Immobilien Schweiz - 3Q 2021 - Knapper Boden, unbegrenzte Geldmenge - investrends.ch

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Immobilien Schweiz - 3Q 2021 - Knapper Boden, unbegrenzte Geldmenge - investrends.ch
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Wordcloud: Anzahl Wohnungen (Miete und Eigentum) in allen Baugesuchen des Jahres 2020 im Verhältnis zum Wohnungsbe-
stand der Gemeinde. Je grösser der Gemeindename, desto mehr Baugesuche wurden eingereicht.
Quelle: Docu-Media, BFS, Raiffeisen Economic Research

Immobilien Schweiz – 3Q 2021
Knapper Boden,
unbegrenzte Geldmenge
Impressum
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             Herausgeber: Raiffeisen Schweiz Genossenschaft

             Raiffeisen Economic Research
             Martin Neff
             Chefökonom
             The Circle 66
             8058 Zürich-Flughafen

             Autoren

             Michel Fleury
             Francis Schwartz
             Domagoj Arapovic

             economic-research@raiffeisen.ch

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            Immobilien Schweiz | 3. Q 2021
Inhaltsverzeichnis
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               Editorial
               Knapper Boden, unbegrenzte Geldmenge                                  4
               Marktüberblick                                                        6

               Marktumfeld
               Wirtschaftliche Rahmenbedingungen                                     7
               Hypothekarmarkt                                                       8
               Immobilienanlagen                                                     9

               Marktsegmente
               Miete                                                                10
               Eigentum                                                             13
               Retail                                                               17

               Fokus
               Bauland                                                              19

               Anhang
               Gemeindetypen und Regionen                                           25
               Verwendete Abkürzungen                                               26

                                                   Immobilien Schweiz | 3. Q 2021
Editorial
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            Liebe Leserinnen und Leser

            Die Coronakrise neigt sich dem Ende zu – zumindest in unseren Köpfen. Nach einem langen, einsamen
            Winter ist das gesellschaftliche Leben plötzlich wieder zurück. Essen in Restaurants, Auslandferien oder
            Konzerte sind wieder möglich. Ja selbst Grossanlässe wie die Fussball-EM oder die Olympischen Spiele
            finden statt. Hoffen wir, dass dieses Sommermärchen nicht ganz so abrupt endet wie letztes Jahr. Denn
            die Gesundheitsexperten warnen trotz des offensichtlichen Erfolgs der globalen Impfkampagne weiter
            vor einem zu entspannten Umgang mit der Pandemie. Mit der Entschärfung der epidemiologischen
            Lage erwacht auch die Weltwirtschaft wieder aus ihrem Dornröschenschlaf. Dass dies nicht ganz so
            reibungslos vonstattengeht, zeigen die grossen Lieferengpässe bei diversen Rohstoffen. Mit den Preis-
            explosionen einiger Güter in den Warenkörben der privaten Haushalte, vor allem in den USA, taucht
            nun plötzlich ein fast schon totgeglaubtes Gespenst wieder auf. Inflation ist wieder in aller Munde.
            Auch wenn es sich unserer Einschätzung nach nur um vorübergehende Preisspitzen handelt, nehmen
            wir die Diskussion zum Anlass, uns mit den Zusammenhängen zwischen der Teuerung und dem Immo-
            bilienmarkt auseinanderzusetzten. Denn gerade in diesem Markt ranken sich hartnäckige Mythen um
            Inflation und deren Folgen.

            Inflationsresistenter Mietwohnungsmarkt
            Der Mietwohnungsmarkt setzt seine sanfte Landung, von den Coronawirren gänzlich unbeirrt, fort.
            Wenn nicht einmal die grösste wirtschaftliche und gesellschaftliche Krise der jüngeren Geschichte ihn
            aus der Bahn werfen kann, was dann? Könnte eine steigende Teuerung ihn in Schieflage bringen? Wohl
            kaum! Selbst wenn die Inflation tatsächlich aufkommen würde und einen nachhaltigen Zinsanstieg zur
            Folge hätte, würde das herrschende Referenzzinssatzregime einen abrupten Mietpreisanstieg verhin-
            dern. Im aktuellen, von hohen Leerständen geprägten Marktumfeld dürfte sich die Weitergabe höherer
            Finanzierungskosten oder steigender Baupreise an die Mieter als unmöglich erweisen. Selbst wenn die
            Konsumentenpreise auch hierzulande kräftig anziehen sollten, ist daher weiter mit sinkenden Ange-
            botsmieten zu rechnen. Steigende Zinsen bei sinkenden Mieten könnten aber zu Neubewertungen von
            Wohnrenditeliegenschaften führen. Entgegen der gängigen Meinung, dass Immobilien gegen Inflation
            absichern, würden in diesem Fall die Preise des Realwerts Renditeliegenschaft bei aufkommender Infla-
            tion sinken. Dank hohen Bewertungsreserven und des langjährigen Anlagehorizontes der meisten pro-
            fessionellen Immobilieninvestoren, dürfte unser Mietwohnungsmarkt selbst ein solches Szenario relativ
            gut überstehen.

            Eigenheim als Inflationsschutz?
            Die Preisanstiege beim Wohneigentum haben sich in der Coronakrise nochmals beschleunigt. Die
            Gründe sind altbekannt: Tiefe Zinsen, preisliche Attraktivität von Wohneigentum im Vergleich zum
            Wohnen zur Miete und ein äusserst knappes Angebot. Für eine Blase fehlt aber nach wie vor das spe-
            kulative Element. Die Nachfrage wird primär durch Selbstnutzer getrieben. Zusätzlich zu den finanziellen
            Ersparnissen halten viele Eigenheimbesitzer ihr Immobil in der Überzeugung, damit gegen Inflation ab-
            gesichert zu sein. Wie die Preisentwicklung der letzten 50 Jahre aber zeigt, steigen die Eigenheimpreise
            nicht automatisch mit den Teuerungsraten. Kurz- bis mittelfristig können andere Faktoren den Inflati-
            onseffekt überlagern. Nur in der sehr langen Perspektive schützt das Eigenheim tatsächlich vor Inflation.

                                                    Immobilien Schweiz | 3. Q 2021 | S. 4
Editorial
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            Beschleunigter Strukturwandel im Detailhandel
            Der stationäre Detailhandel hat schwierige Monate hinter sich. Geschlossene Läden und verändertes
            Kundenverhalten haben sich unterschiedlich auf die Umsätze der Marktsegmente dieser Branche aus-
            gewirkt. Während Nahrungsmittel und Elektronikprodukte von der Pandemie profitieren konnten, sind
            die Umsätze der Kleider- und Schuhhändler regelrecht eingebrochen. Geschlossene Läden und ver-
            mehrt zuhause verbrachte Zeit haben gleichzeitig zu einer Vergrösserung der Marktanteile der Online-
            händler geführt. So wurden 2020 das erste Mal mehr als 10% der Umsätze im Detailhandel im Netz
            generiert. Der Strukturwandel hat sich besonders im bereits unter Druck stehenden Non-Food-Bereich
            deutlich beschleunigt. Für Verkaufsflächen ist daher, besonders ausserhalb der besten Lagen, im Nach-
            gang der Krise mit sich weiter verstärkenden Vermarktungsschwierigkeiten zu rechnen. Wenn die staat-
            lichen Unterstützungsmassnahmen versiegen, dürften stationäre Detailhändler wieder vermehrt in
            Schwierigkeiten geraten. Dass nach den Erfahrungen der letzten Monate Non-Food-Detailhändler,
            Gastronomen oder persönliche Dienstleister sich um allenfalls leer werdende Flächen reissen werden,
            ist eher zweifelhaft.

            Die Bodenpreise treiben die Immobilienpreise
            In unserem Fokuskapitel haben wir uns mit dem wenig durchleuchteten Markt für Bauland ausei-
            nandergesetzt. Unbebautes Bauland, besonders für Wohnnutzungen, ist in der Schweiz knapp.
            Und dies gerade dort, wo es eigentlich am dringendsten benötigt wird. Strenge regulatorische
            Vorgaben zum Umgang mit der begrenzten Ressource Land, halten das Angebot tief. Gleichzeitig
            ist im herrschenden Tiefzinsumfeld die Nachfrage nach geeignetem Bauland für Einfamilienhäuser,
            Eigentumswohnungen und Wohnrenditeliegenschaften sehr stark. Eine grosse Nachfrage, welche
            auf ein begrenztes Angebot trifft, führt selbstredend zu deutlichen Preissteigerungen. Die Aus-
            nahme bilden Baulandparzellen in touristischen Gemeinden. Grosse Landreserven und starke Ein-
            schränkungen des potenziellen Käuferkreises durch das Zweitwohnungsgesetz haben dort zu Preis-
            rückgängen geführt. Während die Bodenpreise in den meisten Regionen deutlich gestiegen sind,
            haben sich die Baupreise hingegen nur sehr leicht erhöht. Damit einhergehend verschieben sich
            die Landwert- und Gebäudewertanteile der Schweizer Liegenschaften. Etwas plakativ kann man
            schlussfolgern, dass nicht die Häuser in der Schweiz immer teurer werden, sondern nur das Land,
            auf dem sie stehen.

