Gründen & Wachsen in Österreich - Special Private Equity Buyouts M&A - VC-Magazin

 
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Special Dezember 2015                          Private Equity • Buyouts • M&A
                                                              www.vc-magazin.de

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Special
Gründen & Wachsen
in Österreich
9. Jg.

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68,5 Mio. Euro
                 Fondsvolumen

                                                                                Investition
                                                                                in die Gründungs- und erste
                                                                                Wachstumsphase von
                                                                                gewerblichen Unternehmen
 Fondslaufzeit                                                                  mit Sitz in Österreich
             bis 2026

                                                               Beteiligung
                                                               100.000,- bis 3 Mio. Euro
                                                               offene / stille Beteiligung
                                                               für Co-Investments offen

aws Gründerfonds
Startkapital für Ideen und Innovationen
Der aws Gründerfonds investiert Risikokapital in
junge Unternehmen mit hohem Wachstumspotenzial
und ist für Co-Investments offen.                                 www.gruenderfonds.at

aws Gründerfonds                 A 1020 Wien         T +43 1 501 75-721
Ralf Kunzmann, Geschäftsführer   Walcherstraße 11A   E ofåce@gruenderfonds.at
Gründen & Wachsen in Österreich - Special Private Equity Buyouts M&A - VC-Magazin
Editorial

Der Anfang ist gemacht

Liebe Leserinnen und Leser,

der 05.08.2015 dürfte mit ziemlicher Sicherheit als DER
Tag in den Jahresrückblick der österreichischen Start-up-
und Gründerlandschaft eingehen. An diesem Tag nämlich
wurde die Übernahme von Runtastic aus Pasching bei Linz
durch den Sportartikelhersteller Adidas bekanntgegeben.
Kaufpreis: 220 Mio. EUR. Neben den Gründern Florian
                                                                                             Benjamin Heimlich, Redaktionsleiter
Gschwandtner, Alfred Luger, René Giretzlehner und Chris-
tian Kaar verkauften auch der Axel Springer Verlag, damals
mit 50,1% beteiligt, und der Business Angel Hansi Hans-
mann ihre Anteile an der Fitness-App. Nur rund einen Monat
später die nächste Erfolgsmeldung für Österreichs Gründer-
szene: Die norwegische Mediengruppe Schibsted Classifieds
Media kauft Finderly, die Gesellschaft hinter der Flohmarkt-
App Shpock, aus Wien. Über die Unternehmensbewertung
wurde Stillschweigen vereinbart, bekannt ist aber, dass
neben anderen auch bei diesem Start-up Hansi Hansmann
beteiligt war.
                                                                Zu einem wichtigen Treiber einer vitalen Start-up-Landschaft
Business Angels kommt bei der Finanzierung österreichi-         ist inzwischen auch die öffentliche Hand geworden. So betei-
scher Jungunternehmen eine wachsende Bedeutung zu. Denn         ligt sich beispielsweise die aws Austria Wirtschaftsservice
die Daten der heimischen Venture Capital-Szene machen           über ihren aws Gründerfonds gemeinsam mit privaten
durchaus Sorgen. Gerade einmal 13 Mio. EUR konnten Betei-       Investoren an jungen Unternehmen. Gleichzeitig hat man
ligungsgesellschaften mit Sitz in Österreich im vergangenen     auch bei der aws die Notwendigkeit einer aktiven Business
Jahr einsammeln. Ein historischer Tiefstwert. Vor diesem        Angel-Szene erkannt und fördert diese über einen eigenen
Hintergrund macht ein Blick auf den Global Wealth Report        Business Angel-Fonds. Der Nährboden für erfolgreiche
2014 der Boston Consulting Group Hoffnung. Demnach soll         Gründungen ist also gegeben, die Herausforderung wird
das private Vermögen in der Alpenrepublik in den kommen-        sein, sie so weit zu unterstützen, dass Erfolgsgeschichten
den Jahren um 3,5% auf dann 790 Mrd. USD anwachsen. Im          wie Runtastic und Shpock nur der Anfang sind.
internationalen Ranking der Millionärshaushalte liegt Öster-
reich mit 36.000 auf Platz 32. Bei einem anhaltenden Niedrig-   Eine spannende Lektüre wünscht
zinsumfeld dürfte sich dieses Kapital in noch größerem
Umfang auf die Suche nach attraktiven Renditen begeben.
Wieso also nicht das Portfolio aus Immobilien, Aktien, Kunst
und Oldtimern um Beteiligungen an innovativen Jungunter-
nehmen erweitern? Erfolgsgeschichten wie die von Run-
tastic und Shpock können für eine solche Entwicklung nur
hilfreich sein.                                                                              benjamin.heimlich@vc-magazin.de

Gründen & Wachsen in Österreich                                                                                                    3
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Inhalt

Überblick                                                  18     Case Study | mySugr GmbH: App für Diabetiker
                                                                  Wenn das Diabetes-Monster klingelt
6     Gründen und Wachsen in Österreich
      Gute Ansätze und noch Luft nach oben
                                                           Service

Finanzierung                                               19     Partner des Specials im Portrait

10    Interview mit Ralf Kunzmann, aws Gründerfonds
      „Wir sind erst am Anfang“                             Impressum                                VentureCapital
                                                                                                                              Magazin
12    One size fits all?
      Finanzierungstrends im österreichischen                   16. Jg. 2015
      Mittelstand                                               „Gründen & Wachsen in Österreich“ (9. Jg.)
      Leo Strohmayr, Invest AG                                  ein Special des VentureCapital Magazins

                                                                Verlag: GoingPublic Media AG, Hofmannstr. 7a, 81379 München,
                                                                Tel.: 089-2000339-0, Fax: 089-2000339-39, E-Mail: info@goingpublic.de,
Förderung                                                       Internet: www.vc-magazin.de, www.goingpublic.de

                                                                Redaktion:
14    Start-up-Förderung in der Alpenrepublik                   Mathias Renz (Verlagsleitung),
                                                                Benjamin Heimlich (Redaktionsleitung),
      Österreich: Nationale Gründerstrategie steckt hohe        François Baumgartner
      Ziele
                                                                Mitarbeit an dieser Ausgabe:
      Birgit Reiter-Braunwieser, ABA-Invest                     Birgit Reiter-Braunwieser, Christina Cassala, Holger Garbs, Leo Strohmayr

                                                                Lektorat: Sabine Klug, Magdalena Lammel

Aus der Praxis                                                  Gestaltung: Holger Aderhold, Annette Wiedemann

16    Case Study | Marinomed Biotechnologie GmbH:               Titelbild: © Creativemarc/www.fotolia.com

      Schnupfen als Geschäftsfeld                               Druck: Joh. Walch GmbH & Co. KG, Augsburg
      Mit Nasensprays aus der Uni in die Wirtschaft

4                                                                                             Gründen & Wachsen in Österreich
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                                                                               Ihren Erfolg.

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Überblick

                                 Gründen und Wachsen in Österreich

             Gute Ansätze und
            noch Luft nach oben
            Mozart, Sisi und ein Riesenrad, Fiaker, Hofburg und Sachertorte – wer an Österreich denkt,
            dem fallen viele Attraktionen ein, mit denen der Alpenstaat die Touristen ins Land lockt. Doch
            Österreich hat mehr zu bieten als den Glanz vergangener Zeiten. Mit Innovationen und zahl-
            reichen Start-up-Gründungen will das Land für Investitionen aus dem In- und Ausland attraktiv
                     werden. Denn: Mit Wagnisgeld für junge Unternehmen ist es nicht weit her.

