Gradstehen für Gott in der Welt - Evangelische Kirche in ...

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Gradstehen für Gott in der Welt - Evangelische Kirche in ...
NR. 3/2018

                                   Gradstehen für Gott
                                       in der Welt
                                                THEMA
                                                MARIO FISCHER:
                                                GLAUBENSZEUGEN MÜSSEN
                                                GLAUBWÜRDIG SEIN

                                                FOCUS
                                                THOMAS HOFER:
                                                ANGSTPOLITIKER
                                                UND WUTBÜRGER

                                                SCHAUPLATZ
                                                ANDREA BURCHHART:
                                                AUFSTEHEN UND HALTUNG
                                                ZEIGEN

                                                BLICK VON AUSSEN
                                                FLORIAN KLENK:
                                                KIRCHE PRIVAT ODER
                                                KRAFT IM STAAT?

                                                ANDERSWO
                                                SIEGFRIED KRÖPFEL:
                                                FRESH EXPRESSIONS –
                                                KIRCHE NEU VERSUCHT

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Gradstehen für Gott in der Welt - Evangelische Kirche in ...
E   D   I   T   O     R   I A L

        ▶ unter uns …                                              Im thema führt uns
                                                                   Mario Fischer in diese
                                                                   Hauptaufgaben der Kir-

                                                                                                                Foto: epd/ uschmann
            Die Kirche lebt den Auftrag Jesu, indem                che ein. Dass es sinnvoll
            sie in der einzelnen Gemeinde und als                  ist, gewisse Grundsätze
            Weltkirche in gleichen Auffächerungen                  einzumahnen, schildert
            dieses Auftrags – in Grundvollzügen –                  der Journalist und Poli-
            handelt. Diese Grundvollzüge offenbaren                tikberater Thomas Hofer
            den Sinn und Zweck der Kirche und ge-                  im Gespräch mit Astrid Schweighofer im
            hören zu ihrem Wesen. Das Jahresthema                  focus. „Aufstehen und Haltung zeigen“ –
            und somit die nächsten vier Hefte von                  das zählt zu den christlichen Grundwerten
            superNews haben diese Grundvollzüge                    und wird immer schwieriger in unserer
            zum Thema unter dem Motto: „Zurück in                  Gesellschaft, schildert Andrea Burchhart
            die Zukunft.“                                          am schauplatz. Ob Kirche eine pri-
                                                                   vate Angelegenheit oder eine wichtige
            Die Aufgabe der Kirche und der Christen                Kraft im Land ist – dieser Frage geht im
            ist es, von der Frohbotschaft Zeugnis zu               blick von außen der Journalist Florian
            geben, Zeuge für Gott zu sein in der Welt              Klenk nach – interviewt von Erich Witz-
            (altgriechisch: Martyria – Verkündigung),              mann. Weiters fragen unsere superNews-­
            den Glauben zu feiern und die Menschen                 Redakteure Erich Witzmann und Hubert
            im Alltag und an den Schnittpunkten des                Arnim-Ellissen im standpunkt „Braucht
            Lebens zu stärken Leiturgia – Liturgie)                die Welt Christen?“ Und wo und wie Kir-
            und die konkrete Nächstenliebe erfahrbar               che neu gestaltet, wird, schildert Sieg-
            zu machen (Diakonia – Diakonie). Diese                 fried Kröpfel, Gründungsmitglied des Ver-
            Aufgaben werden erst dann in rechter                   eins „Fresh X Netzwerk“, in anderswo.
            Weise verwirklicht, wenn sie auf die Ge-
            meinschaft ausgerichtet sind (Koinonia –               Ebenso können Sie wieder die Kurzbe-
            Gemeinschaft).                                         richte aus den Gemeinden (gemeinde-
                                                                   mosaik) und einen Bericht vom heurigen
            Das vor Ihnen liegende erste Heft des                  Kirchentag (kirche in NÖ) lesen. Einbli-
            Jahresthemas versucht in den verschie-                 cke gibt es in die Arbeit der militärseel-
            denen Rubriken Einblicke in den ersten                 sorge und Informationen über die nächs-
            Grundvollzug der Kirche zu geben: Mar-                 ten Veranstaltungen bei den ­terminen.
            tyria – Zeugnis, Verkündigung und Ver-                 Vielleicht bekommen Sie Lust, dem Buch-
            breitung des Evangeliums.                              tipp (literatur) nachzugehen oder kom-
                                                                   men bei „auch das noch“ (glosse) zum
                                                                   Nachdenken.
                                        Gradstehen für Gott
                                                   in der Welt:    All das ist verbunden mit einem Relaunch
                                           Eine Demonstrantin      der superNews.
                                         stellt sich ohne Angst
                                      charmant und gewaltfrei
                                               der Polizeigewalt
                                                                   Ihre/ Eure
                                                    in den Weg.                   Pfarrerin Birgit Lusche
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Gradstehen für Gott in der Welt - Evangelische Kirche in ...
S   U   P   E   R   I   N   T   E   N   D   E   N    T

        ▶ Evangelische Demokratie
             2017 war das große Jahresthema unser         Zweitens:
             Reformationsjubiläum. 2018 ist das Jah-      Trotz dieser Pro-
             resthema: Die Wahlen in der Evangeli-        bleme ist die De-
             schen Kirche. In den Pfarrgemeinden sind     mokratie in der
             nun alle Gremien und Aufgaben besetzt,       E va n g e l i s c h e n
             und die Arbeit für die kommenden 5½          Kirche          quick-
             Jahre kann beginnen. Aber das Wahljahr       lebendig           und
             ist bei Weitem noch nicht abgeschlossen.     bleibt       zurecht
             Auf der Ebene der Superintendenz wird        eine Quelle des Stolzes auf unsere Kirche.
             sich im Oktober die Superintendential-Ver-   Ja, der „Einstieg“ in das demokratische
             sammlung konstituieren. Sie wählt einen      System ist bei hohem Aufwand und nied-
             neuen SupAusschuss mitsamt Superin-          riger Beteiligung holprig. Aber danach
             tendentialkurator/in. Im Dezember findet     werden wir (so lange korrekt gearbeitet
             sich dann auf Österreichebene erstmals       wird) dem Anspruch, demokratisch zu
             die Synode zusammen und wählt ihrer-         sein, vollkommen gerecht: Alle Gesetze
             seits die Mitglieder der Ausschüsse sowie    und Entscheidungen müssen argumen-
             den/ die Synodenpräsident/in.                tiert und abgestimmt werden. Alle Ämter
                                                          (auch in der Leitung) werden in demokra-
             Zur Demokratie in unserer Kirche             tischen Wahlen besetzt. Alle Amtsträger/
             sind mir zwei Dinge wichtig:                 innen müssen sich nach einer festgeleg-
                                                          ten Zeit erneut der Wahl stellen.
             Erstens:
             Ich weiß, dass die Wahlen in die Gemein-     So danke ich allen, die sich in der Vergan-
             devertretung in den Pfarrgemeinden frus-     genheit mit ihren Gedanken, ihrem Glau-
             trierend sein können. Sie sind mindestens    ben und ihrem Wissen in die Gremienar-
             so aufwendig wie die Gestaltung des Re-      beit eingebracht haben. Ich danke auch
             formationsjubiläums – machen aber (ver-      denen, die in Zukunft weitermachen oder
             mutlich) weniger Spaß. Und vor allem:        nun erstmals Gemeindevertreter oder
             In den allermeisten Fällen nehmen viel       Presbyterin, Kuratorin oder Delegierter
             weniger Menschen daran teil. Die Wahl-       in SupVersammlung oder Synode sind.
             beteiligung ist enttäuschend, ja beinahe     Mögen Sie Freude daran haben, eine un-
             peinlich. Leider auch im Vergleich zu rö-    verzichtbare Stimme in unserer demo-
             misch-katholischen Pfarrgemeinderats-        kratischen Kirche zu sein. Und haben Sie
             wahlen.                                      Mut, gute Entscheidungen für Ihre Pfarr-
                                                          gemeinde und für die Kirche insgesamt
             Ich hoffe, dass wir bis zur nächsten Wahl    zu treffen!
             die Vorgänge vereinfachen, dass in den
             Pfarrgemeinden in Zukunft bei den Wah-       Ihr/Euer
             len in die Gemeindevertretung nicht zu                              Superintendent
             viele leere Kilometer gemacht werden
             müssen.                                                     Lars Müller-Marienburg
                                                                                                                  3

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Gradstehen für Gott in der Welt - Evangelische Kirche in ...
T   H   E   M A

            ▶             Den Glauben bezeugen in einer
                             unübersichtlichen Welt
                                                Mario Fischer

                               Zurechtfinden in der Unübersichtlichkeit
            „Zurück in die Zukunft“ – unter diesem gemeinsamen Thema stehen heuer
            die Hefte dieser Zeitschrift. Die Filmtrilogie mit Michael J. Fox und Christo-
            pher Lloyd in den Hauptrollen, die in den 1980er-Jahren unter diesem Titel
            erschien, ließ immer wieder Fragen nach der Bedeutung der Zeit und unse-
            rem Einfluss auf unser Leben aufkommen. Eine Lehre, die die Filme vermit-
            teln, ist, dass eine kleine Entscheidung in der Gegenwart großen Einfluss
            auf die Zukunft haben kann. Die Zukunft liegt wie der Horizont ungeahnter
            Möglichkeiten als unübersichtliches Unbekanntes vor uns. Aber sie baut auf
            der Gegenwart auf, denn unsere Entscheidungen und Handlungen prägen
            die Zukunft.

