Kirche der Frauen - Gratis-Abonnement Jesuiten Bestellkarte bitte - Jesuiten.org

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                                                                                                   ISSN 1613-3889
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                                                                                                                         Kirche
                                                                              www.jesuiten.org                      der Frauen
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                                                                                                           in Deutschland                         IMPRESSUM

                                               Ausgabe Juni/2019                                                                                  JESUITEN
                                                                                                                                                  Informationen
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                                                                                                                                                  der Jesuiten
                                                                                                                                                  an unsere Freunde
                                                                                                                                                  und Förderer
                                          1   Editorial                                                                                           70. Jahrgang 2019/2

                                                                                                                                                  ISSN 1613-3889
                                         		Schwerpunkt                                                                                            Herausgeber
                                                                                                                                                  und Copyright:
                                          2   Jesus und die Frauen                                                                                © Deutsche Provinz
                                          4   „Mary Ward war eine starke Frau“                                                                    der Jesuiten K.d.ö.R.
                                                                                                                                                  Redaktionsleitung:
                                          6   Wo geben Jesuiten Macht ab?                                                                         Tobias Zimmermann SJ
                                                                                                                                                  Redaktion:
                                                                                                                                                                                                                                                                                                             Gratis-Abonnement
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                                                                                                                                                                             senden Sie Ihren Widerruf an redaktion@jesuiten.org
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                                                                                                                                                                             Hiermit stimme ich zu, dass die Deutsche Provinz der Jesuiten meine oben

                                                                                                                                                                                                                                                             Datum

                                                                                                                                                                                                                                                                                PLZ

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                                                                                                                                                                                                                                                                                                         Vorname

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                   Name

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                                                                                                                                                                                                                                                                                                                          Jesuiten in n 1 / n 5 / n 10 / n 20 Exemplar/e
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                          Bitte senden Sie kostenlos die Publikation

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Titelbild Collage © joseyyo estudio                                                                                                               (Chefin vom Dienst)
                                         11   Frauen übernehmen die Gemeinde                                                                      Holger Adler SJ
                                         12	Frauen als Priesterinnen: Ein Gespräch                                                               Christian Braunigger SJ
Wenn diese Ausgabe der „Jesuiten“                                                                                                                 Dag Heinrichowski SJ
sich mit Frauen und ihren unter-             über Gewohnheit und Gerechtigkeit                                                                    Stefan Hofmann SJ
schiedlichen Rollen in der Kirche        14   Die Zukunftsvision einer Frau für ihre Kirche
                                                                                                                                                  Marco Hubrig SJ
                                                                                                                                                  Clemens Kascholke SJ
beschäftigt, bildet sie einen Spiegel.                                                                                                            Sebastian Maly SJ
                                         16   Frauen im Domkapitel

                                                                                                                                                                                                                                                             Unterschrift

                                                                                                                                                                                                                                                                                Ort
Sie reflektiert: Was tut sich da? Wo                                                                                                              Fabian Moos SJ
gibt es Aufbrüche – oder gar Rück-       18   Die Zukunftsvision eines Provinzials für seinen Orden                                               Björn Mrosko SJ
                                                                                                                                                  Claus Recktenwald SJ
schritte? Was denken, fühlen und         29   Frauen an der Hochschule für Philosophie?                                                           Mathias Rugel SJ
wünschen sich Frauen und Männer                                                                                                                   Stefan Weigand
                                                                                                                                                  (Bildredaktion)
für sich und voneinander? Wohin
bricht die Kirche auf?
Die Bildmotive in diesem Heft sind
                                         		 Geistlicher Impuls                                                                                    Anschrift:
                                                                                                                                                  Redaktion JESUITEN
                                         22   Freude                                                                                              Kaulbachstraße 29a
auch Spiegel-Konstellationen:                                                                                                                     80539 München
Sie bringen Jahrhunderte zusammen,                                                                                                                Tel 089 38185-213
stellen alte und neue Frauenbilder       		Nachrichten                                                                                            Fax 089 38185-200
                                                                                                                                                  redaktion@jesuiten.org
gegenüber und verbinden so Themen,       24   Neues aus dem Jesuitenorden                                                                         www.jesuiten.org
Gedanken, Ansichten, Wünsche,
Sehnsüchte. Mal entsteht so ein          		Personalien                                                                                            Satz und Reproduktionen:
                                                                                                                                                  Martina Weininger,
Kontrast, mal eine Ähnlichkeit. Und      28   Jubilare                                                                                            München
so stellen die Bilder der Betrach­

                                                                                                                                                                                80539 München

                                                                                                                                                                                                                                      Kaulbachstraße 29a

                                                                                                                                                                                                                                                                            der Gesellschaft Jesu e.V.
                                                                                                                                                                                                                                                                            Freunde
                                                                                                                                                                                                                                                                            Sekretariat
terin und dem Betrachter die Frage:      28   Verstorbene                                                                                         Druck:
                                                                                                                                                  Gebrüder Geiselberger
Wie sehe ich mich eigentlich selbst?                                                                                                              GmbH, Altötting
                                         		Buch                                                                                                   Printed in Germany
Stefan Weigand
                                         29   Alex Lefrank: Die vielen Entscheidungen und das eine Leben                                          Erscheinungsweise:
                                                                                                                                                  Viermal im Jahr
                                         		Vorgestellt                                                                                            Abonnement kostenlos

                                         30   Mehr als nur Philosophie studieren                                                                  Nachdruck nach
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                                         33   Die besondere Bitte                                                                   Jesuiten in
                                         34   Autoren dieser Ausgabe                                                                Schweden
                                                                                                                                      Stockholm
                                         37   Standorte der Jesuiten in Deutschland                                                   Uppsala

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                           freimachen,
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                           falls Marke
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                             zur Hand

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                               Bitte
Kirche der Frauen - Gratis-Abonnement Jesuiten Bestellkarte bitte - Jesuiten.org
E D I TO R IAL

Liebe Leserinnen, liebe Leser,                Schwierig gestaltete sich auch der Titel:
                                              Wie soll das Heft heißen? Frauen in der Kir-
Frauen wollen in der Kirche gleichbe-         che? Frauen außerhalb der Kirche? Kirche
rechtigt mitwirken, wollen sie mitgestal-     und die Frauen oder einfach nur Frauen?
ten und auch verkünden. Initiativen wie       Es ist nun Kirche der Frauen geworden.
„Maria 2.0“ haben uns dies in den letzten     Nicht, weil es eine eigene Kirche der Frauen
Wochen eindrücklich gezeigt und bieten        gäbe – wohl aber weil die eine uni­versale
eine Debatte an. Dabei zeigt sich, auch die   Kirche auch eine Kirche der Frauen ist.
Männer wollen es.                             Das zeigen auch die Artikel der zahlrei-
                                              chen Autorinnen und Autoren: Frauen
Aber wir geben auch zu, dass wir uns mit      sind existenzieller Bestandteil der Kirche.
diesem Heft schwer getan haben! Was ha-
ben wir gerungen und abgewogen. Getreu        Schwierig war dann auch die Autorensuche:
dem Motto Karl Valentins „Es ist schon        nicht wenige konnten oder wollten zu die-
alles gesagt nur noch nicht von allen…“       sem Thema nichts schreiben. Vielleicht
haben wir verworfen, umentschieden und        stehen all diese Schwierigkeiten nicht nur
immer wieder neu überlegt: Braucht es ein     in Zu­ sammenhang mit diesem Thema,
Jesuiten-Heft zum Thema Frauen? Kann          sondern mit der insgesamt schwierigen
ein Heft eines Männerordens über Frauen       – ja, krisen­haften – Situation der katholi-
schreiben? Es war kompliziert und den-        schen Kirche.
noch: wir haben es getan und waren froh,
dass unsere Öffentlichkeitsreferentin Pia     Nun aber halten Sie dieses Heft in der Hand
Dyckmans ein Teil dieser Redaktion ist.       und wir sind froh, dass es uns gelungen ist,
                                              nicht etwa eine „Kampfschrift“ zu produ-
Schwierig gestaltete sich der Inhalt: Wo-     zieren, in welcher schon oft gesagtes wie-
rüber wollen wir schreiben? Wollen wir        derholt wird. Nein: Dank der Autorinnen
lamentieren oder wir resignieren, dass        und Autoren gelang ein Dreischritt von
vieles so mühsam ist? Oder zusammen-          der Vergangenheit zur Gegenwart zu Per-
tragen, was wir an Geschichte und Ge-         spektiven der Zukunft des Themas: Frau-
schichten zu diesem Thema schon haben:        en und die katholische Kirche.
                                                                                             KIRCHE DER FRAUEN

gute wie weniger gute. Hoffnungsvolle wie
weniger froh machende. Schauen was ist,       Wir wünschen Ihnen viel Freude und An-
was es schon einmal gab und wohin wir         regung beim Lesen dieses Heftes!
gemeinsam gehen könnten.
                                                                                                 n
                                                                                             JUNI 2019
                                                                                                 n
                                                                                             JESUITEN

