Gedenkstätte Berliner Mauer - Metallenes Modell der Berliner Mauer wird vorgestellt und getestet

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Gedenkstätte Berliner Mauer - Metallenes Modell der Berliner Mauer wird vorgestellt und getestet
www.lv-selbsthilfe-berlin.de   Zeitschrift der
                               Landesvereinigung Selbsthilfe Berlin e. V.
                               Heft 1/2011, 14. Jahrgang

                                            16                              13                       4

              4                 Gedenkstätte Berliner Mauer
                                Metallenes Modell der Berliner Mauer wird vorgestellt und getestet
Gedenkstätte Berliner Mauer - Metallenes Modell der Berliner Mauer wird vorgestellt und getestet
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
spät kommt es, das erste Heft des Jahrgangs 2011. Doch
hoffe ich, dass es trotzdem Ihren Zuspruch findet. Zum
einen lag das verspätete Erscheinen daran, dass meine
wiederholten Bitten um Beiträge so gut wie ungehört
verhallt sind. Zum anderen mussten wir aus Gründen
der Finanzierungssicherheit erst einmal die Bewilligung
unserer Projektanträge bei den gesetzlichen Krankenkassen
abwarten. Und dann gibt es ja noch das Problem mit der
großen Belastung durch andere Aufgaben …
Nun, das Geld ist da. Vielen Dank dafür! Warum die privaten
Krankenkassen immer noch nicht herangezogen werden,
wird wohl noch weiter im Mysterium der freien Marktwirtschaft verborgen bleiben.
Eine momentane Flaute bei der Belastung habe ich ausgenutzt, dieses Heftchen zu
produzieren.
Aufmerksame Leserinnen und Leser werden feststellen, dass vor allem eine
Person mit ihren Beiträgen das Heft gefüllt und damit gerettet hat: Es ist unser
treuer und unheimlich fleißiger Autor Dr. Rudolf Turber, den wir hiermit ehrenhalber
zum korrespondierenden Mitglied der Redaktion ernennen. Zu seinem Fleiß kommt
hinzu, dass er keinen Cent nimmt. Dafür vielen Dank, Rudi!
Das späte Erscheinen bringt es mit sich, dass wir gleich drei Berichte aus dem
Landesbeirat für Menschen mit Behinderung veröffentlichen. Sie konnten zwar
schon im Internet und in der „Berliner Behindertenzeitung“ nachgelesen werden,
aber es soll ja immer noch Menschen geben, die zu diesen beiden Medien keinen
Zugang haben …
Ihr besonderes Augenmerk möchte ich auf die Einladung zur Wählerversammlung
am 25. August lenken (S. 18). Die Antwort auf die gemeinsamen Wahlprüfsteine habe
ich zum 31. Juli terminiert, so dass ich wahrscheinlich allein damit das nächste Heft
unseres „FLAGGSCHIFFs“ bestreiten könnte. Ich werde mir jedenfalls größte Mühe
geben, damit Ihnen die Antworten der Parteien noch vor der Wählerversammlung
vorliegen und Sie sachkundig und gezielt Ihre Fragen stellen können.
Auf den Seiten 22 und 23 wird von einem schönen Erfolg der Angehörigenvereine
behinderter Menschen berichtet. Ich beabsichtige, der Mitgliederversammlung
der LV Selbsthilfe im kommenden Herbst den Antrag vorzulegen, dass auch
unser Dachverband der „Gemeinsamen Erklärung“ zur Umstellungsbegutachtung
beitreten möge.
Ein bemerkenswertes Projekt zur Herstellung von Barrierefreiheit in Film, Fernsehen
und Internet wird ebenso vorgestellt wie vier recht lesenswerte Bücher.
Und so hoffe ich, dass Sie über der interessanten Lektüre Ihren möglichen Gram
über das verspätete Erscheinen vergessen.
Es grüßt Sie herzlich
Ihr Hartwig Eisel

Editorial                                       FLAGGSCHIFF                        2
Gedenkstätte Berliner Mauer - Metallenes Modell der Berliner Mauer wird vorgestellt und getestet
Editorial
           Der Vorsitzende Hartwig Eisel zur aktuellen Ausgabe ............................ 2

Behindertenpolitik
           Landesbeirat für Menschen mit Behinderung I ....................................... 4
           Landesbeirat für Menschen mit Behinderung II ...................................... 6
           Landesbeirat für Menschen mit Behinderung III ..................................... 8
           Garten der Erinnerung .......................................................................... 11
           Sie waren die ersten Opfer des Massenmordes:
           behinderte Menschen ........................................................................... 13
           Wichtiges Handbuch für Abgeordnete .................................................. 14
           Prominenter Besuch im Kleisthaus zur Eröffnung der Kampagne
           „Deutschland wird inklusiv – wir sind dabei!“ ........................................ 16

Aus der LV Selbsthilfe Berlin
           Dank für Spenden ................................................................................. 18
           Einladung zur Wählerversammlung ...................................................... 18

Aus den Mitgliedsvereinen
           Besuch der Gedenkstätte Berliner Mauer .............................................               19
           Die Zukunft der stationären Behindertenhilfe .......................................               20
           Geballte Elternpower erkämpft Zugeständnisse
           der Senatsverwaltung ...........................................................................   22
           Gemeinsame Erklärung ........................................................................      23

Wissenswertes
           Barrierefreiheit bei audiovisuellen Medien. Ein neuer Weg ..................                       24
           Buchbesprechungen:
           Mehr als eine Rezeptsammlung … .......................................................             27
           Schmerzhafte Bewegungen ..................................................................         27
           Nicht nur für Gourmets .........................................................................   28
           Ein aktuelles Thema: zweierlei Maß? ...................................................            29

Impressum ..................................................................................................... 31

3                   FLAGGSCHIFF                                                                          Inhalt
Gedenkstätte Berliner Mauer - Metallenes Modell der Berliner Mauer wird vorgestellt und getestet
Landesbeirat für Menschen
                    mit Behinderung I
             Informationen von der vierten Sitzung der 3. Amtsperiode.
                         12. Januar 2011, Rotes Rathaus

Der Vorsitzende informierte den Beirat,      von wären gegebenenfalls Schüler aus
dass die Senatorin für Integration, Arbeit   den Förderschwerpunkten „Lernen“,
und Soziales auf die Resolution der letz-    „emotionale und soziale Entwicklung“
ten Beiratssitzung hin einen Gesprächs-      und „Sprache“ betroffen.
termin zu unklaren Aspekten der so           Auch die laufenden Verhandlungen um
genannten Umstellungsbegutachtung            den Rundfunk-Änderungsstaatsvertrag
angeboten, aber aus Termingründen            zeigen, wie wenig die UN-Konvention in
wieder abgesagt hatte. Die Neueinstu-        der allgemeinen politischen Wahrneh-
fung des Hilfebedarfs der in stationären     mung angekommen ist. Die Menschen
Einrichtungen der Berliner Behinder-         mit Behinderung werden bei diesen
tenhilfe lebenden Menschen stößt auf         Verhandlungen weder thematisch noch
massive Kritik. Gegen ergangene Be-          bei barrierefreien Angeboten ihrem An-
scheide sind bereits 1000 Widersprüche       teil an der Gesellschaft entsprechend
eingelegt worden. Eine Klageflut wie bei     berücksichtigt.
Hartz IV deutet sich an. Es wird darauf      Erfreulich ist dagegen, dass sich die
gedrungen, dass der Gesprächstermin          Landeswahlleiterin ernsthaft des The-
bald nachgeholt wird.                        mas barrierefreie Wahllokale annimmt.
In seinem aktuellen Bericht ging der         In der anschließenden Diskussion wur-
Landesbeauftragte für Menschen mit           den unter anderem die für viele wieder
Behinderungen, Herr Dr. Schneider, zu-       inakzeptablen Zustände auf den Berliner
nächst auf seine Bemühungen um das           Gehwegen bei Winterwetter beanstan-
Gaststättengesetz ein, das nach der          det, insbesondere an den Straßenüber-
Föderalismusreform jetzt auf Landes-         gängen und an den Bushaltestellen.
ebene neu formuliert werden muss. Für        Im Rahmen der Berichte aus den inter-
ihn kommt es dabei darauf an, dass Se-       nen Arbeitsgruppen des Landesbeirats
nat und Abgeordnetenhaus dem Geist           wurde aus der AG Persönliche Assis-
und Buchstaben der UN-Behinderten-           tenz Positives über Gespräche mit dem
rechtskonvention dahingehend folgen,         Finanzsenator zur Vergütung der As-
dass sämtliche Gaststätten, die neu in       sistentinnen bzw. Assistenten berichtet.
Betrieb genommen werden (erste Inbe-         Auch Herr Dr. Nußbaum hat offenbar
triebnahme), auch tatsächlich barriere-      erkannt, dass sich bei den niedrigen
frei sein müssen.                            Löhnen kaum noch Assistenten finden
Bei dem aktuell diskutierten Konzept         lassen und dass sich die Entlohnung
„Inklusive Schule“ steht zu befürchten,      noch verschlechtert, je mehr Stunden
dass für drei Viertel der bisher geförder-   bei dem einzelnen Assistenznehmer
ten Schüler ein sonderpädagogischer          notwendig sind. So hat der Senator Un-
Förderbedarf möglicherweise in Zukunft       terstützung im Hinblick auf eine Erhö-
nicht mehr formell festgestellt wird. Da-    hung der Vergütung zugesagt.

