Im Stall zu Bissel - Ev.-Luth. Kirche in Oldenburg

Die Seite wird erstellt Paul Reichel
 
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Im Stall zu Bissel - Ev.-Luth. Kirche in Oldenburg
› im   oldenburger land
                                                                                       3 › 2020

                         magazin                            evangelisch
                                                            ehrenamtlich
                                                            engagiert

                                                                                     mit

                                                                                                      der
                                                                                             agazin
                                                                                       Das M    n
                                                                                        D

Im Stall zu Bissel
Das besondere Krippenspiel: Das Weihnachtsvideo mit Maria und Josef

KI RC H E IM D I ALO G            EI N F EST FÜ R ALLE            MITE I NAN DE R R E DE N
Zur Zukunft von                   Weihnachten                     Wie man
Haupt- und Ehrenamt               in Ghana und Togo               Krisen bewältigt
Im Stall zu Bissel - Ev.-Luth. Kirche in Oldenburg
Gott und die Welt                                                                                                                             editorial

Habt keine Angst!
Freut euch! Diese
Freude soll für alle
                                                                                                                                          Liebe Leserinnen, liebe Leser,
                                                                                                                                          in diesem Jahr wird es für Gottesdienste und
                                                                                                                                          Familientreffen kein ›Alle Jahre wieder‹ geben.
                                                                                                                                          Zumindest nicht, was die eingeübten und liebge-
                                                                                                                                          wonnen Traditionen betrifft. Was aber bleibt, ist
                                                                                                                                          die Botschaft von Weihnachten: Gott ist Mensch

Menschen gelten:
                                                                                                                                          geworden, für uns. Und vielleicht steckt gerade
                                                                                                                                          in der Modifizierung von Ritualen auch eine
                                                                                                                                          Chance. Nämlich die, den Kern dieses Festes neu
                                                                                                                                          zu entdecken. Inspirationen und Impulse aus
                                                                                                                                          unterschiedlichen Blickwinkeln finden Sie dazu in

Euch wurde heute
                                                                                                                                          dieser Weihnachtsausgabe von horizont e.
                                                                                                                                             Veränderungen sind immer Herausforderun-
                                                                                                                                          gen. Dieses gilt in der Kirche auch im Blick auf
                                                                                                                                          die Zusammenarbeit von haupt- und ehrenamt-
                                                                                                                                          lich Mitarbeitenden. Dazu hat Oberkirchenrätin
                                                                                                                                          Gudrun Mawick einen Beitrag geschrieben, ein

der Retter geboren.
                                                                                                                                          Kirchenältester und eine Pfarrerin haben ihr
                                                                                                                                          geantwortet. Diese Texte könnten den Auftakt für
                                                                                                                                          einen Diskussionsprozess bilden.
                                                                                                                                             Im kommenden Jahr möchten wir das Magazin
                                                                                                                                          horizont e für Sie weiterentwickeln und würden
                                                                                                                                          uns sehr freuen, wenn Sie uns Ihre Erfahrungen
                                                                                                                                          und Ihre Ideen dazu schrieben. Deshalb haben
                                                                                                                                          wir eine kleine Umfrage mit zehn Fragen entwor-
                                                                                                                                          fen. Als kleines Dankschön für Ihre Teilnahme

                                                                 foto: Hans-Werner Kögel / Bearbeitung: Designbüro Möhlenkamp & Schuldt
                                                                                                                                          verlosen wie 20 Buchgutscheine. Mehr dazu auf
                                                                                                                                          dem beigelegten Bogen. Im Namen des Redak-
                                                                                                                                          tionsteams danke ich Ihnen schon jetzt dafür.
                                                                                                                                             Mit herzlichen Grüßen und guten Wünschen
                                                                                                                                          für ein gesegnetes Weihnachtsfest
                                                                                                                                             Ihr Pfarrer

                       LU K AS 2,10 i n l ei chter S prache
                       Ein Engel (Britta Gurrey) verkündet den                                                                              Hans-Werner Kögel
                       Hirten die Weihnachtsbotschaft.                                                                                      Referent Presse- und Öffentlichkeitsarbeit

                                                                                                                                                                                                  foto: Tobias Frick
                       Szenenfoto aus dem Weihnachtsvideo                                                                                   presse@kirche-oldenburg.de
                       ›Auf dem Weg zur Krippe‹
                       der Ev.-Luth. Kirche in Oldenburg.

                                                                                                                                                                              horizont e      3
Im Stall zu Bissel - Ev.-Luth. Kirche in Oldenburg
umfrage                                                                                                                                                                                                inhalt
    Wie geht es Ihnen
    persönlich in                                                                            SE BASTIAN H E N SE L E R 32 Jahre
                                                                                             Angestellter in einer Werbeagentur                                                             13     Menschen ehrenamtlich engagiert
                                                                                                                                                                                                                                                                                    2 GOTT U N D D I E WE LT
                                                                                                                                                                                                                                                                                    3 E D ITO R I A L

    der Pandemie?                                                                           ›Ich habe die Corona-Krise vor allem bei der Arbeit
                                                                                                                                                                                                                                                                                   4 UMF R AGE

                                                                                             gespürt: Wir hatten mehr zu tun, aber das können                                                                                                                                       5 I N HA LT

                                                                                             meine Kollegen und ich im Büro oder im Home-                                                                                                                                          6 WE I H N AC HTE N
                           M A R I E und M A R KUS                                           office erledigen. Im privaten Bereich gab‘s auch
                           M E I N E N 32 und 34 Jahre
                                                                                                                                                                                                                                                                                   6     ›Es begab sich im Oktober, …‹
                                                                        Veränderungen, aber keine Verschlechterung: Statt größerer Treffen
                           in Elternzeit                                                                                                                                                                                                                                          10     Von Wundern und himmlischen Wesen
                           und Maschinenbauingenieur                    im Freundeskreis verbringe ich jetzt mehr Zeit mit einzelnen Freunden
                                                                                                                                                                                                                                                                                   12    R ATGE B E R Feiern unter freiem Himmel
                                                                        und Bekannten. Generell kann ich mit den Einschränkungen im Alltag
                            Marie Meinen: ›Die Corona-Pande-                                                                                                                                                                                                                       1 3 ME N S C H E N E H R E N A MTLI C H E N GAGI ERT
                                                                        gut leben. Manches ist schon zu einer Selbstverständlichkeit geworden.
                            mie belastet uns schon sehr. Man
                                                                        Dass die Maßnahmen richtig waren, sieht man ja auch daran, dass                                                                                                                                            13    ›Der Tod macht Angst‹
                            weiß gar nicht mehr, wie man sich
                                                                        Deutschland bisher ganz gut durch die Pandemie gekommen ist.‹                                                                                                                                              1 7 KI RC H E I M D I A LO G
     verhalten soll, um andere nicht zu gefährden. Wir versu-
     chen deshalb beispielsweise, seltener einkaufen zu gehen.                                                                                                                                                                                                                     17    Ahlhorn vor dem Aus?
     Unser Privatleben hat sich vor allem wegen unserer                                                       J O H AN N A M ARTE N S 75 Jahre                                                                                                                                    18     Die Kraft der Vielfalt
     kleinen Tochter verändert: Wir sind mehr zu Hause und                                                    Hausfrau                                                                                                                                                            20     ME I N U N GE N Sonja Brockmann und Tobias Frick
     haben weniger Kontakte. Dafür können wir die Mehr-
                                                                                                                                                                                                                                                                                  2 2 WE I H N AC HTE N I N GHA N A U N D TO GO
     Zeit miteinander genießen.‹                                                                               ›Am schlimmsten fand ich, dass
     Markus Meinen: ›Beruflich hat sich für mich wenig geän-                                                   zu Beginn der Corona-Pandemie
                                                                                                                                                                                                                                                                                  22     Fufu für alle zum Fest
     dert, ich kann auch zu Hause arbeiten. Im Sommer hatten                                                   die Kirchen geschlossen wurden.                                                                                                                                    24     B E R ATU N G Frieden finden – mit sich und anderen
     wir in der Firma Kurzarbeit, jetzt aber nicht mehr. Was das                                               Ich gehe sonst regelmäßig zum                                                                                                                                      26     R ATGE B E R Weihnachten trotz(t) Corona
     Geld betrifft, war das für uns jedoch kein Problem, weil wir                         Mittagsgebet in die Lamberti-Kirche. Ich habe einen Mo-                                                                                                                                 27 F R AGE B O GE N
     kaum Verpflichtungen haben wie eine Hausfinanzierung.‹                               ment sogar darüber nachgedacht, aus der evangelischen
                                                                                          Kirche auszutreten und in die katholische einzutreten
                                 S I L KE L EYE N D E C KE R 41 Jahre                    – die war offen. Dort habe ich dann regelmäßig gebetet

                                                                                                                                                                                                                                                                                  24 Frieden finden
                                 Diplompsychologin                                        und eine Kerze angesteckt. Zu loben ist aber, dass später
                                                                                          unser Kantor Tobias Götting täglich im Internet zu hören
                                  ›Für mich hat die Pandemie große Auswirkung             und zu sehen war. Das war eine wunderbare Hilfe.‹
                                  gehabt. Von jetzt auf gleich musste ich ins
                                  Homeoffice gehen. Und das mit zwei Kindern,
                                                                                                               E L E N A H E P PT 38 Jahre
                                  die normalerweise ganztags betreut werden.
                                                                                                               Sozialpädagogin
          Weil unsere Eltern und Geschwister nicht hier wohnen, konnten
          mein Mann und ich auch nicht auf dieses Netz zurückgreifen. Also                                     ›Ich betreue eine Jugendwohn-
          haben wir unsere Kinder schichtweise betreut. Das hat natürlich die                                  gruppe, und mit dem Lockdown
          Arbeitstage bis in die späten Abendstunden verlängert. Immerhin                                      brachten die Jugendlichen mehr
          war beruhigend, dass ich als Angestellte keine finanziellen Einbußen                                 Ängste und Sorgen mit nach
          hatte. Aber die Krise hat sich auch positiv ausgewirkt: Plötzlich spielt       Hause. Die mussten meine Kollegen und ich auffangen.
          Distanz keine Rolle mehr; jetzt sind Videokonferenzen möglich, wozu            Nur am Anfang wirkte der Lockdown auf sie entlastend,
          vorher lange Autofahrten notwendig waren. Auch privat ist die Frage            weil sie nicht zur Arbeit oder Ausbildung mussten und
          von Nähe und Distanz nicht mehr entscheidend: Statt gelegentlicher             mehr zu Hause sein konnten. Doch mit der Zeit wurde
          persönlicher Treffen sehen wir uns jetzt häufiger per Zoom.‹                   spürbar, dass ihnen die feste Struktur der Tage fehlte.
                                                                                         Die Kontaktbeschränkungen haben sich für mich privat
                          THOM AS OH L E N D OR F 58 Jahre                               negativ ausgewirkt, denn bin ich erst vor einem Jahr
                          Finanzbeamter                                                  aus Franken nach Oldenburg gekommen.‹

