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Gratis-Abonnement 2019/2 ISSN 1613-3889 Jesuiten Bestellkarte bitte einfach heraustrennen, ausfüllen und zurücksenden. Danke. Jesuiten Jesuiten Ein Gratis-Abonnement für Sie oder andere, interessiert sind die am Orden Jesuiten Kirche www.jesuiten.org der Frauen
Jesuiten Jesuiten Gratis-Abonnement Standorte der Jesuiten in Deutschland IMPRESSUM Ausgabe Juni/2019 JESUITEN Informationen der Deutschen Provinz der Jesuiten an unsere Freunde und Förderer 1 Editorial 70. Jahrgang 2019/2 ISSN 1613-3889 Schwerpunkt Herausgeber und Copyright: 2 Jesus und die Frauen © Deutsche Provinz 4 „Mary Ward war eine starke Frau“ der Jesuiten K.d.ö.R. Redaktionsleitung: 6 Wo geben Jesuiten Macht ab? Tobias Zimmermann SJ Redaktion: Gratis-Abonnement 8 Frauen in Leitungspositionen Pia Dyckmans senden Sie Ihren Widerruf an redaktion@jesuiten.org Meine Einwilligung ist freiwillig und kann jederzeit widerrufen werden. Bitte Nachrichten, Informationen oder Veranstaltungen des Ordens zu informieren. angegebenen Daten nutzen kann, um mich per Post und Mail über aktuelle Hiermit stimme ich zu, dass die Deutsche Provinz der Jesuiten meine oben Datum PLZ Straße Vorname Name ab der nächsten Ausgabe an meine Adresse: Jesuiten in n 1 / n 5 / n 10 / n 20 Exemplar/e Bitte senden Sie kostenlos die Publikation 2019/2 Titelbild Collage © joseyyo estudio (Chefin vom Dienst) 11 Frauen übernehmen die Gemeinde Holger Adler SJ 12 Frauen als Priesterinnen: Ein Gespräch Christian Braunigger SJ Wenn diese Ausgabe der „Jesuiten“ Dag Heinrichowski SJ sich mit Frauen und ihren unter- über Gewohnheit und Gerechtigkeit Stefan Hofmann SJ schiedlichen Rollen in der Kirche 14 Die Zukunftsvision einer Frau für ihre Kirche Marco Hubrig SJ Clemens Kascholke SJ beschäftigt, bildet sie einen Spiegel. Sebastian Maly SJ 16 Frauen im Domkapitel Unterschrift Ort Sie reflektiert: Was tut sich da? Wo Fabian Moos SJ gibt es Aufbrüche – oder gar Rück- 18 Die Zukunftsvision eines Provinzials für seinen Orden Björn Mrosko SJ Claus Recktenwald SJ schritte? Was denken, fühlen und 29 Frauen an der Hochschule für Philosophie? Mathias Rugel SJ wünschen sich Frauen und Männer Stefan Weigand (Bildredaktion) für sich und voneinander? Wohin bricht die Kirche auf? Die Bildmotive in diesem Heft sind Geistlicher Impuls Anschrift: Redaktion JESUITEN 22 Freude Kaulbachstraße 29a auch Spiegel-Konstellationen: 80539 München Sie bringen Jahrhunderte zusammen, Tel 089 38185-213 stellen alte und neue Frauenbilder Nachrichten Fax 089 38185-200 redaktion@jesuiten.org gegenüber und verbinden so Themen, 24 Neues aus dem Jesuitenorden www.jesuiten.org Gedanken, Ansichten, Wünsche, Sehnsüchte. Mal entsteht so ein Personalien Satz und Reproduktionen: Martina Weininger, Kontrast, mal eine Ähnlichkeit. Und 28 Jubilare München so stellen die Bilder der Betrach 80539 München Kaulbachstraße 29a der Gesellschaft Jesu e.V. Freunde Sekretariat terin und dem Betrachter die Frage: 28 Verstorbene Druck: Gebrüder Geiselberger Wie sehe ich mich eigentlich selbst? GmbH, Altötting Buch Printed in Germany Stefan Weigand 29 Alex Lefrank: Die vielen Entscheidungen und das eine Leben Erscheinungsweise: Viermal im Jahr Vorgestellt Abonnement kostenlos 30 Mehr als nur Philosophie studieren Nachdruck nach Rücksprache mit der Redaktion 33 Die besondere Bitte Jesuiten in 34 Autoren dieser Ausgabe Schweden Stockholm 37 Standorte der Jesuiten in Deutschland Uppsala freimachen, falls Marke zur Hand Bitte
E D I TO R IAL Liebe Leserinnen, liebe Leser, Schwierig gestaltete sich auch der Titel: Wie soll das Heft heißen? Frauen in der Kir- Frauen wollen in der Kirche gleichbe- che? Frauen außerhalb der Kirche? Kirche rechtigt mitwirken, wollen sie mitgestal- und die Frauen oder einfach nur Frauen? ten und auch verkünden. Initiativen wie Es ist nun Kirche der Frauen geworden. „Maria 2.0“ haben uns dies in den letzten Nicht, weil es eine eigene Kirche der Frauen Wochen eindrücklich gezeigt und bieten gäbe – wohl aber weil die eine universale eine Debatte an. Dabei zeigt sich, auch die Kirche auch eine Kirche der Frauen ist. Männer wollen es. Das zeigen auch die Artikel der zahlrei- chen Autorinnen und Autoren: Frauen Aber wir geben auch zu, dass wir uns mit sind existenzieller Bestandteil der Kirche. diesem Heft schwer getan haben! Was ha- ben wir gerungen und abgewogen. Getreu Schwierig war dann auch die Autorensuche: dem Motto Karl Valentins „Es ist schon nicht wenige konnten oder wollten zu die- alles gesagt nur noch nicht von allen…“ sem Thema nichts schreiben. Vielleicht haben wir verworfen, umentschieden und stehen all diese Schwierigkeiten nicht nur immer wieder neu überlegt: Braucht es ein in Zu sammenhang mit diesem Thema, Jesuiten-Heft zum Thema Frauen? Kann sondern mit der insgesamt schwierigen ein Heft eines Männerordens über Frauen – ja, krisenhaften – Situation der katholi- schreiben? Es war kompliziert und den- schen Kirche. noch: wir haben es getan und waren froh, dass unsere Öffentlichkeitsreferentin Pia Nun aber halten Sie dieses Heft in der Hand Dyckmans ein Teil dieser Redaktion ist. und wir sind froh, dass es uns gelungen ist, nicht etwa eine „Kampfschrift“ zu produ- Schwierig gestaltete sich der Inhalt: Wo- zieren, in welcher schon oft gesagtes wie- rüber wollen wir schreiben? Wollen wir derholt wird. Nein: Dank der Autorinnen lamentieren oder wir resignieren, dass und Autoren gelang ein Dreischritt von vieles so mühsam ist? Oder zusammen- der Vergangenheit zur Gegenwart zu Per- tragen, was wir an Geschichte und Ge- spektiven der Zukunft des Themas: Frau- schichten zu diesem Thema schon haben: en und die katholische Kirche. KIRCHE DER FRAUEN gute wie weniger gute. Hoffnungsvolle wie weniger froh machende. Schauen was ist, Wir wünschen Ihnen viel Freude und An- was es schon einmal gab und wohin wir regung beim Lesen dieses Heftes! gemeinsam gehen könnten. n JUNI 2019 n JESUITEN Holger Adler SJ Pia Dyckmans Marco Hubrig SJ 1
