Heisse Server - warmes Haus - IWB
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Heizung
Heisse Server –
warmes Haus
In Basel sorgt die Abwärme eines Mini-Rechenzentrums für Raumwärme
und Warmwasser in einem Mehrfamilienhaus. Die neuartige «Server-
heizung» funktioniert als Schnittmenge der Interessen von IT-Kunden und
Hauseigentümern.
Text Michael Staub
Bilder Michael Staub, IWB
Im Kanton Basel-Stadt gilt seit Oktober im Scherz, ob man damit nicht heizen
2017 eines der strengsten kantonalen könnte.»
Energiegesetze. Öl- und Gasheizungen auf Tatsächlich ist die Abwärmenutzung von
kantonalem Boden sollen, wann immer Servern schon lange ein Thema. Auch in
möglich, durch Heizungen mit erneuerbarem der Schweiz werden verschiedene grössere
Energieträger ersetzt werden. Diese Siedlungen mittels Abwärme aus Rechen-
Vorgabe bereitet vielen Hauseigentümern zentren beheizt. Bisher gab es solche
Kopfzerbrechen. Denn Wärmepumpen- Lösungen jedoch nur auf Stufe XL. Der
oder Pelletheizungen sind im urbanen grosse Vorteil des Basler Projekts ist sein
Gebiet oft schwierig umzusetzen, und kleiner Massstab. Denn dezentrale Rechen- Die Daten, die auf ihr gehostet oder ver-
längst nicht alle Basler Quartiere können zentren und dezentraler Wärmebedarf arbeitet werden, verlassen die Schweiz
auf Anschluss an das Fernwärmenetz passen gut zusammen. Das hängt auch mit nicht, womit ein einheitlicher Datenschutz
zählen. Dies gilt auch im Neubad-Quartier, der weitverbreiteten Cloud-Technologie gewährleistet ist. Komplettiert wird das
das westlich vom Basler «Zolli» liegt. Hier zusammen. Paket durch die Stromversorgung mit
steht ein 1932 erbautes Mehrfamilienhaus, Etwa seit den frühen 2000er-Jahren ist 100 Prozent Ökostrom von IWB. «Für die
das bis zur Heizperiode 2019/2020 mit Gas die Cloud (eigentlich «Cloud Computing») IT-Kunden ist dies attraktiv, weil der
beheizt wurde. Der alte Kessel steht immer ein Begriff. Damit bezeichnet man IT- CO2-Footprint gesenkt werden kann und die
noch im Keller, dient aber nur noch als Kapazitäten, insbesondere Speicher- und Schweizer Datenschutzgesetze eingehalten
Back-up und zur Abdeckung von Spitzen- Rechenleistungen, die nicht an einen werden. Für unseren Kunden wiederum
lasten. Der neue Wärmeerzeuger ist in bestimmten Ort wie etwa ein physisches lohnt sich das Angebot, weil er sich nicht um
einer unscheinbaren Chromstahlbox unter- Rechenzentrum gebunden sind. Vielmehr die Auslastung kümmern muss», erläutert
gebracht. Auf dem Typenschild steht werden diese Aufgaben auf verschiedene Stephan Février. «Auf den Servern wird
«chaudière numérique» – digitale Heizung. Orte oder Rechenzentren verteilt und den immer genügend gerechnet, und damit
Tatsächlich wird die Wärme hier nicht aus Benutzern über eine Netzwerkverbindung steht auch ausreichend Wärme für Heizung
Öl, Gas oder Holz erzeugt, auch nicht der angeboten. Der grosse Vorteil dieser und Warmwasser zur Verfügung.»
Umgebungsluft oder dem Erdreich ent- Technologie ist ihre Skalierbarkeit. Selbst Im Inneren des Chromstahlgehäuses
zogen. Vielmehr nutzt die neue Heizung die der grösste Bedarf an Rechenleistung oder befinden sich bis zu einem Dutzend
Abwärme mehrerer Computer. Im Gehäuse Speicherplatz kann mit der Cloud gedeckt «Blades». So nennt man die Module, auf
stecken allerdings keine normalen PCs, werden. Ein gravierender Nachteil ist denen beispielsweise ein Server oder ein
sondern leistungsfähige Server, die deutlich jedoch der Datenschutz. Digitale Daten Switch (Netzwerkverteiler) sitzt. Die Blades
mehr Rechenoperationen ausführen und unterliegen jeweils den Gesetzen des sind von einem Ölbad umgeben. Dessen
deshalb auch viel heisser werden als Landes, in welchem sie verarbeitet Wärme wird via Wärmetauscher zu einem
normale Rechner. werden. Durch die geografische Vielfalt Kombispeicher im Nebenraum geleitet.
der Cloud können jedoch Daten, die ver- Dieser heizt das Heizungswasser auf und
Gefragte Wolke meintlich in der Schweiz gehostet werden, speist zusätzlich eine Frischwasserstation.