Behindertenpolitik                              FLAGGSCHIFF                        4
Gedenkstätte Berliner Mauer - Metallenes Modell der Berliner Mauer wird vorgestellt und getestet
Blick ins Plenum der Landesbeiratssitzung vom 12. Januar 2011
                                                                   Foto: Weineck
Durch den Bericht des Arbeitskrei-        gesammelt und dafür Schwerpunkte
ses Barrierefreies Gesundheitswesen       gesetzt. Im Hinblick auf die Erarbeitung
wurde das Thema Versorgung und            von Wahlprüfsteinen für die Abgeordne-
Behandlung von schwerbehinderten,         tenhauswahl im September 2011 kam
insbesondere von assistenzbedürftigen     das Gremium überein, die Fragestel-
Menschen in Krankenhäusern ange-          lung konsequent an der UN-Behinder-
sprochen. Beschlossen wurde deshalb,      tenrechtskonvention auszurichten und
das Thema in einer der nächsten Sitzun-   die Antworten der Parteien daran zu
gen des Landesbeirats zu behandeln.       messen. Auch in der interministeriellen
Aus der AG Gebärdensprache und            Arbeitsgruppe, die auf Landesebene die
Kommunikation Hörgeschädigter wurde       Umsetzung der UN-Konvention konkre-
beklagt, dass beim rbb kaum eine Ver-     tisieren soll, sind die dort vertretenen
besserung des Untertitelangebots zu er-   Beiratsmitglieder aufgefordert, mög-
kennen ist. Die Berliner Feuerwehr be-    lichst detailliert die Gesetze und unter-
absichtigt, über das Notruf-Fax hinaus    gesetzlichen Regelung hinsichtlich ihres
einen web- und sms-basierten Notruf       Änderungsbedarfs zu überprüfen.
einzurichten.                             Ein Antrag der Rheuma-Liga auf Än-
Für die Jahresplanung des Landes-         derung der Nutzungssatzung der Ber-
beirats 2011 wurden wichtige Themen       liner Bäderbetriebe wurde abgeändert.

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Gedenkstätte Berliner Mauer - Metallenes Modell der Berliner Mauer wird vorgestellt und getestet
Es handelt sich darum, dass auch die        Programme per Einzelfallentscheidung
Angebote von Organisationen der             zulässt. Ihm soll zu diesem Zweck eine
Menschen mit Behinderung, die einer         Liste der infrage kommenden Organisa-
verbesserten Mobilität dienen (z. B.        tionen übergeben werden. Unabhängig
Wassergymnastik), in den Katalog der        davon soll eine dauerhafte Lösung in
geförderten Sportarten aufgenommen          den Katalog der noch auf Grundlage
werden. Die Nutzungssatzung war 2005        der UN-Konvention zu verändernden
und 2010 modifiziert worden, ohne dass      Normen und Gesetze aufgenommen
der Aufsichtsrat der Berliner Bäderbe-      werden.
triebe die entsprechenden Wünsche           Beschlossen wurde schließlich noch,
des Landesbeirats berücksichtigt hätte.     das über Weihnachten aufgetretene
Diese Änderung nachträglich durchzu-        „Oberchaos“ beim Sonderfahrdienst
setzen erscheint wenig erfolgverspre-       schriftlich zu kritisieren und mit persön-
chend. Deshalb soll von der Möglichkeit     lichen Erfahrungsberichten einzelner
nach § 2 Abs. 3 der Nutzungssatzung         Nutzer öffentlichen Druck zu erzeugen,
Gebrauch gemacht werden, dass der           damit mehr Fahrzeuge eingesetzt wer-
für Sport zuständige Senator solche         den.

                Landesbeirat für Menschen
                    mit Behinderung II
            Informationen von der fünften Sitzung der 3. Amtsperiode.
                          2. März 2011, Rotes Rathaus
Der Landesbeirat hatte sich für die 5.      warum es zu Engpässen kommt: Angeb-
Sitzung seiner Amtsperiode zwei wich-       lich seien die eingereichten Unterlagen
tige „Baustellen“ vorgenommen. Eine         nicht immer vollständig, die Hausärzte
betraf die Kritik an der Arbeit des Ver-    lieferten nicht rechtzeitig die Befunde,
sorgungsamtes, die zweite den Stand         es gäbe wegen der vergleichsweise
der Umsetzung der Pflegestützpunkte         niedrigeren Honorare für externe Gut-
in Berlin.                                  achten und der geringeren Entlohnung
Nicht erst in jüngster Zeit gibt es immer   hauseigener Ärzte schlechtere Konkur-
wieder Beschwerden über die Arbeit des      renzbedingungen gegenüber anderen
Versorgungsamtes beim Landesamt             Reha-Trägern. Man habe schon interne
für Gesundheit und Soziales. Bearbei-       Maßnahmen zur Entlastung ergriffen.
tungszeiten von einem Jahr und länger,      Nicht ganz überzeugt, entließen die Bei-
Verschleppung der Anerkennung bei           ratsmitglieder die Gäste mit dem Ver-
lebensbedrohlich erkrankten Menschen        sprechen, weiter ein wachsames Auge
und vieles mehr … Statt des geladenen       auf die Arbeit des Versorgungsamtes zu
Präsidenten des LaGeSo erschien der         haben und sie gegebenenfalls wieder
Leiter des Versorgungsamtes, Herr Kit-      vor den Landesbeirat zu laden.
zerow, mit einer leitenden Mitarbeiterin.   Zu den Pflegestützpunkten, die es seit
Mit wenig überzeugenden Begründun-          anderthalb Jahren in Berlin gibt, hatte
gen versuchten die Gäste zu erklären,       der Landesbeirat eine skeptische Hal-

