Gut gemeint - gut gemacht? Roma aus Südosteuropa und Ungarn: Ihre Erfahrungen mit "Hilfen zur Selbsthilfe"

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Südosteuropa Mitteilungen | 01 – 02 | 2020                                               Berichte    131

Internationale Konferenz in Berlin
Gut gemeint – gut gemacht? Roma aus Südosteuropa und
Ungarn: Ihre Erfahrungen mit „Hilfen zur Selbsthilfe“
Veranstalter: Südosteuropa-Gesellschaft (SOG) in Kooperation mit Renovabis
(Osteuropahilfswerk der Katholischen Kirche), gefördert von der Freudenberg Stiftung

Berlin, 10. – 12. Februar 2020
Bericht von Janka Vogel, Berlin

Hintergründe                                          zu einer Minderheit zu beseitigen, zeigte sich
Fast zehn Jahre ist es her, dass die Europäische      2011 die Europäische Kommission überzeugt.3
Kommission den „EU-Rahmen für nationale               Sie hatte die Mitgliedstaaten dazu aufgefordert,
Strategien zur Integration der Roma bis 2020“         bis Ende 2011 eigene nationale Strategien zur
vorgestellt hat.1 Darin wird gefordert: Roma als      Integration der Roma zu erarbeiten.
größte ethnische Minderheit Europas müssen
endlich gleichberechtigt am gesellschaftlichen        Obwohl die deutsche Bundesregierung zu-
Leben der Länder teilhaben können, in denen           nächst zögerlich auf dieses Ansinnen reagierte,
sie leben. Weithin wurde und wird dabei vor al-       übermittelte das Bundesministerium des Innern
lem humanitär, sicherheitspolitisch und wirt-         seit 2011 jährlich einen Bericht zu „Integrierten
schaftlich argumentiert. Die Weltbank etwa            Maßnahmenpaketen zur Integration und Teilha-
rechnete vor, dass Staaten es sich angesichts         be von Sinti und Roma in Deutschland“ an
von demographischem Wandel und Fachkräfte-            Brüssel, zuletzt 2019.4 Die Bundesregierung un-
mangel zukünftig schlicht nicht mehr leisten          terscheidet dabei regelmäßig zwischen der au-
könnten, die Roma nicht in ihre Gesellschaften        tochthonen Minderheit der deutschen Sinti und
zu integrieren. Den Staaten Bulgarien, Tschechi-      Roma, die grundsätzlich „alle Rechte und
en, Rumänien und Serbien gingen durch die             Pflichten deutscher Staatsangehöriger“ haben,
ökonomische Exklusion ihrer Roma-Bevölke-             für die aber ein besonderer Minderheitenschutz
rung jährlich zwischen 900 Millionen und zwei         gelte,5 und Roma aus anderen EU- oder Dritt-
Milliarden Euro Steuereinnahmen verloren.2            staaten, denen ethnienunabhängig „dieselben
                                                      Integrationsprogramme wie anderen Auslän-
Die wirtschaftliche Integration der Roma werde        dern offen“ stünden.6 Handlungsleitend bei den
den sozialen Zusammenhalt stärken, eine bes-          in Deutschland umgesetzten Maßnahmen für
sere Achtung der Grundrechte, wie beispiels-          Roma und Sinti ist außerdem die Maxime „ex-
weise der Minderheitenrechte, gewährleisten           plizit, aber nicht exklusiv“. Extra-Programme für
und dazu beitragen, Diskriminierungen auf-            Roma soll es demnach nicht geben, vielmehr
grund der Rasse, der Hautfarbe, der ethnischen        gehe es um gleiche Teilhabe-Chancen für alle,
oder sozialen Herkunft oder der Zugehörigkeit         wobei für den Abbau bestehender Zugangshür-

1    Vgl. https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:52011DC0173&from=DE, letzter Zu-
     griff am 11.03.2020.
2    Vgl. Joost de Laat (2010): Costurile economice aferente exclziunii Romilor, S. 4.
3    Vgl. Max Matter (2015): Nirgendwo erwünscht, S. 201.
4    Vgl. Bundesministerium des Innern (2019): Informationen von Deutschland über den Fortschritt bei der
     Umsetzung des Berichts „EU-Rahmen für nationale Strategien zur Integration der Roma bis 2020 – Inte-
     grierte Maßnahmenpakete zur Integration und Teilhabe der Sinti und Roma in Deutschland“, 2017.
5    Hier vor allem jene Rechte, die in der Europäischen Charta der Regional- und Minderheitensprachen
     und im Rahmen-Übereinkommen zum Schutz nationaler Minderheiten festgehalten sind. Deutschland
     hat das Rahmen-Übereinkommen 1997 und die Charta 1998 ratifiziert.
6    Bundesministerium des Innern (2017): Informationen von Deutschland über den Fortschritt des Berichts
     „EU-Rahmen für nationale Strategien zur Integration der Roma bis 2020 – Integrierte Maßnahmenpake-
     te zur Integration und Teilhabe der Sinti und Roma in Deutschland“, 2016, S. 3 f.
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den spezielle Maßnahmen und Förderprogram-            gen sind territorial organisiert“. Schließlich
me konzipiert wurden und werden.                      übertrug Rütten die post-koloniale Kritik an
                                                      globalen Ungleichheitsstrukturen auf die „bin-
Wie es um die gesellschaftliche Teilhabe der          nen-europäische Ost-West-Asymmetrie“ und
Roma-Minderheit in verschiedenen Ländern Eu-          verortete die Minderheit im Spannungsfeld
ropas bestellt ist und vor allem, ob die Aktions-     ­billiger osteuropäischer Arbeitskräfte auf deut-
pläne, EU-Fonds und die Anstrengungen staatli-         schen Baustellen, Diskriminierung im öffent­
cher und nicht-staatlicher Akteur*innen die ge-        lichen Leben und Strukturen des Menschen-
wünschten Effekte zeigen, darum ging es auf            handels zur sexuellen Ausbeutung, namentlich
der internationalen Konferenz „Gut gemeint –           Zwangsprostitution. „Neokoloniale Machtstruk-
gut gemacht? Roma aus Südosteuropa und Un-             turen sind [...] im Rahmen dieses Themas ein
garn: Ihre Erfahrungen mit ‚Hilfen zur Selbsthil-      Zusammenspiel von Kontrolle über Raum
fe‘“ in Berlin unter der Leitung von SOG-Präsidi-      (Grenzen), Gewalt, Ausbeutung von Ressourcen
umsmitglied Dr. Ursula Rütten (Berlin).                und von Menschen. Nicht minder bedeutsam
                                                       sind hegemoniale europäische Diskurse, die
In ihrer Eröffnungsrede schilderte Ursula Rüt-         westliche Lesart ,der Anderen‘, eingepfercht ins
ten, wie sie vor über 15 Jahren als Journalistin       eigene Normen- und Wertekorsett, das die
begonnen hatte, sich Wissen über Roma auf              ,richtigen‘ Passformen des Lebens vorgibt: Kapi-
Reisen in verschiedenen Ländern Südosteuro-            talismus, Christentum, Weiß-Sein, Männlichkeit
pas anzueignen. Anlass sei die europäische             und Heterosexualität“, resümierte sie, um mit
„Dekade zur Integration der Roma“ (2005 – 2015)        einem Appell zur Solidarität zu enden.
gewesen, die auf Initiative der Weltbank und
der Soros-Stiftung ins Leben gerufen worden           Mangelhafte Repräsentation der Roma in
war. Seitdem habe sie das Thema nicht mehr            Deutschland
losgelassen. Rüttens Ausführungen hatten star-        Die Vizepräsidentin des Deutschen Bundestags
ke persönliche Bezüge. Sie ließ die Teilneh-          und Schirmfrau der Konferenz, Claudia Roth,
mer*innen teilhaben an ihren Fragen, Gedanken         MdB, unterstrich, wie wichtig es ihr gewesen sei,
und Erfahrungen – oder wie sie es nannte „ge-         an der Eröffnung dieser Konferenz mitzuwirken,
danklichen Mosaiksteinen“ – und scheute auch          die sich dem Kampf gegen Antiziganismus ver-
vor „unbequemen“ Reflektionen nicht zurück.           schrieben habe. Sie bedauerte die unverändert
So fragte sie nach dem Verhältnis der Gadje           mangelhafte Repräsentation der Roma in
(Weißen) zu den Roma, das von rassistischen           Deutschland und vielen anderen europäischen
Einstellungen stark belastet sei. Anschauliches       Ländern. Trotz der Verfolgung und Vernichtung
Beispiel aus Ungarn: Ein Kosmetikprodukt zur          von Sinti und Roma im NS-Regime sei für die
Hautaufhellung, beworben mit dem Satz, dass           Roma – mit rund zwölf Millionen Angehörigen
„in unseren Gesellschaften ein weißerer Haut-         die größte Minderheit in Europa – auch in
ton von Vielen ästhetischer empfunden [wird]“.7       Deutschland nach wie vor Ausgrenzung und
                                                      Diskriminierung in allen Gesellschaftsbereichen
Rütten fragte auch nach politischen Emanzipa-         an der Tagesordnung.
tionsprojekten von Roma und stellte fest: „Die
Kollektivbezeichnung ,Roma‘ macht aus dieser          Antiziganismus sei ein gezielter Angriff auf unse-
heterogenen, unzusammenhängend quer über              re Demokratie, auf Moral und Ethik sowie den
den Kontinent lebenden Bevölkerungsgruppe             Zusammenhalt in unserer Gesellschaft. Dem
trotz einer gemeinsamen Unterdrückungsge-             müssten sich alle Demokrat*innen entgegenstel-
schichte und Bezügen auf die Herkunft aus In-         len. Deutschland stehe vor der Aufgabe, während
dien noch keine einheitliche ethnische Minder-        seiner EU-Ratspräsidentschaft in der zweiten
heit. Das ist wichtig für den Prozess ihrer Politi-   Hälfte des Jahres 2020 die Erarbeitung und Ver-
sierung, denn die in der EU anerkannten ethni-        abschiedung einer neuen EU-Roma-Strategie zu
schen Minderheiten- und Autonomiebewegun-             begleiten. Diese müsse, so Roth, verbindlicher

