Im Herzen der Universität - der Bibliotheksneubau der Bauhaus-Universität Weimar
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122 Bibliothek 27. 2003. Nr. 1/2 Simon-Ritz - Der Bibliotheksneubau der Bauhaus-Universität Weimar Im Herzen der Universität – der Bibliotheksneubau der Bauhaus-Universität Weimar Die Bauhaus-Universität Weimar mit ihren vier Fakultäten und am weitesten entfernte Standort im innerstädtischen Bereich ist die insgesamt ca. 5 000 Studierenden ist eine kleine Universität, die Coudraystraße, wo sich wichtige Teile der Fakultät Bauingenieurwesen auf eine vergleichsweise kurze, aber ereignisreiche Geschichte zu- (Baustoffkunde, Mathematik, Informatik) befinden. In unmittel- rückblicken kann. Die älteste Vorgängereinrichtung ist die 1860 barer Nachbarschaft zu der Linie, die das Hauptgebäude mit der gegründete Großherzogliche Kunstschule, die 1910 in den Rang einer Coudraystraße verbindet, befindet sich die Mehrzahl der anderen Kunsthochschule erhoben wurde. 1902 erfolgte die Berufung Henry wichtigen Einrichtungen der Universität. Eine Ausnahme bildet van de Veldes nach Weimar, der ein kunstgewerbliches Seminar vor allem die Hauptbibliothek, die sich am Weimarplatz an der Peripherie der Universität befindet. Ein wichtiges Anliegen der Planungen für einen Bibliotheksneubau bestand von Anfang an darin, die Bibliothek stärker ins Zentrum der Universität zu rücken. Von daher kann es als großes Glück betrachtet werden, dass es in zentraler Lage – auf dem Gelände der ehemaligen Brauerei zwischen Frauenplan, Steubenstraße, Schützengasse und Brauhausgasse – ein Baugrundstück gab, das nach einigem Hin und Her für eine Nutzung durch die Universität zur Verfügung stand. An dieser Stelle wird bis zum Sommer 2004 ein modernes Bibliotheksgebäude mit ca. 5 000 m² Hauptnutzfläche entstehen, das zugleich den zentralen Hörsaal (Audimax) der Universität aufnimmt. Das Projekt wird vom Architekturbüro Meck (München) betreut. Das Bibliothekssystem der Bauhaus-Universität besteht heute aus der Hauptbibliothek, in der die zentrale Buch- und Medienbearbeitung sowie zentrale Benutzungsfunktionen untergebracht sind, und fünf Zweigbibliotheken. Es ist gänzlich unbefriedigend für die Bibliothek, dass sich der Standort der Hauptbibliothek ganz abseits von der zentralen Achse der Universität befindet. An diesem dezentralen Standort sind zurzeit etwa 260 000 Bücher und Medien – und damit etwa 70 Prozent des Gesamtbestandes der Bibliothek – un- tergebracht. Daneben weisen die fünf Zweigbibliotheken jeweils Bestände zwischen 16 000 und 30 000 Bänden auf. Die Bestände in den Zweigbibliotheken haben – von einigen Ausnahmen abge- Abb. 1: UB Weimar, Neubau, Modell sehen – Präsenzcharakter. Die Bestände in der Hauptbibliothek haben überwiegend Ausleihcharakter. Hier befindet sich auch die Lehrbuchsammlung mit gegenwärtig ca. 30 000 Bänden. Aus bibliothekarischer Perspektive gibt es einige wesentliche gründete, dem 1907 die Großherzogliche Kunstgewerbeschule folgte. Ziele, die mit dem geplanten Neubau erreicht werden sollen. Das Im April 1919 wurde von Walter Gropius das Staatliche Bauhaus wichtigste Ziel besteht zweifellos darin, die Bibliothek insgesamt gegründet, das die Kunsthochschule und die Kunstgewerbeschule stärker ins Zentrum der Universität zu rücken. Daneben soll der mit einem neuartigen Programm zusammenführte. Aus politischen Großteil der bis jetzt über die Stadt