       Holger Adler SJ           Pia Dyckmans            Marco Hubrig SJ                          1
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                    Jesus und die Frauen
                    Beginnen wir mit Maria von Magdala: Sie         Sollen sie in dem ihnen zugeteilten häus-
                    ist in allen vier Evangelien (!) ausdrücklich   lichen Rahmen (Martha) bleiben? Oder
                    als Zeugin der Verhaftung, Kreuzigung,          dürfen sie, nachdem sie das Evangelium
                    Grablegung und Auferstehung genannt.            gehört haben, es als Befreiung aus dieser
                    Die mit ihr erwähnte Frauengruppe als Teil      Rolle auffassen (Maria) und selbst Verkün-
                    der Jesusbewegung auf dem Weg von Ga-           digerinnen werden? Lukas lässt Jesus selbst
                    liläa nach Jerusalem ist jeweils mit unter-     sprechen und entscheiden: „Maria hat den
                    schiedlichen Namen besetzt; ihr Name ist        guten Teil gewählt, der wird ihr nicht ge-
                    durchgängig. Dieses Zeugnis allein hätte        nommen werden“. Leider ist es dabei nicht
                    schon genügen müssen, den Frauen in den         geblieben; den Frauen wurde recht bald
                    Gemeinden und der späteren Kirche ihre          mit dem Aufstieg der Jesusbewegung zur
                    Verkündigungs- und Leitungsfunktionen           organisierten Religion und später Reichs-
                    zu begründen und zu bewahren. Wenn              religion diese Möglichkeit sehr wohl ge-
                    Frauen eigens Erwähnung finden in einem         nommen. In seiner Apostelgeschichte gibt
                    ansonsten männlich geprägten Text, dann         Lukas wieder, dass die erste Gemeinde-
                    war ihre Bedeutung herausragend. Frauen         gründung auf europäischem Boden in einer
                    der späteren Jesusgruppen und -gemein-          reinen Frauengruppe geschieht, Lydia ist
                    den beriefen sich auf Maria von Magdala,        ihre mutige Sprecherin (Apg 16). Auch
                    um ihre Verkündigung und Lei­          tungs­   die Jüngerin Tabitha ist Mittelpunkt der
                    funktionen gegenüber Anfeindungen zu            Bewegung, die vielen zu ihrem Glauben an
                    verteidigen. Leider sind weitere Zeugnis-       den Messias verhilft. Sie hatte eine Witwen­
                    se über Maria von Magdala nur noch in           gruppe in ihrem Haus versammelt, um die
                    gnostisch geprägten Evangelien zu finden.       sie sich liebevoll (sogar mit Nadel und Fa-
                    Aber es scheint trotzdem durch, dass sie        den!) kümmerte – das darf und kann nicht
KIRCHE DER FRAUEN

                    ihrer Verkündigung einen eigenen Akzent         sterben. Deshalb wird sie wieder auferweckt
                    gab, der in Widerspruch geriet zur „Pet-        und kann sich weiter in den Dienst des
                    ruslinie“, die sich in einigen frühen Ge-       Messias stellen – mit großer Wirkung, wie
                    meinden durchzusetzen begann. Es gibt           der Text anschaulich wiedergibt.
                    viele Phantasien über ihre Beziehung zu
                    Jesus, die meisten sind geprägt von Ro-         Paulus, der erste Textzeuge, durfte jahr-
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                    mantik oder Kitsch und verdunkeln ihre          hundertelang als Frauenfeind diffamiert
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                    wirkliche Bedeutung.                            werden. Das negative Urteil über ihn
                                                                    und seine angebliche Zurückweisung der
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                    Auch die Geschichte von Maria und Mar-          Frauen speist sich vor allem aus den
JESUITEN

                    tha (Lk 10) ist ein Nachhall auf die Bedeu-     sogenannten Pastoralbriefen, die nicht
                    tung von Frauen in der Jesusbewegung.           von Paulus stammen. Sie spiegeln die Kon-
    2               Hintergrund ist der Konflikt um ihre Rolle:     flikte um die Zurückdrängung der Frauen
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in der frühen Christenheit wieder. Paulus      nicht einverstanden und der dadurch
selbst erwähnt mehrfach, dass er den Mes-      entstandene Ehekrach nicht mehr zu kit-
sias mit Hilfe einer Frau (Priska, die immer   ten ist. Die Grußliste in Römerbrief 16
vor ihrem Mann Aquila genannt wird)            lässt erkennen, wie vielfältig und mutig
kennengelernt hat. Er verlässt sich bei den    ihr Einsatz für das Evangelium war. Die
Gruppengründungen in den zentralen             Kirche muss die folgenschwere Entwer-
Städten des römischen Reiches auf die          tung der Frauen endlich beenden. Nur so
Ver­kündigungs- und Leitungstätigkeit von      findet sie zu Jesus zurück und heraus aus
Frauen und nimmt sie in Schutz. Dabei          der männlichen Gewaltkultur, die immer
erlaubt er ihnen sogar die Ehescheidung        weniger akzeptiert wird.
(1 Kor 7), für den Fall, dass der Ehemann      Jutta Lehnert
mit ihrem Engagement in der Gemeinde

                                                                                           © Halfpoint iStock.com

                                                                                                                    ABERGEISTER
                                                                                                                       n
                                                                                                                    MÄRZ 2019
                                                                                                                       n
                                                                                                                    JESUITEN

                                                                                                                      3
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                    „Mary Ward war eine starke Frau“
                    „Sie war eine starke Frau, und wir werden     stellen wollte und weil sie sich als Frau
                    hier zu starken Mädchen erzogen.“ So ant-     nicht unterordnen wollte. Für Frauen galt
                    worteten Schülerinnen meines Geschichts-      vor 400 Jahren: „O marito, o muro“ ent-
                    kurses an der Mainzer Maria Ward-Schule       weder einen Mann oder die Mauer. Beides
                    spontan auf meine Frage, welche Bedeu-        lehnte sie ab.
                    tung für sie Mary Ward habe.
                                                                  In einer Ansprache an ihre Gefährtinnen
                    Der Feminismus ist eine moderne Bewe-         im Jahr 1617 in St. Omer skizzierte sie das
                    gung und sicherlich wird man Mary Ward        Verhältnis von Mann und Frau: „Es gibt
                    nicht gerecht, wenn man sie als Feministin    keinen solchen Unterschied zwischen
                    postuliert. Aber sie war in ihrer Zeit eine   Männern und Frauen. Deshalb ist die
                    ganz ungewöhnliche, unangepasste Frau.        Ursache nicht, dass wir Frauen sind, son-
                    Sie wuchs auf im Zeitalter der Kon­fes­       dern, wie ich vorhin sagte, dass wir un-
                    sionskriege in England Ende des 16. Jahr­     vollkommene Frauen sind und nicht die
                    hunderts. Der religiöse Konflikt ließ sie     Wahrheit lieben, sondern Lügen nachlau-
                    nach ihrem Weg suchen, den sie über           fen. Veritas Domini manet in aeternum;
                    Umwege fand. Es war nicht der Frauen-         die Wahrheit unseres Herrn währt im-
                    orden in der Klausur, sondern sie wollte      merdar. Es ist nicht veritas hominum, die
                    in der Welt wirken stets im Vertrauen auf     Wahrheit der Männer oder die Wahrheit
                    Gott. Das einmal Erkannte setzte sie mit      der Frauen, sondern veritas domini. Diese
                    großer Konsequenz um und ließ sich            Wahrheit können Frauen ebenso haben
                    durch Rückschläge und Verleumdungen           wie Männer. Wenn wir versagen, kommt
                    nicht von ihrem Weg abbringen. Dieser         das von einem Mangel an Wahrheit und
                    führte sie nicht aus der Kirche, sondern      nicht davon, dass wir Frauen sind. …
KIRCHE DER FRAUEN

                    sie ging in der Kirche neue Wege, indem       Ich hoffe zu Gott, man wird sehen, dass
                    sie mehr Chancengleichheit für Frauen         Frauen in der kommenden Zeit viel tun
                    durch Bildung anstrebte und umsetzte.         werden.“ (Drei Ansprachen Mary Wards,
                    Insbesondere wandte sie sich den armen        gehalten in St. Omer 1617. In: Spiritualität
                    und benachteiligten Mädchen zu, indem         Konkret 2018, S. 29ff)
                    sie Schulen gründete.
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                                                                  Vielfach herrschte Angst, dass mit der Er­
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                    Mary Ward geriet in einen Konflikt mit der    ziehung in den Instituten der Englischen
                    Amtskirche und dem Papst, weil sie ihren      Fräulein Frauen den ihnen zustehenden
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                    Orden mit dem Orden der Jesuiten gleich-      Rahmen überschreiten könnten. In den
JESUITEN

