IHK-Positionen zur Bundestagswahl 2021 - Brandenburgs Chancen nutzen - IHK Potsdam
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IHK-Pesotasgitswio nen zur Bund ahl 2021 Brandenburgs Chancen nutzen Erwartungen der regionalen Wirtschaft an die neue Bundesregierung
2 Inhalt Vorwort 3 Inhalt Vorwort Vorwort 3 Für eine starke Wirtschaft 1. Gründung, Innovation und Unternehmertum 4 am Zukunftsstandort Deutschland 2. Aus- und Weiterbildung, Integration 6 Seit über einem Jahrzehnt wächst die Wirtschaft in Deutschland. Das große wirt- schaftliche, aber auch soziale und gesellschaftliche Engagement der Unternehmerinnen 3. Digitalisierung und Infrastruktur 8 und Unternehmer hat unser Land in dieser Zeit weit vorangebracht. Zugleich sehen wir die Gefahr, dass die Politik in Deutschland die großen Herausforderungen für eine 4. Regionale Entwicklung, Handel und Tourismus 10 sichere und nachhaltige Zukunft mit Wertschöpfung und Wohlstand im Herzen von Europa zu nachlässig angeht. 5. Umwelt, Energie und Klimaschutz 12 Natürlich dominiert die Corona-Pandemie mit ihren ungeahnten negativen Auswir- kungen auf Gesundheit, Beschäftigung und Haushalte auch die Wirtschaft im Land 6. Recht, Steuern und Finanzen 14 Brandenburg, für die wir uns als Interessenvertreter verantwortlich fühlen. Insbeson- dere die harten Lockdowns haben deutliche Spuren in unserer Gesellschaft hinter- 7. Internationaler Handel und Binnenmarkt 16 lassen, auch wenn wir nun, im Frühling 2021, langsam an stufenweise Lockerungen Carsten Christ, denken können. Präsident IHK Ostbrandenburg 8. Wirtschaften mit und nach Corona 18 Die Aufgaben indes, die wir den Abgeordneten des künftigen Bundestags ebenso wie der künftigen Bundesregierung stellen, basieren nicht allein auf der Frage, wie wir nach der Pandemie wieder zum Status quo zurückfinden können. Falls die Krise ein Gutes haben kann, dann, dass sie unsere Schwächen schonungslos offengelegt hat. Wenn Deutschland in Zukunft stark sein und international bestehen will, müssen wir schneller und schlanker, innovativer und mutiger werden. Dies betrifft die längst überfälligen Investitionen in die Digitalisierung von Verwaltun- gen und Berufsschulen ebenso wie den Breitbandausbau für unsere Unternehmen im ländlichen Raum. Es umfasst eine sichere und bezahlbare Energieversorgung mit der Förderung neuer Technologien genauso wie eine kluge und unbürokratische Steuerge- setzgebung. Und es geht um eine aktive Außenwirtschaftsförderung wie auch um den politischen Willen, die Fachkräftesicherung für unsere Unternehmen von der Ausbil- dung bis zur Unternehmensnachfolge besser zu begleiten. Unser Land Brandenburg hat – gemeinsam als Hauptstadtregion mit Berlin – in Euro- pas Mitte das Potenzial für einen international führenden Wissens- und Wirtschafts- standort. Dazu aber braucht Deutschland ein klares Bekenntnis nicht nur für smarte Peter Heydenbluth, Dienstleistungen, sondern auch als Vorreiter einer modernen Industriepolitik. Wich- Präsident IHK Potsdam tigste Voraussetzung dafür ist das Vertrauen in eine Politik, die marktwirtschaftlichen Grundsätzen folgt und Freiräume für fairen Wettbewerb schafft. Wir fordern von der Bundespolitik daher nicht nur Lippenbekenntnisse im Wahlkampf, sondern „einen großen Wurf“. Die wichtigsten Bundesthemen, um unsere Region in den kommenden vier Jahren erfolgreich weiterzuentwickeln, haben wir in unzähligen Gesprächen und Erhebungen mit unseren Unternehmen zusammengetragen und stellen sie nun, genau ein halbes Jahr vor dem Termin der Bundestagswahl, vor. Auf dieser Grundlage wünschen wir uns einen intensiven und kritischen Dialog der Politik mit der Wirtschaft, damit in diesem Jahr die richtigen Weichenstellungen für einen starken Wirtschaftsstandort erfolgen. Wir freuen uns auf den persönlichen Austausch mit Ihnen. Peter Kopf, Präsident IHK Cottbus
4 GRÜNDUNG, INNOVATION UND UNTERNEHMERTUM GRÜNDUNG, INNOVATION UND UNTERNEHMERTUM 5 1. Gründung, Innovation und Unternehmertum Status quo Forderungen aus Sicht der Wirtschaft Zitiert Sinkendes Gründungsverhalten bei wachsender Bedeutung: Brandenburg hat zu Gründungen im Digitalisierungsbereich benötigen ein gesondertes Zuschusspro- wenige Unternehmensgründerinnen und -gründer. Die bundesweite Gründungsquote gramm. Der Ausbau digitaler Gründungszentren stärkt die Vernetzung sowohl hat sich in den zurückliegenden 20 Jahren mehr als halbiert. Die lange Phase der Hoch- untereinander als auch mit etablierten Unternehmen, Hochschulen und Investoren. konjunktur und die damit gute Arbeitsmarktlage haben dazu beigetragen. Angesichts Die Vorgründungsphase (Startgeld) ist mit gleichen Zuschüssen zu unterstützen wie pandemiebedingt voraussichtlich steigender Insolvenzen sowie wachsenden Arbeitslo- das Gründen aus der Erwerbslosigkeit. Akademikerunabhängige Gründerstipendien sen- und Kurzarbeiterzahlen rückt die Selbstständigkeit als Handlungsoption mehr in schaffen zusätzliche Anreize für die Selbständigkeit. den Fokus. Elementare Unterschiede zwischen Chancen- und Notgründungen sowie Die BAFA-Beratungsförderung für unternehmerisches Know-how ist mit einem fehlende Anreize für Weiterbildungen von Neuunternehmern und für grenzüberschrei- erweiterten Beratungsangebot zur Nachgründung bei Nachfolgen, zur fiskalischen Bei Firmengründungen, der Unternehmens- tende Gründungsvorhaben hemmen den Schritt in die Eigenständigkeit. Auch eine ge- Gestaltung und mit Weiterbildungshilfen für Gründerinnen und Gründer weiterzu- und Innovationsentwicklung sowie Betriebs- lebte Kultur des (positiven) Scheiterns und der zweiten Chance wird vermisst. führen. übernahmen brauchen wir mehr Offenheit Als Anreiz und zugleich Risikosenkung sollten private Investitionen in Start-ups und neue Denkmuster bei den Entschei- dungsträgern. Wir brauchen das Verständnis Zu wenig Beachtung für Unternehmensnachfolgen: Die Betriebsnachfolge wird als steuerliche Erleichterungen genießen. für Innovationen und neue Geschäftsmodelle Gründungsalternative bundesweit zu oft übersehen. In den neuen Bundesländern hat und schlicht eine Politik, die die Chancen aber etwa jeder Zweite zum Zeitpunkt einer Beratung noch keine Person für die Übernahme Die Bestands- oder Betriebserlaubnis für den technischen Betrieb bei Personenge- auch die Herausforderungen der nächsten Jahre verstanden hat und den Unternehmen gefunden. Gleichzeitig wird gerade hier aufgrund der demografischen Situation der sellschaften sollte auf den Unternehmenssitz bzw. den Produktionsstandort bezogen optimale Rahmenbedingungen zur Verfü- Bedarf zunehmen. Nicht selten wird bei einer Nachfolge von Personengesellschaften werden. gung stellt. die Betriebserlaubnis nicht auf den Übernehmer ausgestellt. Es folgt oftmals die Ab- Mit bundesweit geförderten Nachfolgechecks werden mehr Sicherheiten geschaffen. Michael Freudenberg, Inhaber der wicklung des Unternehmens, weil eine Weiterführung bei geschäftsnotwendiger, aber Die Förderung von Unternehmensbewertungen, Prämien für aufwändig zu über- Freudenberg/Rother/Woge GbR (neuZiel), personengebundener Betriebserlaubnis nicht möglich ist. In der Corona-Pandemie ver- gebende Unternehmen und eine Bundeskampagne zur Nachfolge sollte zusätzliche Senftenberg schieben zudem viele Senior-Chefs aufgrund der Existenzsicherung Entscheidungen zur Anreize setzen. Betriebsübergabe. Gesetzesvorschläge sind grundsätzlich auf Innovationsfreundlichkeit zu prüfen, Innovationspotenziale mit vielen Fesseln: Trotz guter Wirtschaftslage der letzten Innovationshemmnisse dagegen abzubauen. Innovationsförderung muss trans- Jahre konnte Deutschland