Homöopathie statt Antibiotika: Feldstudie liefert erste Resultate

 
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Tierhaltung

                        Homöopathie statt Antibiotika:
                       Feldstudie liefert erste Resultate
                                                 Peter Klocke, Sylvia Garbe,
                                             Jörg Spranger, Carl Christian Merck

Nach gut zwei Jahren konnte in Brodowin (Brandenburg) eine groß angelegte deutsch-schweizerische Feld-
studie abgeschlossen werden: An einer Herde von 350 Milchkühen wollten die Tierklinik der FU Berlin und
das FiBL testen, ob die Homöopathie in der Behandlung von Euterentzündungen eine taugliche Alternative
zu den Antibiotika bieten kann.

S    eit Ende 1997 läuft im brandenburgi-
     schen Brodowin eine Studie zur Er-
probung von Alternativen in der Bekämp-
                                                     Eine teure Krankheit
                                                                                           kann. Nur: Antibiotische Behandlungen
                                                                                           haben im Falle von Infektionskrankheiten
                                                                                           kurzfristig einen keimreduzierenden Ef-
fung von Eutergesundheitsstörungen bei         Mastitiden (Euterentzündungen) sind         fekt und bewirken damit direkt eine Sen-
Milchkühen. Der dortige Demeter-Betrieb        zum weltweit bedeutendsten Gesund-          kung der Zellzahlen. Hierauf begründet
mit 350 Kühen entschloss sich seinerzeit,      heitsproblem des Milchviehs geworden;       sich heute die antibiotische Therapie vor
die Therapie und Prophylaxe von Mastiti-       allein in Deutschland belaufen sich die     allem bei Mastitiden.
den (Euterentzündungen) richtlinienge-         ökonomischen Folgeschäden dieser               Den Homöopathika gelingt diese
mäß mit einem minimalen Einsatz von An-        Krankheit auf weit über eine Milliarde      schnelle antibakterielle Wirkung nicht.
tibiotika durchzuführen.                       Mark jährlich.*                             Daher ist es wichtig, vor der Einführung ei-
   In einem Verbundprojekt, an dem Mit-                                                    nes homöopathischen Eutergesundheits-
arbeiter der Freien Universität Berlin und                                                 konzeptes eine Herdensanierung durchzu-
des schweizerischen Forschungsinstituts       stellt (z. B. das Euter oder den Stoff-      führen. Die Sanierung der Herde in Brodo-
für biologischen Landbau (FiBL) in Frick      wechsel betreffend) und                      win machte einen großen Teil des Gesamt-
beteiligt sind, wurde ein solches Konzept    3. vorausgesetzt, dass eine Kombination       vorhabens aus; der Versuch selber begann
erarbeitet. Die Studie ist nun abgeschlos-      verschiedener funktionsorientierter        erst ein Jahr nach der Kontaktaufnahme
sen und in der Auswertung. Die ersten Er-       Mittel einen synergistischen Effekt        mit dem Betrieb.
gebnisse sind viel versprechend und sollen      auf verschiedenen Funktionsebenen
hier vorgestellt werden.                        ermöglicht.                                            Anlage des Versuchs
                                             Dieser Ansatz kann als funktionelle Ho-          Um die Effekte der homöopathischen
       Funktionelle Homöopathie              möopathie bezeichnet werden in Abgren-        Therapie und Vorbeugung beurteilen zu
                                             zung zum klassischen individuellen An-        können, mussten die Tiere bei Versuchsbe-
   Da das homöopathische Therapiesys-        satz, der in größeren Herden und bei feh-     ginn in zwei Gruppen eingeteilt werden.
tem sehr kompliziert ist, wenn man ein be-   lender Ausbildung der Landwirte und           Wir verabreichten der Kontrollgruppe in
stimmtes passendes Arzneimittel (Schlüs-     Tierärzte nicht praktikabel ist.              diesem Versuchsteil ein Placebo, das heißt
sel) für eine bestimmte Krankheitsausprä-                                                  nur das Lösungsmittel des Homöopathi-
gung (Schloss) sucht, sind Modifikationen        „Entscheidend ist das Terrain ...         kums. Die Versuchsgruppe erhielt dagegen
entwickelt worden, die die Homöopathie                                                     zum Trockenstellen und zur Kalbung
auch der Nutztierpraxis zugänglich ma-          ... und nicht der Erreger." Diese Worte
chen. Dabei wird in unserem Ansatz           von Pasteur treffen besonders auf unsere
1. die Herde sozusagen als Superorga-        heutigen Nutztierhaltungen zu, da nicht zu    * Zur Problematik der Antibiotika (Missbrauch als
   nismus mit Individuen ähnlicher                                                         Leistungsförderer, prophylaktischer Einsatz,
                                             erwarten ist, dass in einem fortdauernd ge-
                                                                                           Resistenzbildung ...) und zur hier beschriebenen
   Krankheitsausprägung gesehen,             störten Umfeld – bezüglich Haltung, Tech-     Brodowiner Studie siehe auch den Beitrag von
2. den Homöopathika eine gewisse             nik, Fütterung usw. – irgendeine Therapie-    Jörg Spranger in Ökologie & Landbau 106,
   funktionsorientierte Wirkung unter-       form zu langfristigen Erfolgen führen         2/1998, S. 46/47.

