Gewerbeverein 3550 Langnau
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Gewerbeverein Gwärbler 1/2020 3550 Langnau Blickpunkt: Betriebsbesichtigung Jürg Kühni AG, Langnau Herbstevent: Hans Christian Berger erzählt vom Langnauer Käsehandel
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Herbstevent: 17. September 2020 im Bärensaal in Langnau Die Geschichte des Käsehandels in Langnau Meine Betrachtungen zur Geschichte des vollfetter Käse nach Emmentaler Art aus- Käsehandels in Langnau stützen sich weit- schliesslich im Sommer auf den Alpen des gehend auf die Recherchen meines Vaters Emmentals, des Entlebuchs und des Berner Markus Berger-Joost (1906-1997), welcher Oberlandes hergestellt. Allein im früheren in jahrelanger Arbeit alte Geschäftsbücher Amt Signau gab es um 1800 105 Sennereien, der Firma Joost ausgewertet und daraus eine welche von landlosen, aber selbständig ar- Geschichte nicht nur über diese Firma, son- beitenden Kühern bewirtschaftet wurden. dern des gesamten Käsehandels in Langnau Diese besassen eigenes Vieh, welches sie im Telefon 034 Hinterdorfstrasse 5 ‚ 3550 Langnau · Telefon 034 402 402 71 71 41 41 verfasst hat. Sommer auf die gepachteten Alpen trieben und im Winter im Talgebiet gegen Bezahlung Der erste Käsehändler in Langnau war wohl bei einem Hofbauern durchfüttern liessen. Johann Ulrich Joost (1752-1819). Sein Vater Die gepachteten Alpen waren vielerorts im bewirtschaftete ein Heimwesen an der Leng- Besitz von Patrizierfamilien. ARCHITEKTUR + gen, das später wahrscheinlich von seinem INNENARCHITEKTUR jüngsten Bruder übernommen wurde. Johann Das Dorf Langnau war zu dieser Zeit der dem Ulrich widmete sich vorerst dem Handel mit Produktionsgebiet am nähesten gelegene ats-architektur gmbh Flachs und Leinwand. grössere Ort und entwickelte sich so zum mooseggstrasse 13 Zwischen 1750 und 1800 hatte sich nämlich wichtigsten Lager- und Umschlagplatz für 3550 langnau die Handweberei stark entwickelt. Auf vielen Käse. Johann Ulrich Joost hatte zwei Söhne, Bauernhöfen wurde während den Winter- welche das Geschäft fortführten und zwei tel. 034 402 43 96 monaten fleissig gewoben, um den beschei- Schwiegersöhne, welche ebenfalls für die fax 034 402 68 60 denen Verdienst aus der Landwirtschaft auf- Firma arbeiteten, sich dann aber später selb- Planen zubessern. Der hier geerntete Flachs reichte ständig machten. Um 1820 hatten sich bereits Planen Bauen aber bei weitem nicht aus, um den Bedarf ungefähr ein halbes Dutzend Handelshäuser info@ats-architektur.ch Bauen Einrichten der Weber zu decken, so dass der Mangel mit für Käse in Langnau etabliert. Einrichten Importen gedeckt werden musste. Im Gegen- Neubauprojekt Alles aus einer Hand! in Langnau EFH in Langnau i.E. i.E. zug war die gefertigte Leinwand ein gefragter Das Gewicht der auf den Alpen hergestellten Alles aus einer Hand! Exportartikel. Aus den Geschäftsbüchern Käselaibe war damals viel geringer als später Planen erfahren wir, dass Johann Ulrich Joost re- und betrug im Durchschnitt etwa 25 bis 30 kg, Bauen gelmässig die Herbstmessen in Strassburg im Gegensatz zum heutigen von 80 bis über Einrichten und Frankfurt besuchte und dort Geschäfts- 100 kg. Im Dorfe Langnau gab es zu dieser beziehungen aufbaute, womit er einerseits Zeit noch keine eigentlichen Lagerhäuser für Alles aus einer Hand! Leinwand verkaufte und andererseits Flachs Käse. In fast jedem Wohn- und Gewerbehaus für den Bedarf der Weber zurückbrachte. befanden sich jedoch Gewölbekeller, welche Aus Korrespondenzen geht hervor, dass er sich für die Lagerung von Käselaiben eig- die 200 km weite Reise nach Strassburg im neten und von den Handelsfirmen zugemietet Elsass mit Ross und Wagen bestritt. wurden, damit