Jahresgruß 2020 60 Jahre gemeinsam auf dem Weg - Kloster ...
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Jahresgruß 2020 1 »Es tut doch gut, zu erleben, dass durch dein Tun die Welt Vorneweg menschlicher wird!« 2 Grußwort von Generaloberin Sr. Elisabeth Halbmann Luise von Marillac (1591 – 1660) Aus dem Leben der Schwestern 4 »Who we are...« – Unsere Schwestern stellen sich vor 8 Kenya na Tanzania ni tofauti sana 12 Leben in verschiedenen Kulturen Partnerschaften und Projekte 15 Das Engagement der Justus-von-Liebig-Schule in Aalen 18 Eine Welt in Gottes Hand – Engagement des Missionskreises Schömberg 19 Aktuelles aus den Projekten in Tansania und Äthiopien Zeit der Erfahrungen 25 Freiwilligendienst in Zeiten von Corona 27 Dieses Bild begleitet mich… Aus Untermarchtal, Tansania und Äthiopien 29 Armut kennt viele Gesichter 32 Begegnungstag 2020 33 We stay together – Als Gemeinschaft durch die Corona-Pandemie 36 Franziskuspreis 2020 – Mit (Bio)Gas voraus! Impressum: Herausgeberin: Missionsprokura der Nachruf Genossenschaft der Barmherzigen Schwestern vom hl. Vinzenz von Paul in Untermarchtal e.V. 38 Im Gedenken an unsere Mitschwestern Margarita-Linder-Straße 8 89617 Untermarchtal Tel.: (0 73 93) 30-163 Ausblick Fax: (0 73 93) 30- 561 40 Schlusswort von Missionsprokuratorin Sr. Anna-Luisa Kotz www.missionsprokura.org missionsprokura@untermarchtal.de 43 Wer geschrieben hat… Verantwortlich: Sr. Anna-Luisa Kotz (Missionsprokuratorin) Gestaltung: raumzeit3 Stuttgart | Judith Schenten
2 Grußwort 3 Sehr geehrte Freundinnen und Freunde der Mission, Das Geheimnis der Menschwerdung kündet uns von Gottes schöpferischem das vergangene Jahr war geprägt von der für uns alle am Anfang des Jah- Handeln und ermutigt uns zu schöpferischen kreativen Antworten auf die Nöte res noch unvorstellbaren Covid-19 Pandemie. Krankheit, Tod, Stillstand, Angst, unserer Zeit, damit für die ganze Schöpfung, Mensch und Erde, ein Leben in Sorge um Arbeitsplätze und wirtschaftliche Folgen prägen dieses Jahr nicht Frieden, Gerechtigkeit und Liebe möglich ist. nur in Europa. In großen Teilen der Welt sind die Menschen dem Virus schutz- Ich danke Ihnen sehr herzlich für alle Samenkörner der Hoffnung und der Lie- los ausgeliefert und kämpfen ums tägliche Brot und das nackte Überleben. be, die Sie in jeder Ihrer Unterstützung säen, ob materiell, ideell und im Gebet. Wir alle spüren, dass wir nicht so weiterleben können wie bisher. Wir sehnen Danke für Ihr Engagement und Ihr Vertrauen, das Leben fördert, Solidarität er- uns nach Frieden und Licht für alle Menschen, nach Samenkörnern der Hoff- fahrbar macht und Licht, Frieden und Freude schenkt. nung für die ganze Schöpfung und für unser Lebenshaus Erde. In dieser schwierigen Zeit feiern wir an Weihnachten wieder, dass Gott einen Ich wünsche Ihnen ein gesegnetes gnadenreiches Weihnachtsfest! neuen Anfang wagt: Er wird Mensch, ein kleines Kind, ausgeliefert, bedürftig, verwundbar. Es ist die Liebe zu uns Menschen, die ihn dazu bringt, uns in allem Die schöpferische menschgewordene Liebe Gottes sei Ihnen Sinnmitte, gleich zu werden, alles mit uns zu teilen. Er will uns erfahrbar machen, wie sehr Freude, Kraft, Licht und Wegweisung im Neuen Jahr 2021. er uns, seine Geschöpfe, liebt. Das Weihnachtsfest lädt uns ein, dieser Liebe Gottes, dieser Neu-Schöpfung Mit frohen Grüßen aus Untermarchtal! in Christus zu trauen und auf sie zu bauen. Sie lädt uns ein, diese Liebe weiter Sr. Elisabeth Halbmann, Generaloberin zu schenken, aus dieser Liebe zu leben, Jesus Christus zu begegnen, an ihn zu glauben und unseren eigenen Glauben zu bezeugen. Das ermutigt uns, Wege des Friedens zu bahnen, an der Seite der Armen für Gerechtigkeit zu kämpfen und uns für die Bewahrung von Gottes Schöpfung zu engagieren. Diese Mission heißt auch, zuzuhören, wenn andere Menschen von ihrem Glau- ben erzählen und neugierig auf den Glauben anderer zu sein. Mission heißt, dem Wirken des Heiligen Geistes im Dialog zu trauen – wie Maria, die Mutter Jesu.
4 Aus dem Leben der Schwestern Aus dem Leben der Schwestern 5 Vinzentinerin zu sein bedeutet für mich: Die Not der Menschen sehen und helfen. Besonderer Moment / Erlebnis im vergangenen Jahr? Ich habe mich über das 25. Ju- biläum der Vinzentiner gefreut. 25 Jahre leben und arbeiten wir bereits zusammen im Sinne des hl. Vinzenz. Wünsche für die Zukunft? Ich wünsche mir gute Gesundheit an Leib und Seele und für die Gemeinschaft viele gute und erfreuliche Überraschungen. Ich bin Sr. Raphaela Heimpel, 57 Jahre alt und in Friedrichshafen geboren. Mein Eintritt in Un- termarchtal war 1983. In meinem Erstberuf bin ich Krankenschwester, habe 1997 Betriebswirt- schaft studiert und 2020 die Weiterbildung zur systemischen Einzel-, Familien- und Paarthera- peutin abgeschlossen. Aus dem Leben der Schwestern 2015 wurde ich nach Bad Ditzenbach versetzt, wo ich im Schwesternkonvent und in den drei Einrichtungen als Oberin tätig bin. Zum 1. Sep- tember habe ich die Leitung der Vinzenz Klinik, der Vinzenz Therme und der Luise von Marillac Klinik übernommen. »Who we are...« Erste Begegnung / erster Kontakt mit den Vinzentinerinnen? Erste Kontakte mit den Vin- Unsere Schwestern stellen sich vor zentinerinnen hatte ich durch meine Tante, Schwester Reinburga, die in Afrika wirkte. Nach meinem Abitur war ich drei Monate bei ihr in Mbinga. Ihr Vorbild sowie die anste- ckende Freude, Begeisterung und Frömmigkeit der afrikanischen Novizinnen und Pos- Ich heiße Sr. Maria Agnes Mtega und bin 1961 tulantinnen hinterließen tiefe Eindrücke bei mir und riefen meine eigene Berufung wach. in Lupanga geboren. Ich arbeite als Klempnerin Namensbedeutung, warum dieser Name? Raphael bedeutet »Gott heilt« und so durfte und Schweißerin. Ich bin die Älteste von sieben ich mich und meine Lebensgeschichte dieser Zusage anvertrauen. Der Erzengel Ra- Geschwistern und habe sechs Schwestern und phael führt mich immer wieder neu hinaus ins Weite, heilt Verletzungen, stiftet Versöh- einen Bruder. nung und Frieden, schützt und begleitet meine Wege. Im Buch Tobit lesen wir, wie der Erste Begegnung / erster Kontakt mit den Vin- Erzengel Raphael von Gott als Wegbegleiter des jungen Tobias gesandt wird. Er ist da, zentinerinnen? Mein erster Kontakt mit den wenn er gebraucht wird, findet Lösungen in Herausforderungen, gibt sein Wissen über Barmherzigen Schwestern war am 12. Dezem- die Kräfte und Mittel der Heilung weiter und verabschiedet sich, sobald der ihm An- ber 1980 mit einer Missionarin. vertraute wieder ohne ihn zurechtkommt. So verstehe ich meine Berufung und meinen Dienst an den Menschen. Namensbedeutung, warum dieser Name? Mein Name bedeutet die Keusche oder die Reine. Ich habe diesen Namen gewählt, damit Vinzentinerin zu sein bedeutet für mich: Ausgerichtet am Evangelium das Wort des hl. Gott mich immer richtig leitet. Der Name soll mich und die Menschen in meiner Umge- Vinzenz: »Seid gut und man wird euch glauben« in und mit meinen Möglichkeiten im bung an die Reinheit des Herzens erinnern. Alltag mit Leben zu füllen.
