Immobilien aktuell - Schwerpunkt Wohneigentum Angebotsknappheit im Eigenheimmarkt - ZKB

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Immobilien aktuell - Schwerpunkt Wohneigentum Angebotsknappheit im Eigenheimmarkt - ZKB
Immobilien
aktuell
Ausgabe November 2019

                        Schwerpunkt
                        Wohneigentum
                        Angebotsknappheit im Eigenheimmarkt
Immobilien aktuell - Schwerpunkt Wohneigentum Angebotsknappheit im Eigenheimmarkt - ZKB
Editorial

                                                       Liebe Leserin, lieber Leser
                                          Die Zinswende wurde – wieder einmal – nach hinten verschoben.
                                          Dies bringt die Diskussion über die Höhe des kalkulatorischen
                                          ­Zinses aufs Tapet. Immer weniger Haushalte erfüllen die Trag­
                                           barkeitsrichtlinien. Die eigentliche Ursache liegt bei den hohen
                                           Eigenheimpreisen, die von einem akuten Angebotsmangel getrieben
                                           sind. Investoren scheuen den höheren Vermarktungsaufwand bei
                                           Stockwerkeigentum, denn die letzte Wohnung verkauft sich oft
                                           zäh. Wir zeigen, wo diese Ängste übertrieben sind.
                                           Weiter werfen wir einen Blick nach Berlin, wo die Mietpreise ge-
                                           deckelt werden. Die Forderung nach einer verstärkten Regulierung
                                           im Mietmarkt könnte zukünftig auch auf Schweizer Investoren
                                           zukommen. Dies ist einmal mehr ein Aufruf an die Städte, zusätz­
                              lichen Wohnraum zu schaffen. Genau diesem Credo hat sich der kantonale
                              Richtplan 2014 verschrieben. Es ist Zeit für eine Zwischenbilanz.

                              Ich wünsche Ihnen eine spannende Lektüre.

                              Ursina Kubli
                              Zürcher Kantonalbank, Leiterin Analytics Immobilien

       Schwerpunkt Wohneigentum
       06      Tragbarkeit                                         12      Baupromotionen im                                         03       Meinung und Prognose
               Senkung des kalkulatorischen                                Kanton Zürich                                                      Eigenheimpreise steigen
               Zinssatzes                                                  Viele Wege zum Erfolg
                                                                                                                                     04       Konjunktur und Zinsen
       08      Private Garagen                                     14      Interview                                                          «Langsame Verlangsamung»
               Überangebot an Garagen                                      Die Schlüsselfaktoren für
                                                                           Erfolg in der Baupromotion                                17       Regulierung
       10      Knappes Wohneigentum                                                                                                           Risiko von Mieterinitiativen
               Das Dilemma der Vermarktung
                                                                                                                                     20       Raumplanung
                                                                                                                                              Kanton auf Kurs

       Impressum
       Herausgeberin Analytics Immobilien, Zürcher Kantonalbank Redaktion Othmar Köchle Gestaltung JoosWolfangel, Winterthur
       Druck Zürcher Kantonalbank Titelbild Henrik Stump, Geschäftsführer der Leutschenbach AG, und Heinz Stecher, Leiter Key Account Management
       Bau/Immobilien der Zürcher Kantonalbank, auf dem Wolkenwerk-Areal in Zürich-Oerlikon Bilder © Meinrad Schade, Zürich Auflage 7’500 Expl.
       Erscheint ½-jährlich Kontakt medien@zkb.ch Abonnement zkb.ch / immobilienpublikationen oder 0844 843 823
       Dieses Dokument dient ausschliesslich Informationszwecken. Alle Informationen und Daten in diesem Dokument stammen aus Quellen, welche die Zürcher Kantonalbank zum Zeit-
       punkt der Erstellung dieses Dokuments für zuverlässig hielt. Alle Berechnungen wurden mit grösster Sorgfalt erstellt. Trotzdem kann keine Gewähr für deren Richtigkeit, Genauigkeit,
       Vollständigkeit und Angemessenheit übernommen werden – weder ausdrücklich noch stillschweigend. Die Zürcher Kantonalbank lehnt diesbezüglich jegliche Haftungsansprüche ab.

       2         Immobilien aktuell November 2019 | Zürcher Kantonalbank
Immobilien aktuell - Schwerpunkt Wohneigentum Angebotsknappheit im Eigenheimmarkt - ZKB
Meinung und Prognose

      Eigenheimpreise steigen unaufhaltsam

      Wer in den eigenen vier Wänden wohnt, profitiert von tiefen Wohnkosten und in den
      letzten Jahren deutlichen Wertsteigerungen. Aber auch den Mietern bleibt ein Lichtblick:
      Sie können bereits im März 2020 mit einer Senkung des Referenzzinssatzes rechnen.
      Von Ursina Kubli, Leiterin Analytics Immobilien