die stets steigende Produktion Gebäudeanalyse, Sanierungskonzept, Realisierung: zweckmässig eingelagert werden konnte. Gebäudeanalyse, Sanierungskonzept, Realisierung: Die GLB ist bei allen Schritten ein kompetenter Partner! Um sein Angebot im Export zu verbreitern, Die GLB ist bei allen Schritten ein kompetenter Partner! begann er um 1780 Käse mitzuführen. Innert Bemerkenswert ist die Tatsache, dass bereits Gerne beraten wir Sie in einem 034 408 17 17 weniger Jahre entwickelte sich der Export von in den 1820-iger Jahren der Handel nicht nur Gerne beraten wir Sie in einem unverbindlichen unverbindlichen Gespräch Gespräch vor Ort. vor Ort. 034 408 17 17 info@glb.ch info@glb.ch Käse derart erfreulich, dass dieses Produkt mit den Nachbarländern Deutschland und Wir freuen uns auf Ihren Anruf! www.glb.ch schon vor dem Jahrhundertwechsel zum Frankreich florierte, sondern zum Beispiel Wir freuen uns auf Ihren Anruf! www.glb.ch www.glb-line.ch Gebäudeanalyse, Sanierungskonzept, Realisierung: www.glb-line.ch Hauptgeschäft wurde. Zu dieser Zeit wurde auch mit Russland. Im Kopierbuch der Firma Die GLB ist bei allen Schritten ein kompetenter Partner! 8 4 9 Gerne beraten wir Sie in einem 034 408 17 17 unverbindlichen Gespräch vor Ort. info@glb.ch
Herbstevent: 17. September 2020 im Bärensaal in Langnau in Aussicht stellte, auch persönlich besucht durch das Aufkommen der Dampfschifffahrt, wurde, ist nicht belegt. Die Käsehändler durch welche billiges Getreide aus Amerika machten jedoch damals schon ausgedehnte dem hiesigen Anbau zusetzte. Nach und nach Geschäftsreisen. So erfahren wir von einer entstand fast in jedem Bauerndorf eine Käse- Verkaufsreise des ältesten Sohnes von J.U. rei, es entstand ein eigentliches Käsefieber, Joost im Jahr 1825, welche etwa 4 Monate welches auch seine dunklen Seiten hatte, dauerte und dem Rhein entlang bis ins Ruhr- wie wir im Roman von Jeremias Gotthelf gebiet, von dort über Bremen und Hamburg «die Käserei in der Vehfreude» anschaulich nach Lübeck führte. Der Rückweg erfolgte nachlesen können. Um 1870 bestanden allein über Berlin, Leipzig, Dresden und München im Kanton Bern fast tausend Käsereien. Die wieder nach Langnau, alles per Postkutsche gewaltige Ausdehnung der Produktion war oder zu Fuss. nur möglich, weil der Export kontinuierlich gesteigert werden konnte, nicht zuletzt auch Mit diesen Betrachtungen verlassen wir die weil durch den Eisenbahnbau der Transport eigentliche Pionierzeit des Käsehandels in europaweit erleichtert wurde und durch die Langnau. 1815 entstand die erste Emmenta- Dampfschifffahrt die USA zu einem wichtigen ler Käserei im Unterland in Kiesen. Heute be- Absatzgebiet heranwuchsen. findet sich im damals erstellten Gebäude das milchwirtschaftliche Museum. Damit wurde Mit der Ausdehnung der Käseproduktion eine Entwicklung eingeläutet, welche in den vermehrten sich auch die Handelsfirmen, folgenden Jahrzehnten zu einer vollständig Langnau mit seinen etwa sechs Firmen blieb veränderten Form der Käsewirtschaft führte. zwar ein wichtiger Umschlagplatz, verlor Die Herstellung von Emmentalerkäse ver- aber etwas an Bedeutung, weil die Nähe zu lagerte sich von der Alpwirtschaft ins Tal- den Alpen nicht mehr wichtig war, sondern gebiet. Verstärkt wurde diese Verlagerung vielmehr der Anschluss ans Eisenbahn- Das erste Saurer-Benziner-Fahrzeug zirka 1935 Joost wurden sieben Briefe gefunden, welche Aus den Briefen nach St. Petersburg verneh- 1824/25 an einen Kunden in St. Petersburg men wir auch, dass die Käse meistens zu drei geschrieben wurden und uns ein anschau- Stück in einem runden, nach Mass gefertig- liches Bild über die damaligen Verhältnisse ten Holzkübel verpackt wurden. Der Trans- geben. Joost