Hochwasserschutzfibel - Planen und Bauen von Gebäuden in hochwassergefährdeten Gebieten

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Planen und Bauen von Gebäuden
       in hochwassergefährdeten Gebieten

       Hochwasserschutzfibel
                                           Elektroverteiler       Gasheizung

                                                                                          höher-
 höherwertige Nutzung                                                                     gelegter
                                                                                          Eingang

            höchstes                                                                     höchstes
            Hochwasser                                                                   Hochwasser
 >
 – 50cm                                                               >
                                                                      – 50cm

                                                                                 wasserdichte
                                                                                 Rohrverbindung
minderwertige Nutzung                                                          höhergelegte
                                                                               elektrische
    Flutungsmöglichkeit
                                                                               Anschlüsse

                                          wasserbeständige                 Rückstausicherung
    mobile Einrichtung    Pumpe           Wand- und Bodenbeläge
                          mit Pumpensumpf                              Abdichtung
Impressum

Herausgeber:         Bundesministerium für Verkehr,
                     Bau -und Wohnungswesen
                     Invalidenstr. 44
                     10115 Berlin

Bearbeitung:         CDM Jessberger GmbH
                     Büro Bochum
                     Am Umweltpark 3-5
                     44793 Bochum
                     unter Mitwirkung
                     von Architekt Dipl.-Des. Steinert, Witten

Gesamtherstellung:   Neumann GmbH, Remscheid

Dritte Auflage, Stand August 2002
Planen und Bauen
           von Gebäuden
 in hochwassergefährdeten Gebieten

Hochwasserschutzfibel

                                     1
2
Vorwort

Liebe Mitbürgerinnen,
liebe Mitbürger,
regelmäßig - und das ist uns im Jahr 2002 erschreckend deutlich geworden - verursachen
Überschwemmungen und hochwasserbedingte extreme Grundwasserstände an flussnah
gelegenen Gebäuden erhebliche Sachschäden. Die mit hohem finanziellen Aufwand durch-
geführten oder geplanten Maßnahmen von Bund, Ländern und Kommunen, wie z. B. die
Reaktivierung von natürlichen Überschwemmungsgebieten oder auch der Bau von Hoch-
wasserschutzanlagen, mindern zwar die Auswirkungen des Hochwassers, gewährleisten
jedoch keinen vollkommenen Schutz. Insofern können die Bewohner hochwassergefähr-
deter Gebiete selbst durch geeignete Maßnahmen Vorsorge treffen. Hinterher wird es sehr
viel teurer.
Wie die Schadensanalysen der extremen Hochwasser belegen, sind bauliche Schäden
durch eine hochwassergerechte Bauweise weitgehend vermeidbar. Und dies mit vertretba-
rem Aufwand, sofern bereits im Vorfeld der Gebäudeplanung geeignete Schutzkonzepte
geplant und umgesetzt werden. Vielfach ist eine Reduzierung des Schadenpotenzials durch
eine sachgerechte Konstruktion, Baustoffwahl oder Gebäudenutzung möglich.
Die Bundesregierung wendet sich mit dieser Broschüre an den interessierten Bauherrn
oder Hauseigentümer, der sich vorab über die komplexen Zusammenhänge informieren
will.
Sie will dazu beitragen, größere Bauschäden zu verhindern und damit unnötige finanzielle
Belastungen zu verringern. Aber selbstverständlich wollen wir damit den Rat eines
Baufachmannes nicht ersetzen.

Kurt Bodewig
Bundesminister für Verkehr,
Bau- und Wohnungswesen

                                                                                  3
4
INHALT                                                                                                                                   Seite
         Vorwort....................................................................................................................................3
1        Einführung .............................................................................................................................7
2        Grundlagen ............................................................................................................................8
2.1      Einwirkungen infolge Hochwasser...................................................................................8
2.2      Schutzstrategien...................................................................................................................10
2.3      Gesetzliche Vorgaben.........................................................................................................11
2.4      Regionale Hochwassergefährdung/Bemessungshoch- und Grundwasser ......14
3        Gebäudestandsicherheit ...............................................................................................15
3.1      Wasserdruck und Auftrieb ................................................................................................15
3.2      Strömung ...............................................................................................................................16
3.3      Gegenmaßnahmen.............................................................................................................16
3.3.1    Ausreichende Gebäudelasten und Wand-/Sohlendimensionierung ..................16
3.3.2    Flutung....................................................................................................................................17
3.3.3    Sondermaßnahmen............................................................................................................18
4        Eindringen von Wasser ins Gebäude......................................................................19
4.1      Eindringungswege...............................................................................................................19
4.2      Baustoffe ................................................................................................................................19
4.3      Reduzierung und Verhinderung der Wassereindringung .......................................23
4.3.1    Allgemeine planerische Maßnahmen...........................................................................23
4.3.2    Grundwasser.........................................................................................................................24
4.3.3    Oberflächenwasser .............................................................................................................27
4.3.4    Kanalisationswasser (Rückstau) .....................................................................................33
4.4      Schutz des Gebäudeausbaues........................................................................................35
4.5      Schutz der Inneneinrichtung ...........................................................................................38
5        Außenanlagen....................................................................................................................38
6        Sonstige Vorsorge- bzw. Schutzmaßnahmen......................................................39
7        Literatur................................................................................................................................40

                                                                                                                                            5
6
1 Einführung
In unregelmäßigen Zeitabständen führen außergewöhnliche Witterungsereignisse wie aus-
gedehnte extreme Niederschläge auch in Verbindung mit Schneeschmelze an unseren
Flußläufen zu Überschwemmungen und zum Anstieg des Grundwasserspiegels. Dabei
können erhebliche Schäden an Gebäuden und Außenanlagen auftreten.

Solche Witterungsereignisse entstehen durch

● natürliche Einflüsse (z. B. natürliche Klimaschwankungen)

● vom Menschen mitverursachte Einflüsse (z. B. CO2-Anstieg, Treibhauseffekt,
  Oberflächenversiegelungen, Flurbereinigungen, Aufgabe von Flußauen oder
  Flußbegradigungen ...)

Natürliche Hochwasserschwankungen liegen im Meterbereich.

Hochwasserschutzmaßnahmen der Gebietskörperschaften (Gemeinden, Städte, Kreise und
Länder) wie

● das Anlegen bzw. Zurückgewinnen von Rückhaltebecken und -räumen

● die Förderung einer natürlichen Gewässerentwicklung (Renaturierung)

● Entsiegelungen und Regenwasserversickerung

● das Einrichten von Dämmen oder Deichen

bieten keinen 100 %igen Hochwasserschutz. Solche Maßnahmen bewirken in der Regel
nur eine Entschärfung des Hochwassers im Bereich weniger Dezimeter. Darüber hinaus
verlieren sie ihre Wirkung mit zunehmender Entfernung zum Schutzobjekt.

Fazit: Jeder Hauseigentümer in einem nicht ausreichend gegen Hochwasser oder einen
       Anstieg des Grundwassers gesicherten Siedlungsgebiet sollte selbst zusätzlich
       Vorsorge treffen.

                                                                               7
ARCH E

Bild 1:
Der 100 %ige Hochwasserschutz

Die Hochwasserschutzfibel richtet sich an alle, die vom Hochwasser betroffen sein können
und erläutert mögliche Schutzmaßnahmen für geplante und bestehende Gebäude in hoch-
wassergefährdeten Gebieten.

2 Grundlagen
2.1 Einwirkungen infolge Hochwasser
Außergewöhnliche Niederschläge und Schneeschmelze führen nicht nur zu dem sichtbaren
Anstieg des Wasserspiegels in den Flüssen, sondern auch zu einem Anstieg des Grund-
wassers.

Der Anstieg des Grundwassers ist bautechnisch von gleicher Bedeutung. Er kann ebenfalls
mit einem Hochwasserereignis verbunden sein.

Fazit: Bei einem Hochwasserereignis werden Gebäude nicht nur in überschwemmten
       Gebieten, sondern auch bei Anstieg des Grundwasserspiegels durch einen erhöhten
       Wasserdruck beansprucht (siehe Abbildung 2).