als eine der innovationsstärksten Nationen seine Position in parent und unbürokratisch sein, d. h. einfache Verfahren, verständliche Formulare wichtigen Themenfeldern nicht ausbauen. Dabei verdeutlicht gerade die Corona-Pande- und zügige Bearbeitungszeiten. Bewährte Förderinstrumente sind ausreichend und mie den enormen Beitrag von Ideen und Kreativität für die Gesamtwirtschaft. Zugleich gesichert weiter zu finanzieren. fordern der technologische Wettbewerb, kürzere Produktlebenszyklen, der Klimawan- Vorhandene beschleunigte Zulassungsverfahren sind auf Dauerhaftigkeit und del und die Digitalisierung eine wirkungsvollere Innovationspolitik des Bundes. Kleine sowohl auf Bundes- wie auch auf EU-Ebene für die Übertragung auf weitere Pro- und mittlere Unternehmen sind bei der Finanzierung, der Fachkräftegewinnung oder duktgruppen zu prüfen. bei Forschungs- und Entwicklungsstrategien limitiert. Innovationen im Bereich Life Die Förderung innovativer Geschäftsmodelle sollte vor allem als Anreiz für die wirt- Sciences gelangen aufgrund langer und praxisferner Zulassungs- und Erstattungsver- schaftliche Entwicklung in ländlichen Räumen ausgebaut werden. fahren zu selten in die Regelversorgung. Führende Forschungsstandorte wie die Haupt- stadtregion können aufgrund aktueller Rahmenbedingungen des Bundes und der EU Die Förderung von Unternehmertum sollte bereits in Schulen, Berufsbildungsein- ihr Potenzial nicht ausschöpfen. richtungen, Hochschulen und Universitäten fester Bestandteil der Lehrpläne sein. Schülerfirmen sollten zudem besondere Förderung seitens der Bildungspolitik Fehlende Akzeptanz von Unternehmertum: Unternehmen schaffen Werte, sorgen für erfahren. Mitunter ist hier die „Young Company“ als eine eigenständige Rechtsform Einkommen, Ausbildung und Beschäftigung und übernehmen Verantwortung in ihrer hilfreich. Region und im Ehrenamt. Trotz der unbestreitbar hohen sozialen Leistungen ist die ge- Die Imageverbesserung einer Unternehmerin bzw. eines Unternehmers in allen Ge- sellschaftliche Wahrnehmung des Wirkens von Unternehmerinnen und Unternehmern sellschaftsschichten muss der Bund politisch stärker unterstützen. Dazu zählt auch vielfach gespalten. Unbegründete Zurückhaltung, falsche Vorurteile und Misstrauen das Leitbild des „Ehrbaren Kaufmanns“. sind im Verwaltungshandeln verbreitet und hemmen die effiziente und lösungsorien- Die Kultur der zweiten Chance muss endlich entwickelt und etabliert werden. tierte Zusammenarbeit zwischen Unternehmen und Behörden.
6 AUS- UND WEITERBILDUNG, INTEGRATION AUS- UND WEITERBILDUNG, INTEGRATION 7 2. Aus- und Weiterbildung, Integration Status quo Forderungen aus Sicht der Wirtschaft Zitiert Neue Anforderungen an die Bildung von Morgen: Die IHK-Mitglieder wie auch Die Berufsorientierung an Schulen ist qualitätsgesichert, verbindlich und flächende- die jungen Menschen in Deutschland brauchen heute und in Zukunft eine leistungs- ckend bundesweit zu organisieren. fähige Berufliche Bildung. Sie ist ein zentraler Pfeiler der deutschen Wirtschaft, die Der berufliche Aufstieg muss für alle Absolventen chancengleich, ohne Unterschiede duale Ausbildung genießt internationale Anerkennung und ist mehr denn je Garant zwischen Handwerk und Industrie unterstützt werden. für einen gelungenen Berufseinstieg. Drei von vier erfolgreichen Absolventinnen Die neuen Abschlussbezeichnungen in der Höheren Berufsbildung sind im Rahmen und Absolventen werden von ihrem ausbildenden Unternehmen übernommen. Doch der Ordnungsverfahren auf Bundesebene zügig umzusetzen. gleichzeitig nimmt Deutschland im internationalen Bildungsvergleich nur mittlere Plätze ein. Das muss sich schnellstmöglich ändern. Der Wandel der Arbeitswelt und Alle Schulen, alle Lehrkräfte und alle Schülerinnen und Schüler in der Bundesrepublik Um die Wettbewerbsfähigkeit des Mittelstan- veränderte Berufsbilder durch die Digitalisierung erfordern Qualifikationen, für die Deutschland müssen die Möglichkeit zum digitalen Lernen erhalten. des langfristig zu sichern, ist ein moderne Beschäftigte ausgebildet werden müssen. Lebenslanges Lernen darf nicht weiterhin Bei der Neuordnung von Berufen und Abschlüssen der Höheren Berufsbildung sind Berufsausbildung unabdingbar. Die Digita- eine Floskel bleiben, sondern muss mit Leben gefüllt werden. die Herausforderungen der Digitalisierung stärker zu berücksichtigen. lisierung spielt dabei eine überaus wichtige Rolle. Dafür muss die IT-Ausstattung und -Kompetenz in den Berufsschulen flächende- Digitales Lernen mit Nachholbedarf: Die Praxis offenbart eine mangelhafte tech- Berufssprachkurse sind flexibler, berufsfeldspezifischer und praxisorientierter zu ckend verbessert und die Verankerung digita- nische Ausstattung und eine unzureichende Vermittlung digitaler Kompetenzen und gestalten. Die Berufssprache kann im Rahmen von Fachqualifikationen besser er- ler Komponenten in den Ausbildungsinhalten nachhaltig intensiviert werden. Fertigkeiten in den Berufsschulen. Insbesondere während der Corona-Pandemie zeigt lernt werden. Der Spracherwerb im Ausland muss in noch stärkerem Maße gefördert sich, dass die Umsetzung digitaler Lösungen an einzelnen Schulen zu oft vom Engage- werden. Nico Danneberg, Geschäftsführer VCAT ment und den persönlichen Kompetenzen einzelner Lehrkräfte abhängt. Es darf jedoch Anerkennungsverfahren durch eine Qualifikationsanalyse, ergänzende Berufsab- Consulting GmbH, Potsdam nicht der Zufall entscheiden, ob Schülerinnen und Schüler an der Schule webbasierte schlüsse durch Nachqualifikationen und Validierungsverfahren, die informell erwor- Lernplattformen nutzen können oder nicht. Der Digitalpakt Schule ist das richtige bene berufliche Kompetenzen aufzeigen, sollten beim Heben von Fachkräftepotenzi- Instrumentarium, mit dem der Bund nachsteuern kann und muss. alen mehr zur Anwendung kommen. Die Ausbildungs- und Beschäftigungsduldung braucht mehr Rechtssicherheit und Praxisnahe Integration schwergemacht: Eine erfolgreiche Integration von Ge- effiziente Prozesse. Die Ausbildungsduldung sollte die Einstiegsqualifizierung (EQ) flüchteten und Zuwanderern in Arbeit und Ausbildung bietet besondere Chancen zur und berufsvorbreitende Bildungsmaßnahmen (BvB) umfassen. Milderung der angespannten Fachkräftesituation. Mit dem Fachkräfteeinwanderungs- Die Gesetzesänderungen durch das FEG und dessen Auswirkungen am Arbeitsmarkt, gesetz (FEG) wurde dieses Potenzial entsprechend der Bedarfe der Wirtschaft erhöht. insbesondere das Beschleunigte Fachkräfteverfahren sind umfangreich zu evaluie- Doch die Umsetzung der neuen gesetzlichen Regelungen in den damit befassten ren. Darüber hinaus sollte die Ausbildungs- und Arbeitsplatzsuche erleichtert und Behörden fällt insbesondere in Hinblick auf das beschleunigte Fachkräfteverfahren die Vorrangprüfung für Auszubildende abgeschafft werden. schwer. Die Praxis zeigt zudem, dass es für die Fachkräftesicherung neben der Akquise Projekte zur Förderung der Integration im Betrieb und Alltag sollten umfangreicher von Auszubildenden und qualifizierten Arbeitskräften passgenaue Instrumente für die vom Bund gefördert und virtuelle internationale Fachkräftemessen und Bewer- Integration in Betrieb und Umgebung braucht. Gerade zur Aufnahme eines Ausbil- bungsplattformen, insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen organisiert dungsplatzes ist das persönliche Gespräch vor Ort wichtig. An den Aufenthaltstitel werden. zur Ausbildungsplatzsuche in Deutschland werden im FEG allerdings so hohe Hürden gesetzt, dass diese Möglichkeit wohl nur sehr wenigen Interessierten zuteilwird.