                           ›Mein Leben hat sich durch Corona
                           kaum verändert, abgesehen vielleicht
                           von den Treffen mit meinen Kumpeln.
                           Ich halte mich einfach an das, was
                                                                                             D R. J Ü RG E N M ARTE N S 72 Jahre
                                                                                             Chemie-Professor                                                                                                6 ›Es begab sich im Oktober, …‹
    empfohlen wird, sonst macht man es doch nur noch                                          ›Ich bin ja eigentlich schon im Ruhestand, arbeite                                                                                                                      IMP R ESSUM
    schlimmer. Ich denke dabei immer auch an meine Mutter,                                     aber noch an der Uni. Vor Corona war ich jeden Tag
    die ist über 90. Aber: Alles hat seine Zeit; auch Corona wird                              im Büro, jetzt nur noch einmal die Woche. Und na-                                            horizont e ist das Magazin der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Oldenburg. Es erscheint dieses Jahr dreimal im Einzugsgebiet der oldenburgischen Kirche.
                                                                                                                                                                                            H ERAUSGEBER: Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der Ev.-Luth. Kirche in Oldenburg, Anschrift: horizont e Philosophenweg 1, 26121 Oldenburg, Telefon 0441/7701-193,
    einmal vorüber sein. Beruflich hatte ich Glück und konnte                                  türlich zu Prüfungen. Außerdem bin ich freiberuflich

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                      fotos: Tobias Frick, Annette Kellin, privat
                                                                                                                                                                                            presse@kirche-oldenburg.de, www. kirche-oldenburg.de REDAKTIONSLEITUNG: Hans-Werner Kögel, Dirk-Michael Grötzsch (V.i.S.d.P.)
    im Homeoffice arbeiten. Doch das bedeutet natürlich                 als Unternehmensberater tätig. Direkte Kontakte sind deutlich weniger
                                                                                                                                                      fotos und texte:: Michael Eberstein

                                                                                                                                                                                            TEXTCH EFI N: Gunthild Kupitz, Hamburg ART DI REKTION / PRODUKTION: Designbüro Möhlenkamp & Schuldt, Bremen BERATUNG: Ulf Grüner, Hamburg
    auch Einschränkungen, wenn auch nicht finanziell. Die               geworden. Viele Termine wurden abgesagt, andere als Zoom-Konferenzen                                                REDAKTION ELLE BEITRÄGE: Thomas Adomeit, Sonja Brockmann, Michael Eberstein, Tobias Frick, Dirk-Michael Grötzsch, Heike Jakubeit, Andrea Jeromin, Laelia
    Probleme vieler Freiberufler kann ich aber als Finanzbeam-          abgehalten. Das strengt deutlich mehr an als normale Konferenzen, und                                               Kaderas, Annette Kellin, Hans-Werner Kögel, Gundrun Mawick, Annette Muschalik, Robert Otto-Moog, Jörg Nielsen
    ter gut nachvollziehen. Die Auflagen, die uns zur Bekämp-           es ist weniger effektiv. Auch privat haben meine Frau und ich die Kontakte                                          BI LDNACHWEISE: Titel: Tobias Frick // Blockhaus Ahlhorn, Michael Eberstein, Tobias Frick, Erik Hillmer, Dirk-Michael Grötzsch, Heide Grünefeld, Hans-Werner Kögel,
    fung der Pandemie gemacht werden, sehe ich als eine                 reduziert. Unseren täglichen Kaffee in der Stadt aber lassen wir uns nicht                                          Norddeutsche Mission, Susanne Niemeyer, Robert Otto-Moog, Frauke Schumann DRUCK: Prull-Druck GmbH & Co. KG, Scheideweg 25–29, 26121 Oldenburg
    Frage der Solidarität an. Für mich ist eindeutig, dass sie im                                                                                                                           PAPI ER: Recycling aus 100 % Altpapier mit Umweltzeichen ›Blauer Engel‹ FEEDBACK: Bei Rückfragen und Anregungen schreiben Sie uns unter
                                                                        nehmen, den trinken wir immer draußen. Wir meiden allerdings große
                                                                                                                                                                                            presse@kirche-oldenburg.de oder nutzen Sie unseren Newsletter unter www. kirche-oldenburg.de/horizonte. Dort erhalten Sie auch Informationen zu
    Rahmen des Grundgesetzes stehen. Dagegen zu demons-                 Menschenmengen. Und verzichten auf Reisen – nur wenn nötig, um Gut-
                                                                                                                                                                                            den folgenden Ausgaben und Themen.
    trieren kommt für mich nicht in Frage.‹		                           achten zu erstellen. Oder zu den Enkelkindern nach Niederbayern.‹

4          horizont e                                                                                                                                                                                                                                                                                                                          horizont e         5
Im Stall zu Bissel - Ev.-Luth. Kirche in Oldenburg
WEI H NAC HTE N                                                                                  WEI H NAC HTEN
                                                                                                                                                                                                            Manfred Scholz (l.) und

                                         ›Es begab sich
                                                                                                                                                                                                            Hans-Werner Kögel
                                                                                                                                                                                                            überprüfen die richtige
                                                                                                                                                                                                            Kameraeinstellung.

                                          im Oktober, …‹
                                                                                                                                                                                                                                      Die Hirten (v.l.) Benno und
                                                                                                                                                                                                                                      Christina von Minden, Maren
                                                                                                                                                                                                                                      GrothIsche und Mattis Wedeken
                                                                                                                                                                                                                                      beobachten aufmerksam das
                                                                                                                                                                                                                                      Geschehen im Stall.

                                             … dass sich ein Filmteam vom Oldenburger Lokalsender Oeins aufmachte,
                                             um die ersten Szenen für das Weihnachtsvideo der oldenburgischen Kirche
                                             zu drehen. Unter anderem dabei: ein bockender Esel, sein bester Freund,
                                             das Shetlandpony Felix, sowie 40 verfressene Heidschnucken. Eindrücke
                                             von turbulenten Drehtagen, aufgeschrieben von Pfarrer Hans-Werner Kögel.

                                              FOTO S TOB IAS F R IC K , ER I K H I L L M ER U N D H ANS -WE R N E R KÖ G E L

                                                                                                                                                      Den Beleuchter für
                                                                                                                               Maria (Mara Wendt-     den Hintergrund
                                                                                                                               Thorne) und Josef      hatte der Schafsbock
                                                                                                                               (Jendrik Ische) sind   zum Anknabbern
                                                                                                                               zusammen mit dem       gern.
                                                                                                                               Esel Pico auf dem
                                                                                                                               Weg zum Stall.

                                                                                                                                                          D
                                                                                                                                                                          ie Idee für das Weihnachtsvideo sprungen werden konnte. Und die Beleuchter,
                                                                                                                                                                          entstand bereits im Sommer, als die dahinter für gutes Gegenlicht sorgen sollten,
                                                                                                                                                                          der Einschulungsgottesdienst in fand der Bock der Herde einfach zum Ankab-
                                                                                                                                                                          Altenesch Corona-bedingt nur bern und wollte immer wieder mit ihnen spielen.
                                                                                                                                                                          digital gefeiert werden konnte.      Auch der Esel Pico hatte seine Eigenarten. Er
                                                                                                                                                          Aufgezeichnet hatte ihn der Lokalsender Oeins. war nämlich nur bereit, die gewünschten Wege
                                                                                                                                                          Durch die gute Zusammenarbeit zwischen dem zu gehen, wenn sein bester Freund, das Shet-
                                                                                                                                                          Sender und der Pressestelle der oldenburgi- landpony Felix, voranmaschierte. Da ein Pony
                                                                                                                                                          schen Kirche wurde es schon bald konkreter. Der in der biblischen Weihnachtsgeschichte nicht
                                                                                                                                                          Plan: einen Weihnachtsgottesdienst in Form von vorkommt, konnte der Dreh immer erst dann
                                                                                                                                                          Krippenspielszenen zu produzieren. Darin soll- beginnen, wenn Felix aus dem Bild gelaufen war.
                                                                                                                                                          ten Kinder die Weihnachtsgeschichte erzählen Hinzu kam eine typische Eigenschaft von Eseln:
                                                                                                                                                          und Erwachsene einzelne Szenen nachspielen. das Bocken. Das tat auch Pico in einer Sequenz,
                                                                                                                                                          Davor und danach würden Weihnachtslieder, nur um dann so schnell hinter seinem besten
                                                                                                                                                          angestimmt von Kindern aus dem Oldenburger Freund hinterherzurennen, dass die Maria buch-
                                                                                                                                                          Land, zum Mitsingen einladen.                    stäblich durch den Dornwald flog.
                                                                                                                                                              Das Konzept begeisterte. Bei der Suche nach      An der Hirtenszene mit dem Verkündigungs-
                                                                                                                                                          Mitwirkenden, nach geeigneten Drehorten, nach engel sollten am zweiten Drehtag 40 Heidschnu-
                                                                                                                                                          Kostümen, Requisiten und Tieren rannten die cken mitwirken. Während die menschlichen
                                                                                                                                                          Organisatoren in Bissel geradezu offene Stalltü- Darsteller erst gegen Mittag zum Set kamen, wa-
foto: Hans-Werner Kögel