      Es gibt Studien, wonach Eigenheimbesitzer glücklicher      widerspiegeln. Die sich abzeichnende schwächere
      seien als Mieter. Zu den emotionalen Faktoren wie          Dynamik beim Mietwohnungsbau sollte den Anstieg
      zum Beispiel Sicherheit oder Prestige gesellen sich        etwas drosseln. Aus Sicht des Leerstandsrisikos ist das
      immer mehr auch finanzielle Faktoren. Wer in den ver-      zu begrüssen. Wir stellen uns allerdings die kritische
      gangenen Jahren in den eigenen vier Wänden leben           Frage, wohin das Kapital stattdessen fliessen wird. Das
      durfte, profitierte gleich doppelt. Erstens war es auf-    Interesse der Anleger an Immobilien lässt angesichts
      grund der tiefen Hypothekarzinsen deutlich günstiger,      des anhaltenden Anlagenotstands kaum nach. Konzent-
      im Eigenheim als zur Miete zu wohnen. Zweitens             rieren sich Investoren vermehrt auf die Pflege des
      genossen Eigenheimbesitzer Jahr für Jahr Wertsteige-       Bestandes an guten Lagen, könnten daraus mittel­
      rungen ihrer Immobilie. An dieser Ausgangslage wird        fristig neue Probleme entstehen. Bei umfassenden
      sich in absehbarer Zeit nicht viel ändern.                 Sanierungen wird sich die Zahl von Leerkündigungen
                                                                 häufen. Diese giessen Öl in mietpolitische Debatten,
      Als limitierendes Element gelten allerdings die hohen      was Forderungen nach einer stärkeren Regulierung im
      Preise respektive die sich verschlechternde Tragbarkeit.   Mietmarkt forcieren könnte.
      Immer weniger Haushalte können sich bei einem kal-
      kulatorischen Zinssatz von 4,5 – 5 % Wohneigentum          Das Risiko einer Leerkündigung bleibt einem Eigen-
      leisten. Damit Wohneigentum tragbar wird, müssen           heimbesitzer erspart. Wer das passende Eigenheim
      viele Haushalte beim Kauf Kompromisse eingehen.            bereits gefunden hat, bleibt nicht nur in finanzieller
      Mittelfristig dürften günstigere Wohnlagen von den         Hinsicht privilegiert. Damit wird sich die Schere zwischen
      sogenannten Ausweicheffekten profitieren. Überra-          Eigenheimbesitzern und Mietern zukünftig noch ­weiter
      schenderweise sind die Eigenheimpreise im laufenden        öffnen. Aber auch den Mietern bleibt ein Lichtblick:
      Jahr im Kanton Zürich ausgerechnet an den teuren           Sie könnten bereits im März 2020 mit einer weiteren
      See-Lagen am stärksten gestiegen. Zudem zeigen die         Senkung des Referenzzinssatzes rechnen, falls sie die
      Transaktionsdaten im Kanton Zürich, dass die Preise        Mietpreissenkung auch einfordern. 
      der fünf Prozent teuersten Einfamilienhäuser beson-
      ders kräftig zugelegt haben. Das Luxussegment
      scheint sich derzeit zu erholen, nachdem es in den         Prognosen
      Jahren zuvor an einem Überangebot litt.                    Wohnungsmarkt		 2017                                 2018      2019*    2020*
                                                                 Bautätigkeit Wohnungen CH              50’300 54’055 52’500 50’000
                                                                 Bautätigkeit Wohnungen ZH               8’100	 9’800 10’500 10’000
      Angebotsseitige Gründe werden dafür sorgen, dass
                                                                 Leere Mietwohnungen CH		 52’700                    59’700 62’800 65’000
      es nicht zu einem Richtungswechsel der Immobilien-
                                                                 Leere Mietwohnungen ZH		 5’500                      6’300 5’600 5’000
      preise kommen wird. Da sich die Bautätigkeit immer
                                                                 Angebotsmieten CH1		 – 0,1 % – 0,4 %                           0,0 % 0,0 %
      mehr von Eigenheimen zu Renditeliegenschaften ver­         Angebotsmieten ZH1		  0,3 %    0,6 %                           0,5 % 0,5 %
      lagert, ist das Eigenheimangebot in vielen Regionen        Preise Wohneigentum CH 2		 0,9 %                    2,8 %      3,5 %    3,5 %
      derart knapp, dass die Preise weiter steigen.              Preise Wohneigentum ZH3		  4,9 %                    3,7 %      3,0 %    3,0 %
                                                                 Referenzzinssatz		                     1,50 %      1,50 % 1,50 % 1,25 %
      Während es an Eigenheimen häufig fehlt, sind Miet-         * Prognose Zürcher Kantonalbank
                                                                 1
                                                                   Homegate Angebotsmietindex
      wohnungen mancherorts im Überfluss vorhanden.              2
                                                                   Wüest Partner Transaktionspreise (Mischindex STWE und EFH)
      Dies wird sich auch in Zukunft in einer schweizweiten      3
                                                                   Zürcher Wohneigentumsindex (ZWEX)

      Zunahme der Anzahl leer stehender Wohnungen                                        Quelle: Thomson Reuters Datastream, Zürcher Kantonalbank

