Gedenkstätte Berliner Mauer - Metallenes Modell der Berliner Mauer wird vorgestellt und getestet
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www.lv-selbsthilfe-berlin.de Zeitschrift der Landesvereinigung Selbsthilfe Berlin e. V. Heft 1/2011, 14. Jahrgang 16 13 4 4 Gedenkstätte Berliner Mauer Metallenes Modell der Berliner Mauer wird vorgestellt und getestet
Liebe Leserinnen, liebe Leser, spät kommt es, das erste Heft des Jahrgangs 2011. Doch hoffe ich, dass es trotzdem Ihren Zuspruch findet. Zum einen lag das verspätete Erscheinen daran, dass meine wiederholten Bitten um Beiträge so gut wie ungehört verhallt sind. Zum anderen mussten wir aus Gründen der Finanzierungssicherheit erst einmal die Bewilligung unserer Projektanträge bei den gesetzlichen Krankenkassen abwarten. Und dann gibt es ja noch das Problem mit der großen Belastung durch andere Aufgaben … Nun, das Geld ist da. Vielen Dank dafür! Warum die privaten Krankenkassen immer noch nicht herangezogen werden, wird wohl noch weiter im Mysterium der freien Marktwirtschaft verborgen bleiben. Eine momentane Flaute bei der Belastung habe ich ausgenutzt, dieses Heftchen zu produzieren. Aufmerksame Leserinnen und Leser werden feststellen, dass vor allem eine Person mit ihren Beiträgen das Heft gefüllt und damit gerettet hat: Es ist unser treuer und unheimlich fleißiger Autor Dr. Rudolf Turber, den wir hiermit ehrenhalber zum korrespondierenden Mitglied der Redaktion ernennen. Zu seinem Fleiß kommt hinzu, dass er keinen Cent nimmt. Dafür vielen Dank, Rudi! Das späte Erscheinen bringt es mit sich, dass wir gleich drei Berichte aus dem Landesbeirat für Menschen mit Behinderung veröffentlichen. Sie konnten zwar schon im Internet und in der „Berliner Behindertenzeitung“ nachgelesen werden, aber es soll ja immer noch Menschen geben, die zu diesen beiden Medien keinen Zugang haben … Ihr besonderes Augenmerk möchte ich auf die Einladung zur Wählerversammlung am 25. August lenken (S. 18). Die Antwort auf die gemeinsamen Wahlprüfsteine habe ich zum 31. Juli terminiert, so dass ich wahrscheinlich allein damit das nächste Heft unseres „FLAGGSCHIFFs“ bestreiten könnte. Ich werde mir jedenfalls größte Mühe geben, damit Ihnen die Antworten der Parteien noch vor der Wählerversammlung vorliegen und Sie sachkundig und gezielt Ihre Fragen stellen können. Auf den Seiten 22 und 23 wird von einem schönen Erfolg der Angehörigenvereine behinderter Menschen berichtet. Ich beabsichtige, der Mitgliederversammlung der LV Selbsthilfe im kommenden Herbst den Antrag vorzulegen, dass auch unser Dachverband der „Gemeinsamen Erklärung“ zur Umstellungsbegutachtung beitreten möge. Ein bemerkenswertes Projekt zur Herstellung von Barrierefreiheit in Film, Fernsehen und Internet wird ebenso vorgestellt wie vier recht lesenswerte Bücher. Und so hoffe ich, dass Sie über der interessanten Lektüre Ihren möglichen Gram über das verspätete Erscheinen vergessen. Es grüßt Sie herzlich Ihr Hartwig Eisel Editorial FLAGGSCHIFF 2
Editorial Der Vorsitzende Hartwig Eisel zur aktuellen Ausgabe ............................ 2 Behindertenpolitik Landesbeirat für Menschen mit Behinderung I ....................................... 4 Landesbeirat für Menschen mit Behinderung II ...................................... 6 Landesbeirat für Menschen mit Behinderung III ..................................... 8 Garten der Erinnerung .......................................................................... 11 Sie waren die ersten Opfer des Massenmordes: behinderte Menschen ........................................................................... 13 Wichtiges Handbuch für Abgeordnete .................................................. 14 Prominenter Besuch im Kleisthaus zur Eröffnung der Kampagne „Deutschland wird inklusiv – wir sind dabei!“ ........................................ 16 Aus der LV Selbsthilfe Berlin Dank für Spenden ................................................................................. 18 Einladung zur Wählerversammlung ...................................................... 18 Aus den Mitgliedsvereinen Besuch der Gedenkstätte Berliner Mauer ............................................. 19 Die Zukunft der stationären Behindertenhilfe ....................................... 20 Geballte Elternpower erkämpft Zugeständnisse der Senatsverwaltung ........................................................................... 22 Gemeinsame Erklärung ........................................................................ 23 Wissenswertes Barrierefreiheit bei audiovisuellen Medien. Ein neuer Weg .................. 24 Buchbesprechungen: Mehr als eine Rezeptsammlung … ....................................................... 27 Schmerzhafte Bewegungen .................................................................. 27 Nicht nur für Gourmets ......................................................................... 28 Ein aktuelles Thema: zweierlei Maß? ................................................... 29 Impressum ..................................................................................................... 31 3 FLAGGSCHIFF Inhalt
Landesbeirat für Menschen mit Behinderung I Informationen von der vierten Sitzung der 3. Amtsperiode. 12. Januar 2011, Rotes Rathaus Der Vorsitzende informierte den Beirat, von wären gegebenenfalls Schüler aus dass die Senatorin für Integration, Arbeit den Förderschwerpunkten „Lernen“, und Soziales auf die Resolution der letz- „emotionale und soziale Entwicklung“ ten Beiratssitzung hin einen Gesprächs- und „Sprache“ betroffen. termin zu unklaren Aspekten der so Auch die laufenden Verhandlungen um genannten Umstellungsbegutachtung den Rundfunk-Änderungsstaatsvertrag angeboten, aber aus Termingründen zeigen, wie wenig die UN-Konvention in wieder abgesagt hatte. Die Neueinstu- der allgemeinen politischen Wahrneh- fung des Hilfebedarfs der in stationären mung angekommen ist. Die Menschen Einrichtungen der Berliner Behinder- mit Behinderung werden bei diesen tenhilfe lebenden Menschen stößt auf Verhandlungen weder thematisch noch massive Kritik. Gegen ergangene Be- bei barrierefreien Angeboten ihrem An- scheide sind bereits 1000 Widersprüche teil an der Gesellschaft entsprechend eingelegt worden. Eine Klageflut wie bei berücksichtigt. Hartz IV deutet sich an. Es wird darauf Erfreulich ist dagegen, dass sich die gedrungen, dass der Gesprächstermin Landeswahlleiterin ernsthaft des The- bald