Im.gespräch - Grassinger Emrich Architekten

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Im.gespräch - Grassinger Emrich Architekten
im.gespräch

                     Impuls I Dialog
                     03

Im Gespräch
mit den Gestaltern
Münchens

                                       Bestand hat Zukunft!
                                       Wachstumsstrategien Münchens
Im.gespräch - Grassinger Emrich Architekten
Im.Gespräch
Wir können die Dinge nicht mehr
eindimensional lösen

Komplexe Anforderungen verlangen            Impulse für zukünftige Entwicklungen
nach einer interdisziplinären Betrach-      zu geben. In dem exklusiven, überschau-
tung, wir können die Dinge nicht ein-       baren Rahmen der Dialoge gelingt es,
dimensional lösen. Die Firma Mundwerk,      eine informelle Atmosphäre zu schaffen,
Hinrich Böttcher, initiiert seit Mai 2010   in der die Dinge beim Namen genannt
das Veranstaltungsformat Im.Gespräch.       werden. Das Zustandekommen der
Ziel der Dialogveranstaltungen ist: In      Veranstaltung zum Thema »Bestand
ergebnisorientierten Diskussionen, mit      hat Zukunft! Wachstumsstrategien
eingestreuten, provokant anfeuernden        Münchens« verdanken wir der Initiative
Referaten, neue Ideen zu entwickeln und     von fünf Münchner Unternehmen.
Im.Gespräch
                                            Bilfinger Berger Hochbau GmbH
                                            Grassinger Emrich Architekten
                                            Rainer Schmidt Landschaftsarchitekten
                                            Stadtwerke München
                                            Versicherungskammer Bayern

                                            Impressum

                                            MUNDWERK               Gestaltung:
                                            Peter-Dörfler-Str. 7   Kassegger und
                                            86875 Waal             Partner, Altach (A)
                                            Tel: 08246/96 95 807   Text: Ingrid Kracht,
                                            mail@mw-komm.de        München (D)
                                            www.mw-komm.de         Fotografie:
                                                                   Thomas Lomberg
                                                                   München (D)
Im.gespräch - Grassinger Emrich Architekten
Der Bestand hat
             viele Gesichter

Einleitung   In München leben so viele Menschen wie         Der Umgang mit den Bestandsimmobilien
3/
             nie zuvor und die Stadt wächst weiter. Ver-    erfordert ebenso wie die wirtschaftliche
             antwortlich dafür sind die Zahl der Gebur-     Verwertung von komplizierten städtischen
             ten und die stark zunehmende Zuwander-         Gemengelagen die interdisziplinäre Aus-
             ung. München ist attraktiv, wirtschaftsstark   einandersetzung. Nur wenn wir lernen, die
             und bekannt für seine hervorragende            Interessen aller Beteiligten zu verstehen,
             Stadtplanung.                                  können wir funktionierende Lösungen ent-
             Bestehende Immobilien, Infrastrukturein-       wickeln.
             richtungen, Quartiere und ganze Städte
             werden angepasst, saniert, erneuert oder       Sebastian Mißbach, (Bilfinger Berger
             abgerissen. Bestand verursacht permanent       Hochbau GmbH) »Es geht nicht nur
             Kosten, er veraltet, entspricht nicht mehr     darum bezahlbaren Wohnungen zu bauen,
             dem Stand der Technik und den zeitgemä-        wir müssen lebenswerten Wohnraum
             ßen Komfortstandards. Er gibt Städten ein      schaffen.«
             Gesicht und der Immobilienwirtschaft Op-
             timierungspotentiale, im Investitionsstau      Professor Rainer Schmidt, (Rainer Schmidt
             wird er zum bedrohlichem Klotz am              Landschaftsarchitekten) »Wir handeln mit
             Bein und bei Liebhabern zum begehrten          Lebensraum. Wichtigstes Ziel für uns ist
             Umfeld.                                        es, die Lebensqualität in der wachsenden
             Kurzum, der Bestand hat viele Gesichter        Stadt München langfristig aufrecht zu er-
             und an der Auseinandersetzung damit            halten. Dazu gehören Mobilität und Raum-
             kommt die Immobilienwirtschaft nicht           gestaltung ebenso wie ein hervorragendes
             vorbei. Dies aber gilt ganz besonders auch     Image.«
             für München, die Stadt der Superlative.
             Die Reserveflächen für neuen Wohnraum          Am 16. Juli traf sich eine interdisziplinäre
             werden knapp. Die Stadt platzt aus allen       Runde von Investoren, Dienstleistern, Pro-
             Nähten. Die Folge: Architekten, Bauunter-      jektentwicklern, Planern und Vertreter der
             nehmen, Projektentwickler, Stadtplaner,        öffentlichen Hand zum Dialog. Dabei
             Investoren, Bestandshalter, alle Akteure der   zeigte sich einmal mehr: 1. Der Austausch
             Immobilienwirtschaft haben in Ihrer tägli-     ist wichtig, 2. er muss trainiert werden,
             chen Arbeit zunehmend mit dem oft unge-        denn es ist nicht leicht, Komplexität über-
             liebten Bestand zu tun. Der ist kompliziert,   sichtlich zu gestalten und 3. der Dialog ist
             unberechenbar, zumeist hässlich und er         erst dann wirklich sinnvoll, wenn auch die
             birgt viele Risiken.                           Stadtplanung, einer der wesentlichen Ak-
                                                            teure der Stadtentwicklung, mit am Tisch
             Eva Herrmann: (Architektur Kommunikation)      sitzt.
             »Bestand ist immer ein wenig unsexy –
             auch in den Medien. Es ist aufregender         Die Dialoginitiative greift den Apell der
             über spektakuläre Neubauten zu berichten       Stadt München auf, proaktiv zu handeln
             als über Maßnahmen im Bestand, die op-         und begleitet den Diskurs um die Wachs-
             tisch nicht soviel hergeben.«                  tumsstrategien Münchens, den die Stadt
                                                            mit den Studien zur langfristigen Sied-
                                                            lungsentwicklung aufgelegt hat.
                                                            Denn: Auch München, die Stadt der Super-
                                                            lative, darf sich nicht auf ihren Lorbeeren
                                                            ausruhen, will sie auch in Zukunft als
                                                            einer der attraktivsten Standorte erhalten
                                                            bleiben.
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IMpuls