40       ÖKOLOGIE & LANDBAU 114                                                                                           28. Jg., 2/2000
© Ch. Fidelak
350 Milchkühe als Probandinnen: Blick in den Tiefstreulaufstall des Versuchsbetriebs im brandenburgischen Brodowin

sechsmal an drei aufeinander folgenden                       scher Untersuchung mit Antibiotika in die
Tagen je 5 ml des homöopathischen Arz-                       Zitzenzisterne versorgt. Die Versuchs-             Vorbeugen verbessert die Heilung
neimittels (HomP) mit unten stehender                        gruppe erhielt über die Maulschleimhaut
                                                                                                                Bei Betrachtung aller im Versuch be-
Zusammensetzung (Tab. 1). Bei nachge-                        eines von vier verschiedenen, auf die Bro-
                                                                                                            findlichen Tiere ergeben sich für die ho-
wiesenen pathogenen Keimen in der Milch                      dowiner Herde abgestimmten Komplex-
                                                                                                            möopathische Vorbeugebehandlung we-
vor dem Trockenstellen wurde aus Sicher-                     homöopathika je nach Ausprägung der Eu-
                                                                                                            der Vorteile hinsichtlich des Auftretens
heitsgründen zusätzlich ein antibiotischer                   terentzündung (Tab. 2).
                                                                                                            von Euterentzündungen in der Folgelakta-
Trockensteller verabreicht.                                      Erhoben wurde das Auftreten von Mas-
                                                                                                            tion (47,5 zu 51,5 % in der Kontrollgrup-
    So entstanden vier Gruppen, nämlich                      titiden und die Entwicklung der Zellzahl in
                                                                                                            pe) noch bei den Zellzahlen.
Kühe mit beziehungsweise ohne Trocken-                       der Folgelaktation in Abhängigkeit von der
steller, jeweils entweder mit Homöopathi-                    vorangegangenen Prophylaxe, der aktuel-            Berücksichtigt man allerdings das
kum (HomP) oder Placebo behandelt.                           len Therapie und dem Gesundheitszustand        grundlegende Prinzip der Homöopathie -
    Bei klinischen Euterentzündungen soll-                   des Euters gemessen an der durchschnittli-     zu regulieren, wo noch etwas zu regulieren
te auch die Kontrollgruppe behandelt wer-                    chen Zellzahl in den letzten drei Monaten      ist - in der Weise, dass man die Tiere in zell-
den. Sie wurde daher nach bakteriologi-                      vor dem Trockenstellen.                        zahlabhängige Eutergesundheitsklassen
                                                                                                            (EGK) vor dem Trockenstellen einteilt, er-
                                                                                                            geben sich deutliche protektive Effekte bei
   Tab. 1: Zusammensetzung des homöopathischen Prophylaktikums (HomP)                                       Tieren, deren durchschnittliche Zellzahl in
       Homöopathische                                                                                       den letzten drei Monaten vor dem Tro-
                                                                Funktiotropes Zielsystem
    Komponente und Potenz*                                                                                  ckenstellen unter 200 000/ml lag (EGK 1).
  Phosphorus            D15                Stoffwechsel, Euter (Konstitutionsmittel)                        Hier wiesen die mit HomP behandelten
  Nux vomica            D6                 Stoffwechsel, Leber, Regulation von Fehlernährungen              Kühe eine Mastitisrate bis Tag 60 nach der
  Chelidonium           D6                 Leberstoffwechsel
                                                                                                            Kalbung von 25,9 % gegenüber 44,0 % in
                                                                                                            der Kontrollgruppe auf (vgl. Tab. 3). In den
  China                 D3                 Regulation der laktationsbedingten Entkräftung
                                                                                                            Teilgruppen mit zusätzlicher Verabrei-
  Argentum              D10                Schleimhäute, Abwehrsteigerung                                   chung eines antibiotischen Trockenstellers
* Alle Medikamente wurden freundlicherweise von der Firma WELEDA, Arlesheim (CH), zur Verfügung gestellt.   trat nur bei 8,3 % der zusätzlich mit HomP