    8
Beim gebäudebezogenen Hochwasserschutz sind grundsätzlich drei Gefährdungsbereiche
zu unterscheiden:

● Gebäudestandsicherheit:
  Auftriebskräfte, Wasserdrücke und Strömungskräfte führen zu einer Bean-
  spruchung der Sohle oder der Grundmauern und können im Extremfall zum
  Aufschwimmen oder zu einem Durchbruch führen

● Eindringen von Wasser ins Gebäude:
  Wasser (Oberflächenwasser, Grundwasser, Rückstauwasser aus Kanalisationen)
  dringt in das Gebäude und verursacht Wasserschäden an der Bausubstanz und
  am Inventar

● Außenanlagen:
  Oberflächenwasser oder Grundwasser beschädigt Einrichtungen (Garage, Garten,
  Aufschwimmen von Öltanks, o. ä.), die in unmittelbarer Umgebung des Gebäudes
  liegen

höchster
Grundwasser-                                   Hochwasser
spiegel

                   Anstieg des         mittlerer            Grundwasseranstieg und
               Grundwasserspiegels   Grundwasser-             Überschwemmung
                                        spiegel

Bild 2:
Hochwassereinwirkungen bei Überschwemmung sowie bei Anstieg des Grundwasser-
spiegels

                                                                                     9
2.2 Schutzstrategien
Die wirkungsvollste und häufig wirtschaftlichste Vorsorge ist ein Gebäude so zu planen, daß
aufwendige Sondermaßnahmen oder Nutzungseinschränkungen entbehrlich werden. Dies
bedeutet zunächst, daß Gebäude möglichst außerhalb der vom Hochwasser betroffenen
Gebiete (z. B. in erhöhten Lagen) zu planen und zu errichten sind. Ist dies nicht möglich,
sind geeignete gebäudebezogene Schutzmaßnahmen zu ergreifen.

Vor jeder Bau- oder Sanierungsmaßnahme müssen mögliche Hoch- und Grundwasser-
einwirkungen berücksichtigt werden. Die zuständigen Baubehörden bzw. wasserwirt-
schaftlichen Fachbehörden informieren über entsprechende Bauauflagen und gewässer-
kundliche Randbedingungen in hochwassergefährdeten Gebieten. Ein Höchstmaß an In-
formationen zur regionalen Hochwassergefährdung bildet die Grundlage für eine hoch-
wasserangepaßte Gebäudeplanung und -ausführung. Dies bedeutet konkret, daß die Bau-
werkskomponenten

                                                                                      Ausweichen

          Verankerung                                                  Abdichtungs-
                                                                         wanne
                                               Stützen
                                                         ohne Keller

                                         1                                            3

                                         2                                            2

 1        Hochwasser

 2        mittlerer Grundwasserspiegel

 3        höchster Grundwasserspiegel

Bild 3:
Hochwasserschutzstrategien

     10
● Rohbau

● Gebäudeausbau

● Inneneinrichtung

● Außenanlagen
sowohl im einzelnen als auch in ihrem Zusammenwirken für die zu erwartenden Hoch-
wassereinwirkungen ausgelegt sein müssen.

Die speziell gebäudebezogenen Hochwasserschutzmaßnahmen können grundsätzlich
nach ihrer Wirkungsweise in zwei Kategorien unterschieden werden:

a) Maßnahmen, die der vollständigen Verhinderung des Eindringens von Wasser dienen.
Dem Wasser widerstehen

b) Maßnahmen, die der Schadensvermeidung bei planmäßiger Wassereindringung ins
Gebäude dienen (Extremfall: planmäßige Flutung)
Dem Wasser nachgeben

Die im Einzelfall erforderlichen bzw. empfehlenswerten Hochwasserschutzmaßnahmen für
ein Gebäude (Neu- oder Altbau) sind in Abhängigkeit von den erwarteten Einwirkungen zu
wählen. Häufig wird ein wirkungsvoller gebäudebezogener Hochwasserschutz durch eine
Kombination unterschiedlicher Maßnahmen erreicht.

2.3 Gesetzliche Vorgaben
Derzeit existieren keine gesetzlichen Vorgaben, die sich ausdrücklich mit dem gebäudebe-
zogenen Hochwasserschutz befassen. Eine diesbezügliche „Verordnung des Landes
Nordrhein-Westfalen über die Errichtung und Änderung von Gebäuden in Überschwem-
mungsgebieten“ verlor vor ca. 20 Jahren ihre Gültigkeit. Die in dieser Verordnung gefor-
derten Maßnahmen - eine Auflistung findet sich in der dargestellten Tabelle - haben aller-
dings auch heute noch ihre Berechtigung und sollten beim Bau und bei der Planung von
Gebäuden in hochwassergefährdeten Gebieten sinngemäß berücksichtigt werden.

                                                                                   11
Tabelle 1:      Grenzfälle gebäudebezogener Schutzstrategien und Beispiele
                zugehöriger Ausführungsmerkmale
 Grenzfälle     Widerstehen

 Bedeutung      Weitgehende Abdichtung/Verhinderung der Wassereindringung

                                                                           höchstes zu
                                                                           erwartendes
                                                                           Hochwasser

                                              Verteilerkasten

                                         Brenner

 Ausführungs-   Auftriebssicherheit
 grundsätze
                Wasserdichte Ausbildung des Untergeschosses („Kellerwanne“)

                Bauwerkabdichtung mindestens bis zum höchsten zu erwartenden Wasser-
                spiegel, ggf. bis über Geländeoberkante hinaus

                Rückstausicherung

                Höherlegen des Eingangs und der Fenster; Vermeidung tiefliegender
                Bauwerköffnungen

                Tiefliegende Tür- und Fensteröffnungen druckwasserdicht

   12
Grenzfälle      Nachgeben

Bedeutung       hochwasserangepaßte Gebäudenutzung/keine Verhinderung der Wasser-
                eindringung

                                       Verteilerkasten

                                             Brenner

             Steg

                                                                     höchstes zu
                                                                     erwartendes
                                                                     Hochwasser

                                             Pumpensumpf
                    Lichtschacht

Ausführungs-    Lichtschächte und Kellerfenster zur kontrollierten und planmäßigen Flutung
grundsätze      des Gebäudes vorsehen

                Zentralen für Heizungs-, Elektro- und Telefoninstallation in den oberen
                Geschossen (abschaltbare Kreisläufe)

                Einrichtung eines Pumpensumpfes

                Keine hochwertige Nutzung in unteren Geschossen, nur leicht bewegliche
                Kleinmöbel und wasser- bzw. feuchtigkeitsbeständige Einrichtungen

                Verwendung wasserbeständige Baustoffe

                                                                                      13
Tabelle 2: Auszüge aus einer ehemaligen Verordnung
           des Landes Nordrhein-Westfalen
 ● Alle Gebäudeteile sind bis zu einer Höhe von mindestens 0,5 m über dem höchsten eis-
   freien Hochwasserstand seit 1882 aus Baustoffen herzustellen, die gegen Wasser ausrei-
   chend widerstandsfähig und undurchlässig sind.

 ● Alle Gebäudeteile sind bis zu der o. g. Höhe gegen Strömung und Eisgänge hinreichend wi-
   derstandsfähig auszuführen und so zu gründen, daß einer Unterspülung und dem Auftrieb
   durch Hochwasser begegnet wird.

 ● Die Fußbodenoberkanten aller Räume zum dauernden Aufenthalt von Menschen sind min-
   destens 0,5 m über dem höchsten eisfreien Hochwasserstand seit 1882 zu legen. Die sie
   umschließenden Wände sind gegen aufsteigende Feuchtigkeit zu sichern, sofern nicht
   Baustoffe verwendet werden, die gegen Wasser ausreichend widerstandsfähig und un-
   durchlässig sind.

 ● Tür- und Fensteröffnungen sowie andere nach außen führende Öffnungen sind mit geeig-
   neten Vorrichtungen gegen das Eindringen von Hochwasser zu versehen.