verteilten Bestände am neuen Gründen wurde das Bauhaus 1925 aus Weimar vertrieben und setzte Standort zusammengeführt werden. seine Arbeit zunächst in Dessau fort. 1946 wurde die Weimarer Die Planungsgeschichte für den Neubau ist lang. Basierend auf Hochschule als „Hochschule für Baukunst und bildende Künste“ dem preisgekrönten Entwurf im städtebaulichen Ideenwettbewerb wiedergegründet. Nur fünf Jahre später wurde die Abteilung bildende „Zwischen Frauenplan und Schützengasse“ von 1991, wurde das Künste aufgelöst. Zunächst als „Hochschule für Architektur“ (seit Konzept immer wieder modifiziert. In zwei Workshops im Jahr 1994 1951) und dann als „Hochschule für Architektur und Bauwesen“ wurden die Ergebnisse des Wettbewerbs weiterentwickelt und als (seit 1954) entwickelte sich die Weimarer Bildungseinrichtung zu Grundlage für den städtischen Bebauungsplan empfohlen, der 1996 einer der bedeutendsten Bauhochschulen der DDR. Mit der politi- rechtskräftig wurde. Die damaligen Grundstückseigentümer wendeten schen Wende der Jahre 1989/90 setzte ein neuer Veränderungs- und sich, nachdem das von der Stadt bevorzugte Nutzungskonzept – eine Umbauprozess ein, in dessen Folge zum Wintersemester 1993/94 die Kulturfabrik mit Konferenzzentrum und Hotel – gescheitert war, an Fakultät Gestaltung und zum Wintersemester 1996/97 die Fakultät die Universität als potenziellen Nutzer. Noch in Kooperation mit den Medien gegründet wurden. Selbstbewusst nennt sich die Einrichtung privaten Investoren entstand 1994 im ehemaligen Limona-Gebäude seit 1996 wieder nach ihrer prominentesten Vorgängerinstitution dringend benötigter Raum für die neugegründete Fakultät Gestaltung Bauhaus-Universität Weimar. und die beiden Zweigbibliotheken Architektur und Gestaltung. Das Wirft man einen Blick auf den Weimarer Stadtplan, so stellt man fest, Haus rückte die Bauhaus-Universität ins Blickfeld der Stadt. Es dass die wichtigsten Standorte der Bauhaus-Universität wie an einer bereitete den Boden für die weitere Planung des Standorts. Achse durch die Stadt verlaufen. Ein solcher Orientierungsversuch Auf einer 1993 erstellten Studie zur Hochschulplanung basierte beginnt mit dem Hauptgebäude in der Geschwister-Scholl-Straße, das erste Konzept zum Bibliotheksneubau, das aus dem Jahr 1994 in dem große Teile der Fakultät Architektur untergebracht sind. Der stammt. 1997 wurde das Konzept überarbeitet und an den neuen
Bibliothek 27. 2003. Nr. 1/2 Simon-Ritz - Der Bibliotheksneubau der Bauhaus-Universität Weimar 123 Abb. 2: UB Weimar, Neubau, Grundriss Ebene +1: Fachlesezone Architektur, Lesesaal Standort im Brauereiquartier angepasst. Mit dem Neubau wird die – die Pack- und Poststelle der Bibliothek auf. Die Ausleihe öffnet Universitätsbibliothek der Weimarer Bauhochschule erstmals über den Weg zu den in den beiden Obergeschossen untergebrachten ein eigenes Bibliotheksgebäude verfügen. Freihandbereichen. Im ersten Obergeschoss befinden sich die zen- Die zentrale Lage wurde vom Architekten bei der Konzeption des trale Informationstheke, der allgemeine Informationsbestand, ein Gebäudes berücksichtigt. Es ist geplant, dass das Gebäude nach Lesesaal-Bereich sowie die Fachlesezone Architektur (Abb. 2). allen vier Seiten hin Ein- und Ausgänge hat (Abb. 1). Im zweiten Obergeschoss finden die Fachlesezonen Bauingenieurwesen Auf dem gleichen Gelände entsteht zwischen dem „Medienzentrum“ und Informatik ihren Standort. In den beiden