Im Stall zu Bissel - Ev.-Luth. Kirche in Oldenburg
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› im oldenburger land 3 › 2020 magazin evangelisch ehrenamtlich engagiert mit der agazin Das M n D Im Stall zu Bissel Das besondere Krippenspiel: Das Weihnachtsvideo mit Maria und Josef KI RC H E IM D I ALO G EI N F EST FÜ R ALLE MITE I NAN DE R R E DE N Zur Zukunft von Weihnachten Wie man Haupt- und Ehrenamt in Ghana und Togo Krisen bewältigt
Gott und die Welt editorial Habt keine Angst! Freut euch! Diese Freude soll für alle Liebe Leserinnen, liebe Leser, in diesem Jahr wird es für Gottesdienste und Familientreffen kein ›Alle Jahre wieder‹ geben. Zumindest nicht, was die eingeübten und liebge- wonnen Traditionen betrifft. Was aber bleibt, ist die Botschaft von Weihnachten: Gott ist Mensch Menschen gelten: geworden, für uns. Und vielleicht steckt gerade in der Modifizierung von Ritualen auch eine Chance. Nämlich die, den Kern dieses Festes neu zu entdecken. Inspirationen und Impulse aus unterschiedlichen Blickwinkeln finden Sie dazu in Euch wurde heute dieser Weihnachtsausgabe von horizont e. Veränderungen sind immer Herausforderun- gen. Dieses gilt in der Kirche auch im Blick auf die Zusammenarbeit von haupt- und ehrenamt- lich Mitarbeitenden. Dazu hat Oberkirchenrätin Gudrun Mawick einen Beitrag geschrieben, ein der Retter geboren. Kirchenältester und eine Pfarrerin haben ihr geantwortet. Diese Texte könnten den Auftakt für einen Diskussionsprozess bilden. Im kommenden Jahr möchten wir das Magazin horizont e für Sie weiterentwickeln und würden uns sehr freuen, wenn Sie uns Ihre Erfahrungen und Ihre Ideen dazu schrieben. Deshalb haben wir eine kleine Umfrage mit zehn Fragen entwor- fen. Als kleines Dankschön für Ihre Teilnahme foto: Hans-Werner Kögel / Bearbeitung: Designbüro Möhlenkamp & Schuldt verlosen wie 20 Buchgutscheine. Mehr dazu auf dem beigelegten Bogen. Im Namen des Redak- tionsteams danke ich Ihnen schon jetzt dafür. Mit herzlichen Grüßen und guten Wünschen für ein gesegnetes Weihnachtsfest Ihr Pfarrer LU K AS 2,10 i n l ei chter S prache Ein Engel (Britta Gurrey) verkündet den Hans-Werner Kögel Hirten die Weihnachtsbotschaft. Referent Presse- und Öffentlichkeitsarbeit foto: Tobias Frick Szenenfoto aus dem Weihnachtsvideo presse@kirche-oldenburg.de ›Auf dem Weg zur Krippe‹ der Ev.-Luth. Kirche in Oldenburg. horizont e 3
umfrage inhalt Wie geht es Ihnen persönlich in SE BASTIAN H E N SE L E R 32 Jahre Angestellter in einer Werbeagentur 13 Menschen ehrenamtlich engagiert 2 GOTT U N D D I E WE LT 3 E D ITO R I A L der Pandemie? ›Ich habe die Corona-Krise vor allem bei der Arbeit 4 UMF R AGE gespürt: Wir hatten mehr zu tun, aber das können 5 I N HA LT meine Kollegen und ich im Büro oder im Home- 6 WE I H N AC HTE N M A R I E und M A R KUS office erledigen. Im privaten Bereich gab‘s auch M E I N E N 32 und 34 Jahre 6 ›Es begab sich im Oktober, …‹ Veränderungen, aber keine Verschlechterung: Statt größerer Treffen in Elternzeit 10 Von Wundern und himmlischen Wesen und Maschinenbauingenieur im Freundeskreis verbringe ich jetzt mehr Zeit mit einzelnen Freunden 12 R ATGE B E R Feiern unter freiem Himmel und Bekannten. Generell kann ich mit den Einschränkungen im Alltag Marie Meinen: ›Die Corona-Pande- 1 3 ME N S C H E N E H R E N A MTLI C H E N GAGI ERT gut leben. Manches ist schon zu einer Selbstverständlichkeit geworden. mie belastet uns schon sehr. Man Dass die Maßnahmen richtig waren, sieht man ja auch daran, dass 13 ›Der Tod macht Angst‹ weiß gar nicht mehr, wie man sich Deutschland bisher ganz gut durch die Pandemie gekommen ist.‹ 1 7 KI RC H E I M D I A LO G verhalten soll, um andere nicht zu gefährden. Wir versu- chen deshalb beispielsweise, seltener einkaufen zu gehen. 17 Ahlhorn vor dem Aus? Unser Privatleben hat sich vor allem wegen unserer J O H AN N A M ARTE N S 75 Jahre 18 Die Kraft der Vielfalt kleinen Tochter verändert: Wir sind mehr zu Hause und Hausfrau 20 ME I N U N GE N Sonja Brockmann und Tobias Frick haben weniger Kontakte. Dafür können wir die Mehr- 2 2 WE I H N AC HTE N I N GHA N A U N D TO GO Zeit miteinander genießen.‹ ›Am schlimmsten fand ich, dass Markus Meinen: ›Beruflich hat sich für mich wenig geän- zu Beginn der Corona-Pandemie 22 Fufu für alle zum Fest dert, ich kann auch zu Hause arbeiten. Im Sommer hatten die Kirchen geschlossen wurden. 24 B E R ATU N G Frieden finden – mit sich und anderen wir in der Firma Kurzarbeit, jetzt aber nicht mehr. Was das Ich gehe sonst regelmäßig zum 26 R ATGE B E R Weihnachten trotz(t) Corona Geld betrifft, war das für uns jedoch kein Problem, weil wir Mittagsgebet in die Lamberti-Kirche. Ich habe einen Mo- 27 F R AGE B O GE N kaum Verpflichtungen haben wie eine Hausfinanzierung.‹ ment sogar darüber nachgedacht, aus der evangelischen Kirche auszutreten und in die katholische einzutreten S I L KE L EYE N D E C KE R 41 Jahre – die war offen. Dort habe ich dann regelmäßig gebetet 24 Frieden finden Diplompsychologin und eine Kerze angesteckt. Zu loben ist aber, dass später unser Kantor Tobias Götting täglich im Internet zu hören ›Für mich hat die Pandemie große Auswirkung und zu sehen war. Das war eine wunderbare Hilfe.‹ gehabt. Von jetzt auf gleich musste ich ins Homeoffice gehen. Und das mit zwei Kindern, E L E N A H E P PT 38 Jahre die normalerweise ganztags betreut werden. Sozialpädagogin Weil unsere Eltern und Geschwister nicht hier wohnen, konnten mein Mann und ich auch nicht auf dieses Netz zurückgreifen. Also ›Ich betreue eine Jugendwohn- haben wir unsere Kinder schichtweise betreut. Das hat natürlich die gruppe, und mit dem Lockdown Arbeitstage bis in die späten Abendstunden verlängert. Immerhin brachten die Jugendlichen mehr war beruhigend, dass ich als Angestellte keine finanziellen Einbußen Ängste und Sorgen mit nach hatte. Aber die Krise hat sich auch positiv ausgewirkt: Plötzlich spielt Hause. Die mussten meine Kollegen und ich auffangen. Distanz keine Rolle mehr; jetzt sind Videokonferenzen möglich, wozu Nur am Anfang wirkte der Lockdown auf sie entlastend, vorher lange Autofahrten notwendig waren. Auch privat ist die Frage weil sie nicht zur Arbeit oder Ausbildung mussten und von Nähe und Distanz nicht mehr entscheidend: Statt gelegentlicher mehr zu Hause sein konnten. Doch mit der Zeit wurde persönlicher Treffen sehen wir uns jetzt häufiger per Zoom.‹ spürbar, dass ihnen die feste Struktur der Tage fehlte. Die Kontaktbeschränkungen haben sich für mich privat THOM AS OH L E N D OR F 58 Jahre negativ ausgewirkt, denn bin ich erst vor einem Jahr Finanzbeamter aus Franken nach Oldenburg gekommen.