nachgeholt wird. mas barrierefreie Wahllokale annimmt. In seinem aktuellen Bericht ging der In der anschließenden Diskussion wur- Landesbeauftragte für Menschen mit den unter anderem die für viele wieder Behinderungen, Herr Dr. Schneider, zu- inakzeptablen Zustände auf den Berliner nächst auf seine Bemühungen um das Gehwegen bei Winterwetter beanstan- Gaststättengesetz ein, das nach der det, insbesondere an den Straßenüber- Föderalismusreform jetzt auf Landes- gängen und an den Bushaltestellen. ebene neu formuliert werden muss. Für Im Rahmen der Berichte aus den inter- ihn kommt es dabei darauf an, dass Se- nen Arbeitsgruppen des Landesbeirats nat und Abgeordnetenhaus dem Geist wurde aus der AG Persönliche Assis- und Buchstaben der UN-Behinderten- tenz Positives über Gespräche mit dem rechtskonvention dahingehend folgen, Finanzsenator zur Vergütung der As- dass sämtliche Gaststätten, die neu in sistentinnen bzw. Assistenten berichtet. Betrieb genommen werden (erste Inbe- Auch Herr Dr. Nußbaum hat offenbar triebnahme), auch tatsächlich barriere- erkannt, dass sich bei den niedrigen frei sein müssen. Löhnen kaum noch Assistenten finden Bei dem aktuell diskutierten Konzept lassen und dass sich die Entlohnung „Inklusive Schule“ steht zu befürchten, noch verschlechtert, je mehr Stunden dass für drei Viertel der bisher geförder- bei dem einzelnen Assistenznehmer ten Schüler ein sonderpädagogischer notwendig sind. So hat der Senator Un- Förderbedarf möglicherweise in Zukunft terstützung im Hinblick auf eine Erhö- nicht mehr formell festgestellt wird. Da- hung der Vergütung zugesagt. Behindertenpolitik FLAGGSCHIFF 4
Blick ins Plenum der Landesbeiratssitzung vom 12. Januar 2011 Foto: Weineck Durch den Bericht des Arbeitskrei- gesammelt und dafür Schwerpunkte ses Barrierefreies Gesundheitswesen gesetzt. Im Hinblick auf die Erarbeitung wurde das Thema Versorgung und von Wahlprüfsteinen für die Abgeordne- Behandlung von schwerbehinderten, tenhauswahl im September 2011 kam insbesondere von assistenzbedürftigen das Gremium überein, die Fragestel- Menschen in Krankenhäusern ange- lung konsequent an der UN-Behinder- sprochen. Beschlossen wurde deshalb, tenrechtskonvention auszurichten und das Thema in einer der nächsten Sitzun- die Antworten der Parteien daran zu gen des Landesbeirats zu behandeln. messen. Auch in der interministeriellen Aus der AG Gebärdensprache und Arbeitsgruppe, die auf Landesebene die Kommunikation Hörgeschädigter wurde Umsetzung der UN-Konvention konkre- beklagt, dass beim rbb kaum eine Ver- tisieren soll, sind die dort vertretenen besserung des Untertitelangebots zu er- Beiratsmitglieder aufgefordert, mög- kennen ist. Die Berliner Feuerwehr be- lichst detailliert die Gesetze und unter- absichtigt, über das Notruf-Fax hinaus gesetzlichen Regelung hinsichtlich ihres einen web- und sms-basierten Notruf Änderungsbedarfs zu überprüfen. einzurichten. Ein Antrag der Rheuma-Liga auf Än- Für die Jahresplanung des Landes- derung der Nutzungssatzung der Ber- beirats 2011 wurden wichtige Themen liner Bäderbetriebe wurde abgeändert. 5 FLAGGSCHIFF Behindertenpolitik
Es handelt sich darum, dass auch die Programme per Einzelfallentscheidung Angebote von Organisationen der zulässt. Ihm soll zu diesem Zweck eine Menschen mit Behinderung, die einer Liste der infrage kommenden Organisa- verbesserten Mobilität dienen (z. B. tionen übergeben werden. Unabhängig Wassergymnastik), in den Katalog der davon soll eine dauerhafte Lösung in geförderten Sportarten aufgenommen den Katalog der noch auf Grundlage werden. Die Nutzungssatzung war 2005 der UN-Konvention zu verändernden und 2010 modifiziert worden, ohne dass Normen und Gesetze aufgenommen der Aufsichtsrat der Berliner Bäderbe- werden. triebe die entsprechenden Wünsche Beschlossen wurde schließlich noch, des Landesbeirats berücksichtigt hätte. das über Weihnachten aufgetretene Diese Änderung nachträglich durchzu- „Oberchaos“ beim Sonderfahrdienst setzen erscheint wenig erfolgverspre- schriftlich zu kritisieren und mit persön- chend. Deshalb soll von der Möglichkeit lichen Erfahrungsberichten einzelner nach § 2 Abs. 3 der Nutzungssatzung Nutzer öffentlichen Druck zu erzeugen, Gebrauch gemacht werden, dass der damit mehr Fahrzeuge eingesetzt wer- für Sport zuständige Senator solche den. Landesbeirat für Menschen mit Behinderung II Informationen von der fünften Sitzung der 3. Amtsperiode. 2. März 2011, Rotes Rathaus Der Landesbeirat hatte sich für die 5. warum es zu Engpässen kommt: Angeb- Sitzung seiner Amtsperiode zwei wich- lich seien die eingereichten Unterlagen tige „Baustellen“ vorgenommen. Eine nicht immer vollständig, die Hausärzte betraf die Kritik an der Arbeit des Ver- lieferten nicht rechtzeitig die Befunde, sorgungsamtes, die zweite den Stand es gäbe wegen der vergleichsweise der Umsetzung der Pflegestützpunkte niedrigeren Honorare für externe Gut- in Berlin. achten und der geringeren Entlohnung Nicht erst in jüngster Zeit gibt es immer hauseigener Ärzte schlechtere Konkur- wieder Beschwerden über die Arbeit des renzbedingungen gegenüber anderen Versorgungsamtes beim Landesamt Reha-Trägern. Man habe schon interne für Gesundheit und Soziales. Bearbei- Maßnahmen zur Entlastung ergriffen. tungszeiten von einem Jahr und länger, Nicht ganz überzeugt, entließen die Bei- Verschleppung der Anerkennung bei ratsmitglieder die Gäste mit dem Ver- lebensbedrohlich erkrankten Menschen sprechen, weiter ein wachsames Auge und vieles mehr … Statt des geladenen auf die Arbeit des Versorgungsamtes zu Präsidenten des LaGeSo erschien der haben und sie gegebenenfalls wieder Leiter des Versorgungsamtes, Herr Kit- vor den Landesbeirat zu laden. zerow, mit einer leitenden Mitarbeiterin. Zu den Pflegestützpunkten, die es seit Mit wenig überzeugenden Begründun- anderthalb Jahren in Berlin gibt, hatte gen versuchten die Gäste zu erklären, der Landesbeirat eine skeptische Hal- Behindertenpolitik FLAGGSCHIFF 6