                                                                                                                                                          ren ein. Für die Außenaufnahmen in den Herbst- ren die Schafe bereits am Morgen eingetroffen,
                              Die Sendetermine bei Oeins:
                                                                                                                                                          ferien wurde ein Tag für den technischen Aufbau um sich zu akklimatisieren. Sie inspizierten zu-
                                        24. Dezember um 15 Uhr, 17 Uhr und 20 Uhr,                                                                        geplant sowie zwei Drehtage. Als die Schafe für erst das für sie unbekannte Gelände, fraßen sich

                                                                                                                                                                                                                                                                         fotos: Tobias Frick
                                        25. Dezember um 15 Uhr und 17 Uhr,                                                                                die Stallszene am Morgen kamen, waren sie anschließend durch die Heide und als der Dreh
                                        26. Dezember um 15 Uhr und 17 Uhr,
                                                                                                                                                          kaum zu bändigen. Schnell hatten sie entdeckt, begann, lagen sie vollgefressen herum und zeig-
                                        27. Dezember um 16 Uhr und 20 Uhr
                                                                                                                                                          dass die Barriere aus Strohballen auch über- ten an den Dreharbeiten nur geringes Interesse.
                                                                                                                                                                                                                                                               ›››
                          6          horizont e                                                                                                                                                                                                   horizont e         7
Im Stall zu Bissel - Ev.-Luth. Kirche in Oldenburg
WEI H NAC HTE N                                                                                             WEI H N AC HTEN

                                                                                                                                                                 Ein eigenes Wohnmobil diente als
                                                                                                                                                                 Maskenraum. Dort wurde entweder
                                                                                                                                                                 selber geschminkt oder unter
                                                                                                                                                                 Berücksichtigung der Corona-Regeln
                                                                                                                                                                 mit Maske geschminkt: Mit Maske
                                                                                                                                                                 in der Maske.

                                                          Maria durch den Dornwald
                                                                                                                                                                                                                                                               Leander und Luisa
                                                          flog, als der Esel es
                                                                                                                                                                                                                                                               begrüßen die

                         M
                                                          besonders eilig hatte.
                                                                                                                                                                                                                                                               Zuschauerinnen
                                                                                                                                                                                                                                                               und Zuschauer
                                                                                                                                                                                                                                                               in der Grundschule
                                                      it den Aufnahmen am Schafstall in Bis-                                                                                                                                                                   in Sage.
                                                      sel war es freilich noch nicht getan. Nach
                                                     Beginn des Lockdown light im November
                                                     wurden die Textpassagen mit Kindern
                                                      der Peter-Lehmann-Grundschule in Sage
                                               aufgezeichnet. Die Schule stellte ihre Kulissen                                                                                                                                                                 Bischof Thomas
                                               vom Weihnachtsschauspiel zur Verfügung, so                                                                                                                                                                      Adomeit kam nicht
                                                                                                                                                                                                                                                               umhin, eine Runde
                                               dass schnell eine adventlich-gemütliche Stim-
                                                                                                                        Die Frisur muss sitzen – auch mit Hut.                                                                                                 auf dem Kinder-
                                               mung entstand. Luisa und Leander sprachen                                                                                                                                                                       karussell zu drehen.
                                               ihre Texte professionell ein, und die dekorati- drehte nun aufgrund der Pandemie einsam auf
                                               ven Weihnachtsplätzchen durften auch geges- dem Hof seine Runden.
                                               sen werden, obwohl es in der Schule gerade die        Vier weitere Drehtage stehen im Dezember
                                               ›gesunde Woche‹ gab. Schulleiterin Jutta Sander noch für die musikalischen Aufnahmen an. Weih-
                                               drückte großzügig beide Auge zu. Schließlich sei nachtslieder wie ›Ihr Kinderlein kommet‹, ›Vom
                                               es nun nachmittags und außerhalb der Schul- Himmel hoch da komm ich her‹ und ›Oh, du fröh-

                                                                                                                                                                                                                                                                                          fotos: Tobias Frick, Erik Hillmer, Hans-Werner Kögel
                                               zeit, sagte sie.                                  liche‹, gesungen von Kindern aus dem Oldenbur-
                                                    Der bisher vierte Drehtag fand auf dem Hof ger Land, werden später im fertig geschnittenen
fotos: Erik Hillmer, Hans-Werner Kögel

                                               der Schaustellerfamilie Hempen in der Nähe Weihnachtsfilm die Spielszenen umrahmen. Wie
                                               von Oldenburg statt. Während der Aufnahmen diese Aufnahmen gemäß den aktuellen Corona-
                                               am Schafstall hatte Bischof Thomas Adomeit Bestimmungen stattfinden können, ist nun von
                                               den Wunsch geäußert, seine Begrüßung an ei- der weiteren Entwicklung abhängig. Dafür hat
                                               nem leeren Kinderkarussell aufzuzeichnen. das Filmteam mehrere Optionen entwickelt. Wel-                                                                                                 Der Strohballen im Stall
                                                                                                                                                                                                                                        war für die Schafe
                                               Denn das hätte eigentlich in der Adventszeit che davon zum Tragen kommen werden? Lassen
                                                                                                                                                                                                                                        eine leckere Abwechslung.
                                               auf einem Weihnachtsmarkt stehen sollen und Sie sich überraschen. e                                                                                           Drehpause:
                                                                                                                                                                                                             Zeit für Zärtlichkeiten.
                                         8   horizont e                                                                                                                                                                                                             horizont e        9
Im Stall zu Bissel - Ev.-Luth. Kirche in Oldenburg
WEI H N AC HTE N LITE R AR I S C H                                                                         WEI H NAC HTEN LITER AR ISC H

                                                                                                                                                                                                                                                             ›Und?‹, fragt sie ungeduldig. ›Hast du
                                                                                                                                                                                                                                                             einen Engel gefunden?‹ Jakob strahlt:
                                                                                                                                                                                            So einen kann man nicht übersehen. Du bist                       ›Einen? Tausende! Die Stadt ist
                                                                                                                                                                                            doch immer unterwegs‹, sagt sie. ›Du musst ihn                   voll davon. Wie konnten
                                                                                                                                                                                            finden!‹ Jakob schüttelt den Kopf. Engel gibt es                 wir das bisher übersehen?‹
                                                                                                                                                                                            nur in Geschichten. Außerdem würde er jetzt
                                                                                                                                                                                            gern nach Hause gehen und in Ruhe seine
                                                                                                                                                                                            Zeitung lesen. Aber Heike lässt nicht locker.
                                                                                                                                                                                            ›Mensch Jakob, so ein Engel kann bestimmt was
                                                                                                                                                                                            ändern. Die ganzen Krisen und das alles!‹ Jakob
                                                                                                                                                                                            seufzt. ›Wenn das so einfach wäre … Wie soll
                                                                                                                                                                                            das denn gehen?‹ Er nimmt seine Zeitung, und          risch zu: ›Wenn Sie einen Engel suchen, dürfen
                                                                                                                                                                                            bevor Heike noch etwas erwidern kann, nickt           Sie nicht auf Flügel achten. Dann werden Sie
                                                                                                                                                                                            er und geht davon.                                    merken, er ist längst unterwegs.‹ Jakob stutzt.
                                                                                                                                                                                                 Dunkel ist es geworden. In den Fenstern          Erstaunt spürt er auch in sich selbst ein unge-
                                                                                                                                                                                            blinken die Lichterketten. Jakob muss an Heike        wöhnlich warmes Gefühl. Er beginnt, fremde
                                                                                                                                                                                            denken, die Zeitungsverkäuferin. Ihre leuchten-       Menschen neugierig anzusehen. Könnte nicht
                                                                                                                                                                                            den Augen gehen ihm nicht aus dem Sinn. Als           jeder von ihnen der Engel sein?
                                                                                                                                                                                            sie von dem Engel erzählt hat, der in der Stadt           Es scheint wie ein Traum: In den Nachrich-
                                                                                                                                                                                            sein soll. Ach. Dabei gibt es doch dauernd sol-       ten werden neue Engelsbegegnungen gemeldet.
                                                                                                                                                                                            che Meldungen: Ein Ufo ist gelandet! Der Gar-         Ein Kunde meint, einen Engel im Kaufhaus ge-

                                                                                         E  R  N
                                                                                                                                                                                            ten Eden ist gefunden! Ein Urzeittier wurde           sichtet zu haben. Eine Frau ist sicher, ihn an der

                                                                         V O NndW U N D
                                                                                                                                                                                            entdeckt! Und jetzt eben ein Engel. Jakob ver-        Tankstelle erkannt zu haben. Ein Lehrer glaubt,
                                                                                                                                                                                            sucht, an etwas anderes zu denken. Aber es geht       seine Schülerin müsse der Engel sein. Auf ein-

                                                                                          c h e n We s e n
                                                                                                                                                                                            nicht.                                                mal scheint es überall Engel zu geben.

                                                                                himml i s
                                                                                                                                                                                                 Und wenn es doch stimmt? Was wäre,                   Das ist der Moment, in dem Jakob begreift.