‹ ›Mein Leben hat sich durch Corona kaum verändert, abgesehen vielleicht von den Treffen mit meinen Kumpeln. Ich halte mich einfach an das, was D R. J Ü RG E N M ARTE N S 72 Jahre Chemie-Professor 6 ›Es begab sich im Oktober, …‹ empfohlen wird, sonst macht man es doch nur noch ›Ich bin ja eigentlich schon im Ruhestand, arbeite IMP R ESSUM schlimmer. Ich denke dabei immer auch an meine Mutter, aber noch an der Uni. Vor Corona war ich jeden Tag die ist über 90. Aber: Alles hat seine Zeit; auch Corona wird im Büro, jetzt nur noch einmal die Woche. Und na- horizont e ist das Magazin der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Oldenburg. Es erscheint dieses Jahr dreimal im Einzugsgebiet der oldenburgischen Kirche. H ERAUSGEBER: Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der Ev.-Luth. Kirche in Oldenburg, Anschrift: horizont e Philosophenweg 1, 26121 Oldenburg, Telefon 0441/7701-193, einmal vorüber sein. Beruflich hatte ich Glück und konnte türlich zu Prüfungen. Außerdem bin ich freiberuflich fotos: Tobias Frick, Annette Kellin, privat presse@kirche-oldenburg.de, www. kirche-oldenburg.de REDAKTIONSLEITUNG: Hans-Werner Kögel, Dirk-Michael Grötzsch (V.i.S.d.P.) im Homeoffice arbeiten. Doch das bedeutet natürlich als Unternehmensberater tätig. Direkte Kontakte sind deutlich weniger fotos und texte:: Michael Eberstein TEXTCH EFI N: Gunthild Kupitz, Hamburg ART DI REKTION / PRODUKTION: Designbüro Möhlenkamp & Schuldt, Bremen BERATUNG: Ulf Grüner, Hamburg auch Einschränkungen, wenn auch nicht finanziell. Die geworden. Viele Termine wurden abgesagt, andere als Zoom-Konferenzen REDAKTION ELLE BEITRÄGE: Thomas Adomeit, Sonja Brockmann, Michael Eberstein, Tobias Frick, Dirk-Michael Grötzsch, Heike Jakubeit, Andrea Jeromin, Laelia Probleme vieler Freiberufler kann ich aber als Finanzbeam- abgehalten. Das strengt deutlich mehr an als normale Konferenzen, und Kaderas, Annette Kellin, Hans-Werner Kögel, Gundrun Mawick, Annette Muschalik, Robert Otto-Moog, Jörg Nielsen ter gut nachvollziehen. Die Auflagen, die uns zur Bekämp- es ist weniger effektiv. Auch privat haben meine Frau und ich die Kontakte BI LDNACHWEISE: Titel: Tobias Frick // Blockhaus Ahlhorn, Michael Eberstein, Tobias Frick, Erik Hillmer, Dirk-Michael Grötzsch, Heide Grünefeld, Hans-Werner Kögel, fung der Pandemie gemacht werden, sehe ich als eine reduziert. Unseren täglichen Kaffee in der Stadt aber lassen wir uns nicht Norddeutsche Mission, Susanne Niemeyer, Robert Otto-Moog, Frauke Schumann DRUCK: Prull-Druck GmbH & Co. KG, Scheideweg 25–29, 26121 Oldenburg Frage der Solidarität an. Für mich ist eindeutig, dass sie im PAPI ER: Recycling aus 100 % Altpapier mit Umweltzeichen ›Blauer Engel‹ FEEDBACK: Bei Rückfragen und Anregungen schreiben Sie uns unter nehmen, den trinken wir immer draußen. Wir meiden allerdings große presse@kirche-oldenburg.de oder nutzen Sie unseren Newsletter unter www. kirche-oldenburg.de/horizonte. Dort erhalten Sie auch Informationen zu Rahmen des Grundgesetzes stehen. Dagegen zu demons- Menschenmengen. Und verzichten auf Reisen – nur wenn nötig, um Gut- den folgenden Ausgaben und Themen. trieren kommt für mich nicht in Frage.‹ achten zu erstellen. Oder zu den Enkelkindern nach Niederbayern.‹ 4 horizont e horizont e 5
WEI H NAC HTE N WEI H NAC HTEN Manfred Scholz (l.) und ›Es begab sich Hans-Werner Kögel überprüfen die richtige Kameraeinstellung. im Oktober, …‹ Die Hirten (v.l.) Benno und Christina von Minden, Maren GrothIsche und Mattis Wedeken beobachten aufmerksam das Geschehen im Stall. … dass sich ein Filmteam vom Oldenburger Lokalsender Oeins aufmachte, um die ersten Szenen für das Weihnachtsvideo der oldenburgischen Kirche zu drehen. Unter anderem dabei: ein bockender Esel, sein bester Freund, das Shetlandpony Felix, sowie 40 verfressene Heidschnucken. Eindrücke von turbulenten Drehtagen, aufgeschrieben von Pfarrer Hans-Werner Kögel. FOTO S TOB IAS F R IC K , ER I K H I L L M ER U N D H ANS -WE R N E R KÖ G E L Den Beleuchter für Maria (Mara Wendt- den Hintergrund Thorne) und Josef hatte der Schafsbock (Jendrik Ische) sind zum Anknabbern zusammen mit dem gern. Esel Pico auf dem Weg zum Stall. D ie Idee für das Weihnachtsvideo sprungen werden konnte. Und die Beleuchter, entstand bereits im Sommer, als die dahinter für gutes Gegenlicht sorgen sollten, der Einschulungsgottesdienst in fand der Bock der Herde einfach zum Ankab- Altenesch Corona-bedingt nur bern und wollte immer wieder mit ihnen spielen. digital gefeiert werden konnte. Auch der Esel Pico hatte seine Eigenarten. Er Aufgezeichnet hatte ihn der Lokalsender Oeins. war nämlich nur bereit, die gewünschten Wege Durch die gute Zusammenarbeit zwischen dem zu gehen, wenn sein bester Freund, das Shet- Sender und der Pressestelle der oldenburgi- landpony Felix, voranmaschierte. Da ein Pony schen Kirche wurde es schon bald konkreter. Der in der biblischen Weihnachtsgeschichte nicht Plan: einen Weihnachtsgottesdienst in Form von vorkommt, konnte der Dreh immer erst dann Krippenspielszenen zu produzieren. Darin soll- beginnen, wenn Felix aus dem Bild gelaufen war. ten Kinder die Weihnachtsgeschichte erzählen Hinzu kam eine typische Eigenschaft von Eseln: und Erwachsene einzelne Szenen nachspielen. das Bocken. Das tat auch Pico in einer Sequenz, Davor und danach würden Weihnachtslieder, nur um dann so schnell hinter seinem besten angestimmt von Kindern aus dem Oldenburger Freund hinterherzurennen, dass die Maria buch- Land, zum Mitsingen einladen. stäblich durch den Dornwald flog. Das Konzept begeisterte. Bei der Suche nach An der Hirtenszene mit dem Verkündigungs- Mitwirkenden, nach geeigneten Drehorten, nach engel sollten am zweiten Drehtag 40 Heidschnu- Kostümen, Requisiten und Tieren rannten die cken mitwirken. Während die menschlichen Organisatoren in Bissel geradezu offene Stalltü- Darsteller erst gegen Mittag zum Set kamen, wa- foto: Hans-Werner Kögel ren ein. Für die Außenaufnahmen in den Herbst- ren die Schafe bereits am Morgen eingetroffen, Die Sendetermine bei Oeins: ferien wurde ein Tag für den technischen Aufbau um sich zu akklimatisieren. Sie inspizierten zu- 24. Dezember um 15 Uhr, 17 Uhr und 20 Uhr, geplant sowie zwei Drehtage. Als die Schafe für erst das für sie unbekannte Gelände, fraßen sich fotos: Tobias Frick 25. Dezember um 15 Uhr und 17 Uhr, die Stallszene am Morgen kamen, waren sie anschließend durch die Heide und als der Dreh 26. Dezember um 15 Uhr und 17 Uhr, kaum zu bändigen. Schnell hatten sie entdeckt, begann, lagen sie vollgefressen herum und zeig- 27. Dezember um 16 Uhr und 20 Uhr dass die Barriere aus Strohballen auch über- ten an den Dreharbeiten nur geringes Interesse. ››› 6 horizont e horizont e 7