            Damit man sich in der Unübersichtlich-       vollzüge der Kirche auf die einfache For-
            keit zurechtzufinden vermag, bedarf es       mel: Martyria – Leiturgia – Diakonia.
            grundsätzlicher Orientierung und der Fä-
            higkeit zu elementarisieren, d. h. Schnei-   Die dreieinige Formel
            sen in das verwirrende Dickicht zu schla-    Bewusst wählten sie dabei drei griechi-
            gen, große Linien zu erkennen.               sche Begriffe aus dem Neuen Testament.
                                                         Es gehört schließlich zur evangelischen
            Kurz und bündig                              Tradition, sich an der Bibel auszurichten,
            In den Kirchen hat sich im Laufe der         wenn man Orientierung für das Leben,
            Jahrhunderte ein Dickicht an Arbeitsbe-      Orientierung für die Zukunft sucht. Die
            reichen angesammelt, die man als kirch-      Dreizahl soll Bezug nehmen auf den drei-
            liche Aufgaben betrachtet: Gottesdienste,    einigen Gott. In der Trinitätslehre wird
            Seelsorge, Armenfürsorge, Schulerhal-        zwar innerhalb der Gottheit zwischen Va-
            tung und Unterricht, Einwohnermeldewe-       ter, Sohn und Heiligem Geist unterschie-
            sen, Pachtverwaltung, Kinder-, Jugend-,      den, aber mit dem Bekenntnis, dass das
            Frauen- und Seniorenarbeit, öffentliche      Heilshandeln Gottes nach außen nicht
            Stellungnahme zu ethischen Themen,           einer einzelnen göttlichen Person zuge-
            diakonische Werke, Rundfunkarbeit und        wiesen werden kann. Gott lebt als Ge-
            vieles mehr.                                 meinschaft (Koinonia) und in vielfältigen
                                                         Beziehungen.
            Um sich in dieser Vielzahl von Aufgaben
            zurechtzufinden und auch auf künftige        Keins ohne das andere
            Aufgaben vorbereitet zu sein, versuchten     Auch die drei Schlagworte der Formel
            in der Zwischenkriegszeit Theologen der      Martyria – Leiturgia – Diakonia sind auf­
            Evangelischen Michaels­ bruderschaft den     einander bezogen, bedingen einander
            Dienst der Kirche kurz und bündig zu um-     und werden erst durch die Koinonia in ih-
            schreiben. Und sie brachten die Grund-       rer Verwiesenheit aufeinander bestimmt.
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Gradstehen für Gott in der Welt - Evangelische Kirche in ...
T   H   E    M   A

             Martyria: Zeugnis. Oft werden darunter       Gottesdienst im Alltag, dem Dienst an der
             alle Formen kirchlicher Verkündigung ver-    Welt (Diakonia). Der evangelische Theo-
             standen. – Leiturgia: Gottesdienst. Hier     loge Ernst Lange sah Diakonia und Leitur-
             kommt die innige Beziehung zwischen          gia sogar so eng verbunden, dass er von
             Gott und der Gemeinde zum Ausdruck. –        Beidem als Gottesdienst sprach – zum
             Diakonia: Dienende Nächstenliebe. Ob in      Einen als Gottesdienst in der gemeind-
             individueller akuter Hilfe oder in organi-   lichen Versammlung, der Ekklesia, und
             sierter sozialer Arbeit und gesellschafts-   zum Anderen als Gottesdienst im Alltag,
             verantwortlichem Handeln: Die Bezie-         in der Zerstreuung, der D ­ iaspora. Ande-
             hung zu Gott zeigt sich im Umgang mit        rerseits wird deutlich, dass das Besonde-
             anderen.                                     re an kirchlicher Sozialarbeit ihr christli-
                                                          ches Zeugnis ist.
             Dass Zeugenschaft, gottesdienstliches
             Leben und dienende Nächstenliebe auf-        Zeugenschaft
             einander bezogen sind, leuchtet unmit-       Am Anfang des Glaubens steht die Mar-
             telbar ein. Das gottesdienstliche Leben      tyria. Andere leben uns den Glauben
             (Leiturgia) kann sich nicht selbst genü-     vor, geben uns Zeugnis von dem, was es
             gen. Der Ritus braucht die Verkündigung      heißt, Christ zu sein, auf Gott zu vertrau-
             (Martyria) in unsere jeweilige Gegen-        en, das Leben an Christus auszurichten.
             wart hinein. Und die gottesdienstliche       Ohne diese Zeuginnen und Zeugen wären
             Versammlung findet ihre Fortsetzung im       wir keine Christen geworden.

                SIGGIS SIGILLUM

                                                                                                               5

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Gradstehen für Gott in der Welt - Evangelische Kirche in ...
T   H   E   M A

            Karl Lehmann, der kürzlich verstorbene         (1 Petr 3,15) Als Zeuge des Glaubens ste-
            römisch-katholische Mainzer Bischof und        he ich immer mit meiner ganzen Person
            Kardinal sagte: „Der künftige Christ wird      für das ein, was ich bezeuge. So nennen
            ein Zeuge sein, oder er wird bald nicht        wir diejenigen, die mit ihrem Leben für
            mehr sein.“ Er wandelte damit ein Zitat        ihren Glauben eingestanden haben, Mär-
            seines Mentors Karl Rahner ab. Von Rah-        tyrer: Zeugen des Glaubens.
            ner stammt der Ausspruch: „Der Fromme
            der Zukunft wird ein ‚Mystiker‘ sein, einer,   Zeugnis umfasst Verhalten und Tun
            der etwas ‚erfahren‘ hat, oder er wird         Und es kommt nicht nur darauf an, was
            nicht mehr sein.“ Die Akzentverschiebung       ich bezeuge, sondern auch, wie ich es
            von Rahner zu Lehmann ist augenfällig:         bezeuge. Es wird jedem und jeder sehr
            Der Mystiker mag sich selbst genügen,          schnell deutlich, dass eine unüberbrück-
            sich im frommen Erlebnis sonnen, aber          bare Kluft in meinem Leben besteht,
            Zeuge ist man nie für sich allein. Zeuge       wenn ich vom liebenden Gott spreche
            ist man für andere.                            und dabei in meinen Worten und in mei-
                                                           nem Handeln Härte ausstrahle und mei-
            Zur richtigen Zeit am richtigen Ort            nen Nächsten missachte.
            Dass man Zeugin oder Zeuge wird, sucht
            man sich in der Regel nicht aus. Es ist        Das Zeugnis der Zeuginnen und Zeugen
            zufällig. Man ist zu einer bestimmten Zeit     besteht eben nicht nur im Reden und im
            an einem bestimmten Ort, während sich          gottesdienstlichen Feiern, sondern auch
            etwas ereignet. So werde ich zur Zeugin        im Handeln; darin, wie ich mich zu mei-
            oder zum Zeugen dieses Ereignisses. Und        nen Mitmenschen und zu meiner Umwelt
            in bestimmten Fällen kann es geschehen,        verhalte. Martyria, Leiturgia und Diakonia
            dass ich z. B. als Zeuge eines Verkehrs-       lassen sich nicht auseinanderreißen.
            unfalls vernommen werde. Als Augen-
            zeuge verbürge ich, was geschehen ist.
            Zeugen sollen die Wahrheit sagen. So,
            wie sie ein Ereignis aus ihrer Perspekti-
            ve erlebt haben. Die Wahrhaftigkeit und
            Glaubwürdigkeit der Zeuginnen und Zeu-                                     Dr. Mario Fischer,
            gen ist wichtig. Schließlich stützt sich so                                geb. 1976 in Darm-
            manches Urteil auf die Zeugenaussage.                                      stadt, ist Pfarrer
                                                                                       der Evangelischen
            Zeugen sind eingebunden                                                    Kirche in Hessen
                                                                                       und Nassau.
            Letztlich ist ein Zeuge aber nie unbeteiligt
                                                                                       Er studierte Theolo-
            am Geschehen. Irgendwie muss man sich                                      gie und Philosophie
            immer zu dem Bezeugten verhalten. Erst                                     in Mainz, Marburg,
            recht als Zeuge des Glaubens. Der erste                                    Rom und München
            Petrusbrief mahnt uns als Christinnen und                                  und arbeitet derzeit
                                                            in Wien in der Geschäftsstelle der Gemein-
            Christen, immer darauf gefasst zu sein,
                                                            schaft Evangelischer Kirchen in Europa (GEKE).
            unseren Glauben zu bezeugen: „Seid al-          Im Herbst 2018 wird er Bischof Michael Bünker
            lezeit bereit zur Verantwortung vor jeder-      im Amt des Generalsekretärs der GEKE nach-
            mann, der von euch Rechenschaft for-            folgen.
            dert über die Hoffnung, die in euch ist.“
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Gradstehen für Gott in der Welt - Evangelische Kirche in ...
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        ▶      Astrid Schweighofer im Gespräch mit Thomas Hofer
                   „Gewisse Grundsätze einzumahnen
                    ist auch für die Kirchen sinnvoll“

             Thomas Hofer (44) ist seit mehr als 20 Jahren als Journalist, Autor und Poli-
             tikberater tätig. Was sich in den vergangenen Jahrzehnten in der Politik
             verändert hat, welche Rolle die neuen Medien spielen und ob die Kirchen
             (noch) ein politischer Faktor sind, erzählt er superNews-Redakteurin Astrid
             Schweighofer.

