Grande Dame der Mediendokumentation - Marianne En glert ist tot, sie starb 95-jährig am 21. Juni 2021 in ihrer Heimatstadt Frankfurt am Main - des vfm

Die Seite wird erstellt Dirk Hohmann
 
WEITER LESEN
Grande Dame der Mediendokumentation - Marianne En glert ist tot, sie starb 95-jährig am 21. Juni 2021 in ihrer Heimatstadt Frankfurt am Main - des vfm
Personalien                                                                                                        61

Grande Dame der
Mediendokumentation
Marianne ­En­glert ist tot, sie starb
95-jährig am 21. Juni 2021 in ihrer
Heimatstadt Frankfurt am Main
Heiner Schmitt

Es gilt, an eine der großen und verdienstvollen
Frauen im VdA zu erinnern. Eine Frau, die ihr gan­
                                                                      Marianne Englert: vfm-Frühjahrstagung 2009
zes Berufsleben „ihrer“ Zeitung, der „Frankfurter                     Foto: Ernst Munzinger
Allgemeinen“ widmete, eine Frau, die dennoch die
berufsständischen Interessen stets im Auge behielt
und die eine geachtete Stellung in der Gesellschaft       Elverfeldt (1960) wurde Marianne Englert auf Em­
einnahm.                                                  pfehlung von Gisela Vollmer, ebenfalls eine der gro­
                                                          ßen Frauen im VdA, Mitglied des Verbandes (1. De­-
Bereits vor Gründung der Frankfurter Allgemeinen          zember 1962). Seit 1976 war sie dann Vorsit­zende
Zeitung, die am 1. November 1949 erstmals erschien,       der Fachgruppe 7, nunmehr „Medienarchivare“.
war Marianne Englert den Printmedien verpflichtet.        Damit umfasst die Bilanz ihres berufsständischen
1946 begann sie ihre berufliche Tätigkeit in der Re­      Wirkens insgesamt 21 Jahre Vorstandsarbeit, davon
daktion der Mainzer Allgemeinen und gehörte ab            14 Jahre Tätigkeit als Vorsitzende der Fachgruppe 7.
1948 zum Gründungsteam der FAZ. Marianne Eng­             Diese Fachgruppe, ursprünglich eine Art intellektu­
lert hat 40 Jahre für die FAZ gearbeitet und dort ei­     elle Diskussions- und gesellige Begegnungsrunde,
nes der leistungsstärksten deutschen Pressearchive        wurde unter ihrer Leitung zu einem professionellen
aufgebaut und geleitet. Das war ihre reguläre Berufs­-    Berufsverband.
­tätigkeit. Nach ihrer Pensionierung war die Verstor­
 bene noch mehrere Jahre mit der Ordnung und Auf­         Drei inhaltliche Schwerpunkte charakterisieren die­
 ar­beitung der Schriftgutbestände der FAZ beschäftigt.   sen Wandel besonders:

In ihrem Berufsleben verstand sich Marianne Eng­          Im Jahr 1979 steckten Überlegungen zu einem ein­
lert immer als Dienstleisterin für die Redaktionen        heitlichen Berufsbild der Medienarchivare und -do­
der FAZ und trug damit zu dem hohen journalisti­          kumentare noch in den Anfängen. Unter ihrem Vor­
schen Anspruch dieser Zeitung wesentlich bei. Vor         sitz entwickelte eine Arbeitsgruppe, der Ver­treter
allem aber war sie stets den neuesten Entwicklun­         aus den verschiedensten Dokumentations- und Ar­
gen der Speicherung und Dokumentation verpflich­          chivfachbereichen angehörten, das 1980 vorgelegte
tet. Der Aufbau der Neuen Medien – so das zu ihrer        Berufsbild, das Tätigkeitsmerkmale für alle Ebenen
Berufszeit übliche Schlagwort – war ihr ein großes        der Mediendokumentation beschreibt und das von
Anliegen, und auf diese Weise wurde sie zu einer          der Bundesanstalt für Arbeit in den „Informationen
Pionierin der heutigen digitalen Vermarktung von          für die Beratungs- und Vermittlungsdienste (IBV)"
Zeitungsinhalten und Rechten.                             veröffentlicht wurde. Das Berufsbild wurde dann in
                                                          den Jahren 1986 bis 1988 systematisch weiterent­
Der zweite ganz wesentliche Schwerpunkt im Leben          wickelt und von den Mitgliedern bei der Frühjahrs­
von Marianne Englert war ihr berufsständisches            tagung in Stuttgart 1988 in der aktualisierten und
Wirken im VdA. Bald nach Gründung der Fach­               modifizierten Fassung endgültig verabschiedet.
gruppe der Pressearchivare durch Roland Seeberg-          In ganz besonderer Weise nahm sich Marianne
62                                                                                                     info7 2 | 2021