8 DIGITALISIERUNG UND INFRASTRUKTUR DIGITALISIERUNG UND INFRASTRUKTUR 9 3. Digitalisierung und Infrastruktur Status quo Forderungen aus Sicht der Wirtschaft Zitiert Der langsame Weg des schnellen Internets: Deutschland hat in nahezu allen Berei- flächendeckende Ausbau leistungsfähiger und zukunftsweisender digitaler Infra- Der chen der digitalen Infrastruktur erheblichen Anpassungs- und Nachholbedarf. Gigabit, strukturen muss vorangetrieben und der ganzheitliche Ausbau mit Glasfaser und 5G Glasfaser und 5G sind längst nicht Standard. Langwierige Bürokratie und fehlende innerhalb der nächsten Legislaturperiode umgesetzt werden. Planungs- sowie Baukapazitäten bremsen den Breitbandausbau, obwohl onlinege- Förderprogramme müssen ausreichend dimensioniert und schnell sowie unbürokra- stützte und datengetriebene Geschäftsmodelle enorm an Bedeutung gewinnen. Der tisch, insbesondere für kleine und mittlere Betriebe abrufbar gemacht werden. offenkundige, teilweise desolate Digitalisierungszustand in Schulen und der Verwal- Der Bund muss sich sowohl am Gigabit-Ausbau als auch bei der Digitalisierung in der tung kommt aufgrund gemischter Zuständigkeiten ungenügend voran und die fristge- Bildung finanziell beteiligen. Der Investitionsbedarf der nächsten Jahre ist enorm und rechte Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes scheint kaum realisierbar. In der Wirt- der Bund als Partner mit einer angemessenen finanziellen Beteiligung unerlässlich. Unternehmen brauchen ein Verkehrsträger schaft haben besonders kleine und mittlere Betriebe ein erhebliches Nachholpotenzial. Unterstützungsangebote, Rechtssicherheit und Innovationsklima müssen für eine breite übergreifendes Netz an Infrastruktur, das den Der Abstand zu Großbetrieben wächst. Deutschland droht den Anschluss zu verlieren. Nutzung digitaler Technologien ausgebaut und verstetigt werden. Bundesgeförderte immer höher werdenden Anforderungen in Das digitale Ökosystem ist längst ein international gefragter Standortfaktor, der ein Transferstellen, wie z. B. die Mittelstand-4.0-Kompetenzzentren sind dauerhaft zu etab- der gesamten Metrolpolregion gerecht wird. Kosten müssen für Wirtschaft und Arbeitneh- tragfähiges digitales Fundament für zukünftigen wirtschaftlichen Erfolg erfordert. lieren. Zukunftsthemen mit wirtschaftlichem Potenzial, bspw. Künstliche Intelligenz und mer bezahlbar bleiben und im Hinblick auf die 5G sind dabei mit zu berücksichtigen. Anpassung der Verkehrswege ist ein verlässli- Zu wenig PS beim Ausbau der Verkehrsinfrastruktur: Im Schnittpunkt mehrerer ches Baustellenmanagement unerlässlich. transeuropäischer Verkehrskorridore ist die Brandenburger Verkehrsinfrastruktur er Investitionsstau muss durch die Bereitstellung zusätzlicher finanzieller Mittel D Dirk Schwabe, Geschäftsführer PKS Logistik sowohl national als auch international und hier insbesondere für den Transitverkehr aufgelöst werden. Deutlich weitgehendere Reformen als aktuell im Planungsrecht sind GmbH, Vogelsdorf von großer Bedeutung. Zudem weist das Land Brandenburg den bundesweit höchs- notwendig, um die Verkehrswende und desolate Infrastruktur voranzubringen. ten Pendleranteil und die weitesten Pendlerwege aus. Mit dem Strukturwandel in Zentrale Verkehrsinfrastrukturprojekte sind zügig fertigzustellen. Dies gilt sowohl für den Regionen, etwa in der Lausitz, der Ansiedlung von Tesla in Grünheide und der den Ausbau von Autobahnen und Eisenbahnstrecken wie auch für den Schleusenaus- verkehrlichen Erschließung des Flughafens BER und des weitreichenden Umfelds bau und die Erweiterung von Fernverkehrsangeboten nach Polen. stehen zukunftsweisende Herausforderungen an. Gegenwärtig halten aber weder der Die Verkehrswende ist mit Umsicht zu gestalten, denn Mobilität muss auch in Zukunft Ausbau der Verkehrsinfrastruktur noch das Verkehrsangebot Schritt. Für eine positive für alle Verkehrsteilnehmer möglich sein. Die Chancen der Digitalisierung sind hierbei Wirtschaftsentwicklung ist eine leistungsfähige Verkehrsinfrastruktur jedoch unver- zu nutzen. Voraussetzungen dafür ist die Schaffung der notwendigen infrastrukturellen zichtbar. Es fehlen eine langfristige Finanzierung bei der Umsetzung von Projekten wie und rechtlichen Rahmenbedingungen. auch ausreichende Planungskapazitäten. Ehrgeizige Klimaziele führen zusätzlich zu Alternative Antriebe sind technologieoffen zu fördern und Übergangstechnologien stark steigenden Kosten. Die Verkehrswende darf Mobilität nicht unbezahlbar machen. umfassender einzubeziehen. Elektrische bzw. hybride Antriebe, alternative regenerativ erzeugte Kraftstoffe und die Weiterentwicklung der Wasserstofftechnologie sind ebenso Investitionen treffen auf Planungshürden: Der Wohnungsbau kann durch einen zu fördern, wie der Aufbau einer flächendeckenden Tank- und Ladeinfrastruktur. neuen Bebauungsplantyp, Baugebote und die Stärkung von kommunalen Vorkaufs- Die Verkehrstelematik muss für eine sichere, nachhaltigere und effizientere Nutzung der rechten im Baulandmobilisierungsgesetz erleichtert werden. Die Wirtschaft ist auf Verkehrsinfrastruktur umfassender eingesetzt werden. einen gesunden Wohnungsmarkt angewiesen, um Fachkräfte gewinnen und halten zu können. Zudem haben Unternehmen großen Bedarf an Industrie- und Gewerbeflä- P lan- und Genehmigungsverfahren sind insgesamt zu erleichtern, u. a. indem das Bau- chen, vor allem qualifiziert, profiliert und kurzfristig verfügbar. In integrierten Lagen leitplanverfahren und die Zulassungsentscheidung zusammengefasst werden. gilt es, für die richtige Nutzungsmischung von Gewerbe, Industrie, Dienstleistungen, Um Transformationsprozesse für schnelle Nachnutzungen und Umbauten zu ermög- Kulturbetrieben und Wohnen zu sorgen. Plan- und Genehmigungsverfahren erschwe- lichen, sollte eine Experimentierklausel in das Baugesetzbuch aufgenommen werden. ren Unternehmen jedoch Vorgänge mit viel Bürokratie, sogar teils vermeidbaren Dop- Dies kann sowohl Betriebsstandorte als auch die Immobilienwirtschaft unterstützen. pelprüfungen. Bundesweit gestaltet sich der Ablauf von Planverfahren in Land, Region Die digitale Beteiligung ist bei Planungen grundsätzlich für alle Beteiligten über zentrale und Kommune sehr unterschiedlich. Eine zusätzliche, einheitliche Onlinebeteiligung Landesportale auf Basis einheitlicher Standards wie im Onlinezugangsgesetz angelegt könnte Verfahren beschleunigen, Transparenz geben und die Allgemeinheit über zu ermöglichen. Die Umsetzung sollte deutlich vor der festgelegten Frist Ende des Investitionsprojekte zügiger informieren. Jahres 2022 erfolgen. Bauland ist auf Basis von Flächenanalysen unter Wettbewerbsbedingungen auszu- weisen. Für das Lösen von Nutzungskonflikten des Gewerbes mit Anwohnern sind Anpassungen der Regelungen im Baugesetzbuch, der Baunutzungsverordnung und den Technischen Ausführungsvorschriften Lärm vorzunehmen. Das Beteiligungsportal sollte um eine Speicher- und Nachweisfunktion für die einge- brachten Stellungnahmen zum Nachweis für den Träger öffentlicher Belange und seine eigene Archivierung erweitert werden. Nur dann ist eine medienbruchfreie gegenseitige Kommunikation möglich.
