I8. dokumentar filmwoche hamburg - I5. -I9.sept.202I dokfilmwoche.com

 
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METROPOLIS LICHTMESS B-MOVIE

                     I8.
                       dokumentar
                       filmwoche
                       hamburg
                       I5. ­­­­– I9. sept. 202I
                       dokfilmwoche.com
DAS FESTIVAL                                                                                                       ENGLISH SPEAKING?

Die dokumentarfilmwoche hamburg ist das einzige Festival der               The dokumentarfilmwoche hamburg sees itself as a forum for for-
­Region, das sich ganz auf den Dokumentarfilm spezialisiert hat, und       mally challenging, thought-provoking and demanding documenta-
 ist Treffpunkt für Dokumentarfilminteressierte ebenso wie eine Platt­     ry films. For films that, through their critical approach, do not only
 form für die ansässige Filmkultur. Das Festival versteht sich als Fo­     strive to clarify subject matters, but also question inscribed codes
 rum für den formal und inhaltlich anspruchsvollen Dokumentarfilm;         and explore the aesthetic and political possibilities of the documen-
 für Filme, die mit ihrem kritischen Ansatz nicht lediglich nach inhalt­   tary form.
 licher Aufklärung streben, sondern künstlerische Formen finden, die
 eingeschriebene Codes hinterfragen und den Möglichkeitsraum des           The festival shows a broad spectrum of productions, ranging from
 Dokumentarischen ästhetisch und politisch ausloten.                       experimental documentaries made without broadcasters’ partici-
                                                                           pation and funding to outstanding international co-productions. The
Gezeigt wird eine große Bandbreite an Produktionen, die von expe­          program provides an insight into the diverse works of the regional,
rimentellen, ohne Senderbeteiligung und Fördermittel erstellten            national and international scene and their expression in the festival
­Dokumentarfilmen bis hin zu herausragenden internationalen Ko­            landscape.
 produktionen reicht. Das Programm gewährt Einblicke in das vielfäl­
 tige Schaffen der regionalen, deutschen und internationalen Szene. Da     For an English language festival program and guide please visit
 uns neben dem Zeigen von Dokumentarfilmen das Sprechen darüber            www.dokfilmwoche.com.
 wichtig ist, laden wir zu jeder Veranstaltung die Filmemacher*innen
 ein und versuchen ihre Teilnahme zu ermöglichen.                          Please note: On the respective pages you can see whether the film
                                                                           is in English or with English subtitles (OmeU) and in which language
Die erste dokumentarfilmwoche hamburg fand 2004 statt. Das Fes­            the Q&A is held.
tival wird seither kollektiv unter dem Dach des Vereins dokumentar­
filmwoche hamburg e. V. organisiert.

Weitere Informationen unter www.dokfilmwoche.com
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AHOI
Liebes Publikum, liebe Hamburger*innen, hallo Welt!
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                                                                        Das Festival........................................................................................................... 2
                                                                        English Guide......................................................................................................... 3
                                                                        Ahoi....................................................................................................................... 4
Die eigentliche Sensation vorweg: Die 18. dokumentarfilmwoche           Inhalt..................................................................................................................... 5
hamburg findet statt! Sie musste vom April in den September ver­        Eröffnungstag........................................................................................................ 6
schoben werden, ähnlich wie schon die Vorgängerausgabe, die 17.         Filmprogramm .................................................................................................... 11
                                                                        Programmübersicht ............................................................................................ 24
dokumentarfilmwoche, plötzlich im Oktober stattfand und zwar als        Specials
Kurzversion unter dem Dach des Filmfests Hamburg. Jetzt blicken         Huillet/Straub – Lesung mit Filmprogramm........................................................ 38
wir schon fragend in die Zukunft, ob denn wenigstens die 2022er-        Blicke auf die Arbeit von Huillet/Straub – Ausstellung........................................ 40
                                                                        freund*innen der dokumentarfilmwoche hamburg.............................................. 42
Edition wieder im April laufen wird ...                                 Klaus Wildenhahn: ›Reiseführer durch 23 Tage im Mai‹ . .................................... 43
Aber zurück ins Hier und Jetzt: Unsere Festivalkinos sind noch da       Hygienemaßnahmen............................................................................................ 44
und am Start, die Festivalgruppe ist dauerplanungsbedingt stabiler          `
                                                                        Apres-dok     / Kinos / Tickets.................................................................................. 45
                                                                        Filmindex............................................................................................................. 46
                                    `
denn je, und es wird sogar ein Apres-dok    (open air!) im Gängevier­   Impressum / Team .............................................................................................. 47
tel geben. Und vor allem: Diese Festivalausgabe gibt dem Publikum
theoretisch die Möglichkeit, (fast) alle Filme und Programmpunkte       Die dokumentarfilmwoche hamburg wird gefördert von:
besuchen zu können – eine Programmstruktur, mit der wir schon
eine ganze Weile geliebäugelt hatten. Ein sportliches Unterfangen,
aber es lohnt sich!
Okay, ein, zwei Wermutstropfen: Die Retrospektive muss seit an­
derthalb Jahren aufgeschoben werden, und es gibt insgesamt we­
                                                                        Die dokumentarischen Produktionen aus und über die Hansestadt zeigen wir mit
niger Filme zu sehen. Dabei gäbe es wohl mehr zu zeigen als un­         Unterstützung der Hamburgischen Kulturstiftung, sie sind gekennzeichnet mit
ter „normalen“ Bedingungen. Denn wie viele Filme haben durch            dokland hamburg:
die Pandemie ihr Publikum bislang nicht erreicht? Wie viele Filme                                                                                           DOKLAN
                                                                                                                                                                   D
haben wir in den vergangenen Monaten übersehen, weil so viele                                                                                               HAMBUR
                                                                                                                                                                   G
Festivals ausfallen mussten? Lasst uns gemeinsam dranbleiben.

4
ERÖFFNUNGSTAG

    Acht Stunden sind kein Kino-Tag                         The Works and Days (of Tayoko
    Irgendwann während des Sichtungsprozesses dach­         Shiojiri in the Shiotani Basin)
    ten wir, wenn mal Schluss ist mit Pandemie, dann        C. W. Winter, Anders Edström, USA/S/J/GB 2020, 480 min, OmeU
    zurück ins Kino und zwar so richtig: mit dem Acht-      ›The Works and Days‹ von Anders Edström und C. W.              METROPOLIS
    Stunden-Film ›The Works and Days‹. Denn wie könn­       Winter ist ein 480-Minuten Film, der in 27 Wochen,             MI 15.09.
    te die Erfindung des Kinematografen schöner gefei­      in einem Zeitraum von 14 Monaten, in einem kleinen             10 UHR
    ert werden als mit dieser Ode an die noch so kleinste   Bergdorf in der Kyoto-Präfektur in Japan gedreht
    Bewegung in Raum und Zeit? Auch wenn ein Ende           wurde. Allein die Zahlen und Daten vermögen keine              GÄSTE: C. W.
    von Corona immer noch nicht in Sicht ist, halten wir    Auskunft darüber zu geben, um was für eine Art sin­            WINTER, ANDERS
    an dieser Einschätzung fest. Und so läuft ›The Works    guläres kinematografisches Angebot es sich dabei               EDSTRÖM
    and Days‹ als erster Film am Eröffnungstag.             handelt. Der Titel des Films bezieht sich auf Hesiods          Q&A: ENGLISCH
    Da nicht alle werktags früh ins Lichtspielhaus ge­      episches Lehrgedicht »Werke und Tage«, geschrie­
    hen können, und wir unsere Freund*innen und             ben circa 700 vor unserer Zeitrechnung: „Die erste
    Unterstützer*innen gern alle zur Eröffnung treffen,     Regel in der Landwirtschaft ist, dass man nie auf
    zeigen wir am Abend einen weiteren Film: ›Please        einen einfachen Weg hoffen soll. Das Land verlangt
    Hold the Line‹ setzt all den Technikern ein Denkmal,    deine Anstrengung.“
    die alltäglich dafür sorgen, dass die Welt am Draht     So beschreibt der Film die Jahreszeiten in der
    ist, die Verbindung steht, der Fernseher läuft.         Landwirtschaft, Saat, Pflege und Ernte im Kreislauf
    Im Anschluss daran lustwandeln wir in die Schiers­      menschlichen Daseins und etabliert einen kom­
    passage im Gängeviertel, wo wir unter freiem ­Himmel    plexen Raum des Austauschs: von Einheimischen
    das Gesehene nachklingen lassen und uns hygiene­        und ­Gästen, Dokument und Fiktion, Fotografie und
    konform und abstandsgerecht erfrischen können.          Kino, Bild und Nicht-Bild, Ton und Musik. ›The Works
    Wir freuen uns auf euch!                                and Days‹ ist ein Film, in dem das fortwährend neue
6                                                                                                                                         7
ERÖFFNUNGSTAG