                                                                      Immobilien aktuell November 2019 | Zürcher Kantonalbank                  3
Immobilien aktuell - Schwerpunkt Wohneigentum Angebotsknappheit im Eigenheimmarkt - ZKB
Konjunktur und Zinsen

      «Langsame Verlangsamung» steht an
      Die Schweizer Wirtschaft kann sich der globalen Konjunkturabkühlung nicht entziehen.
      Indes sprechen einige Faktoren wie der gesunde Arbeitsmarkt für eine «langsame
      Verlangsamung». Die Inflationsfantasien bleiben gedämpft. Am Horizont zeichnet
      sich folglich noch keine Zinswende ab. Die Umstellung vom Libor zum Saron als
      Referenzzinssatz gestaltet sich dadurch friktionslos. Von David Marmet, Chefökonom Schweiz

      Rezessions-Bewusstsein hilft                                    Arbeitsmarkt in gesunder Verfassung
      Die Weltwirtschaft läuft zurzeit auf niedrigen Touren.          Aufgrund der konjunkturellen Abschwächung wird
      Vor allem im Industriesektor, der unter dem Handels-            indes die Beschäftigung langsamer zunehmen. Dies
      konflikt zwischen den USA und China besonders lei-              hat zur Folge, dass die Arbeitslosenrate – die notabene
      det, ist es zu einer starken Eintrübung gekommen.               letztmals 2002 so niedrig notierte wie zurzeit – ver-
      Die Schweiz als kleine offene Volkswirtschaft kann              halten ansteigen wird (vgl. Grafik unten). Derweil ist
      sich dieser Entwicklung verständlicherweise nicht ent-          bei den offenen Stellen weiterhin eine Zunahme zu
      ziehen. Entsprechend oft wird in der Presse und bei             verzeichnen, und die Unternehmen

                                                                                                                      0,6 %
      einschlägigen Podiumsdiskussionen die Frage aufge-              melden bereits seit über zwei Jahren
      worfen, ob die Schweiz vor einer Rezession stehe.               zunehmende Schwierigkeiten bei der
      Wir sind der Meinung, dass dies nicht der Fall ist. Für         Rekrutierung von gelernten Arbeits-
      eine spürbare Rezession – es gibt auch «nicht spür-             kräften. Diese Knappheit am Arbeits-
      bare» Rezessionen, wie sie die Schweiz gemäss offizi-           markt wird 2020 zu leicht höheren          Reallohnwachstum 2020
      eller Statistik im zweiten Halbjahr 2018 durchlaufen            Löhnen führen, und zwar nominal
      hat – braucht es gewisse Ingredienzien wie zum Bei-             wie auch real, überrascht doch die Inflation auch in der
      spiel vorgängige Übertreibungen. Diese hat es aber in           Schweiz immer wieder durch ihre schiere Abwesen-
      den letzten Jahren nicht gegeben. Weder war der                 heit. Nach drei Jahren Stagnation bei den Reallöhnen
      Investitionszyklus ausgeprägt, noch war der Konsum              ist dieses Lohnwachstum eine für den Konsum und die
      überbordend. Zudem ist die Gefahr einer Rezession in            Nachfrage am Immobilienmarkt positive Nachricht.
      den Köpfen der Wirtschaftsakteure präsent – dies im             Hingegen dürfte sich der zweite wichtige Nachfrage-
      Gegensatz zu 2008, als die Finanzmarktkrise aus-                treiber am Wohnungsmarkt, die Nettozuwanderung,
      brach. Dieses Bewusstsein trägt dazu bei, dass nöti-            aufgrund der nachlassenden Konjunkturdynamik vor-
      genfalls fiskalpolitisch agiert und so eine Rezession           erst unterdurchschnittlich entwickeln. Sollte dieser in
      vermieden wird.                                                 den letzten Jahren beobachtbare Zuwanderungsrück-
                                                                      gang permanenter Natur sein, hätte dies negative Aus-
      Ein Blick auf Deutschland verheisst allerdings nichts           wirkungen auf das Potenzialwachstum der Schweiz.
      Gutes. Die Probleme der Autoindustrie bei unserem
      wichtigsten Handelspartner zeitigen ernsthafte Fol-
      gen für die Schweizer Zulieferer. Der schwache                  Schweizer Arbeitsmarkt ist grundsolide
      Bestellungseingang, der Rückgang der Kapazitätsaus-
                                                                      6%                                                                 5,5
      lastung und die vorauslaufenden Konjunkturindikato-
                         ren signalisieren einen in der nahen         5%

1,2 %
                                                                                                                                         5,0
                         Zukunft schwachen Industriesek-
                                                                      4%
                         tor. Stützend wirken hingegen der
                         wertschöpfungsmässig viel wichti-            3%                                                                 4,5