     Englert der für die Medien kritischen und wichti­         International; hier sah sie ihre gesellschaftliche
     gen Datenschutzprobleme an. Die von ihr einberu­          Heimat und genoss hohes Ansehen, auch wenn sie
     fene „Arbeitsgemeinschaft Datenschutz" verdeut­           wegen ihrer großen beruflichen Belastung kein
     licht die Problematik des Datenschutz- und Per­-          Vorstandsamt übernehmen konnte. Der Club Tau­
     sön­lich­keits­rechts für die Mediendokumentation;        nus hat sie allerdings als äußeres Zeichen der
     auf­­gezeigt wird vor allem, wie im Rahmen des            Wertschätzung zu einer Ehrenpräsidentin ernannt.
     Medienprivilegs zukünftige Arbeit in Medienar­            Hier hat sie sich besonders für die Pflege der inter­
     chiven geleistet werden kann und unter welchen            nationalen Beziehungen eingesetzt und dadurch ih­
     Auflagen sie geleistet werden muss.                       ren Freundeskreis sozusagen weltweit erweitert.

     Ein Kernproblem des Berufsstandes, in dem sich            Hierfür ein Beispiel: Als ihr Verband zu einem Tref­
     viele Quer- und Seiteneinsteiger befanden und be­         fen mit französischen Gruppen in die Auvergne rei­
     finden, war und ist die Fort- und Weiterbildung.          ste, stand ein festliches Dinner mit dem ehemaligen
     Seit Januar 1980 nahm sich eine „Projektgruppe            französischen Staatspräsidenten Giscard d´Estaing
     Fortbildung" unter Leitung der Vorsitzenden der           an. Marianne war auf einstimmigen Wunsch aller
     Entwicklung eines Fortbildungsprogramms für Me­           Beteiligten an diesem Abend seine Tischdame und
     dienarchivare/Mediendokumentare an, das dann              kam damit souverän zurecht.
     bereits 1981 in Kassel vorgestellt und verabschiedet
     wurde. Auf der Basis dieses Fortbildungspro­gramms        Marianne Englert gehörte zeit ihres Lebens keiner
     fanden in den letzten 40 Jahren zahlreiche Fortbil­       organisierten Frauenbewegung an. Dennoch kommt
     dungs- und Weiterbildungsveranstaltungen in               ihr das Verdienst zu, besonders für die Selbstfin­
     Hagen, Frankfurt, Hamburg und Bonn statt.                 dung und das berufliche Wirken der Frauen Wich­
                                                               tiges geleistet zu haben. Durch ihre Bereitschaft,
     Um die Fortbildung auch institutionell auf solide         Verantwortung zu übernehmen, war sie für viele,
     Füße zu stellen, besteht seit 1997 ein eigener Ver­       auch jüngere Frauen ein Vorbild.