28. Jg., 2/2000                                                                                             ÖKOLOGIE & LANDBAU 114                      41
Tierhaltung

              behandelten Kühe eine Mastitis auf, ge-
              genüber 50,0 % in der Kontrollgruppe.                                          Tab. 2: Zusammensetzung der Homöopathika zur Therapie von
                  Bei den Tieren, die ohne Antibiose tro-                                                       Euterentzündungen
              cken gestellt wurden, waren in der EGK 1                              Homöopathisches
              in beiden Gruppen exakt gleich viele Mas-                                                                             Einsatzgebiet                                 Zusammensetzung*
                                                                                    Arzneimittel*
              titiden zu verzeichnen. Allerdings zeigte                                                         Mastitis acuta gravis; schwere Euterentzündun-                 Phytolacca D6, Aconitum
              die HomP-Gruppe deutlich niedrigere                                          MAG
                                                                                                                gen mit Störungen des Allgemeinbefindens                       D4, Apis D4, Jodum D6
              Zellzahlen, insbesondere im ersten Probe-
                                                                                                                Mastitis catarrhalis acuta; Sekret verändert,
              gemelk nach dem Kalben (108 000/ml zu                                                                                                                            Belladonna comp. â, Ar-
                                                                                                                Euter geschwollen, vermehrt warm und gerötet;
              494 000/ml).                                                                 MCA                                                                                 gentum D10, Lachesis D8,
                                                                                                                keine oder nur geringe Temperaturerhöhung,
                                                                                                                                                                               Phytolacca D6
                                                                                                                Allgemeinbefinden ungestört
                                                                                                                                                                               Argentum D30, Jodum
                                                                                                                Mastitis catarrhalis chronica; Sekret verändert,
                                                                                            MCC                                                                                D20, Nux vomica D6,
                                                          izin
                                er Nutztiermed
                                                                                                                Euter nicht akut verändert
                d                                                                                                                                                              Chelidonium comp. â
 Homöopathie in
                                                          eilprinzip vor,                                                    Mastitis subclinica; keine Sekret- und akuten
       l H  ah ne m an n  stellte 1796 ein H                          el “  ch  e-                           MSC             Drüsenveränderungen, Zellzahl erhöht, Keime
                                                                                                                                                                                       Berberis comp. â, Nux
Samue                                          „G   eg   en    m  itt                                                                                                                  vomica comp. â
                    nicht mit einem                                                                                          nachgewiesen
das Krankheiten                                  O  rg  an    is m  us   du    rch
                    Vielmehr soll der
misch bekämpft.                                          bei gesunden                            * Alle Medikamente wurden freundlicherweise von der Firma WELEDA, Arlesheim, zur Verfügung gestellt.