         München auf der Couch – eine Sonja Rube,
                                      Geschäftsführerin der USP Projekte GmbH
         »Bestandsaufnahme«

Dialog   »Es ist nicht gut mich nach München       »Ich will kein schwarzes Bild von bürger-
4/5
         zu fragen, denn ich bin in München        lichen Protesten malen, aber ich meine,
         verliebt, und Verliebte reden Torheit.«   diese Diskussion muss ehrlicher werden«
         Zitat: Werner Bergengruen,                Zitat: Christian Ude,
         (Schriftsteller)                          (Oberbürgermeister)

         Am Anfang der Diskussion stand die        In der Stadt werden nicht moralische
         »Bestandsaufnahme«: Wie erleben die       Rechte vertreten sondern Interessen ver-
         verschiedenen Akteure des Münchner        handelt. Wir haben keine Wahl, als die Ur-
         Immobilienmarktes ihre Stadt? Welche      banität, die wir suchen, auch auszuhalten.
         Themen beschäftigen die Experten?         Ehrlichkeit bedeutet auch, sich der Dirty
         Was wollen Sie ändern? München soll       Reality zu stellen. Oftmals hässlich und
         attraktiv und für jeden erschwinglich     durch wenig Wohnqualität ausgezeichnet
         sein. Großzügig, flächenschonend,         sind die Siedlungen der 50er, 60er und
         prosperierend, kreativ, grün, sauber,     70er Jahre, die Professor Rainer Schmidt
         lebendig, urban, gemischt, leise, ge-     als Notsiedlungen und deren Wohnungen
         mütlich und nachhaltig. Jedermann         als Hasenställe apostrophiert.
         will profitieren, aber niemand bezah-
         len.                                      Professor Rainer Schmidt, (Rainer
                                                   Schmidt Landschaftsarchitekten) »Da stellt
         Wir alle kennen die Diskussion:           sich die Frage: Abriss oder Neubau? Lohnt
         Urbane Dichte? • Ja bitte – aber nicht    es sich überhaupt so etwas zu sanieren?
         in meiner Gartenstadt! • Lebendiger       Diese Notsiedlungen bieten keine Lebens-
         Mix von Wohnen, Arbeiten und              qualität, nicht bezüglich ihrer Raumhöhe,
         Leben? • Ja bitte – aber bauen mag        der Strukturierung der Wohnungen, der
         ich das nicht, viel zu kompliziert.       Gestaltung des Wohnraums und nicht im
         Bezahlbarer Wohnraum? • Na klar –         Hinblick auf die Zuordnung: Wo wohne
         aber schön soll er ausschauen und         ich überhaupt? Wohne ich, wie in diesen
         bitte: 1A Lage, verkehrsgünstig und       Siedlungen, anonym, in irgendeiner Kiste
         viel Grün darum herum! • Wachstum         oder wohne ich so, dass ich sagen kann,
         und wirtschaftlicher Erfolg? • Ja         das ist meine Wohnung, mein Haus, meine
         bitte – aber deswegen müssen ja nicht     Eingangstür, mein Freiraum. Dort lebe ich,
         gleich alle in München wohnen             dort entsteht Gemeinschaft, Lebensraum.
         wollen! • Preiswerte Wohnungen für        Das kann nicht funktionieren in diesen
         Bedürftige? • Aber ja doch – nur          abgestellten Häusern, die eher abschrecken
         bitte nicht in meiner Nachbarschaft!      und niemanden einladen, nach München