                                                                                    u
                                                                                                                                                                                            wenn tatsächlich ein Engel auftaucht?                 Sein Herz pocht, wie schon lange nicht mehr.
                                                                                                                                                                                                 Er spürt eine Sehnsucht in sich, die er längst   Das Wunder, auf das er gewartet hat, ist gesche-
                                                                                                                                                                                            vergessen hatte. Plötzlich ist ihm, als läge ein      hen. Aufgeregt läuft er zurück zum Kiosk, zu
                                                                                                                                                                                            Zauber über der Stadt, eine Erwartung, der sich       Heike.
                                                                                     Wäre es nicht herrlich, wenn sich der Zauber der Adventszeit aus                                       keiner entziehen kann. Er hört ein paar Kinder            Sie hat die Ellenbogen auf ihren Verkaufs-
                                                                                     der Kindheit ins Erwachsenenleben retten ließe? Unmöglich                                              darüber diskutieren, welche Superkräfte es gibt.      tresen gestützt. ›Und?‹, fragt sie ungeduldig.
                                                                                     ist das nicht. Man muss nur bereit dafür sein. Eine etwas andere

                                                                                D
                                                                                                                                                                                            Hat die auch ein Engel?                               ›Hast du einen Engel gefunden?‹ Jakob strahlt:
                                                                                     Weihnachtsgeschichte von Susanne Niemeyer                                                                  Als nächstes fällt Jakob auf, dass ihn wild-      ›Einen? Tausende! Die Stadt ist voll davon. Wie
                                                                                                                                                                                            fremde Leute anlächeln. Verunsichert lächelt er       konnten wir das bisher übersehen?‹
                                                                                                ie Luft ist klar, bald wird es Frost   Schaufenster des Rundfunkgeschäftes läuft            zurück. Er sieht, wie eine Frau einem Taxifahrer          Die Menschen sind verwandelt. Sie öffnen
foto: Hans-Werner Kögel / Bearbeitung: Designbüro Möhlenkamp & Schuldt

                                                                                                geben. Die Lichterketten sind auf-     eine Eilmeldung über die Bildschirme. Er ach-        frischen Kaffee bringt. Türen werden aufgehal-        sich. Sie lächeln mehr. Sie behandeln einander
                                                                                                gehängt. Zimtgeruch liegt über der     tet nicht weiter darauf. Eilmeldungen gibt es        ten und der Busfahrer beantwortet alle Fragen         mit Respekt. Ein Engel mit Flügeln wird nie ge-
                                                                                                Stadt. Es dämmert bereits, als Ja-     heute andauernd. Als er am Kiosk ankommt,            mit einer Engelsgeduld. Jakob wundert sich.           sichtet. Aber Frieden und Freundlichkeit brei-
                                                                                                kob aus dem Haus tritt. Er seufzt.     ruft ihm Heike, die Verkäuferin, schon entge-        Was ist geschehen? ›Das ist wegen des Engels‹,        ten sich weit über die Stadtgrenzen hinaus aus.
                                                                                 Früher liebte er diese Zeit vor Weihnachten, als      gen: ›Hast Du gehört? Ein Engel soll gelandet        sagt ein Mann, der seine Gedanken zu erraten          Denn wer weiß? Schließlich könnte jeder, wirk-
                                                                                 Kind. Überall warteten Geheimnisse. Jeden Tag         sein!‹ Ihre Stimme überschlägt sich fast. ›Ein       scheint. Der Mann zwinkert Jakob verschwöre-          lich jeder, ein Engel sein.
                                                                                 konnte ein Wunder geschehen. Man musste               echter Engel! Hier irgendwo bei uns. Sie berich-
                                                                                 es nur finden. ›Ach‹, murmelt Jakob, ›das war         ten es überall. Nu’ stell dir das mal vor, Jakob!‹
                                                                                 schön.‹ Dann zieht er den Mantel fester um die            Jakob glaubt nicht, dass es Engel gibt.
                                                                                 Schultern und geht los, um seine tägliche Zei-        Allerdings hat er Heike, die nette Frau vom                                                                Susa n n e N i em eyer
                                                                                 tung zu kaufen.                                       Zeitungskiosk, noch nie so aufgeregt gesehen                                                               48, ist freie Autorin, Kolumnistin und Bloggerin in
                                                                                                                                                                                                                                                  Hamburg (www.freudenwort.de). Zuletzt erschien
                                                                                     Auf der Straße ist es voll. Irgendwo dudelt       wie jetzt. ›Wie soll er denn aussehen, dein                                                                von ihr Kirschen essen. Liebesgeschichten aus der

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                      fotos: privat
                                                                                 ›Jingle bells‹, die Menschen haben die Kragen         Engel?‹ Heike zuckt mit den Schultern: ›Keine                                                              Bibel, edition chrismon sowie Das Weihnachtsschaf:
                                                                                 hochgeschlagen und hasten an ihm vorbei. Im           Ahnung. Wahrscheinlich hat er Flügel.                                                                      24 wunderbare Geschichten im Herder-Verlag.

                                                                         10   horizont e                                                                                                                                                                                                            horizont e   11
Im Stall zu Bissel - Ev.-Luth. Kirche in Oldenburg
ratgeber                                                                                                         menschen
                             Feiern unter freiem Himmel                                                                                                                                      EH R EN A MTLIC H EN GAGI ERT

                             In diesem Jahr wird auch an Weihnachten alles anders
                             sein als sonst. Zumindest fast. Denn Gottesdienste            von möglichst vielen Menschen besucht werden                                                                       ›Meine Arbeit bei da-sein.de* bereichert
                             wird es trotzdem geben. Nur dass sie oft nicht in den         können. Kostenlos selbstverständlich.                                                                              mich sehr: Ich setze mich mehr mit mir
                             Kirchen gefeiert werden, sondern davor. Und schon                 Schon am Rande der ekd-Synode im Novem-                                                                        selbst auseinander, bin wertschätzender
                             jetzt gibt es viele wunderbare Ideen, die das Fest            ber hatte der ekd-Ratsvorsitzende, Landesbischof                                                                   und dankbarer dem Leben gegenüber.‹
                             außergewöhnlich werden lassen.                                Heinrich Bedford-Strohm, für ›Gottesdienste in
                             Text: Hans-Werner Kögel                                       Ski-Unterwäsche‹ geworben. Tatsächlich planen
                                                                                           einige Gemeinden schon länger Weihnachtsgot-                                                                                          te, dass ich mit dieser Erfahrung dort nützlich
                                                            Die Kirchengemeinde Hooksiel   tesdienste auf ihren Kirchplätzen, auf Wiesen                                                                                         sein könnte. Anfang 2020 habe ich dann an
                                                            hat mit Kindern am Deich und
                                                            am Hafen ein Krippenspiel
                                                                                           oder an öffentlichen Stätten. Manche bereiten ein                                                                                     fünf Nachmittagen plus einem Wochenende
                                                            aufgezeichnet.                 Stationenkrippenspiel vor, bei dem die Besuchen-                                                                                      an einem Vorbereitungskurs teilgenommen.
                                                                                           den zu verschiedenen Szenen der Weihnachtsge-                                                                                         Zunächst ging es darum, sich mit dem persön-
                                                                                           schichte gehen. Andere Gemeinden organisieren                                                                                         lichen Erleben von Tod und Trauer auseinan-
                                                                                           einen Spaziergangs-Gottesdienst durch ihren                                                                                           derzusetzen, und ich gebe zu, dass ich Zweifel
                                                                                           Ort, zu dem Kinder und Erwachsene gerne als                                                                                           bekam, ob ich mir das wirklich zutraue. Bei
                                                                                           Krippenfiguren verkleidet kommen können. Und                                                                                          da-sein.de geht es ja darum, anonym Gleich-
                                                                                           in Delmenhorst werden Weihnachts-Espresso-                                                                                            altrige zu begleiten, indem wir einander Mails
                                                                                           Gottesdienste angeboten. Das sind kurze, ma-                                                                                          schreiben. Ich fürchtete, ich könnte etwas Fal-
                                                                                           ximal 30-minütige Andachten an öffentlichen                                                                                           sches schreiben oder nicht helfen. Inzwischen
                                                                                           Orten (vgl. horizont e, Ausgabe 2/2020). An Hei-                                                                                      weiß ich natürlich, dass es gar nicht meine
                                                                                           ligabend wird beim ersten Weihnachts-Espresso-                                                                                       Aufgabe ist, Lösungen parat zu haben, sondern
                                                                                           Gottesdienst auch die Krippenfigur Baltasar                                                                                           ein Stück des Weges mit den Klientinnen und
                                                                                           zurückerwartet, die in der Adventszeit durch die                                                                                      Klienten zu gehen.
                                  Zunächst die gute Nachricht: Weihnachten findet          Gemeinde gereicht wird. Die wandernde Krippen-                                                                                             Zurzeit betreue ich zwei Jugendliche.

                                                                                                                                                  ›Der Tod macht Angst‹
                                  statt. Die Kirchengemeinden haben in den vergan-         figur soll die Menschen auf die Weihnachtszeit                                                                                        Wir schreiben uns alle ein bis zwei Wochen.

                                                                                                                                                                                                                 foto: privat
                                  genen Monaten viel Zeit, Kraft und Kreativität           einstimmen.                                                                                                                           Meist lese ich ihre Mails sofort, lasse sie aber
                                  in die Entwicklung neuer Ideen gesteckt, damit in                                                                                                                                              zwei, drei Tage sacken, bevor ich antworte.
                                  diesem Jahr die Festgottesdienste überhaupt statt-       WE I H NAC HTS G OT TE S DI E NST I N TÜTE N           J ESSICA SC H ÜTZ 25 JAH R E                                                   Ich brauche Zeit dafür, denn die Themen be-
                                  finden können.                                               Trotz aller Bemühungen, allen Gottesdienst-        Peer-Begleiterin bei da-sein.de, der digitalen                                 wegen mich. Doch auch wenn die Klientinnen
                                      Die schlechte Nachricht hingegen: Keiner weiß,       besucherinnen und -besuchern größtmöglichen            Beratungsstelle der Stiftung Hospizdienst Oldenburg                            und Klienten trauern oder traurig sind: Für
                                  ob diese Ideen auch tatsächlich umgesetzt werden         Schutz zu bieten, wird es Menschen in den Ge-                                                                                         ganz Alltägliches ist in unseren Mails genauso