     ein, der vfm, dessen erste Vorsitzende Marianne
     Englert wurde; diese Organisation ist bis auf den         Marianne Englert hat in ihrem Berufsleben mit vie­
     heutigen Tag erfolgreich bei der Durchführung von         len bedeutenden und zum Teil berühmten Männern
     Fort- und Weiterbildungsseminaren.                        zusammengearbeitet; Beispiele sind hier Karl Korn
                                                               und Marcel Reich-Ranicki. Nie hatte sie damit Pro­
     Es ist noch bedeutsam zu erwähnen, dass Marianne          bleme, ebenso wenig wie mit der Leitung der vielen
     Englert nicht nur die Tagungsbände der Frühjahrs­         Facharbeitsgruppen. Ihre hohe fachliche Qualifi­ka­
     ta­gungen der Fachgruppe initiierte, sondern dass         tion und ihre persönliche Autorität waren die Basis
     sie 1986 mit info 7 eine bis heute bestehende Fach­       für ihr Durchsetzungsvermögen; das galt auch ge­
     zeitschrift mitbegründete.                                genüber dem illustren und sehr selbstbewussten
                                                               Kreis der Herausgeber der FAZ.
     Bereits 1985 schrieb Marianne Englert in ihrem
     Vorstandsbericht: „Presse und Rundfunkarchive se­         Die Bundesrepublik ehrte Marianne Englert 1984
     hen sich heute zunehmend an einer Schnittstelle           mit dem Bundesverdienstkreuz. Der Verein Medien­
     der modernen Methoden der Informationsver­ar­             dokumentation vfm (den sie 1997 mitgegründet
     beitung, -speicherung und -vermittlung angesiedelt.       hatte) lobt jährlich den Marianne-Englert-Preis zur
     Durch eine fortlaufende Information über diese Ent­       Förderung des Nachwuchses aus.
     wicklungen sollen die Mitglieder der Fachgruppe in
     den Stand versetzt werden, Kriterien für die Beur­tei­-   Anlässlich 75 Jahre VdA wurde Marianne Englert
     lung und Einordnung der Vorgänge zu gewinnen“.            noch kurz vor ihrem Tod zu ihrer Verbandstätigkeit
                                                               und generell zur Bedeutung des VdA schriftlich in­
     Bleibt noch, auf das gesellschaftliche Wirken von         terviewt. Die Antworten sind im Archivar 3/2021
     Marianne Englert einzugehen: Sie war erst die             nachzulesen.
     dritte Frau im Vorstand des VdA. Aktiv war Mari­
     anne Englert in der Frauenvereinigung Soroptimist         Heiner Schmitt
Personalien                                                                                                    63