Obergeschossen be- der Fakultät Medien, das im Herbst 2002 seiner Nutzung überge- finden sich darüber hinaus Carrels und Gruppenarbeitsräume. ben wurde, dem so genannten „Limona“-Gebäude, in dem sich Geht man von der zentralen Ausleihe nach unten, gelangt man in seit dem Umbau 1996 zwei Zweigbibliotheken sowie Teile der die Lehrbuchsammlung. Hier befindet sich auch der Multimedia- Fakultät Gestaltung befinden, und dem neuen Bibliotheks- und Schulungsraum der Bibliothek. Auf dieser Ebene wird der Neubau Hörsaalgebäude das „Hochschulforum“ als zentraler Platz. Der eine Anbindung an das so genannte Limona-Gebäude erhalten. Haupteingang zur Bibliothek erfolgt von diesem Hochschulforum Das zweite Untergeschoss ist dem Magazin vorbehalten, das eine aus. Daneben wird es aber auch Eingänge von der Steubenstraße, Kapazität von insgesamt ca. 285 000 Bänden hat. vom Frauenplan sowie von der Brauhausgasse geben. Mit dem Neubau wird es möglich sein, den Benutzern eine deutlich In dem zweiflügeligen Bibliotheksgebäude werden sowohl die größere Zahl von Büchern und anderen Medien in Freihandaufstellung Nutzungsbereiche als auch die Arbeitsplätze für die Mitarbeiter un- zu präsentieren. Gegenwärtig befinden sich etwa 165 000 Bände tergebracht. Der voluminösere Bauteil F enthält die Nutzungsbereiche in Freihandaufstellung. Mit dem Neubau ist geplant, die Zahl der der Bibliothek (Ausleihe, Freihandzonen, Lesebereiche, Multimedia- freihand zugänglichen Bestände auf insgesamt etwa 280 000 Bände und Schulungsraum) sowie den zentralen Hörsaal der Universität. zu steigern. Zugleich bedeutet der Neubau eine deutliche Erhöhung Der Gebäudeteil G enthält die Verwaltungsräume sowie in expo- der Zahl der Benutzerarbeitsplätze. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt nierter Lage einen weiteren attraktiven Benutzungsbereich. Im verfügt das Bibliothekssystem über etwa 220 Benutzerarbeitsplätze. ersten Untergeschoss entsteht ein Foyerbereich mit Ausstellungs- Allein im Neubau sollen 240 Benutzerarbeitsplätze neu eingerichtet möglichkeiten, Café-Bereich mit Sitzmöglichkeiten sowie zentraler werden. Hinzu kommen noch die bestehen bleibenden Arbeitsplätze Garderobe. Insgesamt wird sich die Fläche der Bibliothek mit dem in den bereits genutzten Zweigbibliotheken in der Steubenstraße Bezug des Neubaus mehr als verdoppeln. und in der Zweigbibliothek Baustoffe/Naturwissenschaften in Der Neubau erstreckt sich über fünf Stockwerke. Die Erdgeschoss- der Coudraystraße, die auch nach dem Bezug des Neubaus als Ebene nimmt die zentrale Ausleihe sowie – im Verwaltungstrakt Zweigbibliothek erhalten bleibt. Damit erreichen wir insgesamt
124 Bibliothek 27. 2003. Nr. 1/2 Simon-Ritz - Der Bibliotheksneubau der Bauhaus-Universität Weimar eine Zahl von 376 Benutzerarbeitsplätzen im Bibliothekssystem Kerndatenübersicht der Bauhaus-Universität. Ebenso wird der Neubau eine deutliche Verbesserung der techni- 1. Name und Adresse schen Ausstattung der Benutzerarbeitsplätze bedeuten. Von den 1.1 Universitätsbibliothek der Bauhaus-Universität Weimar gegenwärtig etwa 220 Benutzerarbeitsplätzen sind lediglich 30 1.2 Weimarplatz 2 als PC-Arbeitsplätze ausgestattet. Das entspricht einer Quote von 1.3 D-99423 Weimar etwa 13,5 Prozent. Im Neubau soll etwa ein Drittel der 240 ein- 1.4 Tel. (0 36 43) 58 23 11 zurichtenden Benutzerarbeitsplätze mit PCs ausgestattet werden. Fax (0 36 43) 58 23 14 Damit käme die Bibliothek insgesamt auf ca. 100 computerisierte E-Mail: sekretariat@ub.uni-weimar.de Benutzerarbeitsplätze. Der Anteil der PC-Arbeitsplätze wird sich auf 26,6 Prozent erhöhen und damit fast verdoppeln. 