10 REGIONALE ENTWICKLUNG, HANDEL UND TOURISMUS REGIONALE ENTWICKLUNG, HANDEL UND TOURISMUS 11 4. Regionale Entwicklung, Handel und Tourismus Status quo Forderungen aus Sicht der Wirtschaft Zitiert Dem breiten Förderspektrum fehlt die Wirtschaftsnähe: Das Förderinstrumen- Die Investitionsförderung muss sich mehr auf Innovationen und eine nachhaltige Un- tarium des Bundes für den deutschen Mittelstand ist im internationalen Vergleich ternehmensausrichtung fokussieren. Die Schaffung von Arbeitsplätzen darf angesichts bemerkenswert und breit angelegt. Ihre Vielzahl macht die Förderlandschaft jedoch von Digitalisierung und zunehmendem Fachkräftemangel kein Kriterium mehr sein. intransparent. Betriebe nutzen die Angebote kaum, angesichts unverständlicher For- Die Neuordnung der ELER-Koordination muss auf ihre Wirksamkeit im Ländlichen mulierungen und bürokratischer Hürden wie der Vielzahl an relevanten Dokumenten, Raum entsprechend den spezifischen Brandenburger Bedürfnissen geprüft und ausufernden Nachweispflichten, Prüfinstanzen und Risiken im Beschaffungsverfahren. ausgerichtet werden. Viele Programme passen zu wenig auf die hohe Dynamik im Wirtschaftsleben. Die In- Die Förderung muss so angelegt sein, dass sie das Ziel der Bundesregierung nach vestitionsförderung zielt trotz Fachkräftemangels seit Zeiten des Fachkräfteüberschus- gleichwertigen Lebensverhältnissen unterstützt. Eine Redundanz von Bundes- und Der Handel und die Innenstädte sind durch ses immer noch auf die Schaffung von Arbeitsplätzen ab. Zusätzlich werden parallel zu Landesprogrammen ist künftig zu vermeiden. Corona einem existenzbedrohenden Stress- bestehenden Landesprogrammen Bundesförderungen aufgelegt, die inhaltlich nahezu Förderprogramme müssen transparent, flexibel und die Richtlinien in einer ver- test ausgesetzt. Hier muss der Bund unter- deckungsgleich sind. ständlichen Sprache formuliert sein. Die Begleitdokumente sollten sich auf das stützen, um die mittelständische Struktur des Handels in lebendigen Zentren zu erhalten. Wesentliche konzentrieren. Ein Single-Audit sowie eine Vereinfachung der Beschaf- Dazu braucht es eine starke finanzielle Mit der neuen EU-Förderperiode 2021-2027 wechselt die Verantwortung für den fungsvorgaben sind zwingend erforderlich. Entlastung der Kommunen in Bereichen von Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des Ländlichen Raums (ELER) Das Strukturstärkungsgesetz ist unter Beibehaltung der Förderziele für private Innenstadtentwicklung, Citymanagement und Stadtmarketing. Denn die Player vor Ort von den Bundesländern auf den Bund. Etwa die Hälfte der Brandenburger Unterneh- Unternehmen zu öffnen, damit Wertschöpfung und Arbeitsplätze in den betroffenen wissen am besten, wo der Schuh drückt. men ist auf dem Lande angesiedelt. Zum Ausgleich von Standortnachteilen und zur Regionen geschaffen werden können. zukunftsorientierten Entwicklung des Ländlichen Raums bedarf es auch weiterhin Bei der Schaffung/Neuansiedlung von Einrichtungen des Bundes bzw. Forschungs- Carlo Focke, Geschäftsführer bruns GmbH, Neuruppin eines starken, regionalspezifisch wirksamen Förderinstruments. instituten muss berücksichtigt werden, dass durch eine Standortwahl in den neuen Bundesländern in diesen die regionale Entwicklung unterstützt wird. Der Einzelhandel sucht Zukunftskonzepte: Mehr als 80.000 Menschen sind bei einem brandenburgischen Einzelhandelsunternehmen beschäftigt. Damit ist die Die Corona-Krise wird aufgrund der massiven Umsatzeinbrüche zu zahlreichen Leer- Branche nicht nur einer der größten Arbeitgeber, sondern auch ein großer Steuerzah- ständen im Handel führen. Ein bundesweites, standardisiertes Leerstandskataster ler. Innenstädte und Ortszentren sind zudem die Aushängeschilder von Städten und würde der besseren Ursachenanalyse und einer schnelleren Nachnutzung dienen. Gemeinden. Sie wirken als Anziehungspunkte für Touristen und sind Identifikations- Um auch künftig Innenstädte attraktiv und lebendig zu halten, bedarf es der Instal- orte für Einwohnerinnen und Einwohner. Die Funktionsfähigkeit ist dabei primär vom lation eines Innenstadtfonds für die finanzielle Unterstützung des Citymanagements Einzelhandelsangebot abhängig. Die kleinteilige Siedlungsstruktur Brandenburgs und und der Innenstadtinitiativen sowie von Innenstadt- und Einzelhandelskonzepten. die räumliche Nähe zu Berlin wirken ohnehin stark begrenzend. Vor diesem Hinter- Der Bund muss das Interesse am Erhalt, der Stärkung und der Entwicklung des grund sind die massiven Auswirkungen der Corona-Pandemie flächendeckend für öffentlichen Lebens in der Gemeinde berücksichtigen. Dazu ist für die Sonn- und die Branche bereits in naher Zukunft existenzbedrohend. Hinzu kommt der massive Feiertagsöffnung des Einzelhandels Rechtssicherheit herzustellen. Anpassungsdruck, den die digitale Transformation mit sich bringt. Die Wettbewerbsgleichheit für stationären und digitalen Handel muss sichergestellt werden. Alle Vertriebsformen sollten gleichberechtigt behandelt werden. Wirtschaftsfaktor Tourismus ringt um Anerkennung: Der Tourismus ist für viele Bei der Begleitung der digitalen Transformation des Handels müssen auf Bundese- Regionen Brandenburgs zu einem bedeutenden Wirtschafts- und Standortfaktor bene die Voraussetzungen für eine Infrastruktur und für die Qualifizierung der geworden und konnte landesweit bis zum Corona-Krisenjahr 2020 jährlich neue Gewerbetreibenden und der Belegschaft geschaffen werden. Besucher- und Übernachtungsrekorde vermelden. Dabei spielt auch der Wassertouris- mus als Alleinstellungsmerkmal eine wesentliche Rolle. Allein die zahlreichen baufäl- Die Digitalisierungschancen für den Tourismus sind optimal zu nutzen und sollten ligen Schleusen verdeutlichen aber den großen Investitionsbedarf in die für ländliche einem fairen Regelwerk folgen, das wettbewerbspolitisch ein Gleichgewicht zwi- Regionen so wichtige wassertouristische Infrastruktur. Dazu ist die Branche mit einem schen Regulierung und freiem Spiel der Marktkräfte darstellt. anhaltenden und sich teils verstärkenden Fachkräftemangel konfrontiert. Die fehlende Die nationale Tourismusstrategie muss sich dem Fachkräfteengpass der Branche Attraktivität der Ausbildung wird auch durch die hohe Abbrecherquote in den Ausbil- intensiver widmen. Hierbei sind unterstützende Maßnahmen des Bundes zur Steige- dungsberufen deutlich. Die Erreichbarkeit im ländlichen Raum, die Digitalisierung und rung der Attraktivität des Berufsfeldes und der Arbeitsproduktivität dringend nötig. der Wandel hin zu einem nachhaltigeren Tourismus suchen derzeit adäquate Lösun- Der Tourismuswirtschaft als Querschnittsbranche und Chance für die Regionalent- gen. Für den Urlaub in der Natur sind hingegen wichtige Investitionen in den Ausbau wicklung muss durch die Optimierung verschiedener Förderinstrumente mehr Rech- und Erhalt des Rad- und Wanderwegenetzes vernachlässigt worden. nung getragen werden. Zudem muss das Innenmarketing politisch gestärkt werden. Für einen starken Tourismus ist die größtmögliche Ausnutzung des Sommerferien- korridors auf 90 Tage wichtig. Im Masterplan Freizeitschifffahrt sind auch die Belange des Berlin-Brandenburger Wassertourismus und seinen touristischen Wasserstraßen zu berücksichtigt.
12 UMWELT, ENERGIE UND KLIMASCHUTZ UMWELT, ENERGIE UND KLIMASCHUTZ 13 5. Umwelt, Energie und Klimaschutz Status quo Forderungen aus Sicht der Wirtschaft Zitiert Mehr Akzeptanz und Mut für Erneuerbare Energien nötig: Das Land Brandenburg Steuern und Abgaben auf Energiepreise sind zu reduzieren sowie die Kostenbelas- befindet sich im energetischen Umbruch. Der Kohleausstieg ist beschlossen. Um die tung insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen zu senken. Entlastungs- Energie- und Klimawende zu schaffen und die Wirtschaft weiterhin sicher mit wett- regelungen müssen erhalten bleiben. Für die sichere und bezahlbare Energiever- bewerbsfähiger Energie zu versorgen, sind neue technologische Wege nötig. Branden- sorgung von Morgen sollte die regionale Energiegewinnung Priorität vor fossilen burg ist Vorbild im Ausbau der Erneuerbaren Energien, insbesondere im Bereich Wind Energieimporten haben. Das gesamte energiebezogene Gesetzessystem ist an die auf dem Land. Akzeptanzprobleme, Flächenerfordernisse und naturschutzfachliche Anforderungen der Energiewende anzupassen. Restriktionen verzögern jedoch den weiter notwendigen Ausbau. Dabei kann das Land Die gesellschaftliche Akzeptanz für die ganzheitliche Energiewende ist dringend zu Brandenburg auf eine gute Ausgangslage und viel Know-how zurückgreifen. Der Weg forcieren. Neue Wege für die Förderung der Erneuerbaren Energien, z. B. durch die Di- Jetzt nachhaltiger zu werden, bedeutet unse- in eine strom- und wasserstoffbasierte Zukunft hat begonnen und ist zielorientiert rektvermarktung und die Beteiligung von Kommunen an der Wertschöpfung sind nötig. ren Kindern und Enkelkindern eine lebenswer- anzugehen. Der Bau von Speichern und Netzen und die sinnvolle Kopplung der Sektoren Strom, te Zukunft zu gestalten. Um das zu erreichen, Wärme und Mobilität ist voranzutreiben. Neben Wind, Sonne und Biomasse sind müssen wir den wirtschaftlichen Fortschritt mit dem Schutz der Umwelt verbinden. Um Klima- und Umweltschutz mit Wirtschaftlichkeit: Das langfristige Ziel im Klima- weitere Erneuerbare Energieformen nutzbar zu machen und ein Repowering von das Ziel der Klimaneutralität zu erreichen, und Umweltschutz besteht darin, den Wandel zu einer Green Economy zu vollziehen. Bestandsanlagen unbürokratisch zu ermöglichen. müssen wir in erster Linie fördern und jetzt Mit dem Green Deal streben die EU-Mitgliedstaaten und das Europäische Parlament Wasserstofftechnologien und deren Anwendungen brauchen zukunftsweisende die richtigen Rahmenbedingungen setzen, denn nur wettbewerbsfähige Unternehmen eine weitaus höhere CO₂-Einsparung gegenüber dem Jahr 1990 an. Ziel ist es im Jahr Projekte und Investitionen mit überregionaler Strahlkraft. Sie sind zu fördern und zu können auch einen nachhaltigen Beitrag 2050 der erste klimaneutrale Staatenverbund der Welt zu sein. Die Brandenburger Un- Reallaboren weiterzuentwickeln, damit sich ein Wasserstoff-Markt entwickeln kann. leisten. ternehmen sind auf dem Weg klimaneutral zu wirtschaften. Zugleich stellt der Erhalt Es sind Anreize zu schaffen, damit eine Wasserstoffproduktion und -speicherung mit Ina Hänsel, Inhaberin Bracon GbR , der Wettbewerbsfähigkeit die größte Herausforderung dar. Gerade kleine und mittlere Erneuerbaren Energieanlagen flächendeckend Anwendung findet. Am Mellensee Unternehmen können die ständig steigenden Anforderungen in der Kürze der Zeit Der Aufbau und die Förderung einer Wasserstoff-Infrastruktur müssen parallel zur kaum noch bewältigen. Die Landwirtschaftsunternehmen sind durch den steigenden Errichtung von Erzeugungsanlagen und Endanwendungen geschehen. Auch der Marktdruck besonders betroffen. dafür notwendige, gesetzliche Rahmen ist voranzutreiben. Nachhaltigkeit sucht mehr Einsatzmöglichkeiten: Nachhaltige Produktionsweisen Beim Aufbau von CO₂-Managementsystemen sind insbesondere kleine und mittle- und regionale Wertschöpfungsketten rücken zunehmend in den Fokus. Für viele, mit re Unternehmen zu unterstützen, sodass sie den zukünftigen Anforderungen des hohem Aufwand erfasste, gesammelte, sortierte Abfälle gibt es derzeit dennoch keine Green Deals gerecht werden können. Die Entscheidungsfreiheit der Unternehmen wirtschaftlich vertretbare Einsatzmöglichkeit. Hinzu kommt, dass die Errichtung von für individuelle und zeitliche Anpassungen der Produktionsprozesse und nachhalti- Anlagen nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz häufig mit langfristigen Genehmi- gen Finanzierung ist dabei zu gewährleisten. gungsverfahren verbunden ist. Das verzögert Investitionen, auch in umweltfreundli- Die Abwanderung regionaler Wirtschaft ins Ausland aus Klimaschutz- und Energieas- che Technologien. pekten durch eine weitere Steigerung von nationalen und europäischen Sonderlasten ist zu verhindern. Die internationale Wettbewerbsfähigkeit ist zu erhalten (carbon leakage). Wirtschaftlichkeit und Versorgungssicherheit dürfen nicht durch steigende Umwelt- und Klimaschutzanforderungen gefährdet werden. Für die Land- und Forstwirt- schaft sowie Fischereibetriebe müssen die dafür notwendigen Rahmenbedingungen geschaffen werden. Darüber hinaus ist es notwendig, nachhaltige regionale Produk- te und Dienstleistungen sowie ein sensibilisiertes Verbraucherverhalten zu stärken. Die wirtschaftlichen Einsatzmöglichkeiten von Recyclingprodukten sind zu schaffen und auszubauen. Eine zukunftsfähige Kreislaufwirtschaft stärkt regionale Liefer- ketten und Stoffkreisläufe sowie nachhaltige Produktionsweisen. Dazu bedarf es weiterer Anstrengungen die gesteckten Ziele auch zu erreichen. Es sollte stärker am Verursacherprinzip (Abfalltrennung) angesetzt und der bundes- weite, einheitliche Vollzug gefördert werden. Es sind die gesetzlichen Grundlagen für bundesweite Qualitätsstandards zum Ende der Abfalleigenschaft zu schaffen. Trotz Bestrebungen für eine funktionierende Kreislaufwirtschaft, ist die Deponierung und thermische Behandlung von unvermeidbaren Restanteilen weiterhin zu sichern. Die naturnahe Gestaltung von Unternehmensflächen ist stärker zu fördern. Darüber hinaus sind Ansätze für „Natur auf Zeit“ zu unterstützen und gesetzlich zu regeln.