                         gere Dienstleistungssektor, einige           2%
 BIP-Wachstum 2020       Binnenbranchen und vor allem der                                                                                4,0
                         nach wie vor gesunde Arbeits-                1%

      markt. Die Schweiz durchläuft in den nächsten Quar-             0%                                                                 3,5
      talen wohl also eine «langsame Verlangsamung», ein                1994 1997 1999 2002 2004 2007 2009 2012 2014 2017 2019
      Abgleiten in eine spürbare Rezession dürfte verhin-                    Arbeitslosenrate       Beschäftigung (in Mio., rechte Skala)
      dert werden.                                                                                    Quelle: Refinitiv, Zürcher Kantonalbank

      4     Immobilien aktuell November 2019 | Zürcher Kantonalbank
Allerdings gehen wir davon aus, dass die unvermeidli-      Libor eilt den geldpolitischen Entscheiden voraus
          che Lücke, die in den nächsten zehn Jahren durch die       – 0,60
          in Pension gehenden Babyboomer am Arbeitsmarkt
                                                                     – 0,65
          entsteht, dannzumal, zumindest teilweise, wieder über
          eine höhere Zuwanderung kompensiert wird.                  – 0,70

                                                                     – 0,75
          SNB verschafft sich Spielraum
         Aufgrund der niedrigen Inflation und des rückläufigen       – 0,80
         Wirtschaftswachstums hat die Schweizerische National-
                                                                     – 0,85
         bank (SNB) in den nächsten Quartalen keinen Anreiz,
         die Zinswende in der Schweiz einzuläuten, zumal in          – 0,90
         den Augen der Europäischen Zentralbank (EZB) die                 Jan. 16     Juli 16   Jan. 17   Juli 17   Jan. 18   Juli 18    Jan. 19   Juli 19
         Wachstumsrisiken weiterhin nach unten gerichtet sind                       Saron             3M-Libor                SNB-Leitzins
         und ein allfälliges Auseinanderdriften der europäischen                                                    Quelle: Refinitiv, Zürcher Kantonalbank

         und der Schweizer Zinsen zu einer volkswirtschaftlich
         schädlichen Aufwertung des Schweizer Frankens füh-          sondern stellt sicher, dass der sogenannte Saron in der
         ren würde. Im Gegenteil: Die SNB hat zwar anlässlich        Nähe ihres neuen SNB-Leitzinses zu liegen kommt. Ein
         ihrer vierteljährlichen Lage­beurteilung den Leitzins im    Zielband wie beim 3-Monats-Libor braucht es nicht
         September bei – 0,75 % belassen. Allerdings passte sie      mehr, da der Saron viel direkter durch die SNB steuerbar
         die Berechnungsart an, die festlegt, wie stark die          ist. Der Saron ist wie der Libor ein Geldmarktsatz. Er
                              Geschäftsbanken für das bei der        unterscheidet sich aber in einigen Merkmalen deutlich

–0,75 %
                              SNB parkierte Geld belastet werden     vom Libor. So ist der Saron ein Tagesgeldzins und
                              (sog. Freigrenze). Dadurch ver-        notiert typischerweise leicht tiefer als der Libor, da die
                              schaffte sie sich Spielraum für wei-   Zeit­prämie entfällt. Zudem handelt es sich beim Saron
                              tere Devisenmarktinterventionen        um einen besicherten Satz. In Krisenzeiten dürfte er
 Geldmarktsatz 2020           oder sogar für eine Verschärfung       einen geringeren Risikoaufschlag aufweisen. Die Anpas-
                              der Negativzinsen. Derweil bleiben     sung des geldpolitischen Konzepts in Zeiten unverän-
         aus unserer Sicht die Hürden für eine Zinssenkung           derter Leitzinsen ist insofern geschickt gewählt, als dass
         hoch. Sollte hingegen die EZB expansiver vorgehen,          der Libor die zukünftige Geldpolitik bereits zu antizipie-
         als das die Finanzmarktteilnehmer aktuell erwarten,         ren versucht. Erwartet der Markt eine Zinssenkung in
         wird die SNB nachziehen. Das Risiko einer Zinssenkung       den kommenden Monaten (letztmals im Sommer 2019,
         ist also höher als das einer -erhöhung. In unserem          siehe Grafik oben), sinkt der Libor im Gegensatz zum
         Basisszenario rechnen wir indes auf Jahressicht mit         Tagesgeldzins bereits vor dem vermuteten Zinsent-
         ­keiner Zinsänderung, was wiederum das Potenzial für        scheid der SNB. Da die Zinswende – wie erwähnt –
          steigende Kapitalmarktzinsen klar reduziert.               wieder einmal in die ferne Zukunft verschoben wurde,
                                                                     erfolgt die Anpassung ohne grössere Friktionen für die
          Guter Zeitpunkt für Umstellung auf Saron                   Finanzmärkte, auch wenn die Geldmarktzinsen auf-
          Die Periode unveränderter Zinsen nutzt die SNB, um         grund der am 1. November in Kraft getretenen Ände-
          bei ihrem geldpolitischen Konzept den Libor abzulö-        rung der Freigrenze zuletzt vom SNB-Leitzins abwichen.
          sen. Diese Ablösung wird notwendig, da der wegen           Nun ist es in einem zweiten Schritt an den Geschäfts-
          Manipulationsvorwürfen in Verruf geratene Libor Ende       banken, den neuen Referenzzinssatz für die Hypothe-
          2021 nicht mehr weitergeführt wird. In einem ersten        kargeschäfte salonfähig zu machen.
          Schritt hat die SNB Mitte Juni 2019 den neuen SNB-
          Leitzins eingeführt. So verwendet sie zur geldpoliti-      Unsere aktuelle Konjunkturprognose finden Sie unter
          schen Steuerung nun nicht mehr den 3-Monats-Libor,         zkb.ch/konjunkturprognose 