«Solche Serverheizungen gibt es schon unversehens im EU-Raum oder gar in den Diese nutzt das heisse Wasser des Speichers,
einige Jahre», sagt Stephan Février, ver- USA landen. um kaltes Wasser im Durchlaufprinzip
antwortlicher Projektleiter bei der Basler aufzuheizen. So kann man das Warmwasser
Energieversorgerin IWB. Auf die Idee, einen Sicher und grün genau nach Bedarf und höchst effizient
Pilotversuch zu starten, brachte ihn ein Der französische Anbieter Neutral-IT, mit aufbereiten, statt es stundenlang in einem
Kollege: «Er ist in der IT-Branche tätig und dem IWB für das Pilotprojekt zusammen- grossen Speicher vorzuhalten. Die Wärme-
hat zahlreiche Server im Keller seines arbeitet, löst dieses Problem mit dezentralen verteilung inklusive Heizkörper wurde
Hauses stehen. Diese produzieren sehr viel Rechenzentren, die auf Schweizer Boden belassen. Die Umbauarbeiten beschränkten
Abwärme, und deshalb fragte er mich halb stehen. Eines davon ist die Serverheizung. sich vorerst auf die Technikräume im
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Heizung
Das 1932 erbaute Mehrfamilienhaus wurde bisher mit Gas beheizt. Ab dieser
Heizperiode dient die Abwärme von Servern als Energieträger.
Keller. Die Mieter werden nur durch die
Entfernung der alten Etagen-Elektroboiler
tangiert.
Einfache Umsetzung
Der Umbau des Heizsystems war dank der
grosszügigen Platzverhältnisse einfach.
Denn noch vor der Gasheizung war im
Gebäude einmal eine Ölheizung installiert.
«Den alten Tank hatte man nie angerührt.
Wir haben ihn zurückgebaut und können
damit den alten Tankraum für die Server-
einfache Montage
heizung nutzen», erläutert Stephan Février. kurze Bauzeit
Der neue Speicher und die Frischwasser-
station fanden problemlos im Nebenraum
Platz. Für die Mieterschaft werde der
Komfort zunehmen, meint Février: «Sie ELEKTRA ENERGIEDACH
werden mehr Platz im Badezimmer haben,
weil die alten Boiler entfernt werden.»
Für den Hauseigentümer Stefan Eugster
Ästhetische Komplettlösung
Stamm lohnt sich das Pilotprojekt eben- für jedes Dach
falls: «Innert weniger Jahre müssen wir
Eigentümer im Quartier eine Ersatzlösung
für fossile Heizungen finden. Beim Einbau Mehr Informationen auf
einer Pellets- oder Wärmepumpenheizung www.soltop.ch
hätte ich jedoch Dämmung und Wärmever-
teilung anpassen müssen. Mit der Server-
heizung gewinne ich weitere fünf bis acht
Jahre Zeit, um die Planung dafür anzuge-
hen.» Die Mieter des Hauses, mehrheitlich
jung, wurden über den gesamten Projekt-
fortschritt informiert und schätzen gemäss SOLTOP Schuppisser AG T +41 52 397 77 77
Eugster Stamm die neue Heizung: «Sie St.Gallerstrasse 3 info@soltop.ch
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Heizung
Die neue Heizung steckt in einem
kompakten Gehäuse. Als Aufstellungsort
dient der alte Öltankraum.
kompakt Auch wirtschaftlich lohnt sich das Projekt:
Datenschutz
Trotz der innovativen Technik sind die
Kosten für den Hauseigentümer ungefähr
gleich hoch wie beim Weiterbetrieb der
Beim Cloud Computing kann der normalen Gasheizung.