7     Übersetzung aus dem Ungarischen: Katrin Kremmler.
Südosteuropa Mitteilungen | 01 – 02 | 2020                                            Berichte   133

sein als die vorherige. Angesichts der weit ver-     jetzt neu aufgelegt werden müsse. Im Mai 2020
breiteten Vorurteile gegenüber Roma finde die        gebe es im Rahmen eines Konsultationsprozes-
Konferenz zur rechten Zeit statt. Es müsse offen     ses ein Treffen einer unabhängigen Experten-
und ehrlich die Frage aufgeworfen werden, wel-       gruppe auf Einladung der EU-Kommission und
che Maßnahmen tatsächlich Wirkung zeigten und        auf Grundlage ihrer Berichte zum Antiziganis-
welche nicht. Sich über bewährte Verfahren aus-      mus. Diese Expertengruppe, an welcher der
zutauschen und nicht bewährte klar zu benen-         Zentralrat Deutscher Sinti und Roma mitwirke,
nen, nicht zuletzt auch bisherige Strategien ge-     solle Empfehlungen für die Arbeit gegen Antizi-
sellschaftlicher und politischer Selbstermächti-     ganismus erarbeiten. Er erwarte, dass sich die
gung zu hinterfragen, sei die Aufgabe – und zwar     Ergebnisse dann in der neuen EU-Strategie wie-
mit der entsprechenden Expertise aus den ver-        derfinden. Auch Heuß appellierte an die Bun-
schiedenen europäischen Ländern.                     desregierung, bei diesem Thema in Europa eine
                                                     führende Rolle einzunehmen – und zwar über
Die Vizepräsidentin der Südosteuropa-Gesell-         die EU-Ratspräsidentschaft hinaus.
schaft, Gudrun Steinacker, Botschafterin a.D.,
unterstrich, dass sie während langer Jahre im        Am Abend des ersten Konferenztags wurde die
diplomatischen Dienst in der Region Südosteu-        Arte-Dokumentation „Die Stadt der Roma“ ge-
ropa viele Organisationen und vor allen von          zeigt. Sie begleitet einen Roma-Schulmediator
Deutschland finanzierte Projekte kennengelernt       bei seiner Arbeit im Viertel „Nadeshda“ im bul-
habe. Allerdings seien die Ergebnisse häufig un-     garischen Sliven. Der Film zeigt, dass die Bil-
befriedigend, so dass sich die Frage aufdränge,      dungsteilhabe der Kinder aus dem Roma-Ghet-
ob es überhaupt möglich sei, die soziale Lage        to eine langwierige gesellschaftliche Aufgabe
einer so großen und so lange diskriminierten         ist, die von allen Verantwortlichen gleicherma-
Minderheit allein über Projekte zu verbessern.       ßen angegangen werden müsste. Die Viertel­
Trotz der sicherlich guten Absichten der „Deka-      bewohner*innen stehen auch im Film mit ihrem
de zur Integration der Roma“, mit der sie auch       Kampf um Teilhabe aber fast allein da – der
beruflich Berührung hatte, könne man mit de-         Schuldirektor glaubt nicht an die Bildungsfähig-
ren Resultaten nicht zufrieden sein. Ohne viele,     keit der Kinder, von der städtischen Verwaltung
auch sehr gute und erfolgreiche Projekte in Ab-      oder gar der politischen Ebene sind keine Un-
rede zu stellen, müsse darüber nachgedacht           terstützungsmaßnahmen zu verzeichnen. So
werden, wie die Situation der Roma – gemein-         bleibt der Film ein trauriges Beispiel für die
sam mit ihnen – langfristig und dauerhaft ver-       fortdauernde gesellschaftliche – und räumliche
bessert werden könne. Das Ziel müsse die volle       – Ausgrenzung von Roma in Europa.
Gleichberechtigung und Teilhabe in allen Län-
dern sein, in denen sie leben. Dies sei sicher ei-   Am zweiten Konferenztag waren drei themati-
ne wichtige Aufgabe bei der Erarbeitung der          sche Panel vorgesehen, auf denen ausgewählte
neuen EU-Roma-Strategie ab Sommer 2020 un-           Projekte und Aktivitäten aus Ungarn, Bosnien
ter deutscher EU-Ratspräsidentschaft.                und Herzegowina, Bulgarien, Rumänien, Kosovo,
                                                     Serbien und Nordmazedonien vorgestellt wur-
Allianz gegen Antiziganismus                         den. Ein viertes, den Tag abschließendes Panel
In Vertretung für Emran Elmazi vom Zentralrat        stand unter dem Motto „Berichte aus der For-
Deutscher Sinti und Roma sprach im Rahmen            schung vor Ort, Bürgerrechtsbewegungen von
der Keynote Dr. Herbert Heuß als wissenschaft-       Roma und Romnja in Südosteuropa und Ungarn
licher Leiter des Zentralrats. Auch er begrüßte      – Fragen und Probleme politischer (Selbst-)Re-
die Ausrichtung der Konferenz. Es gehe bei der       präsentation und Teilhabe“.
Überwindung der strukturellen Probleme des
weit verbreiteten Antiziganismus letztlich um        Projekte und Aktivitäten in Ungarn
eine Allianz gegen eben diesen Antiziganismus        Auf dem ersten Panel, übersetzend moderiert
angesichts der bestehenden kumulativen Dis-          von der Ungarn-erfahrenen Historikerin Gwen
kriminierung von Roma in Deutschland und             Jones, wurden dem Publikum drei Projekte nä-
ganz Europa. Heuß verwies ebenfalls auf die          her gebracht: Zunächst stellte Alíz Kun das