tung, denn das negative Beispiel der der Behindertenbeauftragten an den Gemeinsamen Servicestellen für Re- Hochschulen durchzusetzen. habilitation ließ befürchten, dass auch Beim Gaststättengesetz gehen die An- hier neue, parallele und konkurrierende strengungen immer noch dahin, bei der Beratungsstrukturen aufgebaut würden, Neueröffnung von Gaststätten die Barri- die kaum jemand in Anspruch nehmen erefreiheit zwingend vorzuschreiben. In will. Doch welche Überraschung: Die einem Streitgespräch mit dem Berliner mittlerweile 26 bestehenden Pflege- Landeskonservator, Prof. Haspe, wurde stützpunkte werden von der Bevölke- Konsens darüber erzielt, dass nicht je- rung angenommen. Die Rede war von der Nutzungszweck für jedes Baudenk- 100 bis 600 Ratsuchenden in jedem mal geeignet ist, wenn die Barrierefrei- Monat. Positiv wirkt sich aus, dass mit heit nicht hergestellt werden kann. den ehemaligen Koordinierungsstel- Vor Dr. Schneider liegt als aktuelle Auf- len Rund ums Alter die kommunalen gabe, den Verstöße- und Tätigkeitsbe- Pflegestützpunkte bereits eingeführt richt anzufertigen. Als Verstöße wolle er waren und sind. Mit der zunehmenden – im Zusammenhang mit notwendigen Alterung der Gesellschaft wächst sich Umsetzung der UN-Behindertenrechts- die Pflegebedürftigkeit zu einem ge- konvention im Kontext mit dem Artikel sellschaftlichen Problem aus, das nach 11 der Verfassung von Berlin – den einem adäquaten Beratungsangebot Regelungsbedarf aus der Problematik ruft. Unsere Gäste, Frau von Lersner- der Grimm-Bibliothek für die Berliner Wolf von der Senatsverwaltung für In- Bauordnung, den Rundfunkänderungs- tegration, Arbeit und Soziales und Frau staatsvertrag und das Gesamtkonzept Gorny von der AOK Nordost, konnten „Inklusive Bildung“ behandeln. Schwer- überzeugend von den Leistungen der punkte seines Tätigkeitsberichts sollen Pflegestützpunkte berichten, auch da- u. a. die Arbeit einer Architektengruppe von, dass nach und nach Kontakte zu sein, die als Sachverständige für Barri- den Beratungsstrukturen der Selbsthil- erefreiheit Vorschläge für eine Novellie- feorganisationen hergestellt werden. rung der Bauordnung vorbereitet, sowie Hinsichtlich der Vorstellungen von Bar- das Konzept der Sozialraumorientie- rierefreiheit der Stützpunkte scheint rung von Einrichtungen für behinderte es allerdings noch einige Unklarheiten Menschen sein. Ein entsprechendes zu geben. Abgerundet wurde der rela- Projekt sei gerade von der Türkischen tiv gute Eindruck von der Auskunft der Frauenvereinigung BETAK e. V. mit Vertreterinnen des Beirats in den Kont- der für April vorgesehenen Eröffnung rollgremien der Pflegestützpunkte, dass einer Anlauf- und Begegnungsstelle in ihre Meinung dort voll respektiert werde. Räumlichkeiten des Werkstattträgers In seinem obligatorischen Bericht konnte USE in der Kreuzberger Oranienstraße der Landesbeauftragte, Dr. Schneider, gestartet worden. Positiv vermerkten berichten, dass es in Zusammenarbeit die Beiratsmitglieder, dass die Regio- mit dem Fachbereich und der Leitung nalagentur für Arbeit ihren Beitrag dazu der Senatssozialverwaltung gelungen leisten will. sei, im Entwurf des neuen Hochschul- Der Landesbeirat bestätigte einstimmig gesetzes die gesetzliche Verankerung eine Stellungnahme zum Zwischenbe- 7 FLAGGSCHIFF Behindertenpolitik
richt des Senats an das Abgeordne- gegen die gravierenden Mängel beim tenhaus zur Umsetzung der UN-Kon- Sonderfahrdienst für behinderte Men- vention, die auf Beschluss der letzten schen, der zweite bezieht Stellung zum Sitzung von den Delegierten in der Gesamtkonzept „Inklusive Bildung“ des interministeriellen Facharbeitsgruppe Senats. Auch diese Beschlüsse können und den Vorsitzenden des Beirats ein- im Internet nachgelesen werden. schließlich des Landesbeauftragten er- Nicht unerwähnt bleiben soll, dass der arbeitet worden war. Sie ist nachzulesen Vorsitzende während der Protokoll- und unter http://www.berlin.de/lb/behi-beirat/ Beschlusskontrolle die flinke Arbeit des berichtearchiv/. Keinesfalls bedeutet sie „Blitz-“Berichterstatters Rainer Sanner das letzte Wort in dieser Sache. Auch sowie die Anstrengung der Redaktion zum Aktions-/Maßnahmenplan, der bis der Berliner Behinderten-Zeitung aus- Mitte Juni vorzulegen ist, wird sich der drücklich lobte, die es noch ermöglicht Landesbeirat artikulieren. hatte, den Bericht von der Januarsit- Zum TOP „Verschiedenes“ wurden zwei zung schon in ihrer Februarausgabe zu Beschlüsse gefasst. Der eine richtet sich platzieren. Landesbeirat für Menschen mit Behinderung III Informationen von der sechsten Sitzung der 3. Amtsperiode. 4. Mai 2011, Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales In seinem aktuellen Bericht ging der mag noch kein endgültiges Urteil zu Landesbeauftragte für Menschen mit dem gegenwärtig vorliegenden Ent- Behinderungen, Herr Dr. Schneider, zu- wurf abgeben, da das Ergebnis des nächst auf das neue Hochschulgesetz Mitzeichnungsverfah rens noch nicht ein, über das voraussichtlich noch im vorliegt.. Monat Mai entschieden werden sollte. Mit seinem Verstöße- und Tätigkeitsbe- Bei der bestehenden Problemgruppen- richt beabsichtigt Dr. Schneider nicht, konkurrenz sei Engagement gefordert, kleine Verstöße auf Landes- und Be- um Studierenden mit Behinderung Pri- zirksebene aufzulisten, sondern er will orität zu verschaffen. über Themenschwerpunkte die Ver- Das Verfahren zum neuen Berliner bindung zwischen Artikel 11 der Ver- Gaststättengesetz sei ausgesetzt wor- fassung von Berlin und der UN-BRK den. Die Forderung, keine neuen Gast- verdeutlichen. Er weist darauf hin, dass stätten mit Barrieren zuzulassen, müsse Berlin mit den Leitlinien zum Ausbau also bei einem Neustart in der nächsten als behindertengerechte Stadt und dem Legislaturperiode durchzusetzen ver- Gesetz zu Artikel 11 der Verfassung sucht werden. von Berlin bereits in den 1990er-Jahren Ein Aktions- und Maßnahmenplan Grundsatzdokumente geschaffen hatte, zur Umsetzung der UN-Konvention in die mit der UN-Behindertenrechtskon- Berlin soll im Juni dem Abgeordneten- vention eine neue Qualität gewinnen. haus vorgelegt werden. Dr. Schneider Thema des Verstößeberichts wird die Behindertenpolitik FLAGGSCHIFF 8
gegenwärtige Verweigerungshaltung für Behinderung zur Musterbauordnung des Berliner Senats im Hinblick auf eingebracht werden. die Berliner Bauordnung, das inklusive Herr Dr. Schneider schloss mit drei Hin- Schulkonzept und den Rundfunkände- weisen: zur nunmehr vom Fahrgastbei- rungsstaatsvertrag sein. Im Tätigkeits- rat verabschiedeten Geschäftsordnung, bericht wird u.a. eine neu gegründete zur von einer Arbeitsgruppe erarbeiteten Arbeitsgruppe von Architektinnen bzw. Checkliste zur barriere freien Konzep- Architekten – Fachleuten für barriere- tion und Gestaltung von Ausstellungen freies Planen und Bauen – herausge- sowie zu in letzter Zeit mehrmals von stellt. Sie erarbeitet gegenwärtig einen der BVG (ohne Widerspruch vonseiten Entwurf für die Novellierung der Berliner der Senatsverwaltung für Stadtentwick- Bauordnung im Sinne der UN-Konventi- lung) geäußerten Willensbekundungen, on. Er soll am 1. Juni 2011 in Dresden den ÖPNV in Berlin bis zum Jahre 2020 in die Beratung der Landesbeauftragten barrierefrei zu gestalten. Solche Selbst- Die Sitzungsleitung des Landesbeirats am 12. Januar 2011. Rechts Dörte Gregor- schewski, stellvertretende Vorsitzende, in der Mitte der Vorsitzende, Hartwig Eisel. Links Dr. Jürgen Schneider, Landesbeauftragter für Menschen mit Behinderung Foto: Weineck 9 FLAGGSCHIFF Behindertenpolitik