informiert den Kunden in port führte vorerst nach Basel, wobei nicht einem der Briefe wie folgt über den Handel: genau erwähnt wird, ob dies auf Flossen über Ilfis/Emme/Aare/Rhein erfolgte, oder aber «Die Ankäufe der Käse finden hier im Herbst per Fuhrwerk durchs Mittelland und über statt, wo selbige auf den Alpen vor Abfahrt einen der Jurapässe. Dem Kunden wurde der Sennen an die Hand genommen werden die Ware franko Frankfurt am Main gelie- müssen. Die Kaufleute versehen sich damit fert, wobei ab Basel die Rheinschifffahrt zum für dasjenige Quantum, das sie für ein Jahr Zuge kam. Von Frankfurt wurden die Kübel zu verkaufen glauben. Meine Ankäufe gehen per Fuhrwerk bis Lübeck versandt, von wo gewöhnlich auf 8000 Stück. Meine Einrich- aus per Segelschiff St. Petersburg angepeilt tung ist so getroffen, dass ich das ganze Jahr wurde. Der ganze Transport benötigte 5 bis 6 hindurch meinen Freunden mit ryfen Käsen Wochen; auch die Post war in dieser Epoche aufwarten kann. Da aber die Hitze und Kälte nicht schneller. den Käsen während dem Transport nachthei- lig sind, so wählt man für die Versendungen Ob dieser Kunde, welcher für das Jahr 1825 nach entfernten Gegenden vorzüglich den den Bezug von 200 Stück, vornehmlich 100 Frühling oder Anfang des Herbstes.» Pfund schwere Laibe, also etwa 10 Tonnen Corona-gerecht: die Mitglieder des Gewerbevereins Langnau im Bärensaal 10 11
Herbstevent: 17. September 2020 im Bärensaal in Langnau netz. Dieses erreichte Langnau bekanntlich gien 1000 t. Der gesamte Export im Jahr 1913 Probst & Co., Oberstrasse, das typische Käse- «alten» Epoche. Der Rückgang des Käsege- erst relativ spät, so dass sich neue Firmen erreichte fast 36‘000 t. Dieses Resultat wurde haus ist erhalten und als Wohn- und Gewer- schäftes durch die beiden Weltkriege brachte vornehmlich an der neu entstandenen Ost- dann erst wieder 60 Jahre später, nach 1970 behaus genutzt. praktisch die Bautätigkeit für Käselager zum West-Eisenbahnachse ansiedelten, z.B. in übertroffen. Stillstand. Erst nach 1970 wurden nach und Langenthal, Herzogenbuchsee, Wynigen, G. & H. Probst, später Erich Probst, hinter nach die typischen Käsehäuser des 19. Jahr- Burgdorf, Zollikofen, Bern und Thun. Es gab Die grosse Expansion der Käsewirtschaft dem ehemaligen Kino, das typische Käse- hunderts durch ganz andere, moderne Bau- auch Verlegungen von Firmen aus dem obe- in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts haus ist erhalten und gehört m.W. zu Liechti ten ersetzt. ren Emmental an diese Achse, so zog einer erforderte die Erstellung geeigneter Lager- Engineering. Die Firma wurde um 1975 an die der Mauerhofer aus Trubschachen nach möglichkeiten. Im ganzen Land entstanden Emmental AG, Zollikofen, verkauft. Zwischen 1900 und 1913 erhöhten sich die Burgdorf und ein Röthlisberger von Laupers- in dieser Periode die typischen Käsehäuser, Käsepreise um 50 % und die produzierte wil nach Herzogenbuchsee. welche dann währen rund 100 Jahren in Roethlisberger & Sohn, Verladeplatz, das Menge um 20 %. Sowohl die Milchbauern, wie Betrieb waren und alle einander ähnelten. schon etwas modernere Gebäude (kurz vor auch die selbständigen Käser und die Käse- Der Handel war zu dieser Zeit weitgehend frei Es waren zweistöckige Keller, der obere 1900 erbaut) wurde um 1980 abgerissen und händler organisierten sich in diesen Jahren von behördlichen Eingriffen. Der Milchpreis Stock mit einer Rollbahn bedient, mit meh- durch einen Neubau an gleicher Stelle er- in Verbänden, um ihre gemeinsamen Inte- entstand aus dem freien Spiel von Angebot reren Gängen, welche beidseitig mit Holz- setzt. ressen besser wahrzunehmen. Der Verband und Nachfrage, wobei in der geschilderten bankungen