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Anklagepunkten der Kurie gegen Mary           Maria Wards, das Kernziel der Schule,
Ward wurde der Vorwurf der Vermittlung        die auch durch die Zeiten die christlichen
der lateinischen Sprache, des Theater Spie-   Grundwerte im ,Menschsein für andere‘
lens und der Rhetorik erhoben. Dank ihrer     bewahrte.“
Beharrlichkeit und ihres Gottvertrauens,
das Mary Ward auch an ihre Mitschwes-         Auch die heutige Generation von Schü-
tern und Nachfolgerinnen weitergab, hielt     lerinnen sieht dieses Erbe. Die Idee der
ihr Lebenswerk Rückschlägen stand. Die        Gleichberechtigung kommt für sie in der
von ihr gegründeten Schulen hatten Zu-        Förderung der MINT-Fächer zum Aus-
kunft, einfach, weil sie gut waren, so gut,   druck, sie sehen den Wert der Persönlich-
dass die Mary Ward-Schwestern dann im         keitsentwicklung, die für sie noch vor der
17. und 18. Jahrhundert gefragte Schul-       Wissensvermittlung steht, viele betonen
frauen wurden, die 1752 schließlich auch      den respektvollen Umgang miteinander
nach Mainz gerufen wurden.                    in der Schulgemeinschaft und schätzen
                                              den seit diesem Schuljahr Freitags einge-
Die Maria Ward-Schulen haben Wand-            führten ignatianischen Wochenrückblick.
lungen und Entwicklungen durchge-             Wichtig ist für sie, den Mitmenschen zu
macht. Damit beschäftigte sich 2008 Me-       helfen, sich für andere einzusetzen, so wie
lissa Schuh, die in ihrer Facharbeit an der   am sozialen Tag im Juni 2019, an dem je-
Mainzer Maria Ward-Schule dem Thema           de Schülerin sich eine „Arbeit“ sucht, de-
„Erziehung in der Tradition der Maria         ren Erlös an die Partnerschule der Maria
Ward“ nachging und den ersten Preis           Ward-Schwestern in Afrika geht.
gewann beim Wettbewerb des Bistums
Mainz „Frauenbild – Frauenbildung: 100        Es waren Ordensfrauen wie Mary Ward
                                                                                            KIRCHE DER FRAUEN

Jahre Abitur für Mädchen“, der an die         oder Angela Merici, die das Fundament
preußische Mädchenschulreform von             zur Chancengerechtigkeit für Frauen in
1908 erinnerte.                               Kirche und Gesellschaft legten. Die Ge-
                                              schichte der Frauen in der Kirche ist ein
Sie schreibt: „Bei aller Veränderung ist      Ringen um Anerkennung und Teilhabe,
die Maria Ward-Schule jedoch nie von          ein Prozess, der noch lange nicht abge-
                                                                                                n

der Basis ihrer Grundsätze abgerückt und      schlossen ist.
                                                                                            JUNI 2019

sich so treu geblieben. Mädchen und ihre      Andrea Litzenburger
Fähigkeiten auszubilden und zu fördern
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blieb über 250 Jahre lang, ganz im Sinne
                                                                                            JESUITEN

                                                                                                5
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                    Wo geben Jesuiten Macht ab?
                    Die Überschrift, unter der ich diesen Ar-       strukturen waren damals hierarchisch,
                    tikel schreiben darf, lässt mich zunächst       männlich und direktiv. Praktisch alle Lei-
                    einmal darüber nachdenken, ob Leitung           tungsämter waren von Jesuiten besetzt.
                    mit Macht gleichzusetzen ist…?! Wohl            Und dennoch – gerade diese Leitung hatte
                    aber hat Leitung in diesem Fall mit der         die Zeichen der Zeit richtig erkannt und
                    Akzeptanz einer Leiterin in einem von           sich darüber Gedanken gemacht, auch
                    Männern dominierten Betrieb zu tun.             Mädchen ins Internat aufzunehmen.
                                                                    Es lagen dafür kaum Erfahrungswerte
                    Viele Jahre vor der Gründung des Mäd-           vor – schon gar nicht in Sankt Blasien.
                    cheninternates am Jesuitenkolleg St. Bla-       Nach intensiven Überlegungen und einer
                    sien 1989, waren Mädchen am Kolleg als          Feldforschung entschied man sich 1988,
                    externe Schülerinnen willkommen und             das Internat für Mädchen zu öffnen: das
                    Lehrerinnen gab es auch schon einige Jah-       erste Mädcheninternat an einer Jesuiten-
                    re, nachdem der Bedarf an Lehrkräften           schule weltweit!
                    nicht mehr nur durch Jesuiten abgedeckt
                    werden konnte. Dennoch: Nach außen              Nun war der Zeitpunkt gekommen, Macht
                    wirkte das Kolleg als ein geschlossenes, ja     abzugeben, denn dieser Mädchenabtei-
                    beinahe elitäres System.                        lung sollte eine Frau vorstehen. Macht
                                                                    abgeben, hieß in diesem Fall: Vertrauen
                    Im Internat waren damals beinahe 400            in diejenige Person haben, die diese Auf-
                    Jungen untergebracht, damals noch in            gabe übernehmen sollte. So wurde ich
                    spartanisch eingerichteten Schlafsälen und      zur stellvertretenden Internatsleiterin mit
                    Großraumstudiersälen mit wenig Mög-             Zuständigkeit für die Mädchen. Rückbli-
                    lichkeit zur individuellen Entfaltung. So       ckend kann ich sagen, dass ich insbeson-
KIRCHE DER FRAUEN

                    kam ich 1982 in diese Männerdomäne, wo          dere in den ersten Jahren sehr viel Über-
                    der Ton durchaus direkt und nicht immer         zeugungsarbeit leisten musste. Meine
                    sehr höflich war. Doch was schon damals         Gründungsarbeit wurde stets sehr wertge-
                    spürbar war: der Zusammenhalt der Kol-          schätzt – aber ich hatte auch das Gefühl,
                    legsfamilie war groß und eng.                   dass ich mir als Frau keine Fehler erlau-
                                                                    ben durfte. Da waren die Herren nicht im-
    n

                    Internatspädagogik lernt man, gerade auch       mer so kooperativ wie heute …
JUNI 2019

                    als Lehrerin, die ich eigentlich bin, an kei-
                    ner Universität und hier nun war ich mit        Und dennoch: ich hatte im Bereich des
    n

                    jesuitischer Pädagogik konfrontiert. Kla-       Mädcheninternates stets viel Handlungs-
JESUITEN

                    rer Menschenverstand und konsequentes           spielraum und Gestaltungsmöglichkeiten.
                    Handeln waren hier gefragt. Die Leitungs-       Der Internatsleiter – ein Jesuit – hat mich
   6
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gestalten lassen. Die Mädchen waren zu-       Internatsleiter „Generalpräfekt“ und die
nächst wie schmückendes Beiwerk und es        Internatspädagogen „Präfekten“) und leite
                                                                                                KIRCHE DER FRAUEN

dauerte einige Jahre, bis die Akzeptanz der   somit als erst Frau überhaupt das Jesui-
Mädchen in allen Bereichen angekommen         teninternat am Kolleg Sankt Blasien. Dies
war. Im Endeffekt hat sich die ganze Inter-   war eine echte Wertschätzung für meine
natsschule im positiven Sinne emanzipiert     geleistete Arbeit und ein eindeutiges Zei-
und heute ist es selbstverständlich, dass     chen, dass Jesuiten „Macht“ bzw. „Füh-
am Kolleg Mädchen und Jungen unter ei-        rung“ auch abgeben können. Für dieses
                                                                                                    n

nem Dach wohnen, allerdings mit klaren        Vertrauen bin ich dankbar und hoffe sehr,
                                                                                                JUNI 2019

und wertschätzenden Regelungen.               dass es auch in Zukunft möglich sein
                                              wird, engagierte Frauen für diese Arbeit
                                                                                                    n

Vor nahezu vier Jahren schließlich, wur-      zu begeistern.
                                                                                                JESUITEN

de ich zur „Generalpräfektin“ befördert       Marlies Woerz
(bis in die 1990er Jahre nannte man den
                                                                                                    7
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SCH WER P UNK T