WEI H NAC HTE N WEI H N AC HTEN Ein eigenes Wohnmobil diente als Maskenraum. Dort wurde entweder selber geschminkt oder unter Berücksichtigung der Corona-Regeln mit Maske geschminkt: Mit Maske in der Maske. Maria durch den Dornwald Leander und Luisa flog, als der Esel es begrüßen die M besonders eilig hatte. Zuschauerinnen und Zuschauer in der Grundschule it den Aufnahmen am Schafstall in Bis- in Sage. sel war es freilich noch nicht getan. Nach Beginn des Lockdown light im November wurden die Textpassagen mit Kindern der Peter-Lehmann-Grundschule in Sage aufgezeichnet. Die Schule stellte ihre Kulissen Bischof Thomas vom Weihnachtsschauspiel zur Verfügung, so Adomeit kam nicht umhin, eine Runde dass schnell eine adventlich-gemütliche Stim- Die Frisur muss sitzen – auch mit Hut. auf dem Kinder- mung entstand. Luisa und Leander sprachen karussell zu drehen. ihre Texte professionell ein, und die dekorati- drehte nun aufgrund der Pandemie einsam auf ven Weihnachtsplätzchen durften auch geges- dem Hof seine Runden. sen werden, obwohl es in der Schule gerade die Vier weitere Drehtage stehen im Dezember ›gesunde Woche‹ gab. Schulleiterin Jutta Sander noch für die musikalischen Aufnahmen an. Weih- drückte großzügig beide Auge zu. Schließlich sei nachtslieder wie ›Ihr Kinderlein kommet‹, ›Vom es nun nachmittags und außerhalb der Schul- Himmel hoch da komm ich her‹ und ›Oh, du fröh- fotos: Tobias Frick, Erik Hillmer, Hans-Werner Kögel zeit, sagte sie. liche‹, gesungen von Kindern aus dem Oldenbur- Der bisher vierte Drehtag fand auf dem Hof ger Land, werden später im fertig geschnittenen fotos: Erik Hillmer, Hans-Werner Kögel der Schaustellerfamilie Hempen in der Nähe Weihnachtsfilm die Spielszenen umrahmen. Wie von Oldenburg statt. Während der Aufnahmen diese Aufnahmen gemäß den aktuellen Corona- am Schafstall hatte Bischof Thomas Adomeit Bestimmungen stattfinden können, ist nun von den Wunsch geäußert, seine Begrüßung an ei- der weiteren Entwicklung abhängig. Dafür hat nem leeren Kinderkarussell aufzuzeichnen. das Filmteam mehrere Optionen entwickelt. Wel- Der Strohballen im Stall war für die Schafe Denn das hätte eigentlich in der Adventszeit che davon zum Tragen kommen werden? Lassen eine leckere Abwechslung. auf einem Weihnachtsmarkt stehen sollen und Sie sich überraschen. e Drehpause: Zeit für Zärtlichkeiten. 8 horizont e horizont e 9
WEI H N AC HTE N LITE R AR I S C H WEI H NAC HTEN LITER AR ISC H ›Und?‹, fragt sie ungeduldig. ›Hast du einen Engel gefunden?‹ Jakob strahlt: So einen kann man nicht übersehen. Du bist ›Einen? Tausende! Die Stadt ist doch immer unterwegs‹, sagt sie. ›Du musst ihn voll davon. Wie konnten finden!‹ Jakob schüttelt den Kopf. Engel gibt es wir das bisher übersehen?‹ nur in Geschichten. Außerdem würde er jetzt gern nach Hause gehen und in Ruhe seine Zeitung lesen. Aber Heike lässt nicht locker. ›Mensch Jakob, so ein Engel kann bestimmt was ändern. Die ganzen Krisen und das alles!‹ Jakob seufzt. ›Wenn das so einfach wäre … Wie soll das denn gehen?‹ Er nimmt seine Zeitung, und risch zu: ›Wenn Sie einen Engel suchen, dürfen bevor Heike noch etwas erwidern kann, nickt Sie nicht auf Flügel achten. Dann werden Sie er und geht davon. merken, er ist längst unterwegs.‹ Jakob stutzt. Dunkel ist es geworden. In den Fenstern Erstaunt spürt er auch in sich selbst ein unge- blinken die Lichterketten. Jakob muss an Heike wöhnlich warmes Gefühl. Er beginnt, fremde denken, die Zeitungsverkäuferin. Ihre leuchten- Menschen neugierig anzusehen. Könnte nicht den Augen gehen ihm nicht aus dem Sinn. Als jeder von ihnen der Engel sein? sie von dem Engel erzählt hat, der in der Stadt Es scheint wie ein Traum: In den Nachrich- sein soll. Ach. Dabei gibt es doch dauernd sol- ten werden neue Engelsbegegnungen gemeldet. che Meldungen: Ein Ufo ist gelandet! Der Gar- Ein Kunde meint, einen Engel im Kaufhaus ge- E R N ten Eden ist gefunden! Ein Urzeittier wurde sichtet zu haben. Eine Frau ist sicher, ihn an der V O NndW U N D entdeckt! Und jetzt eben ein Engel. Jakob ver- Tankstelle erkannt zu haben. Ein Lehrer glaubt, sucht, an etwas anderes zu denken. Aber es geht seine Schülerin müsse der Engel sein. Auf ein- c h e n We s e n nicht. mal scheint es überall Engel zu geben. himml i s Und wenn es doch stimmt? Was wäre, Das ist der Moment, in dem Jakob begreift. u wenn tatsächlich ein Engel auftaucht? Sein Herz pocht, wie schon lange nicht mehr. Er spürt eine Sehnsucht in sich, die er längst Das Wunder, auf das er gewartet hat, ist gesche- vergessen hatte. Plötzlich ist ihm, als läge ein hen. Aufgeregt läuft er zurück zum Kiosk, zu Zauber über der Stadt, eine Erwartung, der sich Heike. Wäre es nicht herrlich, wenn sich der Zauber der Adventszeit aus keiner entziehen kann. Er hört ein paar Kinder Sie hat die Ellenbogen auf ihren Verkaufs- der Kindheit ins Erwachsenenleben retten ließe? Unmöglich darüber diskutieren, welche Superkräfte es gibt. tresen gestützt. ›Und?‹, fragt sie ungeduldig. ist das nicht. Man muss nur bereit dafür sein. Eine etwas andere D Hat die auch ein Engel? ›Hast du einen Engel gefunden?‹ Jakob strahlt: Weihnachtsgeschichte von Susanne Niemeyer Als nächstes fällt Jakob auf, dass ihn wild- ›Einen? Tausende! Die Stadt ist voll davon. Wie fremde Leute anlächeln. Verunsichert lächelt er konnten wir das bisher übersehen?‹ ie Luft ist klar, bald wird es Frost Schaufenster des Rundfunkgeschäftes läuft zurück. Er sieht, wie eine Frau einem Taxifahrer Die Menschen sind verwandelt. Sie öffnen foto: Hans-Werner Kögel / Bearbeitung: Designbüro Möhlenkamp & Schuldt geben. Die Lichterketten sind auf- eine Eilmeldung über die Bildschirme. Er ach- frischen Kaffee bringt. Türen werden aufgehal- sich. Sie lächeln mehr. Sie behandeln einander gehängt. Zimtgeruch liegt über der tet nicht weiter darauf. Eilmeldungen gibt es ten und der Busfahrer beantwortet alle Fragen mit Respekt. Ein Engel mit Flügeln wird nie ge- Stadt. Es dämmert bereits, als Ja- heute andauernd. Als er am Kiosk ankommt, mit einer Engelsgeduld. Jakob wundert sich. sichtet. Aber Frieden und Freundlichkeit brei- kob aus dem Haus tritt. Er seufzt. ruft ihm Heike, die Verkäuferin, schon entge- Was ist geschehen? ›Das ist wegen des Engels‹, ten sich weit über die Stadtgrenzen hinaus aus. Früher liebte er diese Zeit vor Weihnachten, als gen: ›Hast Du gehört? Ein Engel soll gelandet sagt ein Mann, der seine Gedanken zu erraten Denn wer weiß? Schließlich könnte jeder, wirk- Kind. Überall warteten Geheimnisse. Jeden Tag sein!‹ Ihre Stimme überschlägt sich fast. ›Ein scheint. Der Mann zwinkert Jakob verschwöre- lich jeder, ein Engel sein. konnte ein Wunder geschehen. Man musste echter Engel! Hier irgendwo bei uns. Sie berich- es nur finden. ›Ach‹, murmelt Jakob, ›das war ten es überall. Nu’ stell dir das mal vor, Jakob!‹ schön.‹ Dann zieht er den Mantel fester um die Jakob glaubt nicht, dass es Engel gibt. Schultern und geht los, um seine tägliche Zei- Allerdings hat er Heike, die nette Frau vom Susa n n e N i em eyer tung zu kaufen. Zeitungskiosk, noch nie so aufgeregt gesehen 48, ist freie Autorin, Kolumnistin und Bloggerin in Hamburg (www.freudenwort.de). Zuletzt erschien Auf der Straße ist es voll. Irgendwo dudelt wie jetzt. ›Wie soll er denn aussehen, dein von ihr Kirschen essen. Liebesgeschichten aus der fotos: privat ›Jingle bells‹, die Menschen haben die Kragen Engel?‹ Heike zuckt mit den Schultern: ›Keine Bibel, edition chrismon sowie Das Weihnachtsschaf: hochgeschlagen und hasten an ihm vorbei. Im Ahnung. Wahrscheinlich hat er Flügel. 24 wunderbare Geschichten im Herder-Verlag. 10 horizont e horizont e 11