         Unsere Erwartungen an die Stadt sind      zu kommen. Unsere Zukunft kann nicht
         extrem hoch aber kaum jemand              ein Wohnungsbau sein, der monoton und
         möchte den Preis dafür bezahlen.          eintönig ist, wie die Siedlungen der 50er,
                                                   60er und 70er Jahre.«
Im.gespräch - Grassinger Emrich Architekten
Ungeachtet dieser »schmutzigen«             Helmut Schiedermair, (Städtebauliche
Münchner Wirklichkeit wird die Stadt        Entwicklung &Wohnungsbau Senior
zunehmend als Herberge für Super-           Consultant) »Da stellt sich die Frage, wie
reiche wahrgenommen, die sich in ihren      können wir die Medien in eine reelle Dis-
Luxuswohnungen verschanzen.                 kussion einbinden. Man müsste ein Ge-
                                            spräch mit den Leuten führen, die immer
Das belegt nicht zuletzt der Erfolg der     wieder, in durchaus populistischer Absicht
Satire Goldgrund Immobilien – wir           und grober Vereinfachung der Proble-
handeln mit ihrem Lebensraum. Das Pro- matik, Neidaspekte nach Außen tragen,
jekt der Münchner Lach- und Schießge-       wie die Süddeutsche Zeitung zum Beispiel.
sellschaft »l’Arche de Munich«, eine fiktiv Das kommt gut an, erzeugt aber eine
angebotene exklusive Luxuswohnanlage        Antihaltung der Bevölkerung gegen jede
an der Münchner Freiheit, stieß auf         Änderung im Bestand. Wir brauchen eine
enormes Interesse – auch in den Medien. sachlichere Diskussion. Wie kann man
                                            eine Verknüpfung finden zwischen Be-
Grisi Ganzer, (Goldgrund Immobilien)        stand und Neubau, die den Charakter der
»Binnen 24 Stunden nach Schaltung der       Stadt weniger verändert? Wie kann man
Anzeige auf ImmoScout wurde etwa 1000 beispielsweise den Bestand so bearbeiten,
Mal auf unser Projekt zugegriffen. Zuerst dass er da, wo er charmant ist, keine Än-
waren es die Makler, die mitverdienen       derung erfährt.«
wollten und dann meldeten sich die vielen
anderen Interessenten. Alteingesessene
Münchner schimpften und bei der Stadt-
verwaltung stand das Beschwerdetelefon
nicht mehr still. Es hätte ja sein können,
wir haben die Realität nur ein wenig
überzeichnet. Die Verkäufe in Münchens
Luxus-Segment sind eben keine Fiktion.«
Im.gespräch - Grassinger Emrich Architekten
Impuls
                               Prof. Rainer Schmidt
                               (Rainer Schmidt
                               Landschaftsarchitekten)
                               Abriss und Neubau!?

Impuls
Bernhard Donhauser
(Versicherungskammer
Bayern) Blickwinkel eines
institutionellen Investors -
Immobilienbestände
als Assetklasse steuern
Im.gespräch - Grassinger Emrich Architekten
Im Gespräch
mit den Gestaltern
Münchens

                               Impuls
                               Norbert Peine
                               (Bilfinger Berger
                               Hochbau GmbH)
                               Sanierungsstrategien

        Impuls
        Wolfgang Emrich
        (Grassinger Emrich
        Architekten)
        Sanierungsstrategien
        am Beispiel Münchner
        Baugenossenschaft
Im.gespräch - Grassinger Emrich Architekten
Dialog