                                                                         Immobilien aktuell November 2019 | Zürcher Kantonalbank                        5
Tragbarkeit

      Senkung des kalkulatorischen Zinssatzes
      zielt am Problem vorbei

      Die hohen Immobilienpreise erschweren es Mietern zunehmend, den Traum von den eige-
      nen vier Wänden zu verwirklichen. Dabei müssen die hohen regulatorischen Hürden oft als
      Sündenbock herhalten. Eine allfällige Lockerung zielt aber am wahren Problem vorbei.
      Von Emanuel Roos und Andrea Horehájová, Analytics Immobilien

      Die Schweizer Eigenheimpreise kennen seit Jahren nur              Damit soll gewährleistet werden, dass der Hypothekar-
      eine Richtung: nach oben. Seit der Jahrtausendwende               nehmer nicht in eine finanzielle Schieflage gerät, falls
      haben sich die Preise von Eigentumswohnungen und                  es zu einem Zinsanstieg kommen sollte. Für eine
      Einfamilienhäusern beinahe verdoppelt. Fast spiegel-              4-Zimmer-Wohnung im Kanton Zürich zahlt man heut-
      bildlich dazu sind die Hypothekarzinsen gefallen. Noch            zutage bis zu einer Million Franken und mehr. Bei
      nie war das Wohnen in den eigenen vier Wänden                     maximaler Belehnung resultiert eine Hypothek von
      günstiger. Dennoch stellen das mittlerweile sehr hohe             800’000 Franken. Rechnet man mit einem Zinssatz von
      Preisniveau und die strikten Finanzierungsvorgaben der            5 %, Unterhaltskosten und jährlichen Amortisationen
      Banken zunehmend eine Herausforderung für Käufer                  von je rund 1 %, können so schnell kalkulatorische
      dar. Nachdem die Wohneigentumsquote während Jah-                  Wohnkosten von bis zu 60’000 Franken pro Jahr
      ren langsam, aber stetig anstieg, war sie jüngst gar              an­fallen. Dies bedingt ein Jahreseinkommen von rund
      wieder rückläufig. Entsprechend wurde in letzter Zeit             180’000 Franken. Heute erfüllen rund 20 % aller
      vermehrt gefordert, die Finanzierungsbedingungen zu               Schweizer Mieterhaushalte diese Tragbarkeitsanforde-
      lockern, um insbesondere jungen Familien den Zugang               rungen, vor 20 Jahren waren es noch knapp 50 %.
      zu Wohneigentum zu erleichtern. Immer häufiger wird
      die Höhe des sogenannten kalkulatorischen Zinssatzes              Eine Lockerung der Hürden ...
      – der Zinssatz, den Banken zur Berechnung der Trag-               Angesichts des momentan historisch tiefen Zinsniveaus
      barkeit verwenden – in Frage gestellt. Doch wie                   mag der kalkulatorische Zinssatz von bis zu 5 % über-
      schlimm ist die Situation wirklich? Und ist eine Sen-             raschen. Im langfristigen Vergleich relativiert sich diese
      kung des kalkulatorischen Zinssatzes wirklich das rich-           Zahl jedoch. So waren beispielsweise in den 80er- und
      tige Mittel, um den Zugang zu Wohneigentum wieder                 90er-Jahren Hypothekarzinsen von 6 % – 7 % gang
      zu vereinfachen?                                                  und gäbe. Dass die Zinsen in absehbarer Zeit wieder so
                                                                        stark ansteigen werden, scheint derzeit unwahrschein-
      Die Krux mit der Tragbarkeit                                      lich. Die Forderung nach einer Senkung des kalkulato-
      Gemäss den allgemeinen Richtlinien zur Hypothekar-                rischen Zinssatzes wirkt somit auf den ersten Blick
      vergabe, die die Schweizer Banken im Rahmen der                   gerechtfertigt. Doch was wären die Auswirkungen auf
      Selbstregulierung definiert haben, muss die Tragbar-              den Immobilienmarkt, wenn die Banken auf breiter
      keit einer Hypothek langfristig gegeben sein und hat              Front den kalkulatorischen Zinssatz von 5 % auf 3 %
      auf nachhaltigen Einnahmen- und Ausgabenkompo-                    senken würden?
      nenten zu beruhen. Diese grobe Umschreibung wird
      von den Banken ganz unterschiedlich ausgelegt. Als                ... würde Preise steigen lassen
      Faustregel hat sich folgende Praxis etabliert: Eine               Mithilfe von Daten aus dem Swiss Household Panel
      Hypothek ist dann tragbar, wenn die anfallenden                   sind wir dieser Frage nachgegangen. Konkret haben
      Wohnkosten (Amortisation, Zinskosten und Unterhalts-              wir in einem ersten Schritt analysiert, wie viele Mieter-
      kosten) nicht mehr als ein Drittel des Einkommens                 haushalte in der Schweiz sich heutzutage ein Eigen-
      betragen. Für die Berechnung der Zinskosten rechnen               heim leisten können. Dabei haben wir uns nicht nur
      viele Banken mit einem historischen Durchschnitts­                auf die Tragbarkeit beschränkt, sondern auch Informa-
      zinssatz, dem sogenannten kalkulatorischen Zinssatz.              tionen zum Vermögen einbezogen. Daraus lässt sich
      Je nach Institut variiert dieser zwischen 4 % und 5 %.            eine implizite Nachfragekurve in Abhängigkeit vom