            Wir wünschen eine anregende Lektüre!

            Ihr Raiffeisen Economic Research Team

                                                    Immobilien Schweiz | 3. Q 2021 | S. 5
Marktumfeld
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 Nachfrage

                 Bevölkerung: Die Zuwanderung stützt die Nachfrage nach Wohnraum weiter. Von Anfang Juni
                 2020 bis Ende Mai 2021 betrug der Wanderungssaldo der ausländischen Wohnbevölkerung
                 60'759. Der Wert liegt damit rund 10% höher als in der Periode von Juni 2019 bis Mai 2020.

                 BIP: Die Einkaufsmobilität hat bereits wieder ihr normales Niveau erreicht und auch Freizeiteinrich-
                 tungen werden grösstenteils wieder genauso gut besucht wie vor der Krise. Die Schweizer Wirt-
                 schaft dürfte bis Ende Jahr wieder ihr Vorkrisenniveau erreichen.

                 Einkommen: Dank Kurzarbeit, die nach wie vor von vielen Unternehmen in Anspruch genom-
                 men werden muss, konnten die meisten Arbeitgeber Entlassungen vermeiden. Die Arbeitslo-
                 senquote sinkt seit Anfang 2021 bereits wieder und liegt aktuell bei 3%.

                 Finanzierungsumfeld: Aufgrund der starken wirtschaftlichen Erholung in den USA rechnet der
                 Markt etwas früher mit einer Erhöhung der US-Zinsen. SNB und EZB sehen darin aber keinen Anlass,
                 etwas an ihrer Geldpolitik zu ändern. Die Hypothekarzinsen in der Schweiz bleiben folglich tief.

                 Anlagen: Aufgrund der anhaltend tiefen Zinsen bleiben Investitionen in Immobilien im Ver-
                 gleich zu festverzinslichen Anlagen attraktiv. So haben auch die Agios der kotierten Immobili-
                 enfonds neue Rekordstände erreicht.

 Angebot

                 Bautätigkeit: Die Anzahl der Baugesuche für neue Wohnungen ist weiter rückläufig. Im Eigen-
                 heimmarkt hält die Produktion damit auch künftig nicht mit der Nachfrage mit. Entsprechend
                 wird sich die Knappheit weiter akzentuieren.

                 Leerstände: Auch im Mietwohnungsbau ist die Zahl der geplanten Wohnungen seit längerem
                 rückläufig. Deshalb und weil sich die Zuwanderung weiter robust zeigt, dürfte sich der Anstieg
                 der Leerwohnungsziffer weiter verlangsamen.

 Preisausblick

                 Eigentum: Weiterhin spricht nichts für ein Ende der Rekordjagd am Eigenheimmarkt. Ein äusserst
                 knappes Angebot trifft auf eine rege Nachfrage. Wer kann, der kauft, weil Eigentum aufgrund der
                 tiefen Zinsen nach wie vor günstiger ist als das Wohnen zur Miete.

                 Mieten: Der seit längerem anhaltende Sinkflug der Neumieten hat sich in unverändertem
                 Tempo fortgesetzt. Durch die anhaltend hohen Leerstände bleiben die Angebotsmieten auch
                 künftig unter Druck.

                                                     Immobilien Schweiz | 3. Q 2021 | S. 6
Marktumfeld
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 Wirtschaftliche Rahmenbedingungen
 Die Pandemie ist auf dem Rückzug und die Schweizer Wirtschaft operiert fast wieder auf Normalniveau.
 Die Aufhellung am Arbeitsmarkt gibt der Wohnungsnachfrage neue Impulse, auch wenn die stark gestie-
 genen Materialpreise Neubauten leicht verteuern.

                                                                            Die Schweizer Wirtschaft ist nach dem Lockdown zu Be-
                 Konjunktur                                                 ginn des Jahres schrittweise wieder annähernd zur Nor-
 Schweizer BIP, in Mrd. CHF                                                 malität zurückgekehrt. So hat die Einkaufsmobilität zur
                                                        Prognose            Jahresmitte hin wieder ein normales Niveau erreicht und
 190
                                                                            auch Freizeiteinrichtungen, darunter auch Restaurants,
 185
                                                                            wurden grösstenteils wieder genauso frequentiert wie vor
 180                                                                        der Krise. Die Unternehmensstimmung der Dienstleister
                                                                            hat sich deshalb deutlich erholt, ebenso das Konsumen-
 175
                                                                            tenvertrauen. Der Weg zurück zum Vorkrisenniveau ist für
 170                                                                        das BIP damit nicht mehr weit. Auch die Lage am Arbeits-
                                                                            markt normalisiert sich zunehmend. Kurzarbeit ist zwar
 165
        1q19        3q19     1q20      3q20      1q21      3q21             noch verbreitet, wird aber weniger häufig genutzt. Die
                                                                            Unternehmen zeigen wieder mehr Investitionsbereitschaft
                             Quelle: SECO, Raiffeisen Economic Research
                                                                            und planen die Beschäftigung weiter auszubauen.

                 Arbeitsmarkt                                               Das gilt auch für die Industrie, die trotz der hohen Roh-
                                                                            stoffpreise weiter auf Wachstumskurs ist. Das Rohstoffan-
Schweizer Arbeitslosenraten in %, saisonbereinigt                           gebot wurde letztes Jahr während der Pandemie weltweit
 4.0                                                                20      stark zurückgefahren und kann momentan noch nicht mit
                                                                            der gestiegenen Nachfrage Schritt halten. Entsprechend
 3.5                                                                15
                                                                            ist auch im zweiten Halbjahr mit Lieferengpässen zu rech-
 3.0                                                                10
                                                                            nen. Die Unternehmen überwälzen die höheren Beschaf-
                                                                            fungskosten jedoch nur zögerlich an die Endverbraucher,
 2.5                                                                5       auch weil sie die Preisspitzen als vorübergehend erachten.
                                                                            In der Schweiz fällt der Anstieg der Konsumentenpreise
 2.0                                                                0       daher wohl weiter begrenzt aus, nicht zuletzt, weil am Ar-
       07        09     11     13     15       17     19       21
                   Arbeitslose              plus Kurzarbeit,r.S.            beitsmarkt keine Lohn-Preis-Spirale droht.

                             Quelle: SECO, Raiffeisen Economic Research     In einigen Branchen dauert es Monate, bis Preisanpassun-
                                                                            gen gegenüber den Kunden durchgesetzt werden kön-
                 Schweizer Preise                                           nen. Das gilt z.B. auch für die Baubranche, in der üblicher-
                                                                            weise Festpreisverträge zur Anwendung kommen. Der
 Gegenüber Vorjahr                                                          Rohbau bei Einfamilienhäusern ist aufgrund der höheren
   8%                                                                       Materialpreise aktuell um mehrere Tausend Franken teu-
   6%                                                                       rer als sonst. Auch beim Innenausbau kommt es zu Mehr-
   4%
                                                                            kosten. Doch selbst wenn diese in den kommenden Mo-
   2%
   0%
                                                                            naten vermehrt auf die Bauherren überwälzt werden, ist
  -2%                                                                       der Effekt auf die Gesamtnachfrage im Wohnmarkt ge-
  -4%                                                                       ring. Der Kostenaufschlag macht bei den jetzigen Materi-
  -6%                                                                       alkosten schlimmstenfalls 1% des Hauspreises aus. Der
            12     13 14 15 16         17     18 19 20 21
                 Produzentenpreise              Konsumentenpreise           jährliche Neubau beträgt zudem weniger als 1% des ge-
                 Baumaterialpreise                                          samten Wohngebäudebestandes.
                              Quelle: BFS, Raiffeisen Economic Research

                                                                          Immobilien Schweiz | 3. Q 2021 | S. 7
Marktumfeld
_______

 Hypothekarmarkt
 Die Wiederbelebung der Weltwirtschaft führt zu Lieferengpässen und steigenden Preisen. Der mittelfris-
 tige Inflationsausblick bleibt aber verhalten, weshalb die Notenbanken die expansive Geldpolitik fortset-
 zen. Die Zinsen verharren damit auf tiefem Niveau und die Hypothekarkonditionen bleiben günstig.