             Sind Politiker und Politikerinnen bereit,    tare zumindest indirekt dazu gezwungen
             für ihre Überzeugungen einzustehen?          werden, bei der vom Klub festgelegten
                                                          Meinung zu bleiben. Da entsteht in der
             Ich habe natürlich keinen Jahrhundert-       Öffentlichkeit schon der Eindruck, dass
             vergleich, aber ich würde nicht ab-          hier nicht immer nach der eigenen Über-
             streiten, dass es das gar nicht mehr         zeugung gehandelt wird – zuletzt ganz
             gibt. Allerdings haben wir institutionelle   eindrucksvoll beim Thema Nichtraucher-
             Hemmnisse in Österreich, die das etwas       schutz. Ein Problem ist auch die starke
             bremsen. Was immer wieder, und nicht         Wechselbereitschaft von Mandatarinnen
             ganz zu Unrecht, für Schlagzeilen sorgt,     und Mandataren von einer Partei zur an-
             sind beispielsweise die Fraktionszwänge,     deren. Wenn man das Gefühl hat, es geht
             wo einzelne Mandatarinnen und Manda-         zu wie am Basar, dass versucht wird, sich
                                                                                                           7

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             zusätzliche Abgeordnete einzuheimsen,         von Politik, nämlich Leadership zu zeigen,
             vermittelt das kein gutes Bild von der        bei gesellschaftlichen Veränderungen vo-
             Politik.                                      ranzugehen und nicht immer hinterher
                                                           zu hoppeln, verloren. In früheren Zeiten
             Wird auf Seiten der Politik zu stark auf      gab es selbstverständlich auch Politiker,
             die wahrgenommene Mehrheitsmeinung            die populäre Themen aufgegriffen ha-
             geschaut?                                     ben, aber der Trend ist definitiv stärker
                                                           geworden. Das hat natürlich auch mit der
             Ich habe schon vor Jahren vom Phäno-          heutigen Medienlandschaft zu tun.
             men des Angstpolitikers gesprochen, der
             aus meiner Sicht der Geburtshelfer des        Welche Rolle spielen die sozialen Medien?
             Wutbürgers, der Wutbürgerin war. Es gab
             und gibt eine Generation von Politikerin-     Ich spreche lieber provokant von asozia-
             nen und Politikern verschiedenster Cou-       len Netzwerken, da ich nicht weiß, was
             leurs, die Meinungsumfragen als eine Art      daran sozial sein soll. Natürlich ist kein
             Handlungsanweisung lesen und nicht als        Medium per se sozial oder asozial. Aber
             Orientierung, wo die Bevölkerung steht        in einer immer fragmentierteren Gesell-
             und wo man dann versucht, für seine           schaft setzt man sich in den asozialen
             Überzeugungen einzutreten und diese           Netzwerken, egal ob Politiker oder nicht,
             in Gesetzesform zu gießen. Der normale        relativ rasch einem Shitstorm aus, wenn
             Weg ist heute eher der, dass man Um-          man eine politische Meinung formuliert.
             fragen liest und schaut, wo die Mehrheit      Das, was früher am Stammtisch statt-
             zu finden ist, um dieser auf populistische    gefunden hat, wo sich die Leute das
             Art und Weise zu entsprechen. Das nenne       Maul zerrissen haben, findet jetzt quasi
             ich Angstpolitik. Gleichzeitig, und das ist   öffentlich statt. Und da überlegt man es
             ein Paradoxon, gab es noch nie einen so       sich umso mehr, ob man bereit ist, sich
             hohen Wechselwähleranteil. Die Wähle-         eventuell despektierlichen, verletzenden
             rinnen und Wähler sind deutlich mobiler,      oder gar hetzerischen Meinungen auszu-
             als das früher der Fall war, und dennoch      setzen.
             – oder gerade deswegen – erstarren viele
             Politikerinnen und Politiker wie das Kanin-   Nehmen Sie in der Bevölkerung einen
             chen vor der Schlange.                        Trend, „den Mund zu halten“, wahr?

             Welche Folgen hat die Orientierung an         In autoritären Demokratien kann es
             der Mehrheitsmeinung für die Politik ins-     selbstverständlich zu derartigen Entwick-
             gesamt?                                       lungen kommen, wenn es staatlicher-
                                                           seits etwa Säuberungswellen gibt, Op-
             Der „Glaubensverslust“ in die eigene          positionspolitiker verhaftet und Medien
             Wirkkraft, den ich bei Politikerinnen und     gleichgeschaltet werden. Das ist brand-
             Politikern feststelle, ist etwas Bemerkens-   gefährlich. Falls die Frage auf Österreich
             wertes in der politischen Landschaft und      abgezielt hat, so sehe ich hierzulande
             führt dazu, dass Themen, die vielleicht       keine derartige Entwicklung und hoffe,
             kontroversiell oder negativ aufgenommen       dass das auch so bleibt. Meiner Ansicht
             werden könnten, nicht mehr angespro-          nach ist auch der oft verwendete Begriff
             chen werden. Damit geht die Funktion          „Orbanisierung“ für die aktuelle politische
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             Entwicklung in Österreich zu hoch gegrif-    ter anderem die Causa Groër. Auf evan-
             fen. Man muss da sehr genau sein und         gelischer Seite gab es die Diskussionen
             differenzieren. Was mir absolut nicht ge-    um die Präsidentschaftskandidatur von
             fällt, aber das habe ich auch schon bei      Gertraud Knoll. In der Katholischen Kir-
             früheren Regierungen kritisch gesehen,       che war man damals der Meinung, es sei
             ist der Versuch, etwa einen Zugriff auf      besser, sich medial zurückzuhalten, nicht
             den ORF zu bekommen. Da braucht es           allzu präsent zu sein. In gewisser Weise
             eine starke Zivilgesellschaft und starke     hat die Schockphase infolge der negati-
             Medien, die dem einen Riegel vorschie-       ven Berichterstattung nachgewirkt und
             ben. Der Unterschied zwischen Österreich     dazu geführt, dass man den Ball lieber
             und Ungarn oder gar Türkei und Russland      flach hält und keine allzu offensive Rolle
             ist da aber himmelhoch. Man sollte vor-      spielen will.
             sichtig sein mit solchen Vergleichen.

             Gibt es nicht Themen, bei denen die Men-
             schen eher schweigen als für ihre Mei-
             nung eintreten, um politische Diskussio-
             nen oder Konfrontationen zu vermeiden?

             Natürlich kann es diesen Effekt geben.
             Gerade beim Flüchtlingsthema können
             wir einen deutlichen Umschwung in der
             Bereitschaft zur Artikulation feststellen
             zwischen Sommer/Herbst 2015 und heu-
             te: Jene, die damals klar gesagt haben,
             man sollte mehr Flüchtlinge aufnehmen,
             sind sicher ruhiger geworden als jene, die
             anderer Ansicht sind. Parteien, Politiker
             und Institutionen versuchen in der Regel,
             bei einzelnen Themen meinungsbildend         Das halte ich für falsch. Man muss kei-
             zu wirken und so die eigene Agenda zur       ne politischen Statements abgeben, aber
             allgemein bestimmenden zu machen. Das        gewisse Grundsätze, die man für wichtig
             ist auch gut so, solange es keine Schlag-    hält, einzumahnen, ist auch für die Kir-
             seite bekommt und eine gewisse Plurali-      chen sinnvoll. Kardinal Schönborn tut das
             tät gewahrt bleibt.                          in einigen Bereichen, im Wesentlichen
                                                          bleibt das aber Caritas und Diakonie vor-
             Sind die Kirchen in Österreich ein politi-   behalten.
             scher Player?
                                                          Und die evangelische Kirche?
             Die Kirchen waren bis vor wenigen Jahr-
             zehnten ein wesentlicher Teil der innen-     Gemessen an ihrer Größe ist die Evange-
             politischen Berichterstattung, eines der     lische Kirche definitiv lauter als die Katho-
             dominierenden Themen. Als Profil-Redak-      lische.
             teur habe ich Mitte der 1990er-Jahre das
             Thema Katholische Kirche bearbeitet, un-
                                                                                                               9

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Gradstehen für Gott in der Welt - Evangelische Kirche in ...
S   C   H A     U    P   L A   T   Z

             „Zuerst überlegen, a Meinung haben,
                       dahinter stehen“
                                                  Andrea Burchhart

             Freiheit, Gleichstellung, Demokratie und Humanismus – es mag unpopulär
             geworden sein, sich zu seinen christlichen Werten zu bekennen. Vielleicht
             bräuchte es aber mehr denn je zuvor Menschen, die sich solidarisieren, die
                                    aufstehen und Haltung zeigen.