      6       Immobilien aktuell November 2019 | Zürcher Kantonalbank
Neues Gleichgewicht mit höheren Preisen
Schematische Darstellung einer Anpassung des kalkulatorischen Zinssatzes

Preis-                                                                                                 0     Aktuelles Marktgleichgewicht
niveau                                                                                                       Schätzungsweise rund 10 % aller Mieter
                               Langfristiges                                                                 können sich heute ein passendes Eigen-
~120             2             Eigenheimangebot                                                              heim leisten.

                                                                                                      1      Sprungartiger Anstieg der Nachfrage
                       3                                                                                     Eine Senkung des kalkulatorischen Zinssatzes
                                                                                                             auf 3 % würde die Eigenheimnachfrage um
                                                                                                             50 % bis 80 % ansteigen lassen.
 100             0         1
                                                                                                       2     Kurzfristig begrenztes Angebot
                                                                                                             Da das Eigenheimangebot kurzfristig fixiert
                                                                                                             ist, könnten Preise um bis zu 20 % steigen.
                                                       Nachfragekurve                                        Der Anpassungsprozess würde mehrere Quar-
                                                       Kalkulatorischer Zinssatz 3 %
                                                                                                             tale dauern.

                                                       Nachfragekurve                                  3     Neues Marktgleichgewicht
                                                       Kalkulatorischer Zinssatz 5 %                         Mittel- bis langfristig dürfte das Angebot
                                                                                                             auf die stärkere Nachfrage reagieren und
                                                                                                             der Markt sich wieder erholen.
                                                       Anteil Mieter, die sich ein passen-
               ~10 %           ~15 – 18 %              des Eigenheim leisten können

Immobilienpreisniveaus berechnen. Im Jahr 2016 konn-                    neue Marktgefüge in den Immobilienbewertungs­
ten sich rund 10 % aller Mieterhaushalte ein passendes                  modellen der Hypothekarinstitute niederschlägt,
Eigenheim leisten. Das heisst, dass nur gerade jeder                    würde sich dieser Anpassungsprozess über mehrere
zweite Mieterhaushalt, der über das nötige Einkom-                      Quartale hinziehen. In der langen Frist dürfte sich der
men verfügt, auch das nötige Vermögen für den                           Markt auf ein neues Gleichgewicht mit deutlich höhe-
Eigenheimkauf mitbringt. Bei einer marktweiten Sen-                     ren Preisen und nur leicht höherer Eigentumsquote
kung des kalkulatorischen Zinssatzes würde sich diese                   einpendeln (Punkt 3).
Nachfragekurve nach rechts verschieben (vgl. Abbil-
dung). Der Kreis potenzieller Mieter, die sich ein Eigen-               Deutlich mehr Risiken im System
heim leisten können, könnte um bis zu 80 % zuneh-                       Wie unsere Analyse zeigt, würde eine Senkung des
men (Pfeil 1). Geht man konservativ davon aus, dass                     kalkulatorischen Zinssatzes in erster Linie zu Preisstei-
jeder zweite davon auch tatsächlich ein Eigenheim                       gerungen führen. Die Wohneigentumsquote lässt sich
kaufen möchte, resultiert eine zusätzliche Nachfrage                    durch solch eine Massnahme – wenn überhaupt – nur
von 50’000 bis 90’000 Wohneinheiten.1 Zum Vergleich:                    leicht steigern. Den komfortablen Sicherheitspuffer,
Im Jahr 2018 wurden schweizweit rund 22’000 Woh-                        den man durch die Festlegung des kalkulatorischen
nungen im Eigentum (Einfamilienhäuser und Eigen-                        Zinssatzes geschaffen hat, würde man aufs Spiel set-
tumswohnungen) erstellt, das heisst, die zusätzlich                     zen, ohne grosse Wirkung bei der Eigentumsquote zu
generierte Nachfrage würde zwei bis vier Jahrespro-                     erzielen. Soll der Zugang zu den eigenen vier Wänden
duktionen entsprechen. Da die Anbieter nur verzögert                    wieder einfacher werden, müssen andere Rezepte her.
auf die erhöhte Nachfrage reagieren können, dürfte                      Rezepte, die das Problem an der Wurzel packen und
die Eigenheimproduktion nur langsam erhöht werden.                      nicht auf eine reine Symptombekämpfung abzielen.
So braucht der Wohnungsbau naturgemäss seine Zeit,                      Denn der Schweizer Eigenheimmarkt krankt nicht an
ausserdem ist es aktuell angesichts der vollen Auf-                     einer fehlenden Nachfrage, sondern an einem akuten
tragsbücher vieler Bauunternehmungen fraglich, ob                       Unterangebot. 
zeitnah überhaupt neue Kapazitäten aufgebaut wer-
den könnten. Insgesamt kann also von einem kurz­
fristig inelastischen Angebot ausgegangen werden.2                      Dieser Artikel basiert auf Daten des Schweizer Haushalts-Panels (SHP), das sich im
                                                                        Schweizer Kompetenzzentrum der Sozialwissenschaften FORS befindet. Das SHP-
Ein allfälliger Nachfrageschock würde somit vor allem
                                                                        Projekt wird vom Schweizerischen Nationalfonds finanziert.
zu höheren Preisen führen, da die Zusatznachfrage
nicht unmittelbar durch ein höheres Angebot abge-
                                                                        1
                                                                            2016 gab es in der Schweiz rund 2,2 Mio. Mieterhaushalte.
deckt werden kann (Punkt 2). Unsere Modellrechnun-
                                                                        2
                                                                            Empirische Untersuchungen deuten ebenfalls auf eine inelastische Angebotskurve
gen haben gezeigt, dass dieser Preisschub bis zu 20 %                       hin (vgl. Büchler, S., Ehrlich, M. v. und Schöni, O. (2017): On the Responsiveness of
ausmachen könnte. Je nachdem, wie schnell sich das                          Housing Development to Rent and Price Changes: Evidence from Switzerland).