6 Aus dem Leben der Schwestern Aus dem Leben der Schwestern 7 Besonderer Moment/Erlebnis im vergangenen Jahr? Besonders eindrücklich und nachhaltig für mich war der Lockdown durch Corona. Die Auswirkungen dieser Pande- mie werden uns sicherlich noch Jahre begleiten. Ein kleiner Virus, der eine ganze Welt beschäftigt, lehrt uns, wie wenig wir unser Leben tatsächlich »kontrollieren« können, wie wichtig ein starkes Gottvertrauen und ein Festhalten an Christus ist. Wünsche für die Zukunft? »Die Zukunft kann man am besten voraussagen, wenn man sie selbst gestaltet« (Aussage eines Zukunftsforschers). So wünsche ich uns und un- serer Gemeinschaft den Heiligen Geist in Fülle. Als Urheber guter Ideen und Lösungen möge er uns die nötige Weitsicht und Weisheit für die anstehenden Herausforderungen schenken. Ich wünsche mir, dass bei aller Verschiedenheit der gemeinsame Blick auf Christus uns immer wieder neu aufbrechen lässt, versöhnt und eint. Ein ganz persönli- cher Wunsch, um es mit dem hl. Vinzenz von Paul zu sagen: »Einer der wesentlichsten, wenn nicht sogar der wichtigste, Teil des Gebetes ist: gute Entschlüsse zu fassen.« Möge uns dies gelingen. Mein Name ist Sr. Sara Ayana und ich bin 1983 in Dembi Dollo (Äthiopien) geboren. Ich bin die Tochter meines Vaters Ayan Gugsa und meiner Mutter Yube Debala. Ich bin seit 2009 ein Mit- glied der Vinzentinerinnen in Nekemte. Erste Begegnung/erster Kontakt mit den Vin- zentinerinnen? Bevor ich der Gemeinschaft der Barmherzigen Schwestern vom hl. Vinzenz von Paul in Nekemte beigetreten bin, hatte ich Kontakt zu der Gemeinschaft der Daughters of Charity, die auch die vinzentinische Spiritualität leben, in meiner Heimatstadt. Namensbedeutung, warum dieser Name? Die Bedeutung meines Namens Sarah ist Prinzessin, Prinzessin des Volkes. Der Grund für die Namenswahl kam aus dem Alten Testament. Sarah war die Frau von Abraham, dem Vater des Glaubens und Mutter von Isaak. Ich möchte das Vertrauen und den Glauben in Gott haben und Mutter für alle sein. Vinzentinerin zu sein bedeutet für mich: Die Armen zu lieben und ihnen zu dienen. Ein Leben in Einfachheit und Demut. Besonderer Moment / Erlebnis im vergangenen Jahr? Bezeichnend im vergangenen Jahr war das Gemeinschaftsleben und dessen Herausforderungen allgemein. Wünsche für die Zukunft? Ich wünsche mir, dass die Gemeinschaft wächst und in ihrer Spiritualität bestärkt wird. Für unser Land wünsche ich mir Liebe, Frieden und Einheit.
8 Aus dem Leben der Schwestern Aus dem Leben der Schwestern 9 das Land informieren, meine persönli- Dagegen stand bei unserer Ankunft in Kenya na Tanzania ni tofauti sana chen Dinge zusammentragen und sich Kibiko nur ein Rohbau, in dem die Ma- Kenia und Tansania sind sehr unterschiedlich langsam in Deutschland verabschieden ler und Schreiner gerade anfingen, es Sr. Lucia Ketterer - damit endete auch schon die Gemein- wohnlicher zu machen. So wohnten samkeit. Während ich in Mbinga in ein wir in einer Wohnung auf dem Gelände Zweimal hatte ich jetzt schon die Chance, anders als in Mbinga/Tansania wohnen »gemachtes Nest« kam, sollte in Kibiko der Diözese Ngong. Außer einem Kühl- nach Ostafrika zu gehen und dort zu ar- im Ngong-Forest (der Wald zwischen ein neuer Konvent in einem neuen Pro- schrank, einem Sofa, mehreren Sesseln, beiten. Und beide Male waren grundver- Karen und Ngong) viele sehr, sehr reiche jekt entstehen. Sr. Zeituni und Sr. Doro- einem Couchtisch und den Betten war schieden. So verschieden wie die Länder Menschen aus Politik und Wirtschaft, die thea aus Tansania, Sr. Magdalena und nichts da, sodass wir »unseren Haushalt« und die Menschen. der Großstadt entflohen sind, wie z.B. der ich aus Deutschland. Eine große Heraus- gleich auspackten. Ein Gasherd, Eimer Präsident Uhuru Kenyatta. Daneben gibt Schon der Blick in GoogleEarth hatte forderung und Chance: ein »internationa- und zusätzliche Kochtöpfe waren schnell es viele sehr arme Menschen, Arbeits- meine Befürchtungen bestätigt. Wäh- ler Konvent«, der in einem neuen Projekt eingekauft. lose und Menschen aus benachteiligten rend Mbinga in Tansania ca. 1.000 km zusammen startet. Später einmal soll der Stämmen, wie z. B. die Massai, die um ihr Während in Tansania die Gemeinschaft von Daressalam oder Dodoma entfernt Konvent in der Dispensary (Krankenstati- Land und ihre Existenz kämpfen müssen. eingespielt, der Alltag und das Gebetsle- und sehr ländlich liegt, befindet sich on), der Schule und dem Heim für Kinder Die Schere zwischen Arm und Reich war ben organisiert sind, waren wir in Kenia Ngong/Kibiko in Kenia praktisch vor der mit mehrfachen Behinderungen arbeiten. für mich in Kenia viel deutlicher zu spüren erst einmal damit beschäftigt, zu überle- Haustüre Nairobis. Ca. 40 km sind es von als in Tansania. Natürlich kann man im Internet viel nach- gen, wie alles gehen könnte. Es war zu- der kenianischen Hauptstadt bis zu der lesen, aber so richtig einschätzen konn- gleich schön und spannend, aber auch Baustelle in Kibiko. Von den Ngong-Hills Schon die Vorbereitungen für unseren ten wir nicht, ob es besser ist, in Kenia herausfordernd, zu überlegen, wann und kann man den Nairobi Nationalpark und Neubeginn in Kenia haben sich völlig alles zu kaufen oder möglichst viel aus in welcher Sprache wir was beten, wie die Hochhäuser der Millionenstadt se- von meinem Start nach Mbinga vor sie- Deutschland mitzubringen. Da es in Tan- wir den Einkauf, das Kochen und Wa- hen. In beiden Städten wird viel gebaut ben Jahren unterschieden. Sprachen sania schwierig war, die Dinge zu bekom- schen organisieren, wie wir unsere un- und sie breiten sich ins Umland aus. Aber lernen (Kisuaheli und Englisch), sich über men, die wir meinten zu brauchen und wir terschiedlichen Bedürfnisse aufeinander hier in unserem klösterlichen Haushalts- abstimmen können und was wir auf der lager und von meiner Familie einen gro- Baustelle im Moment tun können. Deut- ßen Fundus an Haushaltsgegenständen lich unkomplizierter wurde alles, als wir und Werkzeug hatten, fiel die Entschei- ein kleines Auto bekamen und unsere dung auf «Mitnehmen«. Fünf zusätzliche Einkäufe einfacher erledigen konnten Koffer, randvoll mit Geschirr, Besteck, und der Weg zur Baustelle (ca. 12 km) Töpfen, Schüsseln, Schneebesen, Ak- kein Problem mehr war. Unser kleiner kuschrauber, Schraubzwingen, Zangen, RAV4 hat mich an Tansania erinnert: auch Wasserwaage, Eisensäge, Schrauben, nachdem wir ihn dreimal in der Werk- Drucker, Bettwäsche, Handtücher, Ker- statt hatten, ließ sich die Scheibe an der zen, Vinzenz-, Luise- und Marienbildern... Fahrertüre immer noch nicht schließen Eben alles, von dem ich dachte, wir könn- und die Fahrertür konnten wir nur von ten es gebrauchen…und was noch Platz innen öffnen. in unserem Gepäck fand. Was der Fun- Wir hatten einen interessanten Mix aus dus nicht hergab, wurde durch die ersten tansanischen, deutschen, kenianischen Spendengelder ergänzt. und durch Pater Paul (er hat das Projekt In Mbinga ist eben alles, was man zum ins Leben gerufen) auch indischen Ein- Sr.Dorothea und Sr. Zeituni in den Ngong Hills mit Blick auf Kibiko Leben und Arbeiten braucht, vorhanden. flüssen. Dazu kamen die Predigten und