                                                                                                                                                              D
                                  können. Denn eine verlässliche Planung ist auf-          meinden geben, die nicht zu den Feiern kommen                                                                                         Platz wie für Fröhlichkeit. Oft melden sie mir
                                  grund der schwankenden Zahlen von Corona-                können oder wollen. Für sie bieten Kirchenge-                      ›      ass ich Jugendliche per Mail begleiten möch-                zurück, wie sehr sie das Schreiben erleichtert.
                                  Infektionen kaum möglich. Darum veröffentlicht           meinden sogenannte Weihnachtsgottesdienste in                             te, die in ihrem Familien- oder Freundeskreis               Und mir helfen der regelmäßige Austausch
                                  die oldenburgische Kirche am Sonnabend vor dem           Tüten an. Darin werden Anregungen für Haus-                               mit Sterbenden zu tun haben oder selbst bald                und die Supervision ebenso wie das Wissen,
                                  4. Advent in allen Tageszeitungen im Oldenburger         gottesdienste sein, aber auch Tipps, wie Eltern                           sterben werden, fanden viele meiner Freunde                 dass ich mich jederzeit an die Koordinatorin-
                                  Land eine 28-seitige Beilage, um aktuell über das        für ihre Kinder eine Andacht gestalten können.                            krass. Oft kam dann der Satz: ‚Ich könnte                   nen wenden kann.
                                  Weihnachtsfest sowie sämtliche Gottesdienste zu          Zusätzlich zeichnen andere Gemeinden Weih-                                das nicht.‘ Für die meisten von ihnen war das                    Meine Arbeit bei da-sein.de* bereichert
                                  informieren.                                             nachtsgottesdienste auf, die sich über das Inter-                         Thema damit erledigt. Der Tod macht ihnen                   mich sehr: Ich setze mich mehr mit mir selbst
                                                                                           net abrufen lassen. Eine Übersicht wird die                               Angst, weil sie nicht wissen, wie sie mit ihm               auseinander, bin wertschätzender und dankba-
                                   DR AUS S E N U N D M IT A N M EL D U N G                Homepage der oldenburgischen Kirche unter                                 umgehen sollen. Doch es bringt nichts, ihn zu               rer dem Leben gegenüber. Und: Ich bin wacher
                                       Für Heiligabend sind überwiegend Open-Air-          www.kirche-oldenburg.de/weihnachten bieten.                               tabuisieren, finde ich. Irgendwann sind wir                 für Sprache. Ich habe begriffen, welchen Druck
                                   Gottesdienste geplant, für die man sich allerdings                                                                                alle mit dem Tod konfrontiert.                              eine unterstützend gemeinte Floskel wie ‚Du
                                   anmelden muss. In kleineren Gemeinden wird              WE I H NAC HTE N WI R D BU NT                                                  Als eine Kommilitonin in einem Uni-Semi-               musst kämpfen‘ erzeugt. Viel hilfreicher kann
                                   ein Anruf oder eine E-Mail im Kirchenbüro genü-             Diese kleine, unvollständige Übersicht lässt er-                      nar von ihren Aufgaben als Online-Beglei-                   dagegen ein ehrlich gemeinter Satz sein wie:
                                   gen. Um jedoch die Organisation für alle zu ver-        ahnen, wie vielfältig und bunt in diesem Jahr das                         terin bei der Stiftung Hospizdienst Oldenburg              ‚Ich verstehe, dass du Angst hast. Ich hätte sie
foto: Heide Grünefeld

                                   einfachen, bietet die oldenburgische Kirche ein         Fest gefeiert werden wird. Den zahlreichen wun-                           erzählte, hat es mich gleich gecatcht – auch                auch.‘‹ 		               PROTOKO LL: L A E LI A KA DE RAS

                                   Ticket-System an, damit die Gottesdienste an den        derbaren Ideen von Ehren- und Hauptamtlichen                              deshalb, weil in meiner erweiterten Familie je-                  * Wer sich bei da-sein.de ehrenamtlich engagieren möchte, kann
                                                                                                                                                                                                                                                sich unter da-sein@hospizdienst-oldenburg.de melden.
                                   Weihnachtsfeiertagen unter Corona-Bedingungen           sei Dank. e                                                               mand an Leukämie erkrankt war, und ich dach-
                        12         horizont e                                                                                                                                                                                                                                 horizont e               13
Im Stall zu Bissel - Ev.-Luth. Kirche in Oldenburg
EH R EN A MTLI C H E NGAG I E RT                                                                    EH R ENA MTLIC H EN GAGI ERT

                     Alle Jahre wieder                                                         und sie dann nicht richtig zu hören sind.‹
                                                                                               Außerdem, sagt der 58-Jährige, setze er gerne
                                                                                                                                                 und junge Erwachsene, die jedes Jahr in unter-
                                                                                                                                                 schiedlicher Zusammensetzung an dem Projekt
                                                                                                                                                                                                   zu können. Das Spiel mit dem Licht ist seine
                                                                                                                                                                                                   Leidenschaft, auch außerhalb der Kirche, wenn
                         M ARC E L KUC H LE R 2 8 JAH R E U N D                                etwas in Szene.                                   teilnehmen, drehen dafür an verschiedenen         er nebenberuflich als selbstständiger Licht-
                         U L F TIM ME R M AN N 58 JA H R E                                         Genau wie Kuchler. Der heute 28-jährige       Schauplätzen der Stadt Videos und schneiden       designer arbeitet. Der schönste Moment bei
                         inszenieren seit zehn Jahren die Weihnachtsaufführungen               Informatiker hatte bereits als Konfirmand die     sie anschließend collageartig zusammen.           den Inszenierungen ist für ihn, ›wenn ich den
                         in Wilhelmshaven                                                      Technik für das Krippenspiel betreut. Und so           Für Kuchler und Timmermann wird die          Knopf drücke und ein großes ‚Wow‘ durch die
                                                                                               taten sich die beiden 2010 zusammen, um mit       Hauptarbeit wie immer etwa eine Woche vor         Kirche geht‹.
                                                                                               ihren technischen Fähigkeiten der Aufführung      Heiligabend beginnen – und wie immer wird              Hauptberuflich tourt der 28-Jährige von

                                   W          enn es Abend wird am 23. und 24. Dezember,
                                              werden Engel mit bunten Leuchtstäben den
                                              Himmel über dem Heppenser Berg erhellen.
                                                                                               zusätzlichen Glanz zu verleihen.
                                                                                                   Ihre Freundschaft aber hatte schon sechs
                                                                                               Jahre zuvor begonnen. Timmermann und
                                                                                                                                                 sich Timmermann dafür ein paar Tage Urlaub
                                                                                                                                                 nehmen. ›Wir überlegen dann, wie wir das
                                                                                                                                                 Stück mit dem Equipment, das uns ein Veran-
                                                                                                                                                                                                   Oldenburg aus durch ganz Deutschland, in
                                                                                                                                                                                                   die USA oder nach Mexiko – es sei denn, es
                                                                                                                                                                                                   gibt eine Pandemie, dann verbringt er unzäh-
                                              Saxophone und Trompeten werden vom Kirch-        Kuchlers Mutter kennen sich seit der Schulzeit.   staltungstechniker vor Ort günstig zur Verfü-     lige Stunden im Homeoffice. Den Kontakt
                                              turm ertönen und Bilder einer Videocollage       Im Reitverein, in dem beide Familien viele        gung stellt, am besten in Szene setzen können.‹   zu seiner Heimatstadt Wilhelmshaven hat er
                                              über die Kirchenfassade flimmern. Denn dann      Jahre aktiv waren, hatte Timmermann dem           Zu dem Wenigen, das bereits zwei Monate           immer gehalten. Nach wie vor kümmert er
                                              wird das Weihnachtswunder geschehen: Jesus       Zwölfjährigen das Treckerfahren beigebracht       zuvor feststeht, gehört, dass die Engel buntes    sich um die Weiterentwicklung der Webseite
                                              Christus wird geboren – gleich vier Mal und      und 2005 mit ihm auch eine erste gemeinsame       Licht in ihren Händen halten werden.              der Christus- und Garnisonkirche. Und damit
                                              coronabedingt unter freiem Himmel. Dafür         Weihnachtsaufführung organisiert. Später ka-          ›Das, was die Menschen bereits am 23.         coronakonform Gottesdienste gefeiert werden
                                              allerdings aufwendig mit Ton- und Lichteffek-    men rauschende Straßenfeste in dem Wohnge-        Dezember in Scharen in die Kirche lockt, ist      können, hat Kuchler für den Kirchenkreis
                                              ten in Szene gesetzt von Ulf Timmermann und      biet dazu, in dem die Familien lebten. Und nun    tatsächlich unsere erste echte Probe‹, erzählt    Friesland-Wilhelmshaven ein Ticketsystem ent-
                                              Marcel Kuchler.                                  sind sie zum elften Mal beim Weihnachtsthe-       Timmermann von dem aufregenden Moment,            wickelt. Auch Besuche im Hause Timmermann
                                                  Seit zehn Jahren sorgen die beiden Männer    ater der Kirche dabei, der Kirche, in der beide   wenn aus Theorie Praxis wird.                     in Wilhelmshaven finden nicht nur an Geburts-
                                              dafür, dass an Weihnachten das besondere Zu-     auch getauft und konfirmiert wurden.                  Vor rund sechs Jahren haben er und Kuch-      tagen statt. ›Wenn ich in der Stadt bin und
                                              sammenspiel von alter Kirche und moderner            Die Weihnachtsgeschichte in Heppens wird      ler den technischen Aufwand noch einmal           etwas Zeit habe, hole ich mir bei Ulf immer
                                              Technik zum Gesamtkunstwerk wird. Angefan-       jedes Jahr von der Theaterpädagogin Silvia        deutlich erhöht – und damit auch die Anzie-       einen Kaffee ab.‹ Vorausgesetzt, Timmermann
                                              gen hatte alles, als Timmermanns Tochter kon-    Zahn-Claus und ihrem Mann, Pastor Rainer          hungskraft der Inszenierungen sprunghaft          ist selbst daheim. In normalen Jahren fliegt er
                                              firmiert wurde. Timmermann, Geschäftsführer      Claus, mit einem aktuellen Thema angereichert.    gesteigert, erinnert sich Kuchler. ›Zwei Jahre    für seinen Job leicht 100 000 Meilen, und dann
                                              eines großen europäischen Elektronikversand-     Keine Aufführung gleicht deshalb der anderen.     später habe ich dann tatsächlich das erste Mal    gibt es ja auch noch den eigenen Hof mit Reit-
                                              handels, stellte damals den Jugendlichen für     2020 nun, in diesem kontaktarmen, dunklen         einen Zettel an der Kirchentür gesehen, auf       stall. Sein ehrenamtliches Engagement musste
                                              die Feierlichkeiten in der Kirche Mikrofone      Jahr, lautet das Thema Leuchtfeuer – verbunden    dem stand: Wegen Überfüllung geschlossen.‹        er zwar mittlerweile deutlich reduzieren, doch
                                              und Lautsprecher zur Verfügung. ›Es ist ein-     mit der Frage: Wo finden Menschen Licht und            Für den Softwareberater Kuchler liegt der    das Weihnachtstheater, das jedes Jahr so viel
                                              fach schade, wenn Kinder sich Mühe geben         Wärme in der Dunkelheit? Gut 20 Jugendliche       Reiz vor allem darin, sich kreativ austoben       Begeisterung beim Publikum auslöst und seine
                                                                                                                                                                                                   Kreativität fordert, will er auf keinen Fall auf-
                            ›Wenn ich in der                                                                                                                                                       geben. Denn er und Kuchler teilen die große
                               Stadt bin und                                                                                                                                                       Leidenschaft für alles, was sie dort tun. ›Ohne
                             etwas Zeit habe,                                                                                                                                                      Leidenschaft wäre es doch öde‹, sind sie sich
                             hole ich mir bei                                                                                                                                                      einig, und auch, dass sie sich hundertprozentig
                            Ulf immer einen                                                                                                                                                        aufeinander verlassen können. ›Wir denken
                                   Kaffee ab.‹                                                                                                                                                     einfach gleich, das macht viel aus‹, so Kuchler.
                                                                                                                                                                                                        Auch als das diesjährige Weihnachtstheater
                                                                                                                                                                                                   auszufallen drohte, waren ihre kreativen Ideen
                                                                                                                                                                          ›Wir überlegen           gefragt. Nun wird es eben eine Open-Air-In-
                                                                                                                                                                          dann, wie wir das        szenierung geben, bei der pro Aufführung gut
                                                                                                                                                                          Stück mit dem            200 Besucherinnen und Besucher dabei sein
                                                                                                                                                                          Equipment, das           können. Sechs Meter hohe Feuersäulen werden
                                                                                                                                                                          uns ein Veran-           den Heppenser Nachthimmel aufleuchten las-
                                                                                                                                                                          staltungstechni-         sen. Und für den großen Projektor, mit dem die
                                                                                                                                                                          ker vor Ort güns-        Videosequenzen auf die Kirchenfassade proji-
                                                                                                                                                                          tig zur Verfügung        ziert werden, hat Timmermann bereits die leer-
foto:Tobias Frick

