Hornissen- und Wespenberater - Hannes Krauss und Rolf Witt
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ANLIEGEN NATUR 38(1), 2016: 30–32 Laufen www.anl.bayern.de ISBN 978-3-944219-15-8
Hannes Krauss und Rolf Witt
Hornissen- und Wespenberater
Wespen und Hornissen – obwohl nahezu jeder diese Tiere kennt, lösen sie selten Begeisterung aus.
Das umschwirrte Kuchenstück oder der schmerzende Wespenstich sind leider die häufigsten Assoziati
onen. Allerdings wird man so den sozialen Faltenwespen, zu denen beide gezählt werden, in keinerlei
Weise gerecht. Von den 16 in Europa vorkommenden Arten, sind es nämlich nur zwei, die „Gemeine
Wespe“ und die „Deutsche Wespe“, die lästig werden können und so das Bild der gesamten Tiergattung
prägen. Mit den anderen Arten ist problemlos ein friedliches Zusammenleben möglich. Doch deutsch
landweit rund 25.000 Einsätze der Feuerwehren zur Beseitigung von Wespennestern zeichnen ein ande
res Bild. Hierbei leiden auch die seltenen und geschützten, oft friedlichen Wespenarten unter der nicht
immer sachgerechten Entfernung beziehungsweise Umsiedelung. An dieser Stelle zeigt sich die wichti
ge Rolle der Wespen- und Hornissenberater, deren Ausbildung die Bayerische Akademie für Naturschutz
und Landschaftspflege (ANL) unterstützt. Sie entlasten maßgeblich die zuständigen Unteren Naturschutz
behörden bei der Beurteilung von Wespennestern vor Ort, helfen mit Beratung und Aufklärung und tra
gen so maßgeblich zum Schutz dieser faszinierenden Tiere bei.
Hornissen und Wespen gehören
zu den sozialen Faltenwespen
und bauen ihre Nester bevorzugt
in natürliche Hohlräume wie
Baum- oder Erdhöhlen. Derartige
Nistmöglichkeiten werden aber
immer seltener. Deshalb suchen
sie Ersatz im Lebensraum des
Menschen. Hier werden Nischen
in Dachböden und Schuppen,
Lücken hinter Holzverkleidungen
an Fassaden, Vogelnistkästen so-
wie Rollladenkästen als Ersatz-
höhlen genutzt. Der Lebensraum
dieser Tiere hat sich somit mit-
ten in das tägliche Lebensumfeld
des Menschen verschoben und
sorgt hier mitunter für gewisse
Konflikte. Dabei wird oftmals
verkannt, dass soziale Falten
wespen als natürliche Regula Abb. 1: Wespen sind faszinierende Wesen, wenn man den Mut aufbringt, sich mit ihnen
toren eine wichtige Funktion in zu beschäftigen (Hornisse/Vespa crabro; Foto: Frank Steinmann/piclease).
unserem Ökosystem ausüben.
Sie treten als Schädlingsbekämp
fer auf, da sie sich von Fliegen und anderen Insekten Gemäß der Bundesartenschutzverordnung steht die
ernähren. So gibt es Wespenvölker, die bis zu 2 kg In- einheimische Hornisse als besonders geschützte Art
sekten pro Tag erlegen. Viele Arten sammeln zudem unter gesetzlichem Schutz. Demzufolge ist nicht nur
den kohlehydratreichen Nektar diverser Pflanzenarten, das Nachstellen, Fangen oder gar Töten verboten, son-
um damit die Imagines zu versorgen. Sie leisten dabei dern auch das Zerstören der Entwicklungsformen wie
einen wichtigen Beitrag zur Bestäubung von Wild- und Eier, Larven und Puppen. Grundsätzlich sind in Bayern
Nutzpflanzen. die Bezirksregierungen als Höhere Naturschutzbehörden
Hinweis: Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird auf die gleichzeitige Verwendung männlicher und weiblicher Sprachformen verzichtet.
Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichermaßen für beiderlei Geschlecht.
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H. Krauss & R. Witt 40 Jahre ANL – Hornissen- und Wespenberater
für Artenschutzbelange zu-
ständig. Da aber im Falle der
Hornissenberatung schnelle
Entscheidungen und Vor-Ort-
Einschätzungen notwendig
sind, wurde die Zuständigkeit
Anfang des Jahres 2000 von
den Regierungen an die jewei-
ligen Landratsämter verlagert.
Angesichts der zahlreichen
Kernaufgaben und der mitun-
ter engen Personallage an den
Unteren Naturschutzbehörden,
ist es den Mitarbeitern nur be-
grenzt möglich, die Zusatzauf-
gabe abzudecken. Die Erfah
rung vieler Behörden zeigt,
dass sich vor allem in den Mo-
naten August und September –
hier erreichen die Wespen
ihren höchsten Populations-
stand – zahlreiche Bürgerin
nen und Bürger hilfesuchend Abb. 2: Manchmal die letzte Möglichkeit: Umsiedelung eines Hornissennestes (Foto: Rolf Witt).
an das Amt wenden. Um auf
die Anfragen adäquat reagie-
ren zu können, haben einige Behörden ehrenamtlich tä- traler Ausbildungsinhalt ist es, entsprechende Argumen
tige Wespen- und Hornissenberater etabliert. tationshilfen zu erlernen, die im Rahmen der Beratung
Allerdings ist für diese Tätigkeit spezifisches Fachwis eingesetzt werden.
sen notwendig. Hierzu gehören Grundkenntnisse zu Da entsprechende Ausbildungen nur selten angeboten
Systematik und Ökologie der Tiere als auch Kenntnisse werden, insbesondere in Bayern, füllt die ANL diese
zur Entfernung oder Umsiedelung von Nestern, wobei fachliche Lücke. Erstmals wurde im Jahr 2001 der Kurs
in solchen Fällen immer eine Ausnahmegenehmigung „Hornissen und Wespen in der Naturschutzpraxis“ ab-
der Unteren Naturschutzbehörde notwendig ist. Ein zen gehalten. Im Jahr 2012 konnte die ANL Herrn Rolf Witt,
Hornissen- und Wespenberater
Ein Kommentar von Rolf Witt. Herr Witt ist Buchautor Hierzu ist es notwendig, der meist negativen Grundein-
des Buches „Wespen“ und leitet als Experte die Kurse stellung der Hilfesuchenden einleuchtende, positiv fes-
der ANL fachlich an: selnde Argumente und Zutrauen erweckende praktische
„Vorkommen von Wespen und Hornissen lösen jedes Beispiele überzeugend gegenüberzustellen. Betroffene
Jahr selbst bei naturverbundenen Menschen oft unbe- lassen sich am besten durch eine persönliche und ein-
rechtigte, aber tiefsitzende Ängste aus. fühlsame Beratung beruhigen und umstimmen. Eine an-
gemessene Beratung erfordert gelegentlich auch eine
Dabei ist in den meisten Fällen ein friedfertiges Zusam- Entscheidung für eine Umsiedelung oder gar Abtötung.
menleben möglich. Entscheidend ist eine sachgerechte Je nach persönlichen Fähigkeiten und Interessen können
und verantwortungsvolle Aufklärungsarbeit. Zudem ist die Berater nach einer Einarbeitungszeit die Umsiedelun
die heimische Hornisse eine nach der Bundesartenschutz gen auch durchführen.
verordnung besonders geschützte Tierart. Sämtliche
Für den Arten- und Naturschutz kommt den Aktivitäten,
Maßnahmen, die diese Art betreffen, bedürfen daher
die zu einer allgemein positiven und respektvollen Ein-
einer behördlichen Genehmigung. Selbst naturinteres-
stellung gegenüber sozialen Faltenwespen führen sollen,
sierte Personen sind aber oft nicht in der Lage, die ver-
eine hohe ethisch-umweltpädagogische Funktion zu.