verpflichtungen, die auch Ausfluss der und dass die Kooperationsbereitschaft guten Arbeit der beteiligten Arbeitsgrup der jeweiligen Verwaltung mit den betei- pen seien, sollten seines Erachtens ligten Betroffenen oft subjektiv von den stärker herausgestellt werden. handelnden Personen bestimmt sei. Als Vorsitzender des Landesbeirats Diskutiert wurde, ob sich die Fachlich- berichtete Hartwig Eisel anschließend, keit von Menschen mit Behinderungen dass ein Entwurf von Wahlprüfstei- nicht etwa aus den politischen Forde- nen für die kommenden Wahlen zum rungen ergebe, die sie aus ihrer Be- Berliner Abgeordnetenhaus vorliege. troffenheit heraus formulieren. Ist nicht Er habe sich bemüht, diese behinde- doch notwendig, über die Beschreibung rungsübergreifend, aber auch so kon- der Betroffenheit hinaus und aufgrund kret wie möglich zu formulieren. In der erworbe ner Fachlichkeit mit der Ver- Diskussion wurde ergänzt, dass auch waltung auf Augenhöhe zu kommen? In die Themen Gebärdensprache, Ausbau vielen Lebensbereichen zeigt sich heute des Berliner Sonderfahrdienstes und deutlich, dass die in der Diskussion mit Zukunft der Eingliederungshilfe sowie der Verwaltung erzielten Erfolge gerade die Frage nach der Haltung der jewei- auf der eigenständigen, spezialisierten ligen Partei zum Bau eines würdigen Interessenvertretung von Menschen mit T4-Mahnmals aufgenommen werden Behinde rung beruhen. Im Zusammen- sollen. hang damit wurde auch die Überlegung Am 25. August führt die LV Selbsthilfe eingebracht, im Bedarfs fall unbedingt um 16.30 Uhr im Roten Rathaus eine externe Fachleute hinzuzuziehen. Wählerversammlung für Menschen mit Beschlossen wurde schließlich noch im Behinderung mit Kandidatinnen bzw. Landesbeirat eine neue Arbeitsgruppe Kandidaten der verschiedenen Parteien für „Menschen mit Behinderung und Mi- durch. Eingeladen sind nicht nur de- grationshintergrund“ einzurichten. Die ren sozial- und behindertenpolitischen Entscheidung über einen Antrag der AG Sprecher, sondern auch die für Bildung, „Persönliche Assistenz“, der Landesbei- Bauen, Verkehr und Frauen. rat solle sich für die Rücknahme eines Im Hinblick auf die internen Arbeits- von der Senatsverwaltung für Integra- gruppen wie auch die Arbeitsgruppen tion, Arbeit und Soziales vorgelegten „Menschen mit Behinderung“ bei den Fragebogens und eines dazugehörigen Senatsverwaltungen wurde diskutiert, Leitfadens zur individuellen ambulanten ob dort nicht immer wieder die Betrof- Pflegegesamtplanung aussprechen und fenen deutlich an ihre Grenzen stoßen, ein Verfahren zur Hilfebedarfsermittlung da sie als Ehrenamtler nicht über die erarbeiten, wurde auf eine spätere Sit- Ressourcen der Verwaltung verfügen zung des Landesbeirats verschoben. und immer wieder Mühe mit der Menge Des Weiteren wurde ein Beschluss ge- und der rechtlichen Beurteilung des Ma- fasst, mit dem der Landesbeirat die Se- terials haben. Dem wurde entgegenge- natorin für Integration, Arbeit und Sozia- halten, dass sich auch die anwesenden les auffordert, ihre Verwaltung solle die Vertreter der Verwaltung mitunter nicht Resolution „Umgestellt ≠ abgestellt?!“ sehr kundig in den für Menschen mit der Eltern-/Angehörigenvereine mit un- Behinderung relevanten Fragen zeigten terzeichnen. Behindertenpolitik FLAGGSCHIFF 10
Bundestagspräsident Norbert Lammert (Mitte) eröffnet mit der Autorin Valentina Pavlova (neben ihm) die Ausstellung „Garten der Erinnerung“. Im Rollstuhl davor Ilja Seifert, MdB-Die Linke Foto: Eisel Garten der Erinnerung Von Robert Parzer, http://gedenkort-t4.eu/2011/01/26/garten-der-erinnerung/ Von der Stiftung Denkmal für die ermor- In der Ausstellung „Garten der Erinne- deten Juden Europas, dem Deutschen rung“ standen 40 Kinderporträts und Paritätischen Wohlfahrtsverband, Lan- 40 blühende Apfelbäume stellvertre- desverband Berlin und der Bundesver- tend für alle Kinder, die Opfer der NS- einigung Lebenshilfe für Menschen mit „Euthanasie“ wurden. Im Anschluss Behinderung e. V. gefördert, hat die an die Gedenkstunde anlässlich des Künstlerin Valentina Pavlova die Aus- Gedenktags an die Opfer des National- stellung entwickelt, die auf Einladung sozialismus im Deutschen Bundestag von Bundestagspräsident Prof. Dr. Nor- am 27. Januar 2011 wurde der Bundes- bert Lammert im Deutschen Bundestag tagspräsident mit seinen Gästen von gezeigt wurde. Valentina Pavlova und dem Direktor der Stiftung Denkmal für die ermordeten 11 FLAGGSCHIFF Behindertenpolitik
Juden Europas, Uwe Neumärker, durch die Ausstellung auf der Fraktionsebene des Reichstagsgebäudes geführt. Der Wille der Nationalsozialisten, in ihren Augen „lebensunwertes Leben“ auszulöschen, wurde im Deutschen Reich erstmals systematisch mit den „Euthanasie“-Verbrechen 1940/41 um- gesetzt. Die Opfer dieses Mordpro- gramms, später „Aktion T4“ nach dem Sitz der Zentrale in der Berliner Tiergar- tenstraße 4 genannt, waren deutsche und österreichische Frauen, Männer und Kinder, meist mit Behinderungen oder psychischen Erkrankungen. Am 16. Januar 1940 begannen Ver- schleppungen in Gasmordanstalten – nach Bernburg, Brandenburg/Havel, Grafeneck, Hadamar, Hartheim und Eines der wehrlosen Opfer Pirna-Sonnenstein. Über 70.000 Men- © V. Pavlova schen fielen der Aktion zum Opfer, bis sie im Sommer 1941 aufgrund öffentli- Menschen wurden nicht nur heimtü- cher Unruhe gestoppt wurde. Doch der ckisch ermordet – sie bekamen keine Massenmord von Patienten hatte be- Gräber und keine Grabsteine. Die in der reits nach Kriegsbeginn im September Ausstellung gezeigten Fotografien ste- 1939 auf dem Gebiet des eroberten Po- hen beispielhaft für etwa 10.000 geistig len begonnen. Und er wurde in Deutsch- oder körperlich behinderte und sozial land nach dem „Euthanasiestopp“ durch benachteiligte Säuglinge und Kinder, Überdosen von Medikamenten, Nah- die zwischen 1940 und 1945 dem Pa- rungsentzug oder Vernachlässigung der tientenmord zum Opfer fielen. Die Do- medizinischen Versorgung fortgesetzt. kumente entstammen Aktenbeständen Hinzu kamen ab Juni 1941 nach dem der früheren Provinzial-Heil- und Pfle- Angriff auf die Sowjetunion Massener- geanstalt Bonn, aus der 257 Mädchen schießungen im Osten. Die Aktionen und Jungen, darunter die hier gezeigten hatten eine europaweite Dimension mit Kinder, in den Tod abtransportiert wur- mindestens 300.000 Ermordeten. Diese den. Behindertenpolitik FLAGGSCHIFF 12
Sie waren die ersten Opfer des Massenmordes: behinderte Menschen Am 27. Januar, dem Gedenktag für die brauchen, zwangsweise zu sterilisieren Opfer des nationalsozialistischen Mas- und zu ermorden. In der Tiergartenstra- senmordes, legten der Beauftragte der ße 4 befand sich die koordinierende Bundesregierung für die Belange behin- Zentrale. Heute erinnert eine in die Erde derter Menschen, Hubert Hüppe, und eingelassene metallene Schriftplatte an zahlreiche weitere Persönlichkeiten an diese Verbrechen. der Berliner Tiergartenstraße 4 Kränze An der Kranzniederlegung nahmen teil: zum Gedenken an eine oft vergessene die behindertenpolitischen Sprecher der Opfergruppe nieder. Unter der Tarnbe- Bundestagsfraktionen, der Vorsitzende zeichnung „T4“ waren ab 1934 mehrere der Bundesvereinigung Lebenshilfe Ro- hunderttausend behinderte und psy- bert Antretter, der Berliner Landesbeauf- chisch erkrankte Menschen systema- tragte für Menschen mit Behinderung, tisch erfasst und selektiert worden, um Dr. Jürgen Schneider, der Vorsitzende sie für „Forschungszwecke“ zu miss- der Landesvereinigung Selbsthilfe und Bundesbeauftragter Hubert Hüppe bei seiner Ansprache. Neben ihm (mit Schal) Robert Antretter, Vorsitzender der Bundesvereinigung Lebenshilfe Foto: Eisel
des Berliner Landesbeirats für Men- fahren bestehen, dass so etwas wieder schen mit Behinderung, Hartwig Eisel, geschehen könnte!“ der Vorsitzende der Lebenshilfe Berlin, Auch in Berlin-Buch befindet sich ein Günter Jahn und weitere Vertreter von Ort des Gedenkens an die Opfer der Organisationen der Menschen mit Be- verbrecherischen „Euthanasie“. Hier hinderung in der Hauptstadt. befand sich einst das Kaiser-Wilhelm- Der Bundesbeauftragte Hüppe forderte Institut für Hirnforschung, dessen stell- die Einrichtung einer Gedenkstätte für vertretender Direktor Hallervorden eine die Opfer dieses menschenverachten- Sammlung mit dreitausend Gehirnen den Programms und betonte: „Noch dieser getöteten Menschen aufbaute. wichtiger ist es, die Geschichte der Er- Die Berliner Behindertenorganisationen mordung behinderter Menschen im Drit- kämpften mit Demonstrationen und Un- ten Reich zu dokumentieren, damit so- terschriftensammlungen lange darum, wohl jüngere wie auch ältere Menschen bis dort 1997 ein Mahnmal zum Geden- über dieses Vernichtungsprogramm ken an die Ermordeten errichtet wurde informiert werden. Eine Informations- – geschaffen von der Bildhauerin Anne- stätte sollte nicht nur informieren und Franziska Schwarzbach. Es stellt ein erinnern, sondern auch zeigen, wie es schutzloses, verstümmeltes Kind dar. dazu kommen konnte und welche Ge- Dr. Rudolf Turber Wichtiges Handbuch für Abgeordnete Am 24. März 2011 stellten die Vorsit- zen, über alle Fraktionsgrenzen hinweg zende des Bundestagsausschusses für gut aufgenommen und befürwortet. Arbeit und Soziales, Katja Kipping, und Teilhabe sei ein Menschenrecht gewor- der Beauftragte der Bundesregierung für den, und es gebe noch viele Barrieren, die Belange behinderter Menschen, Hu- die überwunden werden müssten. Er bert Hüppe, die deutsche Übersetzung verwies auch auf die Tätigkeit der Ko- des Parlamentarier-Handbuches der ordinierungsstelle und den Inklusions- Vereinten Nationen über die Rechte beirat, dessen Mitglieder mehrheitlich der Menschen mit Behinderung der behinderte Menschen sind –benannt Presse vor. An der Veranstaltung nah- vom Deutschen Behindertenrat. men auch die behindertenpolitischen Das UN-Handbuch soll Abgeordnete für Sprecher der Fraktionen teil. Probleme von Menschen mit Behinde- Seit zwei Jahren sind die UN-Konven- rungen sensibilisieren und ihre Sach- tion und das Fakultativprotokoll auch kenntnis erhöhen. Den Parlamenten für Deutschland gültig, dennoch gibt es und ihren Abgeordneten fällt bei der noch viele Fragen. Der Bundesbehin- Umsetzung der Konvention eine Schlüs- dertenbeauftragte Hüppe betonte ein- selrolle zu. So kann das Handbuch mit leitend, die Mitglieder des Ausschusses dazu beitragen, den Umsetzungspro- hätten seine Anregung, das nur in eng- zess sachkundig voran zu bringen. lischer Sprache vorliegende Handbuch Nicht umsonst ist dieses Ziel schon im der UNO und der Interparlamentari- Titel ausgedrückt: schen Union ins Deutsche zu überset- „Von der Ausgrenzung zur Gleichbe- Behindertenpolitik FLAGGSCHIFF 14
Im Podium bei der Vorstellung des Handbuchs (v. li.): Dr. Ilja Seifert (MdB Linke), Maria Michalk (MdB CDU), Martin Frey (Sekretär des Ausschusses für Arbeit und Soziales), Katja Kipping (MdB Linke, Vorsitzende des Ausschusses für Arbeit und Soziales), Hubert Hüppe (Beauftragter der Bundesregierung für die Belange behin- derter Menschen), Gabriele Molitor (MdB FDP) Fotos: Dr. R. Turber rechtigung – Verwirklichung der Rechte Thema Behinderung erhöht. Es sei als von Menschen mit Behinderungen“. ein „Schlüssel für die Zukunft“ zu be- Hier zwei Stimmen von behindertenpo- trachten und beispielgebend auch für litischen Sprechern der Parteien bei der die Umsetzung anderer Konventionen. Pressekonferenz: Viele Abgeordnete seien noch zu wenig MdB Maria Michalk (CDU/CSU) unter- informiert. strich die Bedeutung des Handbuchs, MdB Dr. Ilja Seifert (Die Linke): Es sei das die Sensibilität gegenüber dem endlich angekommen, dass Behinder- Haus Rosemarie Reichwein – Bildungs- und Begegnungsstätte Barrierefreies Gästehaus für Menschen mit Behinderungen des Spastikerhilfe Berlin e. V. mit 32 Betten und zwei Seminar- räumen für bis zu 60 Teilnehmer. Haus Rosemarie Reichwein des SHB e. V., Kranzallee 36, 14055 Berlin Tel.: 030/25 46 97 52 Fax: 030/25 46 97 53 haus.reichwein@spastikerhilfe.de www.spastikerhilfe.de Das Projekt wurde verwirklicht aus Mitteln der Stiftung Deutsche Klassenlotterie Berlin und der Aktion Mensch. 15 FLAGGSCHIFF Behindertenpolitik