6                                                                                        Gründen & Wachsen in Österreich
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F
       ür Österreichs Start-ups, so scheint es, läuft es gerade
       rund: Gleich zwei große Exits begeisterten die Finanz-     Private Equity- und Venture Capital-Investitionen in Österreich
       gemeinde im Jahr 2015: Runtastic, eine Fitness-App
aus Linz, wurde für 220 Mio. EUR an den Sportartikelherstel-                                                       Aus Österreich
                                                                                                         68 Mio.
ler adidas verkauft, die Übernahme von shpock, einer Floh-                                               EUR
markt-App für die Hosentasche, ließ sich das Medienhaus
Schibsted Classifieds Media eine Summe von 200 Mio. EUR
kosten. Die Norweger halten damit ab sofort 91% am öster-
reichischen Start-up.
                                                                                          472 Mio. EUR
                                                                     Aus dem Ausland
Wachstumsboom in Österreich
Diese Unternehmen fungieren als Leuchttürme in einer breit
gefächerten Szene. Weitere Unternehmen können nachzie-            Quelle: EVCA Yearbook 2014

hen, darunter auch die Wiener Diabetes-App mySugr. Das
Start-up sammelte rund 4 Mio. EUR ein, Zoomsquare hat sich
die Unterstützung des in England tätigen österreichischen         Unternehmern kommt wichtige Bedeutung zu
Wagniskapitalgebers Hermann Hauser gesichert. Kurz vor            Die öffentliche Förderlandschaft mit dem Austria Wirt-
dem Abschluss seiner nächsten Finanzierungsrunde hat              schaftsservice (aws) Gründerfonds macht öffentliches Kapi-
Zoomsquare zusätzlich den Einstieg von Amadeus Capital            tal verfügbar und hilft mit einer breiten Palette an Maß-
Partners vereinbart. Die Start-up-Szene in Österreich erlebt      nahmen wie Zuschüssen und Beratungsleistungen, die auf
derzeit einen starken Wachstumsboom. Die Zahl der Neu-            unterschiedliche Branchen und Entwicklungsstadien der
gründungen hat sich in den letzten Jahren mehr als verdop-        neuen Unternehmen abgestimmt sind. Diese Unterstützung
pelt. Rund 37.000 Unternehmen wurden im vergangenen               von öffentlichen Institutionen spielt speziell in einer frühen
Jahr in Österreich gegründet, davon entfallen nach Angaben        Phase eine wichtige Rolle. Einen ganz wesentlichen Beitrag
der PGM Consulting rund 8.000 alleine auf die Stadt Wien,         leisten zudem die Business Angels und Super-Angels in
etwa 8% davon machen innovative Start-ups aus. Besonders          Österreich. Im i2 Business Angel-Programm der aws sind
dynamisch entwickeln sich hierbei die Branchen Informa-           derzeit 240 Angels registriert und noch einmal 100 Personen
tionstechnologie, Life Sciences, Medien sowie die Kreativ-        in diversen kleineren Netzwerken. Alleine aus dem i2 Pool,
wirtschaft. Laut einer Studie aus dem Jahr 2013 der Jungen        dem aws Gründerfonds und Mittelstandsfonds sowie wei-
Wirtschaft, der Interessenvertretung der österreichischen         teren Akteuren ergibt sich ein theoretisch verfügbares Be-
Jungunternehmer im Rahmen der Wirtschaftskammer Öster-            teiligungsvolumen von über 200 Mio. EUR.
reich, entstehen mit einem neu gegründeten Unternehmen
durchschnittlich direkt 2,4 und indirekt (inkl. Vorleistungs-     Stiftungskapital bindet notwendiges Geld
verflechtungen und Kaufkrafteffekte) 5,3 Arbeitsplätze so-        Im Vergleich zum potenziellen Gesamtbedarf an Wagniskapi-
wie rund 181.000 EUR an Wertschöpfung. Die Prognose hieß:         tal sind diese Summen jedoch gering. Auch Hansi Hans-
Die 2013 gegründeten Unternehmen schafften im darauffol-          mann weiß das. Er ist Business Angel der ersten Stunde und
genden Jahr bis zu 200.000 neue Arbeitsplätze. Die Folge-         sein Riecher für Erfolg versprechende Unternehmen hat ihn
effekte entsprechen 8,7 Mrd. EUR an Wertschöpfung. Das            zu einem wichtigen Knotenpunkt im Start-up-Ökosystem
seien 2,8% des Bruttoinlandsproduktes. Das bedeutet: Die          gemacht. Seit 2010 investiert er privat unter anderem in
Start-ups von heute sind die Arbeitgeber und Wirtschafts-         Unternehmen wie shpock, Runtastic oder mySugr – also all
treiber von morgen.                                               jene Unternehmen, die entweder ihren Exit bereits gemacht

Gründen & Wachsen in Österreich                                                                                                     7
Gründen & Wachsen in Österreich - Special Private Equity Buyouts M&A - VC-Magazin
Überblick

Entwicklung der Unternehmensgründungen in Österreich

                                                                                                                                                    37.054

                                                                           29.740

    14.306

    1994                                                                    2004                         2008                                        2014

    Die Tätigkeit der selbstständigen Personenbetreuung wurde im Jahr 2007 ausdrücklich in der Gewerbeordnung geregelt, die führte zu einem sprunghaften Anstieg
    der Gründungszahlen im Jahr 2008.

Quelle: WKÖ 2014

oder wenigstens international von sich reden gemacht                                 Wachstumskapitalmarkt für das Jahr 2014 erneut einen star-
haben. Die von ihm gegründete hansmengroup ist ein Zu-                               ken Rückgang verzeichnete. Österreich bildet damit das
sammenschluss seiner wichtigen Beteiligungen und dient                               Schlusslicht im deutschsprachigen Raum. Insbesondere das
den Gründern zum Austausch und Benchmarking und bietet                               Fundraising sank hierbei auf einen historischen Tiefstwert:
zudem Hilfestellung. Außerdem rief Hansmann die Austrian                             Lediglich 13 Mio. EUR brachten private Beteiligungskapital-
Angel Investors Association ins Leben. Sie ist die nationale                         geber mit Sitz in Österreich an frischem Kapital auf. Im
Interessenvertretung von Business Angels im Alpenstaat. In                           Vergleich zum Vorjahr war das eine Verringerung um ins-
seinem Netzwerk ist eine Vielzahl an Business Angels aktiv.                          gesamt 35%. Im gleichen Zeitraum wurden im gesamten
Was aber fehle, so Hansmann, sei ausreichend Kapital, das                            DACH-Raum 4,9 Mrd. EUR eingesammelt. Hinzu kommt: Das
                    notwendig wäre, damit Start-ups nach                             Fundraising in Österreich wurde mit 76,9% hauptsächlich
                    der Seed-Phase aus Österreich heraus                             durch staatliche Akteure geleistet. Damit ist und bleibt die
                    wachsen könnten. Doch hohe Summen                                öffentliche Hand der größte Fondsinvestor in Österreich.
                    sind in Stiftungskapital gebunden. Weil                          „Die nationalen steuerrechtlichen Rahmenbedingungen ma-
                    Stiftungsverwalter jedoch risikoavers                            chen es schwierig, privates Wachstumskapital für österrei-
                    agieren, steht das Geld dem Wagniska-                                                chische Unternehmen sicherzustellen“,
                    pitalmarkt nicht zur Verfügung. „Rund                                                sagt AVCO-Geschäftsführer Jürgen Mar-
                    100 Mrd. EUR dienen somit dem reinen                                                 chart. Ohne den entsprechenden EU-
                    Kapitalerhalt“, schätzt Hansmann. Viel                                               Fundraisingpass dürfen kleine natio-
                    Geld, das dem Wirtschaftsstandort Ös-                                                nale Fonds keine internationalen Inves-
Hansi Hansmann,
Business Angel      terreich schlichtweg fehle.                                                          toren ansprechen. „Diesen bekommt
                                                                                                         man als Fonds aber nur durch AIFMG-
Privater Wachstumskapitalmarkt stark rückläufig                                                           Konzessionierung durch die FMA, wo-
Auch die Austrian Private Equity Capital Organisation (AVCO)                                             für die österreichischen Fonds aller-
als Dachorganisation der österreichischen Beteiligungskapi-                          Jürgen Marchart,
                                                                                                         dings in der Regel zu klein sind“, so
talindustrie vermeldet, dass der österreichische private                             AVCO                der AVCO-Geschäftsführer. Vertreter des