 ● Keller sind mit einem Pumpensumpf zu versehen. Die Kellerfußböden sind mit einem Ge-
   fälle zum Pumpensumpf hin anzulegen.

Quelle: „Verordnung über die Errichtung und Änderung von Gebäuden in den Überschwemmungsgebieten der bei
        Hochwasser gefahrbringenden Wasserläufe“ des Landes NRW vom 25.11.1959

2.4 Regionale Hochwassergefährdung/Bemessungshoch-
    und Grundwasser
Der Planung von Hoch- und Grundwasserschutzmaßnahmen wird jeweils ein sogenanntes
Bemessungshochwasser zugrundegelegt.

Ein solches Bemessungshochwasser kann z. B. sein:

● ein extremes Hochwasserereignis aus der Vergangenheit,

● ein Hochwasser auf der Basis einer statistischen Auswertung;
  z.B. ein 100 jährliches Hochwasser, das mit großer Wahrscheinlichkeit nur einmal
  innerhalb von 100 Jahren erreicht bzw. überschritten wird (HQ100). Dieses 100 -
  jährliche Hochwasser kann allerdings in wenigen Jahren mehrfach auftreten.
Je nach Art der geplanten Gebäudenutzung und Umfang der erwarteten Hochwasser-
schäden kann natürlich auch ein höheres oder niedrigeres Sicherheitsniveau angesetzt wer-

    14
den. Die Entscheidung hierüber ist nach Abwägung aller Vor- und Nachteile vom Eigentü-
mer des Gebäudes zu fällen. Der Ansatz eines geringeren Sicherheitsniveaus (gleichbedeu-
tend einem Schutz gegenüber einem nur geringeren Hochwasserstand) darf nur auf solche
Maßnahmen beschränkt werden, die nicht zu einer strukturellen Gefährdung des Gebäudes
(z.B. Aufschwimmen oder Einsturz) führen.

Teilweise geben die zuständigen Stellen der betroffenen Städte und Gemeinden spezielle
Merkblätter oder Broschüren mit Hinweisen und Empfehlungen für die im Hochwasserfall
Betroffenen heraus; so zum Beispiel die Stadt Köln mit dem „Hochwasser-Merkblatt für
Bewohner gefährdeter Gebiete“ (vgl. Literaturliste).

3 Gebäudestandsicherheit
3.1 Wasserdruck und Auftrieb
                                                       Steigt das Grundwasser über das Ni-
     Gebäudelasten
                                                       veau der Gründungssohle, entstehen
                                                       Wasserdruck und Auftriebskräfte (vgl.
                                                       Abbildung 4). Die Größe der Auftriebs-
                                                       kraft hängt ab von dem durch das Ge-
Hochwasser
                                                       bäude verdrängten Wasservolumen
                                                       und somit von der Höhe des Wasser-
                                                       standes. Die Auftriebskraft nimmt mit
                                                       dem verdrängten Wasservolumen zu.

  Wasserdruck               Auftriebskraft
                            (Summe der nach
                            oben gerichteten
                            Wasserdrücke)

         Summe aller Gebäudelasten
   mindestens 10 % größer als Auftriebskraft

Bild 4:
Auftriebskraft und Wasserdruck an einem Gebäude bei Wasseranstieg über die Gründungs-
sohle hinaus

                                                                                      15
Wird die Auftriebskraft größer als die Summe aller Gebäudelasten, schwimmt das Gebäude
auf. Im ungünstigsten Fall kann das Gebäude einstürzen. Deshalb muß die Gebäude-
standsicherheit zu jeder Zeit - also auch bei höchsten Hochwasserereignissen - gewährlei-
stet sein.

Achtung: Wasserdichte Gebäude mit wenigen Geschossen haben normalerweise
         nicht das gegen Auftrieb erforderliche Eigengewicht.
Darüber hinaus entstehen zusätzliche Beanspruchungen aus dem Wasserdruck auf die
Gründungssohle und die Seitenwände. Häufig sind die Gebäude nicht für solche
Belastungen ausgelegt. Bei Hochwasser können dann die Seitenwände einbrechen oder
die Sohle beschädigt werden.

3.2 Strömung
Sehr flußnah gelegene Gebäude werden zusätzlich durch die Gewässerströmung bean-
sprucht. Starke Strömungen können insbesondere kleine, in geringer Tiefe gegründete
Gebäude mit sich reißen oder zum Einsturz führen.

Der Austrag von Bodenteilchen aus dem Bodengefüge bei nicht befestigten Flächen kann
zu Hohlräumen im Baugrund führen und nachfolgend Gebäudeschäden infolge von Set-
zungen verursachen.

3.3      Gegenmaßnahmen
3.3.1 Ausreichende Gebäudelasten und Wand-/
      Sohlendimensionierung
Eine ausreichende Auftriebssicherheit erhält man im einfachsten Fall durch eine nur geringe
Einbindung des Gebäudes in Hoch- bzw. Grundwasser.

Es muß aber eine Überprüfung der Auftriebssicherheit für jedes Gebäude erfolgen.

Insbesondere in der Bauphase können sich kritische Zustände ergeben, wenn die Ge-
bäudelasten noch gering sind. Deshalb ist die Bauausführung so zu planen, daß gefährde-
te Baubabschnitte wie z. B. nach Fertigstellung der Gründung nach Möglichkeit nicht mit
jahreszeittypischen Hochwässern in den Winter- und Frühjahrsmonaten zusammenfallen.

Vorsorglich sollte die Möglichkeit einer Flutung des Gebäudes eingeplant werden
(vgl. Kapitel 3.3.2).

    16
Neben der Auftriebssicherheit des Gesamtgebäudes müssen auch die einzelnen
Gebäudeteile auf den erhöhten Wasserdruck bemessen sein. Deshalb sind im allgemeinen
bewehrte Kellerwände und Gründungssohlen in Stahlbeton auszuführen. Außerdem ist die
Gründungssohle für sich allein z. B. durch ausreichende Verankerungen am Wandanschluß
gegen ein Aufschwimmen zu sichern.

3.3.2 Flutung
Gefährden Auftrieb oder Wasserdruck die Gebäudestandsicherheit, muß als einfachste und
auch kurzfristig wirkungsvollste Gegenmaßnahme das Gebäude teilweise oder auch voll-
ständig geflutet werden. Für diesen Fall sind Markierungen (Pegel) hilfreich, die eine erfor-
derliche Flutung des Gebäudes anzeigen.

Eine Flutung mit sauberem Wasser kann Folgeschäden verringern.

Die Abbildung 5 veranschaulicht das Kräfteverhältnis bei Wasserverdrängung und Flutung.
Durch eine Flutung wird im Gebäudeinneren ein Gegendruck aufgebaut, der die von außen
auf das Gebäude wirkenden Drücke deutlich reduziert.

Fazit: Flutung reduziert die resultierende Belastung auf das Gebäude.

          Summe aller Gebäudelasten                  g des Auftriebs
                                                                              Summe aller Gebäudelasten
                                            uzierun                  und
                                        Red            nden Wasserd
                                           re sultiere               ruck
                                       des                               s

Hochwasser                                                           Hochwasser

                                           resultierender                         teilweise Flutung
                                           Wasserdruck                              (Gegendruck)
                                           auf die
                                           Außenwand

                                            resultierender
                                            Sohlwasserdruck
                      Auftriebskraft                                                       Auftriebskraft

Bild 5:
Auftriebskräfte und Wasserdrücke mit und ohne Flutung

                                                                                                      17
3.3.3 Sondermaßnahmen
Besondere Sicherungsmaßnahmen sind dann für ein Gebäude erforderlich, wenn keine
ausreichende Auftriebssicherheit durch das Eigengewicht vorhanden ist und von der
Flutung abgesehen werden soll. Sie sind sehr aufwendig. Deshalb ist ihre Anwendung auf
Sonderfälle beschränkt.

