Gefäßschutz und Herzfitness - Säulen des gesunden Alterns - Prof. Dr. med. Arno Schmidt-Trucksäss Sport- und Bewegungsmedizin

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Gefäßschutz und Herzfitness –
 Säulen des gesunden Alterns

     Prof. Dr. med. Arno Schmidt-Trucksäss
                      MD, MA, FESC

          Sport- und Bewegungsmedizin
    Department für Sport, Bewegung und Gesundheit - DSBG
           Medizinische Fakultät, Universität Basel
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Interessenskonflikte

Schwabe Pharma, Deutschland: Honorar für einzelne Vorträge

Kanton Basel, Schweiz: Honorar für einzelne Vorträge

Honorar für Tätigkeit im wissenschaftlichen Beirat: Kliniken Gais und Susch, Schweiz
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Inhaltsübersicht

•   Alterung der Gesellschaft, Herz-Kreislauf-Erkrankungen als Haupttodesursache
•   Arterien als Spiegelbild des Alterns, arteriosklerotischer Prozess
•   Mikrovaskuläre endotheliale Dysfunktion
•   INOCA – vernachlässigte Minderdurchblutung mikrovaskulärer Gefäße des Myokards
•   Progressions- und Schutzfaktoren der Arteriosklerose
•   Blutströmung und Scherstress am Endothel: NO-Bildung
•   Endothelschutz durch Bewegung als Kernelement der gesunden Arterienalterung
•   Ausdauertraining und Endothelschutz – drei Beispiele
•   Ernährung und Gefäßschutz
•   Pharmakologische Optionen zur «Therapie des Endothels»
•   Take-Home Message
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Projektion der Alterspyramide vom Jahr 2020 auf das Jahr 2040

                                                                                    Zwischen 2020 bis 2040
                                                                                    steigt der Anteil der über
                                                                                    50-jährigen von 45 % auf 48 %
                                                                                    der Bevölkerung. Bei den über
                                                                                    70-jährigen von 16 % auf 23 %.

                                                                                    50-jährige haben eine
                                                                                    Lebenserwartung von
                                                                                    30,3 (Männer) bzw.
                                                                                    34,5 (Frauen) Jahren.

                                                                                    Wirksame Prävention vor
                                                                                    kardiovaskulären Erkrankungen
                                                                                    und deren Folgen wie der Herz-
                                                                                    insuffizienz nach Myokardinfarkt
                                                                                    lohnen sich im Sinne des Erhalts
                                                                                    einer hohen Lebensqualität.

© Statistisches Bundesamt 2019; https://service.destatis.de/bevoelkerungspyramide
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Todesfälle nach den häufigsten Krankheitsdiagnosen in Deutschland 2018

                                                                                                Herz-Kreislauf-Erkrankungen zählen unverändert
                                                                                                zu den Haupttodesursachen in Deutschland.

                                                                                                Die Lebenszeitprävalenz für die koronare
                                                                                                Herzerkrankung liegt bei Männern im Alter
                                                                                                von 60-69 Jahren bei 19,5 %, von 70-79 Jahren
                                                                                                bei 30,5 % bzw. bei 10,8 % und 15,5 % bei den
                                                                                                Frauen.
                                                                                                Beim Herzinfarkt liegt die Lebenszeitprävalenz
                                                                                                bei Männern bei 11,9 % (60-69 J,) bzw. 15,3 %
                                                                                                (70-79 J.); bei Frauen bei 4,7 % bzw. 6,0 %.

                                                                                                Damit kommt der Prävention dieser
                                                                                                Erkrankungen eine gewichtige Bedeutung als
                                                                                                Beitrag zur Gesundheit der Bevölkerung zu.
Statista 2021; gbe-bund.deID 1042272 ; Gösswald A et al Bundesgesundheitsbl. 2013;56:650–655.                                     3
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«A man is as old as his arteries»

                                                                       Dr. Thomas Sydenham (1624-1689)
                                                                       «Vater der Medizin» in England

                                                                       Zur Vermeidung oder Reduktion der Prävalenz von
                                                                       arteriosklerotischen Erkrankungen rückt die arterielle
                                                                       Gefäßgesundheit in den Vordergrund.