für die Käselaibe versehen der Milchbauern gründete 1911 eine eigene Expansionsphase, welche von 1830 bis 1913 waren. Auf diesen Kellern erfolgte ein ein- Joost & Co. im Hof, 1900 aus der alten Firma Exportfirma – die Emmental AG in Zollikofen. dauerte, auch temporäre Rückschläge fest- facher Riegbau aus Backstein mit Satteldach J.U. Joost entstanden, geschäfteten mit den Diese entwickelte sich in kurzer Zeit zu einem zustellen waren. So wird z.B. aus dem Jahr und Quergiebel über der Verladerampe. In alten Kellern ohne Neubau und verkauften ernsthaften Konkurrenten gegenüber den 1885 eine ernsthafte Krise gemeldet. Nach- diesem Riegbau befanden sich die Spedition, die Firma um 1925 nach Thun. angestammten Händlern. Um 1913 befassten dem nämlich die Preise seit 20 Jahren stets die Küblerei, Pferdestall und Wagenschopf, sich rund 60 Firmen mit dem Käseexport, erhöht werden konnten, ohne dass der Ab- die einfachen Büroräume und meist noch Gebrüder Joost, ebenfalls 1900 aus der alten der Anteil der in Langnau ansässigen Firmen satz darunter litt, begann dieser jetzt plötz- eine kleine Wohnung für einen Arbeiter und Firma entstanden, erbauten 1912/13 das betrug etwa 20 % der exportierten Menge. lich zu stocken. Sowohl nach Deutschland, Hauswart. Gebäude Dorfbergstrasse 3, bereits moder- Frankreich wie auch nach Russland ausge- Auch in Langnau wurden in dieser Periode ner und solider als die typischen Käsehäu- Mein Grossonkel Oscar Joost (1878-1952) wanderte Schweizer Käser hatten begonnen, die alten, verstreuten Keller unter den Wohn- ser, 2012 in ein Mehrfamilienhaus umfunk- und sein Bruder, mein Grossvater Ernst in diesen Ländern Käse nach Emmentaler häusern für die Käselagerung aufgegeben tioniert. Dieses Gebäude ist das letzte der Joost (1883-1976), hatten sich 1900 von ihrem Art herzustellen und somit eine ernsthafte und durch Käsehäuser ersetzt. Bei der Grün- Konkurrenz zum Export aus der Schweiz dung des Verbandes Schweizerischer Käse- errichtet. Der Erlös im Exportgeschäft fiel exporteure um 1900 waren folgende Firmen dadurch im Jahr 1885 um etwa 20 % und in Langnau ansässig: entwertete damit die noch zu höheren Prei- sen eingekauften Lager der Händler. Diese Lemann & Co. am Hohgantweg. Das typische waren deshalb äusserst zurückhaltend beim Käsehaus ist erhalten und umgenutzt. Stall Einkauf der neuen Ware, was zu einem Sturz und Wagenschopf mit Wohnung separat der Käse- und Milchpreise führte. Die Folge neben dem Hauptgebäude. davon waren etliche Geldstage bei Händlern, Käsern und Bauern. Alfred Lehmann im Engelhaus, das typische Käsehaus dahinter; heute zu Wohnungen Ungeachtet solcher temporären Störungen umgebaut. Die Firma wurde um 1942 nach entwickelte sich der Export von Emmen- Wynigen verkauft. taler Käse im Laufe der Jahre erfreulich wei- ter, besonders nach den USA, welche durch Lehmann & Kienzle in der Scheune des alten die damalige Auswanderung aus Europa mi Amthauses (heute Roots). Die Firma wurde einem starken Bevölkerungswachstum kon- aufgegeben. frontiert waren. 1913, im letzten Friedensjahr vor dem ersten Weltkrieg bezogen die damals Lüthi & Moser, Hansenstrasse. Das typische wichtigsten Märkte folgende Mengen: USA Käsehaus ist erhalten und heute Zahnarzt- 9250 t, Frankreich 7270 t, Deutschland 6200 t, praxis. Die Firma wurde um 1970 an Röthlis- Italien 3720 t, Österreich-Ungarn 3440 t, Bel- berger & Sohn AG verkauft. Der Referent Hans Christian Berger 12 13