Behindertenpolitik                             FLAGGSCHIFF                          6
Gedenkstätte Berliner Mauer - Metallenes Modell der Berliner Mauer wird vorgestellt und getestet
tung, denn das negative Beispiel der        der Behindertenbeauftragten an den
Gemeinsamen Servicestellen für Re-          Hochschulen durchzusetzen.
habilitation ließ befürchten, dass auch     Beim Gaststättengesetz gehen die An-
hier neue, parallele und konkurrierende     strengungen immer noch dahin, bei der
Beratungsstrukturen aufgebaut würden,       Neueröffnung von Gaststätten die Barri-
die kaum jemand in Anspruch nehmen          erefreiheit zwingend vorzuschreiben. In
will. Doch welche Überraschung: Die         einem Streitgespräch mit dem Berliner
mittlerweile 26 bestehenden Pflege-         Landeskonservator, Prof. Haspe, wurde
stützpunkte werden von der Bevölke-         Konsens darüber erzielt, dass nicht je-
rung angenommen. Die Rede war von           der Nutzungszweck für jedes Baudenk-
100 bis 600 Ratsuchenden in jedem           mal geeignet ist, wenn die Barrierefrei-
Monat. Positiv wirkt sich aus, dass mit     heit nicht hergestellt werden kann.
den ehemaligen Koordinierungsstel-          Vor Dr. Schneider liegt als aktuelle Auf-
len Rund ums Alter die kommunalen           gabe, den Verstöße- und Tätigkeitsbe-
Pflegestützpunkte bereits eingeführt        richt anzufertigen. Als Verstöße wolle er
waren und sind. Mit der zunehmenden         – im Zusammenhang mit notwendigen
Alterung der Gesellschaft wächst sich       Umsetzung der UN-Behindertenrechts-
die Pflegebedürftigkeit zu einem ge-        konvention im Kontext mit dem Artikel
sellschaftlichen Problem aus, das nach      11 der Verfassung von Berlin – den
einem adäquaten Beratungsangebot            Regelungsbedarf aus der Problematik
ruft. Unsere Gäste, Frau von Lersner-       der Grimm-Bibliothek für die Berliner
Wolf von der Senatsverwaltung für In-       Bauordnung, den Rundfunkänderungs-
tegration, Arbeit und Soziales und Frau     staatsvertrag und das Gesamtkonzept
Gorny von der AOK Nordost, konnten          „Inklusive Bildung“ behandeln. Schwer-
überzeugend von den Leistungen der          punkte seines Tätigkeitsberichts sollen
Pflegestützpunkte berichten, auch da-       u. a. die Arbeit einer Architektengruppe
von, dass nach und nach Kontakte zu         sein, die als Sachverständige für Barri-
den Beratungsstrukturen der Selbsthil-      erefreiheit Vorschläge für eine Novellie-
feorganisationen hergestellt werden.        rung der Bauordnung vorbereitet, sowie
Hinsichtlich der Vorstellungen von Bar-     das Konzept der Sozialraumorientie-
rierefreiheit der Stützpunkte scheint       rung von Einrichtungen für behinderte
es allerdings noch einige Unklarheiten      Menschen sein. Ein entsprechendes
zu geben. Abgerundet wurde der rela-        Projekt sei gerade von der Türkischen
tiv gute Eindruck von der Auskunft der      Frauenvereinigung BETAK e. V. mit
Vertreterinnen des Beirats in den Kont-     der für April vorgesehenen Eröffnung
rollgremien der Pflegestützpunkte, dass     einer Anlauf- und Begegnungsstelle in
ihre Meinung dort voll respektiert werde.   Räumlichkeiten des Werkstattträgers
In seinem obligatorischen Bericht konnte    USE in der Kreuzberger Oranienstraße
der Landesbeauftragte, Dr. Schneider,       gestartet worden. Positiv vermerkten
berichten, dass es in Zusammenarbeit        die Beiratsmitglieder, dass die Regio-
mit dem Fachbereich und der Leitung         nalagentur für Arbeit ihren Beitrag dazu
der Senatssozialverwaltung gelungen         leisten will.
sei, im Entwurf des neuen Hochschul-        Der Landesbeirat bestätigte einstimmig
gesetzes die gesetzliche Verankerung        eine Stellungnahme zum Zwischenbe-

7               FLAGGSCHIFF                                   Behindertenpolitik
Gedenkstätte Berliner Mauer - Metallenes Modell der Berliner Mauer wird vorgestellt und getestet
richt des Senats an das Abgeordne-           gegen die gravierenden Mängel beim
tenhaus zur Umsetzung der UN-Kon-            Sonderfahrdienst für behinderte Men-
vention, die auf Beschluss der letzten       schen, der zweite bezieht Stellung zum
Sitzung von den Delegierten in der           Gesamtkonzept „Inklusive Bildung“ des
interministeriellen Facharbeitsgruppe        Senats. Auch diese Beschlüsse können
und den Vorsitzenden des Beirats ein-        im Internet nachgelesen werden.
schließlich des Landesbeauftragten er-       Nicht unerwähnt bleiben soll, dass der
arbeitet worden war. Sie ist nachzulesen     Vorsitzende während der Protokoll- und
unter http://www.berlin.de/lb/behi-beirat/   Beschlusskontrolle die flinke Arbeit des
berichtearchiv/. Keinesfalls bedeutet sie    „Blitz-“Berichterstatters Rainer Sanner
das letzte Wort in dieser Sache. Auch        sowie die Anstrengung der Redaktion
zum Aktions-/Maßnahmenplan, der bis          der Berliner Behinderten-Zeitung aus-
Mitte Juni vorzulegen ist, wird sich der     drücklich lobte, die es noch ermöglicht
Landesbeirat artikulieren.                   hatte, den Bericht von der Januarsit-
Zum TOP „Verschiedenes“ wurden zwei          zung schon in ihrer Februarausgabe zu
Beschlüsse gefasst. Der eine richtet sich    platzieren.

                Landesbeirat für Menschen
                    mit Behinderung III
           Informationen von der sechsten Sitzung der 3. Amtsperiode.
        4. Mai 2011, Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales
In seinem aktuellen Bericht ging der         mag noch kein endgültiges Urteil zu
Landesbeauftragte für Menschen mit           dem gegenwärtig vorliegenden Ent-
Behinderungen, Herr Dr. Schneider, zu-       wurf abgeben, da das Ergebnis des
nächst auf das neue Hochschulgesetz          Mitzeichnungsverfah­  rens noch nicht
ein, über das voraussichtlich noch im        vorliegt..
Monat Mai entschieden werden sollte.         Mit seinem Verstöße- und Tätigkeitsbe-
Bei der bestehenden Problemgruppen-          richt beabsichtigt Dr. Schneider nicht,
konkurrenz sei Engagement gefordert,         kleine Verstöße auf Landes- und Be-
um Studierenden mit Behinderung Pri-         zirksebene aufzulisten, sondern er will
orität zu verschaffen.                       über Themenschwerpunkte die Ver-
Das Verfahren zum neuen Berliner             bindung zwischen Artikel 11 der Ver-
Gaststättengesetz sei ausgesetzt wor-        fassung von Berlin und der UN-BRK
den. Die Forderung, keine neuen Gast-        verdeutlichen. Er weist darauf hin, dass
stätten mit Barrieren zuzulassen, müsse      Berlin mit den Leitlinien zum Ausbau
also bei einem Neustart in der nächsten      als behindertengerechte Stadt und dem
Legislaturperiode durchzusetzen ver-         Gesetz zu Artikel 11 der Verfassung
sucht werden.                                von Berlin bereits in den 1990er-Jahren
Ein Aktions- und Maßnahmenplan               Grund­satzdokumente geschaffen hatte,
zur Umsetzung der UN-Konvention in           die mit der UN-Behindertenrechtskon-
Berlin soll im Juni dem Abgeordneten-        vention eine neue Qualität gewinnen.
haus vorgelegt werden. Dr. Schneider         Thema des Verstößeberichts wird die

Behindertenpolitik                              FLAGGSCHIFF                        8
Gedenkstätte Berliner Mauer - Metallenes Modell der Berliner Mauer wird vorgestellt und getestet
gegenwärtige       Verweigerungshaltung     für Behinderung zur Musterbauordnung
des Berliner Senats im Hinblick auf         eingebracht wer­den.
die Berliner Bauordnung, das inklusive      Herr Dr. Schneider schloss mit drei Hin-
Schulkonzept und den Rundfunkände-          weisen: zur nunmehr vom Fahrgastbei-
rungsstaatsvertrag sein. Im Tätigkeits-     rat verabschie­deten Geschäftsordnung,
bericht wird u.a. eine neu gegründete       zur von einer Arbeitsgruppe erarbeiteten
Arbeitsgruppe von Architektinnen bzw.       Checkliste zur barriere­  freien Konzep-
Architekten – Fachleuten für barriere-      tion und Gestaltung von Ausstellungen
freies Planen und Bauen – herausge-         sowie zu in letzter Zeit mehrmals von
stellt. Sie erarbeitet gegenwärtig einen    der BVG (ohne Widerspruch vonseiten
Entwurf für die Novellierung der Berliner   der Senatsverwaltung für Stadtentwick-
Bauordnung im Sinne der UN-Konventi-        lung) geäußer­ten Willensbekundungen,
on. Er soll am 1. Juni 2011 in Dresden      den ÖPNV in Berlin bis zum Jahre 2020
in die Beratung der Landesbeauftragten      barrierefrei zu gestalten. Solche Selbst-