14 RECHT, STEUERN UND FINANZEN RECHT, STEUERN UND FINANZEN 15 6. Recht, Steuern und Finanzen Status quo Forderungen aus Sicht der Wirtschaft Zitiert Derzeitige, komplexe Rechtssetzung schafft Unsicherheiten: Eine gute Rechtset- Neue Gesetze müssen die Entwicklung neuer digitaler Geschäftsmodelle zulassen, zung bietet Unternehmen Sicherheit für Investitionen und Freiräume für Innovationen. um die Wettbewerbsfähigkeit zu sichern. Gesamtwirtschaftlich wird der Standort attraktiv gehalten und Wachstum gefördert. Eine Anpassung der Gesetze an die Rechtsprechung muss zeitnah erfolgen. Be- Das Regelungsumfeld für Unternehmen ist insbesondere für kleine und mittlere Betrie- troffene Unternehmen sind bei der Rechtsetzung stärker zu berücksichtigen. Es be in Deutschland übermäßig komplex und häufig unverständlich. Viele Unternehmen empfiehlt sich ein Praxischeck. können Pflichten und Regulierungen nicht mehr ohne externe Hilfe überblicken. Digita- le Möglichkeiten werden nicht ausreichend genutzt, um rechtliche Regeln aufeinander Die Vertragsfreiheit, insbesondere die Förderung der unternehmerischen Hand- abzustimmen. Die Rahmenbedingungen für digitale Geschäftsmodelle reichen heute lungsfreiheit muss gestärkt werden. Beschränkungen sind nur zulässig, wenn ein Oft belastet mich die Bürokratie mehr als die nicht mehr aus, um faire Wettbewerbsbedingungen zu sichern, die für alle Marktakteu- legitimer Zweck vorliegt, die Beschränkung notwendig und verhältnismäßig ist. Steuerzahlungen selbst. Wie alle Unterneh- re gleichermaßen bindend sind. In diesem Zusammenhang sind auch Künstliche Intelli- Die Übertragung verbraucherschützender Regelungen auf Vertragsbeziehungen mer stehe ich vor der Wahl: Geld für einen genz-Anwendungen mit dem derzeit geltenden Rechtsrahmen nicht mehr vereinbar. zwischen Unternehmen ist zu vermeiden. Steuerberater auszugeben oder mich selbst zeitintensiv in die Steuerthemen einzuarbei- Ein Eingriff in die Vertragsfreiheit durch die Deckelung von Abschlussprovisionen ten. Zeitersparnis hatte ich mir zum Beispiel Unnötige Vertragsregeln gefährden den Wettbewerb: Derzeit sind zahlreiche in der Versicherungsvermittlung ist zu verhindern. Die EU-Vermittlerrichtlinie IDD von der E-Bilanz erhofft: Mit der elektroni- Einschnitte durch ausufernde Verbraucherschutzregelungen und Informations- und enthält keine Regelungen, die eine Deckelung von Vertriebsentgelten nach Art und schen Übermittlung der Jahresabschlüsse sollte vieles einfacher und schneller werden. Dokumentationspflichten auf Seiten der Unternehmen festzustellen. Zunehmend Höhe rechtfertigen würde. Beides ist nicht der Fall und dann mussten die werden unternehmensbelastende Regelungen zum Verbraucherschutz und zwischen Firmen auch noch die Kosten für die Umstel- Unternehmen geltende, überflüssige Informationspflichten auch auf Geschäftsbezie- Jede nicht notwendige Einschränkung der Berufsfreiheit ist zu unterlassen, auf das lung allein tragen. hungen zwischen Unternehmen, übertragen. Dies wirkt sich negativ auf die grund- nötige Mindestmaß zu reduzieren oder aufzuheben. Brigitte Puppe-Mahler, Buchhandlung Mahler, rechtlich geschützte Vertragsfreiheit aus. Insoweit ist zu beachten, dass Vertragsfreiheit Der Ausbau von One-Stop-Shop-Aufsichtsregelungen und -Verwaltungslösungen Eberswalde Voraussetzung für Wettbewerb und damit für Innovation und Fortschritt in der sozialen zwingend erforderlich. Das Instrument „One in, one out“ ist auch im Rahmen der Marktwirtschaft ist. Umsetzung europäischen Rechts konsequent anzuwenden. Belastungen und sinkende Gründungen durch eingeschränkte Gewerbefreiheit: Eine Besteuerung von Kosten ist zu unterlassen. Das betrifft vor allem Hinzu- Für vielfältige, selbstständige, unternehmerische Tätigkeiten ist die Gewerbefreiheit rechnungen bei der Gewerbesteuer. Die Finanzierungsart sollte für die Höhe der eine grundsätzliche Voraussetzung. Zahlreiche Berufszugangs- und Berufsausübungs- Steuerbelastung nicht relevant sein. Die Gewerbesteuer bedarf einer grundsätzlichen regelungen schränken sie jedoch zunehmend ein. Diese Eingriffe in die Gewerbefreiheit Reform. werden häufig mit einem erhöhten Verbraucherschutzbedarf begründet. In der Folge Die Grenze für die Sofortabschreibung sollte nochmals angehoben werden (mind. werden weniger Unternehmen gegründet oder fortgeführt. 1.000 EUR). So könnte die derzeit noch übliche Poolabschreibung von geringwer- tigen Wirtschaftsgütern entfallen, was die buchhalterische Handhabung deutlich Modernisierungsbedarf bei Steuerregeln: Belastungen mit Steuern und die resultie- vereinfacht. rende Bürokratie sind wesentliche Unternehmensfaktoren – national wie international. Eine verbesserte Ausgestaltung der verbindlichen Auskünfte der Finanzverwaltung Wichtige Industriestaaten haben in naher Vergangenheit stärker national ausgerichtete schafft Rechtssicherheit bei den Unternehmen. Die Finanzverwaltung und Betriebe Steuerreformen umgesetzt. Die letzte umfassende Reform in Deutschland dagegen profitieren gleichermaßen, wenn im gesamten Steuerverfahren kooperiert wird. datiert aus dem Jahr 2008. Auch mit Blick auf den internationalen Wettbewerb besteht Bei kleinen Unternehmen sollte die aufwendige Pflicht zur Anwendung des Formu- ein erheblicher Modernisierungsbedarf bei der Unternehmensbesteuerung. Sonst droht lars Einnahmen-Überschuss-Rechnung (EÜR) bei der Gewinnermittlung entfallen dem Bund bald nominal die höchste Unternehmenssteuerbelastung der OECD-Staaten. oder spürbar vereinfacht werden. Über die Gewerbesteuereinnahmen werden Städte und Gemeinden an der unterneh- Standortgemeinden sollten stärker an der Wertschöpfung der installierten Leistung merischen Wertschöpfung vor Ort beteiligt. Im Bereich der Erneuerbaren Energien einer angesiedelten Erneuerbaren Energien-Anlage beteiligt werden. geschieht dies bislang nur in äußerst geringem Maße. Steuer- und Verfahrensrechte sind mithilfe der Digitalisierung zu vereinfachen. Die Ungenutzte Chancen zum Belastungsabbau: Unternehmen bemängeln, dass die digitale Umsetzung ist bereits bei der Gesetzesentstehung zu berücksichtigen, wie Finanzverwaltung die Chancen der Digitalisierung bislang nicht stärker nutzt. Die auch etwaige Einführungs- oder Umstellungsbelastungen bei den Unternehmen. Informationen der 2012 eingeführten E-Bilanz können von Finanzverwaltungen noch Steuerliche Betriebsprüfungen sollten spätestens fünf Jahre nach dem Veranla- immer nicht flächendeckend in elektronischer Form weiterverarbeitet werden. Hier gungsjahr abgeschlossen sein. Damit einhergehend könnten die Aufbewahrungsfris- werden potenzielle Effizienzgewinne nicht realisiert. Dies gilt umso mehr, als die Nut- ten deutlich verkürzt werden. zung der Digitalisierung automatisierte Prüfungsverfahren ermöglicht. Angesichts der zunehmenden Komplexität des Steuerrechts ist die Rechtslage zur Auskunftserteilung unbefriedigend, da sie im Ermessen der Finanzverwaltung liegt.