schiedenen Arten sicher zu erkennen. So kommen re- Die Hornisse wird durch die Aufklärungsarbeit der letzten
gelmäßig Verwechslungen mit verwandten Tiergruppen, Jahre inzwischen immer mehr als positiv belegte Sym-
wie Hummeln und Wildbienen, vor. bolart angesehen. Selbst ansonsten wenig naturinteres-
Wespen- und Hornissenberater sollen in erster Linie sierte Personen können sehr gut erreicht werden. Ent-
unberechtigte Ängste gegenüber unseren stechenden sprechend ist die persönliche „Erfolgsquote“ im Gegen-
Insekten abbauen. Im Telefonat oder im Gespräch vor satz zu vielen anderen Betätigungsfeldern im Artenschutz
Ort lassen sich über 90 % der Fälle ohne weiteren Ein- recht hoch. Das Erlebnis, mit lebenden Hornissen zu ar-
griff lösen. Dadurch werden die verantwortlichen Natur beiten, ist übrigens auch nach langer Zeit immer noch
schutzbehörden in ihrer Arbeit wesentlich unterstützt. ausgesprochen faszinierend.“
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40 Jahre ANL – Hornissen- und Wespenberater H. Krauss & R. Witt
den renommierten Fachmann und Buchautor aus Nie Autoren
dersachsen, als Hauptreferenten für den Lehrgang ge- Hannes Krauss,
winnen (siehe persönliche Einschätzung von Herrn Witt). Jahrgang 1972.
Studium der Landschafts-
Um die Veranstaltung am tatsächlichen Bedarf auszu planung an der TU Berlin.
richten, wurde durch die ANL im Jahr 2015 an allen Von 2000 bis 2001 Mitar-
bayerischen Unteren Naturschutzbehörden eine Online- beiter im Planungsbüro
Steinert. Danach wissen-
Umfrage durchgeführt. schaftlicher Mitarbeiter an
Erfreulicherweise haben sich 76 Behörden an der Um- der Akademie für Natur-
schutz und Landschafts-
frage beteiligt. Wichtige Erkenntnis ist, dass 54 Behör- pflege. Von 2003 bis 2008
den (entspricht 71 %) zusätzlichen Bedarf an Hornissen wissenschaftlicher Mitar-
beratern haben, um den Zuständigkeitsbereich flächen- beiter und Dozent an der
deckend zu bearbeiten. Allerdings können 60 Behörden Hochschule für Technik
Rapperswil/Schweiz, zu-
(81 %) keine Personen benennen, die an einer Ausbil- dem Mitarbeit im Planungsbüro SKK Landschaftsarchi-
dung zum Hornissenberater interessiert wären. Um nach tekten/Schweiz von 2006 bis 2008. Von 2008 bis 2014
Lösungsmöglichkeiten für diese „personelle Schieflage“ Gebietsbetreuer für den Chiemsee. Seit April 2013 wie-
der wissenschaftlicher Mitarbeiter an der ANL.
zu suchen, hat die ANL Kontakt zum Landesfeuerwehr-
verband Bayern e.V. sowie zum Landesverband der Ba- Bayerische Akademie für Naturschutz
yerischen Imker e.V. aufgenommen, um zu klären, ob in und Landschaftspflege (ANL)
Seethalerstraße 6
deren Reihen Berater akquiriert werden könnten. Trotz 83410 Laufen
einer wohlwollenden Grundhaltung bestehen hier keine +49 8682 8963-63
Möglichkeiten, da das Ehrenamt auch in diesen Kreisen hannes.krauss@anl.bayern.de
überstrapaziert ist. Somit konzentriert sich die ANL ak-
tuell darauf, die zur Verfügung stehenden Personen
auszubilden. Die Nachfrage ist anhaltend groß, bereits Rolf Witt,
jetzt ist der im Oktober 2016 stattfindende Kurs über- Jahrgang 1964.
bucht. Freiberuflicher Biologe.
Schwerpunkte sind Gutach-
Die ANL wird auch in Zukunft die Wespen- und Hornis- ten und wissenschaftliche
senberatung unterstützen. Untersuchungen von Stech
immen (Wildbienen und
Ansprechpartner Wespen). Autor eines Stan-
Aktuell besteht keine bayernweite Koordinations- bezie- dardwerkes über Wespen.
hungsweise Beratungsstelle für den Hornissenschutz. Seit 25 Jahren bildet er
Wespen-, Hornissenberater
Regionale Ansprechpartner finden sich an den Unteren
und -umsiedler in ganz
Naturschutzbehörden der Landratsämter oder an den
Deutschland aus.
Naturschutzämtern der kreisfreien Städte.
Umwelt- & Medienbüro Witt
Friedrichsfehner Str. 39
Zitiervorschlag 26188 Edewecht
K rauss, H. & Witt, R.(2016): Hornissen- und Wespenbe- +49 4486 9385570
ratung – ANLiegen Natur 38(1): 30–32, Laufen; www.umbw.de
www.anl.bayern.de/publikationen. www.vademecumverlag.de
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