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Herbstevent: 17. September 2020 im Bärensaal in Langnau nie zufrieden ist. In Frankreich war es besser, kommt. Ich habe gestern und heute mehr in Arras, Amiens, Abbéville und Elbeuf konnte von Afrika gesehen als alle früheren Male. ich gegen 100 Laibe platzieren.» Das öde, menschenleere Land macht einem einen eigentümlichen Eindruck, besonders Wie erwähnt war vor dem 1. Weltkrieg die in der Dämmerung und bei Nacht. Die Ge- französische Kolonie Algerien mit ihren vielen schäfte sind immer passabel, wenn nur die ausgewanderten Franzosen, den sogenann- Preise etwas besser wären. Ich habe bis jetzt ten pieds-noirs, ein guter Markt für Schwei- 210 Laibe verkauft.» zer Käse. Mein Grossvater bereiste immer im Februar die Küstengebiete Algeriens. Die Der Ausbruch des 1. Weltkrieges am 1. Au- Überfahrt von Marseille nach Algier war nicht gust 1914 stoppte die rund 100 Jahre wäh- gefahrlos, da oft noch Winterstürme über das rende Expansionsphase des schweizerischen Mittelmeer fegten. So erlebte er einmal, dass Käseexportes abrupt. Als eine der ersten das Gegenschiff, welches seinem Dampfer Notverordnungen verhängte der Bundesrat begegnete, mit allen Insassen Schiffbruch ein sofortiges Exportverbot für Käse, um die erlitt. Landesversorgung sicherzustellen. Die Kä- sehändler, welche üblicherweise im August Ein Brief aus Algier im Februar 1911: auf die sogenannte Käsejagd gingen, um die «Es ist nun bald halb Langnau in Algerien. Lieferverträge mit den Käsereien für die ab- Am Dienstag kam Max Zürcher (Lemann & holbereite Frühjahrs- und Sommerproduk- Co.), gestern dann Paul Blaser (Probst & Co.) tion abzuschliessen, zeigten unter diesen Das erste Saurer-Diesel-Fahrzeug zirka 1939 und Fredy Mauerhofer (Trubschachen) und Umständen kein Interesse zuzugreifen. In- heute soll noch Walter Probst (G.&H. Probst) folge des Krieges war es völlig offen, welche ankommen. Lange möchte ich nicht hier blei- Mengen zu welchen Preisen noch abzusetzen Onkel Robert Joost getrennt und die Firma Heidelberg und Frankfurt. Ich bin froh, dass ben. Es wird doch nirgends mit den Aperitifs waren. Gebrüder Joost gegründet. Als junge und ich nun nach Frankreich kann, hier kommen so getrieben wie hier in Algerien. In Oran ist initiative Kaufleute nutzten sie die günstigen mir alle mit ihrer bayerischen Ware. Bis jetzt es noch ärger. Morgens muss man schon mit Die Verbandsspitzen der Milchproduzenten, Marktverhältnisse bis zum Ausbruch des habe ich 70 Laibe verkauft. Es ist schrecklich einem Aperitif anfangen und nachmittags der Käser und der Händler trafen sich in der ersten Weltkrieges und bauten ihr Geschäft heiss, wenn man den ganzen Tag der Kund- kommen die Digestifs und bald schon wieder Folge in fast täglichem Rhythmus, um Lö- kräftig aus. Oscar widmete sich vor allem schaft nachlaufen und überall Bier trinken die Aperitifs. Die Geschäfte laufen passabel.» sungen zur Bewältigung der entstandenen der englischen und italienischen Kundschaft. muss. So unter 12-15 Bier pro Tag kommt Notlage zu finden. Mit Unterstützung der Ein angestellter Reisender bearbeitete Ös- man trotz den besten Vorsätzen nicht weg.» Von der gleichen Reise im Februar 1911 Bundesbehörden wurde innerhalb eines terreich-Ungarn und Teile des Deutschen noch eine ganz spezielle Schilderung: knappen Monats der bisher freie Käseexport- Kaiserreiches. Mein Grossvater Ernst Joost Zu dieser Zeit gab es noch keinen organisier- «Der Agent holte mich am Bahnhof mit dem handel in eine Zwangsgemeinschaft einge- machte im Frühling und im Herbst eine Ver- ten Detailhandel und kaum Grossisten. Die Auto ab. Unterwegs platzte uns dann ein Rad bettet. In dieser Genossenschaft Schweizer kaufsreise durchs westliche Deutschland, Kundschaft der Käseexporteure waren somit und wir mussten einen neuen Gummiring Käseexporteure (GSK) wurden den rund 60 Belgien und Frankreich. Im Februar wurde meist Einzelhändler (sogenannte Kübeli- umlegen und