10 Aus dem Leben der Schwestern Aus dem Leben der Schwestern 11 genug Geld hat, bekommt in Ngong oder nem neuen Land, einer neuen Stadt und zumindest im benachbarten Karen fast das Kennenlernen der Menschen vor Ort alles. Das fühlt sich schon anders an als braucht Zeit und Energie und wir waren in Mbinga, wo man für vieles zwei Stun- erst am Anfang, aber ich glaube, es war den nach Songea oder gar 16 Stunden bis ein ganz guter Anfang. nach Dar es Salaam fahren musste. Mitten in der tansanisch-deutschen Da es noch kein Haus für die Kinder gibt »Spätzle-Produktion« fürs Abendessen (von der Schule entstand gerade erst kam dann die Nachricht aus Untermarch- das Fundament) und auch die Dispensa- tal, dass die Corona-Pandemie bzw. die ry (Krankenstation) noch nicht fertig war, Einstellung der Flüge von und nach Kenia waren wir auf der Baustelle noch mit unserem Neuanfang vorerst einen Strich aufräumen, putzen, Arbeiten beaufsich- durch die Rechnung macht und wir alle tigen, Arbeiter aufmuntern und Möbel vier schnellstmöglich nach Hause fliegen besorgen beschäftigt. Die Korruption in sollen. Nach nur acht Wochen war schon Kenia ist allgegenwärtig und auch die wieder Schluss. Sr. Zeituni und Sr. Do- Kenianer*innen wollten immer wieder rothea flogen nach Tansania zurück und von uns hören, wie wir darüber denken. nach neun Wochen saßen Sr. Magdalena Sr. Zeituni und Sr. Dorothea beim Gummistiefelkauf auf dem Markt Sie selbst arrangieren sich damit – not- und ich wieder in Untermarchtal am Tisch. gedrungen - auch wenn sie es nicht gut Jetzt heißt es abwarten, wie sich alles Besuche eines Schweizer Missionars- ander ist nicht von der großen Höflichkeit finden. entwickelt. pensionär, der auf dem gleichen Gelände wie in Mbinga geprägt. Das merkt man Das einander Kennenlernen und Zusam- wohnte. So waren nicht nur unsere zu- auch an der Sprache. In Tansania hört menfinden, das sich Zurechtfinden in ei- Tutaona - Wir werden sehen sammen gekochten Mahlzeiten interna- man z.B. »pole« überall. Die Menschen tional gemischt. drücken damit einander Mitgefühl für al- les Mögliche aus: Dass es heiß ist, dass Die Kenianer*innen sind uns ebenso man arbeiten muss, dass man krank ist, freundlich begegnet, wie ich es von den dass einem ein Missgeschick passiert Tansanier*innen in Erinnerung habe. Man usw. In Kenia wurden wir mit unserem merkt aber deutlich, dass im Hochland »pole« schräg angeschaut. von Nairobi im Gegensatz zu Mbinga vie- le Ausländer*innen wohnen und arbeiten. Überrascht hat mich, dass es direkt ne- Es ist deutlich westlicher geprägt als der ben den Straßenhändlern, den Jua Kali, Süden von Tansania und »Weiße« trifft auch Supermärkte gibt. Wahrscheinlich man überall. Die schöne afrikanische Far- die einzigen Quadratmeter, in denen ich benvielfalt mit den bunten Kitengestoffen, mich schneller als die tansanischen Mit- wie ich sie in Tansania oft gesehen habe, schwestern orientiert hatte. Dort haben habe ich sehr vermisst. Viele bevorzugen sie mir die Führung gerne überlassen. in Kenia inzwischen westliche Kleidung. Trotzdem bin ich lieber mit ihnen auf den Zwar herrscht dort nicht der deutsche, wuseligen Markt in Ngong gegangen, wo hektische Alltag, aber ganz so »gemüt- ich als Trägerin fungierte, während Sr. lich« wie in Tansania empfand ich es Dorothea das Aussuchen der Waren und auch nicht. Auch der Umgang unterein- Sr. Zeituni das Handeln übernahmen. Wer Abschied auf unbestimmte Zeit
12 Aus dem Leben der Schwestern Aus dem Leben der Schwestern 13 Welchen Herausforderungen begegnest unsere Traditionen. In Tansania gehst du Leben in verschiedenen Kulturen du ganz allgemein in Rom? raus, triffst Leute und unterhältst dich mit Ein Interview mit Sr. Theonila ihnen – egal ob auf der Straße oder auf Am Anfang war vor allem die Sprache dem Markt. Das vermisse ich. Am Anfang Über welches Thema wirst du deine ein Problem. Es dauert lange, bis man sie habe ich in den Straßen Roms jeden ge- Masterthesis schreiben? gelernt hat und sich verständigen kann. grüßt, weil ich das so gewohnt war. Die Eine weitere Herausforderung war und Das ist noch nicht ganz klar, ich bin mit Menschen haben mich dann gefragt: ist das Essen für mich. Ich habe einige meinem Professor noch im Gespräch. »Kennen wir uns?« Das tat mir weh und Monate gebraucht, bis ich mich daran Wahrscheinlich wird es um die vinzen- ich habe mich gewundert, warum sie es gewöhnt habe. Am Anfang hatte ich oft tinische Spiritualität im Kontext unserer nicht mögen, dass ich sie anspreche. Heimweh. Die Kultur und die Traditionen Gemeinschaft in Mbinga gehen. Deshalb sind einfach ganz anders. Zum Beispiel Wie ist es, in einem internationalen bin ich auch so interessiert an der Ge- singen und tanzen wir in Tansania im Got- Konvent wie in Rom zu leben oder in ei- schichte. Ich war zum Beispiel vor Kur- tesdienst oft. Hier gar nicht. Langsam habe ner internationalen Ordensgemeinschaft zem in Straßburg, von wo aus die ersten ich verstanden, dass es einfach so ist, dass wie unserer? Schwestern damals nach Schwäbisch das einfach unterschiedliche Bräuche und Gmünd gesandt wurden. In meiner Arbeit Dort in Rom ist das Leben gut, aber man Traditionen sind in Europa und in Tansania. soll es darum gehen, wie sich die Spiritu- muss sich bewusst sein, dass man in ei- alität seitdem entwickelt hat. Welche Chancen siehst du bei einem ner internationalen Gemeinschaft mitlebt. Auslandsstudium? Dieses Wissen ist die Basis. Jeder kommt Wie hat die Corona-Pandemie dein Stu- von einer anderen komplexen Kultur. Das dium und deinen Alltag verändert? Dadurch, dass man die Vielfalt an Kultu- Essen ist anders, die Traditionen, das ist ren erlebt, wird man ein neuer Mensch. Normalerweise bin ich immer an Ostern wirklich kompliziert. Ohne das Wissen, Andere lernen von dir und du lernst von nach Untermarchtal gekommen und in weiß ich nicht, warum du so handelst wie ihnen. In der Universität lerne ich nicht den Semesterferien im Sommer nach du handelst. Dann gibt es Streit. Wenn nur von den Seminaren, sondern auch Hause nach Tansania gegangen. Beides ich aber Schritt für Schritt von und über von den Menschen. Wenn ich zum Bei- Sr. Thenoila Nchimbi ist 33 Jahre alt war in diesem Jahr nicht möglich. Jedes deine Kultur lerne und mehr darüber weiß, spiel jemanden aus China treffe, weiß und studiert nun seit ein paar Jahren in Jahr erneuern wir an Ostern unsere Ge- verstehe ich dich. Deshalb ist reden so ich mittlerweile besser, was den Men- Rom. Nachdem sie aufgrund der Corona- lübde. Das musste ich nun zum ersten wichtig. Es geht nicht darum, die einzel- schen wichtig ist im Leben und wie sie Pandemie im Sommer 2020 nicht in den Mal in Rom tun. nen Kulturen zu ändern, sondern zusam- leben. Wir sind eine sehr internationale Heimaturlaub nach Tansania konnte, ver- menzukommen. Zusammenkommen und Die Universität hatte geschlossen und Gruppe im Studium. Wir lachen nicht über brachte sie knapp drei Monate in Unter- sich austauschen und sich akzeptieren. es war eine ganz neue Erfahrung, online einander oder über die unterschiedlichen marchtal. Wir haben uns mit Sr. Theonila Dann können wir in der internationalen zu studieren. Dass das Internet nicht im- Traditionen. Wir lernen voneinander und getroffen, um mehr über ihr Leben in ver- Gemeinschaft am Ende von jeder Kultur mer funktioniert hat, hat das Lernen er- sind interessiert aneinander. Ich habe schiedenen Kulturen zu erfahren. das Beste nehmen. Das gilt für das Zu- schwert. Und auch sonst war es nicht im- zum Beispiel oft von Ugali (Maisbrei), un- sammenleben in Rom und auch für die Was studierst du und seit wann? mer einfach. Wir konnten in dem Konvent, serem Hauptnahrungsmittel und meiner künftige internationale Gemeinschaft. in dem ich in Rom lebe, nicht gemeinsam Leibspeise, erzählt. Von 2016 bis 2019 habe ich in Rom Theo- beten und nicht gemeinsam nach drau- Du warst ja schon ein paar Mal in logie im Bachelor studiert. Danach, noch Was vermisst du besonders? ßen gehen. Ich habe mich einsam gefühlt Deutschland. Was war dein schönstes im gleichen Jahr, habe ich an der Päpstli- und hatte großes Heimweh. Auch zu hö- Ich vermisse mein Land, mein Zuhause, Erlebnis hier? chen Universität Urbaniana mit dem Mas- ren, wie viele Menschen an Corona ster- meine Eltern. Und vor allem alltägliche ter in Spiritualität begonnen und werde Grundsätzlich den Alltag der Schwestern ben, machte mich traurig und ängstlich. Dinge wie zum Beispiel das Essen und dieses Studium 2021 abschließen. kennenzulernen und besser zu verstehen.