Die Sitzungsleitung des Landesbeirats am 12. Januar 2011. Rechts Dörte Gregor-
schewski, stellvertretende Vorsitzende, in der Mitte der Vorsitzende, Hartwig Eisel.
Links Dr. Jürgen Schneider, Landesbeauftragter für Menschen mit Behinderung
                                                                     Foto: Weineck

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Gedenkstätte Berliner Mauer - Metallenes Modell der Berliner Mauer wird vorgestellt und getestet
verpflichtungen, die auch Ausfluss der      und dass die Kooperationsbereitschaft
guten Arbeit der beteiligten Arbeitsgrup­   der jeweiligen Verwaltung mit den betei-
pen seien, sollten seines Erachtens         ligten Betroffenen oft subjektiv von den
stärker herausgestellt werden.              handelnden Personen bestimmt sei.
Als Vorsitzender des Landesbeirats          Dis­kutiert wurde, ob sich die Fachlich-
berichtete Hartwig Eisel anschließend,      keit von Menschen mit Behinderungen
dass ein Entwurf von Wahlprüfstei-          nicht etwa aus den politischen Forde-
nen für die kommenden Wahlen zum            rungen ergebe, die sie aus ihrer Be-
Berliner Abgeordnetenhaus vorliege.         troffenheit heraus formulieren. Ist nicht
Er habe sich bemüht, diese behinde-         doch notwendig, über die Beschreibung
rungsübergreifend, aber auch so kon-        der Betroffenheit hinaus und aufgrund
kret wie möglich zu formulieren. In der     erworbe­ ner Fachlichkeit mit der Ver-
Diskussion wurde ergänzt, dass auch         waltung auf Augenhöhe zu kommen? In
die Themen Gebärdensprache, Aus­bau         vielen Lebensbereichen zeigt sich heute
des Berliner Sonderfahrdienstes und         deutlich, dass die in der Diskussion mit
Zukunft der Eingliederungshilfe sowie       der Verwaltung erzielten Erfolge ge­rade
die Frage nach der Haltung der jewei-       auf der eigenständigen, spezialisierten
ligen Partei zum Bau eines würdigen         Interessenvertretung von Menschen mit
T4-Mahnmals aufgenommen werden              Behinde­ rung beruhen. Im Zusammen-
sollen.                                     hang damit wurde auch die Überlegung
Am 25. August führt die LV Selbsthilfe      eingebracht, im Bedarfs­    fall unbedingt
um 16.30 Uhr im Roten Rathaus eine          externe Fachleute hinzuzuziehen.
Wählerver­sammlung für Menschen mit         Beschlossen wurde schließlich noch im
Behinderung mit Kandidatinnen bzw.          Landesbeirat eine neue Arbeitsgruppe
Kandidaten der verschie­denen Parteien      für „Menschen mit Behinderung und Mi-
durch. Eingeladen sind nicht nur de-        grationshintergrund“ einzurichten. Die
ren sozial- und behindertenpolitischen      Entscheidung über einen An­trag der AG
Sprecher, sondern auch die für Bildung,     „Persönliche Assistenz“, der Landesbei-
Bauen, Verkehr und Frauen.                  rat solle sich für die Rücknahme eines
Im Hinblick auf die internen Arbeits-       von der Senatsverwaltung für Integra-
gruppen wie auch die Arbeitsgruppen         tion, Arbeit und Soziales vorgelegten
„Menschen mit Behinderung“ bei den          Fragebogens und eines dazugehörigen
Senatsverwaltungen wurde diskutiert,        Leitfadens zur individuellen ambulanten
ob dort nicht immer wieder die Betrof-      Pflegegesamtplanung ausspre­chen und
fenen deutlich an ihre Grenzen stoßen,      ein Verfahren zur Hilfebedarfsermittlung
da sie als Ehrenamtler nicht über die       erarbeiten, wurde auf eine spätere Sit-
Ressourcen der Verwaltung verfügen          zung des Landesbeirats verschoben.
und immer wieder Mühe mit der Menge         Des Weiteren wurde ein Beschluss ge-
und der rechtlichen Beur­teilung des Ma-    fasst, mit dem der Lan­desbeirat die Se-
terials haben. Dem wurde entgegenge-        natorin für Integration, Arbeit und Sozia-
halten, dass sich auch die anwesenden       les auffordert, ihre Verwal­tung solle die
Vertreter der Verwaltung mitunter nicht     Resolution „Umgestellt ≠ abgestellt?!“
sehr kundig in den für Menschen mit         der Eltern-/Angehörigenvereine mit un-
Behinderung relevanten Fragen zeigten       terzeichnen.

Behindertenpolitik                             FLAGGSCHIFF                         10
Bundestagspräsident Norbert Lammert (Mitte) eröffnet mit der Autorin Valentina
Pavlova (neben ihm) die Ausstellung „Garten der Erinnerung“. Im Rollstuhl davor
Ilja Seifert, MdB-Die Linke
                                                                    Foto: Eisel

                     Garten der Erinnerung
     Von Robert Parzer, http://gedenkort-t4.eu/2011/01/26/garten-der-erinnerung/

Von der Stiftung Denkmal für die ermor-     In der Ausstellung „Garten der Erinne-
deten Juden Europas, dem Deutschen          rung“ standen 40 Kinderporträts und
Paritätischen Wohlfahrtsverband, Lan-       40 blühende Apfelbäume stellvertre-
desverband Berlin und der Bundesver-        tend für alle Kinder, die Opfer der NS-
einigung Lebenshilfe für Menschen mit       „Euthanasie“ wurden. Im Anschluss
Behinderung e. V. gefördert, hat die        an die Gedenkstunde anlässlich des
Künstlerin Valentina Pavlova die Aus-       Gedenktags an die Opfer des National-
stellung entwickelt, die auf Einladung      sozialismus im Deutschen Bundestag
von Bundestagspräsident Prof. Dr. Nor-      am 27. Januar 2011 wurde der Bundes-
bert Lammert im Deutschen Bundestag         tagspräsident mit seinen Gästen von
gezeigt wurde.                              Valentina Pavlova und dem Direktor der
                                            Stiftung Denkmal für die ermordeten

11               FLAGGSCHIFF                                 Behindertenpolitik
Juden Europas, Uwe Neumärker, durch
die Ausstellung auf der Fraktionsebene
des Reichstagsgebäudes geführt.

Der Wille der Nationalsozialisten, in
ihren Augen „lebensunwertes Leben“
auszulöschen, wurde im Deutschen
Reich erstmals systematisch mit den
„Euthanasie“-Verbrechen 1940/41 um-
gesetzt. Die Opfer dieses Mordpro-
gramms, später „Aktion T4“ nach dem
Sitz der Zentrale in der Berliner Tiergar-
tenstraße 4 genannt, waren deutsche
und österreichische Frauen, Männer
und Kinder, meist mit Behinderungen
oder psychischen Erkrankungen.

Am 16. Januar 1940 begannen Ver-
schleppungen in Gasmordanstalten
– nach Bernburg, Brandenburg/Havel,
Grafeneck, Hadamar, Hartheim und             Eines der wehrlosen Opfer
Pirna-Sonnenstein. Über 70.000 Men-                                      © V. Pavlova
schen fielen der Aktion zum Opfer, bis
sie im Sommer 1941 aufgrund öffentli-        Menschen wurden nicht nur heimtü-
cher Unruhe gestoppt wurde. Doch der         ckisch ermordet – sie bekamen keine
Massenmord von Patienten hatte be-           Gräber und keine Grabsteine. Die in der
reits nach Kriegsbeginn im September         Ausstellung gezeigten Fotografien ste-
1939 auf dem Gebiet des eroberten Po-        hen beispielhaft für etwa 10.000 geistig
len begonnen. Und er wurde in Deutsch-       oder körperlich behinderte und sozial
land nach dem „Euthanasiestopp“ durch        benachteiligte Säuglinge und Kinder,
Überdosen von Medikamenten, Nah-             die zwischen 1940 und 1945 dem Pa-
rungsentzug oder Vernachlässigung der        tientenmord zum Opfer fielen. Die Do-
medizinischen Versorgung fortgesetzt.        kumente entstammen Aktenbeständen
Hinzu kamen ab Juni 1941 nach dem            der früheren Provinzial-Heil- und Pfle-
Angriff auf die Sowjetunion Massener-        geanstalt Bonn, aus der 257 Mädchen
schießungen im Osten. Die Aktionen           und Jungen, darunter die hier gezeigten
hatten eine europaweite Dimension mit        Kinder, in den Tod abtransportiert wur-
mindestens 300.000 Ermordeten. Diese         den.