EU-Rahmenstrategie, die derzeit auslaufe und         Community-Entwicklungsprojekt „To be able to“
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in Trägerschaft der Stiftung „Igazgyöngy“ aus        Zunächst stellte Bernd Krüger das Projekt „Musik
Berettyóújfalu, Ost-Ungarn vor.8 Die drei Säulen     statt Straße“ vor, das im Rahmen der Städte-
des Projekts, für das Kun Öffentlichkeitsarbeit      partnerschaft der thüringischen Stadt Gera mit
und Fundraising macht, seien Bildung, Commu-         der bulgarischen Stadt Sliven ins Leben gerufen
nity-Entwicklung mit Schaffung von Arbeitsplät-      worden war. „Wenn ich einen Taxifahrer [in Sli-
zen und institutionelle Kooperationen. Danach        ven] frage, ob er mich nach Nadeshda bringt,
gefragt, ob die Stiftung mit der Regierung zu-       lehnt er das glatt ab“, schilderte Krüger seine Er-
sammenarbeite und es Vertriebskooperationen          fahrungen. Im Roma-Viertel Nadeshda, das am
gebe, meinte Kun: „The product are the people        Vorabend auch im Film porträtiert worden war,
and their attitude“.                                 leben bis zu 30.000 Menschen auf engstem
                                                     Raum, mit fehlender Infrastruktur und kaum
Mit István Mezei, dem Präsidenten der János-Far-     Aussicht auf Hoffnung – denn das bedeutet „Na-
kas-Stiftung, wurde sodann eine Persönlichkeit       deshda“ – zusammen. Mit dem vorgestellten
vorgestellt, die ihr Leben dem Aufbau und der        Projekt, welches vom Roma-Orchester-Musiker
Förderung des ungarischen Roma-Fußballs ver-         Georgi Kalaidijev geleitet wird, erhielten Kinder
schrieben hat. Der über 70-Jährige freute sich       aus dem Viertel die Chance, sich eine andere
sehr über die Einladung zur Konferenz und hatte      Zukunft aufzubauen. Krüger betonte, dass Städ-
viel zu sagen. Da das Dolmetschen aus dem Un-        tepartnerschaften einen guten Beitrag zur
garischen und ins Ungarische einige Probleme         „Überwindung nationaler Überheblichkeit“ leis-
bereitet hätte, wurde seine Stiftung per stummer     ten könnten. Die Konferenzteilnehmer*innen
Power-Point-Präsentation vorgestellt, was dem        aus Pécs, ebenfalls eine Partnerstadt von Sliven,
Ganzen nur deshalb keinen Abbruch tat, weil          rief er dazu auf, sich am Projekt zu beteiligen.
Mezei im weiteren Verlauf der Konferenz seine
Erfahrungen und Empfehlungen immer wieder            Vera Mihaylova von der Nationalen Allianz für
begeistert einbrachte und so der Funke zum Pu-       die Arbeit mit Ehrenamtlichen (NAVA) aus Plov-
blikum überspringen konnte. Mezeis Roma-Fuß-         div präsentierte ein soziales Unternehmen, das
baller haben 139 von 152 internationalen Turnie-     in Trägerschaft der Stiftung NAVA Nähwerkstät-
ren gewonnen – zu den außergewöhnlichsten            ten betreibt. Die Stiftung möchte das ehrenamt-
Spielerbegegnungen zählen wahrscheinlich die         liche Engagement in Bulgarien stärken und ver-
Spiele mit der päpstlichen Schweizer Garde oder      schiedene gesellschaftliche Gruppen zusam-
den ungarischen Polizeimannschaften. Hilfreich       menbringen. In Stolipinovo leben etwa 50.000
zum Verständnis der Leistungen der Stiftung wa-      Roma in einer Siedlung zusammen, möglicher-
ren die Einlassungen des Journalisten Mirko          weise die größte ihrer Art auf dem Balkan. Mehr
Schwanitz, der unter anderem auch darauf ver-        als die Hälfte der Romnja aus diesem Viertel
wies, dass die FIFA den Verband zwar für sich        waren und sind nicht erwerbstätig. Das Projekt
werben lasse, aber keinerlei finanzielle Unter-      will diese Frauen für eine Beschäftigung in der
stützung leiste – mitunter fehle sogar das Geld      bulgarischen Textilbranche, in der Fachkräfte
für einen Bus, der die Spieler aus ihren Siedlun-    dringend gebraucht werden, qualifizieren. Zwi-
gen zum Training oder zum Turnier fahre.             schen 2016 und 2018 haben bereits 62 Frauen
                                                     einen Abschluss erworben, die Hälfte von ihnen
Hilfe zur Selbsthilfe für Bulgarien: Musik als       fand Arbeit in Textilfabriken. Die Nachfrage sei
Hoffnung, Nähen als Chance                           groß – sowohl seitens der Romnja aus Stolipi-
Im zweiten Panel wurden Projekte aus Bulgarien       novo, als auch seitens der Textilfirmen. Bisher
(Teil 1) und Rumänien (Teil 2) vorgestellt. Mode-    stehe das Projekt auf schwachen finanziellen
rator Mirko Schwanitz hatte drei Gäste auf dem       Füßen, institutionelle Förderung gebe es nicht,
Podium: Vera Mihaylova von der National Alli-        es werde zum Großteil über Spenden finanziert.
ance for Volunteer Action (NAVA), Nurcihan De-       An EU-Mittel heranzukommen, sei für NGOs im
mirbas aus dem Projekt „Musik statt Straße“          zentralistischen Bulgarien so gut wie unmög-
und Bernd Krüger aus dem Stadtrat von Gera.          lich, Entscheidungen im EU-Ministerium seien