                        Obwohl das Thema ein ernstes war, herrschte beste Laune am Set zum Film
                        „Rechts aussteigen“. Szenenbild mit Cornelius Obonya und David Wurawa.
                                                   (Foto: Andreas Alvarez)

            Ein Mann steigt in den Bus und wird blöd            spielt im Weinviertel, könnte aber auch
            angestänkert, beleidigt und diffamiert.             in jeder Metropole der Welt spielen. Kein
            Warum? Der Mann ist schwarz. Allein sei-            leichtes Thema, das die beiden Salzbur-
            ne Anwesenheit provoziert den Fahrgast              ger Filmemacher Bernhard Wenger und
            hinter ihm. „Schwarzfahrer, ha? Hat sicher          Rupert Höller in ihrem Kurzfilm „Aus-
            keinen Fahrschein! Du nix Fahrschein zwi-           stieg rechts“ umgesetzt haben. Das jun-
            cken? In unserem Land leben, aber nicht             ge Duo konnte prominente Schauspieler
            einmal einen Fahrschein zahlen!“ Offener            wie Ex-„Jedermann“ Cornelius Obonya,
            Rassismus – und alle schauen weg. Zi-               Thomas Maurer und David Wurawa für
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            vilcourage ist ein Fremdwort. Die Szene             den Dreh gewinnen. Das Wegschauen

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             steht im Mittelpunkt der filmischen Um-        es nicht, sondern steige bei der nächsten
             setzung. In dem abgeschlossenen Sys-           Station aus.
             tem Bus wirkt das Phänomen besonders
             erdrückend. Bis endlich einer den Mund
             aufmacht. Am Ende ist es der Pöbler, der
             rechts aussteigt und am Straßenrand
             ­übrig­bleibt. Bei mehr als 50 Filmfestivals
              weltweit ist der Film gelaufen und hat
              zahlreiche Preise abgeräumt. Egal, ob in
              New York oder Bayern, am Ende stellten
              sich wohl Jury und Publikum die Frage:
              Wie ist das eigentlich bei mir? Mache ich
              meinen Mund auf, wenn mir eine Situation
              nicht gefällt? Wann mische ich mich ein?
              Wann lasse ich es sein? Und: ­Mache ich
             mich mitschuldig, wenn ich nichts sage?            Ute Bock setzte sich kompromisslos
                                                                       für Geflüchtete ein.
                                                                        (Foto: Tereza Mundilova)
             Alltagsrassismus
                                                            Beim Friseur erklärt die pensionierte Leh-
             Eine Deutsche um die 40 Jahre in der           rerin unter der Trockenhaube, dass es
             S-Bahn. Sie sieht, dass der junge Mann         natürlich traurig sei, dass die Ute Bock
             neben ihr am Handy das WM-Spiel ver-           jetzt gestorben ist. „Auf der anderen Sei-
             folgt.                                         te, bitte, die war ja nur für die Ausländer.
                                                            Hat die jemals einem Österreich gehol-
             Sie: „Wie steht es?“                           fen?“ „Ja mit unserem Steuergeld kann
             Er: „Null zu null.“                            man es ja machen“, meint die Friseurin.
             Sie: „Gegen wen spielen wir überhaupt?“        Weil ich ja Zeit habe und Ute Bock einmal
             Er: „Deutschland gegen Schweden.“              kennenlernten durfte, mische ich mich ins
             Sie: „Aaaaaah. Spielt da nicht auch dieser     Gespräch ein. „Worum beneiden Sie denn
             Arnautović?“                                   die Asylwerber, um die sich die Ute Bock
             Er: „Nein, der spielt für Österreich.“         gekümmert hat?“ will ich wissen. Zwei
             Sie: „Aber der ist doch Schwede?“              Augenpaare starren mich an! „Na, die
             Er: „Nein, seine Eltern kommen aus Ser-        kommen da her und kriegen alles!“. „Was
             bien.“                                         alles?“ „Na, ein Dach über dem Kopf, Geld,
             Sie: „Aber er spielt in Schweden.“             Handy. Einfach so! Die müssen überhaupt
             Er: „Nein, in England.“                        nichts leisten!“ Sie können es erahnen:
             Jetzt ist die Frau völlig verwirrt.            Es war ein mühsames Gespräch! Ich weiß
             „Sie meinen den Ibrahimović.“                  nicht, wie Ute Bock solche Szenen kom-
             Sie: „Ahhhhh. Gibt ja so viele von denen,      mentiert hätte. Ich erinnere mich noch
             nicht?“                                        gut daran, als sie mir erklärt hat, dass sie
                                                            von niemandem etwas erwartet. Keinen
             Der junge Mann nickt emotionslos. Ich          Dank und kein Verständnis. Und dass sie
             schüttle fassungslos meinen Kopf. Eigent-      auch die Leute verstehen könne, die sie
             lich müsste ich jetzt etwas sagen. Ich tue     wegen ihre Engagements für Geflüchte-
                                                                                                                   11

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            te verteufeln. „Ich bin mein Leben lang        den? Wo bleibt der Aufschrei, wenn der
            Erzieherin gewesen. Meine Aufgabe war          italienische Premier Geflüchtete als „Men-
            und ist immer, jungen Menschen zu einer        schenfleisch“ bezeichnet? „Aussagen der
            Chance zu verhelfen“, hat Frau Bock er-        extremen Rechten, die man vor 20 Jah-
            klärt. Bis zu ihrem Tod hat sie gearbeitet,    ren nicht einmal ernst genommen hätte,
            Quartiere gesucht, vermittelt, Türen, Oh-      sind heute Mainstream. Das vermittelte
            ren und Herzen aufgemacht, wo andere           Menschenbild ist keines, das sich mit den
            zugemacht haben. Sie war keine rasend          Werten der Aufklärung vereinbaren lässt.
            sympathische Person. Mehr hart als herz-       Wie es soweit kommen konnte? ‚Man‘ hat
            lich. „Tugenden wie Zivilcourage, Solidari-    es zugelassen. ‚Man‘ hat es nicht ernst
            tät und Menschlichkeit hat uns Ute Bock        genommen. Zuerst hat man die extreme
            zeit ihres Lebens gelehrt. Ohne viel Wor-      Rechte ignoriert und belächelt, dann hat
            te hat sie einfach gehandelt, sich selbst      man ihre Themen übernommen und ir-
            hat sie dabei nie geschont“, heißt es im       gendwann auch deren Positionen“ – so
            Nachruf des Vereins „Flüchtlingsprojekt        die Analyse von Politikberater Rudi Fussi.
            Ute Bock“.