                                                                        Please Hold the Line
                                                                        Pawel Cuzuioc, AUT 2020, 86 min, OmeU
                ­ ehen, Erfahren, Beschreiben und Verstehen von
                S                                                       Pawel Cuzuioc hat in Bulgarien, Rumänien, Molda­       METROPOLIS
                Landschaft und das stetige Vergehen von Zeit ver­       wien und der Ukraine Telekommunikationstechniker       MI 15.09.
                handelt wird. (bs)                                      begleitet und einen Film über das Verbundensein mit    20.30 UHR
                „In gewisser Weise ist der Film auch ein Liebesbrief    der Welt gemacht. ›Please hold the Line‹ nimmt uns
                an Kinos. An die Zeit, die man in ihnen verbringt,      mit zu Menschen, die Verbindungsschwierigkeiten        GAST: PAWEL
                an die Erinnerungen, die man in ihnen aufbaut. Von      mit Telefon, Internet oder auch mit der Fernbedie­     CUZUIOC
                kollektiven Erfahrungen, die man gemacht hat, und       nung des Fernsehers haben.                             Q&A: ENGLISCH
                Gemeinschaften, die man bildet. Von der Erkenntnis,     Während die Techniker mit viel Empathie und stoi­
                dass es in der Filmwelt viel bessere Stühle und viel    scher Ruhe ihrer Arbeit nachgehen, ist Zeit zum Re­    IM ANSCHLUSS:
                bessere Protagonisten gibt als zum Beispiel in der      den: über die Nachbarschaft, den Kapitalismus und         `
                                                                                                                               APRES-DOK IM
2. SCREENING:   Kunstwelt. Und der Wunsch, all diese Faktoren zu        das Mesozoikum, Alltag und Religion.                   GÄNGEVIERTEL
B-MOVIE         nutzen, um ein erweitertes Erlebnis zu schaffen. Ei­    Neben diesen Gesprächen sind auf der Tonspur im­       (OPEN AIR, S. 45)
FR 17.09.       nen Film, in dem man einen Tag lang irgendwie leben     mer wieder Versatzstücke aus dem TV-Universum
13 UHR          kann.“ (C. W. Winter)                                   zu hören, um dessen störungsfreien Empfang es zu­
(OHNE GÄSTE)                                                            meist geht. Und während das Kabelwirrwarr in den
                Wir zeigen den Film mit zwei fünfzehnminütigen und      Schaltkästen und auf den Leitungsmasten sich als
                einer fünfundvierzigminütigen Pause. Vor Beginn bei­    erstaunlich wartungsfreundlich und reparabel er­
                der Vorstellungen bieten wir in Zusammenarbeit mit      weist, sind viele der Protagonist*innen unzufrieden,
                den Restaurants »Hokkai« und »Ume No Hana« an,          mit dem Fernsehprogramm sowieso – und vor allem
                japanisches Essen für die große Pause vorzubestellen.   mit dem Zustand der Welt. (mg)

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MEHR WISSEN. MEHR SEHEN

                                                                                                                                           FILMPROGRAMM 2021

                                                         Die ganze
                                                        Welt des                                    Nur ein Film im gesamten Programm, in dem Corona überhaupt Er­

                                                            Kinos                                   wähnung findet – wie kann das sein? Ist denn die weltweite Pandemie
                                                                                                    nicht das Thema schlechthin für den Dokumentarfilm? Nun, Covid-19,
                                                       Jetzt                                        soviel dürfte als gesichert gelten, hat Einfluss auf viele Prozesse –

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                                                    testen!                                         sind noch vor den Einschnitten der jeweiligen Lockdowns ihrer diver­
                                                                                                    sen Entstehungsländer gedreht worden. Viele der Filme stoßen sich
                                                                                                    an der dort vorgefundenen Wirklichkeit. Sie berichten von Rassismus
                                                                                                    und Kolonialismus, von der Ausbeutung von Mensch und Natur, von
                                                                                                    Faschismus und Erinnerungskultur, von Sexismus und Klassenge­
Ihre BESTELLMÖGLICHKEITEN für 2 GRATIS-Ausgaben*:                                                   walt. Sie ringen dabei um Form und Inhalt, suchen nach dem je zu­
                                                                                                    treffenden Verhältnis zwischen Ästhetik und Politik. Nun ist in den

      069 580 98 191                                        epd-film.de/probeabo
                                                                                                    vergangenen Monaten immer wieder und immer öfter zu hören ge­
                                                                                                    wesen, diese Pandemie verursache eine epochale Zäsur im mensch­

@     leserservice@epd-film.de                              069 580 98 226                          lichen Denken. Der Mensch sei zum Innehalten gezwungen worden,
                                                                                                    sein fundamentales Umdenken nun nicht mehr aufzuhalten. Werden
* Wenn ich epd Film nach dem Test weiterlesen möchte, brauche ich nichts zu tun. Ich erhalte        sich die oben genannten Probleme also zukünftig in Luft auflösen?
dann ein Jahr lang monatlich epd Film zum günstigen Abonnementpreis von 72,60 Euro inkl. MwSt.      Wir fürchten nein. Und die Anzeichen mehren sich, dass sie uns nicht
und Porto (Inland). Das Abonnement verlängert sich um jeweils ein weiteres Jahr, sofern es nicht
4 Wochen vor Ende des Bezugszeitraums gekündigt wird. Falls ich epd Film nicht weiterbeziehen       nur in der angestrebten postpandemischen „Normalität“ erhalten
möchte, teile ich dies innerhalb von 14 Tagen nach dem Erhalt des zweiten Heftes schriftlich mit:   bleiben, sondern gar an zusätzlicher Härte gewinnen werden. Es kann
Leserservice epd Film, Postfach 50 05 50, 60394 Frankfurt; E-Mail: leserservice@epd-film.de;
Fax: 069 580 98 226, Widerrufsbelehrung: Den Text finden Sie unter §6 auf epd-film.de/agb           also nicht schaden, die Sinne schon einmal zu schärfen.
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FILMPROGRAMM
                                             FILMPROGRAMM

               Kunst kommt aus dem Schnabel                            A River Runs, Turns, Erases,
               wie er gewachsen ist                                    Replaces
               Sabine Herpich, D 2020, 106 min, OmeU                   Shengze Zhu, USA 2021, 87 Minuten, OmeU
METROPOLIS     Art Brut ist längst keine Cheap Art mehr – die Ham­     Brücken werden gebaut. Brücken werden instand ge­
DO 16.09.      burger Schlumper mit ihren festen Arbeitsplätzen        halten. Gebäude werden abgerissen. Gebäude wer­
11 UHR         für künstlerische Inklusion haben auch in Berlin        den errichtet. Menschen versammeln sich am Ufer.
               Schule gemacht: Von Montag bis Freitag arbeiten         Brachen verändern sich, bekommen neue Nachbar­
               Künstler*innen mit Behinderung in der Kunstwerk­        schaften. In langen, beobachtenden Einstellungen
GAST: SABINE   statt Mosaik in Berlin-Spandau. Viele von ihnen ha­     filmt Shengze Zhu die in Zentralchina gelegene Stadt
HERPICH        ben sich mittlerweile einen Namen gemacht. Adolf        Wuhan, durch die der Fluss Jangtse fließt. Langsam
Q&A: DEUTSCH   Beutler, dessen Arbeiten europaweit ausgestellt wer­    erzählen die Bilder von der rasanten Stadtentwick­
               den, ist mit seinen rahmensprengenden Zeichnungen       lung und gesellschaftlichen Veränderungen. In vier
               der erfolgreichste Künstler der Kunstwerkstatt. Suzy    Briefen, durch Untertitel eingeblendet, bauen An­
               van Zehlendorf interpretiert kanonische Werke der       gehörige Kontakt zu ihren verstorbenen Partnern
               Kunstgeschichte neu und ersetzt Menschenhäupter         und Verwandten auf. Der Verlust und das Erinnern         METROPOLIS
               durch Hahnenköpfe. Und Gabriele Beer verarbeitet        an einen gemeinsamen Alltag werden zur Stadt. In         DO 16.09.
               Leben und Tod in poppigen Farben auf großer Lein­       der kontemplativen Wirkung des Beobachtens und           14 UHR
               wand. Der Film zeigt, wie hier Behinderung und Er­      Zuhörens werden Räume der Reflexion und Emotio­
               möglichung eine große (künstlerische) Freiheit schaf­   nalität eröffnet. Es ist kein Film über das Davor, das   LIVE-VIDEO-
               fen und fragt nach den Produktionsbedingungen von       Während oder das Danach der Covid-19-Pandemie            GESPRÄCH MIT
               Kunst und ihrer gesellschaftlichen Relevanz. (rg)       in Wuhan, sondern ein Film über die Zeit als solche.     SHENGZE ZHU
                                                                       Die Zeit, die ein Mensch in einem Fluss auf der Stelle   (ENGLISCH)