                                                                                                                                                                          stellt, am besten        stehende Wohnung im gegenüberliegenden Ge-
                                                                                                                                                                          in Szene setzen          bäude organisiert. Geht nicht, gibt’s nicht, lautet
                                                                                                                                                                          können.‹                 schließlich sein Lebensmotto. A N N E TTE MU SC H A LI K
                    14           horizont e                                                                                                                                                                                               horizont e          15
Im Stall zu Bissel - Ev.-Luth. Kirche in Oldenburg
EH R EN A MTLI C H E NGAG I E RT                                                                                                  KI RC H E IM DIALO G

                                                                    ›Ich habe das Glück, dass ich das
                                                                    machen kann, was mich erfüllt –
                                                                                                                                Ahlhorn vor dem Aus?
                                                                    während und nach der Arbeit‹                                           Für den Betrieb des Jugend- und Freizeitheims Blockhaus Ahlhorn waren in den vergange-
                                                                                                                                           nen Jahren immer höhere Zuschüsse notwendig geworden. Deshalb beschloss die Synode
                                                                                                                                           im November, dass das Haus geschlossen werden soll, falls sich kein Kooperationspartner
                                                                                                                                           findet. Die Hintergründe erläutert Oberkirchenrat Detlef Mucks-Büker, im Dezernat III
                                                                                                                                           zuständig unter anderem für Bildung sowie für die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen.

                                                                           übernommen.‹ Das war 2011. Irgendwann
                                                                           begleitete sie dann eine Bekannte zu einem
                                                                           Vorbereitungstreffen des Weltgebetstages.
                                                                           Eigentlich hatte sie keine Lust auf eine weitere
                                                                           Aufgabe – und ließ sich dennoch darauf ein.
                                                                           ›Bis heute bin ich froh darüber, dass ich
                                                                           mitgefahren bin.‹
                                                                                Seit damals fließen jedes Jahr dutzende
                                                                           Stunden in die Vorbereitung des ökumeni-
                                                                           schen Gottesdienstes, der immer am ersten
                                                                           Freitag im März in mehr als 120 Ländern
                                                                           begangen wird. Und das alles neben ihrer
                                                                           30-Stunden-Stelle im Kirchenbüro. ›Ich habe
                                                                           das Glück, dass ich das machen kann, was mich                Herr Oberkirchenrat Mucks-Büker, warum will            Gäste unter der Woche zu bekommen – und das gelingt
                                                                       foto: ARobert Otto-Moog

                                                                           erfüllt – während und nach der Arbeit‹, sagt                 die Kirchenleitung die alleinige Trägerschaft für      nicht. Um das Haus mit seinen 180 Betten halbwegs wirt-
                                                                           sie. Und ganz umsonst arbeiteten die Organisa-               das Blockhaus Ahlhorn abgeben?                         schaftlich zu führen, wären mindestens 35.000 Über-
                                                                           torinnen auch nicht, findet Martinez. ›Wir           Das Problem ist die schwierige wirtschaftliche Situation       nachtungen im Jahr nötig. Davon sind wir weit entfernt.
                                                                           bekommen viel mehr zurück, als wir investie-         des Blockhauses. Die Analysen haben gezeigt, dass es           Nur einmal haben wir die 30.000-er-Marke überschritten.

     Ein Gebet für die Welt
                                                                           ren.‹ Denn jedes Jahr beschäftigen sich die          fast unmöglich ist, dem Blockhaus nur mit kirchlichen                  Also ist das Ende von Ahlhorn besiegelt?
                                                                           Frauen mit einem anderen Land – am 5. März           Mitteln eine wirtschaftliche Perspektive zu geben.             Jedenfalls unter der alleinigen Flagge der oldenburgischen
                                                                           2021 feiern sie den Weltgebetstag der Frauen                 Was heißt das genau?                                   Kirche. Mit dem Synodenbeschluss sind aber Kooperatio-
     SA N D R A M ARTI N EZ 4 3 JA H R E                                   des Inselstaats Vanuatu im Südpazifik. ›Über         Das Blockhaus ist auf Zuschüsse angewiesen, die schon          nen denkbar geworden. Die Übergabe an einen anderen
     Mitorganisatorin des Weltgebetstags                                   den wusste ich bisher gar nichts. So viel Neues      seit einiger Zeit erheblich gestiegen sind. In den vergange-   Träger ist bislang gescheitert. Nach der Synode haben sich
     in Edewecht                                                           zu erfahren, ist eine Bereicherung.‹ Hinzu           nen Jahren betrugen sie rund 500.000 Euro. Pro Jahr            neue Interessenten gemeldet, darunter die Lokal- und
                                                                           komme der Kontakt zu den anderen Kirchen-            wohlgemerkt. Nachdem wir dort sechs Millionen Euro             Landespolitik. Der Bürgermeister von Großenkneten,

               W
                                                                           gemeinden aus Edewecht, denn der Gottes-             investiert hatten, sind zwar die Belegzahlen gestiegen –       Thorsten Schmidtke, will zu einem Runden Tisch einladen.
                           enn Sandra Martinez anderen davon erzählt,      dienst wird zusammen mit Katholiken, Metho-          die Betriebskosten allerdings auch. Aufgrund der kirch-        Daran werden wir natürlich teilnehmen.
                          dass sie für die Kirchengemeinde Edewecht        disten und Baptisten gefeiert. Gleich bei ihrem      lichen Gehaltsstrukturen muss mit weiterwachsenden                     Angenommen, die Kirche gibt das Blockhaus auf:
                           ehrenamtlich den Weltgebetstag mitorganisiert, ersten gemeinsamen Organisationstreffen               Zuschüssen gerechnet werden. Allein für das kommende                   Wäre dies das Ende kirchlicher Jugendarbeit?
                          kommt sie manchmal in Erklärungsnot.             habe sie ein Aha-Erlebnis gehabt, erinnert sie       Jahr sind 870.000 Euro veranschlagt.                           Nein! In den Gemeinden und Kreisjugenddiensten wird
                          ›Vielen Menschen ist das schwer zu vermitteln‹, sich. ›Ich habe gemerkt, dass wir alle gleich              Hinzu kommt ein Investitionsstau von rund 2,3             eine hervorragende Arbeit gemacht. Sicherlich ist eine
                          sagt die 43-Jährige. Arbeiten nach Feierabend    gestrickt sind und Lust haben, etwas zu              Millionen Euro. Außerdem sind wir aufgrund des kirchli-        Umgebung wie an den idyllischen Fischteichen geeignet,
                           ganz ohne Gegenleistung? Aber: ›Für mich ist    machen. Jede hatte tolle Ideen, niemandem war        chen Haushaltsrechts verpflichtet, Rücklagen in Höhe von       prägende, ja, glaubensprägende Erfahrungen zu machen.
                           das keine Arbeit. Das ist Zeit für mich‹, sagt  der Aufwand zu groß.‹                                4,53 Millionen Euro zu bilden. Zusammen sind das also          Aber das ist auch an anderen Orten möglich. Es kommt
                          Martinez.                                             Für die Veranstaltung wird auch Martinez’       fast sieben Millionen Euro, damit das Blockhaus 2025           auf die Begegnung mit Menschen an. Ich erinnere nur an
                               Sandra Martinez hatte sich schon als        Mann eingespannt: Er muss beim Aufbau                mit einem Zuschuss von voraussichtlich 900.000 Euro            das tolle Konfi-Camp 2017 in Wittenberg zum Reforma-
                          Jugendliche in der Kirche engagiert. Doch        helfen. Von ihren beiden Kindern erwartet sie        überhaupt klarkommt. Wenn wir das wollen, müssen               tionsjubiläum.
                          später, mit Job, zwei Kindern und eigenem        jedoch nicht, dass sie sich ehrenamtlich in der      wir diese Summe an anderer Stelle sparen.                              Was passiert jetzt?
                          Haus, wurden ihr die Verpflichtungen zu viel.    Kirche engagieren. ›Meine Tochter ist 16, mein               Aber die Belegzahlen sind doch vor Corona              Zunächst läuft der Betrieb weiter. Wir sind ergebnisoffen