            Inflation
                                                                            In den USA ist die Inflation überraschend stark angestie-
 Konsumentenpreise, Wachstum in % ggü. Vorjahr                              gen, was die Federal Reserve unter Druck gesetzt hat. Eine
   6%                                                                       baldige Verringerung ihrer monatlichen Anleihenkäufe
   5%                                                                       zeichnet sich ab. Eine Mehrheit der US-Notenbanker er-
   4%
                                                                            wartet zudem neu bereits für 2023 leicht höhere Leitzin-
   3%
   2%                                                                       sen. Eine 180-Grad-Wende in der Geldpolitik und eine
   1%                                                                       schnelle Zinsnormalisierung ist damit trotzdem nicht an-
   0%                                                                       gezeigt, denn der deutliche Inflationsanstieg ist wahr-
  -1%
                                                                            scheinlich weitgehend vorübergehender Natur. Ein Gross-
  -2%
        2018            2019         2020              2021                 teil des Preisschubs ist auf wenige Kategorien zurückzu-
                 USA             Schweiz             Eurozone               führen, die stark von der Wiederbelebung der Wirtschaft
                                                                            profitieren. Auch die globalen Lieferengässe tragen zu den
                        Quelle: Refinitiv, Raiffeisen Economic Research
                                                                            Preisspitzen bei. Sobald sich Angebot und Nachfrage ein-
                                                                            pendeln, dürfte der Preisdruck wieder nachlassen. Nur
            Hypothekarzinsen
                                                                            wenn die Löhne stark steigen, ist auch nächstes Jahr mit
 Zinssätze für Neugeschäfte, in %                                           hohen Inflationsraten zu rechnen, was angesichts der
 5.0                                                                        Lage am Arbeitsmarkt aber wenig wahrscheinlich ist. Die
 4.0                                                                        US-Beschäftigung liegt derzeit noch um mehrere Millionen
 3.0                                                                        unter dem Vorkrisenniveau.
 2.0
 1.0                                                                        Auch in anderen Ländern übersteigt die stürmische Erho-
 0.0                                                                        lung der Nachfrage das Angebot. Die Preisentwicklung ist
 -1.0                                                                       in diesen Ländern jedoch weitaus stabiler als in den USA,
    01/08    01/10 01/12       01/14   01/16    01/18 01/20
             5-J.-Fest                          10-J.-Fest                  weshalb sich die Notenbanken entspannt zeigen. Weder
             Libor/SARON                        10-J.-Eidgenossen           die EZB noch die SNB sehen irgendeinen Bedarf ihre Geld-
             SNB-Leitzins
                                                                            politik anzupassen, womit für die Schweizer Kapital-
                            Quelle: SNB, Raiffeisen Economic Research       marktzinsen auch weiterhin lediglich beschränktes Auf-
                                                                            wärtspotential besteht.
            Hypothekarvolumen
                                                                            Die Finanzierungskonditionen für Wohneigentum bleiben
 Wachstum in % ggü. Vorjahr                                                 damit über alle Laufzeiten hinweg sehr attraktiv. Die Zin-
  6%                                                                        sen für langfristige Festhypotheken liegen weiterhin nahe
  5%
                                                                            an den Rekordtiefs und nahe an den Konditionen für SA-
                                                                            RON-Hypotheken. Das Hypothekenwachstum hat sich
  4%
                                                                            währenddessen nochmals etwas beschleunigt, was die
  3%
                                                                            ungebrochen hohe Nachfrage nach Wohneigentum un-
  2%
                                                                            terstreicht.
  1%
  0%
        10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21

                            Quelle: SNB, Raiffeisen Economic Research

                                                                          Immobilien Schweiz | 3. Q 2021 | S. 8
Marktsegmente
_______

 Immobilienanlagen
 Immobilienfonds haben sich deutlich besser von Corona erholt als Immobilienaktien. Die Agios der Fonds
 haben mittlerweile neue Rekordhochs erreicht. Nicht etwa Sorgen um Inflation oder Spekulation treiben
 Investoren in den Realwert Immobilie. Sondern der Markt rechnet weiter mit tiefen Zinsen und sieht die
 hohen Preise darum als fundamental gerechtfertigt an.

          Total Return Index kotierter Immobilien-                          Die Kurse indirekter Schweizer Immobilienanlagen zeigen weiter
          fonds und Immobilienaktien                                        nach oben. Während Immobilienfonds längst neue Rekord-
Indexiert, 2008 = 100                                                       stände erklommen haben, liegen die Kurse von Immobilienak-
 350                                                                        tien noch deutlich unter Vorkrisenniveau. Dafür gibt es drei
 300                                                                        Gründe. Erstens liegt der Investitionsfokus bei Aktien eher auf
                                                                            kommerziellen Liegenschaften. Der beschleunigte Trend zu
 250
                                                                            Home-Office und Home Shopping sorgt hier für trübe Aussich-
 200
                                                                            ten. Zweitens weisen Immo-AGs mit im Schnitt 50% eine fast
 150                                                                        doppelt so hohe Fremdkapitalquote auf als Fonds. Ihr Risikopro-
 100                                                                        fil ist damit auch abgesehen von ihrem Fokus auf kommerzielle
  50                                                                        Nutzungen und Entwicklungsprojekte deutlich aggressiver. Drit-
       08 09 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21                            tens erlebten Immobilienaktien vor Ausbruch der Coronapande-
           Immobilienaktien      Immobilienfonds                            mie einen exorbitanten, fundamental nicht zu erklärenden Kurs-
                             Quelle: SIX, Raiffeisen Economic Research      anstieg. Von März 2019 bis März 2020 legten die Kurse um
                                                                            satte 45% zu. Die Pandemie hat nun wieder für etwas mehr Re-
          Agios kotierter Immobilienanlagen                                 alismus gesorgt.

                                                                            Agios von Fonds und Aktien haben sich angeglichen
  60%
                                                                            Derzeit wird im Unterschied zur Vorkrisensituation sogar ein
  40%                                                                       leicht höheres Agio für Fonds als für Aktien bezahlt. Setzt man
                                                                            die Gewinne der beiden Anlageformen ins Verhältnis zum inves-
  20%                                                                       tierten Kapital (investiertes Fremdkapital + Marktwert des Eigen-
                                                                            kapitals ), so zeigt sich, dass Ende 2019 Fonds mit 2.54% fast so
   0%
                                                                            hoch rentierten wie Aktien (2.78%), obwohl letztere auf deut-
             Immobilienfonds              Immobilienaktien
             Agio 31.12.2019            Agio 30.06.2021                     lich riskanteren Immobilien und weniger defensiven Geschäfts-
                                                                            modellen basieren. Bis Ende Juni 2021 hat sich diese Gesamtka-
                            Quelle: SFP, Raiffeisen Economic Research
                                                                            pitalrendite bei den Fonds auf 2.02% reduziert, während sie sich
                                                                            bei den Aktien auf 3.62% erhöht hat. Nun bilden die Bewertun-
          Inflation und direkte Immobilienanlagen                           gen die unterschiedlichen Risikoprofile der beiden indirekten Im-
Inflationsraten p.a in %., Total-Return-Index                               mobilienanlageformen relativ zueinander wieder besser ab.
Immobilienanlagen, Indexstand SXI Real Estate Broad                         Markt rechnet weiter mit expansiver Geldpolitik
3’000                                                              10       Ob die absolute Bewertung indirekter Immobilienanlagen zu
2’500                                                              8        hoch ist, ist eine andere Frage. Die jüngst aufgekommenen In-
2’000                                                              6
                                                                            flationsängste und Sorgen über eine restriktive Geldpolitik als
1’500                                                              4
1’000                                                              2        Reaktion darauf teilen die Investoren offensichtlich nicht. Die In-
  500                                                              0        flationserwartungen haben sich zwar leicht erhöht. Die Märkte
    0                                                              -2       rechnen aber dennoch weiter mit tiefen Zinsen. Angesichts
        08 09 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21
          kotierte Immobilienanlagen Schweiz                                mangelnder alternativer Anlagemöglichkeiten in diesem Markt-
          Inflationserwartung USA (5-Jahre, Forward Rate) (r.S.)            umfeld sind die Preise für indirekte Immobilienanlagen nicht
          Inflation USA (r.S.)
          Inflation Schweiz (r.S.)                                          durch Spekulation getrieben, sondern Folge von Entscheidun-
          Quelle: SIX, FED St. Louis, BFS, Raiffeisen Economic Research     gen rational mit dem Status quo kalkulierender Investoren.

                                                                          Immobilien Schweiz | 3. Q 2021 | S. 9
Marktsegmente
_______

 Miete
 Covid-19 hat den Kurs in Richtung sanfter Landung, den der Schweizer Mietwohnungsmarkt seit längerem
 eingeschlagen hat, nicht gestoppt. Wird nun die anziehende Inflation, die manche Auguren aufgrund der
 raschen wirtschaftlichen Erholung auch in der Schweiz aufkommen sehen, den Mietwohnungsmarkt aus
 seiner Bahn werfen und Investoren in Renditeliegenschaften Wertverluste bescheren?