Server theoretisch überall stehen. Das
hat Folgen für den Datenschutz, denn Neue Alternative?
in den USA und anderen Ländern ist Das Potential von IT-Abwärmenutzungen
dieser weit laxer als in der Schweiz. im Kleinformat sieht man auch bei Suisse-
Die Serverheizung von IWB und tec. Robert Diana, Leiter Fachbereich
Neutral-IT bietet hingegen ein Heizungen, gibt jedoch einige Punkte zu könnten private Eigentümer in Schwierig-
100%-Hosting auf der Schweizer bedenken: «Bei Wohngebäuden rechnet keiten geraten, falls die Lebensdauer der
Cloud. So ist gewährleistet, dass die man mit einer Lebensdauer von mindestens Komponenten zu kurz ist.»
verarbeiteten Daten niemals die 50 Jahren. Ein klassischer Wärmeerzeuger Welche Rolle die Serverheizungen in
Schweiz verlassen. sollte es deshalb auf mindestens 15 Jahre einigen Jahren spielen werden, kann noch
bringen. Falls die Technik für eine Insel- niemand sagen. Stephan Février von IWB
lösung wie Mini-Serverheizungen in fünf ist jedoch von den Möglichkeiten der Tech-
oder zehn Jahren nicht mehr verfügbar nik überzeugt: «Serverheizungen sind eine
sein sollte, kann ein Versorger wie IWB tolle Alternative zu Pelletheizungen oder
sicher eine Alternative finden. Jedoch Wärmepumpen. Gerade in Quartieren, die
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Heizung
Blick ins Innere: Die Abwärme der
eingesteckten «Blades» reicht aus,
um Raumwärme und Warmwasser
zu erzeugen.
Viel verpuffte Wärme
In vielen Serverräumen und Rechenzentren ist es laut – manchmal geradezu ohrenbetäubend. Der Grund sind
die unzähligen Lüfter und Ventilatoren, welche die Abwärme von Computern und Netzwerkkomponenten
abführen müssen. Denn die Luftkühlung galt in der IT-Branche lange Zeit als wenig hinterfragter Standard.
Bis vor kurzer Zeit wurden manche Datacenter sogar in sehr abgelegenen, dafür aber kühlen Orten aufgestellt,
um so den Stromaufwand für die Klimatisierung senken zu können. Die immer grösseren Datencenter und
immer höheren Stromrechnungen führten zu einem langsamen Umdenken. Inzwischen ist auch die Flüssig-
keitskühlung interessant geworden. Je nach Temperatur der Computer, Server oder Komponenten kommt
dafür Wasser oder Öl in Frage. Flüssigkeiten sind wesentlich bessere Wärmeleiter als Luft, weshalb die Abwärme
bei solchen Systemen auch besser genutzt werden kann.
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Heizung
nicht am Fernwärmenetz hängen, ist das inklusive Betrieb und Wartung, aber auch
interessant.» Obwohl der Pilotversuch im Anlagen, die vom Gebäudeeigentümer
urbanen Gebiet läuft, soll die Technik nicht betrieben werden. Von daher müssen
nur in Basel angeboten werden. «Wir er- Baugenossenschaften nicht unbedingt
halten schon heute viele Anfragen aus der warten, bis in ihrer Nähe ein Rechenzentrum
ganzen Schweiz», berichtet Février, «des- entsteht – vielleicht können sie es auch ins
halb möchten wir das Produkt landesweit eigene Haus holen. ■
anbieten.» Vorgesehen sind einerseits ein
Contracting, also die «Flatrate-Heizung» iwb.ch/serverheizung
Gute Erfahrungen in Deutschland
Der deutsche Anbieter Cloud & Heat verbindet seit 2013 die Bedürfnisse zweier
Kundengruppen: Mieter wollen eine sichere und günstige Wärmeversorgung. Und viele
Unternehmen legen Wert auf dezentralisierte, zuverlässige und sichere Rechenleistung
und Datenspeicherung. Die Firma stellt deshalb in Wohn- und Geschäftshäusern
dezentrale Server auf. Die Abwärme dieser Rechenzentren wird via Wärmetauscher
vom Heizsystem des Gebäudes abgenommen. Eine Wärmepumpe ist nicht notwendig.
So heizen die Rechenoperationen der einen die Räume und das Warmwasser der
anderen. Dabei bieten sich vor allem Gebäude oder Quartiere mit Gewerbeeinheiten
Stephan Février, verantwortlicher Projektleiter bei an, da hier die Rechenzentren vor Ort genutzt werden können.
IWB, ist mit dem Pilotprojekt sehr zufrieden. Ein Beispiel dafür ist ein MFH in Dresden mit 56 Wohnungen. Seit 2014 wird darin ein
Cloud-Rechenzentrum betrieben. Dank wassergekühlter Server und eines speziellen
Systems zur Abwärmenutzung können 50 Prozent des jährlichen Warmwasserbedarfs
im Gebäudekomplex gedeckt werden. Wichtige Bauteile dieser Heizungen sind
redundant, also mehrfach vorhanden. Zudem werden die Anlagen überwacht, und der
technische Support steht rund um die Uhr bereit.
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