Bouqu t SPEZIAL DAS LEBEN IM ZEICHEN DER PANDEMIE DAS LEBEN NEU DENKEN - DKV-Residenz in der Contrescarpe
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SONDERAUSGABE > MAGAZIN / FEBRUAR 2021 Bouquet SPEZIAL DAS LEBEN IM ZEICHEN DER PANDEMIE DAS LEBEN NEU DENKEN
Editorial Liebe Leserinnen und liebe Leser. Das neue Jahr ist da. Das ist jetzt zwar keine Über- „Wenn ich (…) feststelle, ihr habt mich eingeschlossen, raschung, aber diesmal hat es noch mehr Bedeu- bin ich darum nicht meiner Freiheit beraubt.“ tung als sowieso schon. Denn es ist das Jahr nach Joseph Beuys, deutscher Künstler (1921-1986) einer Zeit voller Veränderungen und Ungewohn- tem. Wahrscheinlich bleibt auch in den nächsten Das Covid-19-Virus stellt eine Zäsur dar. Was im Monaten noch vieles anders, aber es wird auch Frühjahr 2020 noch selbstverständlich erschien, vieles besser und normaler werden. Weil wir ge- ist heute in vielen Ländern unter Strafe gestellt. lassener sind. Der Wunsch, der Bekämpfung des Virus alles an- dere unterzuordnen, ist verständlich. So wurden Weil wir gelernt haben, mit außergewöhnlichen und werden auch in demokratischen Staaten Bür- Situationen umzugehen. gerrechte außer Kraft gesetzt. Die wirtschaftliche Weil wir mehr auf uns vertrauen und auch wissen, Freiheit wird eingeschränkt. Wahrscheinlich gab was uns wichtig ist. In diesem Sinne halten wir es es noch nie in der Geschichte eine solch globale mit Christian Morgenstern, der einst schrieb: und gleichzeitig stattfindende Einschränkung der individuellen Freiheit. „Wir brauchen nicht so fortzuleben, wie wir gestern gelebt haben. Macht euch nur von dieser Anschauung „Was ich erwünsche vom neuen Jahr? los und tausend Möglichkeiten laden uns zu neuem Dass ich die Wurzeln der Kraft mir wahre, Leben ein.“ Festzustehen im Grund der Erden. Nicht zu lockern und morsch zu werden. Wir finden: Dieses Zitat eignet sich hervorragend Mit den frisch ergrünenden Blättern ...“ als Motto für 2021. Die Zeilen entstammen dem Gedicht „Mein Neujahrs- Unser wichtigstes Gut ist die persönliche Freiheit. wunsch“ von dem Lyriker Karl Henckell (1864-1929) Für Bremen könnte dieses Gefühl niemand besser repräsentieren als der Bremer Roland. Das hanse- atische Symbol für Freiheit. Nichts schien uns Viel Freude mit BOUQUET Spezial! darum passender, als den Roland für das Titelbild „BOUQUET SPEZIAL“ auszuwählen. Herzlichst Sven Beyer - Geschäftsführer l Residenzdirektor Angela Bauriedl - Redaktion BOUQUET 3
Inhalt An der Hand 06 des kleinen Virus gehen... Wie die „Bremer Stadtmusikanten“ 08 in die Küche kamen 10 8 Sprüche 2021 Ein Wiedersehen 11 mit Witz und Humor in Bremen Wie die „Bremer Stadtmusikanten“ in die Küche kamen 12 Verdammt, Zuhause zu bleiben 13 Es war einmal 14 Das Art Déco Festival in Napier 12 Das Art Déco Festival in Napier 16 UR-GEHDICHT 17 HEIMATKUNDE 18 Blumen das Lächeln der Erde 18 Blumen das Lächeln der Erde 4
An den Wasserläufen des 25 Bürgerparks Stadtmusikanten 31 im Untergrund 34 Feierabendweg 36 38 Die Fallturm-Geschichte Der Bremer an sich... 31 Stadtmusikanten im Untergrund 40 Tierisch bremisch - Unsere Begleiter auf 4 Pfoten Aus Liebe zur Natur 44 und zum Genießen Bremer Kaffeemanufakturen 46 Den Sommer einfangen - Erdbeermarmelade 12 46 Das Art Déco Festival in Napier Schokoladenkuchen - 49 Liebe geht durch den Magen Den Sommer einfangen 50 Dankeschön 5
Prof. Dr. Annelie Keil An der Hand des kleinen Virus gehen… Als kleines Kind musste man immer wieder an der Hand von Erwachsenen gehen, Vater oder Mutter, Oma oder Opa, Tante oder Onkel und anderen. Und immer wieder wollte man all diese Hände beim Spazierengehen bald wieder los- lassen, weil sie lästig wurden, uns einengten, den freien Lauf in die Welt hinein kontrollierten. „Hänschen klein, ging allein, in die weite Welt hinein. Stock und Hut stand im gut, er war wohl- gemut…“. Das galt auch für Gretel. Natürlich wollten und wollen die jeweils für unser Wohl zuständigen Erwachsenen immer nur das Beste für uns und um das umzusetzen und zu garan- spüre jeden Tag neu, wie sehr das kleine Virus mit tieren, müssen sie ihrer Ansicht nach zeitweiser der großen Wirkung in meine seelischen geisti- Aufsicht und Kontrolle übernehmen. Das wollen gen und sozialen Gemütslagen eingreift, mich auf Bundeskanzlerin, Ministerpräsidenten, unser eine spezifische Weise an die Hand nimmt und Bürgermeister und die Gesundheitssenatorin mehr auf sehr unterschiedliche Weise auf mein auch. In diesen Tagen habe ich jetzt sogar als körperliches, geistiges und seelisches Gleich- über 80-Jährige mit Vorerkrankungen per Post gewicht als etwa die notwendigen, manchmal Gutscheine für die richtigen Masken von der durchaus widersprüchlichen Schutzmaßnahmen Bundesregierung erhalten, und ich musste mich des AHA (Abstand, Hygiene, Atemmaske) oder freundlich schmunzelnd an die Lebensmittel- der Einschränkung der Bewegungsräume, gegen marken nach dem zweiten Weltkrieg erinnern. die ich mich nicht wehre. Dass Läden geschlos- sen bleiben, beunruhigt mich wegen der Zukunft Immer wieder gehen wir im Lauf des Lebens ge- derer, die dort arbeiten. Dass Kinder kaum noch wollt und ungewollt an der Hand anderer Men- mit ihren Freunden spielen können, macht mich schen. Zwischen Geburt und Tod sind wir immer unendlich traurig. Dass meine Künstlerfreunde wieder, vor allem aber in Krisenzeiten, im Äl- nicht wissen, wie sie ihre Miete bezahlen sollen terwerden und im Alt-sein auf die stützenden, und probend vor sich hinspielen, ohne dass sie tröstenden, helfenden Hände anderer ange- von einem Publikum gehört werden, treibt mich wiesen. Auf die der Partner, der Kinder und um, während ich privilegiert im Sessel hocke und Enkelkinder, der Ärzte und Pflegekräfte oder die besten Aufnahmen der Welt auf CD höre! der Physiotherapeutin, die uns nach einer schweren Operation langsam Schritt für Schritt Wie immer im Leben, besteht die Lebensaufga- über den Krankenhausflur begleitet. be darin, sich in Krisenzeiten und bei heraus- fordernden Veränderungen, die die eigenen In Pandemiezeiten drehe ich nun hochbetagt Routinen in Frage stellen, sich auch in das eige- auf Abstand, mit vorschriftsmäßiger Maske und ne Leben neu einzudenken, mitzudenken, um- wachsam, jemand könnte mir zu nahekommen, denken, vor allem anders und gegen den Strich manchmal an der Hand meiner jüngeren Freunde denken, wenn es nötig erscheint, um selbst am meine einsamen Runden in der frischen Luft und Drücker des Geschehens zu bleiben. Natürlich 6