 Der Schweizer Mietwohnungsmarkt zeigt sich weiterhin völ-                     Wie in den Abschnitten zu den wirtschaftlichen Rahmenbe-
 lig unbeeindruckt von der Coronapandemie. Die Entwick-                        dingungen (S. 7) sowie den Zinsen (S. 8) ausgeführt, ist seit
 lungen am Markt bleiben durch den anhaltenden tiefzinsin-                     dem starken Anstieg der Konsumentenpreise in den USA
 duzierten Anlagenotstand und die dadurch schon im letzten                     das mittlerweile praktisch vergessene Wort «Inflation» wie-
 Jahrzehnt ausgelöste überbordende Bautätigkeit geprägt.                       der in aller Munde. Obwohl wir in den jüngsten Inflations-
 Die in der letzten Dekade aufgebauten Leerstände dominie-                     zahlen vorwiegend temporäre Effekte einer aus dem Tief-
 ren das Geschehen am Markt weiter, sodass selbst eine                         schlaf wieder in Schwung kommenden Weltwirtschaft se-
 weltweite Mega-Pandemie praktisch spurlos am Mietwoh-                         hen und die Inflation in der Schweiz bislang nur leicht und
 nungsmarkt vorbei zu gehen scheint. Die mittlerweile hohe                     aufgrund von Basiseffekten angezogen hat, wollen wir
 Anzahl leerer Wohnungen liess im 2. Quartal 2021 die Neu-                     nachfolgend durchspielen, welche Auswirkungen eine an-
 mieten abermals leicht sinken. Zuletzt liegen diese bereits                   haltende Periode mit höherer Inflation auf den Schweizer
 knapp 10% tiefer als zum Höhepunkt vor genau 6 Jahren.                        Mietwohnungsmarkt hätte. Und insbesondere ob eine hö-
 Angesichts erhöhter Leerstandrisiken und sinkender Neu-                       here Inflation den Mietwohnungsmarkt doch noch aus sei-
 mieten treten Projektenwickler bei der Planung neuer Miet-                    ner scheinbar fest fixierten Bahn werfen könnte.
 wohnungen weiterhin aufs Bremspedal. Mittlerweile hat
                                                                               Mieten als Inflationsbestandteil
 sich die Zahl der Mietwohnungen, für welche ein Neubau-
                                                                               Da die Mieten mit rund einem Fünftel den mit Abstand gröss-
 gesuch eingereicht wurde, verglichen mit dem Peak der Pro-
                                                                               ten Teil des Landesindex für Konsumentenpreise (LIK) ausma-
 jektionstätigkeit Mitte 2017, praktisch halbiert. Auch in stür-
                                                                               chen, besteht dadurch natürlich ein direkter Zusammenhang
 mischen Pandemie-Zeiten hält der Mietwohnungsmarkt
                                                                               zwischen der Mietpreisentwicklung und der Inflation. 20%
 also weiter strikt seinen eingeschlagenen Kurs. Die von uns
                                                                               der gemessenen Inflation werden allein durch die Entwick-
 bereits seit 2015 prognostizierte sanfte Landung des Mark-
                                                                               lung der Bestandsmieten determiniert. Zwar ist Inflation seit
 tes ist ungeachtet aller wirtschaftlichen Verwerfungen der
                                                                               Ausbruch der Finanzkrise 2008 kein Thema mehr - Miet-
 letzten eineinhalb Jahre weiterhin im Gange.
                                                                               preisinflation hingegen schon. Um 15% sind die Bestandes-
 Gefahr Inflation?                                                             mieten in dieser Zeit angestiegen (vgl. «Immobilien Schweiz
 Wenn der Schweizer Mietwohnungsmarkt selbst gegen Co-                         1Q20» zur Frage warum die Bestandsmieten trotz sinkender
 vid-19 immun ist, was könnte dann die im Gang befindliche                     Neumieten steigen). Ohne Mietpreiskomponente wären die
 sanfte Landung doch noch zu einem unkontrollierten Ab-                        Konsumentenpreise in den letzten 13 Jahren um rund 4% ge-
 sturz oder gar einer Bruchladung werden lassen?                               sunken, Konsumpreisdeflation bei Mietpreisinflation also (vgl.
                                                                               Chart nächste Seite).

           Mietwohnungsmarkt im Überblick                                               Baugesuche

Angebots- und Bestandsmieten, indexiert 2000 = 100                           Anzahl Mietwohnungen in Baugesuchen, indexiert, Vier-
 180                                                            7%           quartalssummen, 1q07 = 100
 160                                                            6%             200
 140                                                            5%
 120                                                            4%             175
 100                                                            3%             150
  80                                                            2%
  60                                                            1%             125
  40                                                            0%
                                                                               100
       83 86 89 92 95 98 01 04 07 10 13 16 19
        Angebotsmieten                    Bestandesmieten                       75
        Referenzzinssatz (r.S.)           Leerwohnungsziffer (r.S.)               1q07 1q09 1q11 1q13 1q15 1q17 1q19 1q21
               Quelle: Wüest Partner, BFS, Raiffeisen Economic Research                           Quelle: Docu-Media, Raiffeisen Economic Research

                                                                          Immobilien Schweiz | 3. Q 2021 | S. 10
Marktsegmente
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 Dies veranschaulicht, dass sich die Mieten nicht zwin-               Denn als Neumieter bezahlen diese aufgrund der sinkenden
 gend parallel zur übrigen Preisentwicklung bewegen                   Neumieten ohnehin bereits (zu) hohe marktnahe Mieten.
 müssen. Zwar gibt es durchaus ökonomische Zusammen-                  Auf dem gegenwärtigen Mietermarkt, der von hohen Leer-
 hänge zwischen «der» Inflation und den Mietpreisen.                  ständen und Preiswettbewerb geprägt ist, werden sie
 Diese sind jedoch nicht so stark und können kurz und                 schnell fündig. Via Referenzzinssatz ist kurz- und mittelfristig
 mittelfristig von anderen Faktoren überlagert werden,                in der jetzigen Konstellation kaum ein Einfluss eines etwai-
 wie die nachfolgende Ausführung zeigen wird.                         gen Inflationsanstiegs auf die Mieten zu erwarten. Der in-
                                                                      tendierte Inflationsausgleichsmechanismus dieses Systems
 Höhere Inflation = höhere Zinsen = höhere Mieten?
                                                                      spielt bei anziehender Inflation nicht, wenn bei sinkender In-
 Nominalzins = Realzins + erwartete Inflation. So der ein-
                                                                      flation und sinkenden Zinsen kaum Mietzinsanpassungen
 fache ökonomische Zusammenhang. Das für den Immo-
                                                                      erfolgen und zudem, wie derzeit der Fall, gegenläufige und
 bilienmarkt so wichtige Zinsniveau wird demnach we-
                                                                      stärkere Marktkräfte, die tiefere Mieten fordern, wirken.
 sentlich durch die Inflation mitbestimmt. Im Mietwoh-
 nungsmarkt ist der Zusammenhang wie folgt: Steigen die               Lohn-Mietpreis-Spirale?
 Preise, dann steigen die Zinsen, steigen die Zinsen, so              Steigen die Preise, fordern Arbeitnehmer mehr Lohn. In
 steigt der Hypothekarische Referenzzinssatz. Und an die-             der Folge steigen die Einkommen. Die gestiegenen Ein-
 sen sind die Mieten direkt gekoppelt – zumindest theore-             kommen erhöhen die Nachfrage und können die Preise
 tisch. In der Praxis funktioniert diese Anbindung jedoch,            noch weiter ansteigen lassen - die gefürchtete Lohn-
 wenn überhaupt, nur äusserst langsam. Da der Referenz-               Preis-Spirale tritt in Kraft. Diese Argumentation gilt theo-
 zinssatz im Prinzip nichts anderes ist als der Durch-                retisch auch für die Mieten. Historisch ist es denn auch
 schnittssatz aller in der Schweiz ausstehenden Hypothe-              tatsächlich so, dass Lohnänderungen und Mietpreisände-
 ken und ein wesentlicher Teil dieser Hypotheken Festhy-              rungen stark miteinander korrelierten (vgl. Chart auf der
 potheken mit längeren Laufzeiten sind, geht es lange, bis            nächsten Seite). Wenn im jetzigen Marktumfeld aber tat-
 ein neues Zinsniveau auf den Referenzzinssatz durch-                 sächlich stärkere Inflation aufkommt, werden es nicht die
 schlägt. Die Anpassungsprozesse dauern - wie so vieles               Mieten sein, die diese treiben. Erstens werden die hohen
 im Immobilienmarkt - Jahre. Hinzu kommt, dass der Trans-             Leerstände weiterhin zu sinkenden Angebotsmieten füh-
 missionsmechanismus vom Referenzzinssatz auf die Mieten              ren und daher keine zusätzlichen Inflationsimpulse geben
 ohnehin nur sehr unvollständig spielt, weil es keinen Auto-          und zweitens kommen wie zuvor beschrieben auch vom
 matismus bei der Anpassung der Mieten an den Referenz-               Bestand keine Mietzinsanpassung im grossen Stil via Re-
 zinssatz gibt. Längst nicht alle Vermieter überwälzen stei-          ferenzzinssatzkanal. Allfällig höhere Preise müssten durch
 gende oder sinkende Zinsen auf die Mieter. Umgekehrt for-            andere Konsumgüter kommen. Vom Haushaltsbudget
 dern nur vergleichsweise wenige Mieter Zinssenkungen ein             wird dann entsprechend mehr für diese Produkte ver-
 (vgl. «Immobilien Schweiz 1Q20»). Steigen nun die Preise             wendet. Das alles nimmt im aktuellen Umfeld den Druck,
 und damit die Nominalzinsen sowie folglich mittelfristig der         dass die Neumieten in die Spirale treiben oder in sie hin-
 Referenzzins, können die meisten Vermieter rechtlich höchs-          eingezogen werden.
 tens bei den vor kurzem abgeschlossenen Mietverhältnissen
                                                                               Konsumpreisinflation und Mietpreisinfla-
 die Mieten erhöhen. Bei früher abgeschlossenen Mietver-
                                                                               tion
 hältnissen steht ein höherer Referenzzinssatz im Mietvertrag
                                                                      Landesindex der Konsumentenpreise, indexiert 1983 = 100
 und weil die Mieten in Zeiten sinkender Referenzzinssätze            225
 häufig nicht gesenkt wurden, besteht nun auch kein Spiel-            200
 raum für Erhöhungen bis zu einem Zinsniveau, an dem der
                                                                      175
 zum Vertragsabschluss gültige Referenzzinssatz überschrit-
                                                                      150
 ten ist. Aber auch bei erst kürzlich abgeschlossenen Mietver-
                                                                      125
 trägen mit tiefen Indexständen des Referenzzinssatzes im
                                                                      100
 Vertrag ist der Spielraum für Mietzinserhöhungen meisten-
                                                                       75
 orts sehr beschränkt. Obwohl rechtlich erlaubt, werden sich             1983 1989 1994 1999 2004 2009 2014 2020
 Vermieter eine Mieterhöhung im aktuellen Marktumfeld                                LIK ohne Wohnungsmiete
 zweimal überlegen. Denn bei einer Erhöhung werden sich                              LIK Mietpreisindex
                                                                                     LIK
 viele dieser Mieter nach einer günstigeren Bleibe umsehen.                                      Quelle: BFS, Raiffeisen Economic Research