tenpolitik auch Menschenrechtspolitik schen, denn an ihm lässt sich die Wirk- ist. An der Erarbeitung der Konvention lichkeit in der politischen Umsetzung hätten auch Menschen mit Behinderung ganz konkret messen. Es wird auf der aktiv mitgewirkt. Anfangs hätten die Di- Homepage des Ausschusses für Arbeit plomaten und UN-Beamten in New York und Soziales unter www.bundestag.de einige Probleme mit deren Mitarbeit ge- in digitaler Fassung eingestellt. An der habt; sie konnten nicht so recht damit gedruckten Fassung Interessierte kön- umgehen. nen sich auch direkt an den Bundes- So ist dem Handbuch für Abgeordnete tagsausschuss für Arbeit und Soziales möglichst große Verbreitung zu wün- wenden. Dr. Rudolf Turber Prominenter Besuch im Kleisthaus zur Eröffnung der Kampagne „Deutschland wird inklusiv – wir sind dabei!“ Judith E. Heumann, Sonderberaterin te der „Landkarte der inklusiven Beispie- für die internationalen Rechte behin- le“ teil. Anlass war der zweite Jahrestag derter Menschen im Außenministerium der UN-Behindertenrechtskonvention der USA, besuchte Berlin und nahm im am 26. März 2011. Seit Dezember 2010 Kleisthaus, dem Dienstsitz des Bundes- können sich Verantwortliche für Beispie- behindertenbeauftragten Hubert Hüppe, le eines Miteinanders von Menschen mit an der Auszeichnung der ersten Projek- und ohne Behinderungen für die „Land- Behindertenpolitik FLAGGSCHIFF 16
für Menschen mit und ohne Behinderungen, ¾¾ und die Kreisau-Initiative Berlin e. V., die einen internationalen Jugendaustausch von Jugendlichen mit und ohne Behinderungen an- bietet und gleichzeitig Jugendliche als Organisatoren eines Jugend- austausches trainiert. Weitere werden folgen. Die Vorschläge wurden vom Inklusionsbeirat, in dem vor allem Menschen mit Behinderungen vertreten sind, geprüft und benannt. Er ist der Mittelpunkt der Koordinierungs- stelle zur UN-Behindertenrechtskon- vention beim Beauftragten der Bundes- regierung für die Belange behinderter Menschen. Judith E. Heumann erklärte : „Die Land- karte ist ein positives Zeichen für all diejenigen, die sich für Inklusion enga- Judith E. Heumann gieren, und eine Aufforderung zum Han- karte der inklusiven Beispiele“ bewer- deln für alle anderen …“ ben. Aus den mehr als 200 Bewerbern Hubert Hüppe: „Es ist für mich eine wurden die ersten fünf präsentiert: besondere Ehre, Sie bei der heutigen ¾¾ die Technische Jugendfreizeit- und Auszeichnung der ersten inklusiven Bei- Bildungsgesellschaft gGmbH mit spiele hier im Kleisthaus begrüßen zu ihrem Projekt „barrierefrei kommuni- dürfen. Sie unterstützen die Menschen zieren!“, in Deutschland, den inklusiven Weg zu ¾¾ die StadtImpuls GmbH mit ihrem gehen … In Deutschland gibt es auch Projekt „Job-InforM“, zwei Jahre nach Inkrafttreten der UN- ¾¾ die Peter-Paul-Rubens-Schule in Behindertenrechtskonvention dringen- Tempelhof-Schöneberg, den Handlungsbedarf für gleichberech- ¾¾ Special Olympics Deutschland tigte Teilhabe von Menschen mit Behin- e. V. mit ihrem Fußballprojekt derungen. Dies betrifft alle Bereiche von Kindertagesstätten und Schulen bis hin Gruppenbild mit Preisträgern. In der zu Betrieben, Altenheimen und Freizeit- Mitte Judith E. Heumann aus den USA, einrichtungen“, betonte er. „Mir ist wich- direkt hinter ihr Dr. Jürgen Schneider, tig, dass behinderte Menschen diese Berliner Landesbeauftragter für Men- Beispiele selbst ausgewählt haben. Sie schen mit Behinderung, 3. von rechts sind die Experten in eigener Sache!“ Hubert Hüppe, Behindertenbeauftragter Am Start der Kampagne „Deutschland der Bundesregierung wird inklusiv – wir sind dabei!“ nahmen Fotos: Dr. R. Turber über 200 Menschen mit und ohne Be- 17 FLAGGSCHIFF Behindertenpolitik
hinderungen teil. Sie feierten die Aus- Kampagne bis 2013 inklusive Beispiele zeichnung der ersten Beispiele mit einer in ganz Deutschland besuchen. „Auftaktparty“ im Kleisthaus in Berlin. Unter www.inklusionslandkarte.de wer- Hubert Hüppe, Beauftragter der Bun- den anerkannte beispielhafte Projekte desregierung für die Belange behin- dargestellt. derter Menschen, wird im Rahmen der Dr. Rudolf Turber Dank für Spenden Die Landesvereinigung Selbsthilfe Berlin e. V. bedankt sich herzlich für folgende Spenden: 5000,00 € von der Sparda-Bank Berlin eG, 65,00 € von Frau Sabine Behringer, 100,00 € von der Fürst Donnersmarck-Stiftung. Wir versichern den edlen Spendern, dass ihre Zu- wendung für den vereinbarten Zweck, zumindest aber für unsere Satzungszwecke verwenden wer- den. Für den Vorstand Hartwig Eisel, Vorsitzender Einladung Am 18. September 2011 finden in Berlin Wahlen zum Abgeordnetenhaus und zu den Bezirksverordnetenversammlungen statt. Der Landesbeirat für Menschen mit Behinderung, die Landesvereinigung Selbsthilfe Berlin e. V. und die Arbeitsgruppe der Berliner Behindertenverbände und –initiativen haben gemeinsam Wahlprüfsteine für die aktuell im Abgeordnetenhaus von Berlin vertretenen Parteien erarbeitet. Sie laden herzlich ein zur Wählerversammlung am 25. August 2011, 16.30 bis 19.00 Uhr, im Ferdinand-Friedensburg-Saal des Berliner Rathauses. Machen Sie von Ihrem demokratischen Recht Gebrauch, die Kandidatinnen und Kandidaten auf ihre Pläne zur Politik von und für Menschen mit Behinderung zu prüfen! Der Veranstaltungsort ist barrierefrei über den Eingang Jüdenstraße zu erreichen. Für Gebärden- und Schriftdolmetschung sowie für barrierefreie Hörtechnik wird gesorgt. Aus der LV Selbsthilfe FLAGGSCHIFF 18
Besuch der Gedenkstätte Berliner Mauer Auf Einladung der AG „Menschen mit Behinderung“ bei der Senatskanzlei, Abt. Kulturelle Angelegenheiten, wur- de am 8. März 2011 die Gedenkstätte Berliner Mauer an der Garten-/Ecke Bernauer Straße besichtigt. An der Veranstaltung nahmen außer dem zu- ständigen Vertreter der Senatskanzlei, Herrn Klemke, Vertreter mehrerer Be- hindertenverbände und des Landes- beirats für Menschen mit Behinderung, der Landesbeauftragte sowie einige Das Besucherzentrum der Gedenkstät- Bezirksbeauftragte für Menschen mit te Berliner Mauer, von der Bernauer Behinderung teil. Straße aus gesehen. Links die Garten- Bevor es anschließend zu einer Sitzung straße im Hause kam, führte Dr. Klausmeier, der Vorstand der Gedenkstätte – die die Einzelheiten. Die Teilnehmer sollten Gruppe durchs Gelände und beschrieb sich von der Barrierefreiheit des weit- räumigen Geländes überzeugen, doch Beanstandungen blieben nicht aus. Um zu den Hörstelen mit Schrifttafeln zu ge- langen, müssen Rollstuhlfahrer Rasen- flächen überqueren. Nach einem Regen wäre dies ziemlich schwierig. Wie aus den Fotos ersichtlich, befindet sich in der Anlage ein Modell der Ber- liner Mauer, die das Geländes darstellt und für blinde und sehbehinderte Men- schen ertastbar ist. Sie vermissten aller- dings Informationstafeln in Brailleschrift. Auch ein Multi-Media-Guide steht den Besuchern zur Verfügung, jedoch müssen hier noch Verbesserungen vorgenommen werden, so dass er ne- ben akustischen Informationen auch solche in Text und in Gebärdensprache wiedergeben kann. Auf das gelungene Beispiel des Multi-Media-Guides vom Der blinde Dr. Manfred Schmidt, Ehren- Tourismusverein Treptow-Köpenick vorsitzender der LV Selbsthilfe Berlin, wurde verwiesen. Alle Beanstandungen lässt sich von Dr. Klausmeier den Multi- wurden in einem Protokoll festgehalten. Media-Guide vorführen Dr. Klausmeier sagte eine Prüfung zu. 19 FLAGGSCHIFF Aus den Mitgliedsvereinen