Sondermaßnahmen können sein:

● Ballastierung mit Schwergewichtsbeton (dicke Sohlplatte) oder durch

● Erdüberdeckung unterirdischer Gebäudeteile (Tiefgarage, Öltanks)

● Vertikale Rückverankerung des Gebäudes oder der Sohle im Baugrund durch Anker
  oder Pfähle

● Wasserhaltung

● Gebäudeverankerung

                         Wasserhaltung
Hochwasser                                               Hochwasser
                                      umlaufende
                                      Dichtung
                                     Grundwasser
                  Bauwerk
 Spund-           (weiße Wanne)
 oder
 Schlitzwand

                        Zustrom

          Dränschicht
                                                                           Bodenanker
Wasserhaltung                                      Gebäudeverankerung

Bild 6:
Beispiele für Sondermaßnahmen

   18
Eine Verankerung eines Gebäudes mit Ankern oder Pfählen im Untergrund bedeutet gleich-
zeitig einen deutlichen Anstieg der Gründungskosten. Diese Lösung kommt nur bei größe-
ren Bauwerken zum Einsatz. Sie wirkt allerdings nur bis zu dem für die Bemessung der
Verankerung angenommenen Bemessungshochwasser. Bei höheren Wasserständen muß
das Gebäude geflutet werden.

Eine richtig geplante Wasserhaltung wirkt auch bei höchsten Wasserständen.

Voraussetzung für die Wirksamkeit einer Wasserhaltung bei Hochwasser ist, daß die durch
Grundwasserzustrom und Oberflächenwasser anfallende Wassermenge kleiner ist, als die
abpumpbare Wassermenge. Diese Variante des Hochwasserschutzes sollte in jedem Fall
mit der zuständigen unteren Wasserbehörde (Kreis, Stadt) abgestimmt werden, da die
Entnahme und Wiedereinleitung von Grundwasser nach dem Wasserhaushaltsgesetz einer
wasserrechtlichen Genehmigung bedarf.

4    Eindringen von Wasser ins Gebäude
4.1 Eindringungswege
Das Eindringen von Wasser ins Gebäude führt im allgemeinen nicht zu einer Gefährdung
der Standsicherheit des Gebäudes, aber doch zu nachhaltigen Schäden am Gebäude (z. B.
Türen, Fenster, Gebäudetechnik, Putz, Tapeten, Bodenbeläge) und an der Inneneinrichtung.
Erstes Ziel gebäudebezogener Hochwasserschutzmaßnahmen sollte daher sein, die
Wassereindringung in das Gebäude (siehe Kapitel 2.2) zu verhindern oder zumindest zu
begrenzen, solange noch eine ausreichende Gebäudestandsicherheit gegeben ist. Grund-
sätzlich können die im Bild 8 veranschaulichten Eindringungswege im Falle eines
Hochwasserereignisses unterschieden werden.

4.2 Baustoffe
Die richtige Wahl der Baustoffe liefert einen entscheidenden Beitrag zur Begrenzung von
Hochwasserschäden. Besteht die Möglichkeit, daß im Hochwasserfall Wasser ins Gebäude
eindringt, sind bevorzugt wasserbeständige bzw. -unempfindliche Baustoffe zu verwenden.
Als Ausgangsinformation für die nachfolgenden Kapitel sind die gängigen Baumaterialien
in Tabelle 3 zusammengefaßt und qualitativ im Hinblick auf ihre Wasserempfindlichkeit
beurteilt.

                                                                                 19
Tabelle 3: Baustoffe und Anwendungsbereiche
 Baustoff                               Beispiel

 Baustoffe auf Gipsbasis                Spachtelgips, Stuckgips
                                        Gipskartonplatten
                                        Putzgipse
 Baustoffe auf Kalkbasis                Mörtel, Putz
                                        Kalksandsteine
 Baustoffe auf Zementbasis              Mörtel, Putz
                                        Beton
                                        Mauersteine, Pflaster
                                        Estrich
 Gebrannte Baustoffe                    Ziegelsteine
                                        Klinker
                                        Steinzeugwaren
                                        Steingutwaren
 Baustoffe aus Holz                     Balken
                                        Bretter
                                        Spanplatten
                                        Holzwolleleichtbauplatten
                                        Parkett
 Baustoffe aus Bitumen                  Dichtungsbahnen
                                        Anstriche
 Baustoffe aus Metall                   Stahlträger
                                        Kupfer/Zinkbleche
                                        Bleischürzen
 Baustoffe aus Kunststoff               Plastomere
                                        (z. B. Polyethylen, Polystyrol)
                                        Duromere
                                        z. B. Polyester, Epoxidharz)
                                        Elastomere
                                        (z. B. Nitril-Kautschuk)

+ gut geeignet (nicht oder nur gering wasserempfindlich)
0 mäßig geeignet (bedingt wasserempfindlich)
- ungeeignet (stark wasserempfindlich)
   20
Wasserempfindlichkeit   Anwendungsbereich

         –              Innenausbau, Wandverkleidungen
         –
         –
         +              Innenausbau
         +              Hintermauerung; Sichtmauerwerk
         +              Hochfester Mauermörtel, Sperrputz
         +              Wand- und Deckenkonstruktion
         +              Wandkonstruktion, Flächenbelag
         +              Innenausbau, Bodenbelag
         +              Hintermauerung
         +              Sichtmauerwerk
         +              Bodenbeläge
         0              Wandverkleidung
       - bis +          Tragkonstruktionen
          -             Bodenbelag, Vertäfelungen
          -             Wand- bzw. Bodenbelag
          -             Dämmplatten
          -             Bodenbelag
          +             Sperrbeläge gegen drückendes Wasser
          +             Bautenschutz im Erdreich
          +             Tragkonstruktionen
          +             Dachrinnen, Wandverkleidungen
          +             Anbindungen Mauerwerk/Dach
       - bis +          Verarbeitung sehr breiter Anwendungsbereich:
       je nach          Dichtungsbahnen
    Verarbeitung        Bodenbeläge
                        Dämmstoffe
                        Holzersatz (z. B. Fenster, Türen)

                                                                 21
Hochwasser
                      6
                                                                        6
                5

                                   4                      2             3    z. B Gas
                               1                                                  Wasser
                                                                                  Strom
                                       1                                          Telefon
                                                              3

Bild 8:
Mögliche Eindringungswege

 1. Eindringen von Grundwasser durch Kellerwände/-sohle

 2. Eindringen von Rückstauwasser durch Kanalisation

 3. Eindringen von Grundwasser durch Umläufigkeiten bei Hausanschlüssen
    (Rohrwege, Kabel sind i. d. R. nicht druckwasserdicht in das Mauerwerk eingebettet)
    oder durch undichte Fugen

 4. Eindringen von Oberflächenwasser durch Lichtschächte und Kellerfenster

 5. Eindringen von Oberflächenwasser infolge Durchsickerung der Außenwand

 6. Eindringen von Oberflächenwasser durch Tür- und Fensteröffnungen

   22
4.3        Reduzierung und Verhinderung der Wassereindringung
4.3.1 Allgemeine planerische Maßnahmen
Die einfachste und gleichzeitig wirksamste planerische Maßnahme ist es, sich dem Ein-
wirkungsbereich des Hochwassers zu entziehen. Hierzu zählen Möglichkeiten wie:

● Bauen außerhalb hochwassergefährdeter (Grundwasser, Oberflächenwasser)
  Gebiete

● Bauen in erhöhter Lage.

● Verzicht auf Kellergeschosse

● Gründung des Gebäudes auf Stützen oder Stelzen
Die Abbildung 9 illustriert ein auf Stützen gegründetes Gebäude. Im Hochwasserfall sind so
nur die unbewohnten Gebäudeteile, z. B. Eingangsbereiche betroffen. Darüber hinaus be-
steht die Möglichkeit, den überbauten Raum im Bereich des Erdgeschosses z. B. als Park-
raum zu nutzen.

höchstes
Hoch-
wasser

                               z.B. Parkraumnutzung

Bild 9:
Gebäude auf Stützen

                                                                                   23
Sind vorgenannte Möglichkeiten aus anderweitig gegebenen Randbedingungen nicht an-
wendbar, sind weitergehende Vorkehrungen zu treffen. Im folgenden werden Hinweise
getrennt nach der Art des Wassereindringens gegeben.