12
                                                                       schwimmt. Die Zeit in 87 Minuten. (mr)
                                                                                                                                C             13
FILMPROGRAMM

                 Khans Leib                                                Herr Bachmann und seine Klasse
                 Kristina Savutsina, D/BLR 2020, 57 min, OmeU              Maria Speth, D 2021, 217 min, OmeU
METROPOLIS      Wie auf eine Bühne blickt die Kamera – und somit auch      Die Schüler*innen einer 6. Klasse im hessischen           METROPOLIS
DO 16.09.       das Publikum: alltägliche Szenen in der belarussi­         Stadtallendorf stehen vor dem Übergang in eine wei­       DO 16.09.
16.30 UHR       schen Kleinstadt Celjahany. »Celjahany« bedeutet auf       terführende Schule. Sie hadern mit Mathe, Gramma­         19 UHR
                Tatarisch »ein Grab Khans«, also eines einstigen gro­      tik und sich selbst. Schule as usual steht aber nicht
GÄSTE: KRISTINA ßen Herrschers der mongolischen Nomaden. In einer          auf dem Plan, denn ihr zugewandter Lehrer Herr            GAST: MARIA
SAVUTSINA,      anfänglichen Szene wird versucht, an einem großen          Bachmann glaubt nicht an Leistungsdruck. Er schätzt       SPETH
GEORG           Steingrab einen Stein in seine richtige Position zu rüt­   die Menschen, deren Identität er sieht und die er mit     Q&A: DEUTSCH
KUSSMANN        teln. Es wird geheiratet, musiziert, frisiert, gewartet,   Neugier und Einfühlungsvermögen begleitet. Indem
(KAMERA)        gelehrt, gegangen oder gemolken. Die leicht erhöhte        er fragt, insistiert und oft gemeinsam musiziert, trägt
Q&A: DEUTSCH    Zentralperspektive bewirkt dabei, abwechselnd ein Ge­      er mit dazu bei, dass sich Persönlichkeit und Talente
                fühl der Kontrolle oder aber des Kontrollierten zu be­     entfalten. Dabei spielt die Beziehung der Jugendlichen
                kommen. So einfach, wie es vielleicht formal scheinen      zu dem von Migration geprägten Ort eine wesentliche
           D    mag, ist es dann aber auch wieder nicht: Schnitt. Die      Rolle. Maria Speth und Kameramann Reinhold Vor­
  DO KL AN
                Szene wird erneut gezeigt, aus einer anderen Perspek­      schneider beobachten behutsam und präzise das so­
  HAMBURG
                tive, zeitlich versetzt. Das wiederkehrende Rütteln am     ziale Gefüge in einer für das Leben so prägenden Zeit.
                Grabstein kann so vielleicht als Rütteln an bestehen­      Sie stellen Verbindungslinien zur Stadtgeschichte her
                den Verhältnissen gelesen werden. Die strenge Form         und zeigen, wie Vielfalt die Kontinuität des Alltägli­
                legt über die Dauer des Films etwas frei: den Blick auf    chen aufbrechen kann. Eine Langzeitbeobachtung für
                ein postsowjetisches Universum, bestehend aus Cho­         alle, die verstehen wollen, warum gute Schule nicht
                reografien des Alltags oder auch aus Eindrücken von        utopisch ist und warum sich dort bereits Antworten
                Müdigkeit und Widerstand einer Gesellschaft. (jk)          auf große gesellschaftliche Fragen finden lassen. (as)
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FILMPROGRAMM

                 L’artificio                                              Rift Finfinnee
                 Francesca Bertin, D/I 2020, 23 min, OmeU                 Daniel Kötter, ETH/D 2020, 79 min, OmeU
METROPOLIS       Zingonia, kapitalistische Planstadt für 50.000 Einwoh­   Wohnblock um Wohnblock wird errichtet. Frauen tra­
FR 17.09.        ner*innen in der norditalienischen Provinz Bergamo.      gen das Wasser, mit dem der Zement angerührt wird,
11.30 UHR        Zu Beginn des in Schwarz-Weiß gehaltenen Films zu        Kanister für Kanister durch die aufstrebenden Roh­
                 sehen als poshes Architekturmodell aus dem Jahr          bauten. Ein Jahrhunderte altes Flusstal wird abge­
GAST:            1964. Zu Ende des Films nur noch durch Abrissbag­        tragen und zu Kies zermahlen. Weideplätze müssen
FRANCESCA        ger aufgewirbelter Staub. Dazwischen leben Men­          Zufahrtstraßen weichen.
BERTIN           schen in der Stadt. Eine von ihnen beschreibt ihre An­   ›Rift Finfinnee‹ handelt von der Urbanisierung Äthi­
Q&A: DEUTSCH     kunft als junge Frau gleich nach der Gründung: „Ein      opiens, vom Wachsen der Hauptstadt Addis Abeba,
                 schöner Ort. Ich dachte, es sei ein Urlaubsort.“ Doch    die auf Oroma Finfinnee heißt. Rift bezieht sich auf
DOUBLE FEATURE   der Traum des Privatinvestors von der gewieften Täu­     die Bruchkante zwischen der afrikanischen und der
MIT FILM S. 17   schung der sich im Urlaub wähnenden Arbeiter*innen       arabischen Kontinentalplatte, deren Ausläufer, der
                 platzt, nur ein Teil der geplanten Fabriken und Wohn­    Ostafrikanische Graben, zieht sich bis in das äthio­
                 anlagen wird fertiggestellt, das Renditeziel verfehlt.   pische Hochland nahe der Hauptstadt. Daniel Kötters     METROPOLIS
 DO KL AN D
                 Viele Menschen aber bleiben, andere kommen noch          Film erzählt von den Problemen der lokalen Bevöl­       FR 17.09.
 HAMBURG
                 von weither hinzu. Sie haben ihre eigenen Träume,        kerung, vom Verschwinden ruraler Strukturen, die        11.30 UHR
                 finden ein Auskommen, auch unter klandestinen            der Materialisierung der wachsenden Stadt anschei­
                 Bedingungen. Sie leben. Schreiben Gedichte: „We          nend nichts entgegenzusetzen haben. ›Rift Finfinnee‹    GAST: DANIEL
                 shared the same environment. This landscape was at       aber porträtiert keine Einzelschicksale, der Film ist   KÖTTER
                 our disposal as a natural toy. We shared the same en­    vielmehr eine allegorische Erzählung über das Aus­      Q&A: DEUTSCH
                 vironment. It was an area where everything was at our    einanderdriften der äthiopischen Gesellschaft. (mg)
                 disposal. Everything ends. It was just a dream.“ (vk)
16                                                                                                                                             17
FILMPROGRAMM

                Ziyara                                                   When a farm goes aflame
                Simone Bitton, F/MAR 2020, 99 min, OmeU                  Jide Tom Akinleminu, DK/NG/D 2021, 112 min, OmeU
METROPOLIS      ›Ziyara‹ ist eine Pilgerfahrt, die als Roadmovie da­     Während der Arbeit an einem Film über seinen Vater
FR 17.09.       herkommt. Die Filmemacherin Simone Bitton sucht          zwischen 2010 und 2013 in Nigeria findet Jide Tom
15 UHR          die heiligen jüdischen Stätten Marokkos auf, zeichnet    Akinleminu heraus, dass dieser über 30 Jahre lang
                ihre eigene Familiengeschichte und die Erfahrungen       ein Geheimnis hütete: Neben der Dänin Grete und ih­
GAST: SIMONE    ihrer Generation nach, die das Land spätestens nach      ren gemeinsamen drei Kindern hatte er parallel eine
BITTON          dem Sechs-Tage-Krieg 1967 verlassen hat – und doch       zweite Familie. Akinleminus Mutter, die Anfang der
Q&A: ENGLISCH   dageblieben ist. Sie taucht in ein Erbe ein, das die     90er Jahre nach 15 Jahren in Nigeria mit den Kindern
                                                                                                                                   METROPOLIS
                Jahrhunderte überstanden hat, nicht zuletzt durch        zurück nach Dänemark ging, war all die Jahre über­
                                                                                                                                   FR 17.09.
                das Engagement der dort weiter lebenden Menschen,        zeugt, eine monogame Beziehung mit ihrem Mann zu
                                                                                                                                   17.45 UHR
                mit denen Bitton auf ihrer Reise immer wieder ins        führen. Vater Akin verweigert nun die Einwilligung in
                Gespräch kommt.                                          die von Mutter Grete eingereichte Scheidung. Mit dem
                                                                                                                                   GÄSTE:
                Der Staub der Zeit lastet auf den Orten, vieles ist in   Wunsch, dieses Konstrukt zu verstehen, nähert sich
                                                                                                                                   JIDE TOM
                die Jahre gekommen, doch leben sie im Verborgenen        Akinleminu behutsam, aber auch beharrlich seinen
                                                                                                                                   AKINLEMINU,
                weiter, und so drehen sich Bittons Gespräche mit den     Eltern, seinen Schwestern, Halbgeschwistern und
                                                                                                                                   GRETE
                Menschen dort immer um Themen rund um diese              weiteren Angehörigen und zeichnet ein psycholo­
                                                                                                                                   AKINLEMINU
                Plätze und ihre gegenwärtige Bedeutung, die sich im      gisch komplexes Familiengeflecht auf, in dem es um
                                                                                                                                   (PROTAGONISTIN)
                Film mit der eindrucksvollen Landschaft Marokkos         verschiedene Auffassungen von Familie, Patriarchat,
                                                                                                                                   Q&A: ENGLISCH
                abwechseln. (fb/sp)                                      Anerkennung und Loslassen geht. „There is no com­
                                                                         plication in this. Everything is open to you now“, sagt
                                                                         ein Cousin zum Ende des Films. Vielleicht ist es der
                                                                         Anfang eines familiären Heilungsprozesses. (jk)
18                                                                                                                                               19
FILMPROGRAMM
                                             FILMPROGRAMM