Eingangsgebäude der Museumsinsel (Zugang zum Ägyptischen und Neuen Museum) vor. Die Teilnehmer konnten Kritiken anbringen, wobei es hauptsäch- lich um die Zugänglichkeit für Rollstuhl- fahrer und Leitmarkierungen für blinde und sehbehinderte Menschen ging. Nachdem der Plan ausführlich bespro- chen worden war, kam es zur Vorstel- lung einer Checkliste AG Barrierefrei- heit in Museen, die von Dr. Damaschun, dem amtierenden Generaldirektor des Museums für Naturkunde, vorgetragen Stelen, die Höhe und Verlauf der Mauer wurde. Diese Liste soll alle Behinde- nachbilden. Rechts Dr. Klausmeier rungsgruppen berücksichtigen und ei- nen Leitfaden für Museen und Ausstel- Auf der Sitzung nach dem Rundgang lungsmacher bilden, wie Ausstellungen stellte Herr Vogt aus dem Architekten- möglichst barrierefrei zu gestalten sind. team von David Chipperfield in einem bebilderten Vortrag das neue geplante Text und Fotos: Fritz-Bernd Kneisel Die Zukunft der stationären Behindertenhilfe Anmerkungen zur Podiumsdiskussion in Alt-Schönow am 4. Mai 2011 Dieses Thema hat in letzter Zeit er- Alt-Schönow in der sozialen Landschaft heblich an Bedeutung gewonnen, bekannt machen und etablieren sollen. weil aktuelle Fragen, die sich aus Beides ist für den Anfang gut gelun- der landeseinheitlichen Hilfebedarfs- gen. Dabei ganz wesentlich geholfen ermittlung im Rahmen der Umstel- haben die Menschen auf dem Podium: lungsbegutachtung ergeben, große der Staatssekretär, Herr Rainer Maria Verunsicherungen bei den Eltern, Fritsch, Herr Reinald Purmann vom den Heimbewohnern sowie den leis- Paritätischen Wohlfahrtsverband Berlin tungserbringenden Heimen ausge- und unser Geschäftsführer, Herr Chris- löst haben. tian Schmock. Der Moderator war ein Der Camphill-Alt-Schönow e. V., also echter Glücksgriff: Herr Peter Ruhen- der Trägerverein unserer schönen Ein- stroth-Bauer führte freundlich, aber be- richtung, hat etwas ganz Neues gewagt stimmt durch den Abend. und dabei echt gewonnen. Die Podi- Zu dem Thema „Die Zukunft der stati- umsdiskussion war der Auftakt einer onären Behindertenhilfe“ hatten sich Reihe von zukünftigen Veranstaltun- trotz eines schon langen Arbeitstages gen, die zum einen brennende aktuelle im Landesbeirat dessen Vorsitzender Fragen und Probleme beleuchten und Herr Hartwig Eisel, der Geschäftsführer zum anderen die Lebensgemeinschaft der Lebenshilfe Berlin e. V., Herr Dani- Aus den Mitgliedsvereinen FLAGGSCHIFF 20
Das Podium von Alt-Schönow: Christian Schmock (Geschäftsführer der Lebensge- meinschaft Alt-Schönow), Reinald Purmann (Der PARITÄTISCHE Berlin), Staats- sekretär Rainer-Maria Fritsch, Moderator Peter Ruhenstroth-Bauer (v. li.). Leider nur aus der rückwärtigen Perspektive zu sehen: Daniel Fischer, Hartwig Eisel, Re- nate Hoffmann (v. re.) Foto: Freundeskreis Camphill e. V. el Fischer, und Frau Renate Hoffmann, Resümee der Veranstaltung: Wir ha- 2. Vorsitzende der Spastikerhilfe e. V. ben der Politik unsere Sorgen vermittelt eingefunden. Mitglieder der Berliner und miteinander gesprochen, weitere Verwaltung, Mitglieder unseres be- Gespräch sollen folgen. Diese Veran- freundeten Elternvereins Interessenge- staltung rundete die beiden großen meinschaft zur Förderung behinderter Versammlungen von Lebenshilfe und Menschen e. V., engagierte Mitarbeiter Spastikerhilfe im Bockelmann-Haus von Alt-Schönow, viele Freunde und der und im Schöneberger Rathaus sehr gut Teile unserer Elternschaft, die die Bri- ab und hat ganz stark verdeutlicht: Die sanz dieses Themas verstanden haben, Umstellungsbegutachtung in Heimen füllten den Saal. Die fehlenden Eltern hätte mit ihren Auswirkungen vorher mit haben etwas versäumt – für sich und allen betroffenen Parteien am runden zur Verteidigung des Lebensstandards Tisch behandelt werden müssen. Die- ihrer Söhne und Töchter. se Erkenntnis wurde gewonnen, und Unsere verehrte Vorsitzende, Frau Eri- hoffentlich finden wir noch eine Lösung, ka Schwalbe-Riel, eröffnete und schloss die dem Anspruch unserer Söhne und diesen aufklärenden Abend. Und dazwi- Töchter auf ein würdiges, inkludiertes schen fanden Fragen, Antworten und Leben erfüllt. Statements in achtungsvoller Atmo- sphäre ihre Zuhörer. Erika Lange 21 FLAGGSCHIFF
Geballte Elternpower erkämpft Zugeständnisse der Senatsverwaltung Mit einer gemeinsamen Erklärung von rigenvereine am weiteren Verfahren vor. Elternvereinen und Senatssozialverwal- Beide Seiten sind sich einig, dass das tung hat das Tauziehen im Zusammen- neue Leistungs- und Vergütungssystem hang mit der sogenannten Umstellungs- einschließlich Begutachtungsverfahren begutachtung an über 3.000 schwer be- und Leitfaden weiterentwickelt werden hinderten Menschen ein positives Ende muss. Gemeinsam streben sie einen gefunden. fachlich-inhaltlichen und wissenschaft- lich begleiteten Diskurs an. Zur Fortfüh- Ende 2010 hatte die Berliner Senats- rung des Prozesses und die Planungen verwaltung für Integration, Arbeit und für 2012 und 2013 hat die Sozialsena- Soziales den Hilfebedarf aller geistig torin Carola Bluhm bereits eingeladen. und körperlich behinderten 3.125 Heim- bewohner in Berlin überprüfen und nach Die Verhandlungen wurden begleitet neuen Kriterien beurteilen lassen. Die durch Hartwig Eisel, den Vorsitzenden Begutachtungen sind die Grundlage ei- des Landesbeirats für Menschen mit ner neuen einheitlichen Preisgestaltung Behinderung. „Die Erklärung ist ein und damit Personalbemessung in den gutes Beispiel für eine funktionierende Wohnheimen der Berliner Behinderten- Bürgergesellschaft mit demokratischen hilfe. Entscheidungsprozessen“, stellt Eisel fest. Der Landesbehindertenbeirat will Das neue System benachteiligt Men- jetzt die anderen im Abgeordnetenhaus schen mit sehr hohem Unterstützungs- vertretenen Parteien zur Anerkennung bedarf. Das wollten die Elternvereine der Erklärung bewegen, damit der be- Lebenshilfe Berlin und Spastikerhilfe gonnene Prozess unumkehrbar wird Berlin nicht hinnehmen und organisier- – unabhängig davon, welche politische ten den Widerstand. Über 1.000 Eltern Partei nach den Wahlen die politische und gesetzliche Betreuer legten Wider- Verantwortung für das Ressort Soziales spruch gegen die Bescheide der Sozial- übernimmt. ämter ein. Neben dem Landesbeirat für Menschen In intensiven Verhandlungen zwischen mit Behinderung sind auch der Landes- den Elternvereinen und der Senatsso- beauftragte für Menschen mit Behinde- zialverwaltung entstand eine gemein- rung, Dr. Jürgen Schneider, und der Pa- same Erklärung, mit der beide Seiten ritätische Wohlfahrtsverband Berlin der leben und arbeiten können. Sie sieht „Gemeinsamen Erklärung“ beigetreten. die Fortsetzung des begonnenen Dia- logs und eine Beteiligung der Angehö- Christiane Müller-Zurek Beitrittserklärung des Landesbeirats für Menschen mit Behinderung, die auf einem Beschluss der 7. Sitzung der 3. Amtsperiode am 22. Juni 2011 beruht Aus den Mitgliedsvereinen FLAGGSCHIFF 22
Gemeinsame Erklärung Die Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales, die Vertreter der Liga der Spitzenverbände der freien Wohlfahrtspflege und die Angehörigenvereine geben folgende gemeinsame Erklärungen im Sinne einer konstruktiven Fortfüh- rung des begonnenen Dialogs zu den Veränderungsprozessen im Bereich der Eingliederungshilfe – insbesondere zum Projekt Heime und den Perspektiven dazu – ab: 1. Die Beteiligten sind sich einig, dass das neue Leistungs- und Vergütungssys tem einschließlich des Begutachtungsverfahrens und des Leitfadens weiterentwickelt werden muss. 2. Die Angehörigenvereine werden über die Arbeit der Vertragskommission So- ziales, Kommission 75 (Kom75), von der Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales regelmäßig – mindestens zwei Mal jährlich – informiert. Die unmittelbaren Trägerorganisationen und der jeweilige Verband sehen sich ebenfalls zur regelmäßigen Information verpflichtet. Die Angehörigen vereine erhalten die Möglichkeit, zu wesentlichen Sachverhalten Stellung zu nehmen. Die Einbeziehung zur Stellungnahme wird durch den jeweili- gen Ligaverband gewährleistet. 3. Die Beteiligung der Angehörigenvereine an der Weiterentwicklung des neuen Leistungs- und Vergütungssystems einschließlich der Begutachtungsverfahren wird wie folgt sichergestellt: a. Die Angehörigenvereine werden in die Evaluation des Gesamtsystems im 1. Halbjahr 2013 in Form von Information und Stellungnahmemöglich keit einbezogen. b. Die Angehörigenvereine werden über geplante und anstehende Verän derungen der Leistungsgruppensystematik und deren Auswirkungen informiert. c. Über die mit der Liga verabredete Evaluation der Nachhaltigkeit und Angemessenheit der gefundenen Lösungen hinaus streben die Unterzeich ner dieser Erklärung einen fachlich-inhaltlichen, wissen- schaftlich begleiteten Diskurs u. a. zu den Themen „Hilfebedarfspla- nung“ und „Teilhabeplanung“ an. 4. Weitere Angehörigenvereine, der Landesbeirat für Menschen mit Behinde rung und der Landesbeauftragte für Menschen mit Behinderung können dieser Erklärung in einfacher Schriftform beitreten. Berlin, den 22. Juni 2011 für den Landesbeirat für Menschen mit Behinderung gez. Carola Bluhm gez. Hartwig Eisel Senatorin für Integration, Arbeit und Soziales Vorsitzender 23 FLAGGSCHIFF Aus den Mitgliedsvereinen
Barrierefreiheit bei audiovisuellen Medien. Ein neuer Weg Die Ausgangssituation schwäche aufweisen, die gleichzeitiges Die Nutzung audiovisueller Medien Lesen und Bildrezeption erschwert. Das nimmt einen immer größeren Teil un- aktuelle Angebot audiovisueller Medien seres Alltags ein. Im Jahr 2008 sahen wird demnach den Bedürfnissen von die 14- bis 69-Jährigen in Deutschland über 20 % der deutschen Bevölkerung durchschnittlich 226 Minuten pro Tag nicht gerecht. Es handelt sich also um fern und 66 % der Haushalte verfüg- ein Problem mit erheblicher gesell- ten über einen Breitbandinternetan- schaftlicher Tragweite, das sich in der schluss. Die Medienaffinität zieht sich Zukunft auf Grund der oben genannten mittlerweile durch sämtliche Alters- und Faktoren weiter verschärfen wird. Bevölkerungsschichten. Dem stehen alleine in Deutschland ca. 20 Millionen EASY LISTEN: Die Tonspur mit mehr Hörgeschädigte und Senioren gegen- Sprachverständlichkeit über. Ihre Zahl nimmt aufgrund des de- Easy Listen ist eine eigene Tonspur für mografischen Wandels sowie durch die Senioren und Hörgeschädigte. Sie ist stärkere Belastung des Gehörs stetig das Pendant zu Hörfilmen für Blinde, die zu, z. B. durch den allgemein steigen- mittlerweile einen festen Platz im Fern- den Lärmpegel der modernen Indust- sehen und auf DVDs haben. Die Dipl.- riegesellschaft oder vermehrte zu laute Tonmeister Ginetta Fassio und Christian Nutzung von MP3-Playern. Simon haben in ihrer Forschungsarbeit Hörgeschädigte Menschen und Se- an der Hochschule für Film und Fern- nioren sind in ihren Möglichkeiten, sehen „Konrad Wolf“ in Potsdam-Ba- audiovisuelle Medien von Fernsehen belsberg (HFF) den Ansatz entwickelt, bis Internet zu nutzen, eingeschränkt audiovisuelle Medien in der Herstellung, oder sogar ganz von deren Gebrauch das heißt z. B. bei den TV-Sendean- ausgeschlossen. Das zentrale Prob- stalten, zu optimieren. Diese Arbeit wird lem besteht hierbei in der mangelnden nun im Rahmen eines Forschungs- Sprachverständlichkeit. Bei den Sen- transferprojektes mit einem größeren deanstalten wie auch in Internetforen Team fortgeführt. Durch Anpassung gehen immer wieder entsprechende Be- an die Signalverarbeitungsprozesse schwerden ein. Die bisherigen Ansätze der digitalen Hörgerätetechnik wird die zur Lösung des Problems sind Untertitel Sprachverständlichkeit verbessert; das oder die Einblendung von Gebärden- Klangbild wird an die veränderte Wahr- sprach-Fenstern. nehmung der Zielgruppe angepasst. Dies führt jedoch Das bearbeitete Audiomaterial kann – häufig nicht zu vergleichbar mit Hörfilmen für Blinde befriedigenden oder fremdsprachigen Tonfassungen – Ergebnissen, da als alternative Tonspur auf DVDs, Blu- z. B. ältere Nut- ray Discs, im Radio, Fernsehen oder im zer oftmals zu- Internet angeboten werden. Es ist keine sätzlich eine Seh- zusätzliche Technik beim Endverbrau- Wissenswertes FLAGGSCHIFF 24
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