesellschaften 3.43 Schweizerische Akteure ausserhalb der Energiewirtschaft 3.12 2.5 3.0 3.5 4.0 4.5 5.0 2013 2015 Skala: 1 = kein Wettbewerb, 6 = höchste Wettbewerbsintensität In den letzten beiden Jahren ist bei den Studienteilnehmern Verschachtelungseffekten profitieren. Zudem lohnt es sich für ein starker Wandel bezüglich der erwarteten Bedrohung durch diese Unternehmen aus Sicht möglicher Grössenvorteile nur Mitbewerber festzustellen. Während vor zwei Jahren primär bedingt, eigene Vertriebseinheiten und die entsprechende Sys- ausländische Vertriebsunternehmen als Bedrohung empfun- temlandschaft aufzubauen, ohne eine offensive Vertriebsstra- den wurden, stehen diese heute nicht mehr im Fokus der tegie ausserhalb des angestammten Versorgungsgebiets zu Wahrnehmung (Abbildung 7). Vielmehr wird erwartet, dass verfolgen. sich der Wettbewerb zwischen bisherigen «Verbündeten» in- Grössere GVU13 erwarten neben einer verstärkten Konkurren- nerhalb der vertikal organisierten schweizerischen Gasbran- zierung innerhalb der Branche auch den Markteintritt von aus- che abspielen wird. Möglicherweise haben auch verschiedene ländischen Unternehmen. Diese haben neben den notwendi- marktseitige Initiativen von einzelnen GVU in jüngerer Vergan- gen Kompetenzen allenfalls auch Long-Positionen in den genheit zu diesem Stimmungsumschwung beigetragen. eigenen Erdgasportfolios und verfügen teilweise auch über die Insbesondere kleinere und mittlere GVU12 erwarten eine ver- für den «Kauf» von Marktanteilen erforderliche Finanzkraft. stärkte Konkurrenzierung innerhalb der Branche. Hintergrund Zusätzlich lockt für diese Anbieter in der Schweiz ein im Ver- ist die Befürchtung einer abnehmenden Solidarität zwischen gleich zu den umliegenden Märkten attraktives Preisniveau den Unternehmen, welche beispielsweise die Erdgasmengen (vgl. hierzu auch Abbildung 13 zur Preisentwicklung im Kun- nach wie vor mehrheitlich gemeinsam beschaffen und so von densegment Haushaltungen). 12 GVU mit einem Absatz bis 1’000 GWh. 13 GVU mit einem Absatz über 1’000 GWh. 9RZ_EVU_MAFO_2015.indd 17 02.07.15 16:51
18 | Marktstruktur und Wettbewerb ABBILDUNG 8 Welche mengenbasierte jährliche Wechselquote (GWh) erwarten Sie im Segment der nach den geltenden Regeln der Verbändevereinbarung marktzugangsberechtigten Kunden in den kommenden fünf Jahren? 4.9% 5% 4.3% 4.0% 4% 3.7% 3.5% 3.5% 3.3% 3% 2.8% 2.7% 2% 1% 0% 0–500 GWh 501–1’000 GWh >1’000 GWh Dritte Schweiz Wechselquote Schweiz Kundenverluste eigenes Unternehmen Die erwarteten mengenbasierten jährlichen Wechselquoten in Eine wesentliche Erkenntnis ist, dass kleinere GVU14 generell den kommenden fünf Jahren und somit vor einer allfälligen von geringeren Wechselquoten im Markt bzw. eigenen Kun- gesetzlichen Regulierung (GasVG) sind nach wie vor tief (Abbil- denverlusten ausgehen. In der Regel haben diese Unterneh- dung 8). Gegenüber der letzten Umfrage im Jahr 2013 ist je- men keine oder nur wenige Kunden, welche gemäss der VV doch ein moderater Anstieg der erwarteten Wechselquote bei marktzugangsberechtigt sind. Diese Einschätzung korrespon- den marktzugangsberechtigten Kundensegmenten von 2.9 % diert auch mit den aktuellen Gegebenheiten, dass lediglich 31 auf 3.5 % erkennbar. Mittlerweile resultiert auch bei den er- lokale GVU ihre Netznutzungsentgelte veröffentlichen.15 Mittle- warteten eigenen Kundenverlusten eine pessimistischere Ein- re GVU16 sehen sich gegenwärtig eher als Verlierer, indem sie schätzung. So stiegen im gleichen Zeitraum die erwarteten die eigenen Kundenverluste deutlich höher als die marktseiti- mengenbasierten jährlichen eigenen Kundenverluste von ge Wechselquote einschätzen. Demgegenüber stehen die 0.8 % auf 3.3 %. Die Einschätzungen der Studienteilnehmer zur grossen GVU,17 welche von einer vorteilhafteren Entwicklung Entwicklung im Markt und zur Entwicklung im eigenen Unter- der eigenen Kundenportfolien als derjenigen der Wechsel- nehmen sind nun vergleichbar. quote im Markt ausgehen. 14 GVU mit einem Absatz bis 500 GWh. 15 Gemäss der VV besteht eine Pflicht zur Veröffentlichung der lokalen Netznutzungsentgelte für alle GVU mit industriellen Kunden, welche die entsprechenden Marktzugangskriterien erfüllen. 16 GVU mit einem Absatz zwischen 500 GWh und 1’000 GWh. 17 GVU mit einem Absatz über 1’000 GWh. 9RZ_EVU_MAFO_2015.indd 18 02.07.15 16:51
19 | Marktstruktur und Wettbewerb ABBILDUNG 9 Entwicklung Lieferantenwechsel bei Industrie- und Gewerbekunden (Deutschland)18 15% 12.9% 12.7% 12.3% 12.2% 10% 5.8% 5.1% 5.2% 5% 1.9% 0% 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 EXKURS: WECHSELQUOTEN IM LIBERALISIERTEN MARKT In Deutschland betrug die mengenbasierte jährliche Wech- 300 MWh. Umgerechnet auf die Schweiz ergäbe dies rund selquote im Jahr 2013 bei den Haushaltskunden rund 9.1 % 58’000 Lieferantenwechsel pro Jahr.20,21 Diese Lieferanten- und bei den Gewerbe- und Industriekunden rund 12.7 %19 wechsel sind mit Transaktionskosten verbunden, welche (Abbildung 9). Interessanterweise kann bei den Haushalten grundsätzlich auf verschiedene Arten kompensiert werden festgestellt werden, dass Kunden mit einer grösseren Be- können. Sie können auf die Kunden überwälzt werden, die zugsmenge und somit auch mit einem höheren Einsparpo- bisherige Marge reduzieren oder durch Effizienzsteigerung tenzial ihren Lieferanten häufiger gewechselt haben. Bei den egalisiert werden. Die Erfahrungen in bereits liberalisierten Gewerbe- und Industriekunden war dies genau umgekehrt. europäischen Märkten zeigen jedoch, dass eine Überwälzung Dies lässt sich allenfalls damit erklären, dass die grösseren der zusätzlichen Kosten auf die Kunden durch den Wettbe- Kunden ihre Beschaffung bereits in früheren Jahren opti- werb limitiert ist und tendenziell die eigenen Margen erodie- miert haben und im Jahr 2013 keine Lieferantenwechsel nö- ren. Um diesen Effekt auszugleichen, werden bei den GVU tig waren. entsprechende Einsparpotenziale gesucht. So werden bei- Insgesamt wechselten im Jahr 2013 in Deutschland rund spielsweise zwecks Nutzung von Grössenvorteilen von den 1.22 Mio. Messpunkte den Lieferanten, davon 1.18 Mio. im Unternehmen ganze Funktionen (Billing, etc.) im Sinne eines Kundensegment mit einem jährlichen Verbrauch von unter Shared Service an Dritte ausgelagert. 18 Mengenbezogene Quote für alle Verbraucher > 300 MWh/Jahr 19 Monitoringbericht 2014, Bundesnetzagentur, 14. November 2014. 20 Herleitung der Anzahl von Lieferantenwechseln in der Schweiz (exkl. Gaskraftwerke in Deutschland): 37 TWh Schweiz/786 TWh Deutschland × 1.22 Mio. Messpunkte Deutschland. 21 Jahresstatistik 2014, Verband der Schweizerischen Gasindustrie. 9RZ_EVU_MAFO_2015.indd 19 02.07.15 16:51
20 | Marktstruktur und Wettbewerb ABBILDUNG 10 Marktanteile auf Basis der Anzahl Heizungen pro Energieträger (Schweiz) 60% 58.5% 50% 49.1% 40% 30% 20% 17.2% 15.6% 12.0% 12.0% 10% 10.6% 8.5% 9.9% 2.8% 1.9% 0% 1990 2000 2010 2013 Heizöl Gas Holz Wärmepumpe Elektrizität Sonstige EXKURS: ROLLE VON ERDGAS IM WÄRMEMARKT Der Wärmemarkt ist ein Substitutionsmarkt, in welchem ver- Tabelle 1 – Anzahl Heizungen pro Energieträger Schweiz schiedene Energieträger eingesetzt werden können. Diese Energieträger unterscheiden sich beispielsweise in Bezug auf 2010 2013 ∆% die Kosten, die Umweltbelastung und die zeitliche und örtliche Verfügbarkeit. Zudem werden die einzelnen Energieträger HEIZÖL 841’036 827’307 –1.6 % auch unterschiedlich von