                    Frauen in Leitungspositionen
                                                                   verhalten, wenn eine Frau dabei ist.
                                        Ulrike Gentner             Seit über 20 Jahren engagiere ich mich in
                                        stellv. Direktorin
                                                                   Bildung und Beratung im säkularen und
                                        und Direktorin
                                        Bildung des Heinrich       kirchlichen Raum für Geschlechterge-
                                        Pesch Hauses               rechtigkeit. Ein Erfolgsfaktor ist aus mei-
                                                                   ner Sicht, wenn sich Frauen und Männer
                                                                   gemeinsam auf den Weg machen, und so
                    Mit Rollenzuweisungen und stereotypen          Stolpersteine, Hürden und Benefit reflektie-
                    Bildern von Führung bin ich persönlich         ren und bearbeiten. Es braucht die Weisheit
                    wenig konfrontiert. Ich setze auf Kompe-       aller Geschlechter, eine offene Unterneh-
                    tenz, transparente Kommunikation und           menskultur ist dabei Voraussetzung und
                    Loyalität. Das beinhaltet Vertrauen, aber      Fazit von mehr Vielfalt. Deutschland lag
                    auch nach innen kritisch zu sein – und ich     2017 im internationalen Ranking auf Platz
                    weiß, was ich gestalten will. Für mich müs-    12 bei der Gleichberechtigung (vgl. iwd
                    sen mein Commitment sowie der bewusste         März 2018).
                    Umgang mit Macht, d.h. verantwortungs-
                    voll führen und Sinn stiften – wofür wir       Mir macht es Freude, Gleichberechtigung
                    unternehmerisch da sind – authentisch sein.    immer neu zu gestalten in dem Sinn, was
                                                                   genau die Würde als Person – auch in ihrer
                    Johann Spermann SJ, Direktor des HPH,          Geschlechtlichkeit – im jeweiligen Umfeld
                    hat mir das Modell „Mixed Leadership“          ausmacht.
                    ermöglicht, d.h. die teilweise komplemen­
                    tären Eigenschaften und Verhaltensweisen
                    effektiv für das Bildungszentrum einzu-                               Daniela Engelhard,
KIRCHE DER FRAUEN

                    bringen. Aus Selbstreflexion und konkre-                              Leiterin des
                    tem Feedback ist mir klar: mein Führungs-                             Seelsorgeamtes im
                    stil ist situations- und personenorientiert                           Bistum Osnabrück
                    und nutzt das Spektrum von klaren Ziel-
                    vereinbarungen bis Partizipation – das
                    unterscheidet sich nicht wesentlich vom        Als Frau in einer kirchlichen Führungsposi-
    n

                    Direktor der Institution. Ich bin skeptisch,   tion erlebe ich viel Zusammenarbeit auf Au-
JUNI 2019

                    wenn es heißt „typisch weiblicher“ oder        genhöhe. Das Leitungsteam im Seelsorge-
                    „typisch männlicher“ Führungsstil. Jede        amt ist paritätisch mit Frauen und Männern
    n

                    Führungskraft hat Stärken und Schwä-           besetzt, während ich im engsten Beraterstab
JESUITEN

                    chen, es hängt vom Kontext ab, wie sich        des Bischofs neben den Domkapitularen die
                    diese auswirken. Im Detail kann das bei-       einzige Frau bin. Aber hier wie dort arbeiten
    8               spielsweise auch einmal bedeuten, dass         wir als Team und suchen gemeinsam nach
                    sich „Männer“ in der Diskussion anders         dem richtigen Weg in die Zukunft. Ich bin
Susanne Hornberger,
                                                                     Chefredakteurin
beteiligt an wichtigen Entscheidungsprozes-                          der Münchner
sen, kann gestalten und arbeite verantwort-                          Kirchenzeitung
lich in diözesanen Projekten und Gremien
mit. Über die wachsende Zahl an Frauen in
kirchlichen Führungspositionen freue ich      Selbst Kollegen sahen mich verwundert
mich, das Einzelkämpferdasein der ersten      an. „Was? Du? Als Frau im Vatikan?“ Die-
Jahre hat ein Ende.                           se Frage begleitete mich als ARD-Vatikan-
                                              Korrespondentin nach Rom. Und sie sollte
Aber vielen Frauen geht es in der katholi-    immer wieder auftauchen, bis heute. Auch
schen Kirche anders. Frauen wird „noch        als Chefredakteurin der Münchner Kirch-
immer kein gleichwertiger Platz in der        enzeitung ernte ich bei anderen mitunter
Kirche eingeräumt“. So lauteten die Rück-     verwunderte Blicke. Viele Menschen rei-
meldungen aus etlichen Ländern im Vor-        ben sich die Augen, wenn eine Frau in der
feld der Jugendsynode im Vatikan. Es ist      katholischen Kirche in leitender Funktion
mir wichtig, mich für eine gerechtere Kir-    tätig ist. Denn sie haben uralte Klischees
che einzusetzen. Als wirkungsvoll erlebe      und Vorurteile vor Augen. Dabei sieht
ich das Engagement in einem kirchlichen       die Realität doch schon lange anders aus:
Mentoringprogramm für Frauen.                 Vieles, was in der Kirche passiert, wird von
                                              Frauen gemacht, organisiert, mitgetragen.
Wo Frauen in Führung kommen, wer-             Ohne kirchlich engagierte Frauen würde
den alte Muster unterbrochen. Bestimm-        die Kirche nicht existieren. Auch deshalb
te Themen werden nicht mehr nur von           gehen Geistliche mit Frauen in Leitungspo-
Priestern verhandelt. Gerade im Umgang        sitionen in der katholischen Kirche viel ent-
mit der Missbrauchskrise erweist sich das     spannter um, als viele Menschen „draußen“
als zwingend notwendig. In meiner Füh-        denken. Es ist nichts Ungewöhnliches: Im
rungsrolle bin ich in den letzten Jahren      Erzbischöflichen Ordinariat in München
noch wachsamer und kritischer gegen-          sind bereits die Hälfte der Ressort-Chefs
über jeglicher Form von Machtausübung         weiblich. Kardinal Reinhard Marx ist es ein
geworden. Wer leitet braucht Macht, muss      Anliegen, Frauen zu fördern. Deshalb ist
aber auch sein Leitungshandeln kritisch       das Erzbistum München und Freising auch
reflektieren und hinterfragen lassen. Ich     für mich ein Glücksfall.
bemühe mich um einen vertrauensvol-           Mein Anliegen ist es, kirchliche Belange
                                                                                              KIRCHE DER FRAUEN

len, beteiligenden und verlässlichen Füh-     nicht nur aus gläubiger oder allgemein
rungsstil.                                    gesellschafts­politischer Perspektive jour-
                                              nalistisch aufzuarbeiten, sondern auch als
Zugleich möchte ich angesichts der welt-      Frau und Katholikin. Und so führe ich mein
weiten Fälle von Machtmissbrauch in der       Team: Auf der einen Seite entschlossen
katholischen Kirche zu einem Weg der          agieren, situationsbezogen reagieren, und
                                                                                                  n

Erneuerung beitragen. So gestalten wir in     dabei auf jeden einzelnen Mitarbeiter ein-
                                                                                              JUNI 2019

unserem Bistum z.B. Modelle der geteilten     gehen, ihn nach seinen Stärken einsetzen.
Leitung. Männer und Frauen werden mit         Woran es noch mangelt, und zwar über-
                                                                                                  n

der Gemeindeleitung beauftragt. Grund-        all, ist ein Netzwerk von Frauen, das sich
                                                                                              JESUITEN

legend dafür ist eine „Kultur der Acht-       gegenseitig unterstützt und nicht be- und
samkeit und Beteiligung“, besonders im        verhindert. Denn nicht selten sind es
Umgang mit Macht.                             Frauen, die andere Frauen am beruflichen           9
                                              Aufstieg hindern.
10
SC H W ER P UNK T

                               Frauen übernehmen die Gemeinde
                               Anfang 2012 wurde aus acht Gemeinden          Viele Entscheidungen können wir selbst-
                               die XXL-Pfarrei St. Ursula in Oberursel       ständig treffen, für gemeindeübergreifen-
                               und Steinbach. Nachdem absehbar war,          de Angelegenheiten ist der Pfarrer verant-
                               dass nicht mehr für jede Gemeinde eine        wortlich. Es sind tausend kleine Dinge, die
                               hauptamtliche Bezugsperson zur Verfü-         in die Hand genommen werden müssen.
                               gung stehen würde, wurde durch die Ini-       Das geht nur, weil wir im Team gut zusam-
                               tiative unseres fortschrittlich denkenden     menarbeiten, denn Berufstätigkeit und
                               Pfarrers eine ehrenamtliche Gemeindelei-      Familienleben fordern viel Zeit. Alle sechs
                               tung in Betracht gezogen. Als diese Idee      bis acht Wochen treffen wir uns zu einem
                               Gestalt annahm, ermutigte Pfarrer Andre-      Dienstgespräch. Vieles wird per Email er-
                               as Unfried uns aufgrund unserer Erfahrung     ledigt oder nach dem sonntäglichen Got-
                               im Pfarrgemeinderat und Ortsausschuss-        tesdienst kurz besprochen. Klare Struktu-
                               Vorstand, diese Aufgabe zu übernehmen.        ren und Verantwortlichkeiten sowohl in
                               Nach einer intensiven Phase der Vorberei-     der Gemeinde vor Ort als auch in der Pfar-
                               tung wurden wir 2016 für drei Jahre als Ge-   rei sind ebenso wie eine gute Kommuni-
                               meindeleitung im Team beauftragt.             kation Voraussetzungen für das Gelingen
                                                                             dieser ehrenamtlichen Tätigkeit. Brauchen
                               Seit dieser Zeit sind wir das Gesicht der     wir als Team Hilfe, etwa in theologischen
                               Gemeinde St. Petrus Canisius. Als eine        Fragen oder in der Seelsorge, unterstützen
                               Notlösung oder einen Ersatz für fehlende      uns das Pastoralteam der Pfarrei sowie der
                               Seelsorger verstehen wir uns keinesfalls.     Pfarrer. Fort- und Weiterbildungsangebote
                               Vielmehr sehen wir uns als Impulsgebe-        können wir in Anspruch nehmen.
                               rinnen und Gestalterinnen. Es geht nicht
                               darum, irgendein Aktivitäten-Programm         Die katholische Kirche ist zwar noch weit
                                                                                                                           KIRCHE DER FRAUEN