schwitzten, bis derselbe fertig exportierenden Käsehandelsfirmen auf- regelmässig das damals französische Alge- kunden), welche jeweils einen Laib Emmen- aufgepumpt war. Die Strasse machte un- grund der in den letzten zwei Vorkriegsjah- rien bereist. Durch die Briefe, welche er wäh- taler bezogen und (wenn sie zufrieden waren) zählige Kurven und die Aussicht wechselte ren erreichten Mengen sogenannte Quoten rend dieser Reisen an seine Frau richtete, nachbestellten, sobald dieser aufgebraucht beständig. Ringsum das öde, leere Afrika, zugeteilt und damit die Grössenverhältnisse erfahren wir viel über die Bedingungen einer war. Zwischen den Reisen betreute jeweils hie und da eine Schafherde und eine dürftige zwischen den Firmen zementiert. Der Bun- damaligen Geschäftsreise. ein ortsansässiger Agent gegen Provision die Araberhütte oder ein stinkendes Dorf. Als es desrat öffnete dann den Export wieder, wobei Kundschaft. dunkel wurde, machten wir in einem Wüsten- nur Genossenschaftsmitglieder exportieren Er berichtet aus Frankfurt am Main im dorfe Halt, um die Laternen anzuzünden. Ein durften. Ebenfalls die wichtigen Lieferungen September 1911: Ein Brief aus Brüssel im September 1913: Haufen neugieriger Araber umstanden sofort an die Armee waren exklusiv für diese re- «Am Montag war ich in Strassburg und Za- «Dieses Brüssel ist ein Sauplatz und der das Vehikel und mir war schier Angst und ich serviert. Man meinte damals, dass der Krieg bern (Saverne im damals deutschen Reichs- neue Agent ist auch kein Prophet. Die Kunden war froh, dass ich meinen Revolver in der Ta- nicht lange dauern würde und befristete das land Elsass-Lothringen), am Dienstag in wünsche ich am liebsten ins Pfefferland; es sche hatte. Wir hatten auch noch eine Büchse Ganze auf ein Jahr. Als 1915 klar wurde, dass Heidelberg und Hagenau, heute in Frankfurt. ist eine unangenehme Bande, die die Ware im Auto, denn man kann ja nie wissen, was der Krieg noch länger dauern würde, wurde Nächstes Jahr kann dann ein anderer nach immer gratis haben möchte, aber trotzdem diesen halbwilden Menschen in den Sinn die GSK auf unbestimmte Zeit verlängert. 16 17
Herbstevent: 17. September 2020 im Bärensaal in Langnau Während des Krieges wurde wieder viel mehr anstieg, andererseits die zur Deckung dieser Zurück zur Situation in Langnau. Von den ur- Getreide angebaut, da dessen Import weit- Kosten nötigen Erlöse aus dem Käseexport sprünglich neun Firmen, welche zu Beginn gehend zusammenbrach. 1917 erreichte die immer schwieriger zu verdienen waren, stie- der Käseunionszeit 1914 noch geschäfteten, Käseproduktion nicht mehr die Hälfte derje- gen die Verluste zu Lasten der Bundeskasse waren in den 1990er Jahren noch vier Fir- nigen vor dem Krieg. auf jährlich mehrere 100 Mio Franken. men aktiv: Lemann & Co., Probst & Co. AG, Roethlisberger & Sohn AG sowie Gebrüder Nach dem 1. Weltkrieg stieg der Bund aus Um 1990 wurde deshalb die Landwirtschafts- Joost AG. Wie bereits erwähnt landete die der Genossenschaft aus, welche unter dem politik sukzessive radikal umgestaltet. An- Firma Joost bei Emmi. Die andern drei Fir- neuen Namen Schweizerische Käseunion stelle der garantierten Produzentenpreise men schlossen sich ebenfalls per anfangs ihre Geschäfte weiterführte. Der Käseex- traten die heute bekannten Direktzahlungen 1998 der Säntis Holding an, dem Milchpro- port in der Zwischenkriegszeit war sehr un- in Kraft. Damit wurde auch das Ende der duzentenverband St. Gallen/Appenzell. Diese terschiedlich. 