Behindertenpolitik                              FLAGGSCHIFF                       12
Sie waren die ersten Opfer
des Massenmordes: behinderte Menschen
Am 27. Januar, dem Gedenktag für die      brauchen, zwangsweise zu sterilisieren
Opfer des nationalsozialistischen Mas-    und zu ermorden. In der Tiergartenstra-
senmordes, legten der Beauftragte der     ße 4 befand sich die koordinierende
Bundesregierung für die Belange behin-    Zentrale. Heute erinnert eine in die Erde
derter Menschen, Hubert Hüppe, und        eingelassene metallene Schriftplatte an
zahlreiche weitere Persönlichkeiten an    diese Verbrechen.
der Berliner Tiergartenstraße 4 Kränze    An der Kranzniederlegung nahmen teil:
zum Gedenken an eine oft vergessene       die behindertenpolitischen Sprecher der
Opfergruppe nieder. Unter der Tarnbe-     Bundestagsfraktionen, der Vorsitzende
zeichnung „T4“ waren ab 1934 mehrere      der Bundesvereinigung Lebenshilfe Ro-
hunderttausend behinderte und psy-        bert Antretter, der Berliner Landesbeauf-
chisch erkrankte Menschen systema-        tragte für Menschen mit Behinderung,
tisch erfasst und selektiert worden, um   Dr. Jürgen Schneider, der Vorsitzende
sie für „Forschungszwecke“ zu miss-       der Landesvereinigung Selbsthilfe und

Bundesbeauftragter Hubert Hüppe bei seiner Ansprache. Neben ihm (mit Schal)
Robert Antretter, Vorsitzender der Bundesvereinigung Lebenshilfe
                                                                 Foto: Eisel
des Berliner Landesbeirats für Men-        fahren bestehen, dass so etwas wieder
schen mit Behinderung, Hartwig Eisel,      geschehen könnte!“
der Vorsitzende der Lebenshilfe Berlin,    Auch in Berlin-Buch befindet sich ein
Günter Jahn und weitere Vertreter von      Ort des Gedenkens an die Opfer der
Organisationen der Menschen mit Be-        verbrecherischen „Euthanasie“. Hier
hinderung in der Hauptstadt.               befand sich einst das Kaiser-Wilhelm-
Der Bundesbeauftragte Hüppe forderte       Institut für Hirnforschung, dessen stell-
die Einrichtung einer Gedenkstätte für     vertretender Direktor Hallervorden eine
die Opfer dieses menschenverachten-        Sammlung mit dreitausend Gehirnen
den Programms und betonte: „Noch           dieser getöteten Menschen aufbaute.
wichtiger ist es, die Geschichte der Er-   Die Berliner Behindertenorganisationen
mordung behinderter Menschen im Drit-      kämpften mit Demonstrationen und Un-
ten Reich zu dokumentieren, damit so-      terschriftensammlungen lange darum,
wohl jüngere wie auch ältere Menschen      bis dort 1997 ein Mahnmal zum Geden-
über dieses Vernichtungsprogramm           ken an die Ermordeten errichtet wurde
informiert werden. Eine Informations-      – geschaffen von der Bildhauerin Anne-
stätte sollte nicht nur informieren und    Franziska Schwarzbach. Es stellt ein
erinnern, sondern auch zeigen, wie es      schutzloses, verstümmeltes Kind dar.
dazu kommen konnte und welche Ge-          Dr. Rudolf Turber

   Wichtiges Handbuch für Abgeordnete
Am 24. März 2011 stellten die Vorsit-      zen, über alle Fraktionsgrenzen hinweg
zende des Bundestagsausschusses für        gut aufgenommen und befürwortet.
Arbeit und Soziales, Katja Kipping, und    Teilhabe sei ein Menschenrecht gewor-
der Beauftragte der Bundesregierung für    den, und es gebe noch viele Barrieren,
die Belange behinderter Menschen, Hu-      die überwunden werden müssten. Er
bert Hüppe, die deutsche Übersetzung       verwies auch auf die Tätigkeit der Ko-
des Parlamentarier-Handbuches der          ordinierungsstelle und den Inklusions-
Vereinten Nationen über die Rechte         beirat, dessen Mitglieder mehrheitlich
der Menschen mit Behinderung der           behinderte Menschen sind –benannt
Presse vor. An der Veranstaltung nah-      vom Deutschen Behindertenrat.
men auch die behindertenpolitischen        Das UN-Handbuch soll Abgeordnete für
Sprecher der Fraktionen teil.              Probleme von Menschen mit Behinde-
Seit zwei Jahren sind die UN-Konven-       rungen sensibilisieren und ihre Sach-
tion und das Fakultativprotokoll auch      kenntnis erhöhen. Den Parlamenten
für Deutschland gültig, dennoch gibt es    und ihren Abgeordneten fällt bei der
noch viele Fragen. Der Bundesbehin-        Umsetzung der Konvention eine Schlüs-
dertenbeauftragte Hüppe betonte ein-       selrolle zu. So kann das Handbuch mit
leitend, die Mitglieder des Ausschusses    dazu beitragen, den Umsetzungspro-
hätten seine Anregung, das nur in eng-     zess sachkundig voran zu bringen.
lischer Sprache vorliegende Handbuch       Nicht umsonst ist dieses Ziel schon im
der UNO und der Interparlamentari-         Titel ausgedrückt:
schen Union ins Deutsche zu überset-       „Von der Ausgrenzung zur Gleichbe-

Behindertenpolitik                            FLAGGSCHIFF                        14
Im Podium bei der Vorstellung des Handbuchs (v. li.): Dr. Ilja Seifert (MdB Linke),
Maria Michalk (MdB CDU), Martin Frey (Sekretär des Ausschusses für Arbeit und
Soziales), Katja Kipping (MdB Linke, Vorsitzende des Ausschusses für Arbeit und
Soziales), Hubert Hüppe (Beauftragter der Bundesregierung für die Belange behin-
derter Menschen), Gabriele Molitor (MdB FDP)                 Fotos: Dr. R. Turber

rechtigung – Verwirklichung der Rechte     Thema Behinderung erhöht. Es sei als
von Menschen mit Behinderungen“.           ein „Schlüssel für die Zukunft“ zu be-
Hier zwei Stimmen von behindertenpo-       trachten und beispielgebend auch für
litischen Sprechern der Parteien bei der   die Umsetzung anderer Konventionen.
Pressekonferenz:                           Viele Abgeordnete seien noch zu wenig
MdB Maria Michalk (CDU/CSU) unter-         informiert.
strich die Bedeutung des Handbuchs,        MdB Dr. Ilja Seifert (Die Linke): Es sei
das die Sensibilität gegenüber dem         endlich angekommen, dass Behinder-

 Haus Rosemarie Reichwein – Bildungs- und Begegnungsstätte

 Barrierefreies Gästehaus für Menschen mit Behinderungen des Spastikerhilfe
 Berlin e. V. mit 32 Betten und zwei Seminar-
 räumen für bis zu 60 Teilnehmer.
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 Das Projekt wurde verwirklicht aus Mitteln der Stiftung Deutsche Klassenlotterie
 Berlin und der Aktion Mensch.