               Aufzeichnungen aus der                                     Taming the Garden
                                                                          Salomé Jashi, GEO/CH 2021, 91 min, OmeU
               Unterwelt                                                  Ein Baum wird entwurzelt und aus seinem Boden            METROPOLIS
               Tizza Covi, Rainer Frimmel, AUT 2020, 115 min, OmeU        entfernt. Ein großer Baum, fest, standhaft, eine Im-     FR 17.09.
LICHTMESS
               „Hat es so was wie eine Unterwelt gegeben in Wien?“,       mobilie schlechthin, bewegt sich, wird über Straßen      21 UHR
FR 17.09.
               ist eine der ersten Fragen aus dem Off. „Hat’s doch nie    gefahren, schwebt an der Schwarzmeerküste ent-
20.30 UHR
               gegeben“, antwortet Alois Schmutzer, der vermeintli­       lang. Ein irritierendes Bild. Die georgische Regisseu­   LIVE-VIDEO-
               che „Unterwelt-König“. Und trotzdem haben Kurt Girk,       rin Salomé Jashi beschreibt mit großer menschli-         GESPRÄCH MIT
GAST: RAINER
               Alois Schmutzer und seine Schwester Heli einiges zu        cher Sorgfalt die Realisierung eines Projekts, das die   SALOMÉ JASHI
FRIMMEL
               erzählen aus dem Wien der Kriegs- und Nachkriegs­          Regeln der Natur außer Kraft setzt. Die Technik der      (ENGLISCH)
Q&A: DEUTSCH
               jahre. „Es war eine traurige Kindheit“, sagt Girk, „aber   Baum-Umsetzungen ist faszinierend und brutal, die
SHENGZE
               in unserer Straße haben immer gute Leute gewohnt.“         hölzernen Riesen ächzen und knacken. Aber warum?
               Schmutzers Vater, erst im KZ Dachau inhaftiert, wur­       Für den Traum eines Milliardärs von seinem per­
               de später erschossen im Wald gefunden. Das von den         sönlichen Garten Eden. Gefüttert von menschlicher
               Behörden kriminalisierte „Stoss“-Spiel, Verwicklun­        Hybris lässt die Macht des Geldes den Wunsch wahr
               gen in kleinkriminelle Machenschaften und Schläge­         werden, die Grenzen des Natürlichen zu überschrei­
               reien bringen den Fleischer Schmutzer für zehn und         ten – und sei es nur, weil der Oligarch es kann. Aber
               den Wienerlied-Sänger Girk für acht Jahre unschuldig       wo ist die Schönheit? Nicht im perfekt geschnittenen
               in Haft. Ein ehemaliger Wärter erzählt vom damaligen       Rasen zu Füßen des neu arrangierten Wald-Parks,
               Straf- und Gefängnissystem. Der auf 16mm gedrehte          aber vielleicht in den Gesichtern jener georgischen
               S/W-Film archiviert ein Stück vergangene Wiener Mi­        Dorfbewohner*innen, die eines Stücks ihrer Ge­
               lieu- und Kneipengeschichte und erzählt von den Re­        schichte beraubt wurden, die den entwurzelten Bäu­
               pressalien der österreichischen Nachkriegszeit. (jk)       men nachschauen und trauern. (fb)
20                                                                                                                                               21
FILMPROGRAMM

                first in first out                                     Pain, Vengeance?
                Zacharias Zitouni, D 2019, 26 min, OmeU                Stefan Hayn, D 2019, 76 min, OmdU
METROPOLIS      Ein Mann arbeitet in einer Großküche eines Flug­       Robert Antelme, französischer Schriftsteller und
SA 18.09.       hafens. Auf einem dort ausgehängten Schreiben          Kommunist, gerät im Juni 1944 in die Fänge der Ge­
14 UHR          steht: „Dear colleagues, I kindly ask you to cater     stapo. Es folgen Ausbeutung, Erniedrigung und ge­
                the following deportation flight …“ Der Mann legt      zielte Entmenschlichung in den KZs Nazi-Deutsch­
GAST: ZACHARIAS vorschriftsgemäß nur Plastikbesteck bei. Er betont,                                           humaine«,
                                                                       lands. Bereits 1947 verfasst er »L’espece
ZITOUNI         glücklich zu sein. Der Sohn des Mannes stößt sich an   darin enthalten eine Passage zu den tödlichen Aus­
Q&A: DEUTSCH    dieser Normalität und involviert die Mutter, die aus   wirkungen eines unter Inhaftierten geahndeten Brot­
                dem Off berichtet: Wie der Mann und Vater 25 Jah­      diebstahls. Außerdem unter dem Titel »Vengeance«
DOUBLE          re zuvor überraschend beim Lebensmitteleinkauf         ein Appell an seine Landsleute, sich der nahelie­
FEATURE MIT     verhaftet wurde. Wie er einst selbst, nach monate­     genden Rache an den deutschen Aggressoren nicht
FILM S. 23      langem Hin und Her zwischen Untersuchungs-, Ein­       hinzugeben. Als »lecture filmée« bezeichnet nun der
                zel- und Abschiebehaft, schließlich vom selben Flug­   Film das von ihm gewählte Setting des wortgetreuen     METROPOLIS

           D    hafen aus nach Algerien ausgeflogen worden war.        Vortrags der Originaltexte. Und so wird die Passage    SA 18.09.
  DO KL AN
                Gut 15 Jahre alte Familienurlaubsbilder, mit einem     zum Brotraub hörbar von Deutsch-Muttersprachlern       14 UHR
  HAMBURG
                Camcorder aufgezeichnet, wechseln sich ab mit ak­      gesprochen. Sie stehen in einem großen, verstören­
                tuellen Aufnahmen vom arbeitenden Vater. Und auch      den Raum: einst Klosterkirche, später Unterkunft der   GAST: STEFAN
                wenn die eingesetzte Kamera dieselbe geblieben ist,    französischen Inhaftierten im KZ Bad Gandersheim,      RIPPLINGER
                produziert sie doch heute nur noch lückenhafte, wie    heute das Museum »Klosterkirche Brunshausen«.          (PROTAGONIST)
                angegriffen wirkende Bilder. „Willst du noch was er­   Ausgestattet mit Antelmes Überlegungen, mag man        Q&A: DEUTSCH
                zählen?“ fragt der Sohn. Darauf der Vater: „Dass ich   sich nicht ausmalen, was dieser Raum binnen kürzes­
                dich lieb habe? Ja! Mehr nicht.“ (vk)                  ter Zeit zukünftig sein könnte. (vk)
22                                                                                                                                         23
ung«
                                                                                                                    PROGRAMMPLAN
      »Ausstell aub
        H u il le t/Str
     zu               is
        Metropol
          S. 40/41
          MI bis SO