8     Deutsch: „Wahre Perlen“.
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hoch korruptionsanfällig und intransparent,        Smith beantwortete die Frage nach der Finan-
schilderte Mihaylova.                              zierung der Integrationsarbeit so: Die sozialen
                                                   Träger haben ihre strukturellen Grenzen aufge-
Zugewanderte aus Rumänien in Deutschland:          löst und arbeiten eng zusammen. Es werden
Netzwerke gegen Exklusion                          bedarfsgerechte Angebote entwickelt und mit
Im zweiten Teil des Panels stellte zunächst der    einem Mix aus verschiedenen Fonds (EU, Bund,
Soziologe Marian Daragiu die von ihm gegrün-       Land) finanziell untersetzt. Sie unterstrich die
dete Ruhama-Stiftung aus Oradea vor. Unter         enge Kooperation zwischen Trägernetzwerk und
dem Titel „Confrontation and Cooperation – In-     Stadtverwaltung, die wesentlich für den Erfolg
tervention against Policy Failures“ beschrieb er   des Projektes sei.
zunächst den Kreislauf intergenerationeller Ex-
klusion, in dem die meisten Roma aus Rumäni-       Kosovo, Serbien und Nordmazedonien:
en sich befinden. So arbeiteten nur 35 Prozent     Ursachen für Flucht, Verfolgung und
der Roma in regulären Beschäftigungsverhält-       Remigration
nissen. Ungenügende Zugänge zu Gesundheits-        Projekte aus Kosovo, Serbien und Nordmazedo-
versorgung und Bildung, aber auch die räumli-      nien wurden auf dem dritten Panel vorgestellt.
che Segregation vieler Roma-Siedlungen be-         Es moderierte der Schauspieler und Roma-Akti-
nannte er als Hauptprobleme. Der nationale         vist Hamze Bytyci, Vorsitzender von RomaTrial
Aktionsplan Rumäniens zur Verbesserung der         e.V. und Mitinitiator des Bündnisses für Solida-
Lage der Roma werde nur ungenügend umge-           rität mit den Sinti und Roma Europas.
setzt, bedauerte Daragiu. Die Ruhama-Stiftung
setze sich gegen Diskriminierung, für den Aus-     Erste Rednerin des Nachmittags war Klara Ilie-
bau der öffentlichen Daseinsvorsorge und ei-       va, die das Centre for Social Initiatives in Trä-
nen institutionellen Rahmen für die Inklusion      gerschaft des Vereins „S.C.I. Nadež“ im Bezirk
der Roma ein. Anhand eines Image-Films             Shuto Orizari von Skopje vorstellte. In dem
brachte er dem Publikum die Tätigkeit der Stif-    einstmaligen Stadtteil von Skopje, der inzwi-
tung näher.                                        schen eine eigene Stadtverwaltung hat, leben
                                                   etwa 22.000 Menschen, die Mehrheit von ihnen
Johanna Smith (Diakonie) und Elena Genova          Roma. Amtssprache ist Romanes und Mazedo-
(Caritas) sind Mitarbeiterinnen der Dortmunder     nisch, der Bürgermeister Kurto Dudush ist
Beratungsstelle „Willkommen Europa“, die sich      selbst Rom. 2010 habe die mazedonische Re-
um neuzugewanderte EU-Bürger*innen, darun-         gierung ein Integrationsprogramm für Remig-
ter auch Roma, kümmert. Sie gingen in ihrer        rant*innen ins Leben gerufen. „S.C.I. Nadež“ ha-
Präsentation auf Chancen und systemische Ri-       be sich im Bereich der sozialen Unterstützung
siken der Zuwanderung ein. So sei die Dort-        von Rückkehrer*innen engagiert – und da viele
munder Nordstadt ein Viertel, in dem die Raten     selber Roma sind, seien vor allem für diese
erwerbsloser Personen und solcher im Bezug         Zielgruppe Angebote entwickelt worden. Vor-
von Leistungen nach dem SGB II höher seien         schulische Bildung, Unterstützung bei der Rein-
als im Rest der Stadt. In das migrantisch ge-      tegration ins nordmazedonische Schulsystem,
prägte Gebiet zögen seit einigen Jahren ver-       Ausbildung und Hilfe bei der Inanspruchnahme
stärkt rumänische und bulgarische Roma zu.         sozialer Rechte – so beschrieb Ilieva anhand ei-
Die Stadt Dortmund habe schon 2011 ein „Ro-        ner ausführlichen Präsentation – seien die Tä-
ma-Netzwerk“ ins Leben gerufen, was später in      tigkeiten des Trägers. Eine Herausforderung be-
„EU-Netzwerk“ umbenannt worden sei und             stehe in der Sicherung einer dauerhaften Fi-
heute als „Dortmunder Strategie Zuwanderung“       nanzierung der gewachsenen Arbeit, die als
firmiere. Die Stadt konzentriere sich auf Maß-     „Roma-Reintegrationsprogramm“ des Caritas-
nahmen der frühkindlichen Bildung, der schu-       verbandes Essen etabliert worden war.
lischen und außerschulischen Bildung, Erstin-
tegration und -beratung, Arbeitsvermittlung        Nysret Krasniqi von der Diakonie Kosovo stellte
und (Nach-)Qualifizierung, Gesundheitsvorsor-      im Anschluss das Diakonie-Trainings-Center in
ge und Gemeinsinn stiftende Angebote im            Mitrovica vor. Kosovo habe aktuell etwa 1,8 Mio.
Quartier.                                          Einwohner*innen, von denen etwa 50 Prozent
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jünger als 25 Jahre alt seien. Offiziellen Angaben    Dragan Gračanin von der Association of Coordi-
zufolge leben im Land 1,5 Prozent Serb*innen          nators for Roma Issues stellte im Anschluss
und 0,5 Prozent Roma; diesen Zahlen könne             die Situation in Serbien vor. Auch hier spiele
man jedoch nicht trauen, meinte Krasniqi. Mit         die Remigration eine große Rolle. Zwischen
einem Rückblick auf die Geschichte des Landes         2015 und 2018 seien Zahlen der GIZ und der
seit Verlust des Autonomiestatus 1989 erläuter-       deutsch-serbischen Partnerschaft zufolge etwa
te er die heutige Situation des seit 2008 unab-       30.000 Menschen nach Serbien zurückgekehrt,
hängigen Kosovos. Demnach könnten auch                die Hälfte von ihnen nicht freiwillig. Von den
neue Universitäten und Autobahnen nicht über          Rückkehrer*innen hätten 81 Prozent von mehr-
die desolate Lage des Sozial- und Gesundheits-        facher Diskriminierung berichtet. Gračanin ging
systems hinwegtäuschen. Krasniqi machte Kor-          davon aus, dass dies vor allem Roma betraf.
ruption, Machtmissbrauch und Nepotismus für           80 Prozent der Remigrant*innen hätten zuvor in
die schlechte Situation verantwortlich. Roma,         Deutschland gelebt, mitunter mehrere Jahre.
Aschkali9 und Balkan-Ägypter10 gehörten zu den        Hauptgründe der Auswanderung seien der Stu-
weniger wahrgenommenen und unterstützten              die zufolge die Suche nach Arbeit und besserer
ethnischen Gruppen Kosovos. Die Diakonie ar-          sozialer Absicherung gewesen.
beite seit 2007 mit den Minderheiten, zunächst
mit den Rückkehrer*innen aus Westeuropa,              Die 2014 gegründete Association of Coordina-
mittlerweile mit allen Minderheiten. Im Ausbil-       tors for Roma Issues macht vor allem Lobby-Ar-
dungszentrum würden Roma in technischen Be-           beit für die bessere soziale und gesellschaftli-
rufen und Romnja zu Friseurinnen und Schnei-          che Integration der Roma. Sie möchte politische
derinnen ausgebildet. Auch materielle Hilfen,         Rahmenbedingungen und die Umsetzung der
Beratung und Jugendsozialarbeit gehörten zu           europäischen „Dekade zur Integration der Ro-
den Angeboten der Diakonie Kosovo.                    ma“ besonders auf lokaler Ebene erreichen.
                                                      Schon 11 lokale Arbeitsgruppen und 83 Projekte
Ebenfalls aus Kosovo berichtete der folgende          in verschiedenen Kommunen sind ins Leben
Redner, Isak Skenderi, vom Verband Voice of           gerufen worden. 90 Gesundheitsmediator*in-
Roma, Ashkali and Egypt (VORAE) aus Pristina.         nen, 190 pädagogische Assistent*innen und 50
Sein Vortrag trug den Titel „Roma aus den             mobile Teams sind mittlerweile in Serbien zur
Westbalkanstaaten: Ursachen der Migration und         Unterstützung der Roma, bzw. der Remig-
Flucht vor Verfolgung“. Skenderi verwies auf das      rant*innen, unterwegs.
Balkan Barometer, eine Umfrage, die ergeben
habe, dass die Mehrheit der Bevölkerung den           Letzter Redner des dritten Panels war Ashmet
Roma ablehnend gegenüberstehe.11 Demzufolge           Elezovski. Der Menschenrechtsaktivist und Ge-
habe eine große Zahl kosovarischer Roma in            schäftsführer des Nationalen Roma Centrums
westeuropäischen Staaten Asyl gesucht. In Be-         aus Kumanovo sprach zum Thema „Antiziganis-
zug auf die Neuauflage der „Dekade zur Integra-       mus als strukturelles Problem von Segregation
tion der Roma“ in Europa schlug er vor, dass          und Marginalisierung in der Republik Nordmaze-
der Kampf gegen Antiziganismus als Quer-              donien“. Er mahnte an, dass der weit verbreitete
schnittsaufgabe in den bestehenden Hand-              gesellschaftliche Antiziganismus dazu führe,
lungsfeldern implementiert werden müsse, er           dass für Roma viele Wege versperrt seien und
müsse zusätzlich aber auch ein eigenes Hand-          dass es viele Zugangshürden bei staatlichen
lungsfeld bilden. Die Bekämpfung von Diskrimi-        Strukturen, Bildungsangeboten und Hilfen gebe.
nierung und Antiziganismus dürfe den Inklusi-
onsansatz nicht ersetzen, sondern müsse ihn           An der Frage der Auswanderung der Roma aus
ergänzen.                                             Südosteuropa nach West- und Nordeuropa ent-