        ei ne s  Th er ap  eutikums, das                                 si  e  be   i
 Gabe                                              rvorruft wie
                     he Symptome he                                                                                                                              desto höher ist das Risiko der Kühe, an
 Menschen ähnlic                kh  ei t   au  ftr et en, quasi durch
                                                                                                     Mit schlechter werdender Eutergesund-
                        Kr an                                                                    heit am Ende der Laktation (EGK 2 und 3)                        einer Euterentzündung in der Folgelak-
 der zu heilenden               ra us    ge   he  ilt werden.
                         n he                                                                                                                                    tation zu erkranken.
 Stärkung von inne                                     ie   lle n   D   osen ar-
                                                                                                  zeigten sich teilweise deutliche Ver-
                       anfangs m         it  m   at er                                            schlechterungen in der Behandlungsgrup-                     ·  Je besser die Eutergesundheit am Ende
  Da Hahnemann                           gs   er  sc  he    in  un  gen nicht                                                                                    einer Laktation, desto besser wirkt eine
                          Vergiftun                                                               pe im Vergleich zur Kontrolle.
  beitete, blieben                     Po    te  nz ie  ru   ng   sp   rinzip, bei
                                                                                                                                                                 homöopathische Prophylaxe in der Fol-
                        lte er das                                                                     In der Eutergesundheitsklasse 2
  aus. So entwicke                    hn    er -,  H  un   de   rte   r- oder gar                                                                                gelaktation.
                        ittel in Ze                                                                (200 000 - 500 000/ml in den drei Mona-
   dem die Arzneim                      nt   un   d  be   i  je de  r einzelnen
                          n verdün                                                                 ten vor dem Trockenstellen) waren in der
   50 000er-Schritte                ch  üttelt werden.
                   ss tu fe ve   rs                                                                 ohne Antibiotika trocken gestellten                                         Heilungsraten
   Verdünnung                                    da   ss    sich der Einsatz
                            n  er ka  nn    te ,                                                    HomP-Gruppe         sowohl      das  Mastitisrisi-
    Schon Hahneman                                                enschen be-
             om öo pa  th ik a   nicht auf den M                                n  Tier-
                                                                                                    ko (75,0 % zu 44,4 % in der Kontrolle)                       Die Fragen waren: Kann eine homöo-
    von H                                             ur   de    au   ch    vo                                                                                pathische   Therapie der intensiven antibio-
                           Die Methode w                                                             als auch die Zellzahlen in den ersten 6
    schränken muss.                                     da    s     Q   ua   lit ätsbe-                                                                       tischen  Behandlung        zumindest ebenbürtig
                            zt. Seitdem                                                              Laktationsmonaten erhöht (+ 47 000,
     ärzten eingeset                                   hm     en   d  au   ch    be  i der                                                                    sein?  Vermag       eine  Kombination        aus ho-
                           rbraucher zune                                                             + 251 000, + 248 000, + 150 000,
     wusstsein der Ve                                    itt el   be    rü  ck  si ch   tigt                                                                  möopathischer        Prophylaxe         und Therapie
                            cher Lebensm                                                              + 212 000, + 234 000/ml). In der EGK
     Erzeugung tieris                th   ie  in  de   r  Ti  ermedizin an Be
                                                                                            -
                                                                                                       2 ergaben sich bei zusätzlich antibio- einen noch größeren Erfolg zu bringen?
                             öo   pa
      wird, hat die Hom                                   re    be  i  In  fe kt  io nser-                                                                       Der Erfolg von homöopathischen The-
                               n. Insbesonde                                                           tisch trocken gestellten Tieren zwi-
      deutung gewonne                                   st  e   m  an     bi  sl an   g auf                                                                   rapien  wurde in zwei Stufen geprüft:
                             Nutztiere mus                                                              schen HomP-Gruppe und Kontrolle
      krankungen der                                   ks    ta nd   sp  ro   bl  em   en in                                                                  1. die vollständige       Heilung (keine Kei-
                             fen, die zu Rüc                                                            keine Unterschiede bezüglich der
       Mittel zurückgrei                                fü   hr en     kö   nn   en   . Man                                                                      me   mehr    nachweisbar,        Zellzahl nor-
                                 bensmitteln                                                             Eutergesundheit.
       den erzeugten Le                                    üh   rt,  di  e   in   de   r Bio-                                                                    mal)   und
                               tezeiten eingef                                                                In der EGK 3 (> 500 000/ml), in
       hat deshalb War                       rd  op   pe   lt  wurden.                                   der   bis auf zwei hier nicht berück- 2. die klinisch-bakteriologische Heilung
                                re its  ve
       landwirtschaft be                                          groß      en   te ils  w irk -                                                                 (keine Keime mehr nachweisbar,
                                 Arzneimittel sind                                                        sichtigte Fälle alle Kühe antibiotisch
         Homöopathische                                          Wirk     st  of  fm   en  ge  n                                                                 Zellzahl erhöht).
                                  extrem kleinen                                                          trocken gestellt wurden, zeigten sich
         stofffrei oder mit                                      in de    n   Le   be   ns m  it-
                                 lb sie auch nicht                                                         ein leicht erhöhtes Mastitisrisiko Während erstere Definition die relevante
         versehen, wesha                       D  ah  er    sc  hr  ei  be   n die Richtli-                (61,5 % zu 50,0 %) sowie stark er- ist, wenn es um die Heilung im medizini-
                                   nnen.
          teln erscheinen kö                     La   nd    w  irt sc   ha  ft heute die                   höhte Zellzahlen ab dem 3. Lakta- schen Sinne geht, gingen wir mit der zwei-
                                  ischen
          nien der ökolog                        ng   vo   n   N  at ur  he   ilmitteln und                 tionsmonat zu Ungunsten der Ho- ten Definition davon aus, dass eine homöo-
                                  rwendu
           vornehmliche Ve                        s pr   im   är  e   Ar  zn   eimittel vor.                möopathiegruppe. Diese Ergebnis- pathische Heilung einerseits langsamer
                                    thika al
           explizit Homöopa                                          Peter Klocke, Fi
                                                                                               BL            se deuten zweierlei an:                          voranschreitet und andererseits kurzzeitig
                                                                                                             · Je schlechter die Eutergesund- eine erhöhte Zellzahl in diesem Heilungs-
                                                                                                                 heit am Ende einer Laktation, stadium als Ausdruck der Steigerung der