15             FLAGGSCHIFF                                  Behindertenpolitik
tenpolitik auch Menschenrechtspolitik      schen, denn an ihm lässt sich die Wirk-
ist. An der Erarbeitung der Konvention     lichkeit in der politischen Umsetzung
hätten auch Menschen mit Behinderung       ganz konkret messen. Es wird auf der
aktiv mitgewirkt. Anfangs hätten die Di-   Homepage des Ausschusses für Arbeit
plomaten und UN-Beamten in New York        und Soziales unter www.bundestag.de
einige Probleme mit deren Mitarbeit ge-    in digitaler Fassung eingestellt. An der
habt; sie konnten nicht so recht damit     gedruckten Fassung Interessierte kön-
umgehen.                                   nen sich auch direkt an den Bundes-
So ist dem Handbuch für Abgeordnete        tagsausschuss für Arbeit und Soziales
möglichst große Verbreitung zu wün-        wenden.                Dr. Rudolf Turber

       Prominenter Besuch im Kleisthaus
         zur Eröffnung der Kampagne
          „Deutschland wird inklusiv
               – wir sind dabei!“
Judith E. Heumann, Sonderberaterin         te der „Landkarte der inklusiven Beispie-
für die internationalen Rechte behin-      le“ teil. Anlass war der zweite Jahrestag
derter Menschen im Außenministerium        der UN-Behindertenrechtskonvention
der USA, besuchte Berlin und nahm im       am 26. März 2011. Seit Dezember 2010
Kleisthaus, dem Dienstsitz des Bundes-     können sich Verantwortliche für Beispie-
behindertenbeauftragten Hubert Hüppe,      le eines Miteinanders von Menschen mit
an der Auszeichnung der ersten Projek-     und ohne Behinderungen für die „Land-

Behindertenpolitik                            FLAGGSCHIFF                        16
für Menschen mit und ohne
                                              Behinderungen,
                                          ¾¾ und die Kreisau-Initiative Berlin
                                              e. V., die einen internationalen
                                              Jugendaustausch von Jugendlichen
                                              mit und ohne Behinderungen an-
                                              bietet und gleichzeitig Jugendliche
                                              als Organisatoren eines Jugend-
                                              austausches trainiert.
                                          Weitere werden folgen. Die Vorschläge
                                          wurden vom Inklusionsbeirat, in dem
                                          vor allem Menschen mit Behinderungen
                                          vertreten sind, geprüft und benannt. Er
                                          ist der Mittelpunkt der Koordinierungs-
                                          stelle zur UN-Behindertenrechtskon-
                                          vention beim Beauftragten der Bundes-
                                          regierung für die Belange behinderter
                                          Menschen.
                                          Judith E. Heumann erklärte : „Die Land-
                                          karte ist ein positives Zeichen für all
                                          diejenigen, die sich für Inklusion enga-
Judith E. Heumann
                                          gieren, und eine Aufforderung zum Han-
karte der inklusiven Beispiele“ bewer-    deln für alle anderen …“
ben. Aus den mehr als 200 Bewerbern       Hubert Hüppe: „Es ist für mich eine
wurden die ersten fünf präsentiert:       besondere Ehre, Sie bei der heutigen
¾¾ die Technische Jugendfreizeit- und     Auszeichnung der ersten inklusiven Bei-
   Bildungsgesellschaft gGmbH mit         spiele hier im Kleisthaus begrüßen zu
   ihrem Projekt „barrierefrei kommuni-   dürfen. Sie unterstützen die Menschen
   zieren!“,                              in Deutschland, den inklusiven Weg zu
¾¾ die StadtImpuls GmbH mit ihrem         gehen … In Deutschland gibt es auch
   Projekt „Job-InforM“,                  zwei Jahre nach Inkrafttreten der UN-
¾¾ die Peter-Paul-Rubens-Schule in        Behindertenrechtskonvention dringen-
   Tempelhof-Schöneberg,                  den Handlungsbedarf für gleichberech-
¾¾ Special    Olympics      Deutschland   tigte Teilhabe von Menschen mit Behin-
   e. V. mit ihrem Fußballprojekt         derungen. Dies betrifft alle Bereiche von
                                          Kindertagesstätten und Schulen bis hin
Gruppenbild mit Preisträgern. In der      zu Betrieben, Altenheimen und Freizeit-
Mitte Judith E. Heumann aus den USA,      einrichtungen“, betonte er. „Mir ist wich-
direkt hinter ihr Dr. Jürgen Schneider,   tig, dass behinderte Menschen diese
Berliner Landesbeauftragter für Men-      Beispiele selbst ausgewählt haben. Sie
schen mit Behinderung, 3. von rechts      sind die Experten in eigener Sache!“
Hubert Hüppe, Behindertenbeauftragter     Am Start der Kampagne „Deutschland
der Bundesregierung                       wird inklusiv – wir sind dabei!“ nahmen
                   Fotos: Dr. R. Turber   über 200 Menschen mit und ohne Be-

17             FLAGGSCHIFF                                  Behindertenpolitik
hinderungen teil. Sie feierten die Aus-    Kampagne bis 2013 inklusive Beispiele
zeichnung der ersten Beispiele mit einer   in ganz Deutschland besuchen.
„Auftaktparty“ im Kleisthaus in Berlin.    Unter www.inklusionslandkarte.de wer-
Hubert Hüppe, Beauftragter der Bun-        den anerkannte beispielhafte Projekte
desregierung für die Belange behin-        dargestellt.
derter Menschen, wird im Rahmen der        Dr. Rudolf Turber

                        Dank für Spenden
Die Landesvereinigung Selbsthilfe Berlin e. V. bedankt sich herzlich für folgende
Spenden:
5000,00 € von der Sparda-Bank Berlin eG,

65,00 € von Frau Sabine Behringer,

100,00 € von der Fürst Donnersmarck-Stiftung.

Wir versichern den edlen Spendern, dass ihre Zu-
wendung für den vereinbarten Zweck, zumindest
aber für unsere Satzungszwecke verwenden wer-
den.

Für den Vorstand
Hartwig Eisel, Vorsitzender

                              Einladung
Am 18. September 2011 finden in Berlin Wahlen zum Abgeordnetenhaus und zu
den Bezirksverordnetenversammlungen statt.
Der Landesbeirat für Menschen mit Behinderung, die Landesvereinigung
Selbsthilfe Berlin e. V. und die Arbeitsgruppe der Berliner Behindertenverbände und
–initiativen haben gemeinsam Wahlprüfsteine für die aktuell im Abgeordnetenhaus
von Berlin vertretenen Parteien erarbeitet. Sie laden herzlich ein zur
                                 Wählerversammlung
                      am 25. August 2011, 16.30 bis 19.00 Uhr,
            im Ferdinand-Friedensburg-Saal des Berliner Rathauses.
Machen Sie von Ihrem demokratischen Recht Gebrauch, die Kandidatinnen und
Kandidaten auf ihre Pläne zur Politik von und für Menschen mit Behinderung zu
prüfen!
Der Veranstaltungsort ist barrierefrei über den Eingang Jüdenstraße zu erreichen.
Für Gebärden- und Schriftdolmetschung sowie für barrierefreie Hörtechnik wird
gesorgt.

Aus der LV Selbsthilfe                        FLAGGSCHIFF                       18
Besuch der Gedenkstätte Berliner Mauer
Auf Einladung der AG „Menschen mit
Behinderung“ bei der Senatskanzlei,
Abt. Kulturelle Angelegenheiten, wur-
de am 8. März 2011 die Gedenkstätte
Berliner Mauer an der Garten-/Ecke
Bernauer Straße besichtigt. An der
Veranstaltung nahmen außer dem zu-
ständigen Vertreter der Senatskanzlei,
Herrn Klemke, Vertreter mehrerer Be-
hindertenverbände und des Landes-
beirats für Menschen mit Behinderung,
der Landesbeauftragte sowie einige         Das Besucherzentrum der Gedenkstät-
Bezirksbeauftragte für Menschen mit        te Berliner Mauer, von der Bernauer
Behinderung teil.                          Straße aus gesehen. Links die Garten-
Bevor es anschließend zu einer Sitzung     straße
im Hause kam, führte Dr. Klausmeier,
der Vorstand der Gedenkstätte – die        die Einzelheiten. Die Teilnehmer sollten
Gruppe durchs Gelände und beschrieb        sich von der Barrierefreiheit des weit-
                                           räumigen Geländes überzeugen, doch
                                           Beanstandungen blieben nicht aus. Um
                                           zu den Hörstelen mit Schrifttafeln zu ge-
                                           langen, müssen Rollstuhlfahrer Rasen-
                                           flächen überqueren. Nach einem Regen
                                           wäre dies ziemlich schwierig.
                                           Wie aus den Fotos ersichtlich, befindet
                                           sich in der Anlage ein Modell der Ber-
                                           liner Mauer, die das Geländes darstellt
                                           und für blinde und sehbehinderte Men-
                                           schen ertastbar ist. Sie vermissten aller-
                                           dings Informationstafeln in Brailleschrift.
                                           Auch ein Multi-Media-Guide steht den
                                           Besuchern zur Verfügung, jedoch
                                           müssen hier noch Verbesserungen
                                           vorgenommen werden, so dass er ne-
                                           ben akustischen Informationen auch
                                           solche in Text und in Gebärdensprache
                                           wiedergeben kann. Auf das gelungene
                                           Beispiel des Multi-Media-Guides vom
Der blinde Dr. Manfred Schmidt, Ehren-     Tourismusverein        Treptow-Köpenick
vorsitzender der LV Selbsthilfe Berlin,    wurde verwiesen. Alle Beanstandungen
lässt sich von Dr. Klausmeier den Multi-   wurden in einem Protokoll festgehalten.
Media-Guide vorführen                      Dr. Klausmeier sagte eine Prüfung zu.