                                                                              Immobilien aktuell November 2019 | Zürcher Kantonalbank                           7
Private Garagen

      Überangebot an Garagen:
      Einfallsreichtum gefordert

      Immer weniger Personen besitzen im Kanton Zürich ein Auto. Gleichzeitig steigt
      die Anzahl angebotener Garagenplätze. Eigentümer und Entwickler verfügen über
      zwei Mittel gegen das Überangebot: Sie realisieren das Minimum oder zeigen
      einfallsreichere Bewirtschaftungs- und Nutzungsideen.
      Von Robert Kuert, Analytics Immobilien

      Von Rüti über Zürich bis Feuerthalen sind Garagen aus-                             Um die Jahrtausendwende kam auf zwei Einwohner
      geschrieben. Verschätzten sich die ursprünglichen Bau-                             der Stadt Zürich ein Personenwagen. Seither sank der
      herren bei der Bedarfsermittlung? Personenwagen pro                                Motorisierungsgrad auf heute drei Einwohner pro Per-
      Person nehmen ab. Leerstände sind unvermeidlich.                                   sonenwagen. Die zuvor erwähnten politischen Ent-
      Wie gehen betroffene Eigentümer damit um? So viel                                  wicklungen beflügeln diesen Trend zusätzlich. Aber
      ist klar: Die Immobilienbranche muss reagieren, wenn                               nicht nur in der Stadt nimmt das Verhältnis zwischen
      nicht immer mehr Garagen ungenutzt bleiben sollen.                                 eingelösten Fahrzeugen und Personen ab. Im Rest des
                                                                                         Kantons stagnierte es um 2015 und war jüngst sogar
      Mobilität verändert sich                                                           leicht rückläufig.
      Mobilität hat als politisches Thema Hochkonjunktur,
      auch im Kanton Zürich. Der kantonale Richtplan                                     Ermittlung trifft nicht immer Bedarf
      gewährleistet zwar die freie Wahl des Verkehrsmittels,                             Regulatorische Vorgaben zum Parkplatzbedarf wandeln
      dennoch soll der öffentliche Verkehr nach den Vor­                                 sich. Entsprechende Verordnungen berücksichtigen
      gaben der Raumplanung stärker als der motorisierte                                 mehr Faktoren als früher bei der Ermittlung des mini-
      Individualverkehr wachsen. Bis 2030 sollen 40 % aller                              mal erforderlichen und maximal zulässigen Bedarfs.
      Fahrten im Kanton mit dem ÖV zurückgelegt werden,                                  Diese bemessen nicht nur die Nutzweise, den Nutzer-
      in der Stadt Zürich sogar 55 % (Stand 2015: 30 %                                   typ und deren Anzahl, sondern gewähren auch
      bzw. 41 %). Dies übt Druck auf die Nachfrage nach                                  Ab­schläge, wenn das Bauprojekt mit dem ÖV gut
      Personenwagen aus, was sich im Verhältnis von Fahr-                                erschlossen ist. Markante Abweichungen vom Minimal-
      zeugen zu Einwohnern, dem sogenannten Motorisie-                                   bedarf sind auch möglich, nämlich mit einem individu-
      rungsgrad, niederschlägt.                                                          ell erstellten Mobilitätskonzept. Beispiele zu solchen
                                                                                         autoarmen und autofreien Siedlungen finden sich bis
      Sinkende Nachfrage, grösseres Angebot                                              jetzt vor allem im Genossenschaftsbau. Trotzdem ent-
      Motorisierungsgrad (2012 = 100) und Anzahl inserierter Garagen                     spricht der ermittelte Bedarf nicht immer der tatsächli-
      104                                                                       2100     chen Nachfrage, denn diese ändert sich im Laufe der
      102                                                                       1800
                                                                                         Zeit. Viele Garagen suchen deshalb nach einem neuen
                                                                                         Mieter. Eine solche Entwicklung lässt sich aktuell
      100                                                                       1500
                                                                                         anhand der ausgeschriebenen Garagen erkennen.
       98                                                                       1200