ratgeber menschen Feiern unter freiem Himmel EH R EN A MTLIC H EN GAGI ERT In diesem Jahr wird auch an Weihnachten alles anders sein als sonst. Zumindest fast. Denn Gottesdienste von möglichst vielen Menschen besucht werden ›Meine Arbeit bei da-sein.de* bereichert wird es trotzdem geben. Nur dass sie oft nicht in den können. Kostenlos selbstverständlich. mich sehr: Ich setze mich mehr mit mir Kirchen gefeiert werden, sondern davor. Und schon Schon am Rande der ekd-Synode im Novem- selbst auseinander, bin wertschätzender jetzt gibt es viele wunderbare Ideen, die das Fest ber hatte der ekd-Ratsvorsitzende, Landesbischof und dankbarer dem Leben gegenüber.‹ außergewöhnlich werden lassen. Heinrich Bedford-Strohm, für ›Gottesdienste in Text: Hans-Werner Kögel Ski-Unterwäsche‹ geworben. Tatsächlich planen einige Gemeinden schon länger Weihnachtsgot- te, dass ich mit dieser Erfahrung dort nützlich Die Kirchengemeinde Hooksiel tesdienste auf ihren Kirchplätzen, auf Wiesen sein könnte. Anfang 2020 habe ich dann an hat mit Kindern am Deich und am Hafen ein Krippenspiel oder an öffentlichen Stätten. Manche bereiten ein fünf Nachmittagen plus einem Wochenende aufgezeichnet. Stationenkrippenspiel vor, bei dem die Besuchen- an einem Vorbereitungskurs teilgenommen. den zu verschiedenen Szenen der Weihnachtsge- Zunächst ging es darum, sich mit dem persön- schichte gehen. Andere Gemeinden organisieren lichen Erleben von Tod und Trauer auseinan- einen Spaziergangs-Gottesdienst durch ihren derzusetzen, und ich gebe zu, dass ich Zweifel Ort, zu dem Kinder und Erwachsene gerne als bekam, ob ich mir das wirklich zutraue. Bei Krippenfiguren verkleidet kommen können. Und da-sein.de geht es ja darum, anonym Gleich- in Delmenhorst werden Weihnachts-Espresso- altrige zu begleiten, indem wir einander Mails Gottesdienste angeboten. Das sind kurze, ma- schreiben. Ich fürchtete, ich könnte etwas Fal- ximal 30-minütige Andachten an öffentlichen sches schreiben oder nicht helfen. Inzwischen Orten (vgl. horizont e, Ausgabe 2/2020). An Hei- weiß ich natürlich, dass es gar nicht meine ligabend wird beim ersten Weihnachts-Espresso- Aufgabe ist, Lösungen parat zu haben, sondern Gottesdienst auch die Krippenfigur Baltasar ein Stück des Weges mit den Klientinnen und zurückerwartet, die in der Adventszeit durch die Klienten zu gehen. Zunächst die gute Nachricht: Weihnachten findet Gemeinde gereicht wird. Die wandernde Krippen- Zurzeit betreue ich zwei Jugendliche. ›Der Tod macht Angst‹ statt. Die Kirchengemeinden haben in den vergan- figur soll die Menschen auf die Weihnachtszeit Wir schreiben uns alle ein bis zwei Wochen. foto: privat genen Monaten viel Zeit, Kraft und Kreativität einstimmen. Meist lese ich ihre Mails sofort, lasse sie aber in die Entwicklung neuer Ideen gesteckt, damit in zwei, drei Tage sacken, bevor ich antworte. diesem Jahr die Festgottesdienste überhaupt statt- WE I H NAC HTS G OT TE S DI E NST I N TÜTE N J ESSICA SC H ÜTZ 25 JAH R E Ich brauche Zeit dafür, denn die Themen be- finden können. Trotz aller Bemühungen, allen Gottesdienst- Peer-Begleiterin bei da-sein.de, der digitalen wegen mich. Doch auch wenn die Klientinnen Die schlechte Nachricht hingegen: Keiner weiß, besucherinnen und -besuchern größtmöglichen Beratungsstelle der Stiftung Hospizdienst Oldenburg und Klienten trauern oder traurig sind: Für ob diese Ideen auch tatsächlich umgesetzt werden Schutz zu bieten, wird es Menschen in den Ge- ganz Alltägliches ist in unseren Mails genauso D können. Denn eine verlässliche Planung ist auf- meinden geben, die nicht zu den Feiern kommen Platz wie für Fröhlichkeit. Oft melden sie mir grund der schwankenden Zahlen von Corona- können oder wollen. Für sie bieten Kirchenge- › ass ich Jugendliche per Mail begleiten möch- zurück, wie sehr sie das Schreiben erleichtert. Infektionen kaum möglich. Darum veröffentlicht meinden sogenannte Weihnachtsgottesdienste in te, die in ihrem Familien- oder Freundeskreis Und mir helfen der regelmäßige Austausch die oldenburgische Kirche am Sonnabend vor dem Tüten an. Darin werden Anregungen für Haus- mit Sterbenden zu tun haben oder selbst bald und die Supervision ebenso wie das Wissen, 4. Advent in allen Tageszeitungen im Oldenburger gottesdienste sein, aber auch Tipps, wie Eltern sterben werden, fanden viele meiner Freunde dass ich mich jederzeit an die Koordinatorin- Land eine 28-seitige Beilage, um aktuell über das für ihre Kinder eine Andacht gestalten können. krass. Oft kam dann der Satz: ‚Ich könnte nen wenden kann. Weihnachtsfest sowie sämtliche Gottesdienste zu Zusätzlich zeichnen andere Gemeinden Weih- das nicht.‘ Für die meisten von ihnen war das Meine Arbeit bei da-sein.de* bereichert informieren. nachtsgottesdienste auf, die sich über das Inter- Thema damit erledigt. Der Tod macht ihnen mich sehr: Ich setze mich mehr mit mir selbst net abrufen lassen. Eine Übersicht wird die Angst, weil sie nicht wissen, wie sie mit ihm auseinander, bin wertschätzender und dankba- DR AUS S E N U N D M IT A N M EL D U N G Homepage der oldenburgischen Kirche unter umgehen sollen. Doch es bringt nichts, ihn zu rer dem Leben gegenüber. Und: Ich bin wacher Für Heiligabend sind überwiegend Open-Air- www.kirche-oldenburg.de/weihnachten bieten. tabuisieren, finde ich. Irgendwann sind wir für Sprache. Ich habe begriffen, welchen Druck Gottesdienste geplant, für die man sich allerdings alle mit dem Tod konfrontiert. eine unterstützend gemeinte Floskel wie ‚Du anmelden muss. In kleineren Gemeinden wird WE I H NAC HTE N WI R D BU NT Als eine Kommilitonin in einem Uni-Semi- musst kämpfen‘ erzeugt. Viel hilfreicher kann ein Anruf oder eine E-Mail im Kirchenbüro genü- Diese kleine, unvollständige Übersicht lässt er- nar von ihren Aufgaben als Online-Beglei- dagegen ein ehrlich gemeinter Satz sein wie: gen. Um jedoch die Organisation für alle zu ver- ahnen, wie vielfältig und bunt in diesem Jahr das terin bei der Stiftung Hospizdienst Oldenburg ‚Ich verstehe, dass du Angst hast. Ich hätte sie foto: Heide Grünefeld einfachen, bietet die oldenburgische Kirche ein Fest gefeiert werden wird. Den zahlreichen wun- erzählte, hat es mich gleich gecatcht – auch auch.‘‹ PROTOKO LL: L A E LI A KA DE RAS Ticket-System an, damit die Gottesdienste an den derbaren Ideen von Ehren- und Hauptamtlichen deshalb, weil in meiner erweiterten Familie je- * Wer sich bei da-sein.de ehrenamtlich engagieren möchte, kann sich unter da-sein@hospizdienst-oldenburg.de melden. Weihnachtsfeiertagen unter Corona-Bedingungen sei Dank. e mand an Leukämie erkrankt war, und ich dach- 12 horizont e horizont e 13
EH R EN A MTLI C H E NGAG I E RT EH R ENA MTLIC H EN GAGI ERT Alle Jahre wieder und sie dann nicht richtig zu hören sind.‹ Außerdem, sagt der 58-Jährige, setze er gerne und junge Erwachsene, die jedes Jahr in unter- schiedlicher Zusammensetzung an dem Projekt zu können. Das Spiel mit dem Licht ist seine Leidenschaft, auch außerhalb der Kirche, wenn M ARC E L KUC H LE R 2 8 JAH R E U N D etwas in Szene. teilnehmen, drehen dafür an verschiedenen er nebenberuflich als selbstständiger Licht- U L F TIM ME R M AN N 58 JA H R E Genau wie Kuchler. Der heute 28-jährige Schauplätzen der Stadt Videos und schneiden designer arbeitet. Der schönste Moment bei inszenieren seit zehn Jahren die Weihnachtsaufführungen Informatiker hatte bereits als Konfirmand die sie anschließend collageartig zusammen. den Inszenierungen ist für ihn, ›wenn ich den in Wilhelmshaven Technik für das Krippenspiel betreut. Und so Für Kuchler und Timmermann wird die Knopf drücke und ein großes ‚Wow‘ durch die taten sich die beiden 2010 zusammen, um mit Hauptarbeit wie immer etwa eine Woche vor Kirche geht‹. ihren technischen Fähigkeiten der Aufführung Heiligabend beginnen – und wie immer wird Hauptberuflich tourt der 28-Jährige von W enn es Abend wird am 23. und 24. Dezember, werden Engel mit bunten Leuchtstäben den Himmel über dem Heppenser Berg erhellen. zusätzlichen Glanz zu verleihen. Ihre Freundschaft aber hatte schon sechs Jahre zuvor begonnen. Timmermann und sich Timmermann dafür ein paar Tage Urlaub nehmen. ›Wir überlegen dann, wie wir das Stück mit dem Equipment, das uns ein Veran- Oldenburg aus durch ganz Deutschland, in die USA oder nach Mexiko – es sei denn, es gibt eine Pandemie, dann verbringt er unzäh- Saxophone und Trompeten werden vom Kirch- Kuchlers Mutter kennen sich seit der Schulzeit. staltungstechniker vor Ort günstig zur Verfü- lige Stunden im Homeoffice. Den Kontakt turm ertönen und Bilder einer Videocollage Im Reitverein, in dem beide Familien viele gung stellt, am besten in Szene setzen können.‹ zu seiner Heimatstadt Wilhelmshaven hat er über die Kirchenfassade flimmern. Denn dann Jahre aktiv waren, hatte Timmermann dem Zu dem Wenigen, das bereits zwei Monate immer gehalten. Nach wie vor kümmert er wird das Weihnachtswunder geschehen: Jesus Zwölfjährigen das Treckerfahren beigebracht zuvor feststeht, gehört, dass die Engel buntes sich um die Weiterentwicklung der Webseite Christus wird geboren – gleich vier Mal und und 2005 mit ihm auch eine erste gemeinsame Licht in ihren Händen halten werden. der Christus- und Garnisonkirche. Und damit coronabedingt unter freiem Himmel. Dafür Weihnachtsaufführung organisiert. Später ka- ›Das, was die Menschen bereits am 23. coronakonform Gottesdienste gefeiert werden allerdings aufwendig mit Ton- und Lichteffek- men rauschende Straßenfeste in dem Wohnge- Dezember in Scharen in die Kirche lockt, ist können, hat Kuchler für den Kirchenkreis ten in Szene gesetzt von Ulf Timmermann und biet dazu, in dem die Familien lebten. Und nun tatsächlich unsere erste echte Probe‹, erzählt Friesland-Wilhelmshaven ein Ticketsystem ent- Marcel Kuchler. sind sie zum elften Mal beim Weihnachtsthe- Timmermann von dem aufregenden Moment, wickelt. Auch Besuche im Hause Timmermann Seit zehn Jahren sorgen die beiden Männer ater der Kirche dabei, der Kirche, in der beide wenn aus Theorie Praxis wird. in Wilhelmshaven finden nicht nur an Geburts- dafür, dass an Weihnachten das besondere Zu- auch getauft und konfirmiert wurden. Vor rund sechs Jahren haben er und Kuch- tagen statt. ›Wenn ich in der Stadt bin und sammenspiel von alter Kirche und moderner Die Weihnachtsgeschichte in Heppens wird ler den technischen Aufwand noch einmal etwas Zeit habe, hole ich mir bei Ulf immer Technik zum Gesamtkunstwerk wird. Angefan- jedes Jahr von der Theaterpädagogin Silvia deutlich erhöht – und damit auch die Anzie- einen Kaffee ab.‹ Vorausgesetzt, Timmermann gen hatte alles, als Timmermanns Tochter kon- Zahn-Claus und ihrem Mann, Pastor Rainer hungskraft der Inszenierungen sprunghaft ist selbst daheim. In normalen Jahren fliegt er firmiert wurde. Timmermann, Geschäftsführer Claus, mit einem aktuellen Thema angereichert. gesteigert, erinnert sich Kuchler. ›Zwei Jahre für seinen Job leicht 100 000 Meilen, und dann eines großen europäischen Elektronikversand- Keine Aufführung gleicht deshalb der anderen. später habe ich dann tatsächlich das erste Mal gibt es ja auch noch den eigenen Hof mit Reit- handels, stellte damals den Jugendlichen für 2020 nun, in diesem kontaktarmen, dunklen einen Zettel an der Kirchentür gesehen, auf stall. Sein ehrenamtliches Engagement musste die Feierlichkeiten in der Kirche Mikrofone Jahr, lautet das Thema Leuchtfeuer – verbunden dem stand: Wegen Überfüllung geschlossen.‹ er zwar mittlerweile deutlich reduzieren, doch und Lautsprecher zur Verfügung. ›Es ist ein- mit der Frage: Wo finden Menschen Licht und Für den Softwareberater Kuchler liegt der das Weihnachtstheater, das jedes Jahr so viel fach schade, wenn Kinder sich Mühe geben Wärme in der Dunkelheit? Gut 20 Jugendliche Reiz vor allem darin, sich kreativ austoben Begeisterung beim Publikum auslöst und seine Kreativität fordert, will er auf keinen Fall auf- ›Wenn ich in der geben. Denn er und Kuchler teilen die große Stadt bin und Leidenschaft für alles, was sie dort tun. ›Ohne etwas Zeit habe, Leidenschaft wäre es doch öde‹, sind sie sich hole ich mir bei einig, und auch, dass sie sich hundertprozentig Ulf immer einen aufeinander verlassen können. ›Wir denken Kaffee ab.‹ einfach gleich, das macht viel aus‹, so Kuchler. Auch als das diesjährige Weihnachtstheater auszufallen drohte, waren ihre kreativen Ideen ›Wir überlegen gefragt. Nun wird es eben eine Open-Air-In- dann, wie wir das szenierung geben, bei der pro Aufführung gut Stück mit dem 200 Besucherinnen und Besucher dabei sein Equipment, das können. Sechs Meter hohe Feuersäulen werden uns ein Veran- den Heppenser Nachthimmel aufleuchten las- staltungstechni- sen. Und für den großen Projektor, mit dem die ker vor Ort güns- Videosequenzen auf die Kirchenfassade proji- tig zur Verfügung ziert werden, hat Timmermann bereits die leer- foto:Tobias Frick stellt, am besten stehende Wohnung im gegenüberliegenden Ge- in Szene setzen bäude organisiert. Geht nicht, gibt’s nicht, lautet können.‹ schließlich sein Lebensmotto. A N N E TTE MU SC H A LI K 14 horizont e horizont e 15
EH R EN A MTLI C H E NGAG I E RT KI RC H E IM DIALO G ›Ich habe das Glück, dass ich das machen kann, was mich erfüllt – Ahlhorn vor dem Aus? während und nach der Arbeit‹ Für den Betrieb des Jugend- und Freizeitheims Blockhaus Ahlhorn waren in den vergange- nen Jahren immer höhere Zuschüsse notwendig geworden. Deshalb beschloss die Synode im November, dass das Haus geschlossen werden soll, falls sich kein Kooperationspartner findet. Die Hintergründe erläutert Oberkirchenrat Detlef Mucks-Büker, im Dezernat III zuständig unter anderem für Bildung sowie für die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen. übernommen.‹ Das war 2011. Irgendwann begleitete sie dann eine Bekannte zu einem Vorbereitungstreffen des Weltgebetstages. Eigentlich hatte sie keine Lust auf eine weitere Aufgabe – und ließ sich dennoch darauf ein. ›Bis heute bin ich froh darüber, dass ich mitgefahren bin.‹ Seit damals fließen jedes Jahr dutzende Stunden in die Vorbereitung des ökumeni- schen Gottesdienstes, der immer am ersten Freitag im März in mehr als 120 Ländern begangen wird. Und das alles neben ihrer 30-Stunden-Stelle im Kirchenbüro. ›Ich habe das Glück, dass ich das machen kann, was mich Herr Oberkirchenrat Mucks-Büker, warum will Gäste unter der Woche zu bekommen – und das gelingt foto: ARobert Otto-Moog erfüllt – während und nach der Arbeit‹, sagt die Kirchenleitung die alleinige Trägerschaft für nicht. Um das Haus mit seinen 180 Betten halbwegs wirt- sie. Und ganz umsonst arbeiteten die Organisa- das Blockhaus Ahlhorn abgeben? schaftlich zu führen, wären mindestens 35.000 Über- torinnen auch nicht, findet Martinez. ›Wir Das Problem ist die schwierige wirtschaftliche Situation nachtungen im Jahr nötig. Davon sind wir weit entfernt. bekommen viel mehr zurück, als wir investie- des Blockhauses. Die Analysen haben gezeigt, dass es Nur einmal haben wir die 30.000-er-Marke überschritten. Ein Gebet für die Welt ren.‹ Denn jedes Jahr beschäftigen sich die fast unmöglich ist, dem Blockhaus nur mit kirchlichen Also ist das Ende von Ahlhorn besiegelt? Frauen mit einem anderen Land – am 5. März Mitteln eine wirtschaftliche Perspektive zu geben. Jedenfalls unter der alleinigen Flagge der oldenburgischen 2021 feiern sie den Weltgebetstag der Frauen Was heißt das genau? Kirche. Mit dem Synodenbeschluss sind aber Kooperatio- SA N D R A M ARTI N EZ 4 3 JA H R E des Inselstaats Vanuatu im Südpazifik. ›Über Das Blockhaus ist auf Zuschüsse angewiesen, die schon nen denkbar geworden. Die Übergabe an einen anderen Mitorganisatorin des Weltgebetstags den wusste ich bisher gar nichts. So viel Neues seit einiger Zeit erheblich gestiegen sind. In den vergange- Träger ist bislang gescheitert. Nach der Synode haben sich in Edewecht zu erfahren, ist eine Bereicherung.‹ Hinzu nen Jahren betrugen sie rund 500.000 Euro. Pro Jahr neue Interessenten gemeldet, darunter die Lokal- und komme der Kontakt zu den anderen Kirchen- wohlgemerkt. Nachdem wir dort sechs Millionen Euro Landespolitik. Der Bürgermeister von Großenkneten, W gemeinden aus Edewecht, denn der Gottes- investiert hatten, sind zwar die Belegzahlen gestiegen – Thorsten Schmidtke, will zu einem Runden Tisch einladen. enn Sandra Martinez anderen davon erzählt, dienst wird zusammen mit Katholiken, Metho- die Betriebskosten allerdings auch. Aufgrund der kirch- Daran werden wir natürlich teilnehmen. dass sie für die Kirchengemeinde Edewecht disten und Baptisten gefeiert. Gleich bei ihrem lichen Gehaltsstrukturen muss mit weiterwachsenden Angenommen, die Kirche gibt das Blockhaus auf: ehrenamtlich den Weltgebetstag mitorganisiert, ersten gemeinsamen Organisationstreffen Zuschüssen gerechnet werden. Allein für das kommende Wäre dies das Ende kirchlicher Jugendarbeit? kommt sie manchmal in Erklärungsnot. habe sie ein Aha-Erlebnis gehabt, erinnert sie Jahr sind 870.000 Euro veranschlagt. Nein! In den Gemeinden und Kreisjugenddiensten wird ›Vielen Menschen ist das schwer zu vermitteln‹, sich. ›Ich habe gemerkt, dass wir alle gleich Hinzu kommt ein Investitionsstau von rund 2,3 eine hervorragende Arbeit gemacht. Sicherlich ist eine sagt die 43-Jährige. Arbeiten nach Feierabend gestrickt sind und Lust haben, etwas zu Millionen Euro. Außerdem sind wir aufgrund des kirchli- Umgebung wie an den idyllischen Fischteichen geeignet, ganz ohne Gegenleistung? Aber: ›Für mich ist machen. Jede hatte tolle Ideen, niemandem war chen Haushaltsrechts verpflichtet, Rücklagen in Höhe von prägende, ja, glaubensprägende Erfahrungen zu machen. das keine Arbeit. Das ist Zeit für mich‹, sagt der Aufwand zu groß.‹ 4,53 Millionen Euro zu bilden. Zusammen sind das also Aber das ist auch an anderen Orten möglich. Es kommt Martinez. Für die Veranstaltung wird auch Martinez’ fast sieben Millionen Euro, damit das Blockhaus 2025 auf die Begegnung mit Menschen an. Ich erinnere nur an Sandra Martinez hatte sich schon als Mann eingespannt: Er muss beim Aufbau mit einem Zuschuss von voraussichtlich 900.000 Euro das tolle Konfi-Camp 2017 in Wittenberg zum Reforma- Jugendliche in der Kirche engagiert. Doch helfen. Von ihren beiden Kindern erwartet sie überhaupt klarkommt. Wenn wir das wollen, müssen tionsjubiläum. später, mit Job, zwei Kindern und eigenem jedoch nicht, dass sie sich ehrenamtlich in der wir diese Summe an anderer Stelle sparen. Was passiert jetzt? Haus, wurden ihr die Verpflichtungen zu viel. Kirche engagieren. ›Meine Tochter ist 16, mein Aber die Belegzahlen sind doch vor Corona Zunächst läuft der Betrieb weiter. Wir sind ergebnisoffen foto: Blockhaus Ahlhorn Sie hörte auf. ›Erst als meine Tochter zum Sohn 10. Die haben gerade genug anderes zu gestiegen? in die Synode gegangen und müssen nun den Auftrag Kindergottesdienst ging, habe ich gemerkt, wie tun. Allerdings würde ich mich freuen, wenn Die Zahlen schwanken. Der Anteil kirchlicher Gruppen der Synode umsetzen. Aber da ist noch viel Dynamik schön das ist‹, erinnert sie sich. ›Es hat nicht Erlebnisse wie diese sie später selbst aktiv liegt nur noch zwischen 30 und 50 Prozent. Die Wochen- drin. lange gedauert, und ich habe die Leitung werden lassen.‹ ROB ERT OTTO- MO O G enden sind schnell ausgebucht. Die Kunst besteht darin, Das Gespräch führte Jörg Nielsen. 16 horizont e horizont e 17