19             FLAGGSCHIFF                         Aus den Mitgliedsvereinen
Eingangsgebäude der Museumsinsel
                                         (Zugang zum Ägyptischen und Neuen
                                         Museum) vor. Die Teilnehmer konnten
                                         Kritiken anbringen, wobei es hauptsäch-
                                         lich um die Zugänglichkeit für Rollstuhl-
                                         fahrer und Leitmarkierungen für blinde
                                         und sehbehinderte Menschen ging.
                                         Nachdem der Plan ausführlich bespro-
                                         chen worden war, kam es zur Vorstel-
                                         lung einer Checkliste AG Barrierefrei-
                                         heit in Museen, die von Dr. Damaschun,
                                         dem amtierenden Generaldirektor des
                                         Museums für Naturkunde, vorgetragen
Stelen, die Höhe und Verlauf der Mauer   wurde. Diese Liste soll alle Behinde-
nachbilden. Rechts Dr. Klausmeier        rungsgruppen berücksichtigen und ei-
                                         nen Leitfaden für Museen und Ausstel-
Auf der Sitzung nach dem Rundgang        lungsmacher bilden, wie Ausstellungen
stellte Herr Vogt aus dem Architekten-   möglichst barrierefrei zu gestalten sind.
team von David Chipperfield in einem
bebilderten Vortrag das neue geplante    Text und Fotos: Fritz-Bernd Kneisel

            Die Zukunft der stationären
                  Behindertenhilfe
   Anmerkungen zur Podiumsdiskussion in Alt-Schönow am 4. Mai 2011
Dieses Thema hat in letzter Zeit er-     Alt-Schönow in der sozialen Landschaft
heblich an Bedeutung gewonnen,           bekannt machen und etablieren sollen.
weil aktuelle Fragen, die sich aus       Beides ist für den Anfang gut gelun-
der landeseinheitlichen Hilfebedarfs-    gen. Dabei ganz wesentlich geholfen
ermittlung im Rahmen der Umstel-         haben die Menschen auf dem Podium:
lungsbegutachtung ergeben, große         der Staatssekretär, Herr Rainer Maria
Verunsicherungen bei den Eltern,         Fritsch, Herr Reinald Purmann vom
den Heimbewohnern sowie den leis-        Paritätischen Wohlfahrtsverband Berlin
tungserbringenden Heimen ausge-          und unser Geschäftsführer, Herr Chris-
löst haben.                              tian Schmock. Der Moderator war ein
Der Camphill-Alt-Schönow e. V., also     echter Glücksgriff: Herr Peter Ruhen-
der Trägerverein unserer schönen Ein-    stroth-Bauer führte freundlich, aber be-
richtung, hat etwas ganz Neues gewagt    stimmt durch den Abend.
und dabei echt gewonnen. Die Podi-       Zu dem Thema „Die Zukunft der stati-
umsdiskussion war der Auftakt einer      onären Behindertenhilfe“ hatten sich
Reihe von zukünftigen Veranstaltun-      trotz eines schon langen Arbeitstages
gen, die zum einen brennende aktuelle    im Landesbeirat dessen Vorsitzender
Fragen und Probleme beleuchten und       Herr Hartwig Eisel, der Geschäftsführer
zum anderen die Lebensgemeinschaft       der Lebenshilfe Berlin e. V., Herr Dani-

Aus den Mitgliedsvereinen                   FLAGGSCHIFF                        20
Das Podium von Alt-Schönow: Christian Schmock (Geschäftsführer der Lebensge-
meinschaft Alt-Schönow), Reinald Purmann (Der PARITÄTISCHE Berlin), Staats-
sekretär Rainer-Maria Fritsch, Moderator Peter Ruhenstroth-Bauer (v. li.). Leider
nur aus der rückwärtigen Perspektive zu sehen: Daniel Fischer, Hartwig Eisel, Re-
nate Hoffmann (v. re.)
                                             Foto: Freundeskreis Camphill e. V.
el Fischer, und Frau Renate Hoffmann, Resümee der Veranstaltung: Wir ha-
2. Vorsitzende der Spastikerhilfe e. V. ben der Politik unsere Sorgen vermittelt
eingefunden. Mitglieder der Berliner und miteinander gesprochen, weitere
Verwaltung, Mitglieder unseres be- Gespräch sollen folgen. Diese Veran-
freundeten Elternvereins Interessenge- staltung rundete die beiden großen
meinschaft zur Förderung behinderter Versammlungen von Lebenshilfe und
Menschen e. V., engagierte Mitarbeiter Spastikerhilfe im Bockelmann-Haus
von Alt-Schönow, viele Freunde und der und im Schöneberger Rathaus sehr gut
Teile unserer Elternschaft, die die Bri- ab und hat ganz stark verdeutlicht: Die
sanz dieses Themas verstanden haben, Umstellungsbegutachtung in Heimen
füllten den Saal. Die fehlenden Eltern hätte mit ihren Auswirkungen vorher mit
haben etwas versäumt – für sich und allen betroffenen Parteien am runden
zur Verteidigung des Lebensstandards Tisch behandelt werden müssen. Die-
ihrer Söhne und Töchter.                 se Erkenntnis wurde gewonnen, und
Unsere verehrte Vorsitzende, Frau Eri- hoffentlich finden wir noch eine Lösung,
ka Schwalbe-Riel, eröffnete und schloss die dem Anspruch unserer Söhne und
diesen aufklärenden Abend. Und dazwi- Töchter auf ein würdiges, inkludiertes
schen fanden Fragen, Antworten und Leben erfüllt.
Statements in achtungsvoller Atmo-
sphäre ihre Zuhörer.                     Erika Lange

21             FLAGGSCHIFF
Geballte Elternpower erkämpft
    Zugeständnisse der Senatsverwaltung
Mit einer gemeinsamen Erklärung von       rigenvereine am weiteren Verfahren vor.
Elternvereinen und Senatssozialverwal-    Beide Seiten sind sich einig, dass das
tung hat das Tauziehen im Zusammen-       neue Leistungs- und Vergütungssystem
hang mit der sogenannten Umstellungs-     einschließlich Begutachtungsverfahren
begutachtung an über 3.000 schwer be-     und Leitfaden weiterentwickelt werden
hinderten Menschen ein positives Ende     muss. Gemeinsam streben sie einen
gefunden.                                 fachlich-inhaltlichen und wissenschaft-
                                          lich begleiteten Diskurs an. Zur Fortfüh-
Ende 2010 hatte die Berliner Senats-      rung des Prozesses und die Planungen
verwaltung für Integration, Arbeit und    für 2012 und 2013 hat die Sozialsena-
Soziales den Hilfebedarf aller geistig    torin Carola Bluhm bereits eingeladen.
und körperlich behinderten 3.125 Heim-
bewohner in Berlin überprüfen und nach    Die Verhandlungen wurden begleitet
neuen Kriterien beurteilen lassen. Die    durch Hartwig Eisel, den Vorsitzenden
Begutachtungen sind die Grundlage ei-     des Landesbeirats für Menschen mit
ner neuen einheitlichen Preisgestaltung   Behinderung. „Die Erklärung ist ein
und damit Personalbemessung in den        gutes Beispiel für eine funktionierende
Wohnheimen der Berliner Behinderten-      Bürgergesellschaft mit demokratischen
hilfe.                                    Entscheidungsprozessen“, stellt Eisel
                                          fest. Der Landesbehindertenbeirat will
Das neue System benachteiligt Men-        jetzt die anderen im Abgeordnetenhaus
schen mit sehr hohem Unterstützungs-      vertretenen Parteien zur Anerkennung
bedarf. Das wollten die Elternvereine     der Erklärung bewegen, damit der be-
Lebenshilfe Berlin und Spastikerhilfe     gonnene Prozess unumkehrbar wird
Berlin nicht hinnehmen und organisier-    – unabhängig davon, welche politische
ten den Widerstand. Über 1.000 Eltern     Partei nach den Wahlen die politische
und gesetzliche Betreuer legten Wider-    Verantwortung für das Ressort Soziales
spruch gegen die Bescheide der Sozial-    übernimmt.
ämter ein.
                                          Neben dem Landesbeirat für Menschen
In intensiven Verhandlungen zwischen      mit Behinderung sind auch der Landes-
den Elternvereinen und der Senatsso-      beauftragte für Menschen mit Behinde-
zialverwaltung entstand eine gemein-      rung, Dr. Jürgen Schneider, und der Pa-
same Erklärung, mit der beide Seiten      ritätische Wohlfahrtsverband Berlin der
leben und arbeiten können. Sie sieht      „Gemeinsamen Erklärung“ beigetreten.
die Fortsetzung des begonnenen Dia-
logs und eine Beteiligung der Angehö-     Christiane Müller-Zurek