              42           ÖKOLOGIE & LANDBAU 114                                                                                                                                          28. Jg., 2/2000
Tab. 3: Euterentzündungen und durchschnittliche Zellzahlen der Milchleistungsprüfung in den prophylaktischen
                              Versuchsgruppen getrennt nach Eutergesundheitsklassen
                             Klinische Mastiti-                                                   Zellzahl aller Tiere (in 1 000/ml)
  Gruppe                            den
                                in 60 Tagen               1. Monat              2. Monat              3. Monat             4. Monat              5. Monat   6. Monat

                                                       Eutergesundheitsklasse EGK 1 (ELZZ < 200 000/ml)
  HomP + TS                   1/12        (8 %)                 42                  142                   159                  156                    213      171
  Kontrolle + TS              5/10       (50 %)                 64                  121                   208                  301                    199      221
  HomP                       6/15        (40 %)               108                   128                   118                  130                    132      159
  Kontrolle                   6/15       (40 %)               494                   286                   269                  215                    258      246
  Gesamt HomP                 7/27       (25 %)               101                   128                   128                  155                    174      159
  Gesamt Kontrolle           11/25       (44 %)               382                   242                   245                  226                    228      224
  Gesamt                     18/52       (35 %)               171                   170                   175                  198                    213      196
                                                  Eutergesundheitsklasse EGK 2 (ELZZ 200 000 - 500 000/ml)
  HomP + TS                  17/37       (45 %)               109                   181                   224                  313                    333      416
  Kontrolle + TS             20/38       (52 %)               106                   265                   326                  404                    503      564
  HomP                        6/8        (75 %)               230                   353                   454                  359                    408      536
  Kontrolle                   4/9        (44 %)               183                   102                   206                  209                    220      302
  Gesamt HomP                23/45       (51 %)               122                   217                   259                  315                    376      416
  Gesamt Kontrolle           24/47       (51 %)               132                   251                   314                  314                    406      467
  Gesamt                     47/92       (51 %)               127                   227                   286                  315                    400      425
                                                           Eutergesundheitsklasse 3 (ELZZ > 500 000/ml)
  HomP + TS                  16/26       (62 %)               216                   365                   639                  657                    968      953
  Kontrolle + TS             13/26       (50 %)               207                   352                   347                  412                    480      442
  Gesamt                     29/52       (56 %)               207                   359                   491                  539                    652      674
HomP = homöopathisches Prophylaktikum zum Trockenstellen und zur Kalbung, TS = antibiotischer Trockensteller, ELZZ = Zellzahl am Ende der Laktation