SCH WER P UNK T Jesus und die Frauen Beginnen wir mit Maria von Magdala: Sie Sollen sie in dem ihnen zugeteilten häus- ist in allen vier Evangelien (!) ausdrücklich lichen Rahmen (Martha) bleiben? Oder als Zeugin der Verhaftung, Kreuzigung, dürfen sie, nachdem sie das Evangelium Grablegung und Auferstehung genannt. gehört haben, es als Befreiung aus dieser Die mit ihr erwähnte Frauengruppe als Teil Rolle auffassen (Maria) und selbst Verkün- der Jesusbewegung auf dem Weg von Ga- digerinnen werden? Lukas lässt Jesus selbst liläa nach Jerusalem ist jeweils mit unter- sprechen und entscheiden: „Maria hat den schiedlichen Namen besetzt; ihr Name ist guten Teil gewählt, der wird ihr nicht ge- durchgängig. Dieses Zeugnis allein hätte nommen werden“. Leider ist es dabei nicht schon genügen müssen, den Frauen in den geblieben; den Frauen wurde recht bald Gemeinden und der späteren Kirche ihre mit dem Aufstieg der Jesusbewegung zur Verkündigungs- und Leitungsfunktionen organisierten Religion und später Reichs- zu begründen und zu bewahren. Wenn religion diese Möglichkeit sehr wohl ge- Frauen eigens Erwähnung finden in einem nommen. In seiner Apostelgeschichte gibt ansonsten männlich geprägten Text, dann Lukas wieder, dass die erste Gemeinde- war ihre Bedeutung herausragend. Frauen gründung auf europäischem Boden in einer der späteren Jesusgruppen und -gemein- reinen Frauengruppe geschieht, Lydia ist den beriefen sich auf Maria von Magdala, ihre mutige Sprecherin (Apg 16). Auch um ihre Verkündigung und Lei tungs die Jüngerin Tabitha ist Mittelpunkt der funktionen gegenüber Anfeindungen zu Bewegung, die vielen zu ihrem Glauben an verteidigen. Leider sind weitere Zeugnis- den Messias verhilft. Sie hatte eine Witwen se über Maria von Magdala nur noch in gruppe in ihrem Haus versammelt, um die gnostisch geprägten Evangelien zu finden. sie sich liebevoll (sogar mit Nadel und Fa- Aber es scheint trotzdem durch, dass sie den!) kümmerte – das darf und kann nicht KIRCHE DER FRAUEN ihrer Verkündigung einen eigenen Akzent sterben. Deshalb wird sie wieder auferweckt gab, der in Widerspruch geriet zur „Pet- und kann sich weiter in den Dienst des ruslinie“, die sich in einigen frühen Ge- Messias stellen – mit großer Wirkung, wie meinden durchzusetzen begann. Es gibt der Text anschaulich wiedergibt. viele Phantasien über ihre Beziehung zu Jesus, die meisten sind geprägt von Ro- Paulus, der erste Textzeuge, durfte jahr- n mantik oder Kitsch und verdunkeln ihre hundertelang als Frauenfeind diffamiert JUNI 2019 wirkliche Bedeutung. werden. Das negative Urteil über ihn und seine angebliche Zurückweisung der n Auch die Geschichte von Maria und Mar- Frauen speist sich vor allem aus den JESUITEN tha (Lk 10) ist ein Nachhall auf die Bedeu- sogenannten Pastoralbriefen, die nicht tung von Frauen in der Jesusbewegung. von Paulus stammen. Sie spiegeln die Kon- 2 Hintergrund ist der Konflikt um ihre Rolle: flikte um die Zurückdrängung der Frauen
in der frühen Christenheit wieder. Paulus nicht einverstanden und der dadurch selbst erwähnt mehrfach, dass er den Mes- entstandene Ehekrach nicht mehr zu kit- sias mit Hilfe einer Frau (Priska, die immer ten ist. Die Grußliste in Römerbrief 16 vor ihrem Mann Aquila genannt wird) lässt erkennen, wie vielfältig und mutig kennengelernt hat. Er verlässt sich bei den ihr Einsatz für das Evangelium war. Die Gruppengründungen in den zentralen Kirche muss die folgenschwere Entwer- Städten des römischen Reiches auf die tung der Frauen endlich beenden. Nur so Verkündigungs- und Leitungstätigkeit von findet sie zu Jesus zurück und heraus aus Frauen und nimmt sie in Schutz. Dabei der männlichen Gewaltkultur, die immer erlaubt er ihnen sogar die Ehescheidung weniger akzeptiert wird. (1 Kor 7), für den Fall, dass der Ehemann Jutta Lehnert mit ihrem Engagement in der Gemeinde © Halfpoint iStock.com ABERGEISTER n MÄRZ 2019 n JESUITEN 3
SCH WER P UNK T „Mary Ward war eine starke Frau“ „Sie war eine starke Frau, und wir werden stellen wollte und weil sie sich als Frau hier zu starken Mädchen erzogen.“ So ant- nicht unterordnen wollte. Für Frauen galt worteten Schülerinnen meines Geschichts- vor 400 Jahren: „O marito, o muro“ ent- kurses an der Mainzer Maria Ward-Schule weder einen Mann oder die Mauer. Beides spontan auf meine Frage, welche Bedeu- lehnte sie ab. tung für sie Mary Ward habe. In einer Ansprache an ihre Gefährtinnen Der Feminismus ist eine moderne Bewe- im Jahr 1617 in St. Omer skizzierte sie das gung und sicherlich wird man Mary Ward Verhältnis von Mann und Frau: „Es gibt nicht gerecht, wenn man sie als Feministin keinen solchen Unterschied zwischen postuliert. Aber sie war in ihrer Zeit eine Männern und Frauen. Deshalb ist die ganz ungewöhnliche, unangepasste Frau. Ursache nicht, dass wir Frauen sind, son- Sie wuchs auf im Zeitalter der Konfes dern, wie ich vorhin sagte, dass wir un- sionskriege in England Ende des 16. Jahr vollkommene Frauen sind und nicht die hunderts. Der religiöse Konflikt ließ sie Wahrheit lieben, sondern Lügen nachlau- nach ihrem Weg suchen, den sie über fen. Veritas Domini manet in aeternum; Umwege fand. Es war nicht der Frauen- die Wahrheit unseres Herrn währt im- orden in der Klausur, sondern sie wollte merdar. Es ist nicht veritas hominum, die in der Welt wirken stets im Vertrauen auf Wahrheit der Männer oder die Wahrheit Gott. Das einmal Erkannte setzte sie mit der Frauen, sondern veritas domini. Diese großer Konsequenz um und ließ sich Wahrheit können Frauen ebenso haben durch Rückschläge und Verleumdungen wie Männer. Wenn wir versagen, kommt nicht von ihrem Weg abbringen. Dieser das von einem Mangel an Wahrheit und führte sie nicht aus der Kirche, sondern nicht davon, dass wir Frauen sind. … KIRCHE DER FRAUEN sie ging in der Kirche neue Wege, indem Ich hoffe zu Gott, man wird sehen, dass sie mehr Chancengleichheit für Frauen Frauen in der kommenden Zeit viel tun durch Bildung anstrebte und umsetzte. werden.“ (Drei Ansprachen Mary Wards, Insbesondere wandte sie sich den armen gehalten in St. Omer 1617. In: Spiritualität und benachteiligten Mädchen zu, indem Konkret 2018, S. 29ff) sie Schulen gründete. n Vielfach herrschte Angst, dass mit der Er JUNI 2019 Mary Ward geriet in einen Konflikt mit der ziehung in den Instituten der Englischen Amtskirche und dem Papst, weil sie ihren Fräulein Frauen den ihnen zustehenden n Orden mit dem Orden der Jesuiten gleich- Rahmen überschreiten könnten. In den JESUITEN 4