4.3.2 Grundwasser
Stehen gut wasserdurchlässige Bodenarten (z. B. Sande, Kiese) an, so ist im Hochwasser-
fall mit einem kurzfristigen Ansteigen des Grundwasserspiegels zu rechnen. Flußnah kann
vereinfacht angenommen werden: Hochwasserstand = Grundwasserstand. Bei einem An-
stieg über die Gründungssohle entstehen aufgrund des Wasserdrucks zusätzliche Bean-
spruchungen der Bauwerkssohle und -wände. Man spricht von drückendem Grundwasser.
Für diesen Fall gibt die DIN 18195 (Bauwerksabdichtungen) technische Hinweise zur Be-
messung und Ausführung der Abdichtungsmaßnahmen. Bei drückendem Grundwasser
gelten u. a. folgende Anforderungen:

● Die Abdichtung ist in der Regel auf der dem Wasser zugekehrten Gebäudewand
  anzuordnen; sie muß eine geschlossene Wanne bilden oder das Bauwerk allseitig
  umschließen.

● Abdichtung ist bei wasserdurchlässigen nichtbindigen Böden mindestens 300 mm
  über den höchsten Grundwasserstand, bei bindigen Böden mindestens 300 mm
  über die geplante Geländeoberfläche zu führen. Bei Bauwerken im Hochwasser-
  bereich ist der Bemessungshochwasserstand maßgebend.

● Die Abdichtung darf bei den zu erwartenden Bauwerksverformungen (Schwinden,
  Setzungen) ihre Schutzwirkung nicht verlieren.

Als Grundtypen der Bauwerksabdichtung unterscheidet man die „Schwarze Wanne“ und
die „Weiße Wanne“.

Die „Schwarze Wanne“ bezeichnet eine Abdichtung, bei der die betroffenen Gebäude-
bereiche durch Bitumen- oder Kunststoffbahnen allseitig umschlossen werden. Diese
Abdichtung wird im Regelfall als Außendichtung ausgeführt; d. h., daß die Dichtungs-
bahnen auf der Gebäudeaußenseite angeordnet werden und damit in günstiger Weise
gegen die Gebäudewände oder -sohle angedrückt werden.

   24
Technisch weitaus schwieriger und teurer ist es, eine solche Dichtung (nachträglich) auf
den Innenseiten des Gebäudes anzubringen (Innendichtung). Hier wird ein zusätzlicher
Innentrog erforderlich, um die auf die Dichtung wirkenden Wasserdrücke statisch abzufan-
gen.

Eine Innendichtung gegen drückendes Wasser sollte daher nur in Einzelfällen bei nachträg-
licher Ertüchtigung von Altbauten zur Anwendung kommen.

Unter einer „Weißen Wanne“ versteht man die Ausbildung der Außenwände und Boden-
platte als geschlossene Wanne aus wasserundurchlässigem Beton. Zusätzliche Dichtungs-
bahnen sind nicht erforderlich. Bei der Bauausführung muß auf eine sorgfältige Ausführung
der sogenannten Arbeitsfugen geachtet werden.

Als Arbeitsfugen bezeichnet man die Übergänge von Frischbeton zu bereits erhärteten
Betonbauteilen. Eine Variante für die wasserdichte Ausführung einer Arbeitsfuge ist die
Verwendung eines Arbeitsfugenbandes aus Kunststoff, das je nur zur Hälfte im Altbeton
und im Frischbeton eingebunden ist. Unabhängig von der Art der Abdichtung sind Bau-
werkssohle und -wände auf die zu erwartenden Beanspruchungen aus Wasserdruck zu
bemessen. Für die Bauwerkssohle aus Stahlbeton bedeutet dies im allgemeinen den
Einbau einer zusätzlichen oberen Bewehrungslage.

                                                                                  25
Tabelle 4: Abdichtung gegen drückendes Wasser - Ausführungsbeispiele und Hinweise

                                      „Schwarze Wanne“

               Außendichtung                                    Innendichtung

                                  tragende Wand                                  tragende Wand

höchstes                          Schutz vor      höchstes                          Betontrog
Grund-                            mechanischer    Grund-
wasser                            Beschädigung    wasser
                                  Dichtungsbahn                                  Dichtungsbahn

 geeignet bei komplizierten                       zusätzlicher Innentrog erforderlich
 Gebäudegeometrien
 ● keine besondere Berücksichtigung von
   Arbeitsfugen
 ● Undichtigkeiten nicht lokalisierbar
   (Umläufigkeiten), aufwendige Sanierung
 ● kann i. d. R. nur unterhalb der Gelände-
   oberkante eingesetzt werden

                                        „Weiße Wanne“

                                                          tragende Wand

                     höchstes
                     Grund-
                     wasser                               weiße Wanne

                                                          Arbeitsfugenband

 ● sorgfältige Ausführung von Arbeits- und Dehnungsfugen
 ● sorgfältige Planung und Bemessung erforderlich
 ● Undichtigkeiten leicht lokalisierbar und sanierbar
 ● häufig preiswerter als „Schwarze Wanne“

   26
4.3.3 Oberflächenwasser
In Überschwemmungsgebieten kann auf zweierlei Weise Vorsorge gegen das Eindringen
von Oberflächnwasser getroffen werden. Man kann unterscheiden in:

● Wassersperren im Außenbereich zur Verhinderung des Wasserzutritts zum
  Gebäude (nur sinnvoll, wenn kein Zutritt von Grundwasser erfolgt)

● Abdichtungs- und Schutzmaßnahmen unmittelbar am Gebäude zur Verhinderung
  des Eindringens von Wasser in das Gebäude
Maßnahmen im Außenbereich zur Verhinderung des Wasserzutritts zum Gebäude
Zur Verhinderung des Wasserzutritts zu einem Gebäude ist dieses in der Regel durch ein
umlaufendes Hochwasserschutzbauwerk zu sichern. Im Bild 10 dargestellt ist als Beispiel
ein durch eine umlaufende Spundwand gesichertes Gebäude, bei dem der Zugang durch
ein Dammbalkensystem wasserdicht versperrt werden kann.
Je nach Art und Lage des zu schützenden Gebäudes können in Abhängigkeit vom erwarte-
ten Hochwasserstand stationäre Hochwasserschutzanlagen bzw. teilmobile oder mobile
Hochwasserschutzwände eingesetzt werden.

 Fallrohr
 Absperr-
 vorrichtung

                        umlaufende Wand
                                                       Dammbalkensystem
                                                                             Pumpe
Bild 10:
Gebäude mit umlaufender Hochwasserschutzwand

                                                                                27
Hochwasserschutzwände

                               Hochwasser

                                                        Betonpfeiler mit Führungsnut

                Draufsicht                                   teilmobil
                                              Beispiel: Betonpfeiler + Dammbalken

               stationär
                                                        Stützkonstruktion
           Beispiel: Erddamm
  (alternativ: Mauern, Spundwände)

                                                               mobil
                                               Beispiel: Dammbalken mit mobiler
                                                        Stützkonstruktion
Bild 11:                                       (alternativ: Sandsäcke bei geringen
Arten von Hochwasserschutzwänden                       Wasserüberständen)

   28
Stationäre Hochwasserschutzanlagen, wie z. B. Erddämme, Mauern oder Spundwände stel-
len eigenständige Hochwasserschutzbauwerke dar, die speziell für ihren Anwendungs-
bereich auszulegen und zu planen sind. Allerdings bedeuten sie gleichzeitig eine Be-
einträchtigung der Grundstücksnutzung, einen dauerhaften Eingriff in das Stadt- oder
Landschaftsbild und können ein verkehrstechnisches Hindernis darstellen.

Bei den teilmobilen Hochwasserschutzwänden handelt es sich im allgemeinen um „mobi-
le“ Dammbalkensysteme in Kombination mit einer ortsfesten Halterungskonstruktion, z. B.
eingelassene Fundamente zur Verankerung der Hochwasserschutzwand oder fest in-
stallierte Stützen mit Führungsschienen zur Aufnahme der Dammbalken.