2. Eingeschriebene Benutzer Zusammenfassend kann gesagt werden, dass sich die Gesamtzahl 8 284 Benutzungsbedingungen in der neuen Universitätsbibliothek deutlich verbessern werden. 3. Kapazitäten (vor dem Bau) 3.1 Gesamtfläche 2 767,10 m² Anschrift des Autors: 3.2 Benutzung 1 731,70 m² Frank Simon-Ritz 3.3 Verwaltung 584,90 m² Bauhaus-Universität Weimar 3.4 Magazinfläche (inklusiv Freihand) 450,50 m² Universitätsbibliothek 3.5 Bände insgesamt 415 000 Weimarplatz 2 3.6 Bände Freihand 165 000 D-99423 Weimar 3.7 Bände Magazine 250 000 3.8 Leserplätze (einschl. Katalog) 218 3.8.1 vernetzt 30 3.8.2 nicht vernetzt 188 4. Das Projekt 4.1 Typ: Neubau 4.2 Architekt(en), Firma: Meck Architekten 4.2.1 Prof. Andreas Meck 4.2.2 Meck Architekten, Kellerstr. 39, D-81667 München 4.3 Beginn Bauarbeiten April 2002 4.4 Ende Bauarbeiten Mai 2004 4.5 Inbetriebnahme September 2004 4.6 Gesamtfläche 4 919,64 m² Audimax 511,35 m² 4.7 Benutzung 2 716,33 m² 4.8 Verwaltung 595,92 m² 4.9 Magazinfläche (inklusiv Freihand) 1 096,06 m² 4.10 Bände insgesamt 482 665 4.11 Bände Freihand 197 665 4.12 Bände Magazine 285 000 4.13 Leserplätze 240 4.13.1 vernetzt 240 5. Kapazitäten (nach dem Bau) 5.1 Gesamtfläche 5 743,31 m² 5.2 Benutzung 3 846,23 m² 5.3 Verwaltung 744,22 m² 5.4 Magazinfläche (inklusiv Freihand) 1 152,86 m² 5.5 Bände insgesamt 565 665 5.6 Bände Freihand 280 665 5.7 Bände Magazine 285 000 5.8 Leserplätze (einschl. Katalog) 376 5.8.1 vernetzt 324 5.8.2 nicht vernetzt 52
Bibliothek 27. 2003. Nr. 1/2 Rezension 125 Rezension Klaus Haller Die Anglo-Amerikanischen Katalogisierungsregeln in deutscher Übersetzung Seit Einführung der Elektronischen Datenverarbeitung und der „praktische“ Ausgabe zu überwinden wären. Zu loben ist die Idee Erarbeitung eines für den deutschen Sprachraum einheitlichen der Übersetzer, in das Glossar auch englische Begriffe, wenngleich Regelwerkes für die alphabetische Katalogisierung hat es kaum nicht vollständig, als Verweisungen aufzunehmen. Allerdings lässt ein bibliothekarisches Thema gegeben, das heftiger diskutiert die Lektüre im Glossar einerseits schmunzeln (beispielsweise wurde, als die Frage einer weiteren Internationalisierung der „Arbeitstransparent“, „Bild“, „Diskette“, „Film“, „Gegenstand“, Regelwerke und Datenformate. Den jüngsten Anstoß dazu gab der „Katalog“, „Spielzeug“, „Thematisches Verzeichnis“) und Standardisierungsausschuss durch seinen Beschluss im Dezember andererseits die Frage nach dem Nutzen eines solchen Instruments 2001, den Übergang zu internationalen Katalogisierungsregeln stellen. und Datenformaten anzustreben. Die damit verbundenen Fragen und Probleme werden derzeit in dem Projekt AUmstieg auf Die Herausgeber haben im Vorwort Grundsätze formuliert und zu internationale Formate und Regelwerke (MARC21, AACR2)“ bestimmten Übersetzungsproblemen Stellung genommen. untersucht. In diesem Kontext gewinnt die Ende 2002 im Verlag K. G. Saur erschienene deutsche Übersetzung der „Anglo-American (1) „Die vorliegende Ausgabe bietet eine reine Übersetzung des Cataloguing Rules. Second Edition, 1998 Revision“ (AACR2r) Textes“. Damit ist vor allem gemeint, dass die Beispiele mit eine besondere Bedeutung. Diese Übersetzung wurde 1998 von ihren englischsprachigen