         Bestand hat
         Folgen

Dialog   Die Bedeutung des Bestandes kann nicht         Kleinere und mittlere Genossen-
8/9      überschätzt werden. In dem Moment, in          schaften stehen vor derselben Frage, oft
         dem ein Gebäude in Betrieb genommen            gepaart mit dem drohenden Auslaufen
         wird, ist es bereits Bestand und der Ärger     der Erbpachtverträge.
         geht los. Der permanente Verfall des Be-
         stands hat mitunter drastische Folgen, die     Lothar Grassinger, (Grassinger Emrich
         wir gerne übersehen:                           Architekten GmbH) »Abriss und Neubau
                                                        führen immer zu höheren Mieten. Auf
         _Alleine die Betonsanierung der                jeden Fall muss man den sozialen Aspekt
         Münchner U-Bahn soll bis zu 800                mit berücksichtigen. Wir untersuchen ge-
         Millionen Euro kosten.                         genwärtig eine Genossenschaftsanlage
                                                        der 50er Jahre. Dort werden die Wohn-
         _Wohnungseigentümer in betagten                ungen für 3,50 bis 4,50 Euro pro Quadrat-
         Siedlungen fragen sich, wie Sie                meter vermietet. Das schaffen wir mit
         die dringend erforderlichen Sanier-            Abriss, Neubau und energetischer Aufwer-
         ungen stemmen sollen.                          tung natürlich nicht.«

         Dr. Peter Wasner, (Eiwobau München             Hans-Otto Kraus, (GWG Städtische
         AHW) »Die grundsätzliche Problematik ist       Wohnungsgesellschaft München mbH)
         damit noch nicht angesprochen. In den          »Das städtische Wohnungsunternehmen
         vielen nach WEG geteilten Wohnsiedlun-         GWG betreibt seit ungefähr 10 Jahren kon-
         gen der 60er und 70er Jahre. ist der Abriss,   tinuierlich Nachverdichtung. Wir brechen
         wie ihn Professor Rainer Schmidt fordert,      ab und bauen neu. 300 bis 400 Wohnungen
         nicht einmal mehr eine Alternative und das     entstehen auf diesem Wege jährlich neu –
         nicht, weil die Nachbarn dagegen wären,        in unseren Siedlungen. Das muss man fair-
         sondern weil es unmöglich ist, die vielen      erweise anfügen: Denn wir können auf
         Eigentümer auf einen Nenner zu bringen.        eigenen Grundstücken bauen, die Anderen
         Diese Welle kommt in Zukunft viel drama-
         tischer auf uns zu als wir es heute noch
         glauben.«
Im.gespräch - Grassinger Emrich Architekten
in diesem Maße nicht zur Verfügung ste-       Klaus Illigmann, (Landeshauptstadt
hen. Zusätzlich sanieren wir auch. Nicht      München, Referat für Stadtplanung und
alles wird abgerissen.                        Bauordnung) »In Bezug auf die Herausfor-
Die Entscheidung im Einzelfall ist abhän-     derung, günstigen Wohnraum für ein
gig von der technischen Beurteilung, den      bestimmtes Zielpublikum zu schaffen,
sozialen Komponenten und natürlich der        ist das Problem erkannt. Es gibt den Be-
Wirtschaftlichkeit der Maßnahme.«             schluss, den Versuch zu unternehmen,
                                              20% bis 40% der städtischen Grundstücke,
Wolfgang Emrich, (Grassinger Emrich           die zum Verkauf kommen, bevorzugt an
Architekten GmbH) »Die Baugenossen-           Baugenossenschaften und Baugemein-
schaften mit ihrem Angebot preiswerter        schaften zu vergeben. Aber trotzdem errei-
Wohnungen in München sollten unbedingt chen wir in den begehrten Lagen Preis-
am Leben erhalten werden. Dazu braucht        bereiche, die für den Normalverdiener
es die Know How-Unterstützung der Stadt. schwierig sind. Wer kann die kleinen Ge-
Verdichtung wird kompliziert, wenn es         nossenschaften noch unterstützen?
darum geht, Bestand zu erhalten – z.B.        Im Rahmen von »Wohnen in München«
bei Baugenossenschaften, die ja bekannt-      ist eine Wohnungsbaustelle eingerichtet
lich nicht im Geld schwimmen.                 worden, die als Anlaufstelle für Baugenos-
Die Dichtediskussion wird zwar offensiv       senschaften und Baugemeinschaften die-
geführt, es passiert aber nicht wirklich viel nen soll. Eine wichtige Anlaufstelle ist auch
für eine gute und bewohnbare Dichte.«         der Verbund der Baugenossenschaften.
                                              Bei einem der letzten Treffen wurde disku-
Beim Wohnungsmangel geht es also kei-         tiert, welche Aufgaben vorrangig sind und
neswegs nur um die Schaffung von neuem, wie sich das wirtschaftlich umsetzen lässt.
insbesondere bezahlbarem Wohnraum,            Die Stadt wird selber Leistungen anbieten
sondern auch um den Erhalt des bestehen- und den Kontakt intensivieren.«
den bezahlbaren Wohnraums.
Im.gespräch - Grassinger Emrich Architekten
Münchens                                       Lothar Grassinger,
                                                        Grassinger Emrich Architekten GmbH
         Wachstumsstrategien