                           Mittwoch /// 15.09.           Donnerstag /// 16.09.              Freitag /// 17.09.              Samstag /// 18.09.              Sonntag /// 19.09.
                                                         11.00 Uhr                          11.30 Uhr                     11.00 Uhr                 10.30 Uhr
METROPOLIS                                               Kunst kommt aus dem Schnabel
                                                         wie er gewachsen ist   S. 12
                                                                                            L’artificio //
                                                                                            Rift Finfinnee       S. 16/17
                                                                                                                          Lesung mit Filmprogramm Journey Back Home
                                                                                                                                           S. 38/39                              S. 32
                                                         14.00 Uhr                          15.00 Uhr                    14.00 Uhr                          12.45 Uhr
                                                         A River Runs, Turns, Erases,       Ziyara                       first in first out //              Stop Filming Us
                                                         Replaces                                                  S. 18 Pain, Vengeance?                                        S. 33
                           Eröffnungsfilme                                          S. 13                                                        S. 22/23
                           10.00 Uhr                     16.30 Uhr                          17.45 Uhr                                                       15.00 Uhr      »Panel«
                           The Works and Days            Khans Leib                         When a farm goes aflame                                         Koloniale Aufarbeitung im
                                                  S. 7                              S. 14                          S. 19                                    Dokumentarfilm
                                                                                                                                                                                 S. 34
                           20.30 Uhr                   19.00 Uhr                            21.00 Uhr                                                       20.30 Uhr
                           Please Hold the Line        Herr Bachmann und seine              Taming the Garden                                               Nemesis
                                                  S. 9 Klasse                                                       S. 21                                                        S. 37
                                                                                    S. 15
                                                                                            13.00 Uhr                       16.00 Uhr                   13.00 Uhr
B-MOVIE                                                                                     The Works and Days              Wenn ihr uns das später     Geboren in Ravensbrück
                                                                                                                     S. 7   erst erklären wollt, dann                      S. 35
                                                                                                                            wissen wir das schon //
                                                                                                                            Anders
                                                                                                                                               S. 26/27
                                                                                                                                                           15.00 Uhr
                                                                                                                                                           Erwin //
                                                                                                                                                           Wohnhaft Erdgeschoss
                                                                                                                                                                               S. 36
                                                                                                                            18.00 Uhr                     17.30 Uhr
LICHTMESS                                                                                                                   Jetzt oder morgen             Reiseführer durch 23 Tage
                                                                                                                                                    S. 29 im Mai
                                                                                                                                                                               S. 43
                                                                                            20.30 Uhr                       21.00 Uhr
                                                                                            Aufzeichnungen aus der          Her Name Was Europa //
                                                                                            Unterwelt              S. 20    A Demonstration
                                                                                                                                            S. 30/31

24                                                                                                                                                                                25
FILMPROGRAMM

               Wenn ihr uns das später erst erklä-
               ren wollt, dann wissen wir das schon                         Anders
               Leo Rottmann, D/B 2020, 23 min, OmeU                         Nanna Wibholm, D/DK 2020, 35 min, OmeU
ERÖFFNUNG:
               „Wie fängt die ganze Geschichte noch mal an?“ – wird         „Du kannst nicht erfassen, wer du bist“, sagt der Pro­
B-MOVIE                                                                                                                              DOK LAN D
               gefragt, nachdem bereits mehrfach zu einer mögli­            tagonist Anders bei einem der Treffen mit der Filme­
SA 18.09.                                                                                                                            HAMBURG
               chen Erzählung angesetzt wurde. Zu sehen sind Va­            macherin Nanna Wibholm. Wenn das so ist, wie viel
16 UHR
               riationen von Gruppenkonstellationen, wie durch eine         kann man von einer anderen Person kennenlernen
               Pendelbewegung angetrieben: junge Mädchen, junge             oder wissen? Wie kann man sich ihr nähern und von
GAST: LEO
               Frauen, junge Mädchen, junge Frauen … Bestenfalls            ihr erzählen?
ROTTMANN
               als Randfiguren tauchen auf: Jungs und Männer. Über          In ihrem dokumentarischen Essay versucht Wibholm
Q&A: DEUTSCH
               die Bezeichnungen ließe sich streiten, ebenso über           diesen Fragen in einem Wechselspiel von Annähe­
               die genauen Grenzverläufe zwischen dem Vorgefun­             rung und Unnahbarkeit auf den Grund zu gehen. Oft
DOUBLE
               denen und dem Erfundenen, dem Dokumentarischen               besucht sie Anders. Sie reden über das, was ihn zu
FEATURE MIT
               und dem Inszenierten. Denn so sehr dieser Film auch          beschäftigen scheint, und ihre Gespräche kreisen da­     B-MOVIE
FILM S. 27
               direkt aus dem Leben gegriffen wurde, so wird doch           bei auch immer wieder um seine psychische Erkran­        SA 18.09.
GEINFÜHRUNG:
               deutlich, dass er der Wirklichkeit gedanklich um eine        kung, wie sie sein Leben gezeichnet hat.                 16 UHR
               Utopie voraus ist: Nichts Geringeres als das Patriar­        Wibholm überträgt ihre Suche nach Anders’ Persön­
 DO KL AN D    chat scheint hier überwunden, ebenso wie die Kamera          lichkeit hierbei auf die Kamera, die jedoch wie ihr      GAST: NANNA
 HAMBURG       emanzipiert von hierarchisch organisierter Filmpro­          Unterfangen immer im Ungefähren bleibt und kein          WIBHOLM
               duktion. „I feel like shit“ ist auf dem T-Shirt einer Pro­   klares Bild abgeben kann. (sp)                           Q&A: ENGLISCH
               tagonistin zu lesen und erinnert daran, dass der Film
               einer Gegenwart entspringt, in der es gilt, die von ihm
               eröffneten Möglichkeiten noch zu verwirklichen. (vk)
26                                                                                                                                                 27
© Chichinette, missingFILMs
                                                                       FILMPROGRAMM

                              Jetzt oder morgen
                              Lisa Weber, AUT 2020, 89 min, OmeU
                              Noch vorm ersten Bild erklingt „Happy Birthday, Da­
                              niel!“ Der Vierjährige ist der Sohn von Claudia, die ihn
                              mit 15 bekam. Sie leben mit Claudias Bruder Gerhard
                              und der Mutter Gabi in einer Wiener Sozialwohnung.
                              Ein Leben in finanzieller Notlage, abschlusslos, aus­
                              bildungslos, arbeitslos. Der alltägliche Stillstand nur
                              unterbrochen von den jährlichen Feiern des Individu­
                              ums: der Geburtstag als Höhepunkt, erwartungsbe­
                              laden. Was bleibt denn schon, wenn keine Zukunft in
                              Sicht ist? „So viel Zeit und kein Leben“, so der Bruder.
                              Dazwischen wie als Leitmotiv die Popballade »When          LICHTMESS
                              You Believe« von Whitney Houston und Mariah Carey,         SA 18.09.
                              mit der sich die Familie feiert. When you believe – aber   18 UHR
                              wie Berge versetzen, wenn es sich längst ausgeglaubt
                              hat … Lisa Weber ist in ihrer intimen Beobachtung,         GAST: LISA
                              die über mehr als drei Jahre ging, nicht unsichtbar.       WEBER
                              Sie arrangiert und interveniert behutsam. Zeigt, dass      Q&A: DEUTSCH
                              da nicht nur eine Kamera ist, wie die „Fliege an der
                              Wand“, sondern eine reale Person dahinter. So gelin­
                              gen ihr tiefe Einblicke in eine Familie ohne Perspek­
                              tive, die aber eine große Geborgenheit ausstrahlt. (tg)
                                                                                                      29
FILMPROGRAMM

               Her Name Was Europa                                                A Demonstration
ERÖFFNUNG:     Anja Dornieden, Juan David González Monroy, D 2020, 76 min, OmeU   Sasha Litvintseva, Beny Wagner, D/NL/GB 2020, 24 min, OmeU
LICHTMESS      Das Vorhaben, eine ausgestorbene Tierart wiederzu­                 Es gab eine Zeit in Europa, in der der Mensch nicht          LICHTMESS
SA 18.09.      erwecken, ist für den Menschen scheinbar gleichsam                 das Maß aller Dinge war und in der Monster ein un­           SA 18.09.
21 UHR         unmöglich wie erstrebenswert. Für Lutz Heck, deut­                 trennbarer Teil des Lebens waren. ›A Demonstration‹          21 UHR
               scher Zoologe und Tierforscher, ist die Rückzüchtung               erzählt davon und zeigt, wie dies der Aufbruch der
GÄSTE: ANJA    des im 17. Jahrhundert ausgestorbenen Auerochsen                   Moderne war: eine Unterscheidung zwischen dem                GÄSTE: SASHA
DORNIEDEN,     mit dem sogenannten Heckrind angeblich gelungen.                   Normalen und dem Anormalen vorzunehmen und                   LITVINTSEVA,
JUAN DAVID     Gemeinsam mit den Nazis und seinem Unterstützer                    sie zu vergleichen. Das Bedürfnis, einer christlichen        BENY WAGNER
GONZÁLEZ       Hermann Göring galt es, ein wildes, arisches Groß­                 Tradition entspringend, die Welt so zu klassifizieren,       Q&A: ENGLISCH
MONROY         wildjagdgebiet auferstehen zu lassen. Die Schriften                führt die Filmemacher*innen an die Schauplätze die­
Q&A: DEUTSCH   und Fotografien Hecks sind der Ausgangspunkt dieses                ser Taxonomien der Wissenschaft der frühen Moder­
               schwarz-weißen, analogen Essayfilms. In den Nieder­                ne – genauso wie in den Tresor Klub in Berlin. In ihrer
DOUBLE         landen stoßen die Filmemacher*innen auf eine Stif­                 Beschäftigung mit dem Verhältnis von Mensch und
FEATURE MIT    tung, deren Forschungsgegenstand ebenfalls die Er­                 Natur schaffen sie im antagonistischen Spiel selbst
FILM S. 31     schaffung eines Abbilds des Auerochsen darstellt. Die              eine monströse audiovisuelle Arbeit. Der Schnitt am
GEINFÜHRUNG:   ideologischen Hintergründe sind andere, aber auch                  Körper und am Film werden dabei zum Ausdruck der
               hier findet sich eine idealisierte und zweckgebundene              Logik von Klassifikationen und Monstrosität, lässt sich
               Vorstellung von Natur wieder, die mit Genforschung,                Letzteres aus dem lateinischen »monstrare« (zeigen,
               Zeichnungen, 3-D-Drucken oder Modellen herbeibe­                   demonstrieren oder lüften) ableiten. Der Film lotet
               schworen wird. Texttafeln und Tierfotografien Hecks                in seiner psychedelischen Montagetechnik stets die
               strukturieren den Film in seiner offenen Suche nach                Grenzen der Wahrnehmung aus und wirft nicht zuletzt
               etwas, das nicht mehr existiert: der Auerochse. (mr)               die Frage gegenwärtiger Monster auf. (sp/mr)
30                                                                                                                                                            31
FILMPROGRAMM