Anklagepunkten der Kurie gegen Mary Maria Wards, das Kernziel der Schule, Ward wurde der Vorwurf der Vermittlung die auch durch die Zeiten die christlichen der lateinischen Sprache, des Theater Spie- Grundwerte im ,Menschsein für andere‘ lens und der Rhetorik erhoben. Dank ihrer bewahrte.“ Beharrlichkeit und ihres Gottvertrauens, das Mary Ward auch an ihre Mitschwes- Auch die heutige Generation von Schü- tern und Nachfolgerinnen weitergab, hielt lerinnen sieht dieses Erbe. Die Idee der ihr Lebenswerk Rückschlägen stand. Die Gleichberechtigung kommt für sie in der von ihr gegründeten Schulen hatten Zu- Förderung der MINT-Fächer zum Aus- kunft, einfach, weil sie gut waren, so gut, druck, sie sehen den Wert der Persönlich- dass die Mary Ward-Schwestern dann im keitsentwicklung, die für sie noch vor der 17. und 18. Jahrhundert gefragte Schul- Wissensvermittlung steht, viele betonen frauen wurden, die 1752 schließlich auch den respektvollen Umgang miteinander nach Mainz gerufen wurden. in der Schulgemeinschaft und schätzen den seit diesem Schuljahr Freitags einge- Die Maria Ward-Schulen haben Wand- führten ignatianischen Wochenrückblick. lungen und Entwicklungen durchge- Wichtig ist für sie, den Mitmenschen zu macht. Damit beschäftigte sich 2008 Me- helfen, sich für andere einzusetzen, so wie lissa Schuh, die in ihrer Facharbeit an der am sozialen Tag im Juni 2019, an dem je- Mainzer Maria Ward-Schule dem Thema de Schülerin sich eine „Arbeit“ sucht, de- „Erziehung in der Tradition der Maria ren Erlös an die Partnerschule der Maria Ward“ nachging und den ersten Preis Ward-Schwestern in Afrika geht. gewann beim Wettbewerb des Bistums Mainz „Frauenbild – Frauenbildung: 100 Es waren Ordensfrauen wie Mary Ward KIRCHE DER FRAUEN Jahre Abitur für Mädchen“, der an die oder Angela Merici, die das Fundament preußische Mädchenschulreform von zur Chancengerechtigkeit für Frauen in 1908 erinnerte. Kirche und Gesellschaft legten. Die Ge- schichte der Frauen in der Kirche ist ein Sie schreibt: „Bei aller Veränderung ist Ringen um Anerkennung und Teilhabe, die Maria Ward-Schule jedoch nie von ein Prozess, der noch lange nicht abge- n der Basis ihrer Grundsätze abgerückt und schlossen ist. JUNI 2019 sich so treu geblieben. Mädchen und ihre Andrea Litzenburger Fähigkeiten auszubilden und zu fördern n blieb über 250 Jahre lang, ganz im Sinne JESUITEN 5
SCH WER P UNK T Wo geben Jesuiten Macht ab? Die Überschrift, unter der ich diesen Ar- strukturen waren damals hierarchisch, tikel schreiben darf, lässt mich zunächst männlich und direktiv. Praktisch alle Lei- einmal darüber nachdenken, ob Leitung tungsämter waren von Jesuiten besetzt. mit Macht gleichzusetzen ist…?! Wohl Und dennoch – gerade diese Leitung hatte aber hat Leitung in diesem Fall mit der die Zeichen der Zeit richtig erkannt und Akzeptanz einer Leiterin in einem von sich darüber Gedanken gemacht, auch Männern dominierten Betrieb zu tun. Mädchen ins Internat aufzunehmen. Es lagen dafür kaum Erfahrungswerte Viele Jahre vor der Gründung des Mäd- vor – schon gar nicht in Sankt Blasien. cheninternates am Jesuitenkolleg St. Bla- Nach intensiven Überlegungen und einer sien 1989, waren Mädchen am Kolleg als Feldforschung entschied man sich 1988, externe Schülerinnen willkommen und das Internat für Mädchen zu öffnen: das Lehrerinnen gab es auch schon einige Jah- erste Mädcheninternat an einer Jesuiten- re, nachdem der Bedarf an Lehrkräften schule weltweit! nicht mehr nur durch Jesuiten abgedeckt werden konnte. Dennoch: Nach außen Nun war der Zeitpunkt gekommen, Macht wirkte das Kolleg als ein geschlossenes, ja abzugeben, denn dieser Mädchenabtei- beinahe elitäres System. lung sollte eine Frau vorstehen. Macht abgeben, hieß in diesem Fall: Vertrauen Im Internat waren damals beinahe 400 in diejenige Person haben, die diese Auf- Jungen untergebracht, damals noch in gabe übernehmen sollte. So wurde ich spartanisch eingerichteten Schlafsälen und zur stellvertretenden Internatsleiterin mit Großraumstudiersälen mit wenig Mög- Zuständigkeit für die Mädchen. Rückbli- lichkeit zur individuellen Entfaltung. So ckend kann ich sagen, dass ich insbeson- KIRCHE DER FRAUEN kam ich 1982 in diese Männerdomäne, wo dere in den ersten Jahren sehr viel Über- der Ton durchaus direkt und nicht immer zeugungsarbeit leisten musste. Meine sehr höflich war. Doch was schon damals Gründungsarbeit wurde stets sehr wertge- spürbar war: der Zusammenhalt der Kol- schätzt – aber ich hatte auch das Gefühl, legsfamilie war groß und eng. dass ich mir als Frau keine Fehler erlau- ben durfte. Da waren die Herren nicht im- n Internatspädagogik lernt man, gerade auch mer so kooperativ wie heute … JUNI 2019 als Lehrerin, die ich eigentlich bin, an kei- ner Universität und hier nun war ich mit Und dennoch: ich hatte im Bereich des n jesuitischer Pädagogik konfrontiert. Kla- Mädcheninternates stets viel Handlungs- JESUITEN rer Menschenverstand und konsequentes spielraum und Gestaltungsmöglichkeiten. Handeln waren hier gefragt. Die Leitungs- Der Internatsleiter – ein Jesuit – hat mich 6
© Paulo Suza photocase.com gestalten lassen. Die Mädchen waren zu- Internatsleiter „Generalpräfekt“ und die nächst wie schmückendes Beiwerk und es Internatspädagogen „Präfekten“) und leite KIRCHE DER FRAUEN dauerte einige Jahre, bis die Akzeptanz der somit als erst Frau überhaupt das Jesui- Mädchen in allen Bereichen angekommen teninternat am Kolleg Sankt Blasien. Dies war. Im Endeffekt hat sich die ganze Inter- war eine echte Wertschätzung für meine natsschule im positiven Sinne emanzipiert geleistete Arbeit und ein eindeutiges Zei- und heute ist es selbstverständlich, dass chen, dass Jesuiten „Macht“ bzw. „Füh- am Kolleg Mädchen und Jungen unter ei- rung“ auch abgeben können. Für dieses n nem Dach wohnen, allerdings mit klaren Vertrauen bin ich dankbar und hoffe sehr, JUNI 2019 und wertschätzenden Regelungen. dass es auch in Zukunft möglich sein wird, engagierte Frauen für diese Arbeit n Vor nahezu vier Jahren schließlich, wur- zu begeistern. JESUITEN de ich zur „Generalpräfektin“ befördert Marlies Woerz (bis in die 1990er Jahre nannte man den 7