Ansetzungen unverändert bleiben, also Roger Brisson in seiner damaligen Eigenschaft als Koordinator des nicht „übersetzt“ werden. Die Bestimmungen der AACR zur German Resources Project als Sonderprojekt der Association of Sprachpräferenz werden also nicht auf den deutschen Sprachraum Research Libraries initiiert. Das Titelblatt nennt 22 Personen, die an angewendet. Die Herausgeber meinen, dass in „deutschen“ AACR der Herausgabe und Übersetzung in einem amerikanisch-britischen beispielsweise „Venice“ als „Venedig“ und nicht wie in den RAK und einem deutsch-schweizerischen Team beteiligt waren. als „Venezia“ anzusetzen wäre. Dies ist jedoch eine unzulässige Interpretation, weil die Sprachpräferenz der AACR lediglich Besondere Verdienste um die weltweite Angleichung der Katalo- ausdrücken will, dass außerhalb des anglo-amerikanischen gisierungsregeln hat die IFLA, deren Empfehlungen (Paris 1961, Sprachraums die Gewohnheiten oder Konventionen des jeweiligen Kopenhagen 1969) zu einer Überarbeitung oder Neukonzeption Sprachraums berücksichtigt werden können. Unabhängig davon, nationaler Regelwerke führten. Die jüngsten Bemühungen in welchen Stellenwert man den deutschen Normdateien bei einer diesem Zusammenhang sind die „Functional Requirements for Übernahme der AACR zumisst, gibt es im Deutschen traditionell Bibliographic Records“ (Final Report, 1998), die eine theore- eine starke Tendenz zu originalsprachigen Ansetzungen, da auch tisch-systematische Grundlage für Katalogisierungsregeln bieten. nur für relativ wenige nichtdeutsche Namen deutsche Formen Im deutschsprachigen Raum wurden die „Regeln für die alpha- vorhanden sind. Die RAK ziehen gemäß den IFLA-Empfehlungen betische Katalogisierung“ (RAK) seinerzeit von Vertretern der grundsätzlich originalsprachige Namen vor; das würde durch die Bundesrepublik, der DDR und Österreichs gemeinsam erarbeitet. Übernahme der AACR nicht verhindert. Sie stellen etwas Ähnliches dar wie die AACR für den englisch- sprachigen Raum. Heute geht es weniger um einen Vergleich (2) Bei Begriffen, die „in den deutschen Regeln nicht vorkommen“ der Regelwerke als um praktische Fragen des Datentausches, haben die Übersetzer „möglichst wortgetreu ins Deutsche der Datenübernahme und der kooperativen Katalogisierung auf übersetzt“. Beispiele dafür sind: analysis, bibliographic identities, internationaler Ebene. Anzustreben ist ein weltweit einheitliches entry element. Regelwerk, ein weltweit einheitliches Datenformat, weltweit Analysis | Analyse. Das deutsche Wort „Analyse“ bzw. „analytische einheitliche Standards. Ziel ist die Datenübernahme als Regelfall Nebeneintragung“ wird hier für den Sachverhalt gewählt, der als bei der Katalogisierungsarbeit und eine möglichst effektive „Stücktitelaufnahme“ bzw. (Neben)eintragung für ein unselbständig Nutzung der nationalbibliographischen Aufnahmen verschiedener erschienenes Werk bekannt ist. „Analyse“ ist zwar „wortgetreu“ Provenienz. übersetzt, drückt aber – abgesehen von der allgemeinen Bedeutung des Wortes im Deutschen – keineswegs das aus, was gemeint ist. Wie schwierig es offensichtlich ist, den Sachverhalt der Erschließung Welche Bedeutung hat nun die deutsche Ausgabe der AACR? Ist mehrbändiger Werke zu erklären, zeigt der Aufsatz von einem der es eine bequeme, jedem Katalogisierer unmittelbar verständliche Übersetzer1, in dem Bandaufführung und Stücktitelaufnahme bei Grundlage für den Regelwerkvergleich? Ist es ein erster Versuch, die AACR als Regelwerk für den deutschsprachigen Raum zu präsentieren? - Vorweg sei festgestellt: Die Übersetzung verdient Anerkennung für diesen ersten derartigen Versuch. Sogar die Typographie der Originalausgabe ist weitestgehend übernommen, ausgenommen die Beispiele, die nicht wie in der Originalausgabe durch eine Courier-Schrift wiedergegeben sind, was die Übersicht und Lesbarkeit (beispielsweise Spatien gemäß ISBD) erleichtert. 