                 Journey Back Home                                        Stop Filming Us
                 Christian Scholz, D 2021, 94 min, OmeU                   Joris Postema, NL 2020, 95 min, OmeU
METROPOLIS       Aufgewachsen sind Christian und Stefan (Steve)           ›Stop Filming Us‹ ist ein Film, der Fragen aufwerfen
SO 19.09.        Scholz wohlbehütet in Namibia – der Zivildienst          will, und die Art, wie er dies angeht, wirft neue Fragen
10.30 UHR        brachte Christian nach Hamburg. Jahrzehnte später        auf: Worum es geht: Ein weißer niederländischer Fil­
                 sind sie zurückgekehrt in das Land im Süden Afri­        memacher reist in die Demokratische Republik Kongo
GÄSTE:           kas, in dem sie strikt weiß erzogen wurden. Christian    und trifft dort Schwarze kongolesische Künstler*innen
CHRISTIAN        kam ins Internat, in dem es keine schwarzen Schü­        und Filmemacher*innen. Er fragt sie, ob er, als Pro­       METROPOLIS
UND STEVE        ler gab, wurde konfirmiert, und sein Bruder Stefan       fiteur von aus der Kolonialgeschichte resultierenden       SO 19.09.
SCHOLZ           schloss sich dem Swapo-Widerstand an, für den sich       Machtverhältnissen, im Kongo überhaupt einen Film          12.45 UHR
                 Christian auch in der Bundesrepublik einsetzte – ein     machen sollte. Die Antworten sind alles andere als
PANEL + Q&A      Engagement, das nicht so ganz zu einem Zivildienst­      eindeutig positiv, doch der Film wird realisiert. Einmal   GÄSTE: GANZA
ZUM FILM         leistenden passen mochte, zumindest bei der Gewis­       will der Filmemacher wissen: „Habe ich heute etwas         BUROKO
15 UHR (S. 34)   sensprüfung auf Gewaltfreiheit … Eine Geschichte,        Neokoloniales gemacht?“ Triggerwarnung: Er hat!            (PROTAGONIST),
                 die sich nicht leicht erzählt. Eine Generation später    Aber hat er darüber hinaus auch einen postkolonialen       JORIS POSTEMA
                 ist nun die Entschädigung der Opfer des Völkermords      Film gemacht? Begibt er sich bewusst in die Rolle des
                 an Hereros und Nama unter deutscher Kolonial­            naiven weißen Künstlers, um genau an diesem Punkt          PANEL + Q&A
 DO KL AN D
                 verwaltung auf der Agenda und gibt dem Film eine         demonstrativ zu scheitern? Wie geht die Geschichte         ZUM FILM
 HAMBURG         Blickrichtung – zeigt, mit welchen Mitteln die Brüder    dieser Begegnungen nach und außerhalb des Films            15 UHR (S. 34)
                 Politik machten als Weiße in der Schwarzen Commu­        weiter? Neben Fragen zum Einsatz von strategischem
                 nity. Der Film setzt dabei auf die Ungebrochenheit der   Essentialismus im Dokumentarfilm diskutieren wir um
                 Ich-Erzählung – ein Erzählmodell, das auch anders        15 Uhr (Seite 34) genauer, welche Debatten der Film
                 gedacht werden kann. Siehe auch Seite 34. (rg/mg)        bislang ausgelöst hat. (mg)
32                                                                                                                                                    33
DISKUSSION                                                                                                          FILMPROGRAMM

                 Panel zu kolonialer Aufarbeitung                          Geboren in Ravensbrück
                 im Dokumentarfilm                                         Jule von Hertell, D 2021, 45 min, OmeU
                 Diskussion zu ›Journey Back Home‹ und ›Stop Filming Us‹   Etwa 900 Kinder wurden zwischen 1939 und 1945 im
  METROPOLIS     ›Journey Back Home‹ und ›Stop Filming Us‹ behan­          Frauen-Konzentrationslager Ravensbrück geboren,
  SO 19.09.      deln auf sehr verschiedene Weisen den Umgang              nur 2 bis 3 Prozent von ihnen überlebten. Eines die­
  15 UHR         mit kolonialen Vergangenheiten: Der Erstere ist die       ser Kinder ist Ingelore Prochnow. Von ihrer Mutter
                 autobiografische Erzählung eines Hamburger Re­            nach der Befreiung in einem Flüchtlingslager zu­          DOK LAN D
  GÄSTE:         gisseurs, der in Namibia aufwuchs und sich mit der        rückgelassen, wuchs sie bei Pflegeeltern auf, lange       HAMBURG
  CHRISTIAN      eigenen Geschichte im Spannungsfeld der Aufarbei­         ohne um ihre tatsächliche Herkunft wissend. Der in
  SCHOLZ, STEVE  tung deutscher kolonialer Vergangenheit und Gegen­        ihrem Pass eingetragene Geburtsort »Ravensbrück«
  SCHOLZ, JORIS  wart im heutigen Namibia auseinandersetzt. Und in         veranlasste sie schließlich, nach ihrer Vergangenheit
  POSTEMA, GANZA ›Stop Filming Us‹ geht ein Niederländer im Selbst­        und ihrer leiblichen Mutter zu forschen. Die Rekon­
  BUROKO         versuch in der Demokratischen Republik Kongo der          struktion von Geschehnissen und eine Erinnerung zu       B-MOVIE
                 Frage nach, wie »postkolonialer« Film aus weißer          bewahren, ohne eine eigene zu haben, sind auch der       SO 19.09.
  IN ENGL. UND   Perspektive überhaupt gelingen kann. Beide Filme          Versuch des Films. Wie lässt sich bildlich darstellen,   13 UHR
  FRANZ. SPRACHE stellen sich ihren Kritiker*innen und verstehen sich      was so lückenhaft und manchmal nur als Gefühl be­
                 als Beiträge – mit den Mitteln des Dokumentarfilms –      schreibbar ist? Und wie können heutige Gedenkorte        GAST: JULE
                 zu einer laufenden Auseinandersetzung. Und zu bei­        und zur Verfügung stehendes Material dafür genutzt       VON HERTELL
                 den entstehen derzeit alternative Schnittversionen,       werden? Nur noch 40 Überlebende des KZ Ravens­           Q&A: DEUTSCH
                 die andere Perspektiven und Meinungen abbilden            brück können uns von diesem Ort und ihren Erlebnis­
                 wollen. Wir wagen das Experiment, beide Filme ge­         sen während der NS-Herrschaft leibhaftig erzählen.
                 meinsam zu diskutieren, mit den Filmemachern, zwei        In dieser Verantwortung sieht sich Ingelore Prochnow,
                 Protagonisten und dem Publikum. (mg)                      und das ist es, was diesen Film wichtig macht. (jk)
  34                                                                                                                                              35
FILMPROGRAMM                ˇ                                                                                      ABSCHLUSSFILM