            Haltung bewahren

            Wo viel Licht, da auch viel Schatten: Die
            Flüchtlingshelferin, als moralische Instanz
            geliebt von ihren Anhängern und gehasst
            von den Gegnern vor allem im rechten La-
            ger, war auch harter Kritik ausgesetzt. So
            wurde sie von ehemaligen Zöglingen als
            Prüglerin geoutet, denn die Erziehungs-
            methoden waren in den 1970er-Jahren
            rabiat, und so mancher wurde mit Ohr-
            feigen bestraft. „Es war nicht alles in Ord-
            nung, was ich gemacht habe. Schreck-
            lich - aber es war so“, gestand sie Jahre      Themen ansprechen, auch wenn es weh tut.
            später unumwunden ein. 2012 wurde ihr                    Rudi Fussi probierts.
            das Goldene Verdienstzeichen der Re-                        (Foto: mindworkers)
            publik Österreich verliehen. Eitelkeiten
            und Nettigkeiten waren Bock immer ein          „Man“ ist als Christ auch gefordert. Ge-
            Gräuel. „Ich hab‘ einen Vogel, aber es         rade das Gebot der Nächstenliebe macht
            gibt viele Leute, die meinen Vogel unter-      uns den Alltag nicht immer einfach. An-
            stützen“, sagte Bock im Rahmen der Fei-        dersdenkenden wertschätzend gegen-
            er. Die Unterstützer sind leiser geworden.     überzustehen kostet Nerven und Energie.
            Über Solidarität herrscht kein allgemeiner     Aber es zahlt sich aus, seine Meinung zu
            Konsens. Wer ist noch bereit, Stellung zu      vertreten. Am Ende wird aus einer Friseu-
            beziehen? Wie können wir als Christen          rin gar eine Flüchtlingshelferin?
            wegschauen, wenn vor unseren Augen
            Menschenrechte mit Füßen getreten wer-
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                       Florian Klenk zur Rolle der Kirche:
                          Eine wichtige Kraft im Lande

             Kirche ist eine „Vereinigung“, eine private Angelegenheit – in der Sicht des
             Journalisten Florian Klenk. Florian Klenk, Jahrgang 1973 und Niederöster-
             reicher, wechselte nach dem Jusstudium zum Journalismus, genauer: zum
             investigativen Journalismus. Seit 2012 ist er Chefredakteur der Wiener
             Stadtzeitung „Falter“.
             Kirche ist für Florian Klenk nicht gleich    Rückzugsorte für die menschliche See-
             Kirche. „Was ist das für eine Vereinigung,   le aufsuche. Aber das sei ja kaum mehr
             bei der sich die Führungsperson jeder se-    möglich, weil die Kirchen zugesperrt sei-
             xuellen Beziehung enthalten muss, keine      en. Das sei ein großer Fehler der Kirchen.
             Familie gründen darf, keine Erben hat“,      Dann aber gibt es eine zweite Seite, näm-
             so der impulsive Gesprächsbeginn. Aber       lich die Kirche als – „überspitzt gesagt“
             wir reden ja über die Evangelischen! „Na-    – NGO, also als bedeutende Organisation
             türlich.“ Klenk räumt ein, dass er beim      neben dem Staat. „Da ist sie Anwalt für
             Thema Kirche erst einmal seiner ersten       die Entrechteten, für die Benachteiligten.
             Assoziation Luft gemacht hat. Er habe        Da hat sie eine unglaublich wichtige Stim-
             den recht großen Unterschied in seiner       me.“ Persönlichkeiten wie Michael Land-
             Hamburger Zeit – er arbeitete beim Wo-       au von der Caritas oder Michael Chalupka
             chenmagazin „Die Zeit“ – erlebt. „Die        von der Diakonie wissen auch, wie man
             evangelischen Pfarrerinnen waren inte-       in der Öffentlichkeit kommuniziert und
             ressante Persönlichkeiten, die im Leben      Emotionen erzeugt. Caritas und Diakonie
             standen. Die katholischen Pfarrer hinge-     seien – mehr als ihre Kirchen – „gemein-
             gen eine Enttäuschung.“                      schaftsstiftende Institutionen“.
             Der Gebrauch der Religion ist für Florian    Dass die Evangelischen in Österreich in
             Klenk „etwas Privates, eine innere Ausei-    der Diaspora leben, ist für Klenk „eher
             nandersetzung mit Gott“. Und: „Man soll      ein Vorteil“, weil sie sich stärker auf ihre
             damit nur jene Leute befassen, ja belästi-   Werte fokussieren könnten und damit in
             gen, die daran glauben.“ Eine „Zwangsbe-     ihrem gegenwärtigen Verständnis „einige
             glückung“ wie in früheren Epochen gebe       Kilometer weiter als die katholische Kir-
             es nicht mehr. Zudem sei im öffentlichen     che sind“.
             Alltag die Kirche nahezu verschwunden,       Schließlich das Fazit des Journalisten:
             sieht man von den Schulgottesdiensten        „Als einer der Linken im Lande halte ich
             oder der Erstkommunion ab.                   die Kirche doch für eine wichtige Kraft.
             Dann aber räumt der Journalist ein, dass     Demonstrativ zur Schau gestellte Religio-
             er gerne in die Kirche gehe, „um Stille zu   sität geht mir aber auf die Nerven.“
                                                                                                                13

             erleben“. Also sozusagen einen der letzten                                   Erich Witzmann

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            Der Glaube hilft: Schließlich trägt die Letztverantwortung
            für alles, was geschieht, der große Macher und ich bin aus
            dem Schneider. Gegen den Willen des Ewigen ist ja doch
            kein Kraut gewachsen. Es ist beruhigend zu wissen, dass
            alles für irgendwas gut ist, denn Gott schreibt auf krum-
            men Zeilen gerade und zum guten Schluss ist sicher das
            Erbarmen stärker als die Verdammnis. Blöd nur diese Sache
            mit dem freien Willen. Das macht es dann doch ein we-
            nig schwierig: Kann der Mensch sich tatsächlich gegen den
            Willen und den Heilsplan Gottes durchsetzen? Schließlich
            haben die Theologen sogar für den Bruderverrat des Judas
            die felix culpa erfunden: diese glückliche Schuld, ohne die
            aus dem Erlösungstod Jesu nichts geworden wäre! Und wie           BRAUCHT DIE WELT
            ist das jetzt mit Judas: Hat er aus freiem Willen das Böse     „Die Religion ist der Seufzer der b
            getan und sich somit die ewige Verdammnis verdient? Oder       Gemüth einer herzlosen Welt, wie
            bedeutet die felix culpa, dass er doch – nicht unbedingt zur   Zustände ist. Sie ist das Opium des
            Rechten – vielleicht doch irgendwo in der zweiten Reihe der
                                                                           Karl Marx, 1818 – 1883, schreibt so in se
            Erlösten sitzt und die Harfe schlägt? Ist der Christ zur Erlö-
                                                                           Rechtsphilosophie“.
            sung und zur ewigen Herrlichkeit verdammt? Dann hat doch
            der Glaube mit dem Leben in dieser Welt wirklich nichts zu
            tun: das persönliche Heil ist gesichert durch die Taufe – es
            hängt sowieso alles an der Gnade Gottes und die ist uns versprochen. Heilsentschei-
            dend ist also nur, dass der Kirchenbeitrag geleistet wird.

            Dann allerdings liegt der Verdacht nahe, dass die Welt weder Christen noch ­Juden
            noch Muslime braucht. Sie alle gehen durchs Leben in der Gewissheit, dass ihr Glaube
            das Heil garantiert – eine Lebensversicherung ohne Angst davor, dass die Konjunktur
            nach unten ausschlägt und die Aktien in den Keller rasseln. Die Aktie des Ewigen ist
            krisensicher. Was die Welt braucht, sind Menschen, die nicht auf das Paradies hoffen,
            sondern daran denken, dass ihre Kinder und Enkelkinder eine Welt brauchen, in der
            sie atmen können, frisches Wasser bekommen und von den Früchten der Erde leben
            können.

            Zugegeben: Der Glaube – welcher Offenbarung auch immer – kann die Haltung, die
            dafür nötig ist, fördern. Vorausgesetzt, der Stolz auf die eigene Glaubenswahrheit ist
            nicht größer als die Demut vor der Natur. Wenn es Christen braucht, dann diejenigen,
            die an der Zukunft auf dieser Welt arbeiten.

                                       Hubert Arnim-Ellissen ist Journalist
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                                                    Es stimmt schon: Eine Religion kann uns von allen Untaten
                                                    exkulpieren oder auch zur Verdammnis verurteilen. Je nach-
                                                    dem. Atheisten brauchen keine Gedanken daran verschwen-
                                                    den, auch Agnostiker, die für sich eine höhere Ethik bean-
                                                    spruchen, nicht. Aber seien wir ehrlich – wer denkt schon
                                                    bei seinen täglichen Handlungen an die Vorgaben seiner Re-
                                                    ligion? Und wie viele in unserer Gesellschaft haben sich mit
                                                    ihrer Religion auseinandergesetzt?