                                                                                                                                                                                                                                                            foto: Blockhaus Ahlhorn
                          Sie hörte auf. ›Erst als meine Tochter zum       Sohn 10. Die haben gerade genug anderes zu                   gestiegen?                                             in die Synode gegangen und müssen nun den Auftrag
                          Kindergottesdienst ging, habe ich gemerkt, wie tun. Allerdings würde ich mich freuen, wenn            Die Zahlen schwanken. Der Anteil kirchlicher Gruppen           der Synode umsetzen. Aber da ist noch viel Dynamik
                          schön das ist‹, erinnert sie sich. ›Es hat nicht Erlebnisse wie diese sie später selbst aktiv         liegt nur noch zwischen 30 und 50 Prozent. Die Wochen-         drin.
                          lange gedauert, und ich habe die Leitung         werden lassen.‹ 		            ROB ERT OTTO- MO O G   enden sind schnell ausgebucht. Die Kunst besteht darin,        Das Gespräch führte Jörg Nielsen.
16          horizont e                                                                                                                                                                                                                    horizont e        17
Im Stall zu Bissel - Ev.-Luth. Kirche in Oldenburg
K I RC H E I M DI ALO G                                                                                                            KI RC H E IM DIALO G

                                                                                                                                                                                                                   ›Nicht das wir Herren wären über
                                                                                                                                                                                                                   euren Glauben, sondern wir sind
                                                                                                                                                      hen – in ihrer eigenen Wahrnehmung und in der                Gehilfen eurer Freude; denn ihr steht
                                                                                                                                                      von anderen. Umgekehrt gibt es Tendenzen, die                im Glauben.‹
                                                                                                                                                      engagierten ›Nicht-Beruflichen‹ als bloße Ob-
                                                                                                                                                      jekte kirchlicher Arbeit zu betrachten, beispiels-
                                                                                                                                                      weise dann, wenn von ›Kirche‹ als von einem
                                                                                                                                                      vermeintlichen Gegenpol zum ›Ehrenamt‹ ge-
                                                                                                                                                      sprochen wird. Dadurch gerät in Vergessenheit,        zifischen Möglichkeiten und Grenzen – und sie
                                                                                                                                                      dass ›Kirche‹ ohne Ehrenamtliche überhaupt            brauchen Freiräume und Begrenzungen glei-
                                                                                                                                                      nicht vorstellbar wäre, denn in biblisch-reforma-     chermaßen. Geeignete Vorschläge für Abspra-
                                                                                                                                                      torischer Logik ist das freiwillige Engagement        chen bieten die Leitlinien zum Ehrenamt, die
                                                                                                                                                      von Christen der kirchliche Normalfall.               unsere Kirche bereits mit ›Hier bin ich richtig!‹
                                                                                                                                                          In unserer sich zunehmend ausdifferenzie-         entwickelt hat.
                                                                                                                                                      renden Gesellschaft wird Kirche zwar kleiner               Kirche benötigt auf allen Leitungsebenen
                                                                                                                                                      werden, trotzdem wird sie sich nicht in enge          die Kompetenzen verschiedenster Berufe. Wer
                                                                                                                                                      Räume zurückziehen. Vielfältig zugewandt zu           sich hier ehrenamtlich engagiert, kann manches
                                                                                                                                                      sein, das war und bleibt ihre Aufgabe. Schon          andere beitragen als bezahlte kirchliche Mitar-
                                                                                                                                                      1934 hieß es in der sechsten These der Theolo-        beitende. Das wird gebraucht und wertgeschätzt.
                                                                                                                                                      gischen Erklärung von Barmen, dass der Auf-           Aber wenn die Finanzfachfrau nicht nur ihr pro-
                                                                                                                                                      trag der Kirche darin besteht, ›die Botschaft von     fessionelles Wissen beisteuern möchte, sondern

                                          Die Kraft
                                                                                                                                                      der freien Gnade Gottes auszurichten an alles         auch Geistliches, sollte dafür Raum sein. Es ist
                                                                                                                                                      Volk‹. Damit verbunden ist jedoch, sich zu kon-       schließlich unverzichtbare Nahrung für den Leib
                                                                                                                                                      zentrieren: Das eine lassen, um das andere zu         Christi.
                                                                                                                                                      stärken. Für diese Profilierung gibt es keine Pa-          ›Nicht das wir Herren wären über eu-

                                             der Vielfalt
                                                                                                                                                      tentrezepte. So kann es an verschiedenen Orten        ren Glauben, sondern wir sind Gehilfen eurer
                                                                                                                                                      Gemeinden oder Gemeindeteile mit unterschied-         Freude; denn ihr steht im Glauben.‹ Dieser Vers
                                                                                                                                                      lichen Schwerpunkten geben. Das bedeutet aber         aus dem zweiten Brief Paulus’ an die Korinther
                                                                                                                                                      nicht, Aufgaben vom Haupt- ins Ehrenamt zu            ermutigt zu einem guten Miteinander der ver-
                                                                                                                                                      verlagern, sondern: Wir alle müssen gemeinsam         schiedenen Ämter in unserer Kirche. e
                                          Eine lebendige Kirche braucht die Kompetenzen aller Mitglieder –                                            lassen lernen und uns darüber verständigen, wo-
                                          auch dann, wenn sie kleiner wird, ist Oberkirchenrätin Gudrun                                               für wir als Kirche an unserem Ort da sind – um
                                          Mawick überzeugt. Deshalb hält sie auch nichts davon, Aufgaben                                              dann zusammen lustvoll durchzustarten. Leit-
                                          vom Haupt- ins Ehrenamt zu verlagern. Im Gegenteil. Jede und jeder                                          fragen auf diesem Weg sind: Welche Aufgaben
                                          ist wichtig. Und zusammen in einem guten Miteinander.                                                       erfüllen andere vielleicht besser als wir? Wovon
                                                                                                                                                      können wir uns trennen, und was wollen wir da-
                                                                                                                                                                                                                                     O b er k i rc h en räti n Gudr u n M aw ick
                                          VO N OB ER K I RC H EN R ÄTI N G U D RU N M AWI C K                                                         für stärken oder sogar neu aufbauen?
                                                                                                                                                                                                                                     56, hat nach ihrer Ausbildung zur Buchhändle-
                                                                                                                                                          Kirche ist Teil eines Gemeinwesens mit zahl-                               rin Ev. Theologie studiert und anschließend als
                                                                                                                                                      reichen Beteiligten. Mit vielen von ihnen arbeiten                             Gemeindepfarrerin im Ruhrgebiet gearbeitet.
                                                                                                                                                                                                                                     Danach war sie Pressesprecherin des Kirchenkrei-

                         D
                                                                                                                                                      Gemeinden und kirchliche Dienste bereits lange
                                                                                                                                                      und intensiv zusammen. Dies könnte in Zukunft                                  ses Unna und engagierte sich beim Evangelischen
                                                                                                                                                                                                                                     Kirchentag. 2011 wurde Mawick Dozentin im
                                                                                                                                                      noch stärker ausgebaut werden, beispielsweise
                                                                                                                                                                                                                                     Fachbereich für Gottesdienst und Kirchenmusik
                         ›                as Amt der Kirche in allen seinen Formen dient          Aufgabe, praktische Antworten auf die Frage zu      mit Blick auf die gemeinsame Nutzung von Ge-                                   des Institutes für Aus-, Fort- und Weiterbildung
                                          dem Bau der Gemeinde als des Leibes Jesu                geben: Wofür sind wir als Kirche da, hier und       bäuden und deren Erhalt, jedoch ohne, dass Kir-                                der Evangelischen Kirche von Westfalen. Seit
                                          Christi‹, heißt es in der Kirchenordnung unse-          heute?                                              che in der Welt aufgeht. Stattdessen muss sie mit                              knapp zwei Jahren leitet Mawick als Oberkirchen-
                                          rer Evangelisch-Lutherischen Kirche in Olden-               Die Präambel unseres oldenburgischen Eh-        wachem Blick für das Naheliegende den beeng-                                   rätin das Dezernat I der oldenburgischen Kirche

                                                                                                                                                                                                                                                                                        foto: Frauke Schumann
                                                                                                                                                                                                                                     und ist damit verantwortlich für den Bereich
                                          burg. Gemeint sind alle: das Ehrenamt ebenso            renamtsgesetzes hält dazu fest: ›Eine lebendige     ten Horizont des Menschenmöglichen offenhal-                                   Gemeindedienst und Pfarrdienst.
foto:Tobias Frick