SCH WER P UNK T Frauen in Leitungspositionen verhalten, wenn eine Frau dabei ist. Ulrike Gentner Seit über 20 Jahren engagiere ich mich in stellv. Direktorin Bildung und Beratung im säkularen und und Direktorin Bildung des Heinrich kirchlichen Raum für Geschlechterge- Pesch Hauses rechtigkeit. Ein Erfolgsfaktor ist aus mei- ner Sicht, wenn sich Frauen und Männer gemeinsam auf den Weg machen, und so Mit Rollenzuweisungen und stereotypen Stolpersteine, Hürden und Benefit reflektie- Bildern von Führung bin ich persönlich ren und bearbeiten. Es braucht die Weisheit wenig konfrontiert. Ich setze auf Kompe- aller Geschlechter, eine offene Unterneh- tenz, transparente Kommunikation und menskultur ist dabei Voraussetzung und Loyalität. Das beinhaltet Vertrauen, aber Fazit von mehr Vielfalt. Deutschland lag auch nach innen kritisch zu sein – und ich 2017 im internationalen Ranking auf Platz weiß, was ich gestalten will. Für mich müs- 12 bei der Gleichberechtigung (vgl. iwd sen mein Commitment sowie der bewusste März 2018). Umgang mit Macht, d.h. verantwortungs- voll führen und Sinn stiften – wofür wir Mir macht es Freude, Gleichberechtigung unternehmerisch da sind – authentisch sein. immer neu zu gestalten in dem Sinn, was genau die Würde als Person – auch in ihrer Johann Spermann SJ, Direktor des HPH, Geschlechtlichkeit – im jeweiligen Umfeld hat mir das Modell „Mixed Leadership“ ausmacht. ermöglicht, d.h. die teilweise komplemen tären Eigenschaften und Verhaltensweisen effektiv für das Bildungszentrum einzu- Daniela Engelhard, KIRCHE DER FRAUEN bringen. Aus Selbstreflexion und konkre- Leiterin des tem Feedback ist mir klar: mein Führungs- Seelsorgeamtes im stil ist situations- und personenorientiert Bistum Osnabrück und nutzt das Spektrum von klaren Ziel- vereinbarungen bis Partizipation – das unterscheidet sich nicht wesentlich vom Als Frau in einer kirchlichen Führungsposi- n Direktor der Institution. Ich bin skeptisch, tion erlebe ich viel Zusammenarbeit auf Au- JUNI 2019 wenn es heißt „typisch weiblicher“ oder genhöhe. Das Leitungsteam im Seelsorge- „typisch männlicher“ Führungsstil. Jede amt ist paritätisch mit Frauen und Männern n Führungskraft hat Stärken und Schwä- besetzt, während ich im engsten Beraterstab JESUITEN chen, es hängt vom Kontext ab, wie sich des Bischofs neben den Domkapitularen die diese auswirken. Im Detail kann das bei- einzige Frau bin. Aber hier wie dort arbeiten 8 spielsweise auch einmal bedeuten, dass wir als Team und suchen gemeinsam nach sich „Männer“ in der Diskussion anders dem richtigen Weg in die Zukunft. Ich bin
Susanne Hornberger, Chefredakteurin beteiligt an wichtigen Entscheidungsprozes- der Münchner sen, kann gestalten und arbeite verantwort- Kirchenzeitung lich in diözesanen Projekten und Gremien mit. Über die wachsende Zahl an Frauen in kirchlichen Führungspositionen freue ich Selbst Kollegen sahen mich verwundert mich, das Einzelkämpferdasein der ersten an. „Was? Du? Als Frau im Vatikan?“ Die- Jahre hat ein Ende. se Frage begleitete mich als ARD-Vatikan- Korrespondentin nach Rom. Und sie sollte Aber vielen Frauen geht es in der katholi- immer wieder auftauchen, bis heute. Auch schen Kirche anders. Frauen wird „noch als Chefredakteurin der Münchner Kirch- immer kein gleichwertiger Platz in der enzeitung ernte ich bei anderen mitunter Kirche eingeräumt“. So lauteten die Rück- verwunderte Blicke. Viele Menschen rei- meldungen aus etlichen Ländern im Vor- ben sich die Augen, wenn eine Frau in der feld der Jugendsynode im Vatikan. Es ist katholischen Kirche in leitender Funktion mir wichtig, mich für eine gerechtere Kir- tätig ist. Denn sie haben uralte Klischees che einzusetzen. Als wirkungsvoll erlebe und Vorurteile vor Augen. Dabei sieht ich das Engagement in einem kirchlichen die Realität doch schon lange anders aus: Mentoringprogramm für Frauen. Vieles, was in der Kirche passiert, wird von Frauen gemacht, organisiert, mitgetragen. Wo Frauen in Führung kommen, wer- Ohne kirchlich engagierte Frauen würde den alte Muster unterbrochen. Bestimm- die Kirche nicht existieren. Auch deshalb te Themen werden nicht mehr nur von gehen Geistliche mit Frauen in Leitungspo- Priestern verhandelt. Gerade im Umgang sitionen in der katholischen Kirche viel ent- mit der Missbrauchskrise erweist sich das spannter um, als viele Menschen „draußen“ als zwingend notwendig. In meiner Füh- denken. Es ist nichts Ungewöhnliches: Im rungsrolle bin ich in den letzten Jahren Erzbischöflichen Ordinariat in München noch wachsamer und kritischer gegen- sind bereits die Hälfte der Ressort-Chefs über jeglicher Form von Machtausübung weiblich. Kardinal Reinhard Marx ist es ein geworden. Wer leitet braucht Macht, muss Anliegen, Frauen zu fördern. Deshalb ist aber auch sein Leitungshandeln kritisch das Erzbistum München und Freising auch reflektieren und hinterfragen lassen. Ich für mich ein Glücksfall. bemühe mich um einen vertrauensvol- Mein Anliegen ist es, kirchliche Belange KIRCHE DER FRAUEN len, beteiligenden und verlässlichen Füh- nicht nur aus gläubiger oder allgemein rungsstil. gesellschaftspolitischer Perspektive jour- nalistisch aufzuarbeiten, sondern auch als Zugleich möchte ich angesichts der welt- Frau und Katholikin. Und so führe ich mein weiten Fälle von Machtmissbrauch in der Team: Auf der einen Seite entschlossen katholischen Kirche zu einem Weg der agieren, situationsbezogen reagieren, und n Erneuerung beitragen. So gestalten wir in dabei auf jeden einzelnen Mitarbeiter ein- JUNI 2019 unserem Bistum z.B. Modelle der geteilten gehen, ihn nach seinen Stärken einsetzen. Leitung. Männer und Frauen werden mit Woran es noch mangelt, und zwar über- n der Gemeindeleitung beauftragt. Grund- all, ist ein Netzwerk von Frauen, das sich JESUITEN legend dafür ist eine „Kultur der Acht- gegenseitig unterstützt und nicht be- und samkeit und Beteiligung“, besonders im verhindert. Denn nicht selten sind es Umgang mit Macht. Frauen, die andere Frauen am beruflichen 9 Aufstieg hindern.