9     Dies ist eine muslimische Teilminderheit der Roma in Südosteuropa, vor allem in Kosovo, Serbien,
      ­Albanien, Bulgarien und Nordmazedonien.
10    Dabei handelt es sich um eine Teilminderheit der Roma in Südosteuropa, die überwiegend Albanisch
       spricht.
11    Vgl. z.B. auch Wilhelm Heitmeyer (2011): Deutsche Zustände.
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zündete sich im Anschluss eine emotionalisier-     Buchreihe „Roma-Studien“, sprach über die Bil-
te Debatte. Gudrun Steinacker meinte, die Lö-      dungssituation ungarischer Roma und stellte Er-
sung des Problems könne nicht darin bestehen,      gebnisse aus der aktuellen Bildungsforschung
„dass alle Roma ihre Sachen packen und nach        vor. Sie sensibilisierte zunächst dafür, dass Zah-
Deutschland kommen“. – Keiner der Menschen         len in Bezug auf die Minderheit ganz unter-
wolle nach Deutschland und daher müssen wir        schiedlich zustande kämen, je nachdem, ob man
auch nicht ständig darüber reden, was zu tun       es mit Selbst- oder Fremdzuschreibungen zu tun
sei, damit sie nicht kämen, war die Antwort von    habe oder ob nach der Muttersprache gefragt
Christoph Leucht, Projektmanager bei der Berli-    werde. Sie unterschied drei Gruppen ungarischer
ner Hildegard-Lagrenne-Stiftung und ehemali-       Roma, und zwar die ungarischsprachigen Ro-
ger Koordinator des ROMED2-Programmes des          mungro, die romanessprachigen Oláh-cigány
Europarats in Deutschland. Marian Daragiu von      und die rumänischsprachigen Beás-cigány.
der rumänischen Ruhama-Stiftung unterstrich
das: „We don’t want to leave our countries“. Es    Óhidy stellte ein Klassenmodell vor, demzufolge
müsse darum gehen, bessere Bedingungen in          die Frage der gesellschaftlichen Integration der
den Ländern zu schaffen, wo die Roma lebten.       Roma auch mit ihrer Schichtzugehörigkeit zu-
Diese Message müsse in Brüssel ankommen,           sammenhänge. Etwa 20 Prozent der ungari-
betonte er.                                        schen Roma schafften den Aufstieg in die Mit-
                                                   telschicht und würden teils nicht mehr als Ro-
Nicht weniger hitzig ging die Debatte weiter,      ma wahrgenommen. Óhidy unterschied außer-
nachdem Schwester Lea Ackermann, Vorsitzen-        dem zwischen „Underclass“ und „Undercast“.
de des Vereins SOLWODI, wohlmeinend geschil-       Ersteres sei die gesellschaftliche Realität der
dert hatte, sie habe als Kind immer eine „Zigeu-   Roma in Ungarn, letzteres die in „den anderen
nerin“ sein wollen. Dieser Versuch, Bewunde-       Westbalkan-Staaten“. Óhidy hat nach Gemein-
rung und Empathie für die Minderheit zu zeigen,    samkeiten und Unterschieden bei den bil-
wurde vom Publikum gemischt aufgenommen.           dungspolitischen Maßnahmen zur Verbesserung
Gilda-Nancy Horvath, Projektleiterin und Chef-     der Bildungssituation der Roma in 15 europäi-
redakteurin von Romblog.at, lehnte die pejora-     schen Ländern geforscht. Ihr Befund: Es gebe
tive Bezeichnung strikt ab und appellierte:        gemeinsame Herausforderungen, ähnliche Lö-
„Leute, nennt euch ,Roma‘ und bezeichnet uns       sungen und bisher unbefriedigende Ergebnisse.
so!“. István Mezei meinte: „Wir müssen uns ver-    Dabei sei die anhaltende Segregation der Roma
einigen wie die Schwarzen“.12 Jemand brachte es    im Schulbereich die größte Herausforderung.
dann auf den Punkt: „Wir wollen nicht mehr
Rechte – wir wollen nur dieselben Rechte.“ Im      Eine zweite Perspektive aus der aktuellen For-
Hinblick auf eine EU-Beitrittsperspektive der      schung brachte Márton Rövid von der Central
Westbalkan-Staaten warnte ein Vertreter aus        European University (Wien) ein. Er ist Gastpro-
Kosovo davor, den Beitritt nicht an eine tat-      fessor am Institut für Roma-Studien und leiten-
sächliche Verbesserung der Situation der Roma      der Herausgeber der Zeitschrift „Critical Romani
zu knüpfen. „When you open the door, you ac-       Studies“. In seinem Vortrag „Empowerment
cept the situation of Roma“.                       through knowledge production“ warf er einen
                                                   kritischen Blick auf die zurückliegende „Dekade
Die Situation ungarischer Roma                     zur Integration der Roma“, deren Umsetzung in
Im sich anschließenden vierten Panel wurden        Südosteuropa er koordiniert hat. Rövid stellte
Perspektiven aus der Forschung beleuchtet. Es      die Methode des „Shadow Reporting“ vor. Dabei
moderierte Natascha Hofmann, Doktorandin an        veröffentlichten NGOs anhand von Schattenbe-
der Pädagogischen Hochschule Freiburg. Länder-     richten alternative Fakten und Daten über die
schwerpunkt war bei diesem Panel Ungarn. Dr.       Umsetzung staatlicher Maßnahmen und inter-
Andrea Óhidy, Professorin an der Pädagogischen     nationaler Abkommen, was als kritische Politik-
Hochschule Freiburg und Mitherausgeberin der       begleitung gelten könne. Gerade dadurch könn-

12   Im ungarischen Original: „mint a négerek“.
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ten Roma aktiv an politischen Prozessen teilha-         es „die Medien“ nicht gebe. Schwartz ist stell-
ben, die sie betreffen.                                 vertretender Leiter der Europa-Redaktion der
                                                        Deutschen Welle in Berlin; bis vor kurzem leite-
Kritisch verwies Rövid darauf, dass die Wissen-         te er die Rumänien-Redaktion des Senders. Die
schaft in der Vergangenheit nicht selten mit Re-        Deutsche Welle sei ein internationaler Medien-
gierungen kooperiert habe, die verantwortlich           konzern, dessen Aufgabe es sei, auch Europa zu
waren für die Vernichtung der europäischen              betrachten. Von 2002 bis 2014 habe es eigens
Roma. Abschließend stellte er die Zeitschrift           eine Radio-Sendung auf Romanes gegeben. In
„Critical Romani Studies“ vor, die vor allem Ro-        Bezug auf ethnische Minderheiten zog Schwartz
ma-Wissenschaftler*innen eine Plattform bie-            das Beispiel Siebenbürgen heran, wo die einzel-
ten möchte. „Nichts über uns ohne uns“, so das          nen Parallelwelten sich immer wieder über-
Motto. So gehe es denn auch darum, die Wis-             schnitten. Gesellschaftliche Integration sei „ein
sensproduktion über Roma direkt mit dem                 Kampf gegen Windmühlen“ und ohne die Ro-
Kampf gegen ihre gesellschaftliche Ausgrenzung          ma-Dekade wären die Windmühlen wahrschein-
zu verbinden. Alle Artikel seien frei zugänglich,       lich zahlreicher geblieben, gab er zu bedenken.
womit man auch mit den in seinen Augen aus-             Schwartz plädierte für eine transnationale Ver-
beuterischen Praktiken angelsächsischer Ver-            netzung der Roma-Minderheit.
lagshäuser brechen wolle.
                                                        Seinen Gesprächspartner Pavlović forderte er
Podiumsdiskussion: Strategien gegen                     unter Bezugnahme auf den Titel von dessen Or-
kolonisiertes Bewusstsein                               ganisation auf: „Nehmen Sie Abstand von dem
Der dritte Konferenztag startete mit einer Podi-        ,Rrom‘ mit doppeltem ,R‘!“ Diese Schreibweise
umsdiskussion zwischen Milan Pavlović vom               sei eine Erfindung des rumänischen Politikers
Rrroma-Informations-Centrum Berlin e.V. und             Corneliu Vadim Tudor, der damit eine deutliche-
Robert Schwartz von der Deutschen Welle. Die            re Unterscheidung der Ethnonyme „Român” und
Diskussion moderierte Gudrun Steinacker. Zu-            „Rom“ habe erreichen wollen, so Schwartz.13 In
nächst sprach Milan Pavlović, der an der Abfas-         Bezug auf Rumänien schilderte Schwartz, dass
sung einer Deklaration zur Roma-Dekade und              die Korruption sich zwar nicht gezielt gegen Ro-
zur Nationalen Strategie zur Teilhabe und Integ-        ma richte, dass diese aber die Hauptleidtragen-
ration der Sinti und Roma beteiligt war. Pavlović       den der Korruption seien. Was die Emigration
stammt aus Serbien, kam im Alter von 16 Jahren          von Roma aus Südosteuropa angeht, hielt
nach Deutschland und lebte etwa 15 Jahre nur            Schwartz numerische Argumente für nicht ziel-
geduldet in Deutschland. In dieser Zeit war er          führend. Schließlich gab er mit Blick auf unga-
vom Zugang zu Schule und Ausbildung ausge-              risch- und deutschsprachige Schulen in Rumä-
schlossen. Pavlović kritisierte, dass bei der Initi-    nien zu bedenken, dass schulische Segregation
ierung der „Dekade zur Integration der Roma“            nicht unter allen Umständen negativ sein müs-
in Europa keine Roma-Expert*innen beteiligt             se.
waren. Teilweise habe sich die Situation in ein-
zelnen Ländern verschlimmert, meinte er im              Pavlović entgegnete Schwartz: „Sie haben sich
Hinblick auf das Thema Antiziganismus. Leider           mit Themen befasst, die für mich rassistisch
stellte Pavlović dem interessierten Publikum            klingen.“ Deshalb verlasse er nun das Panel. An
den Inhalt der oben erwähnten Deklaration               seinem Entschluss konnten weder die Interven-
nicht näher vor.                                        tion der Moderatorin noch eine Klarstellung von
                                                        Schwartz etwas ändern. Es entstand in Folge
Robert Schwartz war als Vertreter der Medien            dessen eine Diskussion darüber, ob Schwartz‘
geladen und stellte gleich zu Beginn klar, dass         Hinweis gerechtfertigt war oder nicht. Die De-