                               anzubieten. Es geht uns um das tiefere Wa-    entfernt davon, Frauen für Weiheämter
                               rum im Glauben und darum, für die Men-        zuzulassen, aber wir sehen unsere Beauf-
                               schen und ihre Anliegen da zu sein. Wir       tragung als einen kleinen Schritt in die
                               wollen nicht nur die vier Säulen der Kirche   richtige Richtung. Mittlerweile gibt es in
                               von Caritas, Verkündigung, Liturgie und       unserer Pfarrei ein zweites Frauenteam als
                               Gemeinschaft im Blick behalten, sondern       Gemeindeleitung. Wir sind aus Taufe und
                                                                                                                               n

                               auch die Vision der Pfarrei St. Ursula von    Firmung dazu befähigt, diesen Auftrag
                                                                                                                           JUNI 2019
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                               einer offenen, wertschätzenden, lebendi-      wahrzunehmen und tun unseren Dienst,
                               gen und gläubigen Kirche fördern. Wir         bei aller notwenigen Arbeit, mit Freude
                                                                                                                               n

                               sind selbstverständlich bei vielem, was in    und Begeisterung.
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                               der Gemeinde stattfindet, aktiv eingebun-     Renate Kexel, Marcelline Schmidt vom
                               den. Nur so sind wir beteiligt und behalten   Hofe, Edith Schröder
                               den Blick für das Ganze.                      (www.kath-oberursel.de)                       11
SCH WER P UNK T

                    Frauen als Priesterinnen: Ein Gespräch
                    über Gewohnheit und Gerechtigkeit
                    Ansgar Wucherpfennig SJ:                       und bekommen zur Antwort: „So Ladies,
                    „Johannes Paul II. hat 1994 über Frauen        Danke fürs Überbringen der Nachricht –
                    im Priesteramt festgehalten: Die Kirche        ab hier übernehmen wir!“ Die Karikatur
                    „nimmt für sich nicht die Vollmacht in         trifft den Nagel der Kirchengeschichte auf
                    Anspruch“, Frauen zur Priesterweihe zu-        den Kopf. Das Christentum war schon im-
                    zulassen. Wenn ich es richtig verstehe,        mer eine Frauenreligion – in der seit ihrer
                    ist dies keine ausdrückliche Definition,       Institutionalisierung die geweihten Män-
                    sondern der Papst hat für die katholische      ner das Sagen haben. Die Frage nach der
                    Kirche eine Selbstbeschränkung festge-         Weihe von Frauen ist keine theologische,
                    halten: Gott hat der Kirche bislang nicht      sie war und ist eine Machtfrage.“
                    die Vollmacht gegeben, Priesterinnen
                    zu weihen. Kann und muss die Kirche            Ansgar Wucherpfennig SJ:
                    dann nicht aber folgerichtig auch Frauen       „Warum tun sich aber dennoch nicht nur
                    zu Weiheämtern zulassen, wenn sie den          konservative Katholiken oft schwer mit
                    Eindruck gewinnt, Gott verleiht ihr die        der Vorstellung, dass eine Frau als Pries-
                    Vollmacht dazu? Pater Luis Ladaria SJ,         terin der Messe vorsteht? Ich vermute, das
                    Präfekt der Glaubenskongregation, hat          liegt auch an alt hergebrachten Archety-
                    die Gründe gegen die Priesterweihe von         pen: Paulus will seine Gemeinde wie eine
                    Frauen 2018 in einem Schreiben der             Braut zu Christus führen und warnt sie
                    Glaubenskongregation noch einmal wie-          davor, sich wie Eva verführen zu lassen.
                    derholt. Aber hilft das ständige Wiederho-     Die Kirche ist für Paulus selbstverständ-
                    len der Argumente, wenn das Gespräch           lich eine Frau, und Christus als Mann ihr
KIRCHE DER FRAUEN

                    in vielen Teilen der Kirche schon lange        Bräutigam, ergo, so ein gewohnter Schluss:
                    darüber hinweg ist und die Gesellschaft        Auch ein Mann muss Christus als Priester
                    darüber oft nur noch den Kopf schüttelt?“      vertreten. Es bedarf neuer Erfahrungen, um
                                                                   solche Bilder umzuprägen. Neulich war
                    Judith Borg:                                   ich in einem Kindermusical. Da wurde
                    „Mich überzeugen diese Argumente               Christus bei seiner Kreuzigung von einem
    n

                    nicht – und haben es auch noch nie. Mir        jungen Mädchen gespielt. Mit ihrem ein-
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                    fällt eine Karikatur ein, die ich letzte Wo-   fühlsamen Spiel hat sie die Gemeinde als
                    che auf Facebook gesehen habe: die drei        Jesus überzeugt. Das hat meine Erfahrung
    n

                    Frauen, die Zeuginnen und Überbringer          von Christus bereichert. Wenn ein Kind
JESUITEN

                    der Auferstehung, stehen vor eben jenen        im Schauspiel meinem Bild von Christus
                    Aposteln, welche die Osterbotschaft be-        einen neuen Impuls geben kann, warum
12                  kanntlich für Frauengeschwätz hielten,         sollte das nicht auch gehen, wenn Frauen
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das Christusereignis sakramental reprä-      ein Hund = im Leben stehend) doch ge-
sentieren? Sie würden die Beziehungen        radezu ein Beweis für die überraschende
vieler Glaubender zu Christus und seiner     Modernität der katholischen Kirche zu
Kirche vielfältiger und reicher machen,      sein scheint. Mich allerdings ärgert die
auch wenn ich mich wie viele andere dar-     Ambivalenz meiner Kirche zunehmend:
an erst noch gewöhnen müsste.“               Mädchen dürfen Messdienerin sein – of-
                                                                                           KIRCHE DER FRAUEN

                                             fiziell seit 1983! – Frauen können Ge-
Judith Borg:                                 meinde- und Pastoralreferentin werden.
„Unsere Diasporagemeinde kommt ohne          Diakonin? – naja, irgendwann vielleicht...
Frauen gar nicht mehr aus. Als Seelsor-      Priesterin? – allein das Wort zu schreiben,
gerin in der Diaspora komme ich immer        fällt mir schon schwer. Ich frage mich,
wieder in die Situation, erklären zu müs-    warum ist das eigentlich so? Wir sind es
                                                                                               n

sen, warum es mich, bzw. meinen Beruf        nicht gewohnt, auch viele Frauen sehen
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überhaupt gibt. Der Einfachheit halber       gern einen Priester vorn, aber warum sol-
speichern mich viele als die „Frau Pfarre-   len sich Frauen und Männer dabei nicht
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rin von den Katholiken“ an. Ich will das     ergänzen. Wem würde es schaden? Es
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nicht mehr berichtigen. Zumal meine          wäre gerecht, für alle ein Gewinn. Eine
Existenz (Pastoralreferentin, im Pfarrhaus   schon längst überfällige Korrektur der
wohnend, verheiratet, zwei Kinder und        Kirchengeschichte im Sinne Jesu.“             13
SCH WER P UNK T