1921/22 brachen die Preise Schweizerischen Käseunion AG eingeläutet. fusionierte bereits ein Jahr später zusammen zusammen und bescherten der GSK einen Rund 85 Jahre hatte die Käsewirtschaft in der mit den Verbänden Zürich und Bern (Toni) zur Verlust, welcher die totale Erneuerung des Schweiz in einer Art Reservat gearbeitet. Es Swiss Dairy Food, welche kurzzeitig mit der Grundkapitals erforderte. Nach einigen gab zwar Geschäftsaufgaben mittels Verkauf Emmi um die Führerschaft im Käseexport guten Jahren brachte die grosse Depression der Anteile an der Käseunion an bestehende kämpfte, bevor sie bereits 2002 im Konkurs ab 1930 wieder Einbrüche. Auch im zweiten Firmen, aber praktisch keine neuen Firmen landete. Die Emmi übernahm aus der Kon- gut versteckt und zu drei Viertel unter Boden. Weltkrieg ging die Produktion wieder deutlich und keine Pleiten. kursmasse unter anderem das Käsegeschäft, Dieses wurde 1985 durch unsere Firma Joost zurück, da der Getreideanbau zu Lasten der so dass sich die verbliebenden ehemals selb- erstellt. Nachdem wir es von 1998 bis 2005 an Viehwirtschaft forciert wurde. Im Grossen und Ganzen entsprach der Fir- ständigen Langnauer Käsehändler plötzlich Emmi vermieten konnten, fanden wir 2006 menbestand im letzten Jahr der Käseunion unter demselben Dach wieder zusammen- in der Gourmino AG einen Käufer. Die Aktio- Nach dem Krieg wurde die SK 1948 in eine AG (1999) noch immer demjenigen von 1914. fanden, nun nicht mehr selbständig, sondern näre der Gourmino sind auf eigene Rechnung umgewandelt, welche aufgrund des Bundes- Gegen Mitte der 90er Jahre wurde den Be- alle für Emmi arbeitend. Die Geschäftslie- fabrizierende Käsehersteller im Kanton Thur- gesetzes über die Käsemarktordnung mit der teiligten langsam aber sicher zum Bewusst- genschaften in Langnau wurden von Emmi gau, welche die Vermarktung ihrer Ware nach Vermarktung der Käsesorten Emmentaler, sein, dass sich mit dem Ende der Käseunion nicht übernommen (mit Ausnahme derjeni- dem Ende der Käseunion selber an die Hand Greyerzer und Sbrinz beauftragt war. Auf- der Zaun dieses Reservates öffnen würde. Die gen von Roethlisberger & Sohn, welche zu- nahmen. grund dieses Bundesgesetzes übernahm der Geschäftsmodelle der meisten Firmen ent- sammen mit der Tigerkäse AG auf 1. Januar Bund allfällige Verluste aus dem Käseexport. sprachen nun nicht mehr den Anforderungen 2004 in den Besitz von Emmi gelangten, aber Die Gourmino AG ist somit die einzig in Lang- Da der Bund den Milchbauern einen festen der neuen Verhältnisse. Das führte zu einer für das Schmelzkäsegeschäft umfunktioniert nau verbliebene Käsehandlung. Einst war Milchpreis garantierte und dieser im Laufe beispiellos schnellen Strukturbereinigung. wurden). Langnau als Handelsplatz gross geworden der Jahre kontinuierlich auf bis Fr. 1.10/kg Das prägende Merkmal dieser Bereinigung wegen seiner Nähe zur Produktion. Nun ist war das Auftauchen eines neuen starken Die übrigen Käsekeller wurden von Emmi die Produktion weit weg vom Lager, entschei- Players in der Branche. vorerst noch gemietet. Es zeigte sich aber dend für die Standortwahl war das Vorhan- rasch, dass nach dem Ende der Käseunion densein eines modernen Lagers, welches Die Emmi – der Produktions- und Vermark- die Produktion von Emmentaler Käse deut- der Situation entsprechend günstig erworben tungsbetrieb des zentralschweizerischen lich schrumpfen werde, so dass diese Miet- werden konnte. Milchproduzentenverbandes in Luzern – war verhältnisse baldmöglichst aufgegeben wur- in der Käseunionszeit nur mit der kleinen den. In der Tat erreicht die Produktion heute Nicht zu vergessen ist natürlich die Liegen- Firma Muther in Schüpfheim beteiligt, welche nur noch knapp einen Drittel derjenigen von schaft und der Betrieb der ehemaligen Tiger er in den 60er Jahren von einem Privathänd- 1990. Es wird viel weniger Lagerkapazität Käse AG. Dieser heisst ja heute Emmi Fondue