1 RAK or AACR2? : the current discussion in Germany on cataloging Trotz mancher Probleme bietet sie einen ersten Zugang zu den codes / Charles R. Croissant // In: Cataloging & classification quarterly AACR und zeigt deutlich, welche Schwierigkeiten für eine 35 (2002), S. 173 - 186
126 Bibliothek 27. 2003. Nr. 1/2 Rezension begrenzten mehrbändigen Werken fälschlicherweise gleichgesetzt in einem oder mehreren Teilen erscheinen können. „Monographie“ werden. hat im Deutschen die Bedeutung einer in sich abgeschlossenen Bibliographic identities | Bibliographische Identitäten. Der wissenschaftlichen Abhandlung über einen begrenzten Gegenstand. Sachverhalt „Pseudonym und wirklicher Name“ ist bekannt, er wird Die Übersetzung ist nicht glücklich, zumal es den Fachterminus des in den RAK jedoch nicht eigens durch einen Terminus benannt. begrenzten Werks gibt. Entry element | Erster Bestandteil der Ansetzungsform. Die Electronic resource | Elektronische Publikation. Das früher mit Übersetzung ist hier weder wörtlich noch besonders verständlich „Computer Files“ überschriebene Kapitel 9 der AACR heißt heute ausgefallen. Die paraphrasierende Übersetzung mit „Erste „Electronic Resources“. Eine analoge Änderung haben die RAK- Ordnungsgruppe [eines Personennamens]“ haben die Übersetzer NBM von „Computerdateien“ in „Elektronische Ressourcen“ gescheut, da es in den AACR keine Ordnungsbegriffe wie vorgenommen. Die Übersetzer haben sich im Deutschen jedoch Ordnungswort, Ordnungsgruppe gibt. Nach der Absicht „möglichst für „Elektronische Publikation“ entschieden, „weil der in der wortgetreu“ zu übersetzen, hätte man eher „Eintragungselement“ Ergänzungslieferung der RAK-NBM gewählte und nicht übersetzte erwartet, was nicht besser wäre. In der vorliegenden Übersetzung Begriff 'Ressource' in der deutschen Sprache nichts mit der in den bleibt die Suche nach einem „zweiten Bestandteil der AACR gemeinten Bedeutung „Publikation“ zu tun hat“. Es ist nicht Ansetzungsform“ (auch im Register unter „Vornamen“) erfolglos. nachvollziehbar, dass die „elektronischen Ressourcen“ wirklich Die AACR verstecken die Bestimmungen über Vornamen unter der nichts mit den „Electronic Resources“ zu tun haben. Der in den Überschrift „Fuller Forms / Vollständigere Namensform“. RAK-NBM verwendete Begriff ist nicht besonders elegant, er ist Offensichtlich wollten die Übersetzer einerseits nicht auch umfassender als der englische, weil die RAK-NBM auch paraphrasieren, fühlten sich aber andererseits gezwungen, den Datenbanken meinen, die laufend aktualisiert werden. Man kann RAK bekannte Sachverhalte näher am englischen Wortlaut, dafür abwarten, bis dieser weitere Begriff auch für die AACR gilt, sobald aber umständlich und teilweise unverständlich zu übersetzen. solche Datenbanken Gegenstand der Katalogisierung werden. Als neutralere Bezeichnung setzt sich heute das Wort Dokument durch; (3) Für Begriffe, die „zwar in den deutschen Regeln vorkommen, im so spricht