       96                                                                        900
                                                                                         Kaum Eigenheimbau ohne Garage
                                                                                         Auf Vermittlungsplattformen werden seit 2012 immer
       94                                                                        600
                                                                                         mehr Garagen angeboten. 2012 und 2013 war die
       92                                                                        300     Anzahl der Aufschaltungen in der Stadt Zürich noch
       90                                                                           0    gleich gross wie im übrigen Kanton, seither stieg die
             2012     2013    2014     2015       2016      2017      2018               Anzahl angebotener Garagen im übrigen Kanton aber
            Motorisierungsgrad Stadt ZH          inserierte Garagen Stadt ZH             deutlich schneller. Ist das ein Zeichen für ein Überan-
            Motorisierungsgrad übriger Kt.       inserierte Garagen übriger Kanton       gebot? Anhand von Immobilientransaktionen sind wir
                                          Quelle: Strassenverkehrsamt Zürich, Homegate   dieser Frage nachgegangen.

      8       Immobilien aktuell November 2019 | Zürcher Kantonalbank
Bei gehandelten Eigentumswohnungen im Kanton                                        Andere Bewirtschaftung als erste Hilfe
Zürich zeichnen sich zwei Trends ab. Erstens stieg die                              Für Eigentümer, die jetzt bereits mit Leerständen zu
Zahl gebauter Garagen seit den 1940er-Jahren stetig                                 kämpfen haben, bietet sich zuallererst eine andere
an. Heute hat nur noch eine von zehn Wohnungen                                      Bewirtschaftungs- bzw. Vermarktungsstrategie an.
keine Garage. Zweitens waren Doppelgaragen bis in                                   Zum einen lässt sich anstelle der Dauermiete auf
die 1970er-Jahre unüblich, holten aber danach schnell                               Kurzfristvermietung setzen. Hierfür existieren bereits
auf und sind heute bei 40 % der neueren Wohnungen                                   Applikationen, über die Nutzer online freie Plätze
ein fester Bestandteil.                                                             buchen können. Gerade an zentralen Lagen ist diese
                                                                                    Nutzung erfolgversprechend, weil hier Nutzfahrzeuge
Damit nimmt die absolute Zahl der Garagen weiterhin                                 und Kurzzeitbesucher häufiger sind. Zum anderen
zu. In Kombination mit dem abnehmenden Motorisie-                                   kann die Vermietung gezielt auf langfristiges Einstel-
rungsgrad ist mit einem Überangebot zu rechnen. Bei                                 len mit Nebenleistungen ausgerichtet werden.
aktuellen Bauvorhaben sollte sich der Parkplatzbedarf                               Gerade für Oldtimer ist das interessant, wenn Pflege
daher besser vorsichtig bemessen.                                                   und kontrollierte Luftfeuchtigkeit zur Ausstattung
                                                                                    gehören. Anreize zum Mehrfachmieten sind eine
                                                                                    dritte Variante. Zum Beispiel durch Preisnachlass für
Vermehrt Doppelgaragen bei Eigentumswohnungen                                       Mieter, die sich für zwei anstelle von einem Garagen-
Anzahl Garagen nach Baujahr (Kanton ZH)                                             platz entscheiden. Reicht eine alternative Bewirt-
100 %                                                                               schaftung allein nicht aus, sollte über eine Umnut-
90 %                                                                                zung nachgedacht werden.
80 %
 70 %                                                                               Umnutzung als letzte Lösung
60 %                                                                                Umnutzungen unterscheiden sich beim Realisierungs-
50 %                                                                                aufwand deutlich voneinander. Schnell umgesetzt
40 %                                                                                sind zusätzliche Waschküchen für Mieter oder Lager-
30 %                                                                                räume für externe Benutzer. Für letztere gibt es
 20 %                                                                               bereits spezialisierte Partnerunternehmen. Bei grösse-
 10 %                                                                               rer Investitions- und Risikobereitschaft können Dienst-
  0%                                                                                leistungs- oder Freizeitnutzungen Lösungen sein. So
              1950       1960   1970   1980     1990      2000      2010            zum Beispiