HRT bei Frauen der CORA-Studie - Evidenz für mehr Nutzen als Risiko

 
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FORTBILDUNG + KONGRESS
                         HORMONERSATZTHERAPIE

                         HRT bei Frauen der CORA-Studie –
                         Evidenz für mehr Nutzen als Risiko
                         E. Windler1, B.-C. Zyriax1, B. Eidenmüller1, H. Boeing2
                         Widersprüchliche Ergebnisse ganz überwiegend amerikanischer                      takten Arterien weniger Bedeutung
                         Studien zu Hormonersatztherapie (HRT) und koronarer Herz-                        haben als bei älteren Frauen mit aus-
                         krankheit haben zu einer breiten Diskussion um die Behandlung                    geprägter Arteriosklerose, bei der
                         klimakterischer Beschwerden mit Geschlechtshormonen geführt.                     durch Förderung der Thrombusbil-
                         Wenig Platz wird dabei allerdings der Frage eingeräumt, inwie-                   dung ein schwerwiegendes kardio-
                         weit die Ergebnisse auf deutsche Verhältnisse übertragbar sind.                  vaskuläres Ereignis begünstigt wer-
                         Die beiden Länder unterscheiden sich erheblich im Zugang zur                     den kann. In der WHI hat eine Ös-
                         medizinischen Versorgung und in den Ausprägungen des Lebens-                     trogengabe bei Frauen bis zum 60.
                         stils. Die CORA-Studie erlaubt Einblicke in die Charakteristika                  Lebensjahr die Entwicklung arterio-
                         von Frauen mit und ohne koronare Herzkrankheit, die in                           sklerotischer Verkalkungen zweifels-
                         Deutschland eine Hormonersatztherapie anwenden.                                  ohne drastisch reduziert (8).

                         Die Ergebnisse einer Vielzahl lang-     nopause, kardiovaskuläre Ereignisse      Zusätzlich haben Lebensstil und me-
                         jähriger Beobachtungsstudien deu-       um etwa 44% reduziert werden kön-        dizinische Versorgung einen erhebli-
                         ten auf die Möglichkeit hin, dass HRT   nen (5). Eine Post-hoc-Subgruppen-       chen Einfluss auf das kardiovaskuläre
                         in der Postmenopause kardiovaskulä-     analyse kann aber nicht beweisend        Risiko und modulieren den Einfluss ei-
                         re Erkrankungen verhindern bzw. hi-     sein, zumal im Arm unter Kombina-        ner HRT. Die Effekte von Lebensstil
                         nausschieben könnte (1–3). Bisher       tionstherapie mit Medroxyprogeste-       und HRT-Wirkung sind nicht einfach
                         ist es jedoch nicht gelungen, diesen    ronacetat dieser Effekt weniger deut-    von einander abzugrenzen und zu
                         Effekt auch durch Interventionsstu-     lich war (6). Allerdings mag das an      quantifizieren. Das kann auch durch
                         dien überzeugend zu belegen (4–6).      den speziellen Eigenschaften des ver-    das Design randomisierter kontrollier-
                         Allerdings ist der Zusammenhang         wendeten Gestagens liegen, da die        ter Studien nicht vollkommen ausge-
                         durch die bisherigen Studien genau-     Gestagene je nach chemischer Struk-      glichen werden, zumal klimakterische
                         so wenig ausgeschlossen.                tur über die reine Gestagenwirkung hi-   Beschwerden ohnehin nicht verblin-
                                                                 naus unterschiedliche Eigenschaften      det werden können. Daher scheint es
                         Hormonersatztherapie und                haben. Die jeweiligen Besonderheiten     berechtigt, Informationen über HRT
                         kardiovaskuläres Risiko                 des Gestagens erschweren daher die       auch in Beobachtungsstudien mit ei-
                                                                 Beurteilung von Studien zu HRT be-       nem validen Design wie dem einer
                         Vielmehr deuten Analysen des Arms       züglich eines günstigen oder auch un-    Fall-Kontroll-Studie zu generieren.
                         der WHI mit konjugierten Östrogenen     günstigen Effekts auf die Entwicklung
                         als Monotherapie darauf hin, dass bei   kardiovaskulärer Erkrankungen.           Design und Methoden
                         Frauen zwischen dem 50. und 59. Le-                                              der CORA-Studie
                         bensjahr, also in der frühen Postme-    Auch der Einfluss von Östrogen auf
                                                                 das vaskuläre System kann aufgrund       Die Coronary Risk Factors for Athe-
                          1 Endokrinologie   und Stoffwechsel    seiner vielfältigen Wirkungen nicht a    rosclerosis in Women (CORA)-Studie
                            des Alterns, Universitätsklinikum    priori abgeschätzt werden. Östrogen-     vergleicht klinische, laborchemische
                            Hamburg-Eppendorf                    rezeptoren sind im Organismus weit       und genetische Marker von 200 kon-
                          2 Abteilung für Epidemiologie, Deut-
                                                                 verbreitet und unterscheiden sich        sekutiv mit der Erstmanifestation ei-
                            sches Institut für Ernährungsfor-    hinsichtlich ihrer Bindungseigen-        ner koronaren Herzkrankheit (ICD-10
                            schung (DIFE), Potsdam-Rehbrücke
                                                                 schaften und den daraus resultieren-     121, 122, 124, 125) stationär aufge-
                          Originalliteratur: Hormone re-         den Auswirkungen (7). Der Effekt von     nommenen Frauen zwischen 30 und
                          placement therapy and risk for         Östrogen auf das Herz-Kreislauf-Sys-     80 Jahren mit denen von 255 gleich-
                          coronary heart disease. Data from      tem wird sich zusätzlich aufgrund des    altrigen randomisiert aus dem selben
                          the CORA-study – a case-control        Alters und des Zustands der Blutge-      Wohngebiet ausgewählten gesunden
                          study on women with incident
                          coronary heart disease. Maturitas      fäße unterscheiden. Beispielsweise       Frauen (9). Ausgeschlossen wurden
                          57 (2007) 239–246.                     wird der Einfluss auf die Gerinnung      Frauen mit aktiver Krebserkrankung,
                                                                 in der Perimenopause bei noch in-        schweren chronischen Erkrankungen,

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FORTBILDUNG + KONGRESS
bekannter koronarer Herzkrankheit               mmHg diagnostiziert, wobei der zwei-            wa 50% hatten Erfahrung mit HRT.
oder diätetischer Unterweisung. Um              te und dritte von drei Messwerten ge-           Frauen, die zum Zeitpunkt der Rekru-
Verzerrung durch Selektion Gesünde-             mittelt wurde (13, 14). Raucherinnen            tierung HRT einnahmen, taten dies im
rer zu vermeiden, wurde den Kontrol-            waren definiert als Frauen, die noch            Mittel bereits 9,5 Jahre innerhalb der
len Hausbesuche angeboten. 100%                 oder zumindest innerhalb der vergan-            letzten 12 Jahre (Fälle) bzw. 14 Jahre
der geeigneten Frauen mit KHK nah-              genen 2 Jahre rauchten, da 63% derer,           (Kontrollen). Der überwiegende Teil
men an der Studie teil; von den ge-             die angaben, das Rauchen aufgegeben             der Frauen hatte in der Perimenopau-
eigneten Kontrollen 67%.                        zu haben, tatsächlich erst innerhalb            se oder kurze Zeit danach, im Median
                                                des letzten Monats das Rauchen ein-             zwei Jahre nach der Menopause, mit
Serumproben wurden im Nüchternzu-               gestellt hatten und der ungünstige Ef-          HRT begonnen. Mehr als 80% der Frau-
stand, bei den Fällen umgehend nach             fekt des Rauchens überwiegend erst in-          en nahmen HRT als Tabletten ein, wo-
Aufnahme, gewonnen, Routinelabor-               nerhalb von 2 Jahren verschwindet               bei Fälle und Kontrollen sich nicht in
parameter bestimmt und Serum für                (15, 16). Der Taillenumfang wurde in            der Applikationsart der HRT unter-
spezielle Untersuchungen bei -80°C              der Mitte zwischen dem unteren Rip-             schieden. Die angewandten Präparate
eingefroren. Untersuchungen und Be-             penbogen und der Oberkante des Be-              konnten nicht mit Sicherheit über die
fragungen wurden von einer Person               ckenkamms gemessen, der Hüftumfang              meist sehr langen Einnahmezeiträume
durchgeführt, die Ernährung wurde an-           über den Trochantern. Ein Taillen-              mit teils mehrfachem Wechsel des
hand der Verzehrhäufigkeit und Porti-           Hüft-Quotient (WHR) von ≥0,85 galt              HRT-Präparates ermittelt werden.
onsgröße von 146 Nahrungsmitteln                als erhöht (17). Frauen wurden als
abgeschätzt (10). Das LDL-Cholesterin           postmenopausal angesehen, wenn sie              Die Frauen, die zwar nicht zum Zeit-
wurde nach der Friedewald-Formel er-            länger als ein Jahr keine regelmäßigen          punkt der Rekrutierung, aber in frü-
mittelt. Diabetes mellitus Typ 2 wurde          Blutungen hatten oder Hormonersatz-             heren Jahren eine HRT verwende-
aufgrund der Anamnese oder der An-              therapie einnahmen.                             ten, hatten diese im Median nur et-
wendung oraler Antidiabetika bzw. In-                                                           wa 2 Jahre (Fälle) bzw. 2,5 Jahre
sulin angenommen. Als Insulinresis-             Ergebnisse und Diskussion                       (Kontrollen) innerhalb von 20 bzw.
tenz wurde ein Homeostasis Model As-                                                            21 Jahren seit der Menopause ein-
sessment (HOMA)-Insulin-Resistenz-               HRT in der CORA-Population                    genommen. Sie sollten daher eher
Wert von ≥3,8 bei Frauen ohne                   87,9% der Frauen der CORA-Studie be-            den Frauen ähneln, die niemals HRT
Diabetes definiert (11, 12). Ein Hy-            fanden sich in der Postmenopause oh-            verwendet hatten. Frauen, die ak-
pertonus wurde bei Einnahme von An-             ne signifikanten Unterschied zwischen           tuell HRT einnahmen, waren im
tihypertensiva oder einem systolischen          Frauen mit KHK (Fälle) und ohne (Kon-           Durchschnitt 5 Jahre jünger als
Blutdruck von ≥140 mmHg oder einem              trollen) (s. Tab. 1). Die Menopause lag         Frauen, die niemals oder früher HRT
diastolischen Blutdruck von ≥90                 im Durchschnitt 20 Jahre zurück. Et-            verwendet hatten.

 Charakteristika der Studienteilnehmerinnen

                                                                               Fälle              Kontrollen
 Parameter                                                                    n=179                 n=221                 p-Wert
 Postmenopause (% der CORA-Population)                                         89,5                   86,7                  n.s.
 Ovarektomie (% der postmenopausalen Frauen)                                   13,1                   11,4                  n.s.
 mittleres Alter bei der Menopause (Jahre)                                  48,5 ± 3,3             48,5 ± 3,2               n.s.
 mittleres Alter bei Studienbeginn (Jahre)                                  66,2 ± 7,9             67,2 ± 7,7               n.s.
 aktuell HRT (%)                                                               20,2                   32,9                 0,0188
 früher HRT (%)                                                                29,8                   24,7
 niemals HRT (%)                                                               50,0                   42,5
 aktuell HRT, Dauer der Einnahme (Median in Jahren)                         9,5 ± 10,5              9,5 ± 9,5               n.s.
 aktuell HRT, Einnahme >3 Jahre (%)                                            90,0                   85,0                  n.s.
 Median der Zeit seit HRT Beginn (Jahre)                                   12,5 ± 10,0            14,0 ± 10,5               n.s.
 früher HRT, Median der Dauer der Einnahme (Jahre)                           2,5 ± 8,3              2,0 ± 5,8               n.s.
 Median der Zeit seit HRT-Beginn (Jahre)                                    21,0 ± 9,0            20,0 ± 10,0               n.s.
 Tablette (%)                                                                   61                     63                   n.s.
 Tablette und andere Applikationsform [%]                                       19                     21
 Pflaster oder Injektion (%)                                                    20                     16

Tab. 1: Charakteristika der Frauen mit KHK und der Kontrollen bezüglich Menopause und Hormonersatztherapie. Werte sind in Prozent oder als
Mittel ± 1SD oder als Median ± dem Bereich zwischen 25er und 75er Perzentile angegeben.

                                                                                                             FRAUENARZT  49 (2008)  Nr. 1      29
FORTBILDUNG + KONGRESS
                          Charakteristika von Frauen mit und ohne HRT

                                                      aktuell      niemals
                                                      HRT          HRT
                         Parameter                    n=108        n=182   p-Wert aktuell HRT                     p-Wert niemals HRT                    p-Wert
                                                                                        Fälle       Kontrollen               Fälle       Kontrollen
                                                                                        n=36        n=72                     n=89        n=93
                         Anthropometrie
                         Gewicht (kg)                 67,1         70,9       0,03      66,2       67,5           n.s.    71,0       69,2               n.s.
                                                      ± 126        ± 13,7               ± 12,8     ± 12,6                 ± 13,8     ± 12,7
                         BMI (kg/m2)                  24,8 ± 4,2   26,5 ± 4,6 0,0007    24,6 ± 4,4 24,8 ± 4,1      n.s.   26,8 ± 4,7 26,3 ± 4,5         n.s.
                         Taillen-Hüft-Quotient        0,84 ± 0,1   0,86       0,003     0,88       0,82           0,0005 0,90        0,82
FORTBILDUNG + KONGRESS
die als günstig hinsichtlich der Inzi-    ringere Prävalenz an Hypertonus in der           tineinnahme gestört. In der CORA-
denz koronarer Herzkrankheit erwie-       CORA-Studie passt zu der günstigen               Studie standen mehr Fälle als Kon-
sen hatten und überwiegend die ge-        Wirkung einer HRT auf die Folgen der             trollen unter einem Statin, also die
sunden Kontrollen charakterisierten       zentralen Adipositas. Es scheint, dass           Frauen, von denen ein höherer Anteil
(9). Gewicht, BMI und der Taillen-        Östrogene allenfalls einen geringen              keine HRT nahm und daher ein hö-
Hüft-Quotient waren unter den aktu-       blutdrucksenkenden Effekt haben,                 heres LDL-Cholesterin haben sollte.
ellen HRT-Anwenderinnen signifikant       während der wesentliche Einfluss auf             Unter den Kontrollen hatten aktuel-
geringer verglichen mit Frauen, die       den Blutdruck vom Gestagen bestimmt              le HRT-Anwenderinnen ein niedrige-
nie HRT eingenommen hatten (s. Tab.       wird (18, 21). Die WHI hat sogar ei-             res LDL-Cholesterin.
2 auf S. 30). Auch der systolische        nen Anstieg des systolischen Blut-
Blutdruck war niedriger und Hyper-        drucks trotz Senkung des Taillenum-              Frauen, die aktuell HRT einnahmen,
tonus, Insulinresistenz und Typ-2-        fangs gezeigt, der vermutlich auf die            unterschieden sich auch im Lebens-
Diabetes waren seltener.                  vasokonstriktive Wirkung von Medroxy-            stil von Frauen, die niemals oder frü-
                                          progesteronacetat zurückzuführen ist             her HRT verwendet hatten (s. Tab. 2).
Aufgrund des Studiendesigns kann          (19). Das unterstreicht die Bedeutung            Ihr Konsum an Fleisch und Wurstwa-
nicht die Frage beantwortet werden,       der Wahl eines geeigneten Gestagens.             ren, ein Marker eines hinsichtlich ko-
ob die aktuelle HRT-Einnahme einen                                                         ronarer Herzkrankheit ungünstigen
Beitrag zur günstigen Risikokonstella-    Wider Erwarten unterscheiden sich in             Ernährungsverhaltens, war signifikant
tion bewirkt hat oder ob sich be-         der CORA-Studie Frauen mit und oh-               geringer (9). Allerdings widerspre-
stimmte Frauen eher einer HRT-Thera-      ne HRT nicht im HDL-Cholesterin, ob-             chen die Daten der CORA-Studie der
pie unterziehen. Aus randomisierten       wohl eine zentrale Adipositas mit                verbreiteten Vorstellung eines gene-
Interventionsstudien mit mehr als 8       niedrigem HDL-Cholesterin einher-                rellen „healthy user effect“ von HRT-
Wochen Dauer kann geschlussfolgert        geht und eine HDL-steigernde Wir-                Anwenderinnen in Übereinstimmung
werden, dass HRT eine Reihe der Risi-     kung für HRT belegt ist. Diesem Er-              mit Metaanalysen, die Unterschiede
kofaktoren für Herzkreislauferkran-       gebnis könnte die höhere Rate an                 im sozioökonomischen Status be-
kungen positiv beeinflusst (18). HRT      Raucherinnen unter den Frauen, die               rücksichtigten, der wesentlichen Ein-
wirkt der zentralen Adipositas und ei-    HRT einnahmen, zugrunde liegen, da               fluss auf den Lebensstil und die me-
ner Insulinresistenz entgegen, wie        Rauchen ein starker Suppressor des               dizinische Versorgung hat (23, 24).
auch in der WHI und in HERS gezeigt       Cholesterins ist. Möglicherweise hat             Eine höhere Aufnahme an Obst und
(19, 20). HRT kann den systolischen       auch ein Teil der Frauen ein Kombi-              Gemüse, wie sie für Menschen ohne
und diastolischen Blutdruck senken        nationspräparat mit einem Gestagen               KHK charakteristisch ist, erreichte
und das schützende HDL-Cholesterin        wie Medroxyprogesteronacetat ein-                keine Signifikanz unter HRT-Anwen-
anheben. Der Effekt einer HRT auf die     genommen, das den HDL-steigernden                derinnen. Sie rauchten auch nicht we-
zentrale Adipositas könnte von kausa-     Effekt von Östrogen mitigiert (18,               niger als Nicht-Anwenderinnen.
ler Bedeutung für weitere Risikofakto-    22). Auch hinsichtlich des LDL-Cho-
ren sein, insbesondere für die Kompo-     lesterins unterschieden sich Frauen               Risikofaktoren der
nenten des Metabolischen Syndroms.        mit und ohne HRT nicht. Die Messung                Fälle und Kontrollen
Mit einer positiven Wirkung einer HRT     wird allerdings heute oft durch Sta-             Fälle und Kontrollen unterschieden
auf den Taillen-Hüft-Quotienten und
der daraus folgenden Wirkung auf die
abhängigen Risikofaktoren und letzt-       Relatives Risiko für koronare Herzkrankheit bei Frauen
lich auf die Entwicklung koronarer
Herzkrankheit sind auch die Daten der                                       Signifikanz Relatives Risiko 95% Konfidenz-
CORA-Studie vereinbar (s. Tab. 1 auf       Parameter                          p-Wert      Odds Ratio        intervall
S. 29 und Tab. 3).
                                           Taillen-Hüft-Quotient >0,85 25 mg/dl     0,01                       2,08               1,16–3,78
mellitus Typ 2. Die deutlich niedrige-     Fleisch/Wurstwaren pro 100 g 0,02                       2,33               1,14–4,78
re Rate an Insulinresistenz und Dia-       HDL-Cholesterin >50 mg/dl    0,03                       0,49               0,26–0,92
betes der Frauen unter HRT befindet        Rauchen                      0,07                       1,76               0,97–3,22
sich in Übereinstimmung mit einer          aktuell HRT                  0,28                       0,70               0,37–1,33
Reihe von Studien einschließlich den
Ergebnissen der großen Interventi-        Tab. 3: Konditionale logistische Regression für aktuelle HRT-Einnahme und etablierte Risiko-
onsstudien (s. Tab. 2). Auch die ge-      faktoren hinsichtlich des Risikos für koronare Herzkrankheit.

                                                                                                          FRAUENARZT  49 (2008)  Nr. 1      31
FORTBILDUNG + KONGRESS
                         sich erwartungsgemäß in den Risiko-       Die Subpopulation im Alter von 50–        Folgerungen
                         faktoren für koronare Herzkrankheit,      59 Jahren der Women’s Health Ini-
                         und zwar unabhängig davon, ob sie         tiative ähnelt den Frauen in der CO-      In der CORA-Studie war die aktuelle
                         aktuell oder niemals HRT einnahmen        RA-Studie insofern, als dass sie mehr-    Einnahme von HRT mit einem nied-
                         oder Frauen gemeinsam ausgewertet         heitlich HRT seit der Menopause und       rigeren Risiko für die Manifestation
                         wurden, die früher oder nie HRT ver-      über lange Zeit in einem vergleich-       koronarer Herzkrankheit verbunden.
                         wendeten. Die Fälle hatten einen hö-      baren Alter einnahmen. Auch in ei-        Es konnte kein ungünstiger Effekt zu
                         heren Taillen-Hüft-Quotienten, ein        ner kürzlichen Metaanalyse randomi-       Beginn der HRT-Einnahme festge-
                         niedrigeres HDL-Cholesterin, häufiger     sierter Studien und der Nurses’           stellt werden. Auch die Kombination
                         Hypertonus und Insulinresistenz und       Health Study wurde eine bedeutende        von Rauchen und HRT war nicht mit
                         ein höheres Lipoprotein(a). Fälle         Risikoreduktion insbesondere für          erhöhtem KHK-Risiko verbunden. Die
                         nahmen mehr Fleisch und Wurstwa-          Frauen beobachtet, die vor dem 60.        deutlich besseren Werte der Frauen,
                         ren zu sich, aber nur Fälle, die nie-     Lebensjahr eine HRT begannen (24,         die aktuell HRT einnahmen, hin-
                         mals HRT verwendet hatten, aßen           25).                                      sichtlich zentraler Adipositas, Insu-
                         weniger Obst und Gemüse. Verzehr                                                    linresistenz, Diabetes und Blutdruck
                         von Obst und Gemüse ist ein hin-          Späterer Beginn einer HRT könnte          könnten zumindest zum Teil durch
                         sichtlich koronarer Herzkrankheit         zumindest im ersten Einnahmejahr          die HRT bedingt sein, zumal die Da-
                         günstiges Ernährungsverhalten.            eine Erhöhung des kardiovaskulären        ten der CORA-Studie nicht die ver-
                                                                   Risikos bewirken wie in HERS und der      breitete Vorstellung eines generellen
                         Die Fälle waren signifikant häufiger      Metaanalyse (4, 19). In der CORA-         „healthy user effects“ bei HRT-An-
                         Raucher und rauchten deutlich mehr        Studie konnte allerdings keine Frau       wenderinnen unterstützen. Sie er-
                         Zigaretten pro Tag als Raucherinnen       identifiziert werden, die im Jahr vor     nährten sich vielmehr nur teilweise
                         unter den Kontrollen. Hier fällt zu-      der Manifestation der koronaren           günstiger und rauchten ähnlich häu-
                         sätzlich auf, dass die Fälle unter        Herzkrankheit mit einer HRT begon-        fig. Auffallend war die besonders ho-
                         Frauen, die aktuell HRT nahmen, die       nen hatte. Andererseits fanden sich       he Rate starker Raucherinnen in der
                         höchste Rate an Raucherinnen auf-         8 Frauen in der Kontrollgruppe, de-       Fallgruppe unter HRT.
                         wiesen und etwa doppelt so viele          nen im Jahr vor Rekrutierung HRT
                         Zigaretten pro Tag rauchten wie Frau-     verschrieben worden war.                  Literatur
                         en, die nie HRT angewandt hatten.                                                   1.Stampfer MJ, Colditz GA: Estrogen
                                                                   Wegen des sehr hohen Anteils an             replacement therapy and coronary heart
                                                                                                               disease: a quantitative assessment of the
                         In einer logistischen Regression war      starken Raucherinnen unter den Fäl-         epidemiologic evidence. Preventive Med
                         das altersadjustierte relative Risiko     len der aktuellen HRT-Anwenderin-           20 (1991) 47–63.
                                                                                                             2. Grodstein F, Stampfer MJ: Estrogen for
                         für die Manifestation von koronarer       nen wurde die Möglichkeit einer In-         women at varying risk of coronary dis-
                         Herzkrankheit von Frauen aktuell auf      teraktion von HRT und Rauchen ge-           ease. Maturitas 30 (1998) 19–26.
                         HRT 57% niedriger verglichen mit          prüft. Für die Kombination aus Rau-       3. Psaty BM, Heckbert SR, Atkins D et al.:
                                                                                                               The risk of myocardial infarction associa-
                         Frauen, die nie HRT einnahmen (Odds       chen und HRT ergab sich kein                ted with the combined use of estrogens
                         Ratio 0,43, KI 0,21–0,86, p=0,02)         erhöhtes Risiko für koronare Herz-          and progestins in postmenopausal women.
                                                                                                               Arch Int Med 154 (1994) 1333–1339.
                         (s. Tab. 3 auf S. 31). Frauen, die frü-   krankheit in einer für die weiteren Ri-   4. Hulley S, Grady D, Bush T et al.: Rando-
                         her bzw. nie HRT eingenommen hat-         sikofaktoren adjustierten Analyse.          mized trial of estrogen plus progestin for
                         ten, unterschieden sich nicht im Ri-      Unter Berücksichtigung von Unter-           secondary prevention of coronary heart
                                                                                                               disease in postmenopausal women. Heart
                         siko. Die Risikoreduktion entspricht      schieden in Risikofaktoren und Cha-         and Estrogen/progestin Replacement Stu-
                         größenordnungsmäßig dem Ergebnis          rakteristika des Lebensstils war das        dy (HERS) Research Group. JAMA 280
                                                                                                               (1998) 605–613.
                         der Women’s Health Initiative für ös-     relative Risiko für KHK der aktuellen     5. The Women’s Health Initiative Steering
                         trogenbehandelte Frauen im Alter          HRT-Anwenderinnen um 30% gerin-             Committee: Effects of conjugated equine
                         von 50–59 Jahren (5). Für den feh-        ger, was nicht mehr statistisch sig-        estrogen in postmenopausal women with
                                                                                                               hysterectomy: the Women’s Health Initia-
                         lenden positiven Effekt in HERS und       nifikant war. Allerdings bestand            tive randomized controlled trial. JAMA
                         dem kombiniert behandelten Arm der        immer noch ein Trend zu einer kar-          291 (2004) 1701–1712.
                                                                                                             6. Rossouw JE, Prentice RL, Manson JE et
                         WHI Studie ist vermutlich die Wahl        diovaskulären Protektion und sicher-        al.: Postmenopausal hormone therapy and
                         des Gestagens neben dem hohen Ein-        lich nicht zu einem erhöhten Risiko.        risk of cardiovascular disease by age and
                                                                                                               years since menopause. JAMA 297 (2007)
                         trittsalter in die Studien verantwort-    Ohnehin muss bedacht werden, dass           1465–1477.
                         lich. Medroxyprogesteronacetat wie        die Reduktion des relativen Risikos       7. Mueck AO, Seeger H: Biochemical mar-
                         auch andere Gestagene mit gluko-          durch Adjustierung nicht gegen ei-          kers surrogating on vascular effects of
                                                                                                               sex steroid hormones. Gynecol Endocrinol
                         kortikoider Partialwirkung erhöht         nen Effekt der HRT spricht, da die          22 (2006) 163–173.
                         beispielsweise den Blutdruck und          günstige Risikokonstellation selbst       8. Manson JE, Allison MA, Rossouw JE et al.;
                                                                                                               WHI and WHI-CACS Investigators: Estrogen
                         vermindert den Anstieg des HDL-Cho-       zumindest zum Teil Folge der HRT            therapy and coronary-artery calcification.
                         lesterins durch Östrogene (23).           sein könnte.                                N Engl J Med 356 (2007) 2591–2602.

  32                     FRAUENARZT  49 (2008)  Nr. 1
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