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SC H W ER P UNK T Frauen übernehmen die Gemeinde Anfang 2012 wurde aus acht Gemeinden Viele Entscheidungen können wir selbst- die XXL-Pfarrei St. Ursula in Oberursel ständig treffen, für gemeindeübergreifen- und Steinbach. Nachdem absehbar war, de Angelegenheiten ist der Pfarrer verant- dass nicht mehr für jede Gemeinde eine wortlich. Es sind tausend kleine Dinge, die hauptamtliche Bezugsperson zur Verfü- in die Hand genommen werden müssen. gung stehen würde, wurde durch die Ini- Das geht nur, weil wir im Team gut zusam- tiative unseres fortschrittlich denkenden menarbeiten, denn Berufstätigkeit und Pfarrers eine ehrenamtliche Gemeindelei- Familienleben fordern viel Zeit. Alle sechs tung in Betracht gezogen. Als diese Idee bis acht Wochen treffen wir uns zu einem Gestalt annahm, ermutigte Pfarrer Andre- Dienstgespräch. Vieles wird per Email er- as Unfried uns aufgrund unserer Erfahrung ledigt oder nach dem sonntäglichen Got- im Pfarrgemeinderat und Ortsausschuss- tesdienst kurz besprochen. Klare Struktu- Vorstand, diese Aufgabe zu übernehmen. ren und Verantwortlichkeiten sowohl in Nach einer intensiven Phase der Vorberei- der Gemeinde vor Ort als auch in der Pfar- tung wurden wir 2016 für drei Jahre als Ge- rei sind ebenso wie eine gute Kommuni- meindeleitung im Team beauftragt. kation Voraussetzungen für das Gelingen dieser ehrenamtlichen Tätigkeit. Brauchen Seit dieser Zeit sind wir das Gesicht der wir als Team Hilfe, etwa in theologischen Gemeinde St. Petrus Canisius. Als eine Fragen oder in der Seelsorge, unterstützen Notlösung oder einen Ersatz für fehlende uns das Pastoralteam der Pfarrei sowie der Seelsorger verstehen wir uns keinesfalls. Pfarrer. Fort- und Weiterbildungsangebote Vielmehr sehen wir uns als Impulsgebe- können wir in Anspruch nehmen. rinnen und Gestalterinnen. Es geht nicht darum, irgendein Aktivitäten-Programm Die katholische Kirche ist zwar noch weit KIRCHE DER FRAUEN anzubieten. Es geht uns um das tiefere Wa- entfernt davon, Frauen für Weiheämter rum im Glauben und darum, für die Men- zuzulassen, aber wir sehen unsere Beauf- schen und ihre Anliegen da zu sein. Wir tragung als einen kleinen Schritt in die wollen nicht nur die vier Säulen der Kirche richtige Richtung. Mittlerweile gibt es in von Caritas, Verkündigung, Liturgie und unserer Pfarrei ein zweites Frauenteam als Gemeinschaft im Blick behalten, sondern Gemeindeleitung. Wir sind aus Taufe und n auch die Vision der Pfarrei St. Ursula von Firmung dazu befähigt, diesen Auftrag JUNI 2019 © axelbueckert photocase.com einer offenen, wertschätzenden, lebendi- wahrzunehmen und tun unseren Dienst, gen und gläubigen Kirche fördern. Wir bei aller notwenigen Arbeit, mit Freude n sind selbstverständlich bei vielem, was in und Begeisterung. JESUITEN der Gemeinde stattfindet, aktiv eingebun- Renate Kexel, Marcelline Schmidt vom den. Nur so sind wir beteiligt und behalten Hofe, Edith Schröder den Blick für das Ganze. (www.kath-oberursel.de) 11
SCH WER P UNK T Frauen als Priesterinnen: Ein Gespräch über Gewohnheit und Gerechtigkeit Ansgar Wucherpfennig SJ: und bekommen zur Antwort: „So Ladies, „Johannes Paul II. hat 1994 über Frauen Danke fürs Überbringen der Nachricht – im Priesteramt festgehalten: Die Kirche ab hier übernehmen wir!“ Die Karikatur „nimmt für sich nicht die Vollmacht in trifft den Nagel der Kirchengeschichte auf Anspruch“, Frauen zur Priesterweihe zu- den Kopf. Das Christentum war schon im- zulassen. Wenn ich es richtig verstehe, mer eine Frauenreligion – in der seit ihrer ist dies keine ausdrückliche Definition, Institutionalisierung die geweihten Män- sondern der Papst hat für die katholische ner das Sagen haben. Die Frage nach der Kirche eine Selbstbeschränkung festge- Weihe von Frauen ist keine theologische, halten: Gott hat der Kirche bislang nicht sie war und ist eine Machtfrage.“ die Vollmacht gegeben, Priesterinnen zu weihen. Kann und muss die Kirche Ansgar Wucherpfennig SJ: dann nicht aber folgerichtig auch Frauen „Warum tun sich aber dennoch nicht nur zu Weiheämtern zulassen, wenn sie den konservative Katholiken oft schwer mit Eindruck gewinnt, Gott verleiht ihr die der Vorstellung, dass eine Frau als Pries- Vollmacht dazu? Pater Luis Ladaria SJ, terin der Messe vorsteht? Ich vermute, das Präfekt der Glaubenskongregation, hat liegt auch an alt hergebrachten Archety- die Gründe gegen die Priesterweihe von pen: Paulus will seine Gemeinde wie eine Frauen 2018 in einem Schreiben der Braut zu Christus führen und warnt sie Glaubenskongregation noch einmal wie- davor, sich wie Eva verführen zu lassen. derholt. Aber hilft das ständige Wiederho- Die Kirche ist für Paulus selbstverständ- len der Argumente, wenn das Gespräch lich eine Frau, und Christus als Mann ihr KIRCHE DER FRAUEN in vielen Teilen der Kirche schon lange Bräutigam, ergo, so ein gewohnter Schluss: darüber hinweg ist und die Gesellschaft Auch ein Mann muss Christus als Priester darüber oft nur noch den Kopf schüttelt?“ vertreten. Es bedarf neuer Erfahrungen, um solche Bilder umzuprägen. Neulich war Judith Borg: ich in einem Kindermusical. Da wurde „Mich überzeugen diese Argumente Christus bei seiner Kreuzigung von einem n nicht – und haben es auch noch nie. Mir jungen Mädchen gespielt. Mit ihrem ein- JUNI 2019 fällt eine Karikatur ein, die ich letzte Wo- fühlsamen Spiel hat sie die Gemeinde als che auf Facebook gesehen habe: die drei Jesus überzeugt. Das hat meine Erfahrung n Frauen, die Zeuginnen und Überbringer von Christus bereichert. Wenn ein Kind JESUITEN der Auferstehung, stehen vor eben jenen im Schauspiel meinem Bild von Christus Aposteln, welche die Osterbotschaft be- einen neuen Impuls geben kann, warum 12 kanntlich für Frauengeschwätz hielten, sollte das nicht auch gehen, wenn Frauen
© Addictive Stock photocase.com das Christusereignis sakramental reprä- ein Hund = im Leben stehend) doch ge- sentieren? Sie würden die Beziehungen radezu ein Beweis für die überraschende vieler Glaubender zu Christus und seiner Modernität der katholischen Kirche zu Kirche vielfältiger und reicher machen, sein scheint. Mich allerdings ärgert die auch wenn ich mich wie viele andere dar- Ambivalenz meiner Kirche zunehmend: an erst noch gewöhnen müsste.“ Mädchen dürfen Messdienerin sein – of- KIRCHE DER FRAUEN fiziell seit 1983! – Frauen können Ge- Judith Borg: meinde- und Pastoralreferentin werden. „Unsere Diasporagemeinde kommt ohne Diakonin? – naja, irgendwann vielleicht... Frauen gar nicht mehr aus. Als Seelsor- Priesterin? – allein das Wort zu schreiben, gerin in der Diaspora komme ich immer fällt mir schon schwer. Ich frage mich, wieder in die Situation, erklären zu müs- warum ist das eigentlich so? Wir sind es n sen, warum es mich, bzw. meinen Beruf nicht gewohnt, auch viele Frauen sehen JUNI 2019 überhaupt gibt. Der Einfachheit halber gern einen Priester vorn, aber warum sol- speichern mich viele als die „Frau Pfarre- len sich Frauen und Männer dabei nicht n rin von den Katholiken“ an. Ich will das ergänzen. Wem würde es schaden? Es JESUITEN nicht mehr berichtigen. Zumal meine wäre gerecht, für alle ein Gewinn. Eine Existenz (Pastoralreferentin, im Pfarrhaus schon längst überfällige Korrektur der wohnend, verheiratet, zwei Kinder und Kirchengeschichte im Sinne Jesu.“ 13