                                          wie das Neben- und Hauptamt. Keines ist wich-           Kirche lebt aus dem Engagement ihrer Mitglie-       ten, kurz: über das Vorfindliche hinausblicken.
                                          tiger, keines wertvoller als ein anderes. Alle drei     der.‹ Doch zuweilen werden Pfarrerinnen und             Alle Ämter, neben- und hauptamtliche ge-
                                          wirken zusammen – auch an der fortdauernden             Pfarrer als zuständig für alles und jedes angese-   nauso wie die ehrenamtlichen, haben ihre spe-
                    18       horizont e                                                                                                                                                                                                                              horizont e         19
meinung                                                                                                                           meinung
                          Aufbruch in die Zukunft                                                                                                           Kirche muss sich verändern
                          Gut, dass sich endlich was bewegt, findet                                                                                         Tobias Frick engagiert sich als Kirchenältester
                                                                                       Durchstarten, weil Kirche eine Bewegung ist,                                                                                      Mein Grund, mich zu engagieren? Ich möchte
                          Pfarrerin Sonja Brockmann. Denn damit gibt                                                                                        in seiner Gemeinde. Aber nicht, damit alles
                                                                                       die sich ständig erneuert. Die sich liebevoll,                                                                                    Kirche verändern. Nicht wegen des drohenden
                          es nun die Möglichkeit, sich von Dingen zu                                                                                        so bleibt, wie es war. Sondern, damit sie sich
                                                                                       besonnen und mutig immer wieder auf den Weg                                                                                       Mangels, sondern weil ich überzeugt davon bin,
                          verabschieden, die einem nicht mehr guttun.                                                                                       wandelt. Was sich Frick wünscht? Dass die
                                                                                       macht, um Menschen mit Gott in Beziehung                                                                                          dass es für Kirche eine gute Zukunft gibt, weil
                          Und zugleich besteht die Chance auf Erneue-                                                                                       evangelische Vielfalt sichtbar wird. Dann hat
                                                                                       zu bringen und sich hilfreich für die Menschen                                                                                    ich glaube, dass auch Kirche rostet, wenn sie
                          rung. Damit Kirche ein Ort für alle sein kann.                                                                                    Kirche eine gute Zukunft.
                                                                                       in der Gesellschaft zu engagieren. Dazu darf sie                                                                                  rastet, weil das unsere protestantische DNA ist,
                                                                                       Hilfe und Erfahrungen annehmen und muss                                                                                           eben die ecclesia semper reformanda.
                                Zusammen lustvoll durchstarten‹ – da bin ich           auch Fehler machen dürfen.                                                 Wenn ich in die Zukunft blicke, sehe ich dunkle            Für mich heißt das: Ich kämpfe nicht um je-
                                dabei. Vielleicht bekommen unsere Kirchen nun              Dieser Aufbruch wird allen viel abverlan-                              Wolken aufziehen und unser Schiff Kirche in            den Kirchturm und um jedes Projekt. Mir geht es
                                ausreichend Wind unter die Flügel, um mit ei-          gen. Doch vielleicht wird er auch eine Entlastung                          schwerer See. Weniger Mitglieder, weniger Geld,        um die Profilierung der Gemeinden, darum, evan-
                                ner grundlegenden Reform durchzustarten, die           sein: wenn klar wird, dass wir die Freiheit haben,                         weniger Ehrenamtliche, immer weniger junge             gelische Vielfalt sichtbar zu machen. Es geht mir
                                allen hilft: den Mitwirkenden in den Kirchenge-        Dinge zu lassen, die niemandem mehr guttun.                                Menschen, die Pastorinnen und Pastoren werden          um eigene Kirchen für Jugend und junge Familien
                                meinden ebenso wie in den Kirchenleitungen. Vor        Und wenn wir uns tatsächlich auf Wesentliches                              wollen, eine Gesellschaft, die Kirche immer weni-      mit Popkantor, Band und Jugendpfarrer, gerne mit
                                allem aber den Menschen, für die Kirche so auf-        konzentrieren: auf das, was uns miteinander im                             ger zu brauchen scheint. Und mittendrin wir            angeschlossenem YouTube-Kanal. Und darum,
                                wendig organisiert wird, dass sie immer wieder         Glauben, in der Hoffnung und in der Liebe trägt                            Ehrenamtlichen als Mitverwaltende des Mangels.         in unserer oldenburgischen Kirche einen Ort der
                                reformiert werden muss. Und denen, die sich auf        und bewegt.                                                                Wie wird sie sein, die Zukunft der Kirche? Was         Kontemplation und Meditation zu schaffen, wie
                                ihrer Suche nach Sinn, Spiritualität und Gemein-           Doch bevor wir etwas loslassen, müssen wir                             werden meine Aufgaben als Ehrenamtlicher sein?         es ihn schon bei unseren lutherischen Geschwis-
                                schaft von Gott berühren lassen wollen.                wissen, was wir behalten wollen: Was wollen wir                                 Lukas erzählt am Ende des zehnten Kapitels        tern in Hannover gibt. Wir werden künftig schon
                                     Der Anlass für den Aufbruch ist ein handfes-      auf keinen Fall aufgeben? Wofür stehen wir un-                             die Geschichte von Marta und Maria. Jesus war bei      aus finanziellen Gründen viel weniger machen
                                ter. Es gibt Stimmen, die sagen, die Kirche sei alt    bedingt? Es darf nicht passieren, dass kirchliches                         den Schwestern zu Gast und lehrte. Marta machte        können als heute, dafür aber viel gezielter. Das
                                geworden. Es gibt sogar Stimmen, die sagen, die        Handeln sich mancherorts auf elitäre Kernberei-                            sich dabei ›viel zu schaffen, ihm zu dienen‹. Ma-      sind meine Maria-Motive. Ja, die Marta-Aufga-
                                Institution Kirche sei austherapiert. Sie bewege       che konzentriert – und die Seelsorge und diakoni-                          ria aber setzte sich Jesus zu Füßen und hörte ihm      ben müssen gemacht werden, doch sie dürfen uns
                                sich nur noch in ihren eigenen Echokammern –           sches Handeln anderen überlässt.                                           zu. Das störte Marta, und sie beschwerte sich bei      nicht ersticken.
                                kaum verständlich und wenig lustvoll. Erschwe-             Es ist gut, wenn Kirche an sich arbeitet, wenn                         Jesus: ›Herr, fragst du nicht darnach, dass mich           Es stimmt: Die dunklen Wolken sind real.
                                rend kommt hinzu, dass Kirche auf allen Ebenen         viele Menschen an allen Orten mit einbezogen                               meine Schwester lässt allein dienen?‹ Doch dieser      Aber niemand erspart uns diesen Weg, den müs-
                                deutlich weniger Ressourcen hat als bisher.            werden. Kirche ist ein Organismus, der von vie-                            antwortete anders, als Marta es erwartet und ver-      sen wir selbst gehen, im Haupt- und Ehrenamt
                                     Oberkirchenrätin Gudrun Mawick beschreibt,        len belebt wird. All diesen vielen Menschen mit                            mutlich sich auch gewünscht hatte. Denn er sagte:      gemeinsam. Doch es kann gut werden, wenn wir
                                wie ein gemeinsames Wirken von Haupt- und Eh-          ihren individuellen Fähigkeiten, Wünschen und                              ›Marta, Marta, du hast viel Sorge und Mühe.            auf uns und unseren Grund achten.
                                renamtlichen in unserer Kirche gedacht werden          Hoffnungen muss sie Raum geben, damit sie                                  Eins aber ist not. Maria hat das gute Teil erwählt;        Im Lied von Hans-Jürgen Netz singen wir:
                                kann. Ich teile die Ideale unserer Kirche und frage    dort sein wollen. Aktiv oder passiv. Haupt- oder                           das soll nicht von ihr genommen werden.‹               ›Durch das Dunkel hindurch führt ein neuer Weg.
                                mich: Wie könnte ›zusammen lustvoll durch-             ehrenamtlich. Leise oder laut. Bewahrend und                                    Ich erkenne mich so gut in Marta wieder.          Der Weg wird unsere Zukunft sein, steht auf, steht
                                starten‹ ergänzt werden, damit es greifbar wird?       erneuernd.                                                                 Als Kirchenältester mache ich tagaus-tagein Marta-     auf, steht auf! Der Weg wird unsere Zukunft sein,
                                     Zusammen, weil das Wesen von Kirche nicht                                                                                    Arbeit. Und weil es immer weniger Weggefähr-           steht auf!‹
                                aus Mauern und Strukturen, sondern aus Men-                                                                                       tinnen und -gefährten gibt, werden die Aufgaben
                                schen und ihrem Engagement besteht. Es bedeu-                                                                                     immer mehr. Ich spüre, dass ich wie Marta an den
                                tet, den Handelnden Freiräume zu verschaffen,                                                                                     Punkt komme, wo ich nicht mehr kann und nicht
                                Souveränität zu fördern und auf Privilegien zu                                                                                    mehr will.
                                verzichten. Es bedeutet geklärte Zuständigkeiten,                              S o n j a B ro c kma n n                               ›Maria hat das gute Teil erwählt; das soll nicht                           Tob i a s Fr i c k
                                Aufgaben und erreichbare Ziele. Zusammen, das                                  36, studierte Evangelische Theologie in            von ihr genommen werden.‹ Was also könnte eine                                 50, studierte Religionswissenschaft,
                                                                                                               Göttingen. Ihr Vikariat absolvierte sie in                                                                                        Soziologie und Politologie in Marburg.
                                schließt für mich auch unbedingt Kooperationen                                                                                    Maria-Aufgabe sein? Das darf jede und jeder für
                                                                                                               der Stadtgemeinde Oldenburg Ostern-                                                                                               Er wohnt und arbeitet im Ammerland
                                im Bereich Ökumene und Gesellschaft ein.                                       burg; seit März 2019 arbeitet Brock-               sich selbst entdecken. Maria-Aufgaben haben zum                                als freiberuflicher Fotograf, unter
                                     Lustvoll, weil geteilter Glaube Spaß macht, in-                           mann nun als Pfarrerin auf dem Land in             einen etwas mit Verkündigung zu tun, mit dem                                   anderem für die Nordwestzeitung
                                spiriert und stärkt. Weil Zusammenarbeit erlaubt,                              den Kirchengemeinden Altenesch-Lem-                Kern unseres Christseins. Zum anderen mit dem                                  und horizontE, sowie als Lehrer an
                                dass alle einbringen, was sie möchten und kön-                                 werder und Bardewisch. Ihr Anspruch?               persönlichen Grund unseres Daseins in Kirche.                                  einer Berufsbildenden Schule. Seit vier
foto: Hans-Werner Kögel

                                                                                                               ›Kirche in Zukunft zu denken bedeutet                                                                                             Jahren engagiert sich der ehemalige
                                nen. Weil es bereichernd und befreiend zugleich                                                                                   Wer sich wie Marta um alles kümmert, dessen

                                                                                                                                                                                                                                                                                                fotos: Tobias Frick
                                                                                                               für mich, unser Zusammenleben hier                                                                                                Katholik Frick in der evangelischen
                                ist, wenn man sich für die Ideen und Fähigkeiten                               und jetzt zu gestalten. Gemeinsam und              Grund droht zu verkümmern.                                                     Kirche. Der Grund? ›Kirche ist das, was
                                anderer begeistern kann.                                                       aus Liebe zum Leben.‹                                                                                                             wir daraus machen!‹

                20              horizont e                                                                                                                                                                                                                             horizont e          21
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