                                                                 Immobilien Schweiz | 3. Q 2021 | S. 11
Marktsegmente
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 Teurere Wohnungsproduktion                                                     Bewertungsreserven
 Preise anderer Güter sind Inputfaktoren bei der Woh-                           Die Diskontsätze der Immobilienbewertung institutioneller
 nungsproduktion. Verteuern sich Baumaterialien und                             Anleger sind in der Vergangenheit nicht ganz so stark ge-
 Löhne, so wird auch der Bau neuer Mietwohnungen teurer                         fallen wie die Zinsen und der Zins ist die Hauptdetermi-
 und die Mieten steigen. Der Zusammenhang ist normaler-                         nante des Diskontierungssatzes. Dies ist ein Indiz dafür,
 weise eng. Am aktuellen Rand sind bei den Preisen für Bau-                     dass in der Bewertung der Renditeliegenschaften in den
 materialen tatsächlich starke Preisanstiege bei verschiede-                    Büchern institutioneller Anleger Bewertungsreserven vor-
 nen Rohstoffen und Zwischenfabrikaten zu beobachten.                           handen sind. Die eher konservative Bewertungspraxis der
 Wir rechnen aber damit, dass es sich dabei um ein vorüber-                     jüngeren Vergangenheit, bei der nicht jeder Zinsausschlag
 gehendes Phänomen handelt, konkret bis sich die Liefer-                        sofort und vollständig eingepreist wurde, wird den Druck
 ketten im Zuge der Coronaerholung wieder eingependelt                          auf grössere Abwertungen somit im Zaum halten. Aus
 haben. Der Lohnkanal ist dagegen träger. Die Lohnrunden                        zwei Gründen: Erstens fangen die Bewertungsreserven in
 im Bau stehen erst noch an. Lohnerhöhungen sind in der                         den Portfolios etwaigen Aufwertungsdruck auf. Zweitens
 Branche, die nun wieder Fahrt aufnimmt, möglich, eigent-                       muss der gängigen Bewertungspraxis folgend auch nicht
 liche Lohnsprünge jedoch nicht zu erwarten. Bau- und                           jeder kurzfristige Zinsausschlag nach oben 1:1 mitgemacht
 Lohnkosten machen ohnehin nur einen Teil der Kosten von                        werden.
 Wohnraum aus. Auch via diesen klassischen Inflationska-
                                                                                Portfolio und Timing
 nal droht derzeit kein grösserer Aufwärtsdruck auf die Mie-
                                                                                Etablierten institutionellen Immobilieninvestoren mit grös-
 ten. Mittelfristig sind die Mieten derzeit sozusagen immun
                                                                                seren Portfolios würden aber auch Neubewertungen nicht
 gegen Inflation. Erst in der langen Frist könnten die beschrie-
                                                                                an die Substanz gehen. Denn sie haben in den letzten Jah-
 benen ökonomischen Zusammenhänge wieder greifen.
                                                                                ren Bewertungsgewinne auf ihren Positionen in ihren Bü-
 Vermögenssicht                                                                 chern realisiert. Entsprechend werden sie auch grössere
 Für Investoren in Renditeliegenschaften stellt ein Inflations-                 Abwertungen verkraften können. Zumal grosse Investoren
 szenario mit gleichzeitig sinkenden Mieten eine Herausfor-                     wie Pensionskassen vorwiegend Eigenkapital investieren.
 derung dar. Steigende Nominalzinsen würden zu einer Er-                        Stärker betroffen sind Investoren, die jüngst in den Markt
 höhung der Diskontierungssätze bei der Immobilienbe-                           gekommen sind und bei den aktuell hohen Preisen fremd-
 wertung führen, was teils schmerzliche Wertkorrekturen                         finanziert Renditeliegenschaften gekauft haben. Die heuti-
 zur Folge haben wird. Weniger betroffen davon sind kom-                        gen Preise mit rekordtiefen Kapitalisierungsätzen werden
 merzielle Objekte, die häufig mit Indexmietverträgen lau-                      in Erwartung anhaltend tiefer Zinsen und tiefer Inflation
 fen, was heisst, dass deren Mieten direkt an die Inflation                     bezahlt. Die Rechnung dieser Investoren, wird bei einem –
 gekoppelt sind. Eine höhere Inflation würde entsprechend                       markanten und notabene von uns nicht erwarteten – In-
 vor allem bei Wohnbauten zu Neubewertungen unter dem                           flationsanstieg nicht aufgehen. Bei diesen privaten Inves-
 jetzigen Preisniveau führen. Der vermeintlich inflationssi-                    toren und meist kleineren Firmen ist aber keine Marktwert-
 chere Realwert Renditeliegenschaft würde im aktuellen                          bewertung nötig. Probleme werden die daher erst bekom-
 Marktumfeld im Preis fallen – und nicht etwa steigen, wie                      men, wenn sie mit den laufenden Mietzinsen ihre Hypo-
 der Volksmund meint.                                                           theken nicht mehr bezahlen können.

             Preise, Löhne, Baupreise und Mieten                                         Renditen in %

Veränderungsraten, yoy                                                           5
  20%                                                                            4                                                      -1.46%
  15%
                                                                                 3
  10%
                                                                                 2
   5%
                                                                                 1
   0%                                                                                                                                     -2.1%
                                                                                 0
  -5%
                                                                                -1
 -10%
                                                                                     09 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20
        71     77    83   89         95      01      07    13      19
             Nominallohn                          Preisindex                                 Nettorendite Wohnrenditeliegenschaften
             Angebotsmieten                       Baupreise                                  Rendite 10-jährige Bundesobligation
                Quelle: BFS, Wüest Partner, Raiffeisen Economic Research                          Quelle: REIDA, SNB, Raiffeisen Economic Research

                                                                           Immobilien Schweiz | 3. Q 2021 | S. 12
Marktsegmente
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 Eigentum
 Am Schweizer Eigenheimmarkt sind die Preise erneut stark angestiegen, die Preisdynamik hat sich zuletzt
 sogar akzentuiert. Die expansive Geldpolitik und die tiefen Zinsen heizen weiter ein. Nun bestehen Befürch-
 tungen, dass nach der Vermögenspreisinflation auch die Konsumpreisinflation anziehen könnte. Sind Wohn-
 eigentümer als Besitzer des Realwerts Immobilie bestens gegen Inflation gewappnet?

 Noch nie waren Eigenheime in der Schweiz so teuer wie                          Eigentumspreise und Finanzierungskosten nimmt die re-
 heute. Die Raiffeisen Transaktionspreisindizes für Einfa-                      lative Attraktivität von Kaufen gegenüber Mieten zwar
 milienhäuser und Stockwerkeigentum haben neue                                  laufend ab. Absolut spart man aber nach wie vor über
 Höchststände markiert. Das ist schon fast Gewohnheit.                          ein Viertel der Wohnkosten, wenn man von einer Miet-
 Praktisch in jedem Quartal in den vergangenen Jahren                           wohnung in ein Eigenheim ziehen kann. Neben dem
 wurden die alten Rekordmeldungen wieder Makulatur.                             Zinsniveau ist das knappe Angebot ein Hauptgrund für
 Nachdem sich aber Ende 2018 bis Mitte 2020 immerhin                            die anziehende Preisdynamik. Von der Anzahl zum Ver-
 eine verlangsamte Preisdynamik abgezeichnet hatte,                             kauf ausgeschriebener Objekte kommt keine Entspan-
 haben die Wachstumsraten seit Ausbruch der Covid-19-                           nung, im Gegenteil. Im 2. Quartal 2021 waren über
 Pandemie wieder kräftig angezogen. Die Preise für Ein-                         20% weniger Eigentumsobjekte ausgeschrieben als im
 familienhäuser legten im zweiten Quartal 2021 um                               vergleichbaren Vorjahresquartal. Ein Blick auf die Zahl
 2.1% zu, Stockwerkeigentum wurde sogar 2.4% höher                              neu geplanter Wohnungen in Baugesuchen fördert zu-
 als im Vorquartal gehandelt. Im Vorjahresvergleich stie-                       tage, dass künftig immer weniger Eigentumsobjekte auf
 gen die Preise für EFH damit um über 6% an. STWE ver-                          den Markt kommen werden. Bei knappem und künftig
 teuerte sich um fast 5%. Das sind auch im historischen                         weiter sinkendem Angebot steigt gleichzeitig die Nach-
 Vergleich sehr starke Preisanstiege.                                           frage an. So hat die Zahl der Suchabonnements für Ei-
 Preisanstiege sind gut begründbar                                              genheime auf Immobilienplattformen erneut zugelegt.
 Die Gründe für die Preisentwicklung sind dieselben wie                         Die Zahl der Abos steigt zwar seit längerem, Covid-19
 bisher: Tiefe Zinsen, preisliche Attraktivität von Wohn-                       hat hier aber zu einer spürbaren Beschleunigung ge-
 eigentum im Vergleich zum Wohnen zur Miete, ein äus-                           führt. Das neu geschaffene Bewusstsein für die eigene
 serst knappes Angebot, sowie ein gesteigertes Bewusst-                         Wohnsituation weckt neue Begehrlichkeiten, deren Be-
 sein für die eigene Wohnsituation durch die im Zuge der                        friedigung so mancher durch den Kauf eines Eigentums
 Pandemie vermehrt zuhause verbrachte Zeit. Zwar ha-                            erhofft. Die Kombination von knappem Angebot und
 ben die Hypothekarzinsen jüngst zwischenzeitlich leicht                        hoher Nachfrage führt dazu, dass Eigenheime den Ver-
 angezogen, das nach wie vor äusserst tiefe Niveau der                          käufern quasi aus den Händen gerissen werden. Die
 Zinsen und auch die Zinsaussichten bilden für Käufer                           Vermarktungsdauer hat mittlerweile neue Rekordtief-
 aber weiterhin ein äusserst starkes Kaufargument.                              stände erreicht. Steigende Preise sind die logische und
 Durch die sinkenden Neumieten sowie die steigenden                             fundamental gerechtfertigte Folge dieser Konstellation.

              Preise für selbstgenutztes Wohneigentum                                       Marktüberblick Eigentumsmarkt

Raiffeisen Transaktionspreisindex, 1q15 = 100                                 Indikatoren für EFH und STWE, indexiert, 1q15 = 100
                                                                               250
 130
                                                                               200
 120
                                                                               150

 110                                                                           100

                                                                                50
 100
                                                                                     1q15    1q16     1q17     1q18     1q19      1q20     1q21

  90
                                                                                      Anzahl aktive Suchabos auf Immobilienplattformen
       1q15     1q16   1q17     1q18      1q19       1q20      1q21
                                                                                      mittlere Vermarktungsdauer
                                                                                      Anzahl Wohnungen in Baugesuchen
                       EFH                        STWE                                Anzahl laufende Inserate auf Immobilienplattformen
                              Quelle: SRED, Raiffeisen Economic Research         Quelle: Meta-Sys, Realmatch360, Docu-Media, Raiffeisen Economic Research

                                                                           Immobilien Schweiz | 3. Q 2021 | S. 13
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 An diesen Fundamentalfaktoren wird sich so schnell                  Jedenfalls haben die Immobilienpreise, die Hypothekar-
 nichts ändern. Für eine Blase fehlt im Markt das speku-             zinsen und die Unterhaltskosten für Wohneigentum kei-
 lative Element. Die Nachfrage nach Eigenheimen wird                 nen direkten Einfluss auf die offiziell gemessene Teue-
 von Selbstnutzern getrieben, nicht von Spekulanten.                 rung in der Schweiz. Obwohl der Konsum von Wohn-
 Aus diesen Gründen stimmen wir nicht in den Chor der-               raum in Eigenheimen für rund 36% der Schweizer einen
 jenigen mit ein, die gebetsmühlenartig den Mahnfinger               bedeutenden Budgetposten ausmacht. Diese Schwäche
 erheben und von einer bald platzenden Blase am Eigen-               der schweizerischen Preisstatistik hat methodische
 heimmarkt sprechen.                                                 Gründe. Denn würden die Wohnkosten für selbstge-
 Wird aus der Vermögenspreisinflation nun doch                       nutztes Wohneigentum in die Inflationsberechnung ein-
 noch Konsumpreisinflation?                                          fliessen, dann wäre die Nationalbank implizit gezwun-
                                                                     gen die Immobilienpreise zu kontrollieren, wenn sie die
 Die seit 25 Jahren herrschende Vermögenspreisinflation
                                                                     Teuerung steuert, um ihrem Ziel für Preisstabilität zu
 wird auch künftig die Eigentumspreise weitersteigen
                                                                     sorgen, nachzukommen. Sie würde also nicht nur die
 lassen. Wie beschrieben, sind die tiefen Zinsen ein
                                                                     Konsumentenpreise steuern, sondern indirekt auch die
 Hauptgrund für die anhaltend hohe Nachfrage nach
                                                                     Vermögenspreise. Das wäre dann etwa so, wie wenn
 Wohneigentum. Diese tiefen Zinsen sind der expansiven
                                                                     die Notenbank auch bei Aktien für Preisstabilität sorgen
 Geldpolitik der Notenbanken geschuldet. Bisher hat sich
                                                                     müsste. Im Unterschied zu den Entwicklungen auf dem
 diese «nur» in Vermögenspreisinflation, nicht aber in
                                                                     Mietwohnungsmarkt (vgl. S. 10) besteht aufgrund die-
 Konsumentenpreisinflation niedergeschlagen. Mit der
                                                                     ser Messmethodik damit kein unmittelbarer Zusammen-
 wieder in Fahrt kommenden Wirtschaft nach dem
                                                                     hang zwischen der gemessenen Inflation und den Ent-
 Corona-Tiefschlaf durch gigantische Fiskalimpulse hat in
                                                                     wicklungen am Eigenheimmarkt.
 den USA die Konsumentenpreisinflation stark angezo-
 gen. Auch in der Schweiz sind die Konsumentenpreise                 Kurzfristig kein starker Zusammenhang
 wieder gestiegen, wenn auch nur sehr leicht und immer               Dass Immobilien als Realwerte langfristig einen Schutz
 noch am unteren Ende des Zielbands der Nationalbank                 vor Inflation bieten, gilt dennoch als unbestritten. Wenn
 von 0-2%. Wir gehen nach wie vor nicht von anhaltend                «alles» teurer wird, dann werden langfristig auch Immo-
 höheren Inflationsraten aus (vgl. Wirtschaftliche Rah-              bilien teurer. Zumal es sich bei Immobilien um Güter mit
 menbedingungen S. 7 und Hypothekarzinsen S. 8).                     natürlicherweise begrenztem Angebot handelt, die ei-
 Trotzdem nehmen wir die zuletzt aufgekommenen Dis-                  ner potenziell unbeschränkten Geldmenge gegenüber-
 kussionen rund um die Inflation zum Anlass, einen Blick             stehen. In den letzten 50 Jahren haben die Immobilien
 auf die Zusammenhänge zwischen Inflation und Preisen                sogar deutlich stärker an Wert zugelegt, als das allge-
 für selbstgenutztes Wohneigentum zu werfen. Insbe-                  meine Preisniveau gestiegen ist. Die durchschnittliche
 sondere gehen wir der Frage nach, ob und wie Immo-                  Inflation betrug seit 1970 2.2%. Die Immobilienpreise
 bilien als Realwerte gegen Inflation schützen.                      sind hingegen um 3.4% pro Jahr gestiegen. Auch inter-
 Immobilienpreise sind kein Inflationsbestandteil                    national gibt es gute Evidenz für diesen langfristigen Zu-
 Die Kosten für selbstgenutztes Wohneigentum fliessen                sammenhang. Je höher die Inflationsrate, desto stärker
 in der Schweiz nicht direkt in die offizielle Preisstatistik        steigen die Immobilienpreise. Kurz- und mittelfristig be-
 ein. Für die Messung der Wohnkosten der Wohneigen-                  steht jedoch kein klarer Zusammenhang zwischen Kon-
 tümer verwendet das Bundesamt für Statistik eine fik-               sumentenpreisinflation und Immobilienpreisen. Wir ha-
 tive Miete, die im Prinzip nichts anderes als die Miet-             ben zur Illustration dieser Tatsache sechs Perioden mit
 preisentwicklung misst. Argumentiert wird, dass Miet-               anhaltend erhöhter Inflation seit 1970 identifiziert (vgl.
 und Eigentumswohnungen Substitute seien und in der                  Grafik und Tabelle auf der nächsten Seite). Als erhöht
 langen Frist das Gesetz des Einheitspreises für das Gut             definieren wir zu diesem Zweck eine Inflationsrate über
 Wohnen gelte. Daher sollten die Preise der beiden                   dem heutigen Teuerungszielband der Nationalbank von
 Wohnformen in der langen Frist identisch sein. Dies ist             0-2%. Anhaltend sei die Inflation dann, wenn die Jah-
 aber ganz offensichtlich nicht der Fall, wie die unter-             resteuerung über ein Quartal lang über diesem Niveau
 schiedliche Entwicklung der Wohnkosten von Mietern                  verharrt.
 und Eigentümern in den letzten zwei Dekaden zeigt.

                                                                Immobilien Schweiz | 3. Q 2021 | S. 14
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 Realwertmythos?                                                              Dies führt einerseits, zusammen mit höheren Baukosten
 Die ersten drei der identifizierten Inflationsperioden                       durch teurere Materialien, zu teureren Neubauten. An-
 wiesen zwar tatsächlich sehr stark steigende Immobi-                         dererseits haben die Leute nominal mehr Geld auf dem
 lienpreise auf. Aus diesen frühen 70er und 80er Jahren                       Konto, von dem ein Teil für Immobilienkäufe genutzt
 stammt damit wohl der bis heute weitverbreitete «Real-                       werden kann. Dieser Effekt wirkt dem Nominalzinsef-
 wertmythos», der besagt, dass Immobilien einen guten                         fekt entgegen und überkompensiert ihn schliesslich. Die
 direkten Inflationsschutz bieten. Dieser Mythos hat sich                     Zinsen bleiben nämlich nur solange erhöht, wie die In-
 trotz davon abweichenden Entwicklungen während der                           flationsrate hoch ist. Die Löhne und Preise bleiben nach
 nachfolgenden drei Inflationsperioden gehalten. In Pe-                       einer Inflationsperiode dann aber auf dem höheren Ni-
 riode 4 und 5 sanken die Immobilienpreise sogar. In der                      veau. Verändern sich die relativen Preise von Gütern
 kurzen 6. Periode wuchsen sie mit 3.7% nur unwesent-                         nicht, dann steigen die Immobilienpreise im Schnitt
 lich stärker als im langfristigen Mittel. Zwischen 1989                      langfristig mit dem allgemeinen Preisniveau mit. Der Im-
 und 1994 lag die Inflation fünf Jahre lang über dem                          mobilienbesitzer ist langfristig gegen Inflation abgesi-
 heutigen Zielband der Nationalbank. Fünf Jahre Infla-                        chert.
 tion und trotzdem sinkende Immobilienpreise. Der Zu-
                                                                              Geldpolitik bestimmt die Immobilienpreise
 sammenhang gilt also nur auf sehr lange Sicht. Kurz-
                                                                              Enger als mit der Konsumentenpreisinflation sind die
 und mittelfristig können andere Effekte den Inflations-
                                                                              Immobilienpreise heute mit dem Geldmengenwachs-
 effekt überlagern. Wie dies in den 90er Jahren der Fall
                                                                              tum sowie dem Zinsniveau und damit der Geldpolitik
 war, als das Platzen der Immobilienblase im Renditelie-
                                                                              der Notenbank verknüpft. Eine übermässige Ausdeh-
 genschaftsmarkt zu einer anhaltenden Rezession führte,
                                                                              nung der Geldmenge und tiefe Zinsen führen langfristig
 die auch den Eigentumsmarkt mit in den Strudel zog.
                                                                              zu Inflation, Konsumentenpreis- und/oder Vermögens-
 Welche Mechanismen spielen im Eigenheimmarkt?                                preisinflation. Wie der Blick auf die letzte Dekade aber
 Lässt man die Geldpolitik aussen vor, gilt grundsätzlich:                    zutage fördert, korreliert eine expansive Geldpolitik
 Steigt die Konsumentenpreisinflation, so hat dies einen                      nicht zwingend mit einer höheren Konsumentenpreisin-
 Einfluss auf das Nominalzinsniveau. Steigende Nominal-                       flation. Der Zusammenhang der Geldmenge und der
 zinsen gehen ceteris paribus mit sinkenden Wohneigen-                        Zinsen mit den Immobilienpreisen ist dagegen stärker.
 tumspreisen einher. Denn dadurch steigen die Finanzie-                       In Perioden, in denen die Geldmenge überdurchschnitt-
 rungskosten von Wohneigentum, welches zu einem                               lich wächst, steigen auch die Immobilienpreise stärker.
 wesentlichen Teil mit zu verzinsendem Fremdkapital fi-                       Perioden mit tiefen Zinsen führen zu höheren Immobi-
 nanziert wird. Kurzfristig können Immobilienpreise aus                       lienpreisen. Die aussergewöhnliche Kombination von
 diesen Gründen bei steigender Inflation sinken. Auf der                      steigender Geldmenge und tiefen Zinsen bei gleichzeitig
 anderen Seite steigen mit höherer Inflation mittelfristig                    ausbleibender Konsumentenpreisinflation der letzten
 auch die Löhne.                                                              zwei Dekaden führte bei Immobilien, aber auch bei an-
                                                                              deren Realwerten, folglich zu einer Vermögenspreisin-
                                                                              flation.

          Inflationsperioden                                                           Inflationsperioden Tabelle

                                                                                                 Inflation             Preiswachstum EFH
  200     1       2   3      4    5             6
                                                                 14             Periode
                                                                                               (annualisiert)             (annualisiert)
  175                                                            12
                                                                                   1               6.5%                       6.7%
  150                                                            10
  125                                                            8                 2                4.7%                         7.4%
  100                                                            6                 3                2.9%                         6.4%
   75                                                            4                 4                4.2%                        -1.4%
   50                                                            2                 5                2.0%                        -4.0%
   25                                                            0
                                                                                   6                2.3%                         3.7%
    0                                                            -2
        69 74 79 84 89 94 99 04 09 14 19                                       seit 1970            2.2%                         3.4%
             Inflation (r.S.)  Preise EFH
              Quelle: Wüest Partner, BFS, Raiffeisen Economic Research                     Quelle: Wüest Partner, BFS, Raiffeisen Economic Research

                                                                         Immobilien Schweiz | 3. Q 2021 | S. 15
Marktsegmente
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 Die Kur als Gift                                                             fixem Nominalwert und mit fixem Zinssatz finanziert wer-
 Der Hauptgrund warum die Absicherung gegen Konsu-                            den. Kommt nun überraschend Inflation auf, dann sind
 mentenpreisinflation mittels Realwert Immobilie zumin-                       Liegenschaftsbesitzer mit noch länger laufenden Festhypo-
 dest kurz- und mittelfristig nicht mehr dem Lehrbuch ent-                    theken nicht von den negativen Folgen eines Zinsanstiegs,
 spricht, ist denn auch in der Geldpolitik zu finden. Die No-                 z.B. höheren Hypothekarzinsen betroffen. Sie profitieren
 tenbanken reagieren, um ihr Ziel Preisstabilität zu errei-                   aber davon, dass wegen der Inflation die Löhne mittelfris-
 chen, mit einer Reduktion der Geldmenge und einer Erhö-                      tig steigen. Durch diesen Effekt werden viele Eigenheim-
 hung der Zinsen auf höhere Inflationsraten oder Inflations-                  besitzer in Zeiten von Inflation, über die reale Absicherung
 erwartungen. Beides ist kurz- und mittelfristig Gift für die                 durch die langfristig mit dem Preisniveau mitsteigenden
 Immobilienpreise. Reagiert die Nationalbank also auf die                     Immobilienpreise hinaus, bessergestellt. Ihre Schulden, die
 höhere Inflation mit einer restriktiveren Geldpolitik, tritt ge-             auf einen fixen Nominalbetrag laufen, werden sozusagen
 nau der gegenteilige Effekt ein, welchen sich diejenigen,                    weginflationiert. Einen kleineren solchen zusätzlichen In-
 die dem Realwertmythos folgend Immobilien als Absiche-                       flationsschutz bieten Finanzierungen ohne Zinsbindung
 rung gegen Inflation halten, erhoffen.                                       und in Kürze auslaufende Festhypotheken. Steigt die Infla-
                                                                              tion, so steigt die Zinslast. Diese macht einen Teil der Ge-
 Langfristige Neutralität der Geldpolitik
                                                                              winne durch die Entwertung der Schulden wieder wett.
 In der kurzen und mittleren Frist dominiert also die Geld-
                                                                              Die Finanzierung von Immobilien durch Schulden führt
 politik die Immobilienpreise, wenn Inflation aufkommt o-
                                                                              aber auch hier dazu, dass Immobilienbesitzer sich langfris-
 der nur schon aufzukommen droht. Erst wenn sich in der
                                                                              tig nicht nur gegen Inflation absichern, sondern sogar von
 langen Frist ein neues Marktgleichgewicht einstellt, greifen
                                                                              ihr profitieren. In untenstehender Tabelle ist dieser Zusam-
 die beschriebenen ökonomischen Mechanismen am Ei-
                                                                              menhang vereinfacht dargestellt. Im Beispiel gehen wir
 genheimmarkt wieder und die Immobilien steigen mit dem
                                                                              von einer 10 Jahre andauernden Inflationsperiode aus. So-
 allgemeinen Preisniveau mit. Immobilien als Inflations-
                                                                              wohl die Konsumentenpreise als auch die Immobilien-
 schutz zu erwerben ist entsprechend nur mit sehr langer
                                                                              preise und die Löhne legen in dieser Periode um 2% zu.
 Haltedauer von über einem Jahrzehnt eine gute Idee. Bei
                                                                              Verglichen werden zwei Immobilienkäufer, die sich am An-
 Eigenheimbesitzern ist die Absicht das Immobil derart
                                                                              fang der Periode ein Eigenheim für CHF 1 Mio. gekauft ha-
 lange zu halten aber meist gegeben. Am Realwertmythos
                                                                              ben. Käufer 1 komplett mit Eigenkapital, Käufer 2 zu 66%
 ist für Eigenheimbesitzer also durchaus immer noch etwas
                                                                              fremdfinanziert mit einer 10-jährigen Festhypothek. Der ei-
 Wahres dran. Dominanz der Notenbanken hin oder her.
                                                                              genkapitalfinanzierte Besitzer ist gegen Inflation abgesi-
 Hypotheken als Inflationsschutz                                              chert. Der Fremdfinanzierte profitiert sogar davon. Sein re-
 Der isolierte Blick auf die Preisentwicklung offenbart aber                  ales Vermögen legt um über ein Drittel zu. Inflation sei
 ohnehin nur einen Teil der Geschichte. Das liegt daran,                      Dank.
 dass Eigenheime zu einem grossen Teil über Schulden mit