SCH WER P UNK T Die Zukunftsvision einer Frau für ihre Kirche Frauen werden in der katholischen Kirche positioniert sich gegen die Moderne, sie behandelt, als seien sie ein hoch gefährli- will nicht von dieser Welt sein. Wahrheit ist ches, gerade erst entdecktes Gefahrengut. nicht Mehrheit, lautet eine Weisheit von Jo- Immer neue Kommissionen untersuchen seph Ratzinger und seinen Jüngern. Was in ausdauernd, was es mit diesen anderen, vom einem weltlichen Kontext – etwa vor dem Mann abweichenden Wesen auf sich hat. Hintergrund von Artikel 3 des Grundge- Das Ergebnis ist immer dasselbe: Das We- setzes – Diskriminierung aufgrund des sen ist der Weihe nicht würdig. Gleich- Geschlechts genannt werden muss, wird in wertig, aber nicht gleichartig, lautet die der Una Sancta als „wahre Gleichheit“ der Lehrformel. Wer dennoch die Gleichbe- Geschlechter verbrämt. rechtigung in Ämtern fordert, bekommt Vorwürfe von der Sorte zu hören: Kniefall Man stelle sich nur für einen Moment vor, vor dem Zeitgeist! Verrat am katholischen die katholische Kirche ließe tatsächlich Markenkern! Ungehorsam gegenüber Jesus vom nächsten Sonntag an die bisher ausge- Christus und seinen Stellvertretern. schlossene Hälfte der Menschheit zu allen Ämtern und Diensten zu. „Das wäre die Tote Frauen wie Hildegard von Bingen und Spaltung!“, riefen dann die Pessimisten. Maria Magdalena kommen zu höchsten Sie verweisen auf die Weltkirche, auf die Ehren. Sie werden Kirchenlehrerin und kulturellen Unterschiede in dieser globalen Apostelin der Apostel mit eigenem Feier- Institution, auf die Länder in Afrika, die tag. Maria, die Gottesmutter, stehe ohnehin „noch nicht so weit sind“. Die Optimisten höher als jeder Bischof, erklärt Papst Fran- dagegen dürften jubeln: „Was für ein Zei- ziskus bei vielen Gelegenheiten. Lebende chen!“ Endlich kuscht die katholische Kir- Katholikinnen haben es deutlich schwerer. che nicht mehr vor den Patriarchen dieses KIRCHE DER FRAUEN Auch wenn in lehramtlichen Dokumenten Planeten, endlich passt sie sich nicht mehr Päpste und Präfekten der Glaubenskongre- dem global dominierenden Macho-Zeit- gation die Gleichwürdigkeit und Gleichwer- geist an, endlich redet sie nicht mehr Be- tigkeit der Frau betonen: Das Misstrauen, nachteiligung als göttliches Gebot schön. ja die Verachtung gegenüber den „anderen Wesen“ sitzt im hohen Klerus tief. In mo- Es ist schwer, sich im Kirchenrecht unter n dernen Demokratien folgen aus gleicher der Ziffer 1024 den Satz: „Die Heilige Wei- JUNI 2019 Würde die gleichen Rechte. Doch die ka- he empfängt gültig eine getaufte Person“ tholische Kirche ist keine Demokratie, sie statt „ein getaufter Mann“ vorzustellen. n JESUITEN 14
Kein Bischof hat sich diesen Satz auf die nen. Verbale Veränderungsbereitschaft bei Fahne geschrieben. Die Frauen, die dafür gleichzeitiger Verhaltensstarre ist eine kreis- streiten, sind abgekämpft. Im Laufe der laufschonende Lebensweise. Kirchengeschichte wurden immer neue Gründe gegen eine völlige Gleichberech- Es fehlt nicht nur Geschlechtergerechtig- tigung der Frau gefunden. Seit nicht mehr keit, es fehlt auch Ehrlichkeit. Die wahren öffentlich und offiziell von der Minderwer- Gründe für die Verachtung der Frauen tigkeit des Weibes geredet werden konnte und die Überbetonung der Männlichkeit – das dauerte bis zur Mitte des 20. Jahr- Jesu werden nicht genannt. Es gibt auch hunderts –, muss die Männlichkeit Jesu als keinen Weiberaufstand, der zunächst Ehr- Hauptausschlusskriterium herhalten. Weil lichkeit und dann Gerechtigkeit einfordert. das Theologinnen und Theologen nur mä- Den meisten enttäuschten Katholikinnen ßig überzeugt, erging 1994 ein päpstliches und Katholiken ist die Kirche nicht einmal Machtwort. Vorgetragen wurde es im Ges- mehr Empörung wert. Wer noch nicht das tus der Ohnmacht. Gemäß dem Schreiben Weite gesucht hat, versucht in einer Nische Ordinatio Sacerdotalis von Papst Johannes ein paar Freiräume zu nutzen und Sinnvol- Paul II. ist die Kirche nicht befugt, Frauen zu les zu tun. Ein Anfang vom Aufstand wäre es Priesterinnen zu weihen. Die Tür ist zu, hö- schon, die Verhältnisse nicht mehr schönzu- ren alle, die gegen die Mauer anrennen und reden, an die weibliche Geduld oder das ver- auf ein Schlupfloch hoffen seit nunmehr 25 tiefte Verständnis der Lehre zu appellieren. Jahren. Türsteherposten sind Machtposten. Ein Anfang vom Aufstand wäre es, die Dis- Die Deutsche Bischofskonferenz hat sich kriminierung Diskriminierung zu nennen eine Frauenquote verordnet, der Erzbi- und die Herren dazu zu bringen, ihre Grün- KIRCHE DER FRAUEN schof von München und Freising denkt de offen zu legen. Fürchten sie Frauen? Oder laut über eine Generalvikarin nach, die befürchten sie Machtverlust und Verände- vatikanischen Museen werden von einer rung? Glauben sie zutiefst daran, dass Jesus Direktorin geleitet. Jede Maßnahme wird sich hat kreuzigen lassen, um Priesterinnen mit dem Unterton verkündet: Mädels, was zu verhindern? Kaum zu glauben, dass wollt ihr denn noch mehr? Warum muss Frauenfeinde Menschenfreunde sein sollen. n es denn unbedingt die Weihe sein? Mit JUNI 2019 Christiane Florin Frauenförderplänen werden lauter Bypäs- se gelegt, um die Klerikerherzen zu scho- n JESUITEN 15
SCH WER P UNK T Frauen im Domkapitel Das kann ja heiter werden: „Weihbischof ist Solche Kapitel als Leitungsorgane mit dem für Frauen im Domkapitel“. So die Balken- Bischof gibt es in Deutschland und Europa, Überschrift auf der Titelseite unserer Kir- weniger in anderen Teilen der Weltkirche. chenzeitung (03.02.19) im Bistum Müns- Die Kapitel haben allerdings ein unter- ter. Mit „Weihbischof “ war ich gemeint. schiedliches Format und sind personell Im Mittelteil der Zeitung ganzseitig das unterschiedlich besetzt. Aus einer langen Interview mit der Überschrift: „Wir brau- Tradition handelt es sich um eine Gruppe chen eine lebbare Sexualmoral“. Wegen der von Priestern, die vor allem für die pries- Folgen einer schweren Krebserkrankung terlichen und liturgischen Dienste in der musste ich mich (71) als Weihbischof eme- Bischofskirche zu sorgen hat. ritieren lassen. Die Kirchenzeitung fragte nach meinen Zukunftsvorstellungen für Die Tür zur Priesterweihe ist Frauen ver- die Erneuerung und Weiterentwicklung schlossen (wobei die Argumente gegen die der Kirche auf dem Hintergrund der mo- Frauenordination konstruiert wirken und mentan sehr schwierigen Situation. kaum noch überzeugen). Weibliche Dom- kapitulare wird es aus rechtlichen Gründen „Frauen im Domkapitel“ war von mir der (die hier einzeln nicht dargestellt werden Hinweis, dass die Stellung der Frau in der können) in absehbarer Zeit nicht geben. Kirche ein zentrales Thema für die Erneu- erung der Kirche ist. Das war schon lange Aber als „Mitglieder“ im Domkapitel in mir lebendig in der Perspektive des ge- könnten Frauen mitentscheiden bei Ange- meinsamen Priestertums aller Getauften. legenheiten, in denen das Domkapitel als Entscheidungsgremium für Finanz- und Das Domkapitel als Zeichen habe ich be- Rechtsgeschäfte im Bistum entscheidet, in KIRCHE DER FRAUEN wusst gewählt, weil Frauen als „Mitglie- Fragen von Kunst und Veranstaltungen im der“ im Kapitel damit praktisch in die Dom, also in den mit dem Weiheamt nicht Nähe des Weiheamtes gerückt werden. Im unmittelbar verbundenen Aufgaben. Bei Blick ist das Domkapitel in Münster, das den rein priesterlichen Aufgaben wären sie mit zehn Priestern/Weihbischöfen aus der beratend tätig. Auf diese Art und Weise sogenannten Bistumsleitung besetzt ist. wäre der männliche Binnenzirkel der n Dazu kommen für die Bischofswahl nach Kirche, das rein Männer-Bündische auf- JUNI 2019 dem Konkordat noch sechs nichtresidie- gebrochen. rende Domkapitulare (Priester). n JESUITEN 16