Dialog   »In dieser Gesellschaft regiert der Markt,     entwickeln. Es gibt gute und rechtssichere
10/11
         und der Markt bringt eine Architektur          Möglichkeiten zu differenzierten Lösungen
         hervor, bei der es nur noch um Geld geht.      bei der Umwandlung und Umstrukturie-
         Investoren bauen Häuser, so wie andere         rung von Beständen.«
         Tomaten züchten. Auch von Stadtplanung
         kann vielerorts nicht mehr die Rede sein, es   Professor Harald Bardenhagen,
         gibt nur noch Entwicklungskontrolle, so,       (Seufert Rechtsanwälte) »Die Bundesregie-
         als ginge es einzig darum, dem Schlimmsten     rung verfolgt ein Flächensparziel. Der
         vorzubeugen« Zitat: David Chipperfield         tägliche Flächenverbrauch soll von heute
         (David Chipperfield Architects)                113 Hektar bis 2020 auf 30 Hektar pro Tag
                                                        reduziert werden. Da stellt sich natürlich
         Die Flächenreserven Münchens nehmen in         die Frage, wie das gehen soll. Dazu gibt es
         den nächsten Jahren dramatisch ab, der Be-     zwei Ansätze: Der erste lautet, Verdichten,
         stand rückt in den Fokus der Immobilien-       was da ist und der zweite bedeutet meines
         wirtschaft. Die Stadt München begreift den     Erachtens nach, die Konversion von indus-
         Umgang mit dem Bestand als eine strate-        triell, verkehrstechnisch und militärisch
         gische Aufgabe. In dem Projekt »langfris-      vorgenutzten Flächen.
         tige Siedlungsentwicklung« wird insbeson-      Laut europäischer Kommission geht in
         dere untersucht, wie München in den be-        den Metropolregionen London, Paris und
         stehenden Strukturen verträglich wachsen       Benelux, bezüglich weiterer Verdichtung
         kann.                                          nichts mehr, während sie das Thema für
                                                        Madrid und München positiv bewerten.
         Dr. Robert Biedermann, (Prof. Hauth &          Wie aber lassen sich Flächensparziel und
         Partner) »Ich sehe die größere Problematik     Siedlungsdruck unter einen Hut bringen?
         bei der Umwandlung von Gewerbeflächen          Das wird eine gigantische Aufgabe werden
         in Wohnraum. Hier steht häufig ein Ab-         und man wird sich im Bereich der Stadt-
         wehranspruch von benachbarten Gewerbe-         entwicklung noch Einiges einfallen lassen
         betrieben, die Betriebseinschränkungen         müssen.«
         befürchten, gegen das geplante Wohn-
         bauprojekt im Raum. Es besteht aber kein
         Grund, Angst vor der Gemengelage zu
Dialog

         Da kommt Einiges
         auf uns zu.