man von gedruckten, handschriftlichen, digitalisierten Englischen aber in anderer Bedeutung gebraucht werden“, wurden und elektronischen Dokumenten, wobei elektronische Dokumente Begriffe der RAK verwendet, jedoch „entsprechend der anderen und elektronische Ressourcen synonym verwendet werden. Bedeutung in den AACR“. Beispiele sind: title, statement of Die Übersetzung schwankt zwischen „wortgetreuen responsibility, collection, continuing resources, electronic resource. Übersetzungen“, neuen Begriffen und entsprechenden eingeführten, Title | Titel. Die Übersetzer meinen: „'Title' wurde mit 'Titel' traditionellen Begriffen. Es öffnen sich drei Konfliktbereiche: übersetzt, bedeutet aber in den AACR das Gleiche wie 'Sachtitel' in 1. Begriffe, die aus der Kataloggeschichte und einer Zeit stammen, den RAK.“ Da das deutsche Wort „Titel“ in unterschiedlichem Sinn in der es nur um gedruckte „Bücher“ ging; 2. Begriffe, die mit verwendet wird, haben sich die RAK (wie schon die Preußischen dem elektronischen Katalog als umfassendem bibliothekarischen Instruktionen) der Eindeutigkeit wegen für „Sachtitel“ entschieden. Arbeitsinstrument zusammenhängen; 3. Begriffe, die die neuen Es gibt sicherlich Gründe, im bibliothekarischen Zusammenhang Medien (Dokumente) und deren Erscheinungsweise benennen. „Titel“ im engeren Sinn für „Sachtitel“ zu verwenden, allerdings In Ländern mit einer längeren ausgeprägten bibliothekarischen bestand kein Grund, in Verbindung mit dieser Übersetzung diese Tradition verläuft der Umbruch in diesen drei Bereichen begriffliche Änderung einzuführen. Entsprechend wurde aus dem unterschiedlich. „Zusatz zum Sachtitel“ unnötigerweise der „Titelzusatz“. Statement of responsibility | Beteiligtenangabe. Der aus der Mit den Begriffen Access point und Heading hatten die Übersetzer ISBD stammende Begriff ist in den RAK als „Verfasserangabe“ besonders zu kämpfen. Die Überschrift zu Kapitel 21 „Choice of bekannt und seit den Preußischen Instruktionen üblich. Weder the Access Points“ wird wortgetreu als „Wahl der Zugriffspunkte“ „Beteiligtenangabe“ noch „Verfasserangabe“ sind als Fachbegriffe übersetzt, an anderen Stellen wird die Umschreibung aus sich heraus verständlich. Deshalb bestand auch hier kein „Eintragungsstellen (Köpfe)“ gewählt. Wie schillernd beide Begriffe Zwang, in Verbindung mit dieser Übersetzung einen neuen Begriff sind, zeigen die Erläuterungen im Glossar (Appendix D): „Access einzuführen. point. A name, term, code, etc., under which a bibliographic record Collection | Sammlung. Der englische Begriff „wurde mit Samm- may be searched and identified. See also Heading“ und „Heading. lung übersetzt, da es im Englischen den Unterschied zwischen A name, word, or phrase placed at the head of a catalogue entry to Sammlung und Sammelwerk nicht gibt“. Ein Blick in das provide an access point. See also Access point.“ Die Überschrift Glossar zeigt jedoch, dass es die in den RAK mit Sammlung und zu Teil II der AACR „Headings, Uniform Titles, and References“ Sammelwerk benannten Sachverhalte sehr wohl gibt und gege- ist mit „Eintragungsstellen, Ansetzung, Einheitssachtitel und benenfalls umschrieben werden. Das englische „collection“ wird Verweisungen“ übersetzt, die Überschrift zu Kapitel 22 „Headings letztlich so verwendet wie das deutsche „Sammlung“ im allgemei- for Persons“ jedoch mit „Ansetzung von Personennamen“. Die nen Sprachgebrauch. Entscheidung über die