13    Rumänisch: „Rumäne“ und „Rom“. Im Rumänischen sind sich die Begrifflichkeiten ähnlicher als im
      Deutschen, daher kann neben der sprachlichen auch eine historische Verwandtschaft der beiden Grup-
      pen interpretiert werden. Dies führt bis heute zu starken Abgrenzungstendenzen in der rumänischen
      Mehrheitsgesellschaft, bis hin zu Forderungen, den pejorativen Terminus „țigan” (dt. „Zigeuner“) wieder
      offiziell zu gebrauchen.
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batte wurde emotional geführt und aus dem           rechtigten Teilhabe in diesen Bereichen hinder-
Publikum kamen Wortmeldungen unterschied-           ten. Neukölln sei eine „Ankunftskommune“, ak-
lichster Qualität, die den Hinweis von Schwartz     tuell lebten etwa 30.000 EU-Bürger*innen, un-
begrüßten oder aber kritisierten.                   ter ihnen ca. 7.000 rumänische und bulgarische
                                                    Staatsangehörige, in seinem Bezirk. „Unsere
Abschlussdiskussion: Wo ein Wille ist,              Systeme greifen erst, wenn es Probleme gibt“,
ist auch ein Weg? Politikgestaltung im              sagte Hikel und merkte kritisch an, dass kaum
Spannungsbogen zwischen Einsicht, gutem             gesehen werde, wo Teilhabe gut funktioniere.
Willen und Mangel an Vision und Tatkraft            Keinesfalls dürften Problemlagen ethnisiert
Das Podiumsgespräch moderierte die Konfe-           werden.
renz-Organisatorin Dr. Ursula Rütten. Als Gäste
auf dem Podium begrüßte sie die Beauftragte         Schwester Lea Ackermann nannte das Beispiel
des Berliner Senats für Integration und Migrati-    kenianischer Frauen, um die sich ihr Verein
on, Katarina Niewiedzial, den Neuköllner Be-        kümmere: „Die Menschen haben nicht gelernt,
zirksbürgermeister Martin Hikel, Dr. Herbert        sich etwas zuzutrauen“, meinte sie und be-
Heuß vom Zentralrat Deutscher Sinti und Roma,       schrieb die Idee internationaler Solidarität zwi-
die SOLWODI-Vorsitzende Sr. Lea Ackermann           schen Frauen, der sich SOLWODI verschrieben
und die Bildungsforscherin Dr. Andrea Óhidy.        habe. 2019 seien 554 Frauen aus Bulgarien und
                                                    Rumänien unterstützt worden, die Opfer von
Die Fraktionen im Deutschen Bundestag haben         Menschenhandel zum Zweck sexueller Ausbeu-
– mit Ausnahme der AfD – im März 2019 Anträge       tung geworden waren. Keine dieser Frauen habe
zur Bekämpfung des Antiziganismus einge-            diesen Weg frei gewählt, sie seien als Betrogene
bracht. Der Antrag der CDU-/CSU-Fraktion und        nach Deutschland gekommen, schilderte Acker-
der SPD-Fraktion war dabei gleichlautend mit        mann. Dabei spiele die ethnische Zugehörigkeit
dem Antrag von Links-Fraktion, Grünen- und          der Frauen keine Rolle.
FDP-Fraktion. Ein Satz jedoch war im Antrag der
Regierungsparteien, der vom Parlament ange-         Dr. Herbert Heuß, wissenschaftlicher Leiter des
nommen wurde, nicht enthalten: „Der Deutsche        Zentralrats Deutscher Sinti und Roma, wurde
Bundestag verpflichtet sich, jede Form des Has-     gefragt, was für eine entsprechende Politikge-
ses gegen Sinti und Roma und dem Antiziganis-       staltung getan werden könne. Es gebe „Armuts-
mus schon im Entstehen in aller Konsequenz          flecken“ in der EU, so sein Standpunkt. Solange
entschlossen zu begegnen.“ Dies beschrieb Rüt-      es keine Veränderungen in den Herkunftslän-
ten, um sodann mit der Frage an Katarina Nie-       dern der Roma-Migrant*innen gebe, könne man
wiedzial einzusteigen, inwiefern denn die soge-     in Deutschland wenig ausrichten. „Wir müssen
nannte. Aufnahmegesellschaft auf die Aufnah-        über die Ursachen der Armut reden“, forderte
me von Migrant*innen vorbereitet werden müs-        Heuß. Der Zentralrat wolle viele Erfahrungswer-
se. „Wir sind jeden Tag bemüht, etwas dagegen       te aus Deutschland und anderen europäischen
zu machen“, erwiderte Niewiedzial in Bezug auf      Ländern in den europäischen Prozess einbrin-
anti-ziganistische Haltungen in der Gesell-         gen. Heuß sprach auch die Unabhängige Exper-
schaft. Die Kritik, dass die Politik zu wenig ge-   tenkommission Antiziganismus an, deren Ein-
gen Antiziganismus tue, sei berechtigt. Ankom-      setzung der Deutsche Bundestag 2019 be-
men müsse ermöglicht werden, und zwar vor           schlossen hatte – dies sei bereits in der vorvor-
Ort in den Bezirken.                                letzten Legislaturperiode geplant gewesen.
                                                    Wichtig sei, dass die Aufgabe der Bekämpfung
Daraufhin wurde Martin Hikel gefragt, wie nah       des Antiziganismus nicht nur an die Migranten-
er als Berliner Bezirksbürgermeister dem Volk       Selbstorganisationen bzw. die Roma-Organisati-
sei. Er warf in seiner Antwort die Grundfrage       onen delegiert werde. Dies sei eine gesamtge-
auf, wohinein sich Neuzuwandernde überhaupt         sellschaftliche Aufgabe.
integrieren sollten. Es gehe um Teilhabe in den
Bereichen Arbeit, Wohnen, Bildung und Ge-           Katarina Niewiedzial betonte an dieser Stelle,
sundheit und die Frage sei, welche Barrieren        wie wichtig es sei, dass die Betroffenen beteiligt
bestünden, die Menschen an einer gleichbe-          werden. Es gehe um Empowerment und Er-
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mächtigung. Sie erwähnte den Berliner Aktions-           und diese Situation dennoch einem Leben im
plan zur Einbeziehung ausländischer Roma, der            Herkunftsland vorzögen. In der EU gebe es ein
ein Landesprogramm zur Bekämpfung von Anti-              enormes Armutsgefälle. Durch das „Wild-Cam-
ziganismus werden solle.14 Auch sei es für Poli-         pen im öffentlichen Raum“ entstehe jedoch ein
tikgestaltung wichtig, statistische Erhebungen           Nutzungskonflikt, dem er als politisch Verant-
zur Situation der Roma und ihrer Diskriminie-            wortlicher begegnen müsse. Martin Hikel plä-
rungserfahrungen durchzuführen. Daher habe               dierte abschließend dafür, dass die Armutsmig-
man in Berlin die Registerstelle Antiziganismus          ration auf die europäische Agenda gehöre.15 Er
eingerichtet.                                            kritisierte, dass es keine Strafen für Staaten
                                                         gibt, welche die Menschenrechte missachten.
Die Frage, was die Wissenschaft leisten könne,           Für die kommende EU-Ratspräsidentschaft der
wurde an Dr. Andrea Óhidy gerichtet. Wissen-             Bundesrepublik wünschte er sich, dass Berlin
schaft müsse grundsätzlich unabhängig von po-            ein starkes Zeichen der Solidarität mit den Ro-
litischen Interessen agieren und gleichzeitig Po-        ma und Sinti setzt.
litiker*innen bestmöglich beraten, sagte sie. In
ihrer Forschung habe sie beispielsweise auch             Fazit
danach gefragt, welche Faktoren die gesell-              Die internationale SOG-Konferenz war eine
schaftliche Teilhabe von Roma positiv beein-             Konferenz der vielen Stimmen. Fazit: In Bezug
flusst hätten. In biographischen Interviews habe         auf die Situation der Roma in Europa gibt es
sie erfahren, dass etwa positive Erfahrungen             nicht einen, sondern viele verschiedene Diskur-
mit Lehrer*innen eine enorme Stärkung des                se. Soll man von „Inklusion“, von „Integration“
Selbstbewusstseins bedeuten können. Sie äu-              oder von „Teilhabe“ sprechen? Sollen Roma-Or-
ßerte den Wunsch, dass wissenschaftliche Er-             ganisationen an Prozessen beteiligt werden
kenntnisse bei politischen Entscheidungen                oder die Prozesse selbst gestalten – und wenn
stärker berücksichtigt werden. Die Befunde ih-           ja, wie können sie dazu befähigt werden? Ist
res Bielefelder Kollegen Wilhelm Heitmeyer et-           Antiziganismus die Ursache der aktuell margi-
wa seien als „Bielefelder Alarmismus“ abgetan            nalisierten Situation der Roma und wenn ja, ist
worden – zu Unrecht.                                     er die einzige Ursache dafür? Warum ist diese
                                                         Minderheit so stark von Armut und sozialer Ex-
Ursula Rütten wollte wissen, ob es Ansätze zur           klusion betroffen – und zwar in allen Ländern
Vermittlung der Kultur und Geschichte der Ro-            Europas?
ma und Sinti in den Lehrplänen der Schulen ge-
be. Katarina Niewiedzial verwies hier auf aktuell        Die bei der Konferenz vorgestellten Projekte äh-
laufende Absprachen zwischen dem Berliner                nelten sich in vielerlei Hinsicht. Die meisten
Beirat der Roma und Sinti und der Senatsver-             fördern frühkindliche Bildung, Teilhabe am Er-
waltung für Bildung, Jugend und Familie. In ei-          werbsleben, (Nach-)Qualifizierung, politische
nem abschließenden Statement stellte sie au-             Teilhabe und Identitätsbildung von Roma. Und
ßerdem klar: „Roma leben seit Jahrhunderten in           sie alle würden institutionelle Förderung benö-
Europa“, und fragte, wieso derzeit so getan wer-         tigen. Deutlich wurde auch, dass der Faktor Mig-
de, als seien sie erst kürzlich von irgendwoher          ration eine bedeutende Rolle spielt. Migration
zugewandert. In Deutschland gelte es, einen              in ihren vielen Gestalten – als Transmigration,
Weg zu finden, um sowohl die autochthone                 Remigration, Immigration – entwurzelt die Men-
Minderheit der Sinti und Roma als auch die               schen. Sie verstärkt sowohl die soziale Ausgren-
neuzuwandernden Roma aus Südosteuropa                    zung der Roma als auch die Ressentiments in
gleichermaßen zu schützen und zu fördern.                der jeweiligen Mehrheitsgesellschaft. Ob als Re-
                                                         migrant*innen in Kosovo oder als Neuzuwan-
Bezirksbürgermeister Martin Hikel schilderte im          dernde in Neukölln – Roma sind stets „die An-
weiteren Verlauf des Gesprächs, dass viele EU-           deren“. Die Erfahrung von Nicht-Zugehörigkeit
Bürger*innen in Berlin im Freien übernachteten           verbindet sie alle – ob sie nun innerhalb oder