K I RC H E I M DI ALO G KI RC H E IM DIALO G ›Nicht das wir Herren wären über euren Glauben, sondern wir sind hen – in ihrer eigenen Wahrnehmung und in der Gehilfen eurer Freude; denn ihr steht von anderen. Umgekehrt gibt es Tendenzen, die im Glauben.‹ engagierten ›Nicht-Beruflichen‹ als bloße Ob- jekte kirchlicher Arbeit zu betrachten, beispiels- weise dann, wenn von ›Kirche‹ als von einem vermeintlichen Gegenpol zum ›Ehrenamt‹ ge- sprochen wird. Dadurch gerät in Vergessenheit, zifischen Möglichkeiten und Grenzen – und sie dass ›Kirche‹ ohne Ehrenamtliche überhaupt brauchen Freiräume und Begrenzungen glei- nicht vorstellbar wäre, denn in biblisch-reforma- chermaßen. Geeignete Vorschläge für Abspra- torischer Logik ist das freiwillige Engagement chen bieten die Leitlinien zum Ehrenamt, die von Christen der kirchliche Normalfall. unsere Kirche bereits mit ›Hier bin ich richtig!‹ In unserer sich zunehmend ausdifferenzie- entwickelt hat. renden Gesellschaft wird Kirche zwar kleiner Kirche benötigt auf allen Leitungsebenen werden, trotzdem wird sie sich nicht in enge die Kompetenzen verschiedenster Berufe. Wer Räume zurückziehen. Vielfältig zugewandt zu sich hier ehrenamtlich engagiert, kann manches sein, das war und bleibt ihre Aufgabe. Schon andere beitragen als bezahlte kirchliche Mitar- 1934 hieß es in der sechsten These der Theolo- beitende. Das wird gebraucht und wertgeschätzt. gischen Erklärung von Barmen, dass der Auf- Aber wenn die Finanzfachfrau nicht nur ihr pro- trag der Kirche darin besteht, ›die Botschaft von fessionelles Wissen beisteuern möchte, sondern Die Kraft der freien Gnade Gottes auszurichten an alles auch Geistliches, sollte dafür Raum sein. Es ist Volk‹. Damit verbunden ist jedoch, sich zu kon- schließlich unverzichtbare Nahrung für den Leib zentrieren: Das eine lassen, um das andere zu Christi. stärken. Für diese Profilierung gibt es keine Pa- ›Nicht das wir Herren wären über eu- der Vielfalt tentrezepte. So kann es an verschiedenen Orten ren Glauben, sondern wir sind Gehilfen eurer Gemeinden oder Gemeindeteile mit unterschied- Freude; denn ihr steht im Glauben.‹ Dieser Vers lichen Schwerpunkten geben. Das bedeutet aber aus dem zweiten Brief Paulus’ an die Korinther nicht, Aufgaben vom Haupt- ins Ehrenamt zu ermutigt zu einem guten Miteinander der ver- verlagern, sondern: Wir alle müssen gemeinsam schiedenen Ämter in unserer Kirche. e Eine lebendige Kirche braucht die Kompetenzen aller Mitglieder – lassen lernen und uns darüber verständigen, wo- auch dann, wenn sie kleiner wird, ist Oberkirchenrätin Gudrun für wir als Kirche an unserem Ort da sind – um Mawick überzeugt. Deshalb hält sie auch nichts davon, Aufgaben dann zusammen lustvoll durchzustarten. Leit- vom Haupt- ins Ehrenamt zu verlagern. Im Gegenteil. Jede und jeder fragen auf diesem Weg sind: Welche Aufgaben ist wichtig. Und zusammen in einem guten Miteinander. erfüllen andere vielleicht besser als wir? Wovon können wir uns trennen, und was wollen wir da- O b er k i rc h en räti n Gudr u n M aw ick VO N OB ER K I RC H EN R ÄTI N G U D RU N M AWI C K für stärken oder sogar neu aufbauen? 56, hat nach ihrer Ausbildung zur Buchhändle- Kirche ist Teil eines Gemeinwesens mit zahl- rin Ev. Theologie studiert und anschließend als reichen Beteiligten. Mit vielen von ihnen arbeiten Gemeindepfarrerin im Ruhrgebiet gearbeitet. Danach war sie Pressesprecherin des Kirchenkrei- D Gemeinden und kirchliche Dienste bereits lange und intensiv zusammen. Dies könnte in Zukunft ses Unna und engagierte sich beim Evangelischen Kirchentag. 2011 wurde Mawick Dozentin im noch stärker ausgebaut werden, beispielsweise Fachbereich für Gottesdienst und Kirchenmusik › as Amt der Kirche in allen seinen Formen dient Aufgabe, praktische Antworten auf die Frage zu mit Blick auf die gemeinsame Nutzung von Ge- des Institutes für Aus-, Fort- und Weiterbildung dem Bau der Gemeinde als des Leibes Jesu geben: Wofür sind wir als Kirche da, hier und bäuden und deren Erhalt, jedoch ohne, dass Kir- der Evangelischen Kirche von Westfalen. Seit Christi‹, heißt es in der Kirchenordnung unse- heute? che in der Welt aufgeht. Stattdessen muss sie mit knapp zwei Jahren leitet Mawick als Oberkirchen- rer Evangelisch-Lutherischen Kirche in Olden- Die Präambel unseres oldenburgischen Eh- wachem Blick für das Naheliegende den beeng- rätin das Dezernat I der oldenburgischen Kirche foto: Frauke Schumann und ist damit verantwortlich für den Bereich burg. Gemeint sind alle: das Ehrenamt ebenso renamtsgesetzes hält dazu fest: ›Eine lebendige ten Horizont des Menschenmöglichen offenhal- Gemeindedienst und Pfarrdienst. foto:Tobias Frick wie das Neben- und Hauptamt. Keines ist wich- Kirche lebt aus dem Engagement ihrer Mitglie- ten, kurz: über das Vorfindliche hinausblicken. tiger, keines wertvoller als ein anderes. Alle drei der.‹ Doch zuweilen werden Pfarrerinnen und Alle Ämter, neben- und hauptamtliche ge- wirken zusammen – auch an der fortdauernden Pfarrer als zuständig für alles und jedes angese- nauso wie die ehrenamtlichen, haben ihre spe- 18 horizont e horizont e 19
meinung meinung Aufbruch in die Zukunft Kirche muss sich verändern Gut, dass sich endlich was bewegt, findet Tobias Frick engagiert sich als Kirchenältester Durchstarten, weil Kirche eine Bewegung ist, Mein Grund, mich zu engagieren? Ich möchte Pfarrerin Sonja Brockmann. Denn damit gibt in seiner Gemeinde. Aber nicht, damit alles die sich ständig erneuert. Die sich liebevoll, Kirche verändern. Nicht wegen des drohenden es nun die Möglichkeit, sich von Dingen zu so bleibt, wie es war. Sondern, damit sie sich besonnen und mutig immer wieder auf den Weg Mangels, sondern weil ich überzeugt davon bin, verabschieden, die einem nicht mehr guttun. wandelt. Was sich Frick wünscht? Dass die macht, um Menschen mit Gott in Beziehung dass es für Kirche eine gute Zukunft gibt, weil Und zugleich besteht die Chance auf Erneue- evangelische Vielfalt sichtbar wird. Dann hat zu bringen und sich hilfreich für die Menschen ich glaube, dass auch Kirche rostet, wenn sie rung. Damit Kirche ein Ort für alle sein kann. Kirche eine gute Zukunft. in der Gesellschaft zu engagieren. Dazu darf sie rastet, weil das unsere protestantische DNA ist, Hilfe und Erfahrungen annehmen und muss eben die ecclesia semper reformanda. Zusammen lustvoll durchstarten‹ – da bin ich auch Fehler machen dürfen. Wenn ich in die Zukunft blicke, sehe ich dunkle Für mich