Auch hier gilt, daß nur dann ein wirksamer Hochwasserschutz gewährleistet werden kann,
wenn keine Unterströmung (Oberflächenwasser oder ansteigendes Grundwasser) und kein
Rückstau aus dem Kanalnetz (vgl. Kap. 4.3.4) stattfindet.

Bei den mobilen Hochwasserschutzwänden handelt es sich im allgemeinen um
Dammbalken, die bis zu einer aus statischen Gründen maximalen Wandhöhe von ca. 2 -
2,5 m übereinandergestapelt sind und auf der dem Wasser abgewandten Seite durch eine
Stahlkonstruktion rückwärtig gestützt werden. Deutlich größere Wandhöhen sind aufgrund
der dann erheblichen Wasserdruckbelastungen technisch nicht sinnvoll. Beim Schutz von
einzelnen Gebäuden bietet sich die rückwärtige Abstützung der Hochwasserschutzwand
gegen das Gebäude selbst an.

Mit Ausnahme des mobilen Hochwasserschutzes mittels Dammbalken, die auch zur
Absicherung von Tür -und Toröffnungen geeignet sind, werden aufwendige stationäre oder
teilmobile Systeme wegen ihrer hohen Investitionskosten überwiegend im Rahmen der öf-
fentlichen oder industriellen Hochwassersicherung eingesetzt.

Im privaten Bereich kann sich je nach Lage des Gebäudes eine Einfassung und
Umschließung des Grundstückes mit Mauern oder kleinen Erdwällen anbieten. Werden nur
geringe Wasserüberstände erwartet, ist ggf. die Abschottung des Gebäudes durch einen
kleinen Damm aus Sandsäcken die einfachste und preiswerteste Maßnahme.

Bei jeder Art von Hochwasserschutzwänden ist zumindest mit geringen Undichtigkeiten
oder auch Unterläufigkeiten zu rechnen. Daher sollten grundsätzlich Pumpen im
Außenbereich und im Innenbereich des Gebäudes zum Abpumpen des anfallenden
Wassers vorgesehen werden.

                                                                                29
Hochwasser-
                                                       schutzwand

                                                               Hochwasser
                                                 Licht-
                                                 schacht

                      zusätzliche Pumpe
                      mit Pumpensumpf                            gering
                      im Innenbereich                      wasserduchlässiger
                                                                Boden

Bild 12:

Gebäude hinter Hochwasserschutzwänden mit Pumpe im Innenbereich

Grundregel: Ein Einsatz von Hochwasserschutzwänden ist nur dann sinnvoll, wenn
gleichzeitig ein ausreichender Schutz gegenüber dem Eindringen von Grundwasser
und Rückstauwasser aus der Kanalisation (vgl. Kap. 4.3.4) besteht.
Abdichtungs- und Schutzmaßnahmen unmittelbar am Gebäude
Abdichtungs- und Schutzmaßnahmen am Gebäude selbst sind im allgemeinen einfacher
zu realisieren und damit kostengünstiger als Maßnahmen im Außenbereich. Voraussetzung
ist allerdings eine ausreichende Standsicherheit, Wasserbeständigkeit und die weitgehen-
de Wasserdichtigkeit der Außenwände. Zur Verhinderung des Eindringens von Wasser durch
Tür- oder Fensteröffnungen bestehen folgende Sicherungsmöglichkeiten:

● Bei nur geringen Wasserüberständen (cm oder dm) können Sandsäcke einen aus-
  reichenden Schutz bieten.

● Einen wirkungsvollen Abdichtungsschutz, auch bei höheren Wasserständen
  (dm- bzw. m-Bereich) bieten Dammbalkensysteme, die unmittelbar vor den
  Eingangsbereichen installiert werden.
   30
Hochwasser                                Hochwasser

             Sandsäcke                                 Dammbalken

Bild 13:
Verhinderung des direkten Wasserzutritts in das Gebäude

● Darüber hinaus sind andere Abdichtungssysteme (z. B. paßgenau zugeschnittene
  Einsatzelemente für Eingangs- oder Fensteröffnungen mit Profildichtungen) auf
  dem Markt erhältlich, die ebenso bis zu bestimmten Wasserständen einen ausrei-
  chenden Schutz vor Wasserzutritt gewährleisten.
Damit kein Wasser durch die Außenwände sickern kann, sollte das Gebäude abgedichtet
werden. Dabei ist zu beachten, daß Hochwasserschutz und Wärmedämmung, bauphysika-
lisch gesehen, klassische Konfliktpunkte sind. Denn was für den Hochwasserschutz richtig
ist (z. B. dichte Materialien, keine Öffnungen) hat für den Wärmeschutz negative Aus-
wirkungen (keine Belüftung, schlechte Wasserdampfdiffusion, gute Wärmeleitfähigkeit =
schlechte Wärmedämmwirkung).

                                                                                 31
Die Auswahl der Außenfassaden ist nach einem Abwägungsprozeß vorzunehmen, bei dem
folgende Kriterien berücksichtigt und gegenübergestellt werden:

● maximaler Hochwasserstand

● Hochwasserwahrscheinlichkeit/-häufigkeit

● Anforderungen an den Wärmeschutz

● Abtrocknungsgeschwindigkeit nach Durchnässung

● Reparaturaufwand eines Systems

● ästhetischer Anspruch an die Fassade
Diese Kriterien gelten für einen Neu- und Altbau. Für die Gestaltung des baulichen
Hochwasserschutzes müssen jeweils Einzelfallentscheidungen getroffen werden.
Im Falle nicht ausreichend abgedichteter Außenwände ist im Gebäude mit durchsickern-
dem Wasser zu rechnen. Insbesondere Undichtigkeiten im Bereich von Fugen oder Wand-
anschlüssen können hier zu einem nennenswerten Wasserandrang führen.
Als Abdichtung ist die Verkleidung der Außenhaut mit einem Sperrputz (z. B. Zementputz)
oder mit Steinzeugfliesen zu empfehlen. Dabei ist auf eine sorgfältige Bauausführung zu
achten. Insbesondere erfordert die Ausbildung von Fugen (Fliesenfugen, Dehnungsfugen)
höchste Sorgfalt.
Außenverkleidungen aus Verblendmauerwerk sind nur bedingt widerstandsfähig gegenü-
ber Stauwasser. Zum einen wird Verblendmauerwerk systembedingt mit einer Luftschicht
ausgeführt, die zur Belüftung mit Öffnungen im Sockelbereich versehen sind. Durch diese
Öffnungen kann wiederum das Wasser hinter die Mauerschale fließen und von dort die
Hintermauerung durchnässen.
Zum anderen sind die meisten Verblendsteine nicht wasserundurchlässig (z. B. Hohl-
raumziegel, nicht bzw. bei niedrigen Temperaturen gebrannte Steine).
Bei der Auswahl der Wärmedämmung ist zu beachten, daß keine wasseraufsaugenden
Materialien (z. B. Mineralwollplatten) verwendet werden, denn eine durchnäßte Dämm-
schicht hat eine hohe Wärmeleitfähigkeit und damit kaum eine Dämmwirkung. Der Einsatz
zweischaliger Wände mit Hinterlüftung ist in hochwassergefährdeten Gebieten nicht sinn-
voll.

    32
In den potentiell gefährdeten Sockelbereichen empfiehlt sich die Verwendung von Kunst-
stoffdämmaterialien mit geschlossenzelligem Porenaufbau, die nur relativ geringe
Wassermengen aufnehmen.

4.3.4 Kanalisationswasser (Rückstau)
Im Hochwasserfall steigt der Wasserspiegel im Kanalnetz oft an, weil die Kanäle durch
Überlastung wegen großer Regen- und Grundwassermengen (bei undichten Kanälen) oder
den hohen Wasserstand des Vorfluters zurückgestaut werden. Dieser Anstieg des Wasser-
spiegels im Kanalnetz setzt sich durch die Abflußleitungen und Hausanschlüsse bis ggf. ins
Gebäudeinnere fort. Liegen keine Sicherungseinrichtungen, wie z. B. Rückstauklappen
oder Abwasserhebeanlagen vor, steigt der Wasserspiegel im Leitungsnetz des betreffenden
Gebäudes bis zur Höhe des Wasserspiegels im Kanalnetz an. Dies kann zu Wasseraustritten
aus den Abflüssen der Sanitäranlagen o. ä. führen.