14    Kurz: Aktionsplan Roma.
15    Im Original-Statement auf Englisch: „migration of poverty“.
Südosteuropa Mitteilungen | 01 – 02 | 2020                                              Berichte   141

außerhalb der EU leben. Insofern bleibt kritisch     die Bundesrepublik während ihrer EU-Ratsprä-
abzuwarten, welche Akzente die EU-Kommission         sidentschaft im zweiten Halbjahr 2020 hier ei-
in Zukunft bei der Weiterentwicklung ihrer Ro-       nen entscheidenden Beitrag wird leisten kön-
ma-Integrations-Strategie setzen wird und ob         nen.

Panel Discussion at the German Bundestag
What’s Next in the EU’s Enlargement Process? –
Before the EU Summit.
Organizers: Southeast Europe Association (Südosteuropa-Gesellschaft/SOG) / Europa-Union
Deutschland

Berlin, 3 March 2020
Report by Sara Marenčić, Berlin

Introduction                                         To address these and other questions, the
After having postponed the matter of Albania         Southeast Europe Association (SOG) and Eu-
and North Macedonia’s EU accession negotia-          ropa-Union Deutschland gathered representa-
tions already in June 2019 and despite an over-      tives from the Albanian and North Macedonian
whelming support for a green light, the EU           governments as well as politicians and diplo-
Council was still unable to find unanimity in        mats from Germany for a panel discussion at
October 2019. This came as a great disappoint-       the German Bundestag on 3 March 2020. As the
ment and a bitter blow to the region: North          coronavirus hadn’t paralyzed the world yet, rep-
Macedonia’s Prime Minister Zoran Zaev re-            resentatives from different political parties at
signed as a consequence and called a snap            local, state and national state levels, journal-
election in his country. In a similar vein, his      ists, diplomats, researchers, students, and ac-
neighbouring counterpart Prime Minister Edi          tivists filled the seats of the Europasaal in the
Rama likened Albania to a jilted lover who has       Paul-Löbe-Haus of the Bundestag. For those in-
become an undue “collateral”1 in inter-EU pow-       terested, a full recording of the livestream of
er-struggles.                                        the discussion can be viewed on the SOG’s
                                                     facebook page, where the Association regularly
Since then there had been statements and re-         streams its events.
leases that signalled the positive decision which
had come at the EU Council’s videoconference of      The audience and panellists were greeted by Dr.
ministers for European affairs on 24 March 2020.     Hansjörg Brey, the executive director of the
However, damage had been done and trust in           Southeast Europe Association. Brey sketched
the EU considerably weakened. So in the after-       out the difficult circumstances in which the ac-
math of this “lourde erreur historique”, as Jean-    cession process was taking place, namely the
Claude Juncker put it, the questions arose: What     spread of the coronavirus, the possibility of a
has happened? What can be made of these sig-         new refugee crisis and a new Balkan route, and
nals sent by the EU? And finally, where will the     the open questions regarding human rights in
EU accession process go?                             Turkey. He highlighted the October 2019 Council
                                                     meeting and recently published key documents:
                                                     the 5 February 2020 Commission’s Communica-
                                                     tion on “Enhancing the accession process – A

1    Citation in: The Guardian, https://www.theguardian.com/world/2020/feb/17/albania-pm-likens-
     country-jilted-lover-effort-join-eu-edi-rama.
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