8                                                                                                                      Gründen & Wachsen in Österreich
Gründen & Wachsen in Österreich - Special Private Equity Buyouts M&A - VC-Magazin
österreichischen Start-up-Ökosystems fordern daher ver-         zu verlieren.“ Der Corporate Investor aus Wien unterstützt
besserte gesetzliche Rahmenbedingungen für die Finanzie-        als strategischer Partner junge Technologieunternehmen
rung von innovativen und wachstumsorientierten Start-up-        und gehört als Beteiligungsarm zu Constantia Industries, ei-
Unternehmen. Ein Investitionsfreibetrag von 100.000 EUR ist     nem seit über 40 Jahren bestehenden österreichischen
zentraler Bestandteil der Forderung.                            Privatunternehmen mit internationaler Ausrichtung. Die
                                                                Investments sind Teil der Wachstumsstrategie des Unter-
Bessere Situation bei Fonds-Investitionen                       nehmens.
Ein bisschen besser sieht die Situation dann aus, wenn In-
vestitionszahlen der Fonds betrachtet werden. Im Jahr 2014      Speedinvest bündelt private Investoren
belief sich diese Summe auf insgesamt 106 Mio. EUR, das ist     Dass man mit Investments in digitale
ein Plus von 20% zum Jahr 2013, so die Daten aus der jähr-      Geschäftsmodelle Geld verdienen
lichen Kennzahl-Erhebung, die die AVCO in Zusammenarbeit        kann, beweist seit vier Jahren Oliver
mit dem europäischen Dachverband Invest Europe erhebt.          Holle. Mit seinem zweiten Fonds, Speed-
Das meiste Geld hiervon floss in die Frühphase und Buy-         invest II, in Höhe von 90 Mio. EUR betei-
outs. Nach wie vor wird mehr Kapital gesucht, als die           ligt er sich aktiv am Aufbau des Öko-
österreichischen Fonds zur Verfügung stellen können. Rich-      systems. Aktuell bündelt der Fonds das
tige Branchentrends sind nicht auszumachen. Die Vertei-         Kapital von 100 privaten Investoren
lung der Unternehmen entspricht dabei der von KMUs in           und Business Angels. Der inhaltliche
Österreich. Im Umkehrschluss heißt das: Wo Unternehmen          Fokus liegt auf digitalen Geschäftsmo- Oliver Holle,
sind, wird investiert. „Die Segmente sind hierbei so klein,     dellen, wobei sich Speedinvest neben SpeedInvest
dass sie durch Einzelinvestments immer wieder beeinflusst       einer Reihe an B2C-Beteiligungen vor
werden“, so Marchart. Vor allem technologieaffine Themen        allem in den Bereichen Fintech und disruptive Kerntechno-
und skalierbare Branchen sind besonders interessant.            logien beteiligt. Das Modell: Über das reine Investment hin-
                                                                aus bringen sich Holle und sein Team operativ in die Expan-
Tech-Unternehmen sahnen bei Transaktionen ab                    sionsstrategie der Unternehmen ein. Insgesamt hält Speed-
Das belegen auch die Zahlen des Tech Exit Report für Öster-     invest etwa 15% bis 20% der Anteile am Unternehmen,
reich: 30% der Transaktionen fanden im IT-Sektor statt. Die     rund 5% entfallen dabei auf Anteile für die Beratungsleis-
Anzahl der damit getätigten Investments hat sich seit 2012      tung im Unternehmen. Zu den bekanntesten Investments
                    nahezu verdoppelt. Hoch skalierbare         aus dem letzten Fonds zählen Wikifolio, shpock, Holvi und
                    Business-Modelle und die Möglichkeit        Flaviar – allesamt Start-ups, die über Österreich hinaus Be-
                    hoher Returns machen IT- und Tech-          kanntheit erlangt haben. Start-ups, die Hoffnung machen
                    Unternehmen interessant für Investo-        und ein Signal für international aktive Investoren setzen.
                    ren. „Außerhalb des Scheinwerfer-
                    lichts der Start-up-Szene haben sich        Fazit
                    in Österreich Unternehmen im Tech-          Die Start-up-Landschaft in Österreich boomt. Interessante,
                    Bereich professionalisiert, die aber        skalierbare Business-Modelle, lukrative Investments sowie
                    ähnliche Herausforderungen zu meis-         beachtliche Exits haben in den letzten Monaten bewiesen,
Herwig Springer,    tern haben wie Start-ups“, sagt Herwig      dass die Alpenrepublik in Sachen Innovation und Markt-
i5invest            Springer, CEO – Corporate Develop-          fähigkeit das Zeug dazu hat, in der DACH-Region eine wich-
                    ment der i5invest. Was er meint: Ab         tige Rolle zu spielen. Während mit der aws und einer gut auf-
einer bestimmten Größe wird es schwer, aus Österreich           gestellten Business Angels-Landschaft die Gründer gute
heraus zu expandieren. „Es fehlt an Ressourcen, an Kapital      Möglichkeiten haben, die Seed-Phase gut zu überstehen, tut
und am Netzwerk, um Themen global auszurollen.“ I5invest        sich für die späteren Kapitalrunden eine Lücke auf. Inter-
unterstützt daher IT und Tech-Unter-                            nationale Wagniskapitalgeber fehlen und die wenigen ansäs-
nehmen in der Later Stage-Phase im                              sigen Investoren haben nicht die Kraft, das gesamte
Rahmen der internationalen Expansion                            Ökosystem auf internationales Niveau zu heben. Mit Speed-
und Partnersuche. Philipp Thurn und                             invest hat das Land einen Investor mit Signalwirkung. Zu-
Taxis, Geschäftsführer der Constantia                           dem ist die österreichische Start-up-Szene eng verzahnt.
New Business GmbH, zeigt sich in der                            Dies bietet die Chance, gemeinsam auch politikseitig dazu
Bewertung der Situation ebenfalls zu-                           beizutragen und als Anlagemöglichkeiten für internationale
rückhaltend: „Trotz hervorragender                              Investoren interessant zu werden.
Talente im Engineering-Bereich und gu-
ten Universitäten müssen wir hierzu- Philipp Thurn und Taxis,                                                Christina Cassala
lande aufpassen, nicht den Anschluss Constantia New Business                                         redaktion@vc-magazin.de

Gründen & Wachsen in Österreich                                                                                             9
Gründen & Wachsen in Österreich - Special Private Equity Buyouts M&A - VC-Magazin
Finanzierung

Interview mit Ralf Kunzmann, aws Gründerfonds

„Wir sind erst am Anfang“
Das Jahr 2014 war eines der schwierigsten für die österreichische Beteiligungsbranche. Gerade einmal 13 Mio. EUR sammelten die Venture
Capital- und Buyout-Fonds ein. Und auch das Investitionsvolumen gab nach: Von 88 Mio. EUR 2013 rutschte es auf 85 Mio. EUR im
vergangenen Jahr ab. Die Gründe für diese Entwicklung sind vielfältig, an der Qualität der österreichischen KMUs scheint es allerdings nicht
zu liegen. Sie erhielten insgesamt 232 Mio. EUR von Beteiligungsgesellschaften aus dem Ausland – fast ein Viertel der Summe floss ins
Frühphasensegment.

VC Magazin: Viele Gründerinnen und Gründer in Österreich
haben die ersten Schritte finanziell mit der aws gestemmt,
wann kommt der aws Gründerfonds ins Spiel?
Kunzmann: Die aws ist als Förderbank der Republik die erste
Adresse für Gründerinnen und Gründer in Österreich. Die
aws betreut Start-ups ab ihrer Geburtsstunde durch die Pre-
Seed- und Seed-Phase. Der aws Gründerfonds ist mit einem
Fondsvolumen von rund 70 Mio. EUR der Venture Capital-
Fonds der aws und rundet das Angebot hervorragend ab.
Dann nämlich, wenn ein Gründerteam beispielsweise schon
ein Produkt entwickelt hat und beweisen muss, dass das
Geschäftsmodell in der Lage ist, sich selbst zu tragen und zu
monetisieren, braucht es Wagniskapital, um Gründerinnen
und Gründer in den Markt zu begleiten. Mit dem aws Grün-
derfonds sind wir damit echter Anschub- und Anschluss-
finanzierer und starker Partner für Late Seed und Series                Ralf Kunzmann
A-Finanzierungen, der die Mobilisierung von privaten Co-In-               war vor seinem Wechsel als Geschäftsführer in die aws Fonds-
vestoren im Fokus hat.                                                    management GmbH und als CEO des aws Gründerfonds viele
                                                                          Jahre für die internationalen Private Equity-Aktivitäten der Uni-
VC Magazin: Wie erklären Sie es sich, dass es in Österreich               Credit Bank Austria-Gruppe verantwortlich. Davor war er in der
bislang so wenige Anlaufstellen gibt, die Gründer dabei                   KPMG-Austria-Gruppe in leitender Funktion im Bereich Finan-
unterstützen, ihre Produkte in den Markt zu bringen?                      cial Advisory Services mit Schwerpunkt Corporate Finance
Kunzmann: Wir haben in Österreich ein gut funktionierendes                beschäftigt. Ralf Kunzmann ist Vortragender und Autor zahl-
und engmaschiges Fördernetz, das für das Start-up-Ökosys-                 reicher Fachpublikationen auf dem Gebiet des Unternehmens-
tem einen echten Standortvorteil darstellt. Um Unterneh-                  erwerbs.
men in den Markt zu bringen, ist Venture Capital erforder-
lich, und der Mangel daran ist ein generelles Problem in
Europa. Nach dem Rückzug der Finanzindustrie aus dem
Wagniskapitalgeschäft ist der Venture Capital-Markt nahezu              direkt an oder bedienen uns zum Beispiel der i2 Business
ausgetrocknet. Um diesen Nachfrageüberhang auszuglei-                   Angels-Börse oder der Kontaktplattform Equityfinder.at.
chen, hat sich die Bundesregierung vor gut drei Jahren dazu
entschlossen, den aws Gründerfonds ins Leben zu rufen, um               VC Magazin: Zu jedem Investment, das Sie tätigen, nehmen
dieser Entwicklung konsequent entgegenzuwirken. Wir                     Sie auch einen Anteil an privatem Kapital mit. Wie hoch ist
haben bislang mehr als 900 Projekte erhalten und sehen                  die Summe prozentual pro Investment durchschnittlich?
darunter interessante Innovationen, die aufgrund ihres                  Kunzmann: Wir haben inzwischen schon 13 Beteiligungen
Entwicklungs- und Skalierungspotenzials damit auch wag-                 in unserem Portfolio und werden mit Ende 2015 rund
niskapitalfähig und interessant für private Co-Investoren               40 Mio. EUR in österreichische Start-ups investiert haben.
werden. Dazu sprechen wir geeignete Partner entweder                    Das entspricht einer Steigerung von gut 30% im Vergleich

10                                                                                                   Gründen & Wachsen in Österreich
zum Vorjahr. Von dem Gesamtbetrag sind etwa zwei Drittel        Kunzmann: Sowohl als auch. Entscheidend ist doch, Grün-
des Geldes aus privaten Töpfen geflossen, ein Drittel kam       derinnen und Gründer auf ihrem Weg zum Erfolg zu unter-
aus dem aws Gründerfonds. Aus diesen Zahlen kann man            stützen, und dazu braucht es in jeder Phase des Unter-
ablesen, dass wir eine Hebelwirkung auf privates Kapital in     nehmenslebenszyklus den „richtigen“ Partner. Wir haben in
Höhe von rund 200% erzeugen. Mobilisierung von privaten         Österreich eine gut funktionierende Business- und Super
Co-Investoren war und ist unser erklärtes Ziel, und das zeigt   Angels-Szene, die eine ganz hervorragende Arbeit leistet. In
deutlich, wie wirksam dieses Instrument greift.                 den letzten Jahren hat sich da bereits einiges getan. Mit
                                                                dem Business Angel-Fonds gibt es inzwischen eine Platt-
VC Magazin: Welche Unternehmen sind für Sie hinsichtlich        form, die es Business Angels möglich macht, ihr eingesetz-
möglicher Investments besonders interessant?                    tes Kapital zu verdoppeln. Gleichzeitig haben wir in Öster-
Kunzmann: Wir investieren in österreichische Unternehmen        reich eine aktive Start-up-Szene, die es auch für internatio-
mit überdurchschnittlichem Wachstumspotenzial und maxi-         nale Investoren interessant macht, hierzulande ihr Geld zu
mal 10 Mio. EUR Umsatz. Unser Sweetspot sind Start-ups in       investieren.
einer Phase um den Markteintritt herum, also Early Stage
und frühe Wachstumsphase. Wir schließen dabei bewusst           VC Magazin: Fast sollte man meinen, die Start-up-Szene Öster-
keine Branchen oder Start-ups aus! Von digitalen Themen         reichs bündelte sich alleine in Wien. Können Sie erklären,
über Hardware bis hin zu Life Sciences-Unternehmen              woran das liegt? Schließlich ist die aws auch in den anderen
schauen wir uns alle venturefähigen Businesscases an.           Bundesländern aktiv.
Wichtig dabei ist es, Geschäftsmodelle zu finden, die ein       Kunzmann: Zunächst gibt es natürlich ein Ost-West-Gefälle in
hohes Wachstums- und Skalierungspotenzial mitbringen,           der Verteilung von Bevölkerung und KMUs in Österreich.
ein Produkt mit USP besitzen und vor allem über ein Team        Das spiegelt sich auch in unserem Dealflow wider, in dem
verfügen, das in der Lage ist, auch das umzusetzen, was im      Ostösterreich stärker repräsentiert ist. Als aws Gründer-
Pitch Deck versprochen wird.                                    fonds investieren wir in österreichische Unternehmen aller
                                                                Bundesländer und zählen z.B. mit Visocon und Sendhybrid
VC Magazin: Warum sind Co-Investoren für die aws so             Unternehmen aus der Steiermark und mit Roomle und
wichtig?                                                        Bluesource zwei Start-ups aus Oberösterreich zu unserem
Kunzmann: Wir sind nicht nur angetreten, um wagniskapital-      Portfolio.
suchenden Gründerinnen und Gründern ein Angebot anzu-
bieten, sondern auch um österreichische Start-ups für inter-    VC Magazin: Welche Signalwirkung werden die großen Exits
nationale Investoren sichtbar zu machen und ihnen inte-         von Start-ups wie Runtastic oder Shpock haben?
ressante Investmentmöglichkeiten zu liefern. Wir betreiben      Kunzmann: Runtastic und Shpock, aber auch das Biotech-
aktives Deal Sourcing und sind damit gerade für Co-Investo-     Unternehmen Dutalys, das vor rund einem Jahr an Roche
ren, die keine eigenen Strukturen in Österreich unterhalten,    gegangen ist, haben natürlich international viel Aufmerk-
ein attraktiver Partner mit exzellentem Marktzugang. Wir        samkeit erzeugt. Das hat natürlich Signalwirkung – auf Inves-
wollen bei unseren Investments immer auch Mehrwert über         toren, aber sicher auch auf Gründer, die sehen, dass sie mit
das Geld hinaus für die Unternehmen schaffen. Dazu suchen       Mut und Unternehmergeist und dem nötigen Wagniskapital
wir uns Co-Investoren, mit denen wir uns idealerweise           Visionen zum Erfolg führen können. Ich denke, diese Aware-
ergänzen: Während wir uns um die Finanzierungsseite             ness unterstützt die vielen Bemühungen von allen Seiten,
kümmern, dazu unser Netzwerk und Know-how einsetzen,            Österreich zu einem Start-up Hotspot in Europa zu machen.
das Unternehmen auf Folgefinanzierungen vorbereiten und         Wir sind erst am Anfang, aber mit Blick auf den Dealflow bin
Zugang zu Förderungen und Bankfinanzierungen ermög-             ich zuversichtlich, dass wir in Zukunft noch weitere erfolg-
lichen, unterstützen komplementäre Partner z.B. beim            reiche Exits sehen werden.
Vertriebsaufbau oder der industriellen Skalierung.
                                                                VC Magazin: Vielen Dank für das Interview, Herr Kunzmann.
VC Magazin: Adressieren Sie zumeist österreichische Co-
Investoren oder greifen Sie auf internationale Investoren                                                    Christina Cassala
zurück?                                                                                              redaktion@vc-magazin.de

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Finanzierung

One size fits all?

Finanzierungstrends im
österreichischen Mittelstand
Österreichs Mittelständler stehen mehr denn je vor großen Herausforderungen. Mit den geänderten Rahmenbedingungen, welche mit der
Finanzkrise der Jahre 2008/09 einhergingen, nimmt die durch das gesamte Unternehmensumfeld getriebene Entwicklungs- und Verän-
derungsdynamik deutlich zu. Die Eigenkapitalfinanzierung in Österreich hat den daraus entstehenden Herausforderungen mit individuelleren
Angeboten zu begegnen, um für Mittelstandsunternehmen eine anerkannte Alternative zu werden.

D
         ie Wirtschaft ist durch eine zunehmende Interna-             der – positiv formuliert – gleichen Dynamik ergriffen sind
         tionalisierung und damit globale Wettbewerbsdyna-            und aufgrund vielfältiger regulatorischer Anforderungen die
         mik, sich revolutionierende Geschäftsmodelle, ver-           Finanzierungsbedingungen anpassen müssen. Bei unterneh-
änderte Kundenbedürfnisse und sehr kurze Innovations- und             merischen Sondersituationen, wie z.B. der Vorbereitung
Technologiezyklen geprägt. Daraus ergeben sich vielfältige            und Umsetzung einer anstehenden Unternehmensnachfolge,
Wachstums- und Entwicklungschancen, denen aber im                     bei der Durchfinanzierung von Turnarounds oder bei einer
gleichen Ausmaß Risiken gegenüberstehen. Sich ändernde                Neuordnung der Gesellschafterstruktur aufgrund des Aus-
politische, soziale und steuerliche Rahmenbedingungen,                scheidens von Mitgesellschaftern, wird man an alternativen
die Entwicklungen an den internationalen Kapital- und De-             und individuell strukturierten Finanzierungslösungen, wel-
visenmärkten, hohe Schwankungen der Rohstoffpreise und                che auch Mezzanine- und Eigenkapitalinstrumente beinhalten,
nicht zuletzt die derzeit sehr präsenten Krisenherde, die             ohnehin nicht mehr vorbeikommen.
Europa, seine Bürger und somit auch die Unternehmen zu-
nehmend direkt betreffen, stellen Risiken dar, die außerhalb          Finanzierungstrends im österreichischen
der unternehmerischen Einflusssphäre liegen. In diesem                Mittelstand
Umfeld haben der Erhalt oder die Entwicklung einer klaren             Betrachtet man den Markt alternativer Mittelstandsfinanzie-
Unternehmensstrategie, die bei mittelständischen Unter-               rung, blickt man auf ein vielfältiges Angebot verschiedenster
nehmen oftmals auf einen Mix aus Technologie-/Innovation-             Instrumente. In der engeren Auswahl stehen sowohl Mittel-
und Kostenführerschaft aufbaut, und der Ausbau einer mög-             standsanleihen als auch Debt- und Equity-Mezzanininstru-
lichst international wettbewerbsfähigen Marktposition für             mente von hochgradig spezialisierten Fonds sowie Private
mittelständische Unternehmen oberste Priorität.                       Equity in seiner vielfältigen Ausprägung. Crowdinvesting
                                                                      stellt für den Mittelstand derzeit keine Alternative dar. Es
Ein ausbalancierter Finanzierungsmix ist                              ist allerdings zu beobachten, dass in Österreich nach wie
erfolgskritisch                                                       vor die klassische Fremdfinanzierung im Vordergrund steht.
Den strategischen Herausforderungen folgen operative Anfor-           Die Unternehmensfinanzierung erfolgt entsprechend der
derungen, die neben dem eigentlichen Tagesgeschäft auch               bilanziellen und der wirtschaftlichen Risikotragfähigkeit und
ambitionierte Entwicklungsprojekte sowie ein New Business             im Rahmen der vielfältigen Anforderungen, welchen die Ban-
Development oder anlassbezogene M&A-Aktivitäten beinhal-              ken selbst unterliegen. Eigenkapital – in unterschiedlichster
ten. Durch oftmals parallel laufende Anpassungs- und Restruk-         Ausprägung – kommt jedenfalls eine wachsende Bedeutung
turierungsprojekte (wie z.B. Anpassung von Strukturen                 zu. In der täglichen Zusammenarbeit mit vielen Mittelständ-
und Prozessen, Schließung von Standorten etc.) wird das               lern ist zu beobachten, dass durch Eigenkapitalfinanzierung
Management zusätzlich gefordert. Gleichzeitig steigen damit           neben der Absicherung der Bankenfinanzierung entschei-
beinahe linear die kaufmännischen Herausforderungen an die            dende strategische und operative Maßnahmen eingeleitet
Unternehmensplanung sowie an das Reporting. Die Bedeu-                werden und die Unternehmen dadurch tatsächlich ihre
tung eines langfristig gesicherten sowie kurzfristig flexiblen        Wettbewerbsfähigkeit erhöhen. Die von uns wahrgenom-
und somit ausbalancierten Finanzierungsmix ist aufgrund               menen Trends hinsichtlich der Bereitschaft von Mittel-
der beschriebenen Entwicklungs- und Veränderungsdynamik               standsunternehmen, mit Eigenkapitalpartnern zusammen-
erfolgskritisch. Dies alles in Betracht ziehend wenden sich           zuarbeiten, werden in der aktuellen KPMG-Studie „European
vorausschauende und kaufmännisch vorsichtig agierende                 Familiy Business Trends – Modern Times?“ bestätigt. Über-
Unternehmen ihren bewährten Finanzierungspartnern, den                einstimmend bestätigt sich, dass mittelständische (Famili-
Hausbanken, zu und müssen feststellen, dass diese von                 en-)Unternehmen auf Folgendes Wert legen:

12                                                                                                Gründen & Wachsen in Österreich
– Aufrechterhaltung einer mehrheitlichen Eigentümerstellung:                                                  ständler ihre Autonomie- und Eigentümerverhältnisse auf
  Mehr als drei Viertel (76%) der Befragten gaben an, dass                                                    Gesellschafterebene wahren können, gleichzeitig aber nach-
  die Eigentümer nicht geneigt sind, die Mehrheit ab- oder                                                    rangiges und gleichermaßen langfristiges (IFRS-fähiges)
  die Kontrolle aufzugeben.                                                                                   Eigenkapital sowie einen Finanzierungspartner gewinnen,
– Familienunternehmen erkennen die Bedeutung externer Einfluss-                                                der sich aufgrund der gemeinsamen langfristigen Ergebnis-
  nahme und den Wert unabhängiger Aufsichts-/Beiräte:                                                         und Wertorientierung „im selben Boot“ wie die Gesellschaf-
  Rund die Hälfte der in der KPMG-Studie befragten Fami-                                                      ter befindet. Der Ansatz unterscheidet sich damit wesent-
  lienunternehmen steht hinter dieser Aussage. Dies trifft                                                    lich von wenig erfolgreichen Standard-Mezzaninprodukten,
  im Mittelstand – vor allem bei von Managementgesell-                                                        die meist als Debt-Instrument mit hoher Verzinsung struk-
  schaftern geführten Unternehmen – mehrheitlich zu. Ein                                                      turiert und für viele Mittelständler aufgrund der asym-
  gemeinsam vom Unternehmer und der Beteiligungsge-                                                           metrischen Interessenverteilung meist im ungünstigsten
  sellschaft initiierter und mit externen Experten ergänzter                                                  Zeitpunkt, nämlich bei Planabweichungen, zum Nachteil
  Beirat setzt in der Regel strategische Impulse und gibt                                                     werden können. Der Einsatz von langfristigem Equity-Mez-
  dem operativen Management die Möglichkeit einer part-                                                       zaninkapital setzt eine langfristige Ausrichtung des Eigenka-
  nerschaftlichen Reflexion.                                                                                  pitalgebers selbst voraus, die bei üblichen Fondslaufzeiten
– Es besteht Finanzierungsbedarf für den Ausbau des Unterneh-                                                 („Closed-end-Fonds“) von Private Equity-Gesellschaften nicht
  mens:                                                                                                       gegeben ist. Die Invest AG ist als langfristig angelegte Aktien-
  Die Studie bestätigt, dass die Expansion meist oberste                                                      gesellschaft („Evergreen“) in der Lage, diese individuellen
  Priorität hat. Der kurzfristige Schwerpunkt liegt auf orga-                                                 und langfristigen Lösungen zu strukturieren.
  nischem Wachstum in bestehenden Märkten. Langfristig
  stehen Akquisitions- und Expansionsstrategien in neue
  Märkte im Fokus. Auch wenn vielerorts die Nachfrage
  nach Finanzierungslösungen und Eigenkapital verneint                                                        Leo Strohmayr
  wird, erweist es sich, dass oftmals erst beim Zusammen-                                                       ist Vorstand der Invest AG. Die Invest AG
  treffen von ambitionierten Projekten mit individuellen                                                        ist mit einem Eigenkapital von 150 Mio.
  und anerkannten Gesamtfinanzierungslösungen der eigent-                                                       EUR, in den letzten 20 Jahren rund 140
  liche Finanzierungsbedarf generiert wird.                                                                     begleiteten und aktuell mehr als 20 Port-
                                                                                                                foliounternehmen Österreichs führende Be-
Spezialisierte Equity-Mezzaninlösung                                                                            teiligungsgesellschaft. Gemeinsam mit den
Aus den oben beschriebenen Trends leitet sich ab, dass                                                          langjährigen Vorstandskollegen Mag. Dr.
vor allem ein in Österreich wenig beachtetes, aber von der                                                      Andreas Szigmund und Dr. Gernot Hofer
Invest AG bereits in vielen Fällen eingesetztes und langfris-                                                   und einem bewährten Investmentteam wer-
tig bewährtes Finanzierungsinstrument sehr viele der ge-                                                        den langfristige, individuelle Lösungen mit Fokus auf Min-
nannten Anforderungen erfüllt: eine individuelle Equity-                                                        derheitsbeteiligungen und Equity-Mezzanine strukturiert und
Mezzaninlösung, z.B. in Form von sozietären Genussrechten.                                                      Unternehmen partnerschaftlich begleitet.
Das Instrument zeichnet sich dadurch aus, dass Mittel-
                                                                                                                                                                      ANZEIGE

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Optimismus ohne Überschwang
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                                                                                                                            Private Equity, Technologietrends und
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  Interview mit Ilse Aigner, Wirtschaftsministerium Bayern
                                                                                                   ich bu
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                                                                                              te nd

  Die Große Koalition hat noch To-dos auf der Agenda
                                                                                            Ös ra
                                                                                         in B
                                                                                       en l in

  Appell: Bessere Rahmenbedingungen für Venture Capital
                                                                                     hs ita
                                                                                   ac ap
                                                                                  W k

                                                                                                                                            facebook.com/VentureCapitalMagazin
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Förderung

Start-up-Förderung in der Alpenrepublik

       Österreich: Nationale
Gründerstrategie steckt hohe Ziele
Für innovative, erfinderische und unternehmerische Geister sind gute Zeiten in der Alpenregion angebrochen. Im April 2015 präsentierte
das österreichische Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft (bmwfw) die neue „Gründerland-Strategie“ für die
Bundesrepublik. Ziel ist es, Österreich bis 2020 zum Gründerland Nummer eins in Europa zu machen.

D
        och die europäische Konkurrenz schläft nicht.
        Durch die konsequente Umsetzung von insgesamt
        vierzig Maßnahmen zur Verbesserung der Rahmen-
bedingungen für Innovation und Unternehmensgründung
soll Österreich in den kommenden Jahren zum „Innovation
Leader“ in der EU aufsteigen. Besondere Aufmerksamkeit
widmet der Maßnahmenplan dem Bereich Finanzierung.
Derzeit stammen über 87% der Venture Capital- und Private
Equity-Investitionen in Österreich aus dem Ausland – vor-
rangig aus Deutschland. Ein klares Anzeichen dafür, dass
der österreichische Start-up-Markt ein attraktives Ziel auch
für ausländische Investoren ist. Aber auch ein Signal für
Handlungsbedarf, um diese Attraktivität auszubauen und
auch im Inland Kapitalgeber zu mobilisieren.

                                                                                                                                                              Foto: © auris/www.fotolia.com
Erleichterte Finanzierung für kleine Unternehmen
An einer Verbesserung der Finanzierungsbedingungen wird
bereits gearbeitet: So trat am 1. September 2015 das neue
sogenannte Crowdfunding-Gesetz in Kraft, das die Prospekt-
pflicht für Crowdinvesting- und Crowdfunding-Projekte
maßgeblich erleichtert. Ein vollumfänglicher Kapitalmarkt-           Österreich hat bereits erste Schritte unternommen, um „Innovation Leader“ in der EU zu
                                                                     werden.
prospekt ist damit erst ab 5 Mio. EUR Emissionsvolumen
erforderlich; zuvor waren es 250.000 EUR. Privatinvestoren           scher Praxis haben sich in den vergangenen 20 Jahren In-
werden im gleichen Zuge durch eine Investitionsgrenze von            dustrie- und Hochschulpartner in rund 50 Branchen-Clus-
max. 5.000 EUR pro Start-up geschützt. Nur wer ein Monats-           tern und 122 Kompetenzzentren zusammengefunden, um
nettoeinkommen von über 2.500 EUR vorweisen kann, darf               den Brückenschlag von Wissenschaft zu Praxis zu machen.
diese Schallgrenze überschreiten. Noch vor Inkrafttreten             Die Forschungsausgaben Österreichs wuchsen innerhalb
des Crowdfunding-Gesetzes kündigte Staatssekretär Harald             von zehn Jahren um 78%, Tendenz steigend. Es kann also
Mahrer zudem bereits die nächste Maßnahme an: Noch vor               nicht verwundern, dass die Frequenz unternehmerischer
Jahresende soll ein „Business Angel-Freibetrag“ vorgestellt          Spin-offs aus Universitäten und Hochschulen jährlich zu-
werden, mit dem Investitionen in junge, wachsende Unter-             nimmt.
nehmen durch andere Firmen, Stiftungen oder Privatperso-
nen steuerlich incentiviert werden.                                  Förderung aus öffentlicher Hand
                                                                     Hinter den Innovations- und Forschungszielen für 2020
Starke Netzwerke von Wissenschaft und Wirtschaft                     steht ein starker politischer Wille. Aus diesem Grund kön-
Eine weitere finanzielle Erleichterung wurde für forschende          nen inländische und internationale Unternehmensgründer
Unternehmen geschaffen: Ab dem 1. Januar 2016 steigt die             in Österreich auf ein breites Förderinstrumentarium zurück-
steuerliche Forschungsprämie bereits zum dritten Mal auf             greifen. Stärkster Partner für Start-ups in allen Wachstums-
nunmehr 12%. Eine Maßnahme, die gerade forschenden                   phasen ist die staatliche Förderbank Austria Wirtschafts-
Jungunternehmen zugutekommt. Durch die dichte Hoch-                  service (aws). Mit gezielten Initiativen wie etwa dem Jump-
schullandschaft Österreichs und die gezielte Stärkung der            Start-Programm oder der Venture Capital-Initiative erreicht
Zusammenarbeit zwischen Akademie und unternehmeri-                   sie bereits rund 10% der heimischen Start-ups und jungen

14                                                                                                         Gründen & Wachsen in Österreich
Unternehmen. Im Jahr 2014 wurden erstmals im Rahmen            geist vor: Im Global Entrepreneurship Monitor 2014 ran-
          der „Startup Offensive 2014“ 100 Mio. EUR für Gründer/         gieren die Österreicher hier auf Platz acht von 24 ausgewer-
          -innen zur Verfügung gestellt. Die Forschungsförderungs-       teten EU-Ländern. Diverse Exits der vergangenen Monate,
          gesellschaft (FFG) fördert die angewandte Forschung und        allen voran das Linzer Start-up Runtastic, demonstrieren
          technologische Entwicklung durch Finanzierung von Einzel-      das große Potenzial der österreichischen Gründerszene, die
          projekten. Im vergangenen Jahr steigerte die FFG ihr Förder-   sich in den vergangenen zwei Jahrzehnten rasant entwickelt
          volumen um knapp 27% auf 617 Mio. EUR. INiTS, eine mit         hat. So stiegen die Unternehmensgründungen in Österreich
          Fördermitteln aus dem „Academia & Business“-Programm           innerhalb von 20 Jahren um mehr als das Doppelte auf über
          des Wissenschaftsministeriums ausgestattete Tochter der        37.000 im Jahr 2014. Vorreiter ist die Hauptstadt Wien. Nach
          TU und der Wirtschaftsagentur Wien, unterstützt Start-ups      Erhebung der Wirtschaftskammer Österreich gründeten sich
          durch umfassende Beratung und pragmatische Hilfestel-          hier im Jahr 2014 8.256 neue Unternehmen. Niederöster-
          lung, wie etwa das Angebot günstiger Räumlichkeiten. Seit      reich ist die zweitaktivste Gründer-Region mit 7.590 Neugrün-
          2003 hat sie 176 Neugründungen oder Spin-offs unter die        dungen 2014, gefolgt von der Steiermark mit 5.548 neuen Fir-
          Arme gegriffen und damit rund 1.300 neue, hochqualifizierte    men. Ein Wachstumstrend, der sich fortsetzen dürfte.
          Jobs generiert. 97,5 Mio. EUR durch das INiTS zusammen-
          getragener öffentlicher Fördergelder haben zu weiteren
          174,5 Mio. EUR privater Investitionen in diese jungen High-    Birgit Reiter-Braunwieser
          tech-Schmieden geführt.                                           ist Direktor für Mittel- und Osteuropa,
                                                                            Corporate Development sowie Start-ups
          Fazit                                                             bei der österreichischen Betriebsansied-
          Zur Top-Adresse für die Gründerszene Europas zu werden            lungsgesellschaft ABA-Invest in Austria.
          ist kein einfaches Ziel. Doch die Voraussetzungen dafür sind
          gut: Durch die gute Lebensqualität, ein hohes Ausbildungs-
          niveau und die zentrale Lage inmitten Europas sind die
          Bedingungen in Österreich günstig. Zudem herrscht in der
          Alpenrepublik ein besonderer Gründer- und Unternehmer-

UE_Abo_210X99_Glas 01.12.15 18:48 Seite 1
                                                                                                                                    ANZEIGE

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Aus der Praxis | Case Study

Marinomed Biotechnologie GmbH: Schnupfen als Geschäftsfeld

Mit Nasensprays
aus der Uni in die Wirtschaft
Das Wiener Biotechnologie-Unternehmen Marinomed hat ein Produktportfolio zur Behandlung von Schnupfen und grippalen Infekten ent-
wickelt. Als Ausgründung der Veterinärmedizinischen Universität Wien steht das Unternehmen für einen erfolgreichen Transfer von wissen-
schaftlichen Forschungsergebnissen in marktfähige Produkte. Geschäftsführer Andreas Grassauer empfiehlt Vertretern aus Wissenschaft
und Forschung die Aneignung unternehmerischen Denkens, damit bahnbrechende Ideen auch erfolgreich umgesetzt werden können.

D
        as Produktsortiment der Marinomed Biotechnologie
        GmbH umfasst Nasensprays und Pastillen. Die Sprays
        sind bereits in 48 Ländern zugelassen. Künftig soll

                                                                                                                                                          Foto: © Marinomed Biotechnologie GmbH
auch ein Rachenspray den Weg in den Markt finden. Mit sei-
nem Produktportfolio will sich Marinomed langfristig auf
dem Markt für rezeptfreie Medikamente etablieren. Vor die-
sem Hintergrund konnte vor wenigen Wochen eine weitere
Finanzierungsrunde mit dem aws Mittelstandsfonds abge-
schlossen werden, um Forschungs- und Entwicklungsarbei-
ten voranzutreiben und den Roll-out der eigenen Produkte
zu beschleunigen.
                                                                     Um sich erfolgreich am Markt zu behaupten, muss das Produktsortiment von Marinomed
Der Schritt fiel leicht                                               umfangreiche Sicherheitskriterien erfüllen.

Für Marinomed-Geschäftsführer Grassauer war der Schritt              nomed-CEO einen längerfristigen Austausch zwischen Wis-
von der Universität in die Wirtschaft beinahe zwingend und           senschaft und Industrie, damit ein notwendiger Austausch
am Ende leichter als gedacht. „Zwar sind die Anforderungen           und Technologietransfer zum Wohle der Entwicklung inno-
an die wissenschaftliche Exzellenz, Korrektheit der Daten            vativer Technologien und Produkte langfristig gesichert ist.
und Reproduzierbarkeit in der forschenden Wirtschaft teil-
weise noch höher als an der Universität. Dafür fällt der             Ideen müssen umgesetzt werden
Druck zu publizieren weg“, so Grassauer. Heute weiß er:              Umso mehr appelliert Andreas Grassauer heute an seine
Medikamente und Medizinprodukte müssen hohen Anfor-                  ehemaligen Kollegen, den Schritt in das Unternehmertum
                         derungen an Sicherheit und Wirksam-         nicht zu scheuen: „Ich kann eine generelle Empfehlung zum
                         keit genügen, und es braucht umfang-        unternehmerischen Denken abgeben: Wenn Sie etwas aus
                         reiche Maßnahmen, detaillierte Doku-        sich machen wollen, müssen Sie etwas unternehmen. Wenn
                         mentationen und einen konstant kriti-       Sie eine bahnbrechende Idee haben, müssen Sie auch etwas
                         schen Blick auf die eigenen Daten, um       unternehmen, um die Idee umzusetzen, egal ob wissen-
                         Qualität liefern zu können. „Damals als     schaftlich oder kommerziell.“ Das Umfeld für Unternehmens-
                         Forscher an der Universität war mir         gründungen sieht Grassauer durchaus positiv. Er verweist
                         der immense Entwicklungsaufwand gar         auf die vorhandenen Inkubatoren und staatlichen Förder-
                         nicht bewusst, der eine Innovation erst     programme in Österreich. So hat etwa Marinomed in der
                         möglich macht“, sagt Grassauer. Gera-       Startphase von der Unterstützung der Austria Wirtschafts-
Andreas Grassauer,       de im Life Sciences-Bereich seien zu-       service, der Österreichischen Forschungsförderungsgesell-
Marinomed Biotechnologie
                         dem immer größere Budgets notwen-           schaft und des Zentrums für Innovation und Technologie
                         dig, die Wissenschaftlern an den Hoch-      profitieren können. Problematisch sei eher das Finden eines
schulen nicht zur Verfügung stehen. Bleibt das Problem der           geeigneten Investors, vor allem im Frühphasenbereich.
Wertschätzung: „Es fällt auf“, so Grassauer, „dass die for-          „Crowdfunding und institutionelle Investoren können Alter-
schende Industrie von Teilen der Wissenschaft noch immer             nativen sein“, schließt Grassauer. „Aber hoffentlich baut
als eine Art Feindbild gesehen wird.“ Bemerkenswert an die-          sich das Kapital auch die nötige Infrastruktur selbst.“
ser Stelle auch der Umstand, dass vielen Forschern nach ei-
ner Ausgründung der Weg zurück an die Hochschule ver-                                                                              Holger Garbs
wehrt bleibt – und umgekehrt. Hier wünscht sich der Mari-                                                               redaktion@vc-magazin.de

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Nachgefragt bei Mag. Karl Lankmayr,                                 eine wachsende Anzahl an Unternehmen mit intaktem
aws Mittelstandsfonds                                               Geschäftsmodell gibt, die eine Anschlussfinanzierung etwa
VC Magazin: Nach welchen Kriterien                                  für eine stärkere Internationalisierung suchen. Hier nehmen
suchen Sie Ihre Investments aus?                                    wir in Österreich eine bedeutende Rolle ein, da wir als einer
Lankmayr: Wir gehen typischerweise Be-                              der wenigen Spieler größere Kapitalrunden (Serie A- bis C-
teiligungen an österreichischen Unter-                              Finanzierungen) stemmen können und als Lead- oder Co-
nehmen im Zuge von Wachstumspro-                                    Investor aus Österreich heraus agieren.
jekten mittelständischer Unternehmen
ein, bieten Anschlussfinanzierungen für                             VC Magazin: Wo sehen Sie diesbezüglich konkreten Handlungs-
wachstumsstarke Unternehmen oder be-                                bedarf?
teiligen uns als Co-Investor bei mittelgro-                         Lankmayr: Österreichische mittelständische Unternehmen ha-
ßen Übernahmen oder Unternehmens-                                   ben zunehmend Probleme, ihre ambitionierten Wachstums-
nachfolgen. Wir sind grundsätzlich bran-                            vorhaben aufgrund einer restriktiven Kreditvergabe mit
chenagnostisch, legen aber einen klaren Fokus auf stark             Fremdkapital zu finanzieren, deshalb steigt die Nachfrage
wachsende Technologieunternehmen mit einem Mindest-                 nach Eigenkapital. Angebotsseitig gibt es allerdings eine
umsatz von 2 Mio. EUR.                                              strukturelle Lücke, auch weil private Fundraising-Initiativen
                                                                    in den letzten Jahren wenig erfolgreich waren. Solange dies
VC Magazin: Wie beurteilen Sie generell das Thema „Wachs-           so bleibt, wollen wir diese Lücke bestmöglich schließen, in-
tumsfinanzierung in Österreich“?                                    dem wir auf Deal by Deal-Basis private Co-Investoren ein-
Lankmayr: Statistisch fließt rund ein Drittel aller in Öster-       laden, mit uns gemeinsam zu investieren.
reich getätigten Venture Capital- und Private Equity-Invest-
ments in das Segment der Wachstumsfinanzierung. Die                 VC Magazin: Herr Mag. Lankmayr, herzlichen Dank für das
Bedingungen sind aktuell sehr positiv zu beurteilen, da es          Gespräch.

                                                                                                                       ANZEIGE

Richtig dicke Fische angeln:
Der Bewertungs- und Finanzierungsleitfaden
für Investoren & Startups

Wie ticken Investoren? Wie lassen sich Schwachstellen in Geschäftsmodel-
len identifizieren? Was beflügelt den Startup-Erfolg? Sven von Loh sensibili-
siert Gründer und Investoren für die jeweils andere Perspektive. Unterschied-
liche Erwartungen werden transparent – Grundvoraussetzung, damit die
Zusammenarbeit auf Zeit erfolgreich gelingt. Gründer erfahren, was ein gutes
Startup auszeichnet, welche Faktoren den Erfolg beeinflussen, wie sie ihr
Vorhaben finanzierungsfähig machen und den passenden Investor finden.
Der Autor deckt auf, wie Investoren Startup-Projekte wirklich bewerten. Er
zeigt, wie der Kapitalgebereinstieg gelingt, das Miteinander funktioniert und
wann ein Exit beiden Seiten einen maximalen Nutzen bietet. Risikokapitalge-
ber erfahren einen innovativen Startup-Bewertungsleitfaden, den sie nutzen
können, um Investitionsrisiken zu analysieren und zu minimieren. Anlei-
tungen und Tipps, Beispiele und Hintergrundinformationen, die bislang nur
wenige kennen, garantieren den Lesern einen zusätzlichen Nutzwert.

GoingPublic Media AG, ISBN 978-3-943021-67-7, 288 Seiten,
29,95 €, Mai 2015

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Aus der Praxis | Case Study

mySugr GmbH: App für Diabetiker

Wenn das
    Diabetes-Monster klingelt
Jede Bewegung, jedes Telefonat, jeder Restaurantbesuch – was für gesunde Menschen überhaupt kein Problem darstellt, bedeutet für
Diabetiker vor allem eines: das komplette Austarieren der eigenen Blutzuckerwerte und der Insulinmengen. Jede Veränderung kann für die
Patienten Lebensgefahr bedeuten. Diabetes stellt das Leben der Betroffenen auf den Kopf. Das weiß auch Frank Westermann, der selbst
daran erkrankt ist. „Das Leben ist nach der Diagnose nicht mehr das gleiche“, sagt er.

G
            emeinsam mit drei Mitgründern brachte er daher           agiert Roche Venture in seinen Investmententscheidungen
            2012 in Wien die App mySugr in den Markt. Sie will       autonom. „Roche steht bei Exits wie alle anderen in einer
            vor allem eines: den Patienten dabei helfen, die         Konkurrenzsituation“, sagt Meier.
eigene Erkrankung unter Kontrolle zu bringen. Westermann
nähert sich dem Thema als Geschäftsmann, der weiß, wel-              Expertise für China und USA gefragt
che Bedürfnisse die User haben. Sie wollen selbst Manager            Bei Roche war man schon früh auf mySugr aufmerksam
ihrer Krankheit sein. Nach Schätzungen des Diabetes Atlas            geworden. Gefragt danach, was überzeugte, meint Meier:
sind 6,6% der Weltbevölkerung betroffen. Tendenz steigend.           „MySugr schafft IT-Lösungen, welche die Patienten im Alltag
MySugr will ein modernes Diabetes-Tagebuch sein. „Gamifi-            in ihrem Umgang mit Diabetes unterstützen. Vor allem in der
cation“ heißt das Zauberwort. Wer sich anmeldet, durchläuft          Zeit zwischen den Arztbesuchen nehmen Patienten diese
zunächst eine Diabetes-Schulung. Ziel ist es, Eigenverant-           Angebote als Ergänzung gerne auf. My-
wortung zu lernen, um so die Therapie zu optimieren. Die App         Sugr versteht sich dabei als Verbünde-
                       lässt sich mit dem Blutzucker-Messge-         ter des Diabetikers, da ein großer Teil
                       rät synchronisieren. Für jeden Eintrag        der Firma auch selbst mit der Krank-
                       erhält der User Punkte, vergisst er es,       heit umgehen muss.“ 60% der mySugr
                       erinnert das „Diabetes-Monster“ dar-          Nutzer sind in den USA. Der Anteil soll
                       an. Wer die App regelmäßig nutzt, legt        deutlich wachsen. Denn: Im Vergleich
                       automatisch ein individuelles Archiv          zur Region DACH gibt es in Amerika eine
                       an. Jedes Essen, jede Tätigkeit wird do-      große und aktive Diabetes-Community.
                       kumentiert, sodass der User eine mit-         Davon werde man ebenso profitieren Simon Meier,
                                                                                                              Roche Venture Fund
                       telfristige Hilfestellung zu eigenen Insu-    wie vom technologischen Fortschritt.
Frank Westermann,      linmengen erhält – die sind bei jedem
mySugr                 Menschen anders.                              Ausblick
                                                                     Die Investoren sind bei mySugr als Boardmember involviert
Austria Wirtschaftsservice gibt Starthilfe                           und können auf dieser Ebene ihre Expertise im Digital
Die Seed-Finanzierung bekam das mySugr-Gründerteam von               Health-Markt sowie ihre Kontakte für den Zugang zu China
der Austria Wirtschaftsservice (aws). Das Geld reichte für           und den USA einbringen. Die Investoren suchen nicht den
den ersten Prototyp, die Produktweiterentwicklung sowie              schnellen Exit, sondern wollen die mySugr im Moment beim
für die Steigerung der Downloadzahlen. Auch Hansi Hans-              Bewältigen ihrer Wachstumsaufgaben unterstützen. Zu Exit-
mann, der wohl bekannteste Business Angel Österreichs,               Plänen gab es von den Investoren keinen Kommentar, aber
war da schon mit an Bord. Im Februar 2014 stieg XLHealth             Meier ist optimistisch: „MySugr hat die Ambition, die Markt-
ein, die auch bei der letzten Runde zwölf Monate später              führer-App für Diabetiker zu werden und das Leben von
dabei waren. Mit den Berlinern haben Anfang 2015 iSeed               Diabetikern deutlich zu verbessern. Sollte die Firma dabei
sowie Roche Venture Fund 4,2 Mio. EUR investiert. „Die               Erfolg haben, mache ich mir um den Exit keine Sorgen.“
drei Geldgeber sind in etwa gleichberechtigt“, verrät Simon
Meier, Investment Director beim Roche Venture Fund. Der                                                             Christina Cassala
Investor gehört zum Pharma-Konzern Roche. Dennoch                                                           redaktion@vc-magazin.de

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