Aus der Abwassertechnik ist der Begriff der Rückstauebene bekannt. Diese markiert das
Niveau des maximal möglichen Wasserspiegels im Kanalnetz bei Rückstauereignissen in
nicht hochwassergefährdeten Gebieten. Die maßgebliche Rückstauebene wird von der ört-
lichen Behörde festgelegt. Sofern von der zuständigen Behörde die Rückstauebene nicht
festgelegt worden ist, gilt als Rückstauebene die Höhe der Straßenoberkante an der
Anschlußstelle.

Hingegen ist in Überschwemmungsgebieten mit einem Anstieg des Wasserspiegels im Lei-
tungsnetz bis zum Hochwasserspiegel zu rechnen, d. h. also über die Rückstauebene hin-
aus.

Fazit: In Überschwemmungsgebieten ist nicht die Rückstauebene, sondern der Hoch-
       wasserstand für einen evtl. Rückstau in der Kanalisation entscheidend. Zur Sicherung
       sind in jedem Haus entsprechende Rückstausicherungen bzw. Hebeanlagen vorzu-
       sehen. Diese Anlagen müssen regelmäßig gewartet werden.

                                                                                    33
Entlüftung
  Druckleitung bis
  oberhalb des
  Hochwassers

                                                                         Regenwasser-Sickerschacht
           Reinigungs-                                          RÖ
         öffnung (RÖ)                                                       höchstes Hochwasser

                                      Rückstauebene                                        Rückstauebene
                                                          RÖ
Absperrschieber

Fäkalienhebeanlage                                                                                Schmutz-
                                            Grundleitung                                          wasser (SW)
                                                                SW-Schacht mit geschl. Durchfluß
Bild 14:
Hausentwässerung mit Schutz vor Rückstau aus dem Kanalnetz
                                                           Rückstau infolge            mobile
                                                           Hochwasser                  Hochwasserschutzwand

                                                                                       Hochwasser

                         „Druckdeckel“oder Stahlaufsatz

                                             OK Straße

                                                                     Schacht
                                 Wasser-
                                 druck
                     Schacht

                                                                                       gering
                                                                                 wasserduchlässiger
                                                                                      Boden

Bild 15:
Verhinderung des Wasserüberlaufs aus dem Kanalnetz im hochwassergeschützten Bereich

    34
Ein Rückstau kann auch im Außenbereich von Gebäuden zu unvorhergesehenen Über-
schwemmungen in „hochwassergeschützten“ Bereichen (z. B. hinter Hochwasserschutz-
wänden) führen. Wasser kann aus dem Überschwemmungsbereich durch die Kanalisation
auf das Grundstück gedrückt werden. Ist eine Absperrung des Kanalnetzes durch Schieber-
einrichtungen nicht möglich, bietet sich zur Verhinderung des Wasserüberlaufs aus dem Ka-
nalnetz der Einsatz von Überlaufsicherungen in Form von Druckdeckeln oder Stahlzylindern
an. Es ist zu beachten, daß die Rückstauproblematik nicht nur Einzelgebäude, sondern auch
großräumige „Schutzzonen“ betreffen kann.

4.4 Schutz des Gebäudeausbaues
Unter Gebäudeausbau fallen alle Ausbauelemente, wie z. B. Wand-, Fußboden- oder
Deckenbeläge, Fenster sowie alle festen Installationen wie Heizungs- oder Elektro-
einrichtungen. Bei der Planung oder beim Umbau von Gebäuden sind in den betroffenen
Bereichen folgende Ausführungsgrundsätze zu berücksichtigen:

1. Wasserbeständige Baustoffe
  Baustoffe, die bei Kontakt mit Wasser beschädigt und zerstört werden, sind zu vermei-
  den. Dies gilt für viele Holzwerkstoffe, Textilien, Gipsputz- oder -wandelemente, nicht
  rostfreie Metalle etc., insbesondere wenn sie nicht durch eine geeignete Lackierung oder
  Versiegelung vor Wassereinwirkung geschützt sind. In der Tabelle sind die im Rahmen
  des Gebäudeausbaus häufig verwendeten Baustoffe näherungsweise in die Kategorien
  wasserbeständig bzw. nicht wasserbeständig eingeteilt.

2. Erneuerbarkeit und Wiederherstellbarkeit
  Nach einer Überschwemmung muß vom Hauseigentümer/-bewohner für die Instand-
  setzungsarbeiten sehr viel Zeit und Geld investiert werden. Die überfluteten Räume
  müssen leergepumpt und getrocknet werden; Wand- und Deckenbeläge sind meist stark
  beschädigt und bedürfen einer Reinigung oder einer Erneuerung.

  Bei Verwendung von wasserbeständigen Baustoffen kann der Reinigungs- bzw. Repara-
  turaufwand minimiert werden.

  Darüber hinaus sollten im Rauminneren Wasserdampfsperren (z. B. reiner Zementputz)
  und saugende Materialien (z. B. Teppichböden, Dämmstoffe aus Mineralwolle), durch

                                                                                   35
geeignete Baustoffauswahl vermieden werden. Geeignete Wandbekleidungen sind z. B.
  mineralische Putze auf Basis von Zement oder hydraulischen Kalken, die mit einem
  Farbanstrich versehen werden können.

  Bei einer intensiven Lüftung begünstigen wasserabweisende und wasserdampfdurch-
  lässige Materialien die Austrocknung des Mauerwerks und Verringern die Gefahr der
  Schimmelbildung .

Tabelle 5: Beispiel wasserbeständige - nicht wasserbeständige Baumaterialien

     Verwendungs-                                 Baustoffe
        bereich           nicht wasserbeständig                wasserbeständig
Außenwandbekleidungen   Holzplatten                  mineralische Putze auf Basis von
                        Thermohaut-Verbundsystem     Zement bzw. hydraulischen Kalken
                                                     Kunstharzputze
                                                     Faserzementplatten

Wände                   Gipsplatten                  Beton/Leichtbeton
                        Holzwände, Gefache           herkömmliche Stein- auf Stein-Bau-
                                                     weise (Kalksandstein, Ziegel etc.)
                                                     Gasbeton
                                                     Glasbausteine

Fenter/Türen            Holz (unversiegelt)          Holz (versiegelt)
                                                     Kunststoff
                                                     Aluminium

Innenwandbekleidungen   Gipsputz                     mineralische Putze auf Basis von
                        Gipskartonplatten            Zement bzw. hydraulischen Kalken
                        Tapeten                      Wandfliesen
                        Holzbkleidungen              Klinker
                        Korkbekleidungn

Bodenbeläge             Parkett                      Beton
                        Textile Beläge               Estrich
                        Linoleum                     Fliesen
                        Kork                         Gußasphalt
                        Holzpflaster

   36
3. Hochwassersichere Installationen
  Heizungsanlagen sowie wichtige elektrische Installationen, wie z. B. Stromverteiler-
  kästen, sollten in den Obergeschossen hochwassersicher installiert werden. In häufiger
  von Hochwasser betroffenen Kellerbereichen sollten darüber hinaus auch unter-
  geordnete elektrische Installationen wie Steckdosen oder Kleingeräte möglichst hoch
  über dem Fußboden angebracht werden, um auch hier frühzeitige Beschädigungen
  vermeiden zu können. Heizungs- und Stromkreisläufe in den im Hochwasserfall
  betroffenen Räumen müssen getrennt abschaltbar bzw. gesichert sein.