© alvarez_iStock.com Frauen verändern das Miteinander, haben en stellt, die dann zusammen den neuen eine andere Gesprächskultur, eine andere Bischof wählen (nach dem Preußen-Kon- Qualität in der Beratung, gehen an The- kordat).“ Dem Staat ist das rechtlich egal. men anders heran… KIRCHE DER FRAUEN Frauen im Domkapitel: Hierfür müsste Der Münsteraner Kirchenrechtler Prof. dann in den Diözesen ein Weg rechtlich Thomas Schüller, der mein Anliegen po- abgestimmt werden, wie Frauen „Mitglie- sitiv aufgriff, aber u. a. kritisierte, dass ich der“ im Kapitel werden können. nur von beratender Funktion für Frauen spräche – was ich hier schon weiterent- Auf Dauer müsste man wahrscheinlich n wickle – machte einen interessanten Vor- etwas Anderes schaffen als die jetzigen JUNI 2019 schlag in dem Zusammenhang: „Ein Vor- Domkapitel, die sich auf dem Hintergrund schlag (für Münster) wäre, dass man für einer anderen Zeit entwickelten. n die Wahl des neuen Bischofs an deren Seite JESUITEN Dieter Geerlings (der 16 Domkapitulare) 16 erfahrene Frau- 17
SCH WER P UNK T Die Zukunftsvision eines Provinzials für seinen Orden Ich erinnere mich lebendig an die Begeg- „Zukunftsvision Jesuiten und Frauen“, nungen meines Noviziatsjahrgangs Mitte so die mir gestellte Aufgabe. Ich kann der 80er Jahre mit den Novizinnen der nicht redlich Antwort geben ohne den Missionsärztlichen Schwestern. Sie haben vermeintlich banalen Hinweis, dass ich uns in Münster besucht; wir haben sie in als Oberer schreibe, Oberer eines Män- ihrer Kommunität in Essen besucht. Wir nerordens und als Priester der Kirche. haben gemeinsam gebetet und Messe ge- Und ich ergänze ausdrücklich, dass ich feiert, wir haben diskutiert und uns zu gern und leidenschaftlich Jesuit und unseren Erfahrungen mit den Exerzitien Priester bin. Wenn ich also heute deut- ausgetauscht. Das war gut. Es war herz- lich mehr Rechte für Frauen in der Kir- lich, unkompliziert und es lag ein ebenso che fordere und endlich auch nicht nur unausgesprochenes wie unaussprechbares erkennbare, sondern auch wirkmächti- Versprechen in der Luft. Ich meine mich zu ge Schritte in Richtung Anteilhabe von erinnern, dass auch die Novizenmeisterin Frauen am Weiheamt, dann ist mir die und der Novizenmeister, die das ja initiiert Spannung dieser Forderung bewusst hatten, großes Gefallen an diesem Mit- und auch die ambivalente Rolle aus der he- einander hatten. Diese Spur hat sich ver- raus ich dies tue. Ich kenne die Aussagen loren; Gründe dafür weiß ich nicht. Nun der kirchlichen Lehre, achte sie, ja verteidige ist das gar nicht der Auftrag, den die Re- sie. Und doch höre ich auch deutlich Papst daktion mir für den Artikel hier gegeben Franziskus, der das Quasi-Redeverbot, hat, aber es ist diese Erinnerung, die sich aufhebt und die Diskussion um das Frau- ganz weit nach vorn drängt, wenn ich mich en-Diakonat angeordnet hat. Am Ende, KIRCHE DER FRAUEN an die gestellte Aufgabe mache. Ich frage so muss ich nach Betrachtung aller Argu- mich also zunächst, wie sähe der Orden mente aus Schrift und Tradition festhal- heute aus, wenn wir vom Noviziat an, sehr ten, überzeugt mich die Fixierung auf das viel enger mit Frauen zusammen reflek- Geschlecht bei der Zulassung zur Weihe tieren, beten, arbeiten und leben würden? nicht; eine einleuchtende Anthropologie Wie würde sich unser Leben in Gemein- der Geschlechter, die das hergibt, ist mir n schaft nach den Gelübden der Armut, der nicht bekannt. JUNI 2019 Keuschheit und des Gehorsams darstellen und verändern? Sind wir eigentlich neu- Jesuiten und Frauen. Was soll ich sagen? n gierig fragend nach den Erfahrungen, die Ich wünsche mir sowohl in unserer Aus- JESUITEN andere (oft jüngere) Gemeinschaften mit bildung und vor allem in all „unseren“ solchen Modellen machen? Werken enge und gute Zusammenarbeit 18
mit Frauen und ich sehe ja, dass dies schon und Mitarbeitern, aber auch im Bereich vielfach sehr gut und auch völlig unkom- von Beratung, Compliance und Kontrol- pliziert geschieht. Ich erlebe aber auch, le deutlich mehr Frauen in Verantwor- dass Frauen sich viel zu wenig bewerben tung holen als bisher. Da ist noch Luft auf Leitungsstellen in unseren Institutio- nach oben. Ich sehe zudem, dass ich und nen. Das darf uns allerdings in einer „Män- wir noch reichlich Übungsbedarf haben nerkirche“, also dort wo Macht unnötig oft in Kooperation, Teamwork und Zusam- an das Amt gebunden und also sakralisiert menarbeit auf allen Ebenen. Die Chefin wird, nicht wirklich verwundern. des Schulseelsorgers am Canisius-Kolleg, ein Jesuitenpater, ist natürlich die Schul- Wir sind als Orden ein „Männer-Verein“, leiterin. Alle Mitbrüder werden sagen: na bei uns sind nur Männer Mitglieder. Da- klar, kein Problem. Ich habe aber tatsäch- her ist wirkliche Beteiligung an Entschei- lich einigen Zweifel, ob das so klar ist, ob dungsstrukturen tatsächlich schwierig. das in unserem Selbstbild tatsächlich kein Auch der nächste und übernächste Pro- Problem ist. Wir haben noch Luft nach vinzial wird ein Mann sein; alles andere oben. Ich bin zuversichtlich, dass wir vo- ist Augenwischerei. Ich sehe meine Ver- rankommen. antwortung aber durchaus darin, dass wir Johannes Siebner SJ sowohl im Bereich der Mitarbeiterinnen © mimagephotography shutterstock.com 19
SCH WER P UNK T Frauen an der Hochschule für Philosophie? Männerdomäne Jesuitenorden sich zunächst für die Philosophie begeistern Im Herbst 1971 siedelte das Studienhaus der konnten, in den Debatten nicht wieder.] Au- Jesuiten von Pullach nach München um. ßerdem verlassen Frauen die Philosophie, Seitdem studiert eine wachsende Zahl von weil Rollenmodelle fehlen. Philosophinnen Nichtjesuiten an der Hochschule. Knapp die werden nur in Ausnahmefällen gewürdigt. Hälfte der Studierenden sind mittlerweile Alle großen Strömungen und Schulen sind Frauen. Doch leider nimmt der Frauenanteil entweder nach Männern benannt oder ge- über die verschiedenen Qualifikationsstufen hen auf „Gründungsväter“ zurück. Von vie- (vom Bachelor bis zur Habilitation) deutlich len wird auch ein fachkultureller Habitus, ab. Entsprechend langsam ändert sich die mit aggressiven Diskussionsstilen und aus- Zusammensetzung des Lehrkörpers. Weite- geprägtem Konkurrenzverhalten für die re Gründe sind, dass an der Hochschule als niedrige Frauenquote in der Philosophie Jesuitenhochschule Angehörige des Ordens verantwortlich gemacht. Nicht zu vergessen unterrichten. Die Beschäftigung von Nicht- ist, dass die familiäre Fürsorgearbeit Frauen jesuiten erfordert auch eine bessere finanzi- immer noch stärker