ist es gewöhnungsbedürftig, wenn man unvor- der „sozialen Distanz“, in dem alte Menschen bereitet plötzlich Mitglied einer speziellen Sorge- oft, schon lange vor der Pandemie, lebten und und Versorgungsgruppe wird, deren Zugehörig- auch nach ihr leben werden. keit mit Zuschreibungen, Risiken, Bewertungen, Vor- und Nachteilen verbunden ist. Menschen ab Ich gehöre zur Gruppe der Krebs-, Herz- und 65 Jahren wurden im Schatten des kleinen Virus Diabetespatienten, Schilddrüse und Galle fehlen zu einer Risikogruppe. Die älteren Menschen mit mir auch. Wolken dunkler Stimmungen kommen Vorerkrankungen wurden noch risikoreicher. und gehen. Auf diese Weise bin ich statistisch Dann schaute man auf diejenigen, die in Alten- gesehen mit und ohne Symptome aus vergange- und Pflegeheimen, aber auch auf die, die in nen Zeiten nachweisbar ein chronisches Risiko. Residenzen oder anderen Einrichtungen gemein- Das macht mir zwischendrin immer wieder Sor- schaftlichen Zusammenlebens leben, mit be- gen, erzeugt manchmal akute Ängste und macht sorgter Miene. Es ist gar nicht leicht, das mich als Kriegs- und Flüchtlingskind immer wie- Besorgniserregende von Lebensformen zu der auch hilflos und ärgerlich gegenüber meiner definieren und zu bestimmen, wer zu welchem Mitwelt, wenn ich manche Wehklagen im Um- Risiko gehört und wie man das in einen Maß- gang mit der Pandemie höre. Aber das Wissen nahmekatalog umsetzt. Alle sprachen von und die Erfahrung, dass Leben Gesundheit ge- Angehörigen, aber weniger davon, dass nicht fährdet, dass Leben selbst nichts versprochen nur viele alte Menschen in und außerhalb von hat und der Mensch bis zum letzten Atemzug die Einrichtungen leben, gar keine pflegenden An- jeweiligen Lebensaufgaben anzunehmen und gehörigen haben, sondern von ganz anderen mit Hilfe und an der Hand anderer Menschen Menschen versorgt werden, die ihnen die Hand zu meistern hat, bleibt eine Quelle meiner Hoff- reichen oder beistehen. nung und meiner Freude am Leben. Es gibt viele „Zugehörigkeiten“, die von Vorteil Seit langem, aber besonders in den letzten oder von großem Nachteil sind. In allen Zeiten, Monaten, begleitet mich im Internet an jedem aber gerade auch in Krisen wie einer Pandemie, Abend eine der vielen Variationen zum macht es einen Unterschied, ob ich nicht nur alt, Lied von Dietrich Bonhoeffer: sondern zusätzlich arm, behindert, chronisch krank, alleinlebend, wohnungslos bin. Dass Ar- mut im Alter weiblich ist, gehört zu den wissen- Von guten Mächten treu und still umgeben. schaftlich erwiesenen Risikoerfahrungen hierzu- Behütet und getröstet wunderbar. lande. Alte, vor allem alleinstehende Menschen, bekommen das in Corona-Zeiten besonders zu So will ich diese Tage mit euch leben, spüren, denn die freundlichen jungen Helfer, Und mit euch gehen in ein neues Jahr. die für sie einkaufen wollen, wussten bis dahin meistens nichts vom knappen Rentenbudget und 7
Karoline Lentz I Christine Renken Wie die „BREMER STADTMUSIKANTEN“ in die Küche kamen Klar erinnern wir uns alle noch an den Jahres- wechsel 2019/2020. Um Mitternacht wünschten wir uns ein „Frohes Neues Jahr“. In den Nachrichten, wir erinnern uns, tauchten plötzlich Wörter auf wie: „Wuhan“, „Virus“ und „Corona“. Wörter, die auf der anderen Seite der Erdkugel zu Hause schienen? Die Situation aller – der ganzen Welt - änderte sich flott. Während, die einen sich als Weltmeister im Über- bieten von Meldungen „Unsere Branche leidet am meisten“ und „Unsere leidet aber am alleral- lermeisten“ hervortaten, war und ist für uns – das THEATER INTERAKTIWo – das Motto klar: GEHT NICHT, GIBT ES NICHT. Mit großer Neugier und Freude stellten wir uns der Herausforderung. Wie sagte jemand so schön: „Analog können wir, dann probieren wir doch mal was digital so geht!“ Also ran an das Experiment. Stets im Hinterkopf, dass keine Kosten entstehen durften, belebten wir zunächst unseren INTERAKTIWo-Kanal auf YouTube. Sogar HEIN LOOPER – unsere Kunstfigur - hat seinen eigenen Kanal bekommen. Facebook, Instagram, LinkedIn und Pinterest (Anmerkung der Redaktion: Facebook, Instagram, LinkedIn und Pinterest sind die meistgenutzten Social Media Kanäle im Internet) - sind nicht mehr „entfernte Bekannte“, die man nur ab und an mal besucht. Jetzt sehen wir „uns“ täglich. Sogar mehrmals täglich. Natürlich, hat das nicht alles von Anfang an ge- klappt. Mit einem „Sack voller Erfahrungen“ machten wir uns an unser größtes Projekt: Wie bekommen wir unsere Aufführung der „Bremer Stadtmusikanten“ vom Domshof ins „Homeoffice“? 8
Für uns war es unvorstellbar, im Mai 2020 nicht in eine neue Freilicht-Saison auf der „Domshof-Bühne“ starten zu können. Da wir nie alle vier KünstlerInnen „in echt und miteinander“ im Homeoffice hätten spielen können und dürfen, gab es zunächst nur eins: Nähmaschine an! Die „Bremer Stadtmusikanten“ müssen „kleiner“ werden, so aussehen wie OSKAR, BENNO, WINNIFRED und LORENZO – unsere Handpuppen - und sie müssen leicht zu „bedienen“ sein. Zudem standen wir nun vor der Aufgabe, dass wir zu zweit alle vier Figuren spielen müssten. Schnell hatten wir die „Darsteller“ neugestaltet, aber wir hatten noch keine Bühne. Die Wahl fiel auf unsere Küche bzw. unseren Küchentisch. Unser Ziel war der LIVESTREAM. Jeden Sonntag um 12.00 Uhr sollte es auf unse- rer Facebook-Seite eine Vorstellung der Bremer Stadtmusikanten geben. Und zwar so lange, bis wir wieder auf dem Bremer Domshof spielen dürften. Zwei Monate lang, haben wir das Kon- zept - trotz mancher technischer Schwierigkei- ten - umgesetzt. Auf den Bildern kann man se- hen, wie das so war zwischen „Nutella-Glas“ und „Wachstuch-Decke“. Heute blicken wir mit Stolz darauf zurück, dass wir das geschafft haben. Von Woche zu Woche konnten wir uns über immer mehr Gäste im In- ternet – auf unserer Facebook-Seite - freuen. Ermutigt durch diese Erfahrungen, haben wir uns inzwischen eine kleine ONLINE BÜHNE zu- gelegt. Aktuell befinden wir uns in unserer ers- ten ONLINE-SPIELZEIT 2020/2021. (Nähere In- fos unter www.theater-interaktiwo.de) Zurückblickend fühlen wir uns einmal mehr da- rin bestätigt: GEHT NICHT, GIBT ES NICHT. YouTube: DIE BREMER STADTMUSIKANTEN IM HOME-OFFICE https://youtu.be/Y7LnwfUMIqs 9
Dr. Dirk Mittermeier Sprüche 2021 weiter“ oder „Ich ärgere mich nicht mehr über Dinge, die ich selbst nicht ändern kann“ oder „Wieviel Zeit Du noch hast auf der Erde, weißt Wer bei dem gerade überlebten Jahreswechsel Du nie“ hört man heutzutage häufiger, eine Dis- von 2020 auf 2021, wie zum Jahreswechsel kussion darüber ist quälend langweilig. allgemein üblich, gute Vorsätze gefasst hat (der 16. Januar gilt allgemein als der Viel mehr liebe ich Sprüche von heiterer Banali- „Wirf-Deine-Jahresvorsätze-über-Bord-Tag“), tät. Sie lenken unsere Gedanken in die Schmun- der findet derzeit erschwerte Bedingungen vor! zelzone. Ich sammle die Sprüche bei meiner Zei- Viele wohlgesetzte Ziele lassen sich unter den tungs- oder Buchlektüre. Hier eine sehr kleine vorgegebenen Beschränkungen nicht verwirkli- Auswahl zu Ihrer Erbauung: Von Wilhelm Busch chen. stammt dies: „Mit dem Bezahlen verplempert man das meiste Geld!“ Wie wahr! Wer sich zum Beispiel zur Überlistung eines in- neren Schweinetieres in einem Fitnessstudio an- Das erinnert mich an einen anderen Spruch von gemeldet hat, ein Boom zu jedem Jahresbeginn, dem ich nicht mehr genau weiß, woher ich ihn der hat den Schuss nicht gehört: Er muss gege- habe: „Was nützt einem das schönste Wetter, benenfalls wöchentlich/monatlich bezahlen, wenn es regnet“. Dies kommt mir immer in den ohne wegen des Lockdowns die Möglichkeiten Sinn, wenn die professionellen Meteorologen der Muckibude tatsächlich körperoptimierend mal wieder voll daneben lagen. nutzen zu können. Es bliebe also bei dem Spruch „Ich habe mich jetzt entschlossen, etwas für Zwischendurch eine dokumentierte Bemerkung meine Fitness zu tun“, den man voller Stolz meiner Ehefrau zu meiner stimmlichen, textsi- in sein persönliches Umfeld kommunizieren cheren Begleitung des Wham-Weihnachtsliedes kann und gleichzeitig wäre die einschränkende „Last Christmas“ im Radio vor dem Fest: Ausrede anwendbar, dass zurzeit ja leider keine „Wünschst Du Dir nicht manchmal insgeheim, Aktivitäten möglich seien. Im Übrigen ist es eine Du könntest singen?“ (Sie hat nichts zu Weih- Tatsache, dass durch die Neujahrsanmeldun- nachten bekommen!!). gen bei den Studios schon immer die meisten „Karteileichen“ entstehen: Mitglieder, die für ein Vielleicht am besten zu unserer momentanen paar Monate erscheinen und ein paar Schweiß- Corona-Situation passt ein Spruch des Kabaret- tropfen absondern, dann aber jahrelang nicht tisten Werner Finck: „Wer lachen kann, dort wo mehr dort gesehen werden, während die Ge- er hätte heulen können, bekommt wieder Lust bühren regelmäßig weiter abgebucht werden. zum Leben!“ In diesen Zeiten von Covid-19 haben Banalitä- In diesem Sinne, ich werde es ausprobieren! ten Hochkonjunktur. Sätze wie „Das Leben geht 10
Markus Maria Winkler I Jürgen Wegscheider Ein Wiedersehen Wir beide kennen uns bereits seit der Schau- spielausbildung in München, wo wir auch leben. Wir waren und sind in diversen Theaterengage- mit Witz ments und entwickelten eigene Bühnenpro- gramme, mit denen wir landauf, landab unter- wegs sind. Wenn wir in Bremen sind, dürfen nach der Vorstellung natürlich ein Besuch im Schnoor- und Humor viertel und im Ratskeller (Bremer Knipp und Nordseescholle – unverzichtbar!) nicht fehlen. Die Geschichte der „Bremer Stadtmusikanten“ in Bremen erzählen wir übrigens in unserem Programm „LiteraTierisches“, mit dem wir bereits seit 15 Jahren auftreten. „Dieses war der 1. Streich …“, so heißt es bei Wilhelm Busch. Wir, die Schauspieler Jürgen Auch dieses Jahr freuen wir uns auf ein Wie- Wegscheider und Markus Maria Winkler, durften dersehen mit Ihnen. Für den 21. Mai 2021 ist bereits mehrmals die Bühne in der Residenz an ein Kurt Tucholsky-Programm mit dem Titel der Contrescarpe betreten und mit einigen „Wo kommen die Löcher im Käse her?“ in der humoristisch-literarischen „Streichen“ aufwarten. Residenz in der Contrescarpe geplant. Das macht uns immer eine große Freude, da hier der unmittelbare Kontakt zum Publikum gegeben Wir wünschen Ihnen alles Gute und verbleiben ist und sich dadurch nach der Vorstellung auch herzlichst mit einem Zitat von William Shakespeare: Gespräche, ein Austausch und eine Begegnung „Humor ist eines der besten Kleidungsstücke, ergeben können. die man in Gesellschaft tragen kann“. 11
Dr. Béatrice Hecht-El Minshawi Verdammt, Zuhause zu bleiben Verhaltenskodizes in der arabischen Welt oder in Japan zu verstehen, auch. Und jedenfalls das Akzeptieren der eigenen körperlichen und psy- chischen Befindlichkeiten unterwegs, die selbst- verständlich nicht ausbleiben. Wie kann man danach Sehnsucht haben? Alles, was woanders fremd ist und beherrschbar, jede Grenze, die überwunden werden muss, um in der Fremde zu bestehen, erfordert oft Mut und will besiegt werden. Im Ausdehnen unserer Lebenswelt tanzen wir auf den Grenzen der Fremde und erleben uns bisweilen als Siegender. Und schon sind wir an Erfahrungen reicher. Darum geht es im Fernweh und das spüren be- sonders diejenigen, die es gewohnt sind, in der Fremde sich herausfordern zu lassen. Was macht die Reisepassion aus? Den Lebensraum zu erweitern. Durch das Andere Die derzeitige Nicht-Reisezeit liegt schwer auf in der Fremde Feedback auf sich selbst und das der Seele. Gemeint sind nicht Radtouren, Wan- Umfeld zu bekommen. Ist nicht die Erkundung derungen im Harz oder eine Schiffsreise auf dem des Lebens hier und das Hinterfragen manchmal Rhein und auch nicht eine Woche auf Kreta, son- notwendig? Also guck ich gerne übern Teller- dern der Hunger nach entfernten Welten jener rand der Lebensweise daheim: beobachte, Globetrotter, die mit allen Sinnen in die Ferne staune, wenn ich woanders bin und möchte reisen und wenn sie Glück haben, doch noch Fremden begegnen und Neues erfahren. Ich etwas Neues entdecken. würde gerne noch viele Regionen erkunden. Auch wenn fast jeder Zipfel der Erde schon mal Diese Nicht-Reisezeit gerade schmerzt, denn erkundet und dokumentiert wurde, habe ich Reisen ist mir lebenswichtig. Keine Reisen, kein noch lange nicht alle Flecken aufgespürt. Wie Schreiben darüber, kein Publizieren, keine Le- lehrreich war es während der bisherigen Fern- sungen. Solcherart Reisen müssen aber auch reisen dort, wo ich war, mich fremd fühlen zu trainiert sein, bevor sich Ängste einschleichen, dürfen, wo mich Eindrücke so überwältigt haben, man könnte es im Älterwerden nicht mehr schaf- dass ich es mit Grenzen zu tun bekam. Etwa fen. das Reisen und Überleben in der afghanischen Wüste Seistan oder das Entdecken unbekannter Vielleicht trösten doch Wanderungen im Um- Pflanzen und Tiere in Ozeanien, grelle Lichtver- land oder das Erinnern an vergangene Touren hältnisse, Schwüle und ungewöhnliche Düfte und Abenteuer, bis ein Licht am Ende des Tun- auf asiatischen Märkten. Auch die einzige weiße nels erscheint und der Rucksack wieder gepackt Frau unter schwarzen Menschen irgendwo in werden darf. Afrika zu sein, kann zur Herausforderung werden. 12
Dr. Béatrice Hecht-El Minshawi Es war einmal Damals, in den 60ern, als man sich die Flüge unserer Wegwerfgesellschaft und wenige zum im Reisebüro organisieren ließ und das Fliegen konsequenten Handeln. dann ein Abenteuer war. Fliegen war denjeni- gen vorbehalten, die zum Arbeiten in die Ferne Anfänglich fast unbemerkt wurde 2005 Atmos- reisten, nur wenige waren touristisch unterwegs fair (https://www.atmosfair.de/de/) gegründet. und über CO2- Sünden sprach noch niemand. Hier kann man einen Ausgleich gegen die indivi- duellen CO2-Sünden zahlen, wie etwa durch Flü- Später wurde Fliegen gewöhnlich, und langwei- ge und den sonstigen jährlichen CO2-Ausstoß. lig die Wartezeiten an den Flughäfen. Menschen, Mit dem Geld werden zum Beispiel internationa- die im Ausland zu tun hatten, waren unterwegs. le Projekte unterstützt, wie Umweltbildung, die Ich auch. Unser Leben wurde globaler, Tätigkei- Förderung von Biogasanlagen, Solarkochern, ten internationaler und Businessleute flogen hin Wasser- und Windkraft. Auf der Website von und her. Wenn ich unterwegs war, blieb ich eini- Atmosfair kann man sich bei Flugtickets den ge Jahre, Monate oder zumindest mehrere Wo- CO2-Fußabdruck je nach Entfernung, Sitzklasse, chen in Projekten und hängte an die berufliche Flugart und Flugzeugtyp ausrechnen. Tätigkeit den Urlaub an. Heute, in den 2020ern, sehen wir uns weltweit Dann kamen die Billigangebote der Airlines und durch Corona bedroht. Wir werden trotzdem Schiffsgesellschaften und der Massentourismus. weiterhin international leben und in der Globa- Viele waren gerne mit dem Flieger mal eben übers lisierung mitmischen. Es werden Menschen zu Wochenende unterwegs, ohne über CO2-Sünden uns kommen, wir werden woandershin gehen. nachzudenken. Die Diskussionen über zu viele Dennoch können wir als umweltbewusste Perso- Autos, Umweltverschmutzung, Hausdämmung, nen überlegen, was wir für den Schutz unseres Treibhausgase, Erderwärmung, abbrechende Planeten tun können. Manche benutzen weiter- Eisberge, zu viel Fleisch, zu viel Plastik, hin Plastik, andere wollen auf das Auto nicht Klimawandel, Ökostrom, ökologischer Fuß- verzichten. Einige werden zwar ihren Klima- abdruck, Klimaflüchtlinge und vieles mehr, sünder-Alltag konsequent bereinigen, und da ist zogen in unsere Sprache ein und motivierten viel zu tun, und werden trotzdem wieder fliegen. einige zum Nachdenken über den Zusammen- hang der Lebensverhältnisse in den reichen Auf das Gegensteuern und die Balance kommt und armen Ländern, über den Überfluss in es an. 13
Dr. Béatrice Hecht-El Minshawi Foto: Privat Das Art Déco Festival in Napier Wo Menschen ein paar Tage in ein anderes Jahrhundert schlüpfen Jahr für Jahr tanzen Ella und Tom nun schon Die Menschen leben gerne hier, Reisende sind beim Art Déco Festival in Napier. Beide um die willkommen und die, die übernachten wollen, 80 Jahre alt, schwingen sie innig und fließend freuen sich auf paradiesische Unterkünfte, wie miteinander im Sound der 20er und 30er Jahre. das Hill Haven auf dem Hospital Hill. Von hier- An der Ecke Emerson und Market Street begeis- aus lässt sich der Norden, Osten und Süden die tern sie das bewundernde Publikum, wenn sie im Stadt zu Fuß gut erkunden. Swing von Lindy Hop tanzen. Bei solcher Perfek- tion traut sich niemand sonst auf die Tanzfläche Das Erdbeben im Februar 1931 von 7,8 auf der und die beiden Alten genießen den Freiraum, Richterskala und dem folgenden großen Feuer den sie freilich ausfüllen können. Stundenlang. war ein Desaster. Besonders in Napier (geschätz- te rund 65.000 Einwohner*innen) wird der Ver- An der Ostküste der Nordinsel Neuseelands wird nichtung der Stadt mit dem bis zu fünf Tage dau- jährlich im Sommer das Art Déco Festival in der ernden Fest getrotzt. Dass Napier das Art Déco Hawke’s Bay Region gefeiert. Es ist ein finanz- Zentrum Neuseelands geworden ist, ist dem zur starkes Spektakel. Das nächste wird vom 17. bis Zeit des Wiederaufbaus modernen Baustil zu 21. Februar 2021 stattfinden. verdanken, dem Art Déco. Napier und das wenige Kilometer entfernte Aus dem verspielten Jugendstil entwickelte sich Hastings im Süden bilden The Twins im pulsieren- zur Jahrhundertwende in Frankreich der ele- den Ballungszentrum der Ostküste. Die Region gante Art Déco Stil. Klare, symmetrische Linien war Maoriland, das ab Mitte des 19. Jahrhunderts und leuchtende Pastellfarben setzten sich in der peu à peu von europäischen Siedlern in Architektur und Kunst als organisierendes Ge- Anspruch genommen wurde. Heute ist der staltungsprinzip durch. Viele Gebäude in Groß- Hafen in Napier wichtiger Umschlagsplatz der städten der Welt sind im Art Déco Stil erbaut. Produkte der Region, wie etwa Wein, Obst, Eben auch in Napier, besonders um die Emer- Wolle, Kunstdünger. son und Tennyson Street herum. Hier sollen 14
sogar Maorimotive integriert sein. Immerhin sind schätzungsweise 20 Prozent der Bevölkerung Maoristämmig. Beim Art-Déco-Festival dreht sich alles um den Lebensstil der 1930er Jahre. Die Stadt putzt sich liebevoll heraus, viele Art Déco Läden sind überfüllt mit Modeartikeln der damaligen Zeit, Locals aller Generationen und Reisende tragen sie, flanieren und genießen das außergewöhnli- che Treiben. „Fühlen sie sich verkleidet?“, frage ich. „Oh nein, beim Art-Déco-Weekend gehört das zu uns. Wir Kiwis sind so!“ Zu den zahlreichen, von Jahr zu Jahr mehr an- letzten Tag die Präsentation unzähliger Stände gebotenen indoor und outdoor Veranstaltungen am Strand der Marine Parade. Hier stellen Men- will niemand die Automobilia Vintage Car Parade schen aus, was sie aus der Art Déco Zeit haben, verpassen, wenn sich hunderte glänzende Einzelne, Paare, Familien oder Freunde insze- Oldtimer, älter als von 1946, durch die Straßen nieren sich stilecht gekleidet, zeigen stolz Mö- schlängeln und hupen. Neuere Modelle im bel, Geschirr, Nippes und Speisen der 30er Jahre nostalgischen Stil sind täuschend echt nach- und überbieten sich in Kreativität. Der Duft des gebaut und schleichen mit. Meeres in einer Brise erfrischt die Sommerluft und Musik erklingt, getanzt wird auch. Kinder freuen sich besonders auf das Seifenkis- tenrennen ulkiger, fahrbarer Kreationen. Nie- Ob Ella und Tom 2021 wieder dabei sein wer- mand will das missen und schon gar nicht am den? Es ist ihnen zuzutrauen. 15
ANNA RIBEAU Ur-GehDicht Gedicht Geh dicht geh dich an es geht dich an nahe heran an den Ort des Wo des Wortes den Urgrund --- geh dicht denn es ist nah dir Nadir der Punkt deiner Sole mit dem du auf dem Grund gehst den Dingen auf den Grund gehst im Leben stehst 16
HeimatKunde Heimat kundet Heimat kündet Heimat mundet Heimat mündet hier in dieser Mündung Mundus nehme ich den Mund voll vollmundig spreche ich vom geheimnisvollen GehHeim nis ins sin nvolle 17
SIBYLLE HAASE-KNELS Die Welt als Garten, nicht als Konstrukt. Wer hinsieht, sieht, dass die Welt ein Garten ist, ein Garten, in dem es keine geraden Linien gibt, in dem alles schön ist und in dem jede Blume, (…) ein Unikat ist. Franz Cesarz 18
Blumen das Lächeln der Erde 19
SIBYLLE HAASE-KNELS Wenn die Natur nicht so schön wäre, so wäre es nicht der Mühe wert, sie kennenzulernen. Henri Poincaré 20
Blumen das Lächeln der Erde 21
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Parkhotel 24
Isa Fischer I Heinrich Lintze An den Wasserläufen des Bürgerparks Eigentlich sind weite Teile des Bürgerparks eine Insel, die von einem langen Wasserlauf um- schlossen wird, der sich am Emma- und Meierei- see verdickt. Die Parkanlage ist fast 150 Jahre alt und entstand auf der ehemaligen Allmende, der gemeinsamen Weidefläche der Bremer Bürger, auf die sie seit dem Mittelalter ihr Vieh trieben. Als 1865 hier ein großer Schießwettbewerb stattfand, lief den Teilnehmern im heißen Som- mer der Schweiß von der Stirn, weil nirgends schattenspendende Bäume standen. So wurde die Idee eines großen Parks geboren, der sich federführend Franz Schütte und andere Bremer Kaufleute verschrieben. An der Emma-Bank am Emmasee, an der unse- re Wanderung beginnt, ist mit knappen Worten die Geschichte des Parks wiedergegeben: „Die Sage erzählt: Im Jahr 1032 hat den Bremern die Bürgerweide geschenkt Gräfin Emma von Lesum. Die Geschichte lehrt: Im Jahr 1159 hat den Bremern den Besitz der Weide bestätigt Erzbischof Hartwig I. von Bremen. Bremens Bürgerpark ward am 23. Juni 1866 begonnen Meierei von Bremens Bürgern für Herr und Gesinde, Mann, Weib und Kind – zu Nutz und Freud auf alle Zeit.“ Unseren Ausgangspunkt erreichen wir schnell von der Findorffallee. Das Caféhaus am Emmasee, an dessen west- lichen Seite sich die Bank befindet, ist ausge- schildert. Von hier sieht man „emma am See“, das 1963/64 hier errichtet wurde, nachdem der Vorgängerbau im Krieg zerstört wurden war. Die Bremer Architekten Budde und Schröck ent- schieden sich für einen strengen geometrischen Bau, dessen halbierte, flachliegende Würfel über dem Wasser zu schweben scheinen. Am Café vorbei erreichen wir die Melchersbrücke, von der aus in einer Sichtachse die Kuppel des Parkhotels und die Domtürme zu erkennen sind. Die rückwärtige Verlängerung dieser Li- nie führt zur Meierei, zu der wir später kommen werden. Wir halten uns nach Osten, und an der Marie-Bergmann-Brücke queren wir das Wasser. Der Weg führt durch einen Laubengang mit den Kulenkampfbänken – immer auf der westli- chen Seite – am 1903 gebauten Gerdespavillion Melchersbrücke 25
Meierei Tiergehege Melchersbrücke Parkhotel 26
Aussichtsturm Waldbühne Laubengang Marie-Bergmann-Brücke Heinrich-Heine-Bank 27
Marie-Bergmann-Brücke vorbei zum Meierei-See. Das gleichnamige Res- nomisch genutzt wird und sonntags zum Jazz- taurant im „Schweizer-Haus-Stil“ öffnet sich zur frühschoppen lädt. Stadt mit Terrassen, zum dahinter liegenden See mit einem Innenhof, in der der „Jüngling mit 1890 im Rahmen der „Gewerbe- und Industrie- der Schicksalsgöttin“ steht. An der Bezeichnung ausstellung“ entstanden, ist sie der einzig er- „Kuhstall“ des einem Seitenflügels erkennt man haltene Pavillon, der noch an das Großereignis noch den Verweis auf die frühere Nutzung des erinnert. Parallel zur Bahnlinie verläuft der – Bürgerparks. Bis 1900 wurden hier Kühe gehal- hier eher einsame – Weg und passiert das ten und Milch, Sahne und Schichtkäse verkauft. Wätjenhaus auf der anderen Seite des Wassers. Wir umrunden den kleinen See, passieren die Meierei-Villa und gelangen hinter dem Boots- An der Wiegandbrücke kommen wir an einer haus der „Marie“ wieder an den Wasserlauf. Erinnerungsbank an Heinrich Bulthaupt, den Das Ausflugsboot, das in den Sommermonaten Bremer Dramatiker aus der zweiten Hälfte des verkehrt, macht an vier Haltestellen Station. 19. Jh., vorbei. Am Tiergehege überqueren wir an der Hoffmann-Brücke das Wasser und gelan- Wir bleiben auf der inneren Umrundung, gewah- gen in südwestlicher Richtung zu unserem Aus- ren von Weitem die „Waldbühne“, die gastro- gangspunkt zurück. Laubengang 28
Waldbühne 29
Filmsequenzen (Ausschnitt) „Das Geheimnis des Bremer Lochs“ von Dirk Bergner 30
ANGELA BAURIEDL Stadtmusikanten im Untergrund Das Bremer Loch Mitten in der Bremer Innenstadt, am Rande des Die Idee für die in dieser Form bundesweit ein- Marktplatzes, befindet sich ein Loch. Es ist nicht maligen Spendensammelbüchse stammt vom irgendein Loch, sondern das sogenannte Bremer Designer Prof. Fritz Haase. „Aufgrund einer Kette Loch. Und es ist zum Glück abgedeckt, sodass von Assoziationen kam mir der Gedanke, das unaufmerksame Passanten nicht einfach ins Spendenaufkommen und die Einnahmequellen Nichts treten. Was es mit diesem Loch auf sich für die Wilhelm Kaisen Bürgerhilfe zu erhöhen“, hat? Ich habe mir das mal genauer angeschaut. erklärt Fritz Haase. Gemeinsam mit dem Diplom- Ingenieur Jochen Gieschler konzipierte er 2005 Die Bremer Stadtmusikanten sind in den Unter- das Bremer Loch. Doch die Umsetzung des grund gegangen. Die berühmte Sehenswürdig- Bremer Lochs gelang einzig durch die tatkräftige keit befindet sich zwar nach wie vor noch an der Unterstützung von Christian Weber, dem Seite des Rathauses, aber die vier Tierchen ha- damaligen Kuratoriumsvortandes des WKB und ben ihre Stimmen gewissermaßen einem Unter- Präsident der Bremischen Bürgerschaft. grund-Projekt geliehen: dem Bremer Loch. Das Bremer Loch könnte als eine in den Boden Das so genannte Bremer Loch ist 90 Zentimeter eingelassene akustische Sparbüchse bezeich- tief und hat einen Durchmesser von 50 Zenti- net werden. Und genau darum ging es der ini- metern. Es wurde im Marktplatzpflaster vor der tiierenden Stiftung damals. In Bremens größter Bürgerschaft eingelassen und ist auf den ersten „Sammelbüchse“ kommen jährlich mehrere Blick kaum von einem Gullydeckel zu unter- Tausende Euro zusammen. scheiden. Zum 132. Geburtstag von Bremens Ex-Bürger- Seit 2007 gibt es den etwas anderen Gullydeckel meister Wilhelm Kaisen wurde das Bremer Loch – wie ich ihn liebevoll nennen möchte. Das Be- von Christian Weber, dem damaligen Bürger- sondere an diesem Loch: Es kann krähen, miau- schaftspräsident, und Fritz Haase eingeweiht. en, bellen und sogar I-A sagen. Für die Gestaltung des Bremer Lochs ist das Dafür müssen Passanten es nur mit Münzen füt- Bremer Atelier für Gestaltung Haase & Knels tern. Nach jedem Münzeinwurf – Kronkorken zuständig gewesen, die 2008 dafür den absolut unerwünscht – löst eine Fotozelle die Marketing-Innovationspreis des Marketing- von Radio Bremen auf einem Chip aufgezeich- Clubs- Bremen bekam. neten Tierstimmen aus. Immer wieder wird versucht, an die Münzen im Eine festgelegte Reihenfolge der Tierstimmen Loch zu gelangen, doch es ist vor Diebstahl perfekt gibt es nicht. Manche Passanten schließen Wet- abgesichert und wird mehrmals im Jahr geleert. ten darauf ab, welche Tierstimme beim nächsten Einwurf ertönt. Das bislang einzigartige Konzept des Bremer Lochs ist urheberrechtlich geschützt und wird Die Oberfläche aus Bronze hat einen Geldschlitz somit einzigartig bleiben, auch wenn es immer und wird von einer plattdeutschen Aufschrift wieder Anfragen anderer Städte und Gemeinden geziert, die auf die Laute der Bremer gibt. Mit dem Bremer Loch wurde in Deutsch- Stadtmusikanten - Hahn, Katze, Hund und land eine innovative, einzigartige Attraktion Esel - anspielt: „Kreih nich, jaul nich, knurr geschaffen. nich, segg i-aa, doh wat in‘t Bremer Loch“ (Kräh‘ nicht, jaule nicht, knurre nicht, Wo haben Untergrund-Projekte solche Erfolgs- sage ja, tu‘ was ins Bremer Loch).“ chancen? Natürlich nur in Bremen. 31
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Angela Bauriedl Feierabendweg Deutschlands erster Gartengang bereits üblichen mehrgeschossigen Wohnhäu- sern mit Kleinwohnungen „im Interesse der Volks- gesundheit“ auch in Zukunft in „möglichst weitem Maße das Bremer Einfamilienhaus am Leben zu erhalten, und zwar auch für die ärmere Bevölkerung“, wie Schwartz aus den Unterlagen zitiert. Die Siedlung Feierabendweg ist eine 1914 errich- Der Weg Feierabendweg verbindet in einem tete Reihenhausanlage mit 22 Wohnhäusern im leichten Bogen die Lupinenstraße im Nordosten Bremer Stadtteil Gröpelingen, Ortsteil Ohlenhof. mit der Rostocker Straße im Südwesten. Auf beiden Seiten des Weges steht eine Hausreihe. Der Feierabendweg steht seit 1973 unter Denk- Der Grundriss ist einheitlich, bei benachbarten malschutz. Die 107 Jahre alte Siedlung ist das, was Häuser jeweils spiegelbildlich. Das Erdgeschoss die Stadtentwickler einen Gartengang nennen. mit 5,13 m Breite und 8 m Tiefe bietet Raum Baurechtliche Grundlage war ein Beschluss des Bremer Senats über den Bau von Kleinhäusern. Erschlossen werden mussten sie nicht über normal ausgebaute Fahrstraße, sondern über weniger befestigte Gassen ohne motorisierten Verkehr. Dadurch reduzierte sich der Erschlie- ßungsaufwand. Insgesamt konnten die Baukos- ten durch das Gesetz von Juli 1913 um zwölf Prozent gedrückt werden, wie Uwe Schwartz in Heft 8 der Schriftenreihe des Landesamtes für Denkmalpflege berichtet. Es durfte zum Beispiel auch auf die über die Traufe hinweg reichende Brandwand verzichtet werden. Die Länge eines Gartengangs war in der Regel auf 150 Meter begrenzt, im Gröpelinger Feier- abendweg sind es 65 Meter. Als das Gesetz er- arbeitet wurde, war die Maßgabe, neben den 34
für zwei Wohnzimmer und die Küche. Zwei Schlafräume und das Bad befinden sich im aus- gebauten Dachgeschoss. Die Außenansicht wird durch einen kleinen Vorgarten, einen offenen Windfang und das (ursprünglich einheitliche) Dach mit Fledermausgauben und Biberschwanz- deckung geprägt. Der Grundriss der Endhäuser weicht von dem Muster ab. Der Zugang liegt dort an der Giebelseite. Die Adresse ist Lupinenstraße bzw. Rostocker Straße. Auf der Gartenseite wurden viele Häuser nach- träglich durch Erweiterungsbauten verändert. Auch auf der Schauseite gibt es Veränderun- gen: Die Einheitlichkeit der Dachdeckung wurde nicht durchgehalten, Fledermausgauben wurden durch Schleppgauben ersetzt und das nordöstli- che Endhaus wurde so stark verändert, dass der ursprüngliche Entwurf kaum noch erkennbar ist. Um die Finanzierung zu organisieren, wurde ein gemeinnütziger „Hypotheken- und Treuhand- verein“ gegründet. Üblich war der sogenannte Mietkauf: Es musste eine Anzahlung von fünf Prozent des späteren Kaufpreises gezahlt wer- den. Im Falle der Häuser im Feierabendweg waren das 270 von 5400 Mark. Die Jahresmie- te betrug 324 Mark, wovon ein Fünftel in den Kapitalstock für den Erwerb des Hauses gingen. Ideengeber für den ersten Gartengang Deutsch- lands war der Architekt Adolf Muesmann (1880 - 1956). Auf seine Initiative hin wurde das Klein- hausgesetz erlassen. Adolf Muesmann war in Bremen zunächst Regierungsbaumeister und wenig später der erste „Städtebaumeister“ in dem neu geschaffenen Amt. Seine sehr späten Nachfolger bekleiden heute die Position des Se- natsbaudirektors, aktuell ist es mit Iris Reuther eine Senatsbaudirektorin. Neben dem Feierabendweg entstanden im Bremer Westen weitere Gartengänge, desgleichen in an- deren Stadtvierteln wie zum Beispiel Hastedt. Bremen machte damit in Deutschland Furore und fand viele Nachahmer. Die Gartengänge wurden als „städtebauliche Großtat“ gefeiert. Zum Feierabendweg erschien im Kurier am Sonntag – 17. Januar 2021 – ein wunderschöner Artikel „Wie es sich am Feierabendweg in Gröpelingen leben lässt“. Menschen führen durch ihre Häuser und erzählen ihre Lebensgeschichten. Der Artikel ist unter dem Titel „Der Feierabendweg im Bremer Stadtteil Gröpelingen ist ein Schmuckstück“ online abrufbar. 35
Theo Schlüter Die Fallturm-Geschichte Über fünf Jahre (Ende 1995 bis Anfang 2001) Der Programmdirektor war zwar etwas pikiert, hatte Radio Bremen ein Außenstudio in der ließ sich aber von Karlheinz Calenberg beruhi- Fallturmspitze, aus der die Hörfunksendung gen, der das neue Programm mit viel Elan auf- „Bremen 2000“ gesendet wurde. Eine Geschichte, baute und auch unseren Vorschlag unterstützte, die kurios begann und abrupt endete. eine sonntägliche Talk-Runde „Bremen 2000“ live von der Spitze des Fallturms zu senden. Eine Mit einer Einladung von Dieter Russ fing sie an. verwegene Idee. Der damalige Geschäftsführer des Bremer Inno- vations- und Technologiezentrums (BITZ) veran- Wie würden wir den Fallturm-Chef Hans Rath staltete irgendwann im Frühsommer 1995 auf dem dafür gewinnen können? Wie sollten wir so BITZ-Gelände unter dem Fallturm eine Party, lange Kabel bekommen, die vom Ü-Wagen zur bei der ich Norbert Räbiger kennenlernte, den Turmspitze reichten? Und wer würde sie da Direktor des Instituts für Umweltverfahrenstechnik hoch schleppen? und ersten Stiftungsprofessor an der Bremer Uni. Um das „Problem Rath“ zu lösen, fuhr ich eigens Norbert Räbiger war erst relativ kurz in Bremen nach Berlin, wo der Professor einen Vortrag über und litt – wie er sagte – unter der „kollektiven seine Raumfahrtforschung im Fallturm hielt, der Depression, die diese Stadt wegen der Vulkan- die Zuhörer begeisterte. Danach war Hans Rath Krise offenbar überfallen hat“. Der Professor so gelöst und gut gelaunt, dass er sich weit nach schimpfte wie ein Rohrspatz und hatte in mir Mitternacht bei einem guten Rotwein weichklop- als Radio-Bremen-Reporter aus seiner Sicht fen ließ. Gemeinsam mit unserem damaligen In- auch genau den richtigen Adressaten gefunden. tendanten Karl-Heinz Klostermeier unterschrieb „Diese Stadt ist großartig, hat tolle Unternehmen er später eine Vereinbarung. und erstklassige Wissenschaftseinrichtungen“, hämmerte er mir ein. „Aber Ihr Ignoranten von Die Kabel-Frage klärte Horst Bultmann. Der den Medien seht nur den Vulkan, redet und findige Chef unserer Messtechnik hatte sich schreibt nur von Krisen und macht alles schlecht.“ nämlich als einer der ersten Ingenieure in der ARD ein Gerät besorgt, mit dem man ganz ohne Da im Sender mal wieder eine Programmreform Ü-Wagen per Telefon-Leitung in Studio-Qualität anstand (die Klassik-Welle sollte durch „Melodie“ übertragen konnte. abgelöst werden), brachte Norbert Räbigers Kritik meinen Kollegen Harald Gerd Brandt und mich Und weil Horst Bultmann zu der Zeit auch als auf die Idee, in dem neuen Programm eine Sende- einziger bei Radio Bremen das Gerät bedienen reihe über die tollen Seiten Bremens und die konnte, kam er wochenlang jeden Sonntag mit Zukunftsperspektiven unseres kleinen Bundes- auf den Fallturm - in seiner Freizeit und ohne landes einzurichten. Doch dafür mussten wir jede Überstundenabrechnung. erst einmal ins „Melodie“-Team kommen. Nicht leicht, aber leichter als gedacht. Hörer-Reaktionen zeigten, dass „Bremen 2000“ gut ankam. Trotzdem blieb die Sendereihe lange „Die wollen ein Foto vom Melodie-Team als Auto- wackelig. Und das nicht wegen des Fallturms, son- grammkarte machen“, erzählte mir Harald Gerd dern wegen permanenter Regelverstöße gegen Brandt. „Da gehen wir einfach hin und stellen die damaligen Gesetze eines vermeintlich uns dazu.“ „modernen“ Radios. Vor allem einige junge Halbleiter mokierten sich immer wieder über „zu Für diesen Termin band ich mir extra eine Kra- viel Wort“. Das „lange Gequatsche“ sei „Rund- watte um und stellte mich so auf, dass ich für funk von gestern“ und passe schon gar nicht auf Ahnungslose glatt als Chef der Truppe gelten eine Welle mit dem Namen „Melodie“. konnte. 36
Dass „Bremen 2000“ dennoch weiterlief, dafür sorgte zu einem Gutteil Michail Gorbatschow. Sein Auftritt auf dem Fallturm Anfang Oktober 1997 führte sogar dazu, dass die Sendung später auch auf „Bremen 2“ durchgeschaltet wurde. Nicht Gorbatschow, aber ein Ereignis in Moskau bescherte der fünfjährigen Rundfunkgeschichte auf dem Fallturm später dann allerdings doch ein recht abruptes Ende. Als Konsequenz aus dem Brand auf dem Moskauer Fernsehturm ließ die Bremer Feuerwehr ab Anfang 2001 keine Veranstaltung mehr in der Fallturmspitze zu. 37
BERND MEIER Der Bremer an sich … Die Berliner Schnauze bedarf keiner Erläuterung. Die Frau stammt nicht von hier. Ellen Best, Auch der Begriff „rheinische Frohnatur“ spricht in Köln geboren und dort Kind gewesen, ist in für sich. Aber welche Wesensart würde man auf Oberbayern, fast an der Grenze zu Österreich Anhieb mit einem Menschen aus Bremen in Ver- aufgewachsen. Sie hat in Salzburg, Wien und bindung bringen? Als Temperamentsbolzen oder Nürnberg studiert und lebt seit 1982 in Bremen, Stimmungskanone ginge er schwerlich durch. seit 1994 als Richterin. Das ist eine Vita, die Richtig liegt man schon eher auf der entgegen- aus vielen Perspektiven einen Blick auf den gesetzten Seite der Skala. Und wenn es stimmt, typischen Bremer erlaubt. dass in der Ruhe die Kraft liegt, dann gehört der Bremer zu den Kräftigsten in diesem Land. Wobei von Anfang an klar sein sollte: So wie es Rheinländer gibt, die regelmäßig Reißaus neh- Sonntagmorgen in der Bäckerei. Die Schlange men, wenn der Karneval in seine heiße Phase vor dem Tresen ist lang und wird gerade noch tritt, so gibt es auch in Bremen Menschen, die um einen Menschen länger. „Guten Morgen!“ schon sonntags morgens um zehn beim Bäcker sagt der Neue, aber er könnte auch „Moin!“ sa- eine entwaffnende Fröhlichkeit und Offenher- gen und die Reaktion wäre die gleiche: keine. zigkeit ausstrahlen. Gerüchten zufolge handelt Würde man laut in den Laden hineinfragen „Wa- es sich bei beiden Gruppen um Zugereiste aus rum grüßt hier eigentlich niemand zurück?“, anderen deutschen Landstrichen. würden die Menschen in der Schlange vermut- lich unisono antworten: „Wir kennen Sie doch Der Besuch beim Bäcker ist für Ellen Best die ge- gar nicht!“ Vielleicht würden sie aber auch nur eignete Szenerie, um eine andere Eigenart des leicht pikiert zur Seite sehen. Bremers zu dokumentieren. „Ich sage zu der Verkäuferin: Vier Krosse, bitte! Sagt die Verkäu- Typisch bremisch? „Aber ja!“, meint Ellen Best. ferin: Fünf sind im Angebot. Das ist nett, dass „Ich sage inzwischen schon gar nichts mehr, ob- sie mich darauf hinweist, aber in der Form klingt wohl ich eigentlich ein fröhliches „Grüß Gott“ das eher unfreundlich.“ gewohnt bin.“ Die Wortwahl macht deutlich: 38
Rau, aber herzlich - so hat Ellen Best die Men- schen dieser Stadt in ganz verschiedenen Situa- tionen immer wieder erlebt. Ihr Resümee: „Man darf den Bremer nicht an seinen Worten, man muss ihn an seinen Taten messen. Und wenn man das tut, kann man sich eigentlich nicht be- schweren.“ Dieses zunächst etwas Abweisende, was alle Zu- gezogenen, zumal die aus den fröhlichen Land- strichen, beim Bremer als erstes wahrnehmen, wird an der Weser unter dem umfassenden Kapi- tel „hanseatische Zurückhaltung“ abgehandelt. Dazu gehört auch, dass man nicht gern spricht über das, was man Besonderes hat, dass man seine kleinen Schätze den anderen Menschen nicht aufdrängt. „Deshalb stehen auch die Bremer Stadtmusikanten genau an der richtigen Stelle“, meint Ellen Best. „Sie groß herauszustel- len, womöglich noch in dreifacher Größe – das wäre einfach nicht bremisch.