Marianne Englert
Eckhard Lange

Es gibt zwei Betrachtungsweisen, mit denen man          weniger Anerkennung, Respekt und Sympathie.
als Kollege auf Marianne Englert blicken kann. Da       Gewiss, sie konnte ohne engere Verbindung an ei­
ist einmal der Blick auf die Profession, die sie wie    nen Ehepartner oder Kinder sich ganz uns und un­
wenige verkörpert hat, und dann der Blick auf den       seren Problemen widmen. Wir waren gewisserma­
Men­schen, wie er sich vielen von uns, wie er sich      ßen ihre Familie. (Und vielleicht noch die Sorop­ti­
mir bei unzähligen Anlässen genauso eindrucksvoll       mistinnen, in deren Reihe sie meine Frau führte.)
öffnete.                                                Es gäbe Anekdoten zuhauf, die mit geselligen Erleb­
                                                        nissen, Erzählungen, Freund­schaftsbezeugun­gen
Marianne Englert war die professionellste Person,       verbunden sind. Da sind die Abende am Rande von
der ich in meinem Berufsleben begegnet bin. Allein,     Frühjahrstagungen, an denen wir alle, sie nicht zu­
wie sie bis ins Rentenalter Schritt hielt mit den ra­   letzt, dem Wein gut zusprachen und die immer har­
senden technischen und organisatorischen Verän­         monisch verliefen. Da sind ihre runden Geburtstage
de­rungen in ihrem Beruf! Ich sehe sie noch im          im Kreise der hochmögenden Herausgeber ihrer
Fach­informationszentrum Karlsruhe sitzen an der        Zeitung und auch öffentlicher Repräsentanz wie re­
„Schreibmaschine mit Gummiohren“, mit der wir           gelmäßig des VdA-Vorsitzenden oder des Präsi­den­
über Akustikkopplung die Kommunikation mit ex­          ten des Bundesarchivs. Da ist, ganz privat in ihrem
ternen Datenbanken in aller Welt einübten. Um Wei­-     bescheidenen Zuhause in der Prieststraße, die mit
terbildung war sie bemüht ein Leben lang. Ich beob­     viel Spass und Gelächter gewürzte Erinnerungsar­
achtete sie als Chefin des FAZ-Archivs in der glän­     beit auf dem Sofa am Wohnzimmertisch, wo wir bei
zend bestandenen Konkurrenz zu den teils forschen,      belegten Brötchen, Kaffee und Kuchen ins Aufnah­
teils zögerlichen Pressedatenbank-Projekten von         me­gerät hinein die Geschichte der Fachgruppe 7 re­
Gruner+Jahr, SPIEGEL, ARD und ZDF. Ich erlebte sie      sümierten. Irgendwann saß da noch Walter J. Schütz
im erfolgreichen Bemühen, das Berufsbild des Pres­      mit am Tisch, der 2013 verstorbene Kommunika­
searchivars/Mediendokumentars tariffähig zu ma­         tions­wis­senschaftler, ein unermüdlicher Erforscher
chen – bis hinein in die Publikationen der Bun­des­     von so genannten publizistischen Einheiten. Zum
anstalt für Arbeit. Überhaupt: In welchen Gremien       Schluss, als es ihr nach Hüftoperation und mehre­
unserer Profession war sie eigentlich nicht zuhause?    ren Schlaganfällen schon schwer fiel zu gehen,
Im Verein deutscher Archivare, in Kommissionen          brachten wir Brötchen und Kuchen selber mit und
für das Urheberrecht, bei den Mikroverfilmern, im       machten uns in ihrer Küche an der Kaffeemaschine
Frankfurter Lehrinstitut für Dokumentation, beim        zu schaffen. Das nahm sie mit Gleichmut und
Bund deutscher Zeitungsverleger – und, natürlich        Selbstverständlichkeit hin. Wir waren ja Familie.
nicht zuletzt, als Vorsitzende, dann Ehrenvor­sit­
zende unseres Berufsverbands Fachgruppe 7 im            Ich habe Marianne bis ins Jahr vor Corona mit mei­
VdA und des Tochtervereins VFM. Was sie hier in         ner Frau noch ein paar Mal besuchen dürfen. Sie war
den erst durch sie professionell gewordenen Früh­       thematisch in den Belangen unseres Berufs­standes
jahrstagungen und den von ihr begründeten Fort­         immer noch auf der Höhe, fragte nach Kol­legen und
bildungsseminaren auf die Beine stellte, prägt bis      deren Befinden. Die souveräne Art, mit der sie uns
heute das Berufsleben unzähliger Medienarchivare,       nach so vielen gesundheitlichen Rückschlägen ihre
Mediendokumentare, Informationsfachleute. Es war        Tapferkeit und Menschlichkeit offenbarte, wird im­
mir eine Ehre, 1989 in die – für mich sicherlich zu     mer im Gedächtnis bleiben.
großen – Fußstapfen dieser Pionierin zu treten.
Der Blick auf den Menschen Marianne, die nun im         Eckhard Lange
hohen Alter von uns gegangen ist, erheischt nicht
64                                                                                                  info7 2 | 2021

     Modernes Vorbild und
     weise Ratgeberin
     Hans-Gerhard Stülb

     Manche Jüngere in den Dokumentationsstellen der         wissen und Innovationsfreudigkeit der Kolleginnen
     Presseverlage und der Rundfunkanstalten werden          und Kollegen am wichtigsten waren, unabhängig
     heutzutage mit dem Namen “Marianne Englert” we­         von Status, Hierarchie und Geschlecht.
     nig oder gar nichts mehr verbinden. Doch vielleicht
     haben Sie schon etwas vom “Marianne-Englert-Preis”      Heiner Schmitt hat in seinem Nachruf auf Marianne
     gehört oder sich sogar dafür beworben. Die Namens­-     Englert viele ihrer Leistungen und ihre unermüdli­
     geberin für diesen Preis ist am 21. Juni 2021 gestor­   chen Aktivitäten dargestellt. Sie war immer neugie­
     ben. Als ich sie vor vielen Jahren fragte, ob sie be­   rig auf neue technische Entwicklungen und prüfte
     reit sei, ihren Namen für diesen Preis herzugeben,      immerfort deren Brauchbarkeit für die Dokumen­
     war sie einverstanden, verband dies allerdings mit      tation und das Archivwesen. Damit war sie beispiel­
     dem Hinweis darauf, daß dies nicht zur Überhö­hung      gebend für die bis heute anhaltende Innovations­
     ihrer Person führen dürfe. Bescheidenheit und Weis­-    freude und -fähigkeit der Branche insgesamt. Für
     heit waren nicht erst zu diesem Zeitpunkt Charak­       den vfm ist dies weiterhin ein wichtiges Leitbild.
     tereigenschaften, die sie auszeichneten.
                                                             Als ich Marianne Englert 1987 im Rahmen meiner
     Im Marianne-Englert-Preis bündeln sich zwei wich­       Fortbildung zum “Wissenschaftlichen Dokumentar”
     tige Ziele der Namensgeberin: Nachhaltigkeit und        beim Lehrinstitut für Dokumentation in Frankfurt
     Förderung des Nachwuchses. Es war ihr immer wich-       kennenlernte, beeindruckte sie mich durch ihre kla­
     tig, interessierte junge Leute zu fördern und die       ren Formulierungen und ihr fundiertes Fachwissen,
     Branche insgesamt zu professionalisieren. Dem vfm       auch gerade über die damals brandneuen EDV-Tech­
     ist es gelungen, mit der Auslobung dieses Preises       niken, die in die Mediendokumentationsstellen Ein­
     beiden Zielen angemessen nachzukommen.                  zug hielten. In der mündlichen Prüfung dann impo­
                                                             nierte sie durch ihre präzisen Fragen, sowie später
     Im Rückblick auf weit über 50 Jahre medienarchiva­      auch in der Beurteilung meiner Lernleistungen, weil
     rische und mediendokumentarische Geschichte im          es ihr gelang, letztere in wenigen Worten auf den
     deutschsprachigen Raum läßt sich feststellen, daß       Punkt zu bringen. Kritisch und freundlich gleicher­
     Marianne Englert vielleicht die bedeutendste Persön­-   maßen. Ich habe mir ihre Hinweise gemerkt und in
     lichkeit in der Branche gewesen ist. Sie hinterläßt     meinem weiteren Karriereverlauf berücksichtigen
     unauslöschliche Spuren. Es ist nur folgerichtig, ei­    können.
     nige davon in das Bewußtsein ihrer Wegbegleiter
     zurückzurufen und denjenigen, die sie nicht mehr        Es war eine wesentliche Idee und Initiative von
     kennenlernen konnten, Erinnerungen zu vermitteln,       Marianne Englert, daß 1986 mit Eckhard Lange als
     die wesentlich mehr sind als eine reine Aufzählung      Redakteur die Zeitschrift info7 begründet wurde,
     ihrer Taten und beruflichen Erfolge.                    die bis heute als wesentliches Fachorgan der Bran­
                                                             che gilt. Im Editorial des ersten Heftes 1/1986
     Marianne Englert war eine “moderne” Frau, die in        schreibt Marianne Englert: “Mit info7 möchte der
     der männerdominierten Berufswelt in den letzten         Vorstand der Fachgruppe der Runkfunk, -Presse-
     Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts immer in der Lage      und Filmarchivare...einen eigenen Mitteilungs­dienst
     war, sich durchzusetzen und ihre Interessen erfolg­     herausgeben... Vor allem soll dieser Mitteilungs­
     reich zu vertreten und zu vermitteln. Dabei achtete     dienst über neue Systeme und Einrichtungen be­
     sie stets darauf, Männer und Frauen gleich zu be­       richten; er soll der Kommentierung der die Medien­
     handeln. Es war zu spüren, daß ihr Kompetenz, Fach­-    dokumentation berührenden Fragen Raum geben
Personalien                                                                                                     65