16 INTERNATIONALER HANDEL UND BINNENMARKT INTERNATIONALER HANDEL UND BINNENMARKT 17 7. Internationaler Handel und Binnenmarkt Status quo Forderungen aus Sicht der Wirtschaft Zitiert Deutschland und Brandenburg auf Freihandel angewiesen: Deutschland ist nach Die Außenwirtschaftsförderung muss gestärkt und an Post-Corona-Situation wie vor Exportweltmeister und exportiert pro Kopf mehr als jedes andere Land. Darum angepasst werden: Die Erschließung neuer Märkte braucht innovative, auch digitale ist die deutsche Volkswirtschaft auch in hohem Maße auf offene Märkte, faire Regeln Instrumente für kleine und mittlere Unternehmen sowie neue, auf aktuelle Welt- für Handel und Investitionen sowie funktionierende Lieferketten angewiesen. Der zu- marktentwicklungen ausgerichtete Förderinstrumente. Das Außenwirtschaftsgesetz nehmende Protektionismus, neue Zölle und bürokratische Hürden auf allen administ- ist zu evaluieren. rativen Ebenen wirken sich ebenso kontraproduktiv auf die internationalen Geschäfte Der Eigenanteil in Programmen der (EU-) Außenwirtschaftsförderung ist angesichts der Unternehmen aus, wie Handelskonflikte, z. B. zwischen den USA und China, und der jüngsten wirtschaftlichen Entwicklung vorübergehend zu senken, Start-Ups zunehmende Lokalisierungsbestrebungen verschiedener Volkswirtschaften. Zudem sollen mit Sonderkonditionen ermutigt werden. Hier ist eine im Vergleich zu Be- Der Aufbau von Geschäftsbeziehungen im wird der EU-Austritt Großbritanniens, einem der wichtigsten Handelspartner Deutsch- standsunternehmen erhöhte Förderquote denkbar. Ausland verlangt Kraft und einen langen lands, die Exportwirtschaft mittelfristig noch länger beschäftigen. Hinzu kommen Atem. Als mittelständisches Unterneh- steigende Anforderungen im Klima-, Umwelt- und Verbraucherschutz. Ohne einen Die Bundesregierung muss sich stärker für eine Handelspolitik der offenen Märkte men sind wir auf verlässliche und stabile Rahmenbedingungen im internationalen effektiven Schutz vor internationalen Wettbewerbsverzerrungen ist die Konkurrenzfä- auf multilateraler Ebene einsetzen. Gegenüber internationalen Partnern, wie etwa Geschäft angewiesen. Sowohl der Abschluss higkeit vieler deutscher Unternehmen gefährdet. Auch der Ausbau von strategischen China, ist stärker auf ein Level-Playing-Field beim Marktzugang und bei Investitio- strategisch wichtiger Handelsabkommen als internationalen Wirtschaftsbeziehungen in Zukunftsmärkten wie den Schwellen- und nen hinzuwirken. auch ein stärkeres Engagement Deutschlands bei der Entwicklung offener und internatio- Entwicklungsländern spielen für die deutsche Außenwirtschaft eine tragende Rolle. Die Strukturen der deutschen Außenwirtschaftsförderung sind auszubauen. Eine naler Standards sind hierfür essentiell. Wer wesentliche Aufgabe muss die Stärkung der Entwicklungszusammenarbeit sein, Standards setzt, gewinnt und bestimmt die Freihandel als Beitrag zur Lösung globaler Herausforderungen: Freier, regelba- stärkt sie doch wesentlich den Export und den Know-how-Transfer. Märkte der Zukunft. sierter Handel und offene Märkte sind Voraussetzungen für die Wettbewerbsfähig- Auf Bundesebene müssen politische Handlungsstrategien für strategische Märkte Thomas Brünig, Handlungsbevollmächtigter keit der deutschen Wirtschaft. Abschottung und Protektionismus tragen nicht zur entwickelt und kommuniziert werden. Der Abschluss von Handelsabkommen mit Bals GmbH & Co. KG, Bersteland Bewältigung globaler Herausforderungen, wie Klimaschutz, Ressourcenknappheit großen und strategisch wichtigen Wirtschaftsräumen wie China, USA, Südamerika und Armut bei. Internationale Handelsabkommen unterstützen globale Lieferketten, und Indien ist zügig voranzutreiben. öffnen Märkte und ermöglichen die Teilnahme an öffentlichen Beschaffungen. Vor Nationale Wirtschaftspolitik muss unter Berücksichtigung des geopolitischen Um- allem aber bieten solche Abkommen Rechtssicherheit. Allerdings ist ihre Handhabe für felds gestaltet werden. viele in Brandenburg prägende kleine und mittlere Betriebe noch praxisfern. Befürch- tungen und Kritik zu Abkommen von Seiten der Wirtschaft sollten daher stets ernst Der Bund muss sich für weitere EU-Freihandelsabkommen und ihrer praxisnahen genommen werden. Die Welt ist durch die Globalisierung und Digitalisierung schneller Umsetzung einsetzen. Außenwirtschaftspolitische Entscheidungen sollten das Ziel geworden und enger zusammengerückt. Daraus ergeben sich auch Chancen für die haben, den EU-Binnenmarkt zu stärken. Entwicklungszusammenarbeit, für die Bildung und den Innovationstransfer. Europa muss sich durch frühzeitiges Setzen von Standards die Anschlussfähigkeit an internationale technologische Entwicklungen sichern. Europa – Brandenburgs wichtigster Handelspartner: Der weitere Erhalt und die Stärkung des Europäischen Binnenmarktes sind wichtige Eckpfeiler für die deutsche Wirtschaft. Wirtschaftliche Folgen wie Umsatzeinbrüche und Arbeitsplatzverluste werden hierzulande bei der Abwägung legislativer Maßnahmen, wie dem Rückgriff auf Sanktionen, aber nicht sensibel genug betrachtet. Gleichzeitig hat die Bundesre- gierung innerhalb der EU die Chance, bei der Entwicklung künftiger handelspolitischer EU-Strategien selbstbewusst wirtschaftliche Interessen zu verfolgen. Unternehmen haben Probleme, insbesondere die wirtschaftlichen sowie technologischen Chancen und Herausforderungen strategischer Märkte in China, Südostasien und Schwellenlän- dern, aber auch in den USA abzuschätzen. Es fehlen rahmengebende, bundespolitische Handlungsstrategien.