                                                                       Das Aufhalten bzw. Verlangsamung der Alterung der Gefäße
                                                                       und des arteriosklerotischen Prozesses ist eine zentrale
                                                                       Aufgabe beim gesunden Altern.

                                                                       Grundlegende Kenntnisse des arteriosklerotischen Prozesses
                                                                       und der entsprechenden Interventionsmöglichkeiten sind für
                                                                       die Planung und Durchführung von Präventions- und
  © ca.m.wikipedia.org/wiki/Fitxer:Thomas_Sydenham_by_Mary_Beale.jpg
                                                                       Therapiemaßnahmen essentiell.
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Der arteriosklerotische Prozess als Basis für die Entstehung von ischämischen
Herzerkrankungen beginnt mit der endothelialen Dysfunktion

Stary HC Arteriosclerosis. 1989 Jan-Feb;9(1 Suppl):I19-32; Tesauro et al J Intern Med. 2017 May;281(5):471-482
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Der arteriosklerotische Prozess wird an den epikardialen Koronararterien als Stenose mit
Perfusionsminderung und ggf. Angina pectoris erkennbar. Der Plaque kann rupturieren
und ein akutes Koronarsyndrom auslösen.

                                                                Achtung:
                                                                Unauffällige Koronarangiographie der
                                                                epikardialen Gefäße bedeutet nicht
                                                                automatisch Beschwerdefreiheit

                                                                William Fulton, MD Thesis (1963), University of Glasgow

Nach Crea F et al European Heart Journal (2014) 35, 1101–1111
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Neben der koronaren Makrozirkulation, die im Wesentlichen für den Transport des
Blutes zuständig ist, kommen der Mikrozirkulation für die Regulation des
Flusswiderstands und des Stoffaustausch eine wichtige Aufgabe zu

                                                                Mikrozirkulation
                                                                Gefäße < 400 μm regulieren mass-
                                                                geblich den Strömungswiderstand
                                                                und darüber die Perfusion des
                                                                Myokards.

                                                                Eine endotheliale Dysfunktion
                                                                hätte die Zunahme des
                                                                Flusswiderstands und damit eine
                                                                Minderperfusion zur Folge

                                                            Camici PG, et al. Nat. Rev. Cardiol. 12, 48–62 (2015) und
                                                            Kogame N JACC Cardiovasc Intervent. 13, 1617-1638 (2020)
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Die endotheliale Dysfunktion mikrovaskulärer, myokardialer Arteriolen kann
symptomatisch die Funktion und Perfusion des Myokards beeinträchtigen

Nach Crea F et al European Heart Journal (2014) 35, 1101–1111
Mikrovaskuläre endotheliale Dysfunktion und makrovaskuläre atherosklerotische
Plaquebildung können zusammen auftreten und sich überlappen
INOCA* – das ist wichtig zu wissen

  • Bis zu 50 % aller Patienten mit Koronarangiographie haben eine INOCA.
  • 30 – 50 % der Patienten haben pectanginöse Beschwerden typischerweise bei Belastung,
    aber auch Atemnot, frühzeitige Erschöpfung oder atypische Angina in Ruhe sind möglich.
    Auch finden sich Kombinationen dieser Symptome unterschiedlicher Ausprägung. Die
    Beschwerden treten häufig schleichend über mehrere Monate bis Jahre auf.
  • Koronarangiographie ist typischerweise ohne Nachweis einer flusslimitierenden,
    obstruktiven Koronarstenose. Aber auch Belastungs-EKG, Stressechokardiographie und
    Myokardszintigraphie können unauffällig sein. PET-CT mit der höchsten Validität und
    Reproduzierbarkeit bei der nicht-invasiven Flussmessung. Die Messung der invasiven
    koronaren Flussreserve gilt als Goldstandard.
  • Frauen sind häufiger (ca. 2/3) betroffen als Männer, haben ein vergleichbares Risiko für
    kardiovaskuläre Ereignisse und entwickeln weniger obstruktive Koronarläsionen.
  • Das Risiko für schwerwiegende kardiale Ereignisse (u.a. Myokardinfarkt oder Schlaganfall)
    ist um das 1.3 – 1.5fache erhöht.
* Ischemia with no obstructive coronary artery disease
Taqueti VR J Am Coll Cardiol. 2018 Nov 27;72(21)-2625-2641; Kunadian V et al Eur Heart J 2020 Oct 1;41(37):3504-3520; Jespersen L et al Eur Heart J. 2012;33:734-744.
Invasive Diagnostik bei Verdacht auf INOCA
Algorithmus der Bestimmung der makro- und mikrovaskulären Funktion
koronararterieller Gefäße bei der Angiographie