Haupt- und Nebeneintragungen als den Continuing resources | Fortsetzungswerke. Wegen des anders ver- hauptsächlichen Suchbegriffen (access points) einerseits und die wendeten Begriffs Sammlung haben die Übersetzer auf den im Ansetzung der Köpfe (headings) andererseits, werden in den Deutschen üblichen Begriff fortlaufendes Sammelwerk leider AACR als ein ganzheitlicher Vorgang empfunden; sie sind deshalb verzichtet. Das früher mit „Serials“ überschriebene Kapitel begrifflich nicht so präzise auseinandergehalten wie in den RAK. 12 heißt „Continuing Resources“ und beruht auf der klaren Der wichtigste Grundsatz für eine Fachterminologie ist es, Gleiches Unterscheidung begrenzter Werke (Finite resources = Monographs) stets gleich zu benennen. und fortlaufender Sammelwerke (Continuing resources = Serials, Integrating resources). „Monographs“ wurde „wortgetreu“ mit Die Übersetzer standen vor der Schwierigkeit, nicht für alle AACR- Monographie übersetzt. Gemeint sind jedoch begrenzte Werke, die Begriffe auch parallele RAK-Begriffe zu finden. Die in nicht
Bibliothek 27. 2003. Nr. 1/2 Rezension 127 geringem Umfang eingeführten neuen oder anders verwendeten Folianten („Eintragung“) oder auf Blättern und Karten („Kopf“) Begriffe erschweren allerdings die Lektüre und erzeugen bei einer festgehalten wurden. schnellen Durchsicht leicht den Eindruck, dass es teilweise um Es sei aber betont, dass die Übersetzung ein ernsthafter Versuch ganz neue Inhalte gehe2. ist, wie zu formulieren ist, wenn die AACR im deutschsprachigen Raum praktisch angewendet werden sollen. Man stellt fest, auf Ein Verdienst der vorliegenden Übersetzung ist es, deutlich welche sprachlich-terminologischen Probleme man stößt. Auf aufzuzeigen, dass 1. es auf internationaler Ebene (noch) keinen die Frage, wie mit den zahlreichen fakultativen und alternativen einheitlichen Kanon für Sachen und Sachverhalte gibt, die Bestimmungen umzugehen ist, konnte die Übersetzung natürlich mit katalogtechnischen Fachbegriffen zu benennen sind, 2. nicht eingehen. Die AACR sind ein Rahmenregelwerk wie es auch es nicht unproblematisch ist, eingeführte Begriffe mit einer die erste Ausgabe der RAK war. Die einheitliche Anwendung eines neuen Bedeutung zu belegen, 3. auch Paraphrasierungen Regelwerks erfordert eine laufend gepflegte Dokumentation und und Umschreibungen notwendig sind, weil es für bestimmte den Verzicht auf alternative und fakultative Bestimmungen3. Man Sachverhalte in einer der beiden Sprachen keinen Terminus gibt, kann sich mit Hilfe der Übersetzung jetzt besser mit der Frage 4. die Fachsprache im Bereich der Regelwerke sich beharrlich und auseinandersetzen, in welcher Form die Übernahme der AACR konservierend verhält, wenn sie sich auf anschauliche Begriffe aus geschehen könnte: in einer Übersetzung dieser Art oder einer einer Zeit stützt, als die Katalogdaten noch handschriftlich in einem Anpassung des vertrauten Regelwerks. 2 Vgl. den Versuch von Bernhard Eversberg (AACR: Die 50 wichtigsten Begriffe), möglichst die RAK-Begriffe zu verwenden: http://www.allegro- c.de/allegro/formate/aacr-it.htm 3 Eine notwendige Ergänzung der AACR ist in diesem Sinn das vierteljährlich erscheinende „Cataloging service bulletin“ der Library of Congress, das über alle Präzisierungen in den Bereichen Formal- erschließung, Sacherschließung, Datenformat und Transliteration informiert.
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