eidgenössischen, kantonalen und GAS 248’048 263’094 6.1 % kommunalen Klimaschutzmassnahmen (bspw. Lenkungsab- gaben und Förderprogramme) beeinflusst. HOLZ 198’624 201’461 1.4 % Die Bedeutung von Gas hat in der jüngeren Vergangenheit als WÄRMEPUMPE 140’844 178’118 26.5 % Energieträger für Wärmeanwendungen in Gebäuden zuge- nommen (Abbildung 10).22 Diese Entwicklung steht interessan- ELEKTRIZITÄT 168’098 166’377 –1.0 % terweise im Gegensatz zur gesellschaftlichen Tendenz zur FERNWÄRME 29’596 30’023 1.4 % Vermeidung von CO2 und der pessimistischen Einschätzung der gesetzlichen Rahmenbedingungen durch die Studienteil- SONNENKOLLEKTOR 2’242 2’974 32.6 % nehmer. Im Jahr 2013 wurden über 15.6 % aller Gebäude mit KOHLE 2’180 1’912 –12.3 % Gas beheizt. Dies entspricht knapp einer Verdoppelung von ANDERE ENERGIETRÄGER 9’383 9’623 2.6 % 8.5 % seit dem Jahr 1990. Im Gegensatz dazu sinkt der Markt- anteil von Heizöl seit dem Jahr 1990 kontinuierlich von 58.5 % auf 49.1 % im Jahr 2013. Die Entwicklung von Gas wurde nur durch die Entwicklung der Wärmepumpen übertroffen. Diese haben im gleichen Zeitraum den Marktanteil von 1.9 % auf 10.6 % gesteigert. 22 Gebäude- und Wohnungsstatistik, Bundesamt für Statistik, 7. August 2014. 9RZ_EVU_MAFO_2015.indd 20 02.07.15 16:51
21 | Marktstruktur und Wettbewerb ABBILDUNG 11 Erwarten Sie im Rahmen der aktuellen Gegebenheiten in den kommenden Jahren eine Konsolidierung bei den Gasversorgungsunternehmen? Kooperative Modelle unter Beibehaltung der Eigenständigkeit 90% 10% Spezialisierung von Unternehmen unter Aufgabe 75% 25% von bisherigen Geschäftsaktivitäten Horizontale Konsolidierung bei den 65% 35% Gasversorgungsunternehmen Vertikale Konsolidierung bei den 34% 66% Gasversorgungsunternehmen 0% 20% 40% 60% 80% 100% Ja Nein Im Fokus der Studienteilnehmer (90 %) stehen in den kom- Im Vergleich zur Umfrage im Jahr 2013 erwarten die Studien- menden Jahren kooperative Zusammenarbeitsmodelle unter teilnehmer eine geringere Konsolidierungsaktivität auf hori- Beibehaltung der Eigenständigkeit (Abbildung 11). Bei diesen zontaler und vertikaler Ebene. Der Konsolidierungsdruck Modellen werden definierte Aufgaben im Sinne eines Shared scheint nachgelassen zu haben. Nichtsdestotrotz erwartet Service an Dritte ausgelagert. Ein Beispiel hierfür ist der Zu- nach wie vor eine Mehrheit der Studienteilnehmer (65 %) in kauf von energiewirtschaftlichen Leistungen, wie dem Port- den kommenden Jahren eine horizontale Konsolidierung in foliomanagement, welche aufgrund fehlender Grössenvortei- der Branche auf gleicher Wertschöpfungsstufe. Dies gilt ins- le nur von wenigen grossen GVU selbständig wirtschaftlich besondere für kleinere GVU.23 In diesem Kontext werden in erbracht werden können. der Branche u.a. auch der Fortbestand der bisherigen drei Weiter werden von drei Vierteln der Studienteilnehmer (75%) Wertschöpfungsstufen kontrovers diskutiert. Die vertikale in den kommenden Jahren eine stärkere Spezialisierung der Konsolidierung hingegen scheint derzeit weniger im Fokus Unternehmen unter Aufgabe von bisherigen Geschäftsaktivi- der Unternehmen zu stehen. Nur noch rund ein Drittel der täten erwartet. Bei der Spezialisierung werden vor allem eine Studienteilnehmer (34 %) erwartet eine vertikale Konsolidie- stärkere Ausrichtung an der Wertschöpfungskette und eine rung bzw. eine Zusammenführung von Aktivitäten auf der Konzentration auf das Kerngeschäft – beispielsweise im Sin- (über-)regionalen und der lokalen Stufe. ne einer konsequenten Entflechtung des Energie- und Netz- geschäfts (Unbundling) – als Treiber genannt. 23 GVU mit einem Absatz bis 500 GWh. 9RZ_EVU_MAFO_2015.indd 21 02.07.15 16:51
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