18 WIRTSCHAFTEN MIT UND NACH CORONA WIRTSCHAFTEN MIT UND NACH CORONA 19 8. Wirtschaften mit und nach Corona Status quo Forderungen aus Sicht der Wirtschaft Zitiert Corona-Krise trifft Branchen unterschiedlich stark: Die Corona-Krise hat deutliche Es sind finanzielle Anreize/Entlastungen für den Neustart in den besonders stark Spuren in den Innenstädten hinterlassen. Besonders der Handel hat mit enormen betroffenen Branchen zu schaffen und Konzepte mit den entsprechenden Branchen Folgen zu kämpfen. Die krisenbedingten Umsatzeinbußen der Einzelhandelsunterneh- zu entwickeln. Die Umsetzung zugesagter Hilfen wie z. B. der Sonderfonds für die men werden die bereits hohen Leerstandsquoten in unseren Innenstädten vielerorts Kulturbranche sind zügig und sicher umzusetzen, um langfristige Investitionsanreize nochmal deutlich ansteigen lassen. Attraktive Städte und Gemeinden brauchen vitalen zu bieten. Einzelhandel und weitere belebende Nutzungen in Verbindung mit hoher Aufenthalts- Konjunkturprogramme sollten sich auf Investitionsausgaben mit langfristigen qualität und angenehmer Atmosphäre. Effekten konzentrieren (z. B. Investitionszulagen, steuerliche Begünstigungen von zusätzlichen Erträgen), anstelle konsumtiver Ausgaben mit kurzfristiger Wirkung. Durch das Verbot von Veranstaltungen Massiv betroffen sind zudem die Kultur- und Kreativwirtschaft, das Beherbergungsge- Öffentliche Investitionsanreize wie Bürgschaftsübernahmen sowie die degressive haben wir eine nie dagewesene Situation, werbe, touristische Bereiche und die Gastronomie. Die Kultur- und Kreativwirtschaft Abschreibung beibehalten bzw. ausweiten. die zu dramatischen Einbrüchen in der besteht aus einem hohen Anteil an Solo-Selbstständigen sowie Mini-Selbstständigen Unterstützung von Unternehmen, die aus eigenen Stücken ihre Produktion nach Veranstaltungsbranche führt. Für die am Markt tätigen Unternehmen ist es wichtig, mit einem Umsatz unter 17.500 Euro/Jahr. Ein Sterben der Kreativwirtschaft gefährdet Deutschland (zurück)verlagern oder Lieferketten im Außenhandel diversifizieren. verlässliche Hilfen zu erhalten, die nicht nur die wirtschaftliche, aber auch die kulturelle Vielfalt, und damit auch die Attraktivität ein Überleben sichern, sondern tatsächliche Deutschlands als lebenswerten Raum für Menschen aus dem In- und Ausland. Glei- Sämtliche Förderinstrumente müssen überprüft werden, ob sie geeignet sind die Zukunftsperspektiven bieten. Unsere Arbeit lebt von Langfristigkeit und im Moment sind ches gilt für die hart getroffene Gastronomie. durch die Pandemie hervorgetretene Defizite zu beheben Sie müssen unabhängig wir im Stand-by-Modus ohne jegliche Art von von aktuellen Laufzeiten zeitnah nachgebessert bzw. überarbeitet werden. Planungssicherheit. Deutsche Wirtschaft ist anpassungsfähig: Die Pandemie hat in zahlreichen Reichen die bisherigen Instrumente nicht aus, die Defizite durch gewerbliche Doreen Goethe; Geschäftsführerin pool Bereichen auch Defizite offengelegt. Der geringe Grad der Digitalisierung im Bil- Investitionen auszugleichen und einen Vorsprung zu erarbeiten, sind zusätzliche production GmbH, Cottbus dungssystem, in der öffentlichen Verwaltung aber auch in Teilen der Wirtschaft ist ein Investitionsanreize zu schaffen, z. B. durch Investitionszulagen oder steuerliche markantes Beispiel hierfür. Darüber hinaus wurden starke Abhängigkeiten in einzelnen Begünstigungen. Lieferketten und Produktgruppen sichtbar. Der Mangel an medizinischer Ausrüstung zu Beginn der Pandemie machte dies besonders deutlich. Gleichzeitig zeigte diese Es sollten Strategien für künftige Pandemie-Situationen unter Einbeziehung der Situation aber auch wie flexibel und anpassungsfähig die deutsche Wirtschaft ist. In- Wirtschaft konzipiert werden. Das beinhaltet eine explizite Vorsorgeförderung der nerhalb kürzester Zeit wurden Produktionsprozesse umgestellt und Geschäftsmodelle besonders vulnerablen Wirtschaftsbereiche in Hinblick auf das Infektionsgeschehen. teilweise komplett umgewandelt. Der nachhaltigste Weg, um künftig wieder stabile öffentliche Haushalte zu errei- Für künftige Pandemien gewappnet sein: In einer globalisierten Welt können lokale chen, ist Wachstum zu generieren. Das Verhältnis aus Staatsschulden zur Wirt- Virenausbrüche, wie sie in der jüngsten Vergangenheit mehrfach auftraten (vgl. schaftskraft kann somit wieder reduziert werden. Dafür dürfen den Unternehmen Ebola-Epidemie 2014, SARS-Pandemie 2002), schnell weltweite Auswirkungen haben. keine zusätzlichen steuerlichen Bürden auferlegt werden. Es gilt daher Schlüsse aus der aktuellen Pandemie zu ziehen und langfristige Konzepte Öffentliche Investitionen sollten konstant gehalten bzw. in zukunftsträchtigen Berei- im Umgang möglicher künftiger Viren zu entwickeln und umzusetzen. Die Wirtschaft chen ausgeweitet werden. im Allgemeinen, insbesondere aber Handel, Gastronomie, Beherbergungsgewerbe Die Mittel aus dem EU-Wiederaufbauplan NextGenerationEU sind in Form eines na- und Tourismus sowie das Veranstaltungsgewerbe haben in der Vergangenheit bereits tionalen Konjunkturprogramms umzusetzen. Ziel muss es sein, das Vorkrisenniveau vorhandene Hygienekonzepte professionell erweitert sowie neue Formate erarbeitet in sämtlichen Bereichen nicht nur wieder zu erreichen, sondern zu übertreffen. und umgesetzt. Diese Expertise gilt es zu nutzen. Massiver Anstieg der Staatsverschuldung: Das Defizit des deutschen Bundes- haushalts belief sich 2020 auf 139,6 Milliarden Euro, was einer Defizitquote von 4,2 Prozent entspricht. Für das Haushaltsjahr 2021 ist eine Verschuldung von weiteren 180 Milliarden Euro geplant. Auch die Landes- und Kommunalhaushalte sind durch Mindereinnahmen auf der einen und Mehrausgaben, z. B. im Bereich der Daseinsver- sorgung auf der anderen Seite, stark belastet. Gleichzeitig ist die öffentliche Hand wichtige Auftraggeberin für regionale Unternehmen. Kürzungen bei Investitionen an dieser Stelle können daher negative Dominoeffekte nach sich ziehen und zu noch geringeren Gewerbesteuereinnahmen führen.
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