                                                    Tatsache ist nun einmal, dass es seit historischen Aufzeich-
                                                    nungen stets Religionen mit einem Gottesbezug gegeben
                                                    hat, manchmal nebeneinander, dann wieder in erbittertem
E WELT CHRISTEN?                                    Widerstreit. Und seit zwei Jahrtausenden fühlen sich Men-
 ufzer der bedrängten Kreatur, das                  schen dem Christentum verpflichtet. Das heißt aber auch:
n Welt, wie sie der Geist herzloser                 Vor Christi Geburt (nomen est omen!) gab es keine Christen,
 Opium des Volkes.“                                 also hat (um auf die eingangs gestellte Frage zu kommen)
                                                    die Welt keine Christen benötigt. Damals.
hreibt so in seiner „Kritik der Hegelschen
                                                 Heute schaut es anders aus. In unseren Landen sinkt die
                                                 Zahl der Zugehörigen zu einer Religionsgemeinschaft, jene
                                                 der Abseitsstehenden, Ausgetretenen und auch der harte
                      Kern der Atheisten nimmt zu. Aber wir haben einen Wertekanon, nach dem wir unser
                      eigenes Leben ausrichten, an dem sich auch unsere Gesetze orientieren. Man soll
                      nicht stehlen, nicht töten, nicht falsch aussagen oder auch Vater und Mutter ehren.
                      Diese Verhaltensweisen stehen ja in unserer Gemeinschaft, in unserem Staat außer
                      Diskussion, ob die Menschen einer Religion angehören oder auch nicht. Und sie zählen
                      – neben anderen Verpflichtungen – zu den Geboten der christlichen Religion. Sie sind
                      in unsere Gesetze eingeflossen, weil sich Generationen von Juristen und Staatslenkern
                      an den christlichen Werten orientiert haben. Wenn nun ein Karl Marx die Religion als
                      Opium des Volkes bezeichnet, so sagt das nichts über die Religion sondern alles über
                      Karl Marx aus.

                      Das Christentum und auch andere Religionen haben – lange vor unserer Zeit – diese
                      Welt nachhaltig geprägt. Wer dies verneint, verschließt die Augen vor dieser Welt, vor
                      ihrer Geschichte, vor ihrer Kultur und auch vor ihrer (ihren) Religion(en).

                                      Erich Witzmann ist Wissenschaftsjournalist
                                                                                                                           15

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             ▶ Mit Fresh X Kirche neu entdecken
               Eine überkonfessionelle Bewegung arbeitet an der
               Schnittstelle von verfasster Kirche und Gesellschaft
                                                 Siegfried Kröpfel

             Anderswo gibt es jetzt statt der Kirchenorgel eine Lobpreisband. Anderswo
             wurden Kirchenbänke durch bequem gepolsterte Sessel ersetzt. Anderswo
             kommen wegen der neuen Pfarrerin nun verstärkt auch junge Familien in
             den Gottesdienst, und wiederum anderswo wird Kirche von Grund auf neu
             gedacht. Letzteres steht derzeit in der kirchlichen Landschaft mit keinem
             Schlagwort enger in Verbindung als mit Fresh X, der hippen Kurzform von
             Fresh Expressions of Church. Was aber verbirgt sich hinter dieser, für viele
             doch noch sehr kryptischen Bezeichnung? Können wir den Fresh X-Ansatz
             für unsere Kirche, unsere Gemeinden fruchtbar machen, oder stellt Fresh X
             doch eher eine Bedrohung für unsere bewährten Strukturen dar?

             Fest steht, Fresh X ist kein Gemeinde-        spricht man hier von missionalen Ge-
             entwicklungskonzept, kein Jugendevent,        meinden, die bei den Menschen selbst
             kein auf Fern- und Außenstehende zu-          bleiben und keine Integration mehr in die
             geschnittenes Gottesdienstmodell, das         aussendende Gemeinde oder Organisa-
             es jetzt zu adaptieren gilt. Und Fresh X      tion intendieren. Mit ihrer Orientierung
             ist auch nicht der neue letzte Schrei. Kir-   an den milieu-spezifischen Bedürfnissen
             che neu zu denken, bedeutet hier: Kir-        gedeihen Fresh X-Gemeinden auf natürli-
             che zu entdecken, d. h. besonders dort        che Weise inmitten der Lebenswelten der
             am Puls zu sein, wo Gott gerade handelt       Menschen und sind daher in hohem Maß
             und etwas Neues aufbrechen lässt. Fresh       kontextuell.
             X-Initiativen verdanken sich nicht, oder
             zumindest nicht vordergründig, einem
             Aktionismus, sondern vielmehr dem auf-
             merksamen Hinhören auf die Bedürfnisse
             der Menschen und das göttliche Handeln.
             Fresh X-Gemeinden verstehen sich als
             neu aufbrechende Ausdrucksformen von
             Kirche für eine sich verändernde Kultur
             und sprechen primär Menschen an, die
             keinen Bezug zu Kirche haben.                 Das theologische Vorbild dieses Ansatzes
                                                           liegt in der göttlichen Inkarnation in Je-
             Allen Fresh X-Gemeinden liegen vier we-       sus selbst: Als Gott Mensch wurde, wur-
             sentliche Kennzeichen zugrunde. In Ab-        de er einer von uns. Gerade mit einem
             grenzung zu einem missionarischen An-         solchen inkarnatorischen Ansatz – so die
             satz, der darauf abzielt, Menschen in die     Überzeugung – kann die christliche Bot-
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             aussendende Gemeinde zu integrieren,          schaft direkt bei den Menschen Wurzeln

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             schlagen und ihr lebensveränderndes Po-        treter eben nicht von einer Kirche Gottes,
             tenzial entfalten. Mit diesem Bild aus der     die auch missionarisch tätig ist, sondern
             Botanik ist gleichsam das vierte Kennzei-      von einem Gott der Mission mit einer
             chen von Fresh X-Gemeinschaften ange-          Kirche in der Welt. Dieser Paradigmen-
             deutet, die Gemeindebildung. Bei Fresh X       wechsel zeichnete sich zwar schon in den
             geht es eben nicht um punktuelle Aktio-        1950er-Jahren innerhalb der deutsch-
             nen, auf die der anschließende Rückzug         sprachigen Theologie ab, gewann aber
             in die Heimatgemeinde alternativlos folgt,     im Zusammenhang mit Fresh X mit dem
             sondern vielmehr um Initiativen und Pro-       im Jahr 2004 von der anglikanischen Kir-
             jekte, die durch authentische Beziehun-        che herausgegebenen „Mission-shaped
             gen, gemeinsame Interessen und leben-          Church“-Report neu an Bedeutung für
             dige Glaubenspraxis selbst zu Gemeinden        eine breitere Masse. Das rund 200-sei-
             wachsen.                                       tige Papier problematisiert den Innova-
                                                            tionsdruck, dem sich die anglikanische
             Der Fresh X-Ansatz will damit Traditionel-     Kirche durch eine sich zunehmend ver-
             les weder ablösen noch abwerten, son-          ändernde Gesellschaft ausgesetzt sah.
             dern die Vision einer Kirche in vielfältiger   Die Ausdifferenzierung der Gesellschaft
             Gestalt, einer sogenannten Mixed Eco-          in unterschiedliche Subkulturen und Mi-
             nomy, betonen. So wie etwa ein funktio-        lieus mit je eigenen Gesetzmäßigkeiten
             nierender Turmdrehkran einen stabilen,         und Bedürfnissen und der damit einher-
             fest verankerten Turm und einen mög-           gehende Verlust einer gemeinsamen gro-
             lichst weitreichenden Ausleger braucht,        ßen Erzählung stellte die anglikanische
             so braucht auch Kirche sowohl gefestigte       Kirche vor eine Frage, mit der wir uns
             Parochien als auch neue Ausdrucksfor-          auch in Österreich konfrontiert sehen:
             men, um ihrem Wesen treu bleiben zu            Welche Sozialformen braucht es, um als
             können. Fresh X-Gründungen zehren von          Kirche relevant zu sein? In diesem Licht
             dem Rückhalt, der Stabilität und den Res-      erscheint der Fresh X-Ansatz daher zu-
             sourcen der Ortsgemeinden. Umgekehrt           nächst als Chance, Menschen mit der
             brauchen auch die Ortsgemeinden Ausle-         Botschaft Jesu Christi heute bekannt zu
             ger in Form von neuen Ausdrucksformen,         machen und Kirche im Sinne des Wortes
             um ihren Radius ausweiten und sich wei-        zu bleiben.
             ter entwickeln zu können.

             An der Basis des Mixed Economy-Ge-
             dankens steht das theologische Konzept
             der Missio Dei. Dieses besagt, dass die
                                                                              Mag. Siegfried Kröpfel
             Kirche keine Mission hat, sondern ihrem
                                                                              ist Religionslehrer an höhe-
             Wesen nach Mission ist. Mission hat ihren                        ren Schulen in Oberöster-
             Ursprung nicht in der Aktivität der Kirche,                      reich und als Delegierter
             vielmehr ist Gott selbst Ausgangspunkt                           des Werks für Evangelisa-
             und Subjekt der Mission. Der dreieinige                          tion und Gemeindeaufbau
                                                                              (WeG) Gründungsmitglied
             Gott ist Sendender und Gesandter zu-
                                                                              des 2017 in Deutsch-
             gleich. Wie mich der Vater gesandt hat,                          land gegründeten Vereins
             so sende ich euch (Joh 20, 21). Vor die-                         „Fresh X Netzwerk“.
             sem Hintergrund sprechen Fresh X-Ver-
                                                                                                                  17

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K    I   R   C    H      E   I   N    N   Ö

                       Niederösterreichischer Kirchentag
                         in der Römerstadt Carnuntum
                                                     Christine Wogowitsch

                                           Römerstadt Carnuntum.
                           Unter dem Motto „Sonne und Schild“ feierten am 31. Mai
                          die Evangelischen des Burgenlandes und Niederösterreichs
                                  gemeinsam den diesjährigen Kirchentag.