                    Die Zukunftsvision einer Frau für ihre Kirche
                    Frauen werden in der katholischen Kirche       positioniert sich gegen die Moderne, sie
                    behandelt, als seien sie ein hoch gefährli-    will nicht von dieser Welt sein. Wahrheit ist
                    ches, gerade erst entdecktes Gefahrengut.      nicht Mehrheit, lautet eine Weisheit von Jo-
                    Immer neue Kommissionen untersuchen            seph Ratzinger und seinen Jüngern. Was in
                    ausdauernd, was es mit diesen anderen, vom     einem weltlichen Kontext – etwa vor dem
                    Mann abweichenden Wesen auf sich hat.          Hintergrund von Artikel 3 des Grundge-
                    Das Ergebnis ist immer dasselbe: Das We-       setzes – Diskriminierung aufgrund des
                    sen ist der Weihe nicht würdig. Gleich-        Geschlechts genannt werden muss, wird in
                    wertig, aber nicht gleichartig, lautet die     der Una Sancta als „wahre Gleichheit“ der
                    Lehrformel. Wer dennoch die Gleichbe-          Geschlechter verbrämt.
                    rechtigung in Ämtern fordert, bekommt
                    Vorwürfe von der Sorte zu hören: Kniefall      Man stelle sich nur für einen Moment vor,
                    vor dem Zeitgeist! Verrat am katholischen      die katholische Kirche ließe tatsächlich
                    Markenkern! Ungehorsam gegenüber Jesus         vom nächsten Sonntag an die bisher ausge-
                    Christus und seinen Stellvertretern.           schlossene Hälfte der Menschheit zu allen
                                                                   Ämtern und Diensten zu. „Das wäre die
                    Tote Frauen wie Hildegard von Bingen und       Spaltung!“, riefen dann die Pessimisten.
                    Maria Magdalena kommen zu höchsten             Sie verweisen auf die Weltkirche, auf die
                    Ehren. Sie werden Kirchenlehrerin und          kulturellen Unterschiede in dieser globalen
                    Apostelin der Apostel mit eigenem Feier-       Institution, auf die Länder in Afrika, die
                    tag. Maria, die Gottesmutter, stehe ohnehin    „noch nicht so weit sind“. Die Optimisten
                    höher als jeder Bischof, erklärt Papst Fran-   dagegen dürften jubeln: „Was für ein Zei-
                    ziskus bei vielen Gelegenheiten. Lebende       chen!“ Endlich kuscht die katholische Kir-
                    Katholikinnen haben es deutlich schwerer.      che nicht mehr vor den Patriarchen dieses
KIRCHE DER FRAUEN

                    Auch wenn in lehramtlichen Dokumenten          Planeten, endlich passt sie sich nicht mehr
                    Päpste und Präfekten der Glaubenskongre-       dem global dominierenden Macho-Zeit-
                    gation die Gleichwürdigkeit und Gleichwer-     geist an, endlich redet sie nicht mehr Be-
                    tigkeit der Frau betonen: Das Misstrauen,      nachteiligung als göttliches Gebot schön.
                     ja die Verachtung gegenüber den „anderen
                    Wesen“ sitzt im hohen Klerus tief. In mo-      Es ist schwer, sich im Kirchenrecht unter
    n

                    dernen Demokratien folgen aus gleicher         der Ziffer 1024 den Satz: „Die Heilige Wei-
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                    Würde die gleichen Rechte. Doch die ka-        he empfängt gültig eine getaufte Person“
                    tholische Kirche ist keine Demokratie, sie     statt „ein getaufter Mann“ vorzustellen.
    n
JESUITEN

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Kein Bischof hat sich diesen Satz auf die         nen. Verbale Veränderungsbereitschaft bei
Fahne geschrieben. Die Frauen, die dafür          gleichzeitiger Verhaltensstarre ist eine kreis-
streiten, sind abgekämpft. Im Laufe der           laufschonende Lebensweise.
Kirchengeschichte wurden immer neue
Gründe gegen eine völlige Gleichberech-           Es fehlt nicht nur Geschlechtergerechtig-
tigung der Frau gefunden. Seit nicht mehr         keit, es fehlt auch Ehrlichkeit. Die wahren
öffentlich und offiziell von der Minderwer-       Gründe für die Verachtung der Frauen
tigkeit des Weibes geredet werden konnte          und die Überbetonung der Männlichkeit
– das dauerte bis zur Mitte des 20. Jahr-         Jesu werden nicht genannt. Es gibt auch
hunderts –, muss die Männlichkeit Jesu als        keinen Weiberaufstand, der zunächst Ehr-
Hauptausschlusskriterium herhalten. Weil          lichkeit und dann Gerechtigkeit einfordert.
das Theologinnen und Theologen nur mä-            Den meisten enttäuschten Katholikinnen
ßig überzeugt, erging 1994 ein päpstliches        und Katholiken ist die Kirche nicht einmal
Machtwort. Vorgetragen wurde es im Ges-           mehr Empörung wert. Wer noch nicht das
tus der Ohnmacht. Gemäß dem Schreiben             Weite gesucht hat, versucht in einer Nische
Ordinatio Sacerdotalis von Papst Johannes         ein paar Freiräume zu nutzen und Sinnvol-
Paul II. ist die Kirche nicht befugt, Frauen zu   les zu tun. Ein Anfang vom Aufstand wäre es
Priesterinnen zu weihen. Die Tür ist zu, hö-      schon, die Verhältnisse nicht mehr schönzu-
ren alle, die gegen die Mauer anrennen und        reden, an die weibliche Geduld oder das ver-
auf ein Schlupfloch hoffen seit nunmehr 25        tiefte Verständnis der Lehre zu appellieren.
Jahren. Türsteherposten sind Machtposten.
                                                  Ein Anfang vom Aufstand wäre es, die Dis-
Die Deutsche Bischofskonferenz hat sich           kriminierung Diskriminierung zu nennen
eine Frauenquote verordnet, der Erzbi-            und die Herren dazu zu bringen, ihre Grün-
                                                                                                    KIRCHE DER FRAUEN

schof von München und Freising denkt              de offen zu legen. Fürchten sie Frauen? Oder
laut über eine Generalvikarin nach, die           befürchten sie Machtverlust und Verände-
vatikanischen Museen werden von einer             rung? Glauben sie zutiefst daran, dass Jesus
Direktorin geleitet. Jede Maßnahme wird           sich hat kreuzigen lassen, um Priesterinnen
mit dem Unterton verkündet: Mädels, was           zu verhindern? Kaum zu glauben, dass
wollt ihr denn noch mehr? Warum muss              Frauenfeinde Menschenfreunde sein sollen.
                                                                                                        n

es denn unbedingt die Weihe sein? Mit
                                                                                                    JUNI 2019

                                                  Christiane Florin
Frauenförderplänen werden lauter Bypäs-
se gelegt, um die Klerikerherzen zu scho-
                                                                                                        n
                                                                                                    JESUITEN

                                                                                                    15
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                    Frauen im Domkapitel
                    Das kann ja heiter werden: „Weihbischof ist   Solche Kapitel als Leitungsorgane mit dem
                    für Frauen im Domkapitel“. So die Balken-     Bischof gibt es in Deutschland und Europa,
                    Überschrift auf der Titelseite unserer Kir-   weniger in anderen Teilen der Weltkirche.
                    chenzeitung (03.02.19) im Bistum Müns-        Die Kapitel haben allerdings ein unter-
                    ter. Mit „Weihbischof “ war ich gemeint.      schiedliches Format und sind personell
                    Im Mittelteil der Zeitung ganzseitig das      unterschiedlich besetzt. Aus einer langen
                    Interview mit der Überschrift: „Wir brau-     Tradition handelt es sich um eine Gruppe
                    chen eine lebbare Sexualmoral“. Wegen der     von Priestern, die vor allem für die pries-
                    Folgen einer schweren Krebserkrankung         terlichen und liturgischen Dienste in der
                    musste ich mich (71) als Weihbischof eme-     Bischofskirche zu sorgen hat.
                    ritieren lassen. Die Kirchenzeitung fragte
                    nach meinen Zukunftsvorstellungen für         Die Tür zur Priesterweihe ist Frauen ver-
                    die Erneuerung und Weiterentwicklung          schlossen (wobei die Argumente gegen die
                    der Kirche auf dem Hintergrund der mo-        Frauenordination konstruiert wirken und
                    mentan sehr schwierigen Situation.            kaum noch überzeugen). Weibliche Dom-
                                                                  kapitulare wird es aus rechtlichen Gründen
                    „Frauen im Domkapitel“ war von mir der        (die hier einzeln nicht dargestellt werden
                    Hinweis, dass die Stellung der Frau in der    können) in absehbarer Zeit nicht geben.
                    Kirche ein zentrales Thema für die Erneu-
                    erung der Kirche ist. Das war schon lange     Aber als „Mitglieder“ im Domkapitel
                    in mir lebendig in der Perspektive des ge-    könn­ten Frauen mitentscheiden bei Ange-
                    meinsamen Priestertums aller Getauften.       legenheiten, in denen das Domkapitel als
                                                                  Entscheidungsgremium für Finanz- und
                    Das Domkapitel als Zeichen habe ich be-       Rechtsgeschäfte im Bistum entscheidet, in
KIRCHE DER FRAUEN

                    wusst gewählt, weil Frauen als „Mitglie-      Fragen von Kunst und Veranstaltungen im
                    der“ im Kapitel damit praktisch in die        Dom, also in den mit dem Weiheamt nicht
                    Nähe des Weiheamtes gerückt werden. Im        unmittelbar verbundenen Aufgaben. Bei
                    Blick ist das Domkapitel in Münster, das      den rein priesterlichen Aufgaben wären sie
                    mit zehn Priestern/Weihbischöfen aus der      beratend tätig. Auf diese Art und Weise
                    sogenannten Bistumsleitung besetzt ist.       wäre der männliche Binnenzirkel der
    n

                    Dazu kommen für die Bischofswahl nach         Kirche, das rein Männer-Bündische auf-
JUNI 2019

                    dem Konkordat noch sechs nichtresidie-        gebrochen.
                    rende Domkapitulare (Priester).
    n
JESUITEN