einschränkt als Männer. elle Ausstattung als der Einsatz von Ordens- leuten. So dauerte es nach dem Umzug noch Schritte in die Zukunft einmal 35 Jahre, bis der erste Nichtjesuit Alledem versucht die Forderung nach Ge- zum Professor ernannt wurde. schlechtergerechtigkeit zu begegnen. Dabei handelt es sich nicht um eine Frage der Höf- Männerdomäne Philosophie lichkeit, sondern um einen gesetzlich ver- Dass sich unter den Professoren an der ankerten Auftrag. An staatlichen Einrich- Hochschule bislang keine Frau befindet, tungen hat sich in den letzten Jahren mehr ist wiederum für die Philosophie nicht un- getan als an der Hochschule. Die Frauen ABERGEISTER typisch. Historisch betrachtet ist sie män- treffen sich zwar regelmäßig zu einer Voll- nerzentriert, auch wenn vorgeblich jenseits versammlung. Aber hier gibt es überhaupt geschlechtlicher Identitäten gearbeitet und erst seit 2017 offiziell eine Gleichstellungs- n vom Menschen an sich, dem Selbst oder dem beauftragte. Die Ernennung der ersten Pro- MÄRZ 2019 Sein gesprochen wurde. Dabei wird oft un- fessorin, wenngleich nicht unbefristet, steht terschlagen, dass in der Philosophie männli- hoffentlich unmittelbar bevor. che Perspektiven auf die Dinge dominieren. Mara-Daria Cojocaru & Georg Sans SJ n [Deshalb finden sich manche Frauen, die JESUITEN 20
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GEI S TL I CH ER I MP U L S Freude Wenn junge Menschen nach einem kirch- unseren Gottesdiensten im Allgemeinen lichen Freiwilligeneinsatz in Afrika oder gewohnt sind. Bei uns sind Gottesdienste Lateinamerika zurück nach Deutschland eher getragen, schon auch feierlich, aber kommen, dann ist für sie oftmals die Freu- eben nicht so, dass die Funken sprühen. de, die sie in den Gottesdiensten und Ge- meindezentren erlebt haben, ein bleiben- Allgemein ist mein Eindruck, dass es im- der Eindruck. Obwohl – oder vielleicht mer dann, wenn die Rede auf Gott und den gerade weil – die äußeren Lebensumstände Glauben kommt, sehr ernst wird. Das mag viel ärmlicher und auch härter sind als die natürlich mit der allgemeinen Kirchenkri- Lebenswirklichkeit in Deutschland, feiern, se zusammenhängen, aber nicht nur. Vor singen, tanzen und freuen sich die Gläu- einiger Zeit kam in geselliger Runde die bigen viel ausdrücklicher, als wir das in Rede auf den Sinn des Lebens und was © Addictive Stock photocase.com 22
Gott denn für unser Leben vorhat, was er bleibe. Dies habe ich euch gesagt, damit mei- von uns erwartet. Klar, ein großes und in ne Freude in euch ist und damit eure Freu- sich schweres Thema, aber die Stimmung de vollkommen wird“ (Joh 15,9-11). Den war eben auch sofort sehr ernst. Ich habe kritischen Lesern oder Leserinnen mag da mich dabei zu folgender Aussage hinrei- gleich wieder das „Wenn“ ins Auge stechen, ßen lassen: „Gott will, dass wir im Leben aber das ist nicht das Entscheidende. Viel Spaß haben!“ Jetzt rollen Sie vielleicht mit mehr sind wir zunächst und vor allem dazu den Augen, aber damit war zunächst ein gerufen, an der Freude Gottes teilzuhaben. Konterpunkt gesetzt. Selbstverständlich meine ich nicht – und das habe ich auch Wie kann es gelingen, dass wir uns im erklärt – einen billigen Spaß, schon gar Glauben aus dem Evangelium – der fro- nicht auf Kosten von anderen. Es geht mir hen Botschaft – immer mehr auf die Freu- vielmehr um eine von Gott geschenkte, de ausrichten und der Freude mehr Raum tiefe und ehrliche Freude am Leben – und geben? Das kann z.B. dadurch beginnen, wenn es noch so viele Herausforderungen dass ich mir Jesus als Menschen mit ei- mit sich bringt. Wechseln wir zur Ver- nem Lächeln vorstelle: Einfach die Augen deutlichung die Perspektive: Ich kann mir schließen und sich Jesus mit einem Lä- nicht vorstellen, dass Gott uns zum Leiden cheln oder sogar mit lautem, von Freude erschaffen hat. Das bedeutet nicht, dass es erfülltem Lachen vorstellen. Davon gibt kein Leid gibt und schon gar nicht, dass es nur wenige Darstellungen in unserer Gott dieses Leid ignoriert. Die Annahme sakralen, vom Kreuz oftmals dominierten des Kreuzes durch Jesus mit all dem ver- Kunstgeschichte. Zudem bin ich mir rela- bundenen Leid zeigt uns, wie sehr Gott tiv sicher, dass jeder von uns einen Men- selbst leidensbereit ist, aber das ist nicht schen kennt, der sehr froh durchs Leben das Ziel Gottes. Sein Ziel ist es, Leben zu geht – ob alt oder jung. Sprechen Sie diesen schaffen: Das sehen wir in seiner Schöp- doch einmal an und fragen, warum das so fung und das erfahren die Jünger und wir ist, was für ihn oder sie die Grundlage der KIRCHE DER FRAUEN in der Auferstehung Jesu. Die Beziehung Freude im Leben darstellt. Oder ich gehe Gottes zu seiner Schöpfung und zu einem an die Dinge heran, die mir die Freude rau- und einer jeden ganz persönlich besteht ben: Will ich denen wirklich so viel Macht in der Liebe und damit ganz natürlicher- über mein Leben geben, oder sollten sie weise in der Freude. Jesus selbst gibt das nicht doch etwas zurechtgestutzt werden? seinen Jüngern in der sogenannten Ab Ihnen selbst fallen sicherlich auch noch n schiedsrede im Johannesevangelium ganz ein paar Möglichkeiten ein, wie die Freude JUNI 2019 eindrücklich mit auf den Weg: „Wie mich in unserem Leben sichtbarer und strahlen- der Vater geliebt hat, so habe auch ich euch der werden kann. Denn dazu sind wir be- n geliebt. Bleibt in meiner Liebe! Wenn ihr rufen: An der Freude Gottes teilzuhaben, JESUITEN meine Gebote haltet, werdet ihr in meiner verbunden mit ihm und mit einem Leben, Liebe bleiben, so wie ich die Gebote meines das selbst in die Ewigkeit hineinreicht. Vaters gehalten habe und in seiner Liebe Hans-Martin Rieder SJ 23
NACH R I CH TEN Neues aus dem Jesuitenorden Mertes mit Doktorwürde geehrt nung seines Mutes, auch gegen Wider- stände beharrlich für Aufklärung einzu- Für das Aufdecken und Aufarbeiten se- treten“. Missbrauch dürfe in der Kirche xueller Gewalt in der katholischen Kirche keinen Platz haben, so der Bischof. Es sei Deutschlands hat Klaus Mertes SJ die Eh- auch das Verdienst von Mertes, „dass wir rendoktorwürde der Universität Freiburg uns heute unserer Verantwortung für die erhalten. Die Theologische Fakultät zeich- Opfer sexuellen Missbrauchs stärker be- nete den 64-Jährigen am Mittwochabend wusst sind und alles tun, um den Betroffe- „für die hartnäckige Arbeit an der Auf- nen gerecht zu werden und neue Vorfälle klärung des Missbrauchsskandals“ aus. zu verhindern“. „Er hat nicht nur durch sein praktisches Engagement, sondern maßgeblich auch Jesuiten ziehen sich aus durch seine theologischen Analysen die Kosovo zurück systemischen Gründe des Skandals aufge- deckt“, so Laudator Magnus Striet. Die drei Provinziäle der Jesuitenprovin- Der Freiburger Erzbischof Stephan Burger zen Österreich (P. Bernhard Bürgler SJ), erklärte, er habe die Ehrung von Mertes Deutschland (P. Johannes Siebner SJ) und unterstützt, „als Ausdruck der Anerken- Kroatien ( P. Dalibor Renic SJ) haben Mitte Copyright: Wolfgang Mayer KIRCHE DER FRAUEN n JUNI 2019 n JESUITEN Klaus Mertes (rechts) und Ferdinand Prostmeier, Prodekan der Theologischen Fakultät, bei der 24 Verleihung der Ehrendoktorwürde.
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