4. Verzicht auf Ölheizungsanlagen
  Das Auslaufen von Öl infolge von Leckagen im Heizungssystem oder am Heizöltank
  kann zu nachhaltigen Beschädigungen des Gebäudes und der Einrichtungen sowie zu
  erheblichen Gewässerverunreinigungen führen. Es ist daher vorzugsweise auf andere
  Energieträger, wie z. B. Gas oder Fernwärme, zurückzugreifen. Andernfalls ist der Tank
  zusammen mit allen Anschlüssen und Öffnungen (Öleinfüllstutzen, Belüftung) so
  abzusichern, daß von außen kein Wasser eindringen kann. Darüber hinaus ist der Tank
  durch geeignete Halterungen gegen Aufschwimmen zu sichern. Bei der Anordnung und
  Bemessung dieser Halterungen ist zu beachten, daß je nach Größe des Tanks erhebliche
  Auftriebskräfte entstehen können. Bei der Bemessung der Halterungen ist ein leerer
  Tank anzusetzen.

Grundsätzlich sollten in den vom Hochwasser betroffenen Kellergeschossen oder tieflie-
genden Gebäudebereichen möglichst nur untergeordnete Nutzungen vorgesehen werden.
In Kellern sind Pumpensümpfe zum Abpumpen eindringenden Hochwassers einzurichten.
Wohnbereiche oder sonstige höherwertige Nutzungen sind möglichst 50 cm oberhalb der
maßgebenden Hochwassermarke vorzusehen.

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4.5 Schutz der Inneneinrichtung
Die bereits genannten Grundregeln wie

● höherwertige Nutzungen nur in höhergelegenen Geschossen

● Verwendung wasserunempfindlicher Einrichtungsgegenstände
gelten hier gleichermaßen. In dem vom Hochwasser betroffenen Gebäudebereichen soll-
ten nur solche Einrichtungsgegenstände z.B Kleinmöbel verwendet werden, die ausrei-
chend mobil sind und damit im Hochwasserfall in Sicherheit gebracht werden können.
Sperrige oder fest installierte Einrichtungsgegenstände, wie z. B. Schrankwände oder
Einbauküchen oder auch Saunen sind nicht geeignet. Der Zugang zu den bei Hochwasser
betroffenen Kellergeschossen soll ausreichend geräumig sein, um einen problemlosen
Transport des Mobiliars in hochwassersichere Gebäudegeschosse zu gewährleisten.

5 Außenanlagen
Wie auch das Gebäude selbst sind die zugehörigen Außenanlagen hochwassersicher zu
planen. Hierunter fallen Gärten, Zuwegungen, Garagen und Stellplätze, Grundstückum-
schließungen sowie alle in diesem Bereich befindlichen ober- und unterirdischen Einrich-
tungen und Installationen. Im wesentlichen gelten die bereits zuvor genannten Grundsätze
einer hochwasserangepaßten Planung.

Folgende Punkte sind besonders zu beachten:

● Öltanks sowie sonstige Flüssigkeits- oder Gasbehälter, die sowohl unter- als auch
  oberirdisch angelegt sein können, sind auftriebssicher zu verankern. Ebenso sind alle
  Anschlüsse oder Befüll- und Auslaßöffnungen mit geeigneten wasserdichten Ver-
  schlußmechanismen zu versehen, um ein Eindringen von Wasser zu verhindern.
  Bei der Bemessung der Anschluß- und Halterungselemente auf Auftrieb ist ein leerer
  Tank anzunehmen.

● Für Garagen gelten die gleichen Ausführungsgrundsätze wie für Gebäude. Sie sind vor-
  zugsweise aus wasserbeständigen Baustoffen herzustellen. Elektrische Einrichtungen
  und Installationen sollten mit ausreichendem Bodenabstand angebracht werden.
  Hochwassergefährdete Garagen sollten nicht dauerhaft z.B. als Abstellraum benutzt
  werden.

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● Wasserempfindliche Gartenanlagen, wie z. B. Holzzäune oder aus Holz hergestellte
  Gartenhäuser sollten vermieden werden.

● Mülltonnen sowie andere nicht ausreichend verankerte Gegenstände sind im
  Hochwasserfall abzusichern.

6 Sonstige Vorsorge- bzw. Schutzmaßnahmen
In Gebieten, in denen im Hochwasserfall nicht mit Überschwemmungen, sondern lediglich
mit einem Ansteigen des Grundwasserspiegels zu rechnen ist, sind bei geeigneter Ge-
bäudeausführung keine zusätzlichen Vorsorge- oder Schutzmaßnahmen zu treffen. Hin-
gegen sollte bei der Planung von Gebäuden in Überschwemmungsgebieten mit häufiger
auftretendem Hochwasser die Möglichkeit der Erreichbarkeit über Stege sowie etwaige
höher gelegene Notausgänge (große Fenster, Balkontüren) berücksichtigt werden.

Über diese planerischen Maßnahmen hinausgehend sollte in den überschwemmungs-
gefährdeten Gebieten in jedem Fall eine persönliche Schutzausrüstung vorgehalten wer-
den. Diese sollte u. a. netz- und stromunabhängige Heiz-, Koch- und Beleuchtungseinrich-
tungen, einen batteriebetriebenen Rundfunkempfänger, eine Tauchpumpe, eine Hausapo-
theke sowie geeignete Regenkleidung umfassen. In extremen Lagen mit häufig auftreten-
den Hochwassern ist darüber hinaus das Vorhalten von Notstromaggregaten, Nottoiletten,
Sandsäcken sowie kleinen Booten empfehlenswert.

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7 Literatur
DIN 18195 Bauwerksabdichtungen.

DIN 1986 Entwässerungsanlagen für Gebäude und Grundstücke.

Diverse Firmenprospekte.

Gebäudeversicherung Baden-Württemberg: Informationspapier zu Wassereinwirkungen
und Entwässerungstechnik bei Gebäuden, 1996 (unveröffentlicht).

Informationen des Amtes für Städteentwässerung der Stadt Köln zum
Hochwasserschutzkonzept Köln, November 1995.

Länderarbeitsgemeinschaft Wasser (LAWA): Leitlinie für einen zukunftsweisenden
Hochwasserschutz, Hochwasser-Ursachen und Konsequenzen, LAWA-Arbeitskreis
„Hochwasser“, 1995.

Landtag Nordrhein-Westfalen: Bauordnung für das Land Nordrhein-Westfalen
Landesbauordnung - vom 07. März 1995.

N.N: Mit dem Hochwasser leben, Ratgeber, Stein-Verlag, Baden-Baden, 1. Auflage, 1995.

Regionalverband Nordschwarzwald: Hochwasserkolloquium. 3. Bericht zum Hochwasser.
Eigenverlag, Pforzheim, 1992.

Regionalverband Nordschwarzwald: Hochwasserschutz. Teil 4:
Ergebnisse der Flußgebietsuntersuchungen Nagold. Eigenverlag, Pforzheim, 1994.

Regionalverband Nordschwarzwald: Konsequenzen aus dem Hochwasser vom
15.02.1990. 2. Bericht zum Hochwasser. Eigenverlag, Pforzheim, 1990.

Stadt Köln: Hochwassermerkblatt für Bewohner gefährdeter Gebiete. Köln, 1994.

Verordnung über die Errichtung und Änderung von Gebäuden in den Überschwem-
mungsgebieten der bei Hochwasser gefahrbringenden Wasserläufe vom 25. November
1959. Gesetz und Verordnungsblatt für das Land Nordrhein-Westfalen, Ausgabe A,
Nr. 42, Düsseldorf, 1959.

Wahl, G. P.: Hochwasserschäden. Vorbeugende Maßnahmen und Schadenbeseitigung
durch den Maler. Die Mappe 6, 1986, S. 21 - 24.

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Diese Veröffentlichung des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Wohnungswesen darf nicht während eines Wahl-
kampfes zum Zwecke der Wahlwerbung verwendet werden. Unabhängig davon, wann, auf welchem Weg und in
welcher Anzahl diese Schrift dem Empfänger zugegangen ist, darf sie auch ohne zeitlichen Bezug zu einer bevorstehen-
den Wahl nicht in einer Weise verwendet werden, die als Parteinahme der Bundesregierung zugunsten einzelner politi-
scher Gruppen verstanden werden könnte.
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