heißt das: Ich kämpfe nicht um je- dabei. Vielleicht bekommen unsere Kirchen nun Dieser Aufbruch wird allen viel abverlan- Wolken aufziehen und unser Schiff Kirche in den Kirchturm und um jedes Projekt. Mir geht es ausreichend Wind unter die Flügel, um mit ei- gen. Doch vielleicht wird er auch eine Entlastung schwerer See. Weniger Mitglieder, weniger Geld, um die Profilierung der Gemeinden, darum, evan- ner grundlegenden Reform durchzustarten, die sein: wenn klar wird, dass wir die Freiheit haben, weniger Ehrenamtliche, immer weniger junge gelische Vielfalt sichtbar zu machen. Es geht mir allen hilft: den Mitwirkenden in den Kirchenge- Dinge zu lassen, die niemandem mehr guttun. Menschen, die Pastorinnen und Pastoren werden um eigene Kirchen für Jugend und junge Familien meinden ebenso wie in den Kirchenleitungen. Vor Und wenn wir uns tatsächlich auf Wesentliches wollen, eine Gesellschaft, die Kirche immer weni- mit Popkantor, Band und Jugendpfarrer, gerne mit allem aber den Menschen, für die Kirche so auf- konzentrieren: auf das, was uns miteinander im ger zu brauchen scheint. Und mittendrin wir angeschlossenem YouTube-Kanal. Und darum, wendig organisiert wird, dass sie immer wieder Glauben, in der Hoffnung und in der Liebe trägt Ehrenamtlichen als Mitverwaltende des Mangels. in unserer oldenburgischen Kirche einen Ort der reformiert werden muss. Und denen, die sich auf und bewegt. Wie wird sie sein, die Zukunft der Kirche? Was Kontemplation und Meditation zu schaffen, wie ihrer Suche nach Sinn, Spiritualität und Gemein- Doch bevor wir etwas loslassen, müssen wir werden meine Aufgaben als Ehrenamtlicher sein? es ihn schon bei unseren lutherischen Geschwis- schaft von Gott berühren lassen wollen. wissen, was wir behalten wollen: Was wollen wir Lukas erzählt am Ende des zehnten Kapitels tern in Hannover gibt. Wir werden künftig schon Der Anlass für den Aufbruch ist ein handfes- auf keinen Fall aufgeben? Wofür stehen wir un- die Geschichte von Marta und Maria. Jesus war bei aus finanziellen Gründen viel weniger machen ter. Es gibt Stimmen, die sagen, die Kirche sei alt bedingt? Es darf nicht passieren, dass kirchliches den Schwestern zu Gast und lehrte. Marta machte können als heute, dafür aber viel gezielter. Das geworden. Es gibt sogar Stimmen, die sagen, die Handeln sich mancherorts auf elitäre Kernberei- sich dabei ›viel zu schaffen, ihm zu dienen‹. Ma- sind meine Maria-Motive. Ja, die Marta-Aufga- Institution Kirche sei austherapiert. Sie bewege che konzentriert – und die Seelsorge und diakoni- ria aber setzte sich Jesus zu Füßen und hörte ihm ben müssen gemacht werden, doch sie dürfen uns sich nur noch in ihren eigenen Echokammern – sches Handeln anderen überlässt. zu. Das störte Marta, und sie beschwerte sich bei nicht ersticken. kaum verständlich und wenig lustvoll. Erschwe- Es ist gut, wenn Kirche an sich arbeitet, wenn Jesus: ›Herr, fragst du nicht darnach, dass mich Es stimmt: Die dunklen Wolken sind real. rend kommt hinzu, dass Kirche auf allen Ebenen viele Menschen an allen Orten mit einbezogen meine Schwester lässt allein dienen?‹ Doch dieser Aber niemand erspart uns diesen Weg, den müs- deutlich weniger Ressourcen hat als bisher. werden. Kirche ist ein Organismus, der von vie- antwortete anders, als Marta es erwartet und ver- sen wir selbst gehen, im Haupt- und Ehrenamt Oberkirchenrätin Gudrun Mawick beschreibt, len belebt wird. All diesen vielen Menschen mit mutlich sich auch gewünscht hatte. Denn er sagte: gemeinsam. Doch es kann gut werden, wenn wir wie ein gemeinsames Wirken von Haupt- und Eh- ihren individuellen Fähigkeiten, Wünschen und ›Marta, Marta, du hast viel Sorge und Mühe. auf uns und unseren Grund achten. renamtlichen in unserer Kirche gedacht werden Hoffnungen muss sie Raum geben, damit sie Eins aber ist not. Maria hat das gute Teil erwählt; Im Lied von Hans-Jürgen Netz singen wir: kann. Ich teile die Ideale unserer Kirche und frage dort sein wollen. Aktiv oder passiv. Haupt- oder das soll nicht von ihr genommen werden.‹ ›Durch das Dunkel hindurch führt ein neuer Weg. mich: Wie könnte ›zusammen lustvoll durch- ehrenamtlich. Leise oder laut. Bewahrend und Ich erkenne mich so gut in Marta wieder. Der Weg wird unsere Zukunft sein, steht auf, steht starten‹ ergänzt werden, damit es greifbar wird? erneuernd. Als Kirchenältester mache ich tagaus-tagein Marta- auf, steht auf! Der Weg wird unsere Zukunft sein, Zusammen, weil das Wesen von Kirche nicht Arbeit. Und weil es immer weniger Weggefähr- steht auf!‹ aus Mauern und Strukturen, sondern aus Men- tinnen und -gefährten gibt, werden die Aufgaben schen und ihrem Engagement besteht. Es bedeu- immer mehr. Ich spüre, dass ich wie Marta an den tet, den Handelnden Freiräume zu verschaffen, Punkt komme, wo ich nicht mehr kann und nicht Souveränität zu fördern und auf Privilegien zu mehr will. verzichten. Es bedeutet geklärte Zuständigkeiten, S o n j a B ro c kma n n ›Maria hat das gute Teil erwählt; das soll nicht Tob i a s Fr i c k Aufgaben und erreichbare Ziele. Zusammen, das 36, studierte Evangelische Theologie in von ihr genommen werden.‹ Was also könnte eine 50, studierte Religionswissenschaft, Göttingen. Ihr Vikariat absolvierte sie in Soziologie und Politologie in Marburg. schließt für mich auch unbedingt Kooperationen Maria-Aufgabe sein? Das darf jede und jeder für der Stadtgemeinde Oldenburg Ostern- Er wohnt und arbeitet im Ammerland im Bereich Ökumene und Gesellschaft ein. burg; seit März 2019 arbeitet Brock- sich selbst entdecken. Maria-Aufgaben haben zum als freiberuflicher Fotograf, unter Lustvoll, weil geteilter Glaube Spaß macht, in- mann nun als Pfarrerin auf dem Land in einen etwas mit Verkündigung zu tun, mit dem anderem für die Nordwestzeitung spiriert und stärkt. Weil Zusammenarbeit erlaubt, den Kirchengemeinden Altenesch-Lem- Kern unseres Christseins. Zum anderen mit dem und horizontE, sowie als Lehrer an dass alle einbringen, was sie möchten und kön- werder und Bardewisch. Ihr Anspruch? persönlichen Grund unseres Daseins in Kirche. einer Berufsbildenden Schule. Seit vier foto: Hans-Werner Kögel ›Kirche in Zukunft zu denken bedeutet Jahren engagiert sich der ehemalige nen. Weil es bereichernd und befreiend zugleich Wer sich wie Marta um alles kümmert, dessen fotos: Tobias Frick für mich, unser Zusammenleben hier Katholik Frick in der evangelischen ist, wenn man sich für die Ideen und Fähigkeiten und jetzt zu gestalten. Gemeinsam und Grund droht zu verkümmern. Kirche. Der Grund? ›Kirche ist das, was anderer begeistern kann. aus Liebe zum Leben.‹ wir daraus machen!‹ 20 horizont e horizont e 21
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