Dialog   Richard Adam, (Bayerische Hausbau               haltige und wertbeständige Immobilien.
9/       GmbH & Co.KG) »Die Wohnungsknappheit            Ich bezweifle, dass solche Immobilien der
         führt zu steigenden Preisen sowohl bei den      richtige Weg in die Zukunft sind.«
         Verkaufspreisen wie bei den Mieten. Es
         wird versucht zu recyceln, umzustrukturie-      Hans-Otto Kraus, (GWG Städtische
         ren auf ungenutzte Flächen, die aber ande-      Wohnungsgesellschaft München mbH)
         ren Baurechten unterliegen. Die Flächen im      »Das Thema Nachverdichtung ist in Mün-
         Stadtgebiet sind knapp. Die Neuentwick-         chen besonders brisant, weil es gar keine
         lung von Baugebieten dürfte sehr schwierig      anderen Chancen gibt, hier zusätzlichen
         werden. Ich sehe ein großes Potenzial in        Wohnraum zu schaffen, wenn man nicht
         der Nachverdichtung. Aber auch hier gibt        die Grundstücksressourcen besser nutzt.
         es wegen der Nachbarn große Probleme.           Allein Verdichten funktioniert aber nicht.
         Da stellt sich die Frage, wie soll es mit dem   Wichtig ist es auch andere Komponenten
         Wohnungsbau weitergehen. Die Defizite           zu bedenken, wie zum Beispiel das Thema
         häufen sich. Was passiert in der Stadt,         der Mobilität. Ich halte es nicht für nach-
         wenn es vielleicht einmal kracht? Und wo        haltig zu jeder Wohnung in der Stadt
         ist die Grenze einer Dichte erreicht?«          Tiefgaragen anbieten zu müssen. Das funk-
                                                         tioniert nicht. Wir müssen über alternative
         Bernhard Donhauser, (Versicherungs-             Mobilitätskonzepte nachdenken und
         kammer Bayern) »Bestände entwickeln             Lösungen entwickeln. Ich wünsche der
         und ausbauen ist die Königsdisziplin der        Verwaltung und den Politikern Mut zu
         Planung. Bezüglich der Wohnungsdichte           innovativen Lösungen. →
         wird teilweise schon über die Grenze des
         Erträglichen hinaus gebaut.
         Beispiel
         Düsseldorf Konversionsflächen: Dort ent-
         stehen im MK-Gebiet mit 12 Meter Abstand
         von einem 30 Meter hohen, ein 60 Meter
         hohes Wohngebäude. So etwas geht gegen
         mein Empfinden im Hinblick auf nach-
Münchens                                      Münchens
                                                       Wachstumsstrategien
         Wachstumsstrategien

Dialog   Bei dem Thema qualifizierte Verdichtung       Tobias Wagner, (TU München, Lehrstuhl
12/13
         und Umstrukturierung scheiden sich die        für Bauklimatik und Haustechnik) »Neben
         Geister. Doch nicht nur auf städtebaulicher   der Mobilität spielt auch die Frage der
         Ebene birgt der Umgang mit dem Bestand        Energieversorgung eine wichtige Rolle. Der
         Konfliktpotential, auch die Sanierung ein-    fortschreitende Klimawandel, die Endlich-
         zelner Immobilien steht im Spannungsfeld      keit fossiler Energieträger und steigende
         divergierender Interessen und politischer     Energiekosten erfordern in allen Lebensbe-
         Rahmenbedingungen. Beispiel: Der Be-          reichen eine grundlegende Veränderung im
         schluss zur Energiewende oder das ehrgei-     Umgang mit Energie. Wir haben uns der
         zige Ziel, bis 2020 den Gebäudebestand        Problematik mit dem Erstellen eines Ener-
         Deutschlands energetisch zu optimieren.«      gienutzungsplans für Gemeinden gestellt.
                                                       Denn nur wenn man weiß, wie Energiebe-
                                                       darf, Energieinfrastruktur und Energiepo-
                                                       tenziale sowie mögliche Einsparungen
                                                       räumlich verknüpft sind, können optimale
                                                       Lösungen für die nachhaltige Energiever-
                                                       sorgung einer Gemeinde gefunden werden.
                                                       Entscheidend für die Forschung ist die
                                                       Frage, wie die Kommunen und Gemeinden
                                                       Energie anbieten können. Man sollte sich
                                                       hier nicht an Standards klammern, sondern
                                                       sich nach dem jeweiligen Energiebedarf
                                                       richten. Nicht nur die Energiemenge ist
                                                       wichtig, sondern auch die Frage der zeit-
                                                       lichen Verfügbarkeit spielt eine Rolle. Si-
                                                       cherlich lassen sich moderne Wärmeerzeu-
                                                       gungsysteme leichter in Neubauten ein-
                                                       bauen, aber auch im Bestand ist das teil-
                                                       weise möglich.«
Bernhard Donhauser, (Versicherungs-           Norbert Peine, (Bilfinger Berger Hochbau
kammer Bayern) »Die energetische Ver-         GmbH) »Niemand setzt sich freiwillig mit
besserung der Gebäude sollte aber nicht,      dem Bestand auseinander. Das geschieht
wie das eben immer wieder geschieht, zu       nur, wenn man sich Vorteile erhofft. Wenn
gesichtslosen Häusern führen.                 aber saniert werden muss, dann geht es um
Diese Entwicklung ist falsch und sicher       das altbewährte: Prüfe wer sich bindet.
werden wir bald andere Wege finden.           Prüfe, bevor du wirtschaftliche Risiken für
Wir müssen uns mit dem Energiekonzept         etwas übernimmst, was du nicht über-
der Bundesregierung auseinandersetzen.        blickst. Ein ehrliches Statement lautet: Wir
Was bei 90% geplanter Energieeinsparung       alle bauen am liebsten neu auf der grünen
im Sektor Haushalt – das sind die Wohn-       Wiese weil die Bestandsthematik mit einem
gebäude - in den nächsten 20 Jahren auf       hohen Risiko verbunden ist. Die Schnitt-
uns zukommt, das kann aktuell noch kaum       stelle zwischen dem Alten und dem Neuen
jemand realistisch einschätzen.               auch im Interesse auf die Kundenziele zu
                                              verstehen, die Hintergründe kalkulator-
Was will die nächste Generation: Intelli-     isch zu überreißen ist nicht ganz einfach.
gente Gebäude mit Charakter und das           Die Angst beim Umgang mit dem Bestand
heißt: unser Nachhaltigkeitsziel sind ener-   ist die Angst vor der Komplexität des
giereiche Gebäude statt verbrauchsarme.       Themas.«