                                     Den Festgottesdienst feierten 1300 Personen im Festzelt.
                                                       (Fotos digifoto helmreich)

             Den Festgottesdienst feierten 1300 Per-                  des Gottesdienstes wurde den Gottes-
             sonen im Festzelt. Die Festpredigt wurde                 dienstbesuchern eine Freecard mit dem
             in dialogischer Form von Superintendent                  Motto der Festpredigt als Erinnerung
             Lars Müller-Marienburg und Pfarrerin                     überreicht.
             Anna Polckova aus Bratislava zum Motto
             des Festes gestaltet. Zwei Cartoonisten                  Für Kaffee, Kuchen, Sekt und Wein sorg-
             zeichneten simultan die Festpredigt als                  ten die Mitglieder der Pfarrgemeinde an
             modernes Altarbild.                                      mehreren Bars, die aufgrund des herrli-
                                                                      chen Wetters regen Zuspruch fanden.
             Für die musikalische Umrahmung des
             Gottesdienstes sorgten Chöre aus Nie-                    Anlässlich der Weihe der Truhenorgel
             derösterreich und der Posaunenchor                       für die Martin-Luther-Kirche in Hainburg
             Zurndorf unter der musikalischen Lei-                    konzertierten Maria Magyarova-Plseko-
             tung der Diözesankantorinnen Sybille                     va (Orgel), Martin Mairinger (Tenor) und
  18

             von Both und Mareen Osterloh. Am Ende                    das „Mucha-Quartett“. Dabei bestimm-

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K   I   R   C   H   E    I   N       N Ö

                                                                                 Kunst und Kultur
                                                                                 mit regionalen und
                                                                                 kulturhistorischen
                                                                                 Bezügen zum Aus-
                                                                                 tragungsort      be-
                                                                                 stimmten das übrige
                                                                                 Tagesprogramm. So
                                                                                 konnte den ganzen
                                                                                 Nachmittag über ein
                                                                                 umfangreiches Füh-
                                                                                 rungs- und Vortrags-
                                                                                 programm durch die
                                                                                 Römerstadt angebo-
                                                                                 ten werden. Vorträ-
                                                                                 ge zum Römischen
                    Viele Ehrengäste konnten an diesem Tag begrüßt werden.
                                                                                 Recht, zum Früh-
                                                             christentum und zu den Römern sowie
                                                             zur Vier-Kaiser-Konferenz wurden über
                                                             den gesamten Nachmittag verteilt in der
                                                             kleinen Arena beim Monument in der Rö-
                                                             merstadt präsentiert.

                                                           Zusätzlich wurde ein Bustransfer nach
                                                           Hainburg angeboten, wo das Kulturdenk-
                                                           mal „Martin-Luther-Kirche“, ein von COOP
                Ein umfangreiches Spiele-, Verkleidungs-   Himmelb(l)au konzipierter und vielfach
                 und Sportprogramm für die Kinder und
                                                           ausgezeichneter Bau, bei einer geführten
              Jugendlichen sowie köstliche Snacks mach-
               ten den Nachmittag besonders kurzweilig.    Tour besichtigt werden konnte.
             ten Orgelwerke von Joseph Haydn das
                                                           All jenen, die zum Gelingen des Festes
             Programm. Die Nachbarländer Slowakei,
                                                           beitrugen, sei an dieser Stelle besonders
             Ungarn und Tschechien traten sowohl
                                                           herzlich gedankt.
             beim Markt der Möglichkeiten als auch im
             künstlerischen Programm aktiv auf. Ziel
                                                           Sammeln Sie weitere Eindrücke vom Fest
             war es, Offenheit und gelebte Freund-
                                                           unter
             schaft gegenüber unseren östlichen
                                                           http://www.sonne-schild.at/gallery.html
             Nachbarn zu zeigen und neue Möglich-
                                                           http://www.sonne-schild.at/bilder-vom-
             keiten zur Stärkung der regionalen Ver-
                                                           fest-kinder.html
             bundenheit zu geben.
                                                                 Mag. Christine Wogowitsch ist Kuratorin der
             Parallel zum Festgottesdienst feierten                            Evangelischen Pfarrgemeinde
             120 Kinder in der Therme der Römer-                               Bruck/Leitha-Hainburg/Donau
             stadt einen bewegenden Kindergottes-
             dienst unter der Leitung von Pfarrerin Iris
                                                                                                                    19

             Haidvogel.

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M    I   L   I   T Ä      R   S   E   E L   S O   R   G   E

             ▶ „Emotionen“
                     Case Management
                 Militärlektor Vzlt. Johann BRUNNER

             Der Abschluss der Case Management-Aus-
             bildung meiner Tochter erfolgte durch
             eine praktische, dokumentierte Fallarbeit
             im Zertifikationslehrgang.

             Mit dem Begriff Case Management wird
             eine Arbeitsweise bezeichnet, mit der die
             durchzuführende Hilfestellung im spezi-
             fischen, psychosozialen, medizinischen               Wir Menschen zeichnen uns dadurch aus,
             und pflegerischen Bereich für den Klien-             dass wir Glück, Schuldgefühle, Freude,
             ten koordiniert wird.                                Trauer, Mitleid, Kummer, Liebe, Ärger und
                                                                  Begeisterung empfinden können. Emotio-
             Als Leitprinzip und Ziel für den Klienten            nen sind gewöhnlich kurze, jedoch inten-
             gilt die „Hilfe zur Selbsthilfe“, um ein             sive Erfahrungen, die von uns bewusst
             selbständiges Leben führen zu können.                wahrgenommen werden. Normalerweise
             Das bedeutet z. B. Information, Beratung,            werden sie durch bestimmte Ereignisse,
             Unterstützung, Förderung, Ermutigung,                Dinge oder Personen hervorgerufen.
             Steuerung, Einfühlungsvermögen, …
                                                                  Menschen sind emotionale Wesen. Die
             Der Teilbereich „Die Psychologie der                 hervorgerufenen Emotionen haben im-
             Emotionen“ ist für die Arbeit als Seel-              mer eine Wirkung, selbst wenn wir ver-
             sorger von sehr großem Interesse, da es              suchen, diese zu unterdrücken.
             wichtig ist, die uns Anvertrauten zu ver-
             stehen und dadurch eine Basis des Ver-               So ist es für jeden Einzelnen wichtig, bei
             trauens aufzubauen.                                  Problemen nicht in seiner Gefühlswelt zu
                                                                  versinken, sondern seine emotionale Dis-
             Beim Kennenlernen der Soldaten und                   tanz zu bewahren.
             Soldatinnen ist nicht nur wichtig, sich auf
             seine Menschenkenntnis zu verlassen,                 Nicht alles zu ernst zu nehmen,
             hilfreich ist auch das                               hilft wie manchmal ein „NEIN“.

             •         Wissen über Emotionen,                      Um wieder ins Gleichgewicht zu kommen,
             •         Erkennen von Emotionen,                     ist regelmäßige körperliche Bewegung in
             •         Kontrollieren von Emotionen,                der Natur sehr empfehlenswert, und mit
                                                                   Freunden macht es noch mehr Spaß.
             um Anliegen, Probleme oder Sorgen zu                 ­Gesundheit ist auch Freiheit.
             erkennen und mein Gegenüber für mich
  20

             zu gewinnen.