Abwehrleistung zu erwarten ist. Derart ge-                    und immerhin 49 % eine klinisch-bakte-                         (21 %). Die für die Produktion entschei-
heilte Tiere wurden in die Produktion inte-                   riologische Heilung.                                           dendere klinisch-bakteriologische Hei-
griert. Damit kann die zweite Definition als                     Mit Hilfe der homöopathischen Arznei-                       lung trat bei den homöopathisch behandel-
produktionstechnisch entscheidend ge-                         mittel konnten 6 von 43 Mastitiden voll-                       ten Mastitis-Tieren zu 44 % ein (antibioti-
wertet werden.                                                ständig geheilt werden (14 %). Die anti-                       sche Vergleichsgruppe 55 %). Interessant
   Bei den Heilungsraten wurden nur Eu-                       biotische Therapie erreichte eine vollstän-                    ist der Effekt, dass bei zusätzlicher homöo-
terentzündungen berücksichtigt, die in den                    dige Heilungsrate in 9 von 42 Fällen                           pathischer Vorbeugung (HomP) die anti-
ersten 60 Tagen nach dem Kalben auftraten
(hypothetische Wirkung des homöopathi-
schen Prophylaktikums). Ferner wurden
nur Euterentzündungen einbezogen, die
auf lediglich einem Viertel festgestellt
wurden, um eventuelle wechelseitige Be-
einflussungen mehrerer erkrankter Viertel
auszuschließen.
   In der Darstellung der Ergebnisse wird
auf die Unterscheidung zwischen antibio-
tisch und nichtantibiotisch trocken gestell-
ten Tieren verzichtet, da die Ergebnisse
nahe beieinander liegen. Exakte Daten
sind der Tabelle 4 zu entnehmen.
   Insgesamt zeigten nur 18 % aller be-
handelten Mastitiden eine vollständige
                                                                                                                                                                            © FiBL, M. Bär

         Eine Tierärztin mit homöopathischen
Heilmitteln – auf einen Betrieb gerufen wegen
                       drei Fällen von Mastitis

28. Jg., 2/2000                                                                                                            ÖKOLOGIE & LANDBAU 114                      43
Tierhaltung

                                                     Tab. 4: Heilungsraten in den Therapiegruppen
                                                                                                                                    Heilungsrate
        Teilgruppen-              Trockenstellen        Homöopathische           Therapie            Heilungsrate
                                                                                                                                      (klinisch-
       Bezeichnungen               antibiotisch?          Prophylaxe            (AB/Hom)             (vollständig)
                                                                                                                                   bakteriologisch)
        Alle Mastitiden
                                                                                                          18 %                           49 %
            (n = 85)
          1 (n = 13)                      Ja                      Ja              Hom                     15 %                           62 %
          2 (n = 18)                      Ja                     Nein             Hom                     11 %                           38 %
          3 (n = 16)                      Ja                      Ja               AB                     31 %                           63 %
          4 (n = 14)                      Ja                     Nein              AB                     14 %                           50 %
           5 (n = 9)                    Nein                      Ja              Hom                     22 %                           56 %
           6 (n = 3)                    Nein                     Nein             Hom                     0%                             33 %
           7 (n = 4)                    Nein                      Ja               AB                     25 %                           75 %
           8 (n = 8)                    Nein                     Nein              AB                     13 %                           38 %
     1 + 2 + 3 + 4 (n = 61)               Ja                                                              18 %                           49 %
     5 + 6 + 7 + 8 (n = 24)             Nein                                                              17 %                           50 %
     1 + 2 + 5 + 6 (n = 43)                                                       Hom                     14 %                           44 %
     3 + 4 + 7 + 8 (n = 42)                                                        AB                     21 %                           55 %
             1+5                                                  Ja              Hom                     18 %                           59 %
             2+6                                                 Nein             Hom                     10 %                           29 %
             3+7                                                  Ja               AB                     30 %                           65 %
             4+8                                                 Nein              AB                     14 %                           45 %