Beitrittserklärung des Landesbeirats für Menschen mit Behinderung, die auf einem
Beschluss der 7. Sitzung der 3. Amtsperiode am 22. Juni 2011 beruht

Aus den Mitgliedsvereinen                    FLAGGSCHIFF                        22
Gemeinsame Erklärung
Die Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales, die Vertreter der Liga
der Spitzenverbände der freien Wohlfahrtspflege und die Angehörigenvereine
geben fol­gende gemeinsame Erklärungen im Sinne einer konstruktiven Fortfüh-
rung des be­gonnenen Dialogs zu den Veränderungsprozessen im Bereich der
Eingliederungs­hilfe – insbesondere zum Projekt Heime und den Perspektiven
dazu – ab:
   1. Die Beteiligten sind sich einig, dass das neue Leistungs- und Vergütungssys­
       tem einschließlich des Begutachtungsverfahrens und des Leitfadens
       weiter­entwickelt werden muss.
   2. Die Angehörigenvereine werden über die Arbeit der Vertragskommission So-
       ziales, Kommission 75 (Kom75), von der Senatsverwaltung für Integration,
       Arbeit und Soziales regelmäßig – mindestens zwei Mal jährlich – informiert.
       Die unmittelbaren Trägerorganisationen und der jeweilige Verband sehen
       sich ebenfalls zur regelmäßigen Information verpflichtet. Die Angehörigen­
       vereine erhalten die Möglichkeit, zu wesentlichen Sachverhalten Stellung
       zu nehmen. Die Einbeziehung zur Stellungnahme wird durch den jeweili-
       gen Ligaverband gewährleistet.
   3. Die Beteiligung der Angehörigenvereine an der Weiterentwicklung
       des neuen Leistungs- und Vergütungssystems einschließlich der
       Begutachtungsverfah­ren wird wie folgt sichergestellt:
       a. Die Angehörigenvereine werden in die Evaluation des Gesamtsystems
           im 1. Halbjahr 2013 in Form von Information und Stellungnahmemöglich­
           keit einbezogen.
       b. Die Angehörigenvereine werden über geplante und anstehende Verän­
           derungen der Leistungsgruppensystematik und deren Auswirkungen
           in­formiert.
       c. Über die mit der Liga verabredete Evaluation der Nachhaltigkeit
           und An­gemessenheit der gefundenen Lösungen hinaus streben die
           Unterzeich­  ner dieser Erklärung einen fachlich-inhaltlichen, wissen-
           schaftlich beglei­teten Diskurs u. a. zu den Themen „Hilfebedarfspla-
           nung“ und „Teilhabe­planung“ an.
   4. Weitere Angehörigenvereine, der Landesbeirat für Menschen mit Behinde­
       rung und der Landesbeauftragte für Menschen mit Behinderung können
       die­ser Erklärung in einfacher Schriftform beitreten.
Berlin, den 22. Juni 2011
                                                             für den Landesbeirat
                                                             für Menschen mit
                                                             Behinderung
gez. Carola Bluhm                                            gez. Hartwig Eisel
Senatorin für Integration, Arbeit und Soziales               Vorsitzender

23            FLAGGSCHIFF                         Aus den Mitgliedsvereinen
Barrierefreiheit bei audiovisuellen Medien.
              Ein neuer Weg
Die Ausgangssituation                      schwäche aufweisen, die gleichzeitiges
Die Nutzung audiovisueller Medien          Lesen und Bildrezeption erschwert. Das
nimmt einen immer größeren Teil un-        aktuelle Angebot audiovisueller Medien
seres Alltags ein. Im Jahr 2008 sahen      wird demnach den Bedürfnissen von
die 14- bis 69-Jährigen in Deutschland     über 20 % der deutschen Bevölkerung
durchschnittlich 226 Minuten pro Tag       nicht gerecht. Es handelt sich also um
fern und 66 % der Haushalte verfüg-        ein Problem mit erheblicher gesell-
ten über einen Breitbandinternetan-        schaftlicher Tragweite, das sich in der
schluss. Die Medienaffinität zieht sich    Zukunft auf Grund der oben genannten
mittlerweile durch sämtliche Alters- und   Faktoren weiter verschärfen wird.
Bevölkerungsschichten. Dem stehen
alleine in Deutschland ca. 20 Millionen    EASY LISTEN: Die Tonspur mit mehr
Hörgeschädigte und Senioren gegen-         Sprachverständlichkeit
über. Ihre Zahl nimmt aufgrund des de-     Easy Listen ist eine eigene Tonspur für
mografischen Wandels sowie durch die       Senioren und Hörgeschädigte. Sie ist
stärkere Belastung des Gehörs stetig       das Pendant zu Hörfilmen für Blinde, die
zu, z. B. durch den allgemein steigen-     mittlerweile einen festen Platz im Fern-
den Lärmpegel der modernen Indust-         sehen und auf DVDs haben. Die Dipl.-
riegesellschaft oder vermehrte zu laute    Tonmeister Ginetta Fassio und Christian
Nutzung von MP3-Playern.                   Simon haben in ihrer Forschungsarbeit
Hörgeschädigte Menschen und Se-            an der Hochschule für Film und Fern-
nioren sind in ihren Möglichkeiten,        sehen „Konrad Wolf“ in Potsdam-Ba-
audiovisuelle Medien von Fernsehen         belsberg (HFF) den Ansatz entwickelt,
bis Internet zu nutzen, eingeschränkt      audiovisuelle Medien in der Herstellung,
oder sogar ganz von deren Gebrauch         das heißt z. B. bei den TV-Sendean-
ausgeschlossen. Das zentrale Prob-         stalten, zu optimieren. Diese Arbeit wird
lem besteht hierbei in der mangelnden      nun im Rahmen eines Forschungs-
Sprachverständlichkeit. Bei den Sen-       transferprojektes mit einem größeren
deanstalten wie auch in Internetforen      Team fortgeführt. Durch Anpassung
gehen immer wieder entsprechende Be-       an die Signalverarbeitungsprozesse
schwerden ein. Die bisherigen Ansätze      der digitalen Hörgerätetechnik wird die
zur Lösung des Problems sind Untertitel    Sprachverständlichkeit verbessert; das
oder die Einblendung von Gebärden-         Klangbild wird an die veränderte Wahr-
                      sprach-Fenstern.     nehmung der Zielgruppe angepasst.
                      Dies führt jedoch    Das bearbeitete Audiomaterial kann –
                      häufig nicht zu      vergleichbar mit Hörfilmen für Blinde
                      befriedigenden       oder fremdsprachigen Tonfassungen –
                      Ergebnissen, da      als alternative Tonspur auf DVDs, Blu-
                      z. B. ältere Nut-    ray Discs, im Radio, Fernsehen oder im
                      zer oftmals zu-      Internet angeboten werden. Es ist keine
                      sätzlich eine Seh-   zusätzliche Technik beim Endverbrau-

Wissenswertes                                 FLAGGSCHIFF                        24
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