                                                        der Fachgruppe 7 als auch des vfm. Obwohl sie
                                                        schon drei Jahre zuvor alle Ämter niedergelegt
                                                        hatte, war Marianne Englert die Weiterentwicklung
                                                        des vfm so wichtig, daß sie persönlich an den ent­
                                                        scheidenden Sitzungen teilnahm und mit dafür
                                                        sorgte, daß diese Veränderungen einen harmoni­
                                                        schen Verlauf nehmen konnten. Zu diesem Zeit­punkt
                                                        war sie schon Ehrenvorsitzende, sowohl der Fach­
und den allgemeinen Informationsfluß ...verbes­         gruppe 7 als auch des vfm.
sern”. Geringfügig anders formuliert ist dies heute
immer noch der Leitfaden für die Redaktion der          Das Thema “Nachhaltigkeit” hatte für Marianne
Zeitschrift, auch wenn diese inzwischen sehr viel       Englert eine besondere Bedeutung, und so unter­
moderner geworden ist und über ihre Funktion als        stützte sie in den Jahren von 2010 bis 2016 auch die
“Mitteilungsblatt” weit hinaus geht.                    Initiative des vfm-Vorstands und der Zeitschrift
                                                        info7, mit dem Stilmittel des zwanglosen Gesprächs
Viel später dann – als ich selbst längst in Führungs­   eine historische Aufarbeitung der berufsständi­
positionen agierte (die mir 1987 noch meilenweit        schen Geschichte zu versuchen. Es entstanden bis
entfernt erschienen) – erlebte ich Marianne Englert     heute sieben Folgen der Gespräche, alle in info7
bei ihrer aktiven Arbeit im berufsständischen Um­       veröffentlicht. Ein Zitat von Marianne Englert prägte
feld. Als Vorsitzende der Fachgruppe 7 im VdA habe      die Reihe: "Man lebte vom gegenseitigen Erfahrungs­-
ich sie nicht mehr wahrgenommen, wohl aber als          ­austausch”. Alle Gespräche fanden in ihrer Wohn­
Begründerin des vfm. Es war vor allem ein Ver­           ung in Frankfurt mit wechselnden Teilnehmern
dienst von Marianne Englert und Heiner Schmitt,          statt. Bei dieser Gelegenheit offenbarte Marianne
daß der vfm 1997 aus der Taufe gehoben werden            auch eine liebenswürdige Gastfreundschaft, so daß
konnte, zunächst ausschließlich mit dem Schwer­          es uns immer sehr viel Freude gemacht hat, sie zu
punkt der Fortbildung. Marianne war folgerichtig         besuchen. Bis zum Schluß glänzte sie mit exzellen­
die erste Vorsitzende des vfm. Ich durfte sie von        ten Erinnerungen an die Ereignisse, die sie über 40
Anfang an im Vorstand des Vereins als Schriftfüh­        Jahre mitgeprägt hatte. Ihre private Dokumentation
rer begleiten. Ihre strukturierte Art, den Verein von    war vollständig und gut geordnet.
Beginn an zum Erfolg zu führen, faszinierte mich
erneut: Genauigkeit, Pünktlichkeit, Struktur, Nach­     In ihren letzten Lebensjahren war Marianne Eng­
haltigkeit waren wegweisend und immer zielfüh­          lert leider gesundheitlich eingeschränkt, und sie
rend. Ihre Fähigkeit, mit Fachwissen und Charme         war kaum noch in der Lage, ihre Frankfurter Woh­
ihre Mitstreiter einzubinden, war ihr Erfolgsrezept.    nung zu verlassen. Die durch Corona verursachten
Der vfm wurde ein Erfolgsmodell.                        Kontaktbeschränkungen kamen hinzu, so daß Be­
                                                        gegnungen in den letzten Jahren sehr erschwert
Marianne Englerts Verbandstätigkeiten ragten noch       wurden. Es mag für sie eine Erlösung gewesen sein,
weit in ihren Ruhestand hinein. Sie wurde Ehren­vor­-   95-jährig, nach einem erfüllten Leben, diese Welt
sitzende der Fachgruppe 7 und auch des vfm. Sie         zu verlassen. Wir hingegen, die wir sie kennenler­
blieb uns in all den Jahren eine weise Ratgeberin.      nen durften und jahrelang erlebt haben, sind be­
Als es 2008 zu einem Konflikt zwischen der Fach­        troffen von ihrem Tod. Es ist keine Floskel zu sagen:
gruppe 7 und dem Vorstand des Dachverbands VdA          wir vermissen sie, ihren brillianten Verstand und
kam, waren es vor allem ihre Hinweise und Rat­          ihre liebenswürdige, aber auch bestimmte Art.
schläge, die letztlich zu einem guten Ende führten.
Der vfm verantwortete seitdem die Frühjahrsta­gun­      Hans-Gerhard Stülb
gen der Branche und die Zeitschrift info7 abgekop­
pelt vom VdA. Auf der Frühjahrstagung 2009 in
Frankfurt hielt Marianne Englert eine vielbeachtete
letzte Rede vor den einträchtig versammelten Medien­-
archivaren und Mediendokumentarinnen sowohl
Sie können auch lesen