           Geldmenge, Zinsen, STWE-Preise                                               Inflation und Hypothekarschulden

Reale Geldmenge und Preise STWE, indexiert 1984 =                            Simulation einer Inflationsperiode von 10 Jahren: Konsumen-
100, Geldmarktsatz SNB in %                                                  tenpreis-, Immobilienpreis- sowie Lohninflation 2% p.a.
 400                                                            16                                                         2021         2031
                                                                              Konsumentenpreisindex                         100          122
                                                                12            Immobilienpreisindex                          100          122
 300                                                                          Lohnindex                                     100          122
                                                                8
                                                                              Marktpreis Immobilie in CHF                 1 Mio.    1.22 Mio.
                                                                4             Hypothekarschuld in CHF                  0.66 Mio.    0.66 Mio.
 200                                                                          Einkommen in CHF                          0.1 Mio.    0.12 Mio.
                                                                0             Käufer 1:
                                                                              Reales Vermögen ohne Schuld in CHF          1 Mio.       1 Mio.     +0%
 100                                                            -4            Käufer 2:
       84 87 90 93 96 99 02 05 08 11 14 17 20                                 Reales Vermögen mit Schuld in CHF        0.34 Mio.    0.46 Mio.   +35%
               Preise STWE                                                    Käufer 2:
                                                                              Anzahl Jahre um Schuld zu verdienen           6.66         5.41    -18%
               Reale Geldmenge
               Geldmarktsatz SNB (tom next) (r.S.)

              Quelle: SNB, Wüest Partner, Raiffeisen Economic Research                                              Quelle: Raiffeisen Economic Research

                                                                         Immobilien Schweiz | 3. Q 2021 | S. 16
Marktsegmente
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 Retailflächen
 Die Coronakrise hat sich sehr unterschiedlich auf die einzelnen Segmente des Detailhandels ausgewirkt.
 Gerade im ohnehin schon stark durch den Strukturwandel betroffenen Non-Food-Bereich dürfte Covid-19
 zu einer Beschleunigung der Entwicklung geführt haben. Obwohl nach wie vor kaum Reaktionen am Flä-
 chenmarkt auszumachen sind, muss mittelfristig mit weiter steigenden Leerständen gerechnet werden.

 Der stationäre Detailhandel gehört zu den am stärksten                        Unterschiedliche Betroffenheit der Segmente
 durch die Eindämmungsmassnahmen der Covid-19-Pan-                             Der Blick auf unten linksstehende Grafik zeigt aber deut-
 demie betroffenen Wirtschaftszweige. Im ersten Lock-                          lich, dass nicht alle Segmente ein gleich gutes Jahr erlebt
 down im Frühjahr 2020 mussten grosse Teile der Branche                        haben. So erfuhren Elektronikprodukte dank Homeoffice
 die Türen für ihre Kundschaft schliessen. Das spürten auch                    und vermehrt zuhause verbrachter Zeit einen regelrech-
 Vermieter von Verkaufsflächen. Mit rund 27'000 von der                        ten Boom. Auch im Food-Segment wurde im Vergleich
 Zwangsschliessung betroffenen Mietverträgen wurden                            mit den Vorjahren mehr umgesetzt. Geschlossene Gast-
 besonders viele Betriebe im Detailhandel hart getroffen. Im                   ronomiebetriebe und mehr Zeit fürs Kochen dürften für
 Zuge der zweiten Massnahmenwelle durften die Läden,                           einen grossen Teil dieses Wachstums verantwortlich sein.
 unabhängig vom Verkaufssortiment, hingegen durchge-                           Katastrophale Umsatzeinbrüche hingegen erlebten Ver-
 hend geöffnet bleiben. Trotz offener Türen hat Home-                          käufer von Schuhen und Kleidern sowohl Anfangs 2020
 office, ein verändertes Konsumverhalten und die allge-                        als auch zu Beginn des Jahres 2021, als die Läden nicht
 meine gesellschaftliche Verlangsamung vielerorts zu gerin-                    einmal geschlossen werden mussten.
 geren Kundenströmen geführt. Vielen Betrieben dürfte
                                                                               Verstärkte Verlagerung ins Internet
 selbst das wichtige Weihnachtsgeschäft ordentlich verha-
                                                                               Geschlossene Läden und vermehrt zuhause verbrachte
 gelt worden sein. Die anhaltend starke Betroffenheit der
                                                                               Zeit haben wenig überraschend zu einem deutlichen Zu-
 Branche zeigt sich z.B. in den Härtefallzahlen. Mit fast 14%
                                                                               wachs des Konsums im Onlinehandel geführt. Gegen-
 der bisher ausbezahlten a-Fonds-perdu-Beiträgen gehört
                                                                               über 2019 wurden im letzten Jahr mit rund 13.1 Mia.
 der Detailhandel zu den Brachen, welche am meisten
                                                                               CHF 27.2% mehr Geld beim Online-Shopping ausgege-
 staatliche Hilfe in Anspruch nehmen mussten.
                                                                               ben. Damit wurden erstmals mehr als 10% der gesamten
 Angesichts der grossen Schwierigkeiten, mit denen viele Un-
                                                                               Detailhandelsumsätze im Netz generiert. Mit insgesamt
 ternehmen in der Branche konfrontiert waren, vermag das
                                                                               11.8% konnten die Onlinehändler ihren Umsatzanteil um
 2020 erzielte Plus von 2.7% der Branchenwertschöpfung zu
                                                                               2.7 Prozentpunkte erhöhen. Wiederum zeigen sich hier
 erstaunen. Insbesondere angesichts der Tatsache, dass dies
                                                                               aber deutliche Unterschiede zwischen den Segmenten.
 dem stärksten realen Branchenwachstum seit 2013 ent-
                                                                               Während selbst der Nahrungsmittelbereich einen regel-
 spricht. Vergleicht man den Detailhandel mit anderen stark
                                                                               rechten Schub erfuhr, bleibt der Onlineanteil mit 3.5%
 betroffenen Wirtschaftszweigen, erscheint die Branche so-
                                                                               sehr gering. Im Non-Food-Segment hingegen wurde
 mit nicht wirklich als Krisenverliererin.

            Detailhandelsumsätze                                                        Onlinehandel

Kalenderbereinigte Detailhandelsumsätze nach Seg-                              Anteile des Onlinehandels am Detailhandelsumsatz
ment, nominal, indexiert Jan. 18 = 100                                         nach Segment, in %.
 200                                                                                                                                    18.9%
 180                                                                           20%                                             16.9%
 160                                                                                                                 16.0%
 140                                                                                                         14.2%
 120                                                                           15%                   12.5%                               11.8%
 100                                                                                         10.2%
  80                                                                                  8.5%                             8.3%      9.1%
  60                                                                           10%                    6.9%   7.6%
  40                                                                                    4.4%   5.1%
  20                                                                            5%                                           2.8%      3.5%
   0                                                                                 1.8%   2.0%   2.2%   2.3%   2.5%
       Jan Apr Jul Okt Jan Apr Jul Okt Jan Apr Jul Okt Jan Apr
       18 18 18 18 19 19 19 19 20 20 20 20 21 21                                0%
               Total Detailhandel ohne Treibstoffe                                    2012   2014    2016    2017    2018      2019     2020
               Nahrungsmittel, Getränke, Tabak
               Bekleidung, Schuhe                                                               Food     Non-Food      Total
               Geräte der Informations- und Kommunikationstechnik
                              Quelle: BFS, Raiffeisen Economic Research                                 Quelle: GFK, Raiffeisen Economic Research

                                                                          Immobilien Schweiz | 3. Q 2021 | S. 17
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