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Frauen verändern das Miteinander, haben            en stellt, die dann zusammen den neuen
eine andere Gesprächskultur, eine andere           Bischof wählen (nach dem Preußen-Kon-
Qualität in der Beratung, gehen an The-            kordat).“ Dem Staat ist das rechtlich egal.
men anders heran…
                                                                                                                        KIRCHE DER FRAUEN

                                                   Frauen im Domkapitel: Hierfür müsste
Der Münsteraner Kirchenrechtler Prof.              dann in den Diözesen ein Weg rechtlich
Thomas Schüller, der mein Anliegen po-             abgestimmt werden, wie Frauen „Mitglie-
sitiv aufgriff, aber u. a. kritisierte, dass ich   der“ im Kapitel werden können.
nur von beratender Funktion für Frauen
spräche – was ich hier schon weiterent-            Auf Dauer müsste man wahrscheinlich
                                                                                                                            n

wickle – machte einen interessanten Vor-           etwas Anderes schaffen als die jetzigen
                                                                                                                        JUNI 2019

schlag in dem Zusammenhang: „Ein Vor-              Domkapitel, die sich auf dem Hintergrund
schlag (für Münster) wäre, dass man für            einer anderen Zeit entwickelten.
                                                                                                                            n

die Wahl des neuen Bischofs an deren Seite
                                                                                                                        JESUITEN

                                                   Dieter Geerlings
(der 16 Domkapitulare) 16 erfahrene Frau-

                                                                                                                        17
SCH WER P UNK T

                    Die Zukunftsvision eines
                    Provinzials für seinen Orden
                    Ich erinnere mich lebendig an die Begeg-       „Zukunftsvision Jesuiten und Frauen“,
                    nungen meines Noviziatsjahrgangs Mitte         so die mir gestellte Aufgabe. Ich kann
                    der 80er Jahre mit den Novizinnen der          nicht redlich Antwort geben ohne den
                    Missionsärztlichen Schwestern. Sie haben       vermeintlich banalen Hinweis, dass ich
                    uns in Münster besucht; wir haben sie in       als Oberer schreibe, Oberer eines Män-
                    ihrer Kommunität in Essen besucht. Wir         nerordens und als Priester der Kirche.
                    haben gemeinsam gebetet und Messe ge-          Und ich ergänze ausdrücklich, dass ich
                    feiert, wir haben diskutiert und uns zu        gern und leidenschaftlich Jesuit und
                    unseren Erfahrungen mit den Exerzitien         Priester bin. Wenn ich also heute deut-
                    ausgetauscht. Das war gut. Es war herz-        lich mehr Rechte für Frauen in der Kir-
                    lich, unkompliziert und es lag ein ebenso      che fordere und endlich auch nicht nur
                    unausgesprochenes wie unaussprechbares         erkennbare, sondern auch wirkmächti-
                    Versprechen in der Luft. Ich meine mich zu     ge Schritte in Richtung Anteilhabe von
                    erinnern, dass auch die Novizenmeisterin       Frauen am Weiheamt, dann ist mir die
                    und der Novizenmeister, die das ja initiiert   Spannung dieser Forderung bewusst
                    hatten, großes Gefallen an diesem Mit-         und auch die ambivalente Rolle aus der he-
                    einander hatten. Diese Spur hat sich ver-      raus ich dies tue. Ich kenne die Aussagen
                    loren; Gründe dafür weiß ich nicht. Nun        der kirchlichen Lehre, achte sie, ja verteidige
                    ist das gar nicht der Auftrag, den die Re-     sie. Und doch höre ich auch deutlich Papst
                    daktion mir für den Artikel hier gegeben       Franziskus, der das Quasi-Redeverbot,
                    hat, aber es ist diese Erinnerung, die sich    auf­­hebt und die Diskussion um das Frau-
                    ganz weit nach vorn drängt, wenn ich mich      en-Diakonat angeordnet hat. Am Ende,
KIRCHE DER FRAUEN

                    an die gestellte Aufgabe mache. Ich frage      so muss ich nach Betrachtung aller Argu-
                    mich also zunächst, wie sähe der Orden         mente aus Schrift und Tradition festhal-
                    heute aus, wenn wir vom Noviziat an, sehr      ten, über­­­­zeugt mich die Fixierung auf das
                    viel enger mit Frauen zusammen reflek-         Ge­schlecht bei der Zulassung zur Weihe
                    tieren, beten, arbeiten und leben würden?      nicht; eine einleuchtende Anthropologie
                    Wie würde sich unser Leben in Gemein-          der Ge­schlech­ter, die das hergibt, ist mir
    n

                    schaft nach den Gelübden der Armut, der        nicht bekannt.
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                    Keuschheit und des Gehorsams darstellen
                    und verändern? Sind wir eigentlich neu-        Jesuiten und Frauen. Was soll ich sagen?
    n

                    gierig fragend nach den Erfahrungen, die       Ich wünsche mir sowohl in unserer Aus-
JESUITEN

                    andere (oft jüngere) Gemeinschaften mit        bildung und vor allem in all „unseren“
                    solchen Modellen machen?                       Werken enge und gute Zusammenarbeit
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mit Frauen und ich sehe ja, dass dies schon   und Mitarbeitern, aber auch im Bereich
vielfach sehr gut und auch völlig unkom-      von Beratung, Compliance und Kontrol-
pliziert geschieht. Ich erlebe aber auch,     le deutlich mehr Frauen in Verantwor-
dass Frauen sich viel zu wenig bewerben       tung holen als bisher. Da ist noch Luft
auf Leitungsstellen in unseren Institutio-    nach oben. Ich sehe zudem, dass ich und
nen. Das darf uns allerdings in einer „Män-   wir noch reichlich Übungsbedarf haben
nerkirche“, also dort wo Macht unnötig oft    in Kooperation, Teamwork und Zusam-
an das Amt gebunden und also sakralisiert     menarbeit auf allen Ebenen. Die Chefin
wird, nicht wirklich verwundern.              des Schulseelsorgers am Canisius-Kolleg,
                                              ein Jesuitenpater, ist natürlich die Schul-
Wir sind als Orden ein „Männer-Verein“,       leiterin. Alle Mitbrüder werden sagen: na
bei uns sind nur Männer Mitglieder. Da-       klar, kein Problem. Ich habe aber tatsäch-
her ist wirkliche Beteiligung an Entschei-    lich einigen Zweifel, ob das so klar ist, ob
dungsstrukturen tatsächlich schwierig.        das in unserem Selbstbild tatsächlich kein
Auch der nächste und übernächste Pro-         Problem ist. Wir haben noch Luft nach
vinzial wird ein Mann sein; alles andere      oben. Ich bin zuversichtlich, dass wir vo-
ist Augenwischerei. Ich sehe meine Ver-       rankommen.
antwortung aber durchaus darin, dass wir      Johannes Siebner SJ
sowohl im Bereich der Mitarbeiterinnen

                                                                        © mimagephotography shutterstock.com

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SCH WER P UNK T

              Frauen an der Hochschule
              für Philosophie?
              Männerdomäne Jesuitenorden                      sich zunächst für die Philosophie begeistern
              Im Herbst 1971 siedelte das Studienhaus der     konnten, in den Debatten nicht wieder.] Au-
              Jesuiten von Pullach nach München um.           ßerdem verlassen Frauen die Philosophie,
              Seitdem studiert eine wachsende Zahl von        weil Rollenmodelle fehlen. Philosophinnen
              Nichtjesuiten an der Hochschule. Knapp die      werden nur in Ausnahmefällen gewürdigt.
              Hälfte der Studierenden sind mittlerweile       Alle großen Strömungen und Schulen sind
              Frauen. Doch leider nimmt der Frauenanteil      entweder nach Männern benannt oder ge-
              über die verschiedenen Qualifikationsstufen     hen auf „Gründungsväter“ zurück. Von vie-
              (vom Bachelor bis zur Habilitation) deutlich    len wird auch ein fachkultureller Habitus,
              ab. Entsprechend langsam ändert sich die        mit aggressiven Diskussionsstilen und aus-
              Zusammensetzung des Lehrkörpers. Weite-         geprägtem Konkurrenzverhalten für die
              re Gründe sind, dass an der Hochschule als      niedrige Frauenquote in der Philosophie
              Jesuitenhochschule Angehörige des Ordens        verantwortlich gemacht. Nicht zu vergessen
              unterrichten. Die Beschäftigung von Nicht-      ist, dass die familiäre Fürsorgearbeit Frauen
              jesuiten erfordert auch eine bessere finanzi-   immer noch stärker einschränkt als Männer.
              elle Ausstattung als der Einsatz von Ordens-
              leuten. So dauerte es nach dem Umzug noch       Schritte in die Zukunft
              einmal 35 Jahre, bis der erste Nichtjesuit      Alledem versucht die Forderung nach Ge-
              zum Professor ernannt wurde.                    schlechtergerechtigkeit zu begegnen. Dabei
                                                              handelt es sich nicht um eine Frage der Höf-
              Männerdomäne Philosophie                        lichkeit, sondern um einen gesetzlich ver-
              Dass sich unter den Professoren an der          ankerten Auftrag. An staatlichen Einrich-
              Hochschule bislang keine Frau befindet,         tungen hat sich in den letzten Jahren mehr
              ist wiederum für die Philosophie nicht un-      getan als an der Hochschule. Die Frauen
ABERGEISTER

              typisch. Historisch betrachtet ist sie män-     treffen sich zwar regelmäßig zu einer Voll-
              nerzentriert, auch wenn vorgeblich jenseits     versammlung. Aber hier gibt es überhaupt
              geschlechtlicher Identitäten gearbeitet und     erst seit 2017 offiziell eine Gleichstellungs-
   n

              vom Menschen an sich, dem Selbst oder dem       beauftragte. Die Ernennung der ersten Pro-
MÄRZ 2019