                Erwin
                Jan Soldat, D/AUT, 2020, 16 Min, OmeU
                                                                           Nemesis
                Wohnhaft Erdgeschoss                                       Thomas Imbach, CH 2020, 132 min, OmeU
                Jan Soldat, D/AUT, 2020, 48 Min, OmeU                      Ein Güterbahnhof in Zürich soll weichen und ein Ge­       METROPOLIS
                Jan Soldats Auseinandersetzung mit Menschen, de­           fängnis- und Polizeizentrum entstehen. Über sieben        SO 19.09.
 B-MOVIE        ren sexuelle Praktiken sie meist ins heteronormati­        Jahre dokumentiert der Filmemacher von seinem             20.30 UHR
 SO 19.09.      ve Abseits verbannen, bildet ein stetig wachsendes,        Fenster aus die Veränderungen in irritierend betören­
 15 UHR         nicht institutionelles Filmarchiv. Sein Zugang ist stets   den 35mm-Filmaufnahmen: Abriss, Zwischennutzung,          LIVE-VIDEO-
                unverstellt und von empathischer Neugier geprägt.          Feierlichkeiten, klandestiner Gebrauch, schließlich die   GESPRÄCH MIT
 GAST: JAN      Das Sexuelle dient als Katalysator, um von Lebensre­       Fertigstellung bis zum Rohbau. Der Bildfluss wird mal     THOMAS IMBACH
 SOLDAT         alitäten, Abgründen und der Schönheit menschlicher         entschleunigt, mal gerafft, die Töne dazu überspitzt      IN DEUTSCH
 Q&A: DEUTSCH   Existenz zu berichten. Erwin lebt im Wohnwagen.            rekonstruiert. Nach und nach löst sich die Perspekti­
 SHENGZE        Zwei Webcams machen ihn für Sexpartner sichtbar.           ve des Voiceovers von der direkten des Filmemachers,
                Im Dialog mit dem Filmemacher erfahren wir von             weitere Personen kommen hinzu. Sie heißen Mourad,
                seinen großen Lieben und Familienverhältnissen.            Abdoul, Aron, Saleh, Ibrahim, Benji, Abed, Hamza oder
                Die präzisen, meist statischen 4:3-Mini-DV-Bilder          Bibasta und berichten von Folter und Haft in ihrer
                setzen, wie in ›Wohnhaft Erdgeschoss‹, kammer-             Heimat, von Ausbeutung und Gewalt auf der Flucht.
                spielartig den Körper in ein symbiotisches Verhältnis      Und von Erfahrungen als „Ausschaffungshäftling“ in
                zur Enge des Raums. Heiko lebt in seiner Berliner          der Schweiz. „Lieber will ich in der Hölle leben als in
                Erdgeschosswohnung und liebt es, überallhin zu uri-        diesem verkorksten Land“, sagt Saleh. Dazu zu sehen
                nieren. Soldat lässt ihn agieren, und man spürt das        sind trendy Menschen, ausgelassen Badminton spie­
                wertvolle Vertrauen, das Heiko ihm entgegenbringt          lend im Sand der Baustellenbrache. Wer jemals in der
                – und uns Zugang zu einer schicksalsbehafteten Bio­        Schweiz plötzliche Bauchschmerzen bekam und nicht
                grafie und widerständigen Wendefigur gewährt. (bs)         verstand warum, wird hier Antworten finden. (vk)
 36                                                                                                                                                37
SPECIAL

             Daniele
                  ` Huillet, Jean-Marie Straub:
                                                                        Encounters with the Films of Daniele` Huillet and
             „Die Größe des Films, das ist die                          Jean-Marie Straub« (Sternberg Press, London 2021),
             Bescheidenheit, dass man zur                               ein Kompilationsband mit Beiträgen von Autor*innen,
                                                                        Künstler*innen und Theoretiker*innen, entstanden
             Photographie verurteilt ist“                               in Folge einer mehrmonatigen Veranstaltung an der           GÄSTE: ANNETT
             Lesung mit Filmprogramm
                                                                        Akademie der Künste Berlin, die neben einer voll­           BUSCH, TOBIAS
METROPOLIS   Die Filme von Daniele` Huillet und Jean-Marie Straub,
                                                                        ständigen Retrospektive des filmischen Werks auch           HERING, UTE
SA 18.09.    entstanden in Deutschland, Italien und Frankreich,
                                                                        Vorträge, Diskussionen, Konzerte sowie eine Ausstel­        HOLL, VOLKO
11 UHR       sind Schlüsselwerke des zeitgenössischen Kinos, die
                                                                        lung umfasste.                                              KAMENSKY,
             ein leidenschaftlich kritisches Denken und Schrei­ben
                                                                        Aus beiden Büchern lesen Autor*innen und Heraus­            MARKUS NECH-
             angeregt haben. Kennzeichnend ist die ihnen zugrun­
                                                                        geber*innen Textpassagen, in Bezugnahme zu aus­             LEBA, ANTONIA
             de liegende Auffassung, die mittels Kamera und Ton­
                                                                        gewählten Filmen aus sechs Jahrzehnten.                     WEISSE
             aufnahmegerät registrierte Wirklichkeit sei als „Rea­
             litätsblock“ zu verstehen, das heißt als unverrückbare
                                                                        Einleitung zu Arnold Schoenbergs
             Einheit von Ton und Bild sowie von Raum und Zeit.
                                                                        ­Begleitmusik zu einer Lichtspielscene
             Zwei Bücher sind neu erschienen und geben Einblick         Daniele
                                                                            ` Huillet, Jean-Marie Straub, BRD 1972, 15 min, OmeU
             in ein vielfältiges Werk, in dem Ästhetik und Poli­        En rachâchant
             tik aufs Engste verwoben sind. Zum einen »Daniele­    `        ` Huillet, Jean-Marie Straub, F 1982, 7 min, OmeU
                                                                        Daniele                                                    In Kooperation mit:
             ­Huillet, Jean-Marie Straub: Schriften« (Texte zum         L’arrotino (Le rémouleur)
                                                                        Daniele
                                                                            ` Huillet, Jean-Marie Straub, I/F 2001, 7 min, OmeU
              Dokumentarfilm XXII, Vorwerk 8, Berlin 2020), in dem
                                                                        La Guerre d’Algérie!
              erstmals in deutscher Sprache alle Texte ­versammelt      Jean-Marie Straub, CH/F 2014, 2 min, OmeU
              sind, die Huillet und Straub für eine ­Veröffentlichung   La France contre les robots
              verfasst haben. Zum anderen »Tell It to the Stones.       Jean-Marie Straub, CH 2020, 2 x 5 min, OmeU

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AUSSTELLUNG

     Operai, Contadini, Cineasti …                                   6 Bagatelas
                                   ` Huillet und Jean-Marie Straub
     Blicke auf die Arbeit von Daniele                               Pedro Costa, POR/F 2001, 18 min, OmeU
     „Man muss ganz bestimmte Filme drehen, für ganz                 Sechs Einstellungen fanden keinen Eingang in Pedro­
     bestimmte Sprachen, an ganz bestimmten Stellen,                 Costas Langfilm ›Ou` gît votre sourire enfoui?‹, in dem
     zu ganz bestimmten Orten, zu ganz bestimmten                    er Huillet und Straub bei der Fertigstellung ihres        AUSSTELLUNG
     Fragen“, schrieben Huillet und Straub 2001. Die Be­             Filmes ›Sicilia!‹ beobachtete. Als ›Bagatellen‹ be­       UND FILME
     stimmtheit, mit der die beiden historisches Textma­             zeichnet, geben sie Einblick in eine Arbeits- und Le­     IM FOYER DES
     terial auswählten, Drehorte suchten und Situationen             bensweise, in der das Kleine, Nebensächliche immer        METROPOLIS
     dokumentierten, mit Laiendarsteller*innen spezifi­              auch mit dem Großen, Wesentlichen kommuniziert.           (2. UG)
     sche Sprechweisen entwickelten und immer mit allen              Wäsche reparieren und zusammenlegen, so begreift
     Involvierten konstruktive Formen der Auseinander­               man, steht jedenfalls in keinerlei Widerspruch zu an­     GANZTÄGIG
     setzung suchten, hat viele, die mit ihrer Arbeit in Be­         geregt kritischen Auseinandersetzungen über sozia­        GEÖFFNET
     rührung kamen, nachhaltig geprägt. Aus einer Fülle              listische Utopien und kapitalistische Filmproduktion.
     von Arbeitsmaterialien und den vielfältigen künstle­
     rischen Auseinandersetzungen Dritter mit dem Werk               Schaut Euch diesen Berg an, einstmals war
     von Huillet und Straub werden einige Faksimiles,                er Feuer
     Fotos sowie die Filme ›6 Bagatelas‹ von Pedro Costa             Harald Bergmann, D 1991, 61 min, OmeU
     und ›Schaut Euch diesen Berg an, einstmals war er               Aufnahmen aus einem Schnittseminar mit Daniele`
     Feuer‹ von Harald Bergmann gezeigt (rechts).                    Huillet und Jean-Marie Straub an der HFBK Ham­
                                                                     burg (1987), bei dem die »Hamburger Fassung« von
                                                                     ›Der Tod des Empedokles‹ entstand, alternierend
     Präsentiert von:                                                geschnitten mit Aufnahmen aus der Umgebung des
                                                                     Mont Sainte-Victoire bei Aix-en-Provence.
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SPECIAL