Immobilienbestände sind kein schwarzes
Loch mehr, sondern werden als Anlage-
klasse transparent.

Unter dem Nachhaltigkeitsaspekt gilt es
Immobilien mit ökonomischer, sozialer
und ökologischer Qualität zu bauen. Nach-
haltigkeit und Gewinnstreben schließen
sich dabei nicht aus. Nur wenn alle ge-
winnen ist Nachhaltigkeit gegeben. Dies
gilt insbesondere für Nachverdichtungen
im Bestand.«
Quo
         Vadis

Dialog   Die Diskussion wird weitergehen. Die            Dasselbe wünschen wir uns für die Diskus-
14/      Frage ist, welchen Beitrag ein interdiszipli-   sion rund um die Wachstumsstrategien
         näres Expertengremium leisten kann, um          Münchens. Die Stadtverwaltung ist mit
         zielführende, verwertbare Impulse zu er-        Ihrer Initiative zur langfristigen Siedlungs-
         zeugen, die im Idealfall in konkrete inno-      entwicklung bereits mit großem Engage-
         vative Projekte münden. Wie kann es             ment vorangegangen. Der Markt ist bereit,
         gelingen, jenseits von Geld und Macht, die      mitzudenken, mitzureden und mit zu han-
         Lust auf ungewöhnliche Projekte zu erzeu-       deln. Das ist vielleicht der wichtigste Im-
         gen, die einen Mehrwert für die Stadt und       puls dieses Dialogs! Liebe Stadtplanung, Sie
         die Immobilienwirtschaft darstellen?            sind herzlich eingeladen, das Gespräch,
         Da sind wir als Veranstalter noch lange         dass Sie suchen, auch zu führen.
         nicht am Ziel.                                                               Hinrich Böttcher

         Hilfreich wäre es mit Sicherheit, wenn es
         gelänge, eine intensivere Verzahnung mit
         der Stadtverwaltung zu erreichen. Wir sind
         davon überzeugt, mit dem interdisziplinä-
         ren Fachgespräch einen Dialogansatz zu
         verfolgen, der sich insbesondere bei der
         Behandlung komplexer Themen der Stadt-
         entwicklung- und Planung sehr bewähren
         kann, wenn er genutzt wird!
         Unsere Überzeugung beruht auf Erfahrung.
         In der Vergangenheit ist das bereits gelun-
         gen, So wurden die Impulse aus einer drei-
         teiligen Dialogreihe zum Thema Investi-
         tions(un)sicherheit von der Lokalbaukom-
         mission München aufgegriffen und weiter-
         entwickelt.
Dialog –
partner