              Sein gesprochen wurde. Dabei wird oft un-       fessorin, wenngleich nicht unbefristet, steht
              terschlagen, dass in der Philosophie männli-    hoffentlich unmittelbar bevor.
              che Perspektiven auf die Dinge dominieren.      Mara-Daria Cojocaru & Georg Sans SJ
   n

              [Deshalb finden sich manche Frauen, die
JESUITEN

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GEI S TL I CH ER I MP U L S

     Freude
     Wenn junge Menschen nach einem kirch-         unseren Gottesdiensten im Allgemeinen
     lichen Freiwilligeneinsatz in Afrika oder     gewohnt sind. Bei uns sind Gottesdienste
     Lateinamerika zurück nach Deutschland         eher getragen, schon auch feierlich, aber
     kommen, dann ist für sie oftmals die Freu-    eben nicht so, dass die Funken sprühen.
     de, die sie in den Gottesdiensten und Ge-
     meindezentren erlebt haben, ein bleiben-      Allgemein ist mein Eindruck, dass es im-
     der Eindruck. Obwohl – oder vielleicht        mer dann, wenn die Rede auf Gott und den
     gerade weil – die äußeren Lebensumstände      Glauben kommt, sehr ernst wird. Das mag
     viel ärmlicher und auch härter sind als die   natürlich mit der allgemeinen Kirchenkri-
     Lebenswirklichkeit in Deutschland, feiern,    se zusammenhängen, aber nicht nur. Vor
     singen, tanzen und freuen sich die Gläu-      einiger Zeit kam in geselliger Runde die
     bigen viel ausdrücklicher, als wir das in     Rede auf den Sinn des Lebens und was

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Gott denn für unser Leben vorhat, was er       bleibe. Dies habe ich euch gesagt, damit mei-
von uns erwartet. Klar, ein großes und in      ne Freude in euch ist und damit eure Freu-
sich schweres Thema, aber die Stimmung         de vollkommen wird“ (Joh 15,9-11). Den
war eben auch sofort sehr ernst. Ich habe      kritischen Lesern oder Leserinnen mag da
mich dabei zu folgender Aussage hinrei-        gleich wieder das „Wenn“ ins Auge stechen,
ßen lassen: „Gott will, dass wir im Leben      aber das ist nicht das Entscheidende. Viel­­­­­­­
Spaß haben!“ Jetzt rollen Sie vielleicht mit   mehr sind wir zunächst und vor allem dazu
den Augen, aber damit war zunächst ein         gerufen, an der Freude Gottes teilzuhaben.
Konterpunkt gesetzt. Selbstverständlich
meine ich nicht – und das habe ich auch        Wie kann es gelingen, dass wir uns im
erklärt – einen billigen Spaß, schon gar       Glauben aus dem Evangelium – der fro-
nicht auf Kosten von anderen. Es geht mir      hen Botschaft – immer mehr auf die Freu-
vielmehr um eine von Gott geschenkte,          de ausrichten und der Freude mehr Raum
tiefe und ehrliche Freude am Leben – und       geben? Das kann z.B. dadurch beginnen,
wenn es noch so viele Herausforderungen        dass ich mir Jesus als Menschen mit ei-
mit sich bringt. Wechseln wir zur Ver-         nem Lächeln vorstelle: Einfach die Augen
deutlichung die Perspektive: Ich kann mir      schließen und sich Jesus mit einem Lä-
nicht vorstellen, dass Gott uns zum Leiden     cheln oder sogar mit lautem, von Freude
erschaffen hat. Das bedeutet nicht, dass es    erfülltem Lachen vorstellen. Davon gibt
kein Leid gibt und schon gar nicht, dass       es nur wenige Darstellungen in unserer
Gott dieses Leid ignoriert. Die Annahme        sakralen, vom Kreuz oftmals dominierten
des Kreuzes durch Jesus mit all dem ver-       Kunstgeschichte. Zudem bin ich mir rela-
bundenen Leid zeigt uns, wie sehr Gott         tiv sicher, dass jeder von uns einen Men-
selbst leidensbereit ist, aber das ist nicht   schen kennt, der sehr froh durchs Leben
das Ziel Gottes. Sein Ziel ist es, Leben zu    geht – ob alt oder jung. Sprechen Sie diesen
schaffen: Das sehen wir in seiner Schöp-       doch einmal an und fragen, warum das so
fung und das erfahren die Jünger und wir       ist, was für ihn oder sie die Grundlage der
                                                                                                   KIRCHE DER FRAUEN

in der Auferstehung Jesu. Die Beziehung        Freude im Leben darstellt. Oder ich gehe
Gottes zu seiner Schöpfung und zu einem        an die Dinge heran, die mir die Freude rau-
und einer jeden ganz persönlich besteht        ben: Will ich denen wirklich so viel Macht
in der Liebe und damit ganz natürlicher-       über mein Leben geben, oder sollten sie
weise in der Freude. Jesus selbst gibt das     nicht doch etwas zurechtgestutzt werden?
seinen Jüngern in der sogenannten Ab­          Ihnen selbst fallen sicherlich auch noch
                                                                                                       n

schiedsrede im Johannesevangelium ganz         ein paar Möglichkeiten ein, wie die Freude
                                                                                                   JUNI 2019

eindrücklich mit auf den Weg: „Wie mich        in unserem Leben sichtbarer und strahlen-
der Vater geliebt hat, so habe auch ich euch   der werden kann. Denn dazu sind wir be-
                                                                                                       n

geliebt. Bleibt in meiner Liebe! Wenn ihr      rufen: An der Freude Gottes teilzuhaben,
                                                                                                   JESUITEN

meine Gebote haltet, werdet ihr in meiner      verbunden mit ihm und mit einem Leben,
Liebe bleiben, so wie ich die Gebote meines    das selbst in die Ewigkeit hineinreicht.
Vaters gehalten habe und in seiner Liebe       Hans-Martin Rieder SJ                               23
NACH R I CH TEN

                                                Neues aus dem Jesuitenorden
                                                Mertes mit Doktorwürde geehrt                      nung seines Mutes, auch gegen Wider-
                                                                                                   stände beharrlich für Aufklärung einzu-
                                                Für das Aufdecken und Aufarbeiten se-              treten“. Missbrauch dürfe in der Kirche
                                                xueller Gewalt in der katholischen Kirche          keinen Platz haben, so der Bischof. Es sei
                                                Deutschlands hat Klaus Mertes SJ die Eh-           auch das Verdienst von Mertes, „dass wir
                                                rendoktorwürde der Universität Freiburg            uns heute unserer Verantwortung für die
                                                erhalten. Die Theologische Fakultät zeich-         Opfer sexuellen Missbrauchs stärker be-
                                                nete den 64-Jährigen am Mittwochabend              wusst sind und alles tun, um den Betroffe-
                                                „für die hartnäckige Arbeit an der Auf-            nen gerecht zu werden und neue Vorfälle
                                                klärung des Missbrauchsskandals“ aus.              zu verhindern“.
                                                „Er hat nicht nur durch sein praktisches
                                                Engagement, sondern maßgeblich auch                Jesuiten ziehen sich aus
                                                durch seine theologischen Analysen die             Kosovo zurück
                                                systemischen Gründe des Skandals aufge-
                                                deckt“, so Laudator Magnus Striet.                 Die drei Provinziäle der Jesuitenprovin-
                                                Der Freiburger Erzbischof Stephan Burger           zen Österreich (P. Bernhard Bürgler SJ),
                                                erklärte, er habe die Ehrung von Mertes            Deutschland (P. Johannes Siebner SJ) und
                                                unterstützt, „als Ausdruck der Anerken-            Kroatien ( P. Dalibor Renic SJ) haben Mitte
                    Copyright: Wolfgang Mayer
KIRCHE DER FRAUEN
    n
JUNI 2019
    n
JESUITEN

                                                Klaus Mertes (rechts) und Ferdinand Prostmeier, Prodekan der Theologischen Fakultät, bei der
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