ler gekauft hatte. Im Sommer 1997 schlug die benötigt und die meisten dezentralen La- AG. Diese fabriziert dort heute, was vor 20 Emmi zu und kaufte mit der Firmengruppe gerhäuser für die Branche überflüssig. Das Jahren noch an drei Standorten (Zingg Lie- Gerber/Farner (Thun & Langenthal) sowie betrifft nicht nur diejenigen in Langnau, son- befeld, Gerber Thun, Tiger Langnau) erledigt Bürki Bern drei grosse Käseunionsfirmen. dern auch die ehemals grössten Keller z.B. in wurde. Dank der guten Platzverhältnisse in Auch unsere Firma Joost trat das operative Langenthal, Thun oder Bern, welche alle um- Langnau und den viel höheren Bodenpreisen Geschäft auf den 1. Januar 1998 an die Emmi funktioniert worden sind. in Thun und Liebefeld hatte unser Dorf das ab. Bereits ein Jahr später übernahm Emmi Glück, diese Industrie hier zu behalten, das Coop Käsezentrum in Kirchberg/Lyssach Meines Wissens ist in Langnau ein einziges und wurde damit endgültig zur mit Abstand «traditionelles» Lagergebäude verblieben, Hans Christian Berger Hans Christian Berger grössten Käsehandelsfirma der Schweiz. nämlich dasjenige an der Dorfbergstrasse 3b, 5. Oktober 2020 18 19
Wiehnachtsgschicht vom Hans Schmidiger us Oberburg Was isch Wiehnachte? Quellenangabe: «Dank heigisch» von Hans Schmidiger D Lehrere het mit de Erschtklässler güezelet. Die Erwachsene, wo das synerzyt aus Ching o erläbt hi, wüsse, was das für ne Erschtklässler bedütet. D Erwartig u d Spannig sy gross. Was chunnt de schliesslech usem Bachofe, u chame die Güezi ächt de o ässe? U d Lehrere erschynt iim ganz angersch aus süsch. Si isch fasch wie d Muetter dahiim. Nüüt vo Strängi u nüüt vo Schueumiischtere. Si het nidemau der Finger uf, we me Tiig schnouset. Das hingäge macht de d Muetter dahiime, emu speeteschtens nach em vierte Mau. D Lehrere gseht me a däm Güezeli- namittag schier aus Kameradin. Für nes Ching, wo villech chly Müeih het mit läse, rächne u schrybe, isch das es Wäutserläbnis, we d Lehrere siit, das syg itz der schönscht Zimmetstärn oder der schönscht Haub- mond. Das Güezele mit der Lehrere isch nid nume schön, es isch es wichtigs Erläbnis. Die Meiländerli, Zimmetstärne u Brunsli sy guet cho. Iis vo dene säubergmachte Kunschtwärch hi d Erschtklässler dörfe probiere. Derna sy jedem chlyne Blüemli dry. Für e Vati hets e Parkschybe mitbrunge. Die auti syg Ching no es Haubdotze blibe für hii z näh. verhudlet u die da higs bim Götti im Versicherigsbüro dörfe nä. Zäme Zwü für ds Muetti, zwü für e Vati u zwü für mit de Güezi u mit em kunschtvoue Lätschli, wo d Lehrere gmacht het, ds Schläckmüühli säuber. D Päckli ma- isch das es schöns Päckli worde. che si de nächscht Wuche ir Schueu. D Am Heiligabe isch d Sandra vor d Eutere gstange u het ne das Päckli Lehrere het de Ching gsiit, we si weue, häregstreckt. Beidi hi Fröid gha u härzlech danket. D Muetter het zu chönne si die Sächeli, wo si de Eu- ihrem Ching gsiit: «Das isch de schön Sandra. Es settigs Gschänkli tere weue schäiche i d Schueu wosch du üüs z Wiehnachte gä?» bringe, de mache si zäme mit de «Nei nid z Wiehnachte. Das schäiche i öich, wiu i öich beidi Güezi es schöns Päckli. so fescht gärn ha.» Derna hets zersch der Vati u derna ds Muetti anes Ärfeli gno u ne es Müntschi gä. D Sandra het es Schnäggehüsli brun- «Nei, nid z Wiehnachte. Das schäiche ig öich, wiu i beidi so fescht gärn ge, wo mit Zementit ufe ne Gartong ha», het das chlyne Meiteli gsiit u dermit sy zwü Uugepaar us luter glymet isch gsy. Der Usgang gäg obe. Fröid meh aus füecht worde. U genau das isch Wiehnachte. Das Fest Das gäb für ds Muetti es Väseli für die der Liebe. Schöner hätts d Sandra nid chönne säge. 20 21
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