“ Hübsche Beispiele für die hanseatische Zurück- haltung sind immer wieder zu erleben beim Be- such eines Restaurants oder eines Cafés, in dem jeder Tisch besetzt ist. „Im Rheinland“, erzählt Ellen Best, „fordern sie dich auf: Setzen Sie sich doch zu uns! Selbst der Bayer macht das, und der ist Fremden gegenüber auch nicht gerade aufgeschlossen. In Bremen musst du fragen: Darf ich mich zu Ihnen setzen? Dann kann es manchmal, aber auch zu einem ganz munteren Gespräch kommen. Das ist eben die andere Seite auf die beiden Stadtwappen gelingt dem Bremer des Bremers.“ gleichwohl der Aufschwung auf Millionenstadt- niveau: Hamburg sei zwar das Tor zur Welt, aber Angesichts der bisher betrachteten Facetten des Bremen habe den Schlüssel dazu. Und in der bremischen Wesens kommt diese Feststellung selbstgewählten Charakterisierung der eigenen nicht mehr überraschend: „Extreme Gefühlsaus- Stadt als „Dorf mit Straßenbahn“ steckt neben brüche sind dem Bremer fremd. ,Auch ganz einer Portion Selbstironie auch der Stolz auf ein schön‘ ist hier schon ein Ausdruck höchster kleines, aber feines Biotop, das über Lebenswer- Ekstase“, hat Ellen Best in den vielen Bre- te verfügt, die in den Metropolen nicht zu finden mer Jahren gelernt. „Das hat aber auch seine sind. positiven Seiten: Der Bremer denkt dreimal nach, bevor er etwas sagt.“ Der Bremer hat sich gut eingerichtet in seinem kleinen Kosmos. Er ist im Grunde zufrieden mit Ein ganz besonderes Kapitel ist das Verhältnis dem, was er hat – sogar mit dem Wetter. Es gibt des Bremers zu seiner Stadt und zu Hamburg. nämlich in Bremen gar kein schlechtes Wetter, Ein büschen neidisch schaut er doch manchmal „es gibt nur ungeeignete Kleidung“. Und dage- hinüber zur norddeutschen Konkurrenz, obwohl gen lässt sich was tun. Auch wenn man zum Ein- ein Vergleich im Grunde unsinnig ist, weil kaufen gern mal nach Oldenburg fährt. Aber das Hamburg dreimal größer ist. Mit einem Blick ist eine andere Geschichte. 39
TIERISCH BREMISCH Unsere Begleiter auf 4 Pfoten EMME PELLE KUBO PETZI 40
ELLA ZIEGE SAMM FOX Y 41
TIERISCH BREMISCH Die Fellpfoten begleiten die MitarbeiterInnen der Residenz durch ihr Leben. TRIXI LUZIE FINNCH EN MAY UND LEO 42
BLACK LADY KALLE FELIX MAY 43
ANGELA BAURIEDL Aus Liebe zur Natur und zum Genießen Bremer Kaffeemanufakturen Genießen Sie eine Tasse Kaffee. Ein frisch Kaffee in Bremen zubereiteter Kaffee oder Espresso aus frisch gerösteten Kaffeebohnen kann den Tag gleich Bei Bremer Kaffee klingeln bei den meisten Na- viel schöner machen. Verwöhnen Sie mit frisch men bekannter Marken und Kaffeeröstereien gerösteten Kaffeebohnen aus einer Bremer wie Jacobs, Azul oder HAG in den Ohren. Die Kaffeemanufaktur: Gerade in Krisen-Zeiten sind bremischen Häfen sind die wichtigsten Import- auch die kleinen Glücksmomente wichtig. stationen für Kaffee in Deutschland, und das schon seit Jahrzehnten. Fast jede zweite Bohne Keine andere Stadt des Landes ist so eng ver- wird über Bremen oder Bremerhaven importiert. knüpft mit dem Wort „Kaffee“ und seiner Ge- Seit einigen Jahren kommen viele Kleinröster- schichte wie Bremen. Von der ersten Kaffeefab- eien wie Lloyd Caffee oder Cross Coffee hinzu: rik Europas bis zum wichtigen Umschlagpunkt Bremen ist die Kaffeehauptstadt Deutschlands. für das Lieblingsgetränk der Deutschen - Bremen hat eine lange und reiche Kaffee-Geschichte. Das Kaffeegeschäft heute – Jede dritte in Deutschland getrunkene Tasse Das Kaffeegeschäft gleich nebenan Kaffee kommt aus Bremen und fast jede zweite importierte Bohne wird über die Hansestadt ein- Seit den Anfängen hat sich eine Menge ver- geführt. Kein Wunder also, dass die Kaffeekul- ändert: Die Kaffeemarke Jacobs gehört jetzt tur in der Weserstadt vielerorts gepflegt und die zu Jacobs-Douwe-Egberts, die auch in Bremen lange Kaffeegeschichte der Stadt tagtäglich fort- ansässig und in deren Sortiment auch Kaffee geschrieben wird. In Bremen gibt es sogar ein HAG und Onko zu finden sind. Lloyd Caffee darf eigenes Wort für den gepflegten Kaffeegenuss: sich mittlerweile zur ältesten noch traditionell kaffeesieren. röstenden Kaffeerösterei Bremens zählen und hat sich mitsamt Café-Rösterei in der Übersee- Historie stadt niedergelassen, während EduScho seit Ende der Neunziger Teil des Hamburger Riesen Es war ein Niederländer, der den Kaffee zuerst Tchibo ist. nach Norddeutschland brachte. 1673 erlaubte der Rat der Stadt Bremen Jan Jahns van Huisten Das Kaffeegeschäft in der Stadt an der Weser die Gründung des ersten öffentlichen Kaffee- floriert - und neben den großen, altbekannten hauses - des gesamten Landes wohlgemerkt. Ein Marken sind es auch kleine Privatröstereien, die schicksalsträchtiger Schritt: Im Laufe der Zeit die Vielfalt in die Kaffeeauswahl des Nordens hat sich das „braune Gold“ zum Lieblingsgetränk bringen. Traditionsunternehmen wie die Kaffee- der Deutschen gemausert, noch vor Mineralwas- rösterei Münchhausen oder Kaffee & Tee Hemken, ser und Bier. 0,41 Liter Bohnenkaffee werden die seit Dekaden für individuellen Kaffee fernab heute in unserem Land täglich verzehrt. Beson- von Massenware stehen, gehören genauso dazu ders dabei ist, dass die beliebtesten Hersteller wie relativ junge Unternehmen, wie Cross Coffee, aus dem Norden kommen, speziell aus Bremen die sich erst 2013 im Ortsteil Industriehäfen und umzu, und Hamburg. niedergelassen haben. 44
Weitere Kaffeeröstereien in Bremen Die Bremer Kaffeegesellschaft hat ihr Geschäft im Kulturdenkmal Böttcherstraße. Selbstgeröstete Bohnen, vertrieben unter dem Namen Büchlers Beste Bohne. Union Rösterei. Im Gebäude der Union Brauerei Bremen, direkt unter dem Dachboden, haben sich vier Männer die Mission gesetzt, Kaffee zu kochen, passend zum Craftbier der Union Brauerei. Seit 20 Jahren röstet auch Contigo in Bremen, ebenfalls bio und fairtrade. Die Kaffees, schwer- punktmäßig aus Äthiopien, werden täglich in kleinen Mengen frisch geröstet und im hauseigenen Ladengeschäft in der Bremer Katharinenstraße verkauft. Ganz frisch ist die „Rösterei am Deich“ von AZUL. In der neuen, gläsernen Rösterei können In- teressierte Röstmeisterinnen und Röstmeistern bei der Kaffeeverarbeitung über die Schulter schauen, Führungen buchen und im Werksver- kauf den frischen Kaffee mit nach Hause nehmen. Im 2020 neu eröffneten Johann Jacobs Haus betreibt der Kaffeekonzern eine kleine Speziali- tätenrösterei mit wechselnden Kaffeesorten und einem Shop für Kaffeezubehör. Klein aber fein - Kalles feinster Röstkaffee bietet sechs verschiedene Kaffeesorten. Mit der Rösterei erfüllte sich Gründer Marc Dziondziak einen Traum. Produkte lassen sich in seinem eigenen Ladengeschäft im Bremer Viertel oder an ver- schiedenen Verkaufsstellen in der Hansestadt erstehen. 45
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