Hom = homöopathische Behandlung, AB = antibiotische Behandlung

biotisch behandelten Tiere mit 30 %, ge-                         den Zeitpunkt der Kalbung herum er-          Dieses Ergebnis erscheint auf den ers-
genüber 10-18 % in den übrigen Teilgrup-                         höht unabhängig von der Therapieform      ten Blick aus Sicht der Biolandwirtschaft
pen, den besten vollständigen Behand-                            die Heilungsrate bei klinischen Euter-    nicht befriedigend, bietet aber Anlass zur
lungserfolg aufwiesen.                                           entzündungen.                             Diskussion. Offenbar ist die homöopathi-
   Das Bild ändert sich etwas bei Betrach-                                                                 sche Behandlung allein nicht immer in der
tung der produktionsrelevanten kli-                         Wirksamkeit der Homöopathika gesichert         Lage, eine latente Mastitis vollständig aus-
nisch-bakteriologischen Heilung. So lie-                                                                   zuheilen. Die Kombination mit der Anti-
gen die Heilungsraten bei Verabreichung                        Die Wirksamkeit der in dieser Studie        biose führt möglicherweise zu einer
des Prophylaktikums zwischen homöopa-                       angewendeten Homöopathika kann unter           gleichzeitigen exogenen und endogenen
thischer (59 %) und antibiotischer (65 %)                   den gegebenen Betriebsbedingungen in           Beeinflussung der Euterschleimhaut. So-
Behandlung nahezu gleich.                                   der Mastitistherapie als gesichert gelten.     mit scheint es notwendig zu sein, in weite-
   Der Therapieerfolg der hier eingesetz-                   Es lassen sich im Vergleich zur Antibiose      ren Forschungsprojekten Alternativen zur
ten Homöopathika lässt sich so zusam-                       befriedigende bakteriologische Heilungs-       exogenen Therapie (statt Antibiose) zu
menfassen:                                                  raten erzielen, die für die Lieferfähigkeit    konzipieren. Dies ist die vordringliche
· Prinzipiell erscheint die homöopathi-                     der Milch von vorrangigem Interesse sind.      Aufgabe der Forschungsgruppe am FiBL
   sche Therapie klinischer Euterentzün-                       Die insgesamt unbefriedigenden voll-
                                                                                                           und an der FU Berlin.                     G
   dungen im Sinne der klinisch-bakterio-                   ständigen Heilerfolge lassen sich durch die
   logischen Heilung der antibiotischen                     Gabe des Prophylaktikums verbessern,
   Therapie nahezu gleichwertig.                                                                           Dr. Peter Klocke und Dr. Jörg Spranger,
                                                            insbesondere bei antibiotischer Therapie.      Forschungsinstitut für biologischen Landbau
· Die Zellzahlen können nach homöopa-                       Auch die Kombination aus homöopathi-           (FiBL), Postfach, CH-5070 Frick
   thischer Therapie kurzfristig erhöht sein.               scher und antibiotischer Trockenstellpro-      Sylvia Garbe und Dr. Carl Christian Merck, Tier-
· Eine zusätzliche homöopathische Pro-                      phylaxe führt zu weniger Mastitiden in der     Klinik für Fortpflanzung, Freie Universität Berlin,
   phylaxe am Ende der Laktation und um                     Folgelaktation.                                Königsweg 63, D-14163 Berlin

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