14 Aus dem Leben der Schwestern Aus dem Leben der Schwestern 15 Dieses Mal war besonders toll, dass ich Was können Menschen aus unterschied- die Chance hatte, historische Orte wie lichen Kulturen voneinander lernen? Schwäbisch Gmünd und Straßburg zu se- Nur wenn wir zusammenkommen, können hen. Ich kann den Ursprung der Gemein- wir auch voneinander lernen. Wir können schaft jetzt besser verstehen und dann das nicht alleine in Tansania machen. auch anderen davon erzählen. Aber: Das voneinander Lernen kann mög- Welche Unterschiede gibt es im Gemein- lich sein! schaftsleben der Schwestern in Tansa- Was ist dein Wunsch für die Zukunft? nia und in Deutschland? Nach meinem Abschluss möchte ich zu- Wie ich vorhin schon sagte, sind die Got- rückgehen und je nachdem, wo die Ge- tesdienste ganz anders. Ansonsten nimmt meinschaft mich braucht, helfen und mich die Anzahl der Schwestern in Tansania einsetzen. Ich wünsche mir, dass wir als zu und hier nicht. Deshalb gibt es hier in internationale Gemeinschaft mehr eins Untermarchtal mehr Angestellte für Auf- gaben, die in Tansania die Schwestern werden und unser Ziel, Gottes Auftrag, gemeinsam erfüllen. Partnerschaften und Projekte erledigen. Ein weiterer Unterschied ist, dass es hier mehr Maschinen und Geräte gibt. In Mbinga waschen wir zum Beispiel noch von Hand. Engagement der Justus-von-Liebig-Schule in Aalen Schulseelsorgerin Anita Scheiderer Seit über zwei Jahrzehnten macht die er signierte Weihnachtskarten spende- Aalener Justus-von-Liebig-Schule jedes te, die dann einen guten Erlös beim Ver- Jahr zur Weihnachtszeit eine Spendenak- kaufsbasar einbrachten. tion für die Gehörlosenschule St. Vincent Wie ist so eine langfristige Hilfe und Be- in Ruhuwiko. teiligung in der Beruflichen Schule Aalen In dieser Zeit sind den Schüler*innen in möglich, obwohl die Schülerschaft alle Tansania mehr als 50.000 Euro zugutege- zwei bis drei Jahre komplett wechselt? kommen. In Aalen haben in dieser Zeit Einmal ist es für Jugendliche immer inte- über 1.000 Schüler*innen sowie über 20 ressant, wenn sie konkret helfen können. Lehrer*innen aktiv an den Verkaufsbasa- Und dabei ist die Zusammenarbeit mit ren, an Gewinnaktionen oder Informati- der Missionsprokura und der Schulleite- onsveranstaltungen mitgemacht. rin Sr. Ernesta und davor Sr. Zeituni sehr hilfreich. Auch der Künstlerpfarrer Sieger Köder beteiligte sich 2004 an der Aktion, indem Besonders auch die vielfältigen Besuche Missionsprokuratorin Sr. Anna-Luisa und Sr. Theonila
16 Partnerschaften und Projekte Partnerschaften und Projekte 17 von vielen Schwestern, die authentisch Produkte verkaufen können. Dann stellen von Tansania und den Lebensmöglichkei- die Schüler*innen die Spendenaktion bei ten der Heranwachsenden dort berichte- der Weihnachtsfeier in der Schule vor. ten, begeistern die Schüler*innen immer Einige Wochen später dürfen schließlich wieder. die Beteiligten die Spende offiziell an Vielleicht ist es auch die Einsicht, dass eine Vinzentinerin übergeben. die Kinder in Tansania über das Wenige, Dazu lässt es sich unsere Schulleiterin das sie haben, glücklicher sein können, Petra Hudak nicht nehmen, dass sie bei als wir in Deutschland, wo wir oft un- der kleinen Feier dabei ist und sich für glücklich sind, weil wir irgendetwas nicht den Einsatz bedankt. Zur Besonderheit haben. unserer Spendenübergabe gehört auch, Solche positiven Erfahrungen geben mir dass Landrat Klaus Pavel – der Ostalb- immer wieder die Kraft, weitere Aktionen kreis ist Träger der Beruflichen Schulen zu organisieren. Natürlich ist auch das – jedes Jahr mit dabei ist und das Enga- offene Konzept der Spendenaktion sehr gement der Schüler*innen sowie der hilfreich, um die Schülerschaft zu moti- ganzen Schule würdigt. Die Schülerinnen und Schüler aus Aalen und aus Ruhuwiko spielen gemeinsam Fußball vieren. Verschiedene Untermarchtaler Schwes- diesem Jahr war es Sr. Judith, die den schönes Buch heraus mit dem Titel »33 Es sind immer verschiedene Lehrer*innen tern nahmen in den vergangenen Jah- Schüler*innen auch sehr interessant über Mutmach-Geschichten aus dem Dekanat bereit, mit Schüler*innen das beliebte ren den offiziellen Scheck entgegen ihre Berufung als Ordensfrau berichtete. Ostalb«, in dem auch unsere Spendenak- Weihnachtsgebäck zu backen oder sich und erklärten, weshalb die Gehörlosen- tion beschrieben ist. Durch diese traditionellen Spendenaktio- auf andere Weise einzubringen, sodass schule zum Beispiel den Spielplatz sa- nen kam ein Kontakt zum Gehörlosenseel- Wir hoffen jetzt, dass wir trotz der Ver- unsere Berufsschüler*innen ihre eigenen nieren muss oder Matratzen braucht. In sorger der Diözese Rottenburg-Stuttgart, änderungen durch die Corona-Pandemie Diakon Herbert Baumgarten, zustande, unsere Spendenaktionen in geeigneter der unsere Schule schon mehrfach be- Form weiterführen können. suchte. Und in diesem Jahr brachte das Katholische Dekanat Ostalb ein sehr Der Verkaufsbasar wird mit viel Liebe aufgebaut Sr. Ernesta aus Ruhuwiko zu Besuch in der Justus-von-Liebig-Schule in Aalen
18 Partnerschaften und Projekte Partnerschaften und Projekte 19 und Kompetenz. Trotzdem brauchen auch ler Schwestern durfte natürlich nicht feh- Eine Welt in Gottes Hand wir von unseren Partnern eine konkrete len. Bei einem Besuch in Litembo, einem Engagement des Missionskreises Schömberg - Andrea Ibach Beschreibung, Planung, Kalkulation und Dorf im Süden und Hochland Tansanias, eine Eigenleistung in Form von Land, Ar- besichtigten wir das dortige Kranken- Um einen Beitrag für eine partnerschaft- Die Mittelverwendung wird auf der Web- beit, Material oder finanzieller Mittel. haus. Wir unterstützen deren »Mobile liche Weltkirche zu leisten, hat sich 2009 seite der katholischen Kirchengemeinde Klinik« für das unwegsame Gebiet. Unse- der Missionskreis Schömberg gegründet. Schömberg veröffentlicht. Die von der Kontakte und Vertrauen müssen aufge- re »faire Bohne« wird dort angebaut und Er ist innerhalb der katholischen Kirchen- Kirchengemeinde und den Spendern an- baut werden und wachsen. Über privat wir konnten - von der Kaffeepflanze bis zu gemeinde ein vom Kirchengemeinderat vertrauten Mittel sollen mit maximaler finanzierte (Urlaubs-)Reisen von einzel- den ersten Verarbeitungsschritten - den beauftragtes Gremium. Die Kirchenge- Sicherheit und einem nachhaltigen Effekt nen Mitgliedern des Missionskreises und Weg der Bohne bis fast in unsere Kaffee- meinde stellt jedes Jahr einen Betrag für für die Menschen und Projekte eingesetzt deren Angehörigen informieren wir uns tasse besichtigen. die Missionsarbeit zur Verfügung. Diesen werden. auch persönlich vor Ort über die Projekte Betrag gilt es, zweckbestimmt zu verwen- und dass die Gelder ankommen und wie Leider konnten unsere Reisepläne und Unsere Projekte sind bewusst kleinere den und wir haben uns selbst das Ziel vereinbart eingesetzt werden. Aktionen für 2020 nicht realisiert werden. und lokale Initiativen im Bereich Bildung, gesetzt, diesen mindestens zu verdoppeln. Notgedrungen von den Hilferufen unserer Gesundheit, Soziales, Integration, Selbst- 2017 hat sich eine sechsköpfige Reise- Kontakte haben wir einen Spendenaufruf Unsere Einnahmen setzen sich zusammen versorgungslandwirtschaft, ländliche gruppe selbst ein Bild vor Ort in Tansania gestartet und konnten die Resonanz nicht aus Spenden, dem regelmäßigen Verkauf Entwicklung, Trinkwasserversorgung, gemacht: Anlass war eine Einladung von fassen. Auch die Gesundheitsstationen von »Eine-Welt-Waren« und dem fairem erneuerbare Energien oder Einkommen Pfarrer T. Bilingi zu seinem 40. Priesterju- der Vinzentinerinnen in Mbinga konnten Kaffee »Die faire Bohne« sowie aus di- schaffende Maßnahmen. Projekte, die biläum. Father Bilingi ist ein langjähriger wir damit unterstützen. versen Aktionen, wie Gottesdiensten mit bei großen Organisationen nicht berück- Partner für uns und wir haben mit ihm unserem Missionschor, Konzerten und sichtigt werden, weil die Projektpartner viele Projekte realisiert. Auch ein Besuch unserem Fastenessen. Dort werden auch die umfassenden formalen Anforde- mehrerer »Stationen« der Untermarchta- Wir machen weiter! Projekte vorgestellt und es sind Projekt- rungen nicht erfüllen können. Dagegen verantwortliche vor Ort. Die Unterstüt- setzen wir auf langfristige und persön- zung von Vereinen und Einzelpersonen im liche Kontakte, daraus erwachsendes Rahmen eigener oder von uns initiierter Vertrauen in die handelnden Menschen Aktuelles aus den Projekten in Tansania und Äthiopien Aktionen motiviert uns in unserer Arbeit. sowie deren persönliche Zuverlässigkeit Kerstin Gaißmaier Das Jahr 2020 war sicherlich ein aufregen- Schon seit einiger Zeit hatte das Regional- des und herausforderndes Jahr. Ereignis- haus in Mbinga mit Wasserproblemen zu se wie die Corona-Pandemie wirkten sich kämpfen. Die ursprüngliche Quelle führte auch auf unsere Projekte in Tansania und nur noch unzuverlässig Wasser, um das Äthiopien aus. Nichtsdestotrotz konnten Regionalhaus mit rund 80 Schwestern seit unserem letzten Bericht wieder viele und die dazugehörigen Betriebe und Ein- Vorhaben umgesetzt, Ideen ausgetauscht richtungen zu versorgen. Glücklicher- und diskutiert oder begonnene Projekte weise konnte dem Problem im Frühjahr beendet werden. Dabei sind wir auf ein 2020 durch die Erschließung einer neuen Netzwerk an Partnern*innen im In- und Quelle Abhilfe geschafft werden. Die Zu- Ausland angewiesen – und nicht zuletzt wendungen Schweizer Spender rund um auf Ihre Spende. Im Folgenden möchten die Abtei der Missionsbenediktiner in Uz- wir Ihnen einen Einblick in die Projekte nach waren dabei eine große Hilfe. Der Missionskreis Schömberg, der auch die Vinzentinerinnen in Tansania unterstützt und deren derzeitigen Stand geben.
20 Partnerschaften und Projekte Partnerschaften und Projekte 21 tigt die Schwestern die Frage nach ei- Der Ausbau der Station in Mkenda ist schließung einer Quelle in den Bergen ner neuen Internatsküche. Seit 2019 der sicherlich eines unserer langfristigen entschieden. Die Quelle Mipotopoto soll Ausbildungszweig »Hotelmanagement« Projekte. 2012 kamen die ersten Vinzen- gefasst und eine 23,5 km lange Leitung eingeführt wurde, ist die Schul- und In- tinerinnen nach Mkenda. Genau wie die nach Mkenda verlegt werden. In Mken- ternatsküche für den Unterricht für alle einheimische Bevölkerung lebten sie un- da werden verschiedene kleine Wasser- Klassen mit insgesamt 90 Schülerinnen ter sehr armen Bedingungen, ohne Was- stationen errichtet, um das Wasser den einfach zu klein. Aktuell gibt es eine gro- ser, Strom oder gemauerte Häuser. Mutig Menschen zugänglich zu machen. Was- ße Feuerstelle im Freien, zwei mit Biogas begannen sie, sich mit aller Kraft um die serentnahmestellen wird es in der Schule, betriebene Herdplatten und zwei elektri- Nöte der Dorfbewohner*innen zu küm- in der Krankenstation und im Dorf für die sche bzw. mit Feuer betriebene Herde in mern. So unterrichteten sie zu Beginn in örtliche Bevölkerung sowie im Konvent der Schulküche. Definitiv zu wenig, um einer Strohhütte und richteten eine pro- der Schwestern geben. Dies ist die ein- täglich 90 Schülerinnen zu versorgen und visorische Gesundheitsstation ein. In den zige Möglichkeit, die Schwesternstation Das Schwesternhaus in Ruhuwiko, das zeitgleich Unterricht im Kochen geben zu letzten Jahren bauten die Schwestern und die Menschen in Mkenda mit Wasser momentan renoviert wird können. Sr. Kaja und Sr. Caritas planen dann eine neue, aus Stein gemauerte Vor- zu versorgen. Die Gründe dafür sind: und Grundschule. Als nächster Schritt ist Aktuell beschäftigt uns weiterhin das • Aufgrund der geologischen Herausfor- der Bau eines Internats für die Kinder ge- Thema Renovierungen der Schwestern- derungen konnte kein Unternehmen plant, die zu weit abgelegen wohnen und häuser. Denn nur wenn die Schwestern gefunden werden, das einen Brunnen sonst keine Schule besuchen können. in einem angemessenen Umfeld unterge- bohrt, der ausreichend und sicher Anschließend ist der Bau einer kleinen bracht sind, können sie ihrer Arbeit gut Wasser fördert. Krankenstation und ein Schwesternhaus und in vollem Umfang nachgehen. Dank für die in Mkenda tätigen Schwestern • Das Wasser des nahegelegenen Ru- zahlreicher Spenden konnte in der Zwi- vorgesehen. vumaflusses ist gesundheitsschädlich schenzeit das Schwesternhaus in Mpe- verunreinigt und müsste aufbereitet pai renoviert werden. Auch in Luhanga werden. Ein solches Aufbereitungssys- konnte die Elektrik des Schwesternhau- tem wird von der Regierung verboten. ses sowie das marode Dach erneuert Sie verweigert das Ausstellen einer werden. Hier hatte es Ende 2019 durch Wasserentnahmegenehmigung. Und einen heftigen Kurzschluss die komplette das obwohl die Verantwortlichen wis- Elektrik zerstört. Momentan werden die sen, dass die Menschen das ungefilter- Schwesternhäuser in Makwai und Ruhu- te, gesundheitsschädliche Wasser aus wiko renoviert. der Not heraus dennoch trinken. Die Fertigstellung der Halle für das Mit der Erschließung der Quelle wurde Nach wie vor steigt die Anzahl der Schü- VTC St. Monica wird sehnsüchtig erwartet mittlerweile begonnen. Wir hoffen auf ei- lerinnen am VTC St. Monica in Mbinga Sr. Antide und Kinder der Preschool in Mkenda nen zügigen und reibungslosen Projekt- mit jedem neuen Schuljahr. Sr. Kaja und deshalb ein neues Gebäude, in dem die ablauf. Sr. Caritas war es deshalb umso wich- Internatsküche untergebracht werden All diese Vorhaben in Mkenda können tiger, den Bau einer Halle zügig in die kann. Da der Kochunterricht ein wichtiger aber nicht ohne eine zuverlässige Was- Umsetzung zu bringen. Mit dem Bau die- Bestandteil der beruflichen Ausbildung serversorgung umgesetzt werden. Im Ein weiteres langjähriges Projekt ist der ser Halle, die als Aufenthaltsraum, Spei- ist und auch eine tägliche Notwendigkeit letzten Jahresgruß hatten wir bereits Bau des Krankenhauses Kihaha. Nach- sesaal und für die Abschlussprüfungen im Internatsbetrieb besteht, werden wir über die schwierige Situation der Was- dem der erste Bauabschnitt mit Verwal- genutzt werden soll, konnte im Frühjahr versuchen, gemeinsam Partner für die- serversorgung berichtet. Mittlerweile tung, HIV-Abteilung, Mutter-Kind-Abtei- 2020 begonnen werden. Aktuell beschäf- ses Projekt zu finden. hat sich die Gemeinschaft für die Er- lung, Beratungs- und Untersuchungstrakt
22 Partnerschaften und Projekte Partnerschaften und Projekte 23 abgeschlossen wurde, konnte mit dem gestellten Gebäude als Infektionsstation Für das kommende Jahr 2021 stehen be- Und was passiert in Äthiopien? Die junge zweiten Bauabschnitt begonnen werden. im Falle einer weiteren Ausbreitung der reits viele neue Projekte auf dem Plan. Da- Gemeinschaft in Äthiopien steht beson- Dieser ist gleichzeitig der zentrale Bau- Corona-Pandemie vorgesehen. runter zählt neben den bereits genannten ders aufgrund der politischen Lage im abschnitt und umfasst das OP-Gebäude, Vorhaben auch das Schwesternalten- Land immer wieder vor großen Heraus- die Entbindungsstation, zwei Abteilungen und Pflegeheim in Mbinga. Wie bereits forderungen. Der einberufene Ausnahme- Die Station Goba (Stadtteil von Dar es für Frauen und zwei für Männer sowie berichtet, verändert sich auch in Tansa- Salaam) wird derzeit neu errichtet. Auch nia die Altersstruktur und immer mehr hier wird in den Ausbau der Basisge- Schwestern werden aufgrund von Alter sundheitsversorgung investiert. Auf der oder Krankheit pflegebedürftig. Durch Suche nach einem neuen Grundstück für die Corona-Pandemie konnte an diesem die Schwestern in Dar es Salaam kam der Projekt nicht so schnell weiter geplant Stadtteil Goba ins Gespräch. Die Regie- werden wie ursprünglich gedacht. Nun rung überlies den Schwestern das Grund- haben wir in Herrn Oberholzer (Architekt) stück jedoch nur mit der Bedingung, eine jedoch eine gute Unterstützung für die Krankenstation darauf zu eröffnen. Die konstruktive Planung gefunden. Mit der Zustimmung aus der örtlichen Bevölke- Umsetzung rechnen wir im Frühjahr 2021. Der Krankenhausbau Kihaha geht Stück für Stück voran Sr. Catherine, Leiterin Kindergarten Ambo die Kinderabteilung und das Haus für den Schwesternkonvent. Im Januar 2020 zustand zu Beginn der Corona-Pandemie, konnten sich Sr. Anna-Luisa und Sr. Elisa- in Verbindung mit einem landesweiten beth vor Ort ein Bild vom aktuellen Stand Lockdown, hatte die Projektarbeit er- des Projekts machen. Die Arbeiter kamen schwert. Gut entwickelt hat sich trotz gut voran, sodass sich das OP-Gebäude allem der Kindergarten in Ambo, der seit mittlerweile in den letzten Zügen befindet. 2019 von Sr. Catherine geleitet wird. Nach Parallel werden nun die Vorbereitungen und nach hatte sie den Kindergarten aus- für den Baubeginn der Entbindungs- und gestattet und auf Vordermann gebracht. Kinderstation getroffen. Mit dem Verein Mittlerweile besuchen rund 200 Kinder »Sternstunden e. V.« haben wir für diesen den Kindergarten. Unhaltbar war der Zu- Die Health Center der Schwestern ermöglichen Das Kinderdorf für Aidswaisen und der dazuge- Teilabschnitt einen großartigen Partner eine Basisgesundheitsversorgung hörige Kindergarten in Ilunda stand des Toilettenhäuschens für die Kin- gefunden. Je nach Projektverlauf planen der. Welch ein Glück, dass dank der groß- wir, Ende 2021 mit dem Bau der Män- rung war groß. So begannen Ende 2019 Ein Projekt, das uns für das kommende zügigen Weihnachtsspenden im Januar ner- und Frauenstationen beginnen zu die Bauarbeiten für eine Health Center Jahr sehr am Herzen liegt, ist die Renovie- 2020 endlich mit dem Neubau der Sanitär- können. Ein Projekt, welches sicherlich und ein Schwesternhaus in Goba. Der rung des Kinderdorfes und des zugehöri- anlagen begonnen werden konnte. Trotz zu vielen Diskussionen führte und viele Rohbau ist bereits fertig gestellt, nun wird gen Kindergartens in Ilunda (Mtwango). den erschwerten Bedingungen während Mühen kostete. Jedoch zeigt sich bereits parallel an der Wasserversorgung mit ei- Die Wohnhäuser und der Kindergarten des Lockdowns sind die Bauarbeiten bis- jetzt, wie dringend die Einrichtung benö- nem großen Wasserturm gearbeitet. Die benötigen neue Sanitäranlagen, teils her gut vorangekommen. Wir hoffen, das tigt wird. Neben einigen Nachfragen von SEZ (Stiftung Entwicklungs-Zusammen- neue Dächer und auch der Putz benötigt Projekt noch in diesem Jahr beenden zu Seiten der Einwohner*innen von Mbinga, arbeit Baden-Württemberg) unterstützte einen neuen Anstrich. Wir hoffen, Ihnen können. Den Schwestern in Ambo ist es wann das Krankenhaus denn in Betrieb uns hierbei im Rahmen der Ausschrei- bald über den Fortschritt berichten zu wichtig, auch weiterhin Kinder unterstüt- ginge, hat die Regierung die bereits fertig bung »bwirkt!2020«. können. zen zu können, deren Familien nicht für
24 Partnerschaften und Projekte Zeit der Erfahrungen 25 die Schulgebühren aufkommen können. Darunter zählen auch Kinder, die mit ihren Müttern im Gefängnis leben und nur dank des Kindergartenangebots das Gefängnis verlassen können. Frauenpower beim Genderprojekt von Sr. Martha in Äthiopien Zeit der Erfahrungen Sr. Martha arbeitet seit einiger Zeit erfolg- reich im Bereich Frauenförderung. Mit ih- rem Genderprojekt ist sie an vier Stand- Liebe Spender*innen, orten rund um Nekemte tätig. Das Projekt liebe Freund*innen der Mission, Freiwilligendienst in Zeiten von Corona hat zum Ziel, die gesellschaftliche Stel- das Zitat »Wir sind niemals am Ziel, son- lung der Frau in Äthiopien zu verbessern. dern immer auf dem Weg« von Vinzenz Während des letzten Besuchs von Sr. für den Dienst in Deutschland durchaus Die Motivation für den unermüdlichen von Paul beschreibt die Projektarbeit si- Anna-Luisa und Kerstin Gaissmaier im nachvollziehbar, für die Freiwilligen in Einsatz ist dabei ihre eigene Mutter. Sie cherlich gut. Auch im neuen Jahr ist viel Januar 2020 in Mbinga (Tansania) hatte Tansania ein Schock. Die Betreuung im möchte Frauen wie ihr helfen, selbstän- Kleines wie Großes dabei, das unterstüt- noch niemand geahnt, wie aufregend die Notfall war nicht mehr gewährleistet. diger und unabhängiger zu werden. Im zenswert ist. Wir möchten uns an dieser kommenden Monate werden. Wie üblich, Niemand wusste, wie sich die Pande- Rahmen des Projekts spricht Sr. Martha Stelle im Namen der gesamten Gemein- fand auch während dieses Besuchs ein mie in Tansania entwickeln wird. Zudem mit den Teilnehmer*innen über Themen schaft ganz herzlich bei Ihnen allen für Austauschgespräch mit den vier Freiwil- ging es darum, solidarisch zu handeln. wie geschlechterspezifische Gewalt, Fa- die Verbundenheit und Unterstützung be- ligen vor Ort statt. Voller Vorfreude, neuer Im Ernstfall sollten die tansanischen Ge- milienplanung und traditionelle Praktiken. danken, ohne die wir unsere Arbeit nicht Motivation und vielen Vorhaben sind die sundheitseinrichtungen, die im Normal- Ziel der Kurse ist aber auch, Grundkennt- fortführen könnten. vier in die zweite Hälfte ihres Freiwilligen- betrieb schon am Limit sind, für die eige- nisse wie Lesen und Schreiben sowie dienstes gestartet. nen Bürger*innen da sein können. Und so wirtschaftliche Kenntnisse zu vermitteln. Wir alle freuen uns, wenn Sie auch im kehrten unsere Freiwilligen nach sieben Um das Projekt zu sichern, sind wir mo- kommenden Jahr mit uns in Verbindung Plötzlich und überraschend kam dann Monaten wieder zurück. mentan auf der Suche nach festen Part- bleiben. Sollten Sie sich für ein Projekt im März die Anweisung von »weltwärts«, nern und weiteren Einzelspender*innen, interessieren oder Fragen zu unserer Ar- der Entsendeorganisation für den Frei- Was tun mit diesem begonnen Jahr, in die Sr. Martha unterstützen können. Viel- beit haben, treten Sie gerne mit unserem willigendienst, die Freiwilligen aus ihren dem doch noch so viel geplant war? Doch leicht haben ja Sie Interesse? Team in Untermarchtal in Kontakt. Einsatzländern zurück nach Deutschland wie so häufig eröffneten sich aus dieser zu holen – für uns als Verantwortliche erst ernüchternden Situation ganz neue
26 Zeit der Erfahrungen Zeit der Erfahrungen 27 Möglichkeiten. Im Pflegeheim Maria Hilf Für den neuen Freiwilligenjahrgang gab Dieses Bild begleitet mich ... in Untermarchtal bot sich die Gelegen- es leider keine Möglichkeit, wie gewohnt heit, den begonnenen Freiwilligendienst im August dieses Jahres auszureisen. Zu fortzuführen! Für die vier jungen Frau- unklar und unsicher ist die Situation rund en eine tolle Möglichkeit, sich weiter zu um die Corona-Pandemie. So hieß es engagieren und auch diesen Einsatz mit auch für die neuen Freiwilligen, die Pläne neuen Eindrücken zu beenden. zu überdenken und nach Alternativen zu suchen. In diesem Jahr zahlte sich be- sonders die Partnerschaft zwischen der Gehörlosenschule St. Josef in Schwä- bisch Gmünd und der Gerhörlosenschule St. Vincent in Ruhuwiko aus. Die Freiwilli- ge für die Einsatzstelle in Ruhuwiko kann nun kurzerhand ein FSJ in Schwäbisch Gmünd beginnen und bleibt so auf beson- dere Art und Weise trotzdem mit Tansania verbunden. r So war und ist die Zeit der Corona-Pan- archie unte ren e klare Hir e Es gibt ein innen, in der die ält demie sicherlich nicht immer einfach, S c h ü le r* h ö h e re n den ie der nen und d n. aber sie eröffnete auch neue Wege der Schüler*in den jüngeren stehe Dieses Bild en ts Klassen ü ber mer von Tansania tand auf dem Rückflug Zusammenarbeit im Rahmen des Freiwil- at mich im « für . Eines Tages swegen h ligendienstes. Gerade de rsorge der »Großen Sprichwort: »Wer den Ki hörte ich ein Fü limanjaro sieh wieder die beeindruckt. kehrt wieder nach Tansan t, Abschied nehmen im März 2020 en« glaube ich ga ia zurück.« D die »Klein nz arg und be aran Amira dies gesche te dafür, dass hen wird. Ich bin sehr glücklich üb in Kigonsera er meinen Ei und würde es nsatz machen. Mic sofort wiede h hat es sehr r Einblick in da inspiriert, eine s Hospital zu n bekommen. Tutaonana te na (Auf Wieders na Mungu akubariki. ehen und Got Vanessa t segne Euch ) bele Hapa kazi tu! a, Blai und ich beim Matem Happy, Shangazi Rehem Sista Adelaida, Shangazi n. schälen für das Abendesse er meiner Lieblingsorte. Da ist zstelle St. Loreto war ein Die Küche in meiner Einsat t und hin und wieder gib t es ein fris ch geb acke- s los , es wir d vie l gel ach afft ma n es sogar, immer wa anpacken, sch . Und weil immer alle mit für das nes Mandazi zu verkosten htz eiti g fert ig zu sch äle n geernteten Matembele rec riesige Schüsseln frisch kei ne Hektik: sse n. Abe r nur Mittag- oder Abende nen Segen«). aka (»Eile, Eile bringt kei Haraka haraka haina bar Marthe Walther in der Gehörlosenschule St. Josef in Schwäbisch Gmünd Pauline
28 Zeit der Erfahrungen Aus Untermarchtal, Tansania und Äthiopien 29 Mein täglicher Weg von St. Loreto nach St. Katharina – ein halbes Jahr Unter- schied. Jeden Morgen freute ich mich auf meine Arbeit mit den Kindern und auf dem Heimweg konnte ich mein Erlebtes Revue passieren lassen. Ich finde es sehr beeindruckend, wie sich die Natur währenddessen verändert hat. Von einer trocke- nen Landschaft bis hin zu einem satten Grün. Im Nachhinein merke ich, wie auch ich mich verändert habe durch die Zeit in Tansania und wie sie mich bereichert hat. Miriam Aus Untermarchtal, Tansania und Äthiopien Armut kennt viele Gesichter Dr. Eva-Maria Klinkisch Armut ist das erste der 17 Nachhaltig- Global gesehen sind Armut und das Risi- keitsziele, den sogenannten Sustainable ko, arm zu sein, arm zu werden und arm Development Goals – kurz SDGs – der UN- zu bleiben, sehr ungleich verteilt – auch Agenda 2030, die die Weltgemeinschaft wenn die Sorge vor Armut in den soge- vor fünf Jahren verabschiedet hat. Nicht nannten Wohlstandszentren in Krisenzei- umsonst: Armut gilt als eine der Hauptur- ten wie diesen hörbar zunimmt. Gleich- sachen für Elend, Not, Krankheit, Gewalt wohl zeigt die aktuelle Situation einmal und Konflikte sowie, damit zusammen- mehr, wie sich Perspektiven auf Armut hängend, für die Verhinderung an sozialer und Arm-Sein (und deren Bekämpfung) Teilhabe, Lebenschancen, Selbstverwirk- im Wandel befinden. lichung und Freiheit. Die Bekämpfung Armut ist nicht nur irgendwo weit weg von von Armut ist demnach ein wichtiges (Süd-)Deutschland, nicht nur in Tansania Instrument, um eine menschenwürdige- oder Äthiopien. Hier wie dort sind die re, friedlichere und gerechtere Welt zu Unterschiede gewaltig. Gerade die hef- ermöglichen. tigen Einschnitte im Zuge der Pandemie
30 Aus Untermarchtal, Tansania und Äthiopien Aus Untermarchtal, Tansania und Äthiopien 31 spülen an die Oberfläche, was freilich direkt vor unseren Haustüren oder Pfle- Auch die Folgen wie materielle Armut, lange schon gesellschaftlich angelegt geheimen. Dies betrifft das Handeln von Wohnraum, Nahrung, Gesundheit, gesell- ist. Und: Armut hat bekanntermaßen vie- Staaten ebenso wie von Unternehmen, schaftliche Teilhabe und psychische Fol- le Gesichter. Die Geburtslotterie hat uns Organisationen, Personengruppen oder gen sind ähnlich, wenngleich sie in vie- ohne jeden Zweifel in ein materiell und Einzelnen. Eine Hoffnung für die Bekämp- len anderen Regionen der Welt weitaus sozial überdurchschnittlich wohlhaben- fung von Armut könnte demnach darin schneller existenziell ausfallen, als es in des Land geführt. Gleichwohl verbinden liegen, zu versuchen, genau diese Struk- Deutschland der Fall ist. Daher bedarf die sich die Sorgen und Nöte von armen turprinzipien zu durchbrechen und sich Frage der Armutsbekämpfung stets den Menschen weltweit. Auch die struktu- darin mit allen, die von den unterschied- weltgesellschaftlichen Blick auf das, was rellen Verwebungen zwischen Armen lichen und unterschiedlich gravierenden- unmittelbar im eigenen Lebensumfeld ge- und Reichen scheinen sowohl global als Dimensionen von Armut betroffen sind, zu schieht. Die Lebenssituation in Äthiopien stellt viele auch innerhalb von Deutschland Ähnlich- solidarisieren. Frauen auf dem Land oft vor große Herausfor- Die Projekte der Schwestern in Tansania, keiten aufzuweisen: Wohlstand ist bei- derungen Es reicht nicht aus, pauschal nur in „den“ Äthiopien und die Arbeit der Schwestern spielsweise häufig eine Folge der Macht, armen Süden und „den“ reichen Norden hier in Deutschland tragen gemeinsam fen. Denn eine der folgenreichsten Dy- negative Effekte – also z.B. geringerer zu teilen, denn „hier wie dort“ spielen dazu bei, Armut in ihrer Vielfältigkeit zu namiken von Armut und Ausgrenzung Umweltschutz, prekäre Arbeitsbedingun- ähnliche Mechanismen eine Rolle, wenn lindern. Indem sie beispielsweise Bildung besteht darin, nicht gesehen und nicht gen, Gesundheitsschäden – an andere es um die Ursachen und Folgen von Ar- und Gesundheitsversorgung ermögli- gehört zu werden. Und zwar auch dann, (Menschen und/oder Orte) auslagern und mut in den Gesellschaften geht: Bildung, chen, Aufklärungsarbeit über Gesund- wenn man „offiziell“ befragt oder aufge- ausblenden zu können: in andere Weltre- Einkommen, sozio-ökonomischer Status. heitsrisiken (und damit ein gravierendes sucht wird, aber das Gesagte oder Gese- gionen ebenso wie in den Billiglohnsektor Armutsrisiko) leisten, ganz besonders hene negiert, ignoriert oder umgedeutet aber auch dadurch, dass sie Räume für wird. Das Vinzentinische Charisma setzt Begegnung und Gesehenwerden schaf- hier einen deutlichen Konterpunkt. An einer der Gesundheitsstationen der Schwestern Bildung als ein Weg, den Teufelskreis der Armut zu durchbrechen
32 Aus Untermarchtal, Tansania und Äthiopien Aus Untermarchtal, Tansania und Äthiopien 33 Begegnungstag 2020 We stay together Wie gerne hätten wir mit Ihnen einen Tag Mitschwestern und Partner*innen vor Ort. Als Gemeinschaft durch die Corona-Pandemie - K. Gaißmaier und L. Stokmaier des Dankes gefeiert! Am Missionsbegeg- Hier, von Deutschland aus können wir die Sicherlich haben Sie sich in den vergan- vorschnell in Sicherheit wägen, sondern nungstag 2020. Aber wie so viele Veran- Entwicklung leider nach wie vor nur müh- genen Monaten immer wieder gefragt, gemeinsam mit den tansanischen und staltungen in diesem Jahr musste auch sam abschätzen. wie sich die Corona-Pandemie auf unse- äthiopischen Schwestern durch diese dieser Tag abgesagt werden. Schade! Unsere Verbundenheit gegenüber unse- re Arbeit auswirkt. Wie es den Schwes- außergewöhnliche Zeit gehen, ganz nach Wir hätten gemeinsam Rückblick ge- ren Spender*innen und Partner*innen tern in den Einrichtungen in Tansania und dem Motto: »We stay together – Als Ge- halten und mit Ihnen nach vorne ge- wollten wir trotz allem sichtbar machen. Äthiopien denn wohl geht. Eine klare Ant- meinschaft durch die Corona-Pandemie«. schaut. Geplant war, dass in diesem Jahr Gemeinsam mit zahlreichen Helfer*innen wort darauf ist nur schwer zu verfassen Dabei stellt sich die Frage: Was bedeuten Schwestern aus Tansania und Äthiopien haben wir an unterschiedlichen Orten All- und doch möchten wir versuchen, Ihnen Solidarität und partnerschaftliche Zu- mit uns diese Begegnung gefeiert und tagsmasken aus tansanischem Stoff ge- einen kleinen Einblick zu geben. sammenarbeit in diesen Tagen? an unserem Netzwerk weiter geknüpft näht. Mit Herz und viel Liebe. Allen Betei- Zu Beginn der Corona-Pandemie waren PARTNERSCHAFTLICHE ZUSAMMENAR- hätten. Doch dazu kam es leider nicht. ligten, ob sie Stoff zugeschnitten, genäht die Bildungseinrichtungen in Tansa- BEIT IN ZEITEN VON CORONA Jede und jeder hat in den letzten Mona- oder beim Versand geholfen haben, dan- nia, auch die ordenseigenen Schulen, ten erlebt, dass wir vor ganz neuen He- ken wir für die großartige Unterstützung! Wie kann eine gute partnerschaftliche wochenlang geschlossen. In Äthiopien rausforderungen stehen und gleichzeitig Zusammenarbeit in diesen Tagen gelin- Wir hoffen, am Begegnungstag 2021, am wurde Anfang April 2020 der Ausnah- bestehende Problematiken deutlicher zu- gen? Wie, wenn wir hier in Deutschland dritten Sonntag im September, wieder mezustand ausgerufen. Die Schwestern tage treten. Wir haben neue Formen der im April nicht begreifen konnten, dass persönlich mit Ihnen in Austausch kom- mussten daraufhin fast alle ihre Tätig- Solidarität und des Zusammenhaltens er- in Tansania Gottesdienste und Beerdi- men zu können. keiten in der Bildungs-, Frauen- und So- lebt, gleichzeitig wurden aber auch gro- gungen im großen Stil gefeiert wurden zialarbeit einstellen. Nun, einige Monate ße Verwerfungen sichtbar. Das zeigt sich und auch jetzt gefeiert werden? Wenn später, kehrt in Äthiopien leider immer auch in der Zusammenarbeit mit unseren wir merken, dass unsere Ansichten und noch kein Alltag ein. In Tansania hinge- die unserer afrikanischen Schwestern zu gen scheinen die Corona-Infektionen Maßnahmen und Vorkehrungen gegen längst nicht so hoch zu sein, wie anfangs das Virus teilweise so unterschiedlich von Experten und auch von uns befürch- sind? tet. Allerdings wird auch seit Anfang Juni offiziell nicht mehr getestet. Am 8. Juni Die Erfahrung lehrt uns: Es gelingt nur erklärte Präsident Magufuli das Land für dann, wenn wir versuchen, die gegen- frei von COVID-19. Nach seinen Angaben seitigen Kulturen und Lebensumstände sei dies Gott zu verdanken. Seither wer- zu verstehen. Wenn wir über unsere Kul- den keine weiteren Infektionen, Tote und turen in Austausch kommen, uns Wissen Genesene mehr gemeldet. Jedoch gibt es aneignen, Erfahrungen sammeln und da- verschiedene Studien, die von deutlich durch Verständnis füreinander aufbau- höheren Infektionsraten ausgehen als die en. Dann verstehen wir plötzlich, warum öffentliche Berichterstattung. Insgesamt unsere Ansichten im ersten Moment so ist uns klar, wie wenig wir von der Situati- unterschiedlich sind. Ist doch zum Bei- on vor Ort wirklich wissen und wie wenig spiel unser Verständnis von Abstand, wir sie eigentlich einschätzen können. von Individualität, ein ganz anderes als Und genau deshalb wollen wir uns nicht in Tansania. Dort geht es weniger um Versandaktion der Alltagsmasken
Sie können auch lesen