Bilfinger Berger, Hochbau GmbH               Rainer Schmidt                               Versicherungskammer Bayern
ist ein international tätiges Engineering-   Landschaftsarchitekten                       Der Konzern Versicherungskammer
und Dienstleistungsunternehmen, das          planen und realisieren seit mehr als zwan-   Bayern ist als Personen- und Sachver-
in seinen Märkten eine führende Position     zig Jahren mit durchschnittlich 30 Mitar-    sicherer bundesweit der größte öffent-
einnimmt. Die Tätigkeit des Konzerns         beitern Projekte in Deutschland und im       liche Versicherer und unter den Top
umfasst die Geschäftsfelder Industrial       Ausland. Der Stammsitz befindet sich in      Ten der Erstversicherer. Mit 15 Versich-
Services, Power Services, Building           München, zwei weitere Niederlassungen       erungsunternehmen und drei starken
and Facility Services, Construction und      in Berlin und Bernburg. Das Büro ist auf     Regional-marken ist der Konzern Ver-
Concessions.. www.bilfinger.com              die Planung und Abwicklung von großen        sicherungskammer Bayern als
                                             Projekten aus den Bereichen Landschafts-     „Versicherer der Regionen“ in Bayern,
Grassinger Emrich                            architektur und Städtebau spezialisiert.     der Pfalz, Berlin, Brandenburg und im
Architekten GmbH                             www.rainerschmidt.com                        Saarland tätig. www.vkb.de
plant und realisiert als Architektur- und
Stadtplanungsbüro mit derzeit 15 Mitar-      Stadtwerke München
beitern Bauvorhaben in München und           Die SWM sind das kommunale Versorg-
ganz Deutschland. Von der architektoni-      ungs- und Dienstleistungsunternehmen
schen Unternehmensberatung bis zur           der Landeshauptstadt München. Seit Jahr-
Realisierung, als Architekt oder General-    zehnten stehen die SWM für eine sichere
planer werden Bauaufgaben aller Größen-      und Ressourcen schonende Versorgung
ordnungen realisiert.                        der bayerischen Metropole und ihrer
www.ge-architekten.de                        Region mit Energie (Strom, Erdgas, Fern-
                                             wärme) und quellfrischem Trinkwasser
                                             aus dem bayerischen Voralpenland.
                                             www.swm.de
Richard Adam                    Andreas Garkisch                 Sebastian Mißbach
Bayerische Hausbau              03 Architekten GmbH, Architek-   Bilfinger Berger Hochbau
GmbH & Co. KG                   ten BDA, Stadtplaner, DASL       GmbH
Prof. Harald Bardenhagen        Andreas Götzendorfer             Norbert Peine
Seufert Rechtsanwälte           Landeshauptstadt München,        Bilfinger Berger Hochbau
Dr. Robert Biedermann           Referat für Arbeit und Wirt-     GmbH
Prof. Hauth & Partner           schaft                           Axel Praus
Anne Born                       Lothar Grassinger                DEGW Deutschland GmbH
Stadtwerke München GmbH         Grassinger Emrich Architekten    Rudolf Saller
David Christmann                GmbH                             Landeshauptstadt
Patrizia Projektentwicklung     Daniel Grassinger                München, Kommunalreferat -
GmbH                            DEGW Deutschland GmbH            Grundstücksverkehr
Burchard Dabinnus               Markus Gruber                    Helmut Schiedermair
Goldgrund Immobilien            Münchner Baugenossen-            Städtebauliche Entwicklung &
Bernhard Donhauser              schaft e.G.                      Wohnungsbau Senior Consultant
Versicherungskammer Bayern      Prof. Dr. Ing. Andrea Haase      Kim Schliesinger
Jürgen Drumm                    Rainer Schmidt                   DEGW Deutschland GmbH
USP Projekte GmbH               Landschaftsarchitekten           Prof. Rainer Schmidt
Wolfgang Emrich                 Alexander Heinzmann              Rainer Schmidt
Grassinger Emrich Architekten   Wüstenrot Haus- und              Landschaftsarchitekten
GmbH                            Städtebau GmbH                   Tobias Wagner
Grisi Ganzer                    Eva Herrmann                     TU München, Lehrstuhl für
Goldgrund Immobilien            Architektur Kommunikation        Bauklimatik und Haustechnik
                                Andreas Herrscher                Dr. Peter Wasner
                                Stadtwerke München GmbH          Eiwobau München AHW
                                Klaus Illigmann
                                Landeshauptstadt München,
                                Referat für Stadtplanung
                                und Bauordnung
                                                                 Hinrich Böttcher
                                Peter Kadereit
                                                                 Moderation
                                Stadtwerke München GmbH
                                Jens Kamischke
                                Bilfinger Berger Hochbau
                                GmbH
                                Hans-Otto Kraus
                                GWG Städtische Wohnungs-
                                gesellschaft München mbH

                                                                                                 im.gespräch
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