Adapted from Bairey Merz CN, Circulation. 2017;135:1075–1092; Ford T JACC Cardiovasc Interv 2020: 1847-1864; Camici PG, et al. Nat. Rev. Cardiol. 12, 48–62 (2015)
Methoden zur nicht-invasiven Diagnostik von mikro- und makrovaskulären
Endothelfunktionsstörungen

Vlachopoulos C Atherosclerosis 241 (2015) 507e532; Königstein K Journal of Hypertension 2021, Jan 19;
Baulmann J Dtsch Med Wochenschr. 2010 Mar;135 Suppl 1:S4-14; McGeechan K Ann Intern Med. 2009 15; 151(6) 404–413
Im Zentrum des therapeutischen Denkens steht die mit zahlreichen Sensoren
ausgestattete koronare Endothelzelle

Baratchi S et al Trends Mol Med. 2017 Sep;23(9):850-868
Progressions- und Schutzfaktoren des Endothels

 Das intakte Endothel hat eine funktionierende Glycokalyx, Glykoproteine, die wie Antennen in das Lumen ragen. Zellen für die
 Reparatur und die Neubildung von Endothelzellen zirkulieren im Blut. Bei Endotheldysfunktion dringen Makrophagen in die
 Gefäßwand ein und tragen zur Plaquebildung bei. Die glatten Gefäßmuskelzellen sind steifer und erhöhen die Steifigkeit der
 Arterien und damit die kardiale Nachlast (Afterload).

Protektive Faktoren                                                                                                                                                                  Progressionsfaktoren
Medikation                                                                                                                                                                           •     Klassische Risikofaktoren
• Erhaltung der Endothelfunktion                                                                                                                                                     •     Inflammation
• Steigerung der NO-Bioverfügbarkeit                                                                                                                                                 •     Oxidativer Stress, …
• Inhibition inflammatorischer
  Cytokin- und Protease-Expression                                                                                                                                                   Lebensstil
• Reduktion des oxidativen Stress, …                                                                                                                                                 • Körperliche Inaktivität
                                                                                                                                                                                     • Geringe kardiorespiratorische
Lebensstil                                                                                                                                                                              Fitness
• Körperliche Aktivität und Training                                                                                                                                                 • Ungesunde Ernährung
• Gefäßprotektive Ernährung                                                                                                                                                          • Distress
• Balancierte psychische Belastung

      ECFCs, endothelial colony-forming cells; EMVs, endothelial micro-vesicles; EndMT, endothelial–mesenchymal transition; FMD, flow-mediated dilatation; HSPG, heparan sulphate proteoglycans; IL, interleukin; MØ, macrophage; MR-
      proADM, mid-regional pro-adrenomedullin; NO, nitric oxide; oxLDL, oxidized low-density lipoprotein; ROS, reactive oxygen species; TGFb, transforming growth factor beta.

Alexander Y Schmidt-Trucksäss A Cardiovascular Research 2021 Jan 1;117(1):29-42
Die Endotheltherapie für gesundes Altern hat zwei wichtige Säulen

                                                 Endothelwirksame
         Lebensstil verbessern
       • Körperliche Aktivität und Training         Medikation
       • Gefäßprotektive Ernährung            • Direkte Wirkung auf das Endothel
       • Balancierte psychische Belastung     • Indirekte Wirkung über die
                                                Beeinflussung von Risikofaktoren
Bewegung, Blutfluss und Gefäßschutz – wie funktioniert das?

Unter den protektiven Faktoren zählen ausreichende
körperliche Aktivität und Ausdauertraining zu den
wirksamsten Faktoren zum Schutz vor Arteriosklerose
und den damit verbundenen Erkrankungen des Herz-
Kreislaufsystems.

                                                      © pixabay.com
Ungefähr 30 % des kardiovaskulären Risikos wird durch traditionelle und sonstige
Risikofaktoren nicht aufgeklärt und der direkten Wirkung des Blutflusses auf die
Arterienwand zugeschrieben
Mit zunehmendem laminaren Blutfluss steigt die endotheliale NO-Produktion und die
Arterienwand wird stärker geschützt. Turbulente oder statische Strömungsbedingungen
tragen nicht wesentlich zur NO-Produktion bei.

Die Abbildungen zeigen den Einfluss von unterschiedlichen Strömungsbedingungen auf die Produktion von NO durch die Endothelzellen im Laborversuch.1

Linke Abbildung: Die Endothelzellen werden zunehmendem laminaren Blutfluss und damit Scherstress ausgesetzt. Proportional zur Zunahme des Scherstress
steigt die Konzentration von Citrullin im Zellbad an. Citrullin entsteht in Endothelzellen aus der Aminosäure Arginin unter Freisetzung von NO.2 Citrullin ist
also ein indirekter Marker für die NO-Produktion. Die von der laminaren Strömung bestrichenen Endothelzellen zeigen eine annähernd parallele Ordnung.

Rechte Abbildung: Dagegen ist turbulenter Fluss wie an Gefäßgabelungen oder kein Fluss unter statischen Bedingungen mit nur minimaler Citrullin- und
daher NO-Produktion verbunden (rechte Abbildung). Es zeigt sich eine ungeordnete Endothelstruktur.1,3

1. Noris M et al Circulation Research. 1995;76:536-543; 2. DePaola et al Proc Natl Acad Sci U S A. 1999 Mar 16;96(6):3154-9; 3. Baratchi S et al Trends Mol Med. 2017 Sep;23(9):850-868
Der Bewegungstyp bestimmt die Stärke des Blutflusses und der Scherkraft,
die die endotheliale NO-Produktion bestimmt

                                                                                                Blutflusssteigerungen treten vor allem bei Ausdauersportarten
                                                                                                auf. Während einer maximalen Ausdauerbelastung steigt das
                                                                                                Herzzeitvolumen bei untrainierten Personen um das 4- bis 5-fache
                                                                                                und bei Elite-Ausdauersportlern um das 7- bis 8-fache.1
                                                                                                Gleichzeitig steigt der Blutfluss in grossen Leitarterien, die zur
                                                                                                arbeitenden Muskulatur führen, um das 10- bis 15-fache.2

                                                                                                Im Gegensatz dazu ist die Blutflusssteigerung bei reinem
                                                                                                Krafttraining gering und der Blutfluss oberhalb einer Anspannung
                                                                                                des Muskels von 30 % der Maximalkraft fast vollständig
                                                                                                aufgehoben. Deshalb ist vor allem Ausdauersport mit einer
                                                                                                Zunahme der arteriellen Scherkraft und der dosisabhängigen
                                                                                                Freisetzung von Stickstoffmonoxid (NO) durch Endothelzellen
                                                                                                verbunden.

                                                                                                Zahlreiche Sportarten wie Ballsport führen zur einer moderaten
                                                                                                Zunahme des Blutflussvolumens und zu entsprechender
                                                                                                Steigerung der NO-Bildungsrate.

1. Joyner MJ & Casey DP Physiol Rev. 2015 Apr;95(2):549-601; 2. Calbet JA et al J Appl Physiol (1985). 2007 Sep;103(3):969-78.
Die körperliche Aktivität bestimmt die Stärke des Blutflusses und der Scherkraft,
die die endotheliale NO-Produktion bewirkt und zu Anpassungen von
Gefäßfunktion und –struktur führt

                                                                      Zu Beginn des Ausdauertrainings
                                                                      verbessert sich als erstes die
                                                                      Endothelfunktion, danach folgt
                                                                      die Reduktion der arteriellen
                                                                      Gefäßsteifigkeit und zuletzt nach
                                                                      langanhaltendem
                                                                      Ausdauertraining die Anpassung
                                                                      der Wandstruktur in Form einer
                                                                      Zunahme des Durchmessers.

                                                                      Bei körperlicher Inaktivität
                                                                      verschlechtert sich der Zustand;
                                                                      Endotheldysfunktion wird
                                                                      gefördert, die arterielle
                                                                      Gefäßsteifigkeit nimmt zu und
                                                                      der Gefäßdurchmesser reduziert
                                                                      sich.
Auswirkung von 10-12 Wochen Ausdauertraining auf die Arterio-Venöse Ratio (AVR) bei
adipösen Personen, Untrainierten, Athleten und Personen mit erhöhtem Risiko

                                                                                                Normalgewichtige, adipöse,
                                                                                                gut und weniger gut trainierte
                                                                                                Personen und Patienten mit
                                                                                                erhöhtem Risiko für
                                                                                                kardiovaskuläre Ereignisse –
                                                                                                alle zeigen eine Verbesserung
                                                                                                der mikrovaskulären Funktion
                                                                                                der retinalen Gefäße nach 10
                                                                                                bzw. 12-wöchigem
                                                                                                Ausdauertraining. Die AVR
                                                                                                normalisiert sich bei adipösen
                                                                                                Personen und denjenigen mit
                                                                                                erhöhtem cardio-vaskulären
                                                                                                (CV)-Risiko. Bei den anderen
                                                                                                sieht man eine weitere
                                                                                                Verbesserung.

                                                                                                  Augenhintergrund
                                                                                                  mit retinalen Gefäßen

Hanssen H Atherosclerosis (2011) 216; 2:433-9; Streese L Eur Heart J (2020) 41; 15: 1514–1519
Endotheldysfunktion in Abhängigkeit vom Alter und Einfluss des Ausdauertrainings
– durch Bewegung «30 Jahre jünger»

                                                                                                                      Trainingsintervention bei
                                                                                                                      Erwachsenen im
                                                                                                                      mittleren Alter (56 ± 2 J.).

                                                                                                                      12 Wochen Ausdauertraining
                                                                                                                      in Form von Walking:
                                                                                                                        5,5 ± 0,3 Tage/Woche
                                                                                                                        42 ± 1 Minute pro Einheit
                                                                                                                        72 ± 1 % max. Herzfrequenz

 Bei dieser Studie wurde bei jungen (Alter 27 ± 1 J.) und älteren (Alter 56 ± 2 J.), körperlich inaktiven Personen Acetylcholin in ansteigender
 Dosierung in die A. brachialis infundiert (Abbildung links). Acetylcholin führt zu einer NO-abhängigen Vasodilatation. Je höher die Bioverfügbarkeit
 von NO ist, um so stärker ist die Acetylcholin-abhängige Vasodilatation. Bei älteren, inaktiven Personen ist die endothelabhängige
 Blutflusssteigerung geringer als bei jüngeren inaktiven (Abbildung links). Durch Ausdauertraining mit mittlerer Intensität über 12 Wochen wird die
 NO-Bioverfügbarkeit und damit die Endothelfunktion auf das Niveau von inaktiven, 30 Jahre jüngeren Menschen angehoben (Abbildung rechts).
 Man könnte auch vereinfacht sagen, dass Ausdauertraining einem Jungbrunnen für die Arterie gleichkommt.
Abbildung adaptiert nach DeSouza C et al Circulation. 2000 Sep 19;102(12):1351-7
Auch direkt an der Arterie ist der Effekt der körperlichen Aktivität zu erkennen
- aktivere Menschen haben eine niedrigere Steifigkeit der Arterien

                                                     Bei 2605 Personen im Alter zwischen 50 und 81 Jahren
                                                     wurde die körperliche Aktivität zu zwei Zeitpunkten im
                                                     Abstand von 10 Jahren erfasst und die arterielle
                                                     Gefäßsteifigkeit am späteren Zeitpunkt gemessen.

                                                     Die Personen, die die gesundheitlich günstigen
                                                     Empfehlungen für körperliche Aktivität unverändert
                                                     erfüllten, hatten die geringste Gefäßsteifigkeit, die stets
                                                     inaktiven die schlechteste. Bei den Männern zeigt sich ein
                                                     positiver Einfluss einer Zunahme der Aktivität auf die
                                                     Steifigkeit der Arterie.

                                                     Eine geringe arterielle Gefäßsteifigkeit entlastet das
                                                     Herz. Sie ist mit einer geringeren Herzarbeit und damit
                                                     Senkung des Sauerstoffverbrauch des Herzens verbunden.

Endes S, Schmidt-Trucksäss A. Age Ageing 2016
Mit zunehmendem wöchentlichen Energieverbrauch durch körperliche Aktivität – meist
als Ausdauersport - wird das Risiko für die koronare Herzerkrankung deutlich gesenkt

                                                          Die Risikoreduktion für die koronare
                                                          Herzerkrankung wächst annähernd
                                                          proportional zur Zunahme des
                                                          wöchentlichen Energieverbrauchs
                                                          durch körperliche Aktivität im
                                                          Vergleich zur Inaktivität.

                                                          Sie erreicht bei einem
                                                          Energieverbrauchsäquivalent von ca.
                                                          3 Stunden wöchentlichen Joggens
                                                          eine relative Risikoreduktion von
                                                          ca. 35 %.

Lee IM Lancet. 2012 Jul 21;380(9838):219-29. Supplement
Auch eine gesunde Ernährung schützt das Endothel

  • Gesunde Ernährungsgewohnheiten basierend auf einem höheren Konsum von
    Gemüse, Obst, Vollkorn und einem geringeren Verzehr von rotem Fleisch haben
    einen anti-inflammatorischen und anti-oxidativen Effekt.1,2
  • Beispiele sind die Mediterrane Kost, die Nordische Diät oder die DASH-Diät
    (Dietary Approaches to Stop Hypertension diet).
  • Der Gehalt von Antioxidantien wie Vitamin C und E aber auch sekundäre
    Pflanzenstoffe erklären zum Teil die endothelschützende Wirkung der genannten
    Kostformen.3                                                                                                                                    © pixabay.com

  • Auch der Konsum von Arginin aus Randen (Rote Beete) oder als Supplement ist mit
    einer vermehrten endothelialen NO-Freisetzung verbunden.4
  • Vitamin D als D2 (Ergocalciferol) findet sich in Gemüse wie z. B. in an der Sonne
    getrockneten Pilzen. Als Vitamin D3 ist die höchste Konzentration in fettreichem
    Fisch vorhanden5.

1. Cardozo LF et al Biochimie. 2013 Aug;95(8):1525-33; 2. Wang DD Circulation 2021, 143, 000; 3. Neale EP et al Nutr Res. 2016 May;36(5):391-401;
4. Lara J Eur J Nutr. 2016 Mar;55(2):451-459; 5. Kim Nutrients 2020, 12(2), 575
Wirkung von Medikamenten auf das Gefäßendothel I

  Angiotensin Converting Enzyme (ACE)-Inhibitor / Angiotensin Rezeptor Blocker (ARB)
  Verbesserung der Endothelzellfunktion durch

  •     ↑ induzierbare NO-Synthase und Cyclooxygenase-2
  •     ↑ stimulierte und basale NO-abhängige Endothelfunktion
  •     ↑ Bradykinin, ↓ Apoptose, ↑ VEGF, ↑ CD34+Mobilisierung, ↓ TNF-α
  •     ↑ endotheliale NO-Synthase Expression
  •     ↑ die Produktion von NO und PGI2
                                                                                                                           © pixabay.com

  Vergleichbare Wirkweisen sind auch von Beta-Blockern
  der dritten Generation (Nevibolol, Carvedilol) bekannt.

Münzel T Gori T J Am Coll Cardiol. 2009 Oct 13;54(16):1491-9; Tousoulis D Pharmacology & Therapeutics 144 (2014) 253–267
Wirkung von Medikamenten auf das Gefäßendothel II

 Statine
 Verbesserung der Endothelzellfunktion durch
 • ↑ Expression und Aktivität von endothelialer Stichstoffmonoxid-Synthetase (eNOS)
 • Minderung der Angiotensin II-induzierten Produktion von freien Radikalen mit Verbesserung der
    endothelialen Funktion im Sinne einer antioxidativen Wirkung
 • ↑ der Regeneration von Endothelzellen nach Verletzung der Endothelschicht im Tierversuch.

 Potenzielle Substanzen in der Therapie des Endothels
 • Neprylisin Inhibitoren (Inflammation ↓)
 • SGLT-2 Inhibitoren (Inflammation und oxidativer Stress ↓)
 • GLP-1 Agonisten (↑ eNOS, NO Bioverfügbarkeit)
 • PCSK-9-Hemmer (eNOS ↑, Regeneration Endothelzellen)
                                                                                                                                           © pixabay.com

Catapano AL et al. Br J Pharmacol. 2017 Nov;174(22):3973-3985; Watanabe Y et al J Atheroscler Thromb. 2000;7(3):159-63; Taqueti VR J Am Coll Cardiol. 2018 Nov 27;72(21)-2625-2641
Wirkung von Medikamenten auf das Gefäßendothel III

 Weissdorn-Extrakt WS 1442
 Weißdornarten (Crataegus spp.; Familie Rosaceae) wachsen als Sträucher
 oder Bäume mit stacheligen Zweigen in den gemäßigten Zonen der
 nördlichen Hemisphäre.
 Weißdorn enthält als pharmakologisch aktive Bestandteile vor allem
 Flavonoide (Flavone und Flavonole) und oligomere Procyanidine. Der
 Weißdorn-Spezialextrakt WS 1442 beinhaltet minimal 6 % Flavonoide und
 eine sehr hohe Menge an oligomeren Procyanidinen.
 Als Vielstoffgemisch sind von verschiedenen
 Komponenten Effekte auf die Endothelfunktion
 zu vermuten.

Koch E und Malek FA Planta Med. 2011 Jul;77(11) 1123-8
Dosisabhängige, gesteigerte NO-Freisetzung aus Endothelzellen durch WS 1442

Brixius K et al Cardiovasc Drugs Ther 2006; 20:177–184; Anselm E et al J Cardiovasc Pharmacol. 2009 Mar;53(3):253-60.
Weissdornextrakt WS 1442 und koronare Flussrate

                                                                                                                An den Koronararterien steigert der Extrakt WS 1442 die
                                                                                                                endotheliale NO-Freisetzung mittels Stimulation der
                                                                                                                endothelialen NO-Synthase (eNOS) und Hemmung des
                                                                                                                NO-Abbaus.1
                                                                                                                Die Abbildung2 zeigt den dosisabhängigen Anstieg des
                                                                                                                Koronarfluss am Tiermodell nach Gabe von WS 1442. Der
                                                                                                                Mechanismus ist vermutlich mit der Phosphorylierung der
                                                                                                                eNOS verbunden, die durch spezifische Proteinkinasen (Src-PI3-
                                                                                                                Kinase/Akt) vermittelt wird und darüber die endotheliale NO-
                                                                                                                Bildung stimuliert.1
                                                                                                                Der verbesserte koronare Blutfluss passt physiologisch sehr gut
                                                                                                                zur leichten Steigerung der maximalen ergometrischen
                                                                                                                Leistungsfähigkeit bei Patienten mit Herzinsuffizienz mit
                                                                                                                erhaltener Ejektionsfraktion mit Einnahme von WS 1442 im
                                                                                                                Vergleich zu Placebo.3Für die HFpEF-Patienten gibt es bisher
                                                                                                                keine pharmakologische Therapieoption.

1. Anselm E et al J Cardiovasc Pharmacol 2009; 53(3): 253–260; 2. Koch E, Chatterjee SS 2000. Arch Pharmacol 361, (Suppl. 4): R48; 3. Härtel S et al. Sports 2014; 2(3): 59–75
Weißdornextrakt WS 1442 und das Endothel

                                                                                                                Eine deutliche Verzögerung des Alterungsprozesses der
                                                                                                                koronararteriellen Endothelzellen konnte mit
                                                                                                                Weißdornextrakt WS 1442 im Tierversuch (Rattenmodell)
                                                                                                                nachgewiesen werden. Nach einem Jahr war bei den
                                                                                                                Kontrolltieren (kein WS 1442) die Reaktivität der
                                                                                                                Mesenterialarterien auf Acetylcholin als Zeichen der NO-
                                                                                                                abhängigen Vasodilatation dosisabhängig und signifikant
                                                                                                                gemindert.
                                                                                                                Drei Mechanismen waren dafür verantwortlich:
                                                                                                                1. die Hemmung der Seneszenz-assoziierten Beta-
                                                                                                                   Galaktosidase (SA-β-gal),
                                                                                                                2. eine verminderte Down-Regulation der eNOS und
                                                                                                                3. ein verminderter oxidativer Stress.2

                                                                                                                Die erhöhte oxidative Belastung des Endothels durch
                                                                                                                reactive oxygen species (ROS) sowie die Hochregulation
                                                                                                                der proinflammatorischen Enzyme Cyclooxygenase
                                                                                                                (COX)-1 und COX-2 wird durch den Extrakt vermindert.3
    WS 1442 hat mehrere Ansatzpunkte für den Schutz des Endothels vor
    verfrühter Alterung und der Entstehung von arteriosklerotischen                                             Zudem reduziert WS1442 die Na+ Permeabilität der
    Veränderungen.1                                                                                             Gykokalyx und steigert damit die NO-Synthese.4

1. Wegener T et al MMW Fortschr Med. 2018 Jul;160(Suppl 4):1-7; 2); 2. Khemais-Benkhiat S et al J Gerontol A Biol Sci MedSci 2016; 71(12): 1581–1590;
3. Idris-Khodja N et al . Phytomedicine 2012; 19(8–9): 699–706; 4. Peters W PLoS One 2012;7(1)-e29972.
Take-Home Message

• Bei älter werdender Bevölkerung bilden Erkrankungen des Herzens und des arteriellen Gefäßsystems,
  die durch Arteriosklerose verursacht werden, einen großen Anteil der Gesamtmortalität ab und
  zählen weiterhin zu den Haupttodesursachen.
• Mikrovaskuläre endotheliale Funktionsstörungen werden als Ursache für Herzbeschwerden weniger
  konsequent behandelt.
• INOCA (Ischemia with No Obstructive Coronary Artery disease) ist bei Frauen doppelt so häufig wie
  bei Männern, kann ähnliche Symptome wie eine obstruktive Ischämie der Koronararterien haben und
  ist mit einem erhöhten Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse verbunden.
• Herz und die Arterien sollten «langsam und möglichst gesund altern», um die Lebensqualität für ein
  gutes und langes Leben zu erhalten.
• Ausdaueraktivitäten sind starke Schutzfaktoren für das Endothel, die ihre Wirkung über positiven,
  blutflussvermittelten Scherstress am Endothel u.a. mit Bildung von Stickstoffmonoxid (NO) entfalten.
• Zum Endothelschutz als ein Kernelement der gesunden Gefäßalterung zählen zudem eine gesunde
  Ernährung und pharmakologische endothelschützende Therapieoptionen.
Vielen Dank

Diese Fortbildung bzw. CME erhielt für den aktuellen Zertifizierungszeitraum von 12 Monaten eine finanzielle
Förderung von:
Dr. Willmar Schwabe GmbH & Co. KG mit 6.750 €
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