     Wollen wir Freundschaft schließen?                      Reiseführer durch 23 Tage im Mai
     Wen braucht ein Festival außer begeisterten             Klaus Wildenhahn (R), Frank Groth (K), D 1993, 120 min, dt. OF
     Besucher*innen und spannenden Gästen? Na klar:          Episoden aus 23 Tagen Streik in Brandenburg – dem                LICHTMESS
     treue und neue Freund*innen. Mit tatkräftiger Betei­    ersten seit 60 Jahren in Ostdeutschland. Auslöser war            SO 19.09.
     ligung wird das Festival erst so sehenswert, so bunt,   der Verkauf der Elektro-Stahlwerke an den italieni­              17.30 UHR
     wild und gut organisiert, dass ihr es gern besuchen     schen Riva-Konzern durch die Treuhand. Auf den An­
     möchtet. Daher gibt es einen Förderverein, der uns      ruf eines alten Gewerkschaftsfreundes hin fuhr Klaus             LIVE-VIDEO-
     unterstützt. Die freund*innen der dokumentarfilm­       Wildenhahn mit Kameramann Frank Groth nach                       GESPRÄCH MIT
     woche hamburg e.V. sind gemeinnützig und offen für      Brandenburg. Am ersten Mai drehen sie Stepptanz im               MIT FRANK
     alle Dokumentarfilminteressierten und jene, die es      Frack, nach 20 Tagen Streik filmen sie den Kung-Fu-              GROTH (KAMERA)
     werden möchten. Die Mitglieder des Vereins werden       Film ›Das Schwert‹ bis ein Uhr nachts im Streiklokal.            Q&A: DEUTSCH
     regelmäßig zu besonderen Veranstaltungen einge­         Dann wieder Alltag des Streiks: Streikende und Ar­
     laden. Sie schauen echte Raritäten der Filmkunst        beitswillige prallen am Werktor aufeinander, dazwi­
     und können sich mit anderen Interessierten darüber      schen Lkw-Fahrer und Kranführerinnen – Frauenbe­
     austauschen. Die freund*innen erhalten auch einen       ruf noch, mit der Wende ruckzuck raus. Die Jungen
     Festivalpass, der sie berechtigt, alle Vorführungen     werden umgeschult, die Alten freigesetzt. Am Anfang
     der dokumentarfilmwoche hamburg zu schauen. Wer         und Ende dieses schwarz-weißen Dokumentarfilms
     mehr tun möchte, kann den Verein auch mit Ideen, ak­    steht das gleiche Bild: ein leicht schäbiger Raum ei­
     tivem Zutun oder Ressourcen voranbringen – es war­      ner Kneipe in Brandenburg. Man tanzt etwas unge­
     ten viele mögliche Aufgaben auf dich. Willst du Mit­    lenk zu Popmusik – der Streik ist vorbei. (rg)
     glied werden, das Festival mitgestalten, dann sprich
     unser Team beim Festival an oder schau vorbei auf
     www.dokfreundinnen.com. Wir freuen uns auf dich.
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HYGIENEMASSNAHMEN

 Endlich wieder Festival!                                               Apres-dok
                                                                           `
 Wir möchten ein sicheres Festival für alle Gäste und Besucher*innen    Das im Kino Gesehene im Gespräch sacken lassen,
 gewährleisten, deswegen bitten wir euch, die geltenden Maßnahmen       zugleich sich bei einem Getränk unter freiem Himmel
                                               `
 in unseren Festivalkinos und bei unserem Apres-dok   im Gängeviertel   abstandsgerecht erfrischen. Dazu laden wir am Mitt­
 zu beachten und einzuhalten.                                           woch, Donnerstag und Freitag wenige Schritte vom
 Die Regeln bei Redaktionsschluss Mitte August: Für einen Kinobe­       Metropolis entfernt in den Hof der Schierspassage im
 such müssen alle Besucher*innen entweder vollständig geimpft oder      Gängeviertel. Zwischen den alten Häusern liegt ein
 genesen sein und den entsprechenden Nachweis, alternativ einen         klassischer Gang – früher mal Rotlichtviertel, heute
 negativen Schnelltest (nicht älter 24 Stunden) oder PCR-Test (nicht    unangepasster Kulturort. Kommt in die Gänge!
 älter als 48 Stunden) mit sich führen. Vor jeder Vorstellung müssen    15. bis 17. September, jeweils ab 22 Uhr, Schierspas­
 die Kontaktdaten entweder per App oder auf einem Zettel hinterlegt     sage, Zugang über Valentinskamp oder Speckstraße.
 werden. Bei Krankheitssymptomen werden Besucher*innen angehal­         Die vor Ort geltenden Hygieneregeln halten wir ein.
 ten, den Kinos fernzubleiben.
 In den Foyers, auf Fluren und in Sanitäranlagen aller Festivalkinos    Kinos / Tickets
 gelten die AHA-Regeln. Es muss eine medizinische Maske (OP oder        8 Euro / 6 Euro ermäßigt
 FFP2) getragen werden, auch während der Vorführungen. Für den          Festivalpass 35 Euro / 25 Euro ermäßigt
 Konsum von Getränken am Platz kann die Maske kurzzeitig abgenom­
                                                                        Festivalpässe sind nur im Kino erhältlich. Online sind Tickets für
 men werden.                                                            Metropolis und B-Movie über deren Websites buchbar.
         `
 Das Apres-dok   in der Schierspassage im Gängeviertel ist eine Open-
 Air-Veranstaltung. Es besteht daher keine Test- und Maskenpflicht,
 am Eingang werden lediglich die Kontaktdaten abgefragt.                Kleine Theaterstr. 10            Gaußstr. 25                    Brigittenstr. 5
 Wir bitten um Einhaltung und gemeinsame Rücksicht! Bleibt gesund!      www.metropoliskino.de            www.lichtmess-kino.de          www.b-movie.de

 44                                                                                                                                                       45
Filmindex A-Z

                                                                                                                     Impressum
                                                                                                                     dokumentarfilmwoche hamburg e. V.
                                                                                                                     Bodenstedtstr.16
                                                                                                                     22765 Hamburg
                                                                                                                     info@dokfilmwoche.com
                                                                                                                     www.dokfilmwoche.com

6 Bagatelas...................................... 41      L’arrotino (Le rémouleur)................ 39               Redaktion: Tim Gallwitz                       Filmauswahl und Organisation:
A Demonstration.............................. 31          L’artificio.......................................... 16   Bildredaktion: Annika Börm                    Francesca Bertin, Tim Gallwitz,
A River Runs, Turns,                                      La France contre les robots.............. 39               Grafik: Felix Grimm                           Rasmus Gerlach, Felix Grimm, Maren
Erases, Replaces............................. 13          La Guerre d’Algérie!........................ 39            Plakat/Trailer: Johanna Klier,                Grimm, Volko Kamensky, Johanna
Anders............................................. 27    Nemesis........................................... 37      Felix Grimm                                   Klier, Sophie Peterson, Malte Rollbüh-
Aufzeichnungen aus                                        Pain, Vengeance?............................. 23                                                         ler, Bernd Schoch, Antje Strohkark
der Unterwelt.................................. 20        Please Hold the Line.......................... 9           V.i.S.d.P.: Felix Grimm
Einleitung zu Arnold Schoenbergs                          Reiseführer durch 23 Tage im Mai.... 43                    Druck: Drucktechnik Altona                    Gästebetreuung: Francesca Bertin
Begleitmusik zu einer                                     Rift Finfinnee................................... 17                                                     Website: Claudia Wondratschke
Lichtspielscene................................ 39        Schaut Euch diesen Berg an,
                                                                                                                     Texte: Francesca Bertin, Tim Gallwitz,        Social Media: Sophie Peterson
En rachâchant.................................. 39        einstmals war er Feuer ................... 41
                                                                                                                     Rasmus Gerlach, Maren Grimm, Volko            Presse: Antje Strohkark
Erwin............................................... 36   Stop Filming Us................................ 33
                                                          Taming the Garden........................... 21            Kamensky, Johanna Klier, Sophie               Kopienlogistik: Thorkil Asmussen
first in first out................................. 22
Geboren in Ravensbrück.................. 35               The Works and Days (of Tayoko                              Peterson, Malte Rollbühler, Bernd             Übersetzungen: Maren Grimm, Sam
Her Name Was Europa..................... 30               Shiojiri in the Shiotani Basin)............. 7             Schoch, Antje Strohkark                       Heinrichs, Sophie Peterson
Herr Bachmann und seine Klasse.... 15                     Wenn ihr uns das später erst
Jetzt oder morgen........................... 29           erklären wollt, dann wissen                                   Die dokumentarfilmwoche hamburg wird unterstützt durch:
Journey Back Home......................... 32             wir das schon................................... 26
Khans Leib....................................... 14      When a farm goes aflame................ 19
Kunst kommt aus dem Schnabel                              Wohnhaft Erdgeschoss.................... 36
wie er gewachsen ist........................ 12           Ziyara............................................... 18
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