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G      E   M E   I   N   D   E   M   O   S   A   I   K

                      ▶ Berichte aus den Gemeinden
                                    Niederösterreichs
                                            Redigiert von Birgit Lusche

                             Konfirmandentage in Niederösterreich

                                                  Es bleibt alles anders.
                                Stell’ dir vor, es ist Konfitag, und fast alle gehen hin!
                                                      (Foto: privat)

             Am 13. April fand die siebente Aus-               Am 5. Mai fand dann der Konfitag
             gabe des „großen“ Konfitages der                  Krems der Regionen Ost und West
             Region Süd in Wiener Neustadt                     statt.
             statt.
                                                               Die Anzahl der TeilnehmerInnen war zwar
             Nach einer bewegt-bewegenden Ein-                 geringer, die Anfahrtszeiten dafür um ei-
             stimmung in der Kirche folgte ein Work-           niges länger. Umso mehr hat es sich be-
             shop-Programm von der Spitze des                  währt, dass der Konfitag seit dem letzten
             Kirchturms bis zum letzten Winkel des
             ­                                                 Jahr einen ganzen Tag dauert und die
             riesigen Gemeindeareals. Die Themen               Workshops zeitlich verlängert wurden.
             reichten von den „besten Kurzfilmen               Inhaltlich ging es u. a. um die Ausein-
             der Welt“ über Gemeinschaftsspiele und            andersetzung mit Gefängnisseelsorge,
             Bogen­schießen bis zum Mitarbeiterinnen-          die Analyse und Diskussionen von Kurz-
             workshop mit Lars Müller-Marienburg.              filmen, Kooperationsspiele und Kreativ-
             Der Tag endete mit dem Jugendgottes-              workshops. Und zum Abschluss folgte
             dienst und dem großen Bratwurstessen              die legendäre Konfi-Paradeiser-Predigt im
             im Garten.                                        Jugend­gottesdienst.
                                                                                                                              21

                                                                                                     Michael Simmer

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G   E   M E    I   N D   E   M O   S   A I   K

                  Tag der „Vergebung“                                  Sommerkonzert
            Laab im Walde. Die Teilnehmerinnen                  Traisen. Am lauen Frühsommer-
            und Teilnehmer des Seminartages                     abend des 8. Juni fand auf dem Platz
            am 21. April, den die CLS (Christ-                  vor der Auferstehungskirche in Trai-
            liche Initiative für Lebensberatung                 sen das traditionelle Sommerkon-
            und Seelsorge) veranstaltet hat,                    zert der Pfarrgemeinde St. Aegyd-­
            widmeten sich dem Thema „Verge-                     Traisen statt.
            bung“.
                                                                Die Gruppe „Trio Bacana“ mit Walter Tie-
            Jeder Mensch ist in seinem Leben mit                fenbacher und Otto Jezek an den Gitar-
            der Notwendigkeit zwischenmenschlicher              ren und Raphael Schwab am Kontrabass
            Vergebung konfrontiert. Die Sehnsucht               sorgte mit der feinen Musik des Gipsy
            nach Harmonie ist so menschlich, wie es             Swing, des Bossa Nova und des Flamen-
            menschlich ist, dass sie weitgehend un-             co für Stimmung und Lebensfreude unter
            erfüllt bleibt. Vergebung bleibt eine He-           den zahlreichen Besuchern. Auch Musik
            rausforderung, die uns ganz erfasst und             von George Gershwin hatte das Trio in
            entsprechend schwer sein kann.                      ihrem Repertoire.
            Die Neigung, Abkürzungen
            einzuschlagen oder schnel-
            le Lösungen herbeiführen zu
            wollen, ist allzumal gegeben.
            Oft sind der Wunsch und das
            religiöse Ideal schneller als
            unsere Wirklichkeit.

            Am Seminartag haben wir uns
            dem Thema „Vergebung“ als
            einem prozesshaften Vorgang
                                            Niveauvolle Musik und gute Stimmung versprechen die
            gewidmet. Das ist nicht nur      Konzerte und Lesungen in der Auferstehungskirche in
            über kognitive Auseinander-                      Traisen. (Foto: privat)
            setzung geschehen, sondern
            auch spielerisch und erfahrungsbezogen, Die Grillmeister der Gemeinde, Kurt und
            indem etwa durch Rollenspiele typische Manfred, und das Bier vom Fass mach-
            Abkürzungswege humorvoll dargestellt ten den Abend auch kulinarisch zu einem
            wurden.                                    Fest.
            Von den 18 Teilnehmenden waren einige               Nachdem die Musiker mit Mozarts „Rondo
            aus evangelischen Gemeinden. Im Sep-                alla turca“ als Zugabe virtuos beweisen
            tember beginnt eine Ausbildung zur be-              konnten, dass sie auch Klassik im Gepäck
            gleitenden Beratung und Seelsorge im                haben, saßen die Gäste in der warmen
            gleichen schönen Ambiente des Semi-                 Sommernacht noch lange gemütlich bei-
            narhauses der Barmherzigen Schwestern               sammen.
            (www.cls-austria.at).                                                             Heide Bamer
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                                             Markus Fellinger

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G   E   M E   I   N   D   E   M   O   S   A   I   K

                                „Bevor ma wos nachsogt …“ –
                             Naßwalder Schule im Berggottesdienst
               Der kurze Regenschauer am 3. Juni machte den fast 300 gut ausgerüste-
              ten Teilnehmern des 42. Naßwalder Berggottesdienstes am Gscheidl über-
               haupt nichts aus, zumal ansonsten wieder einmal „evangelisches Wetter“
                                             herrschte.

             Eingebettet in die Liturgie, die Pfar-     wos nachsagn kann, braucht ma do net
             rer Andreas Lisson zusammen mit dem        denkn!“ – Schüler Georg („Raxkönig“
             Naßwalder Lektor Robert Schneeberger,      Hubmer): „Öha, do liegst oba falsch!
             dem Naßwalder Theaterverein und der        Grod bevor ma wos nachsogt, muaß ma
             Sän­gerrunde Schwarzau im Gebirge ge-      besunders guat denken!“ Diese beiden
             staltete, hielt Superintendent Lars Mül-   kurzen, nebensächlich scheinenden ­Sätze
             ler-Marienburg seine erste „Gschoarl-­     griff der Prediger spontan auf, um die
             Berg-Predigt“.                             Wichtigkeit des von den Evangelischen
                                                        so forcierten Bildungswesens zu unter-
             Der Naßwalder Theaterverein brachte
                                                        streichen.
             zuvor eine humorvolle, aber tiefsinnige
             Szene aus dem Theaterstück „Der Rax-       Bereichert und erbaut von diesem span-
             könig, Teil 2“, in dem Lehrer Kaspar im    nenden Lehrstück hatte man sich dann
             gerade neu errichteten Naßwalder Bet-      eine kräftige Jause redlich verdient und
             haus (1826) seinen Schülern – allesamt     verweilte noch lange und fröhlich im
             gestandene Holzknechte – verzweifelt       herrlichen „Pausenhof Natur“. – Nächstes
             das Lesen und Schreiben beizubringen       Jahr: 2. Juni!
             versucht: Schüler Pehofer: „Wenn ma
                                                                                                                     23

                                                                                                          red

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G   E   M E    I   N D     E    M O   S   A I   K

                       „Goldene Kelle“                              Jugend heute in Mödling
                        für Mitterbach                              Mödling. 47 Jugendliche sprachen
                                                                    ihr großes „Ja!“ zum Glauben und
            Schloss Weitra. Am 8. Juni wurde im
                                                                    zur Evangelischen Kirche bei der
            Rahmen eines Festaktes die „Golde-
                                                                    Konfirmation in Mödling am Pfingst-
            ne Kelle“, die höchste Auszeichnung
                                                                    sonntag.
            des Landes Niederösterreich für he-
            rausragende architektonische Ge-
                                                                    4,8 Stunden verbringen Mädchen im
            staltung, vergeben.
                                                                    Schnitt täglich in sozialen Netzwerken,
                                                                    und ca. 4,1 Stunden verbringen Bur-
            Jedes Jahr werden im Magazin „Nieder-
                                                                    schen in dieser Sache. Eine Studie zeigt
            österreich GESTALTE(N)“ zahlreiche Ar-
                                                                    aber, dass sie ganz besonderen Wert auf
            chitekturbeispiele aus Niederösterreich
                                                                    Freunde und Familie legen.
            vorgestellt. Die Jury bei der Wahl zur
                                                                    Das war bei den diesjährigen Konfis deut-
                                                                    lich zu bemerken. Sie haben Freude ge-
                                                                    habt, mit anderen beisammen zu sein.
                                                                    Sie waren neugierig und hatten auch im-
                                                                    mer wieder spezielle Fragen. Ihr Interes-
                                                                    se war in sichtbarer Weise für Religiöses
                                                                    geweckt.
                                                                                            Ingeborg Reinprecht

                                                                          Der weise Abraxas zitiert
               Superintendent Lars Müller-Marienburg,                        Albert Schweitzer:
              Presbyter Martin Weber und Fabian Fluch,
             Gemeindevertreterin Brigitte Nutz, Pfarrerin
             Dr. Birgit Lusche, Bürgermeister Alfred Hin-
               terecker und Architekt DI Ernst Beneder
                                 (Foto: privat)

            „Goldenen Kelle“ sind die Leser des Ma-
            gazins. Die Eigentümer, Planer und Ge-
            meinden jener Objekte, welche die meis-
            ten Stimmen erhalten, werden mit der
            „Goldenen Kelle“ ausgezeichnet. Für das
            Jahr 2017 betraf dies acht Projekte.                       Wer glaubt, ein Christ zu sein,
                                                                        weil er die Kirche besucht,
            Landeshauptfrau Dr. Johanna Mikl-Leitner
            verlieh Pfarrerin Birgit Lusche den Preis
                                                                                irrt sich. –
            für die historische Renovierung der evan-                  Man wird ja auch kein Auto,
            gelischen Kirche in Mitterbach.                            wenn man in die Garage geht.
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                                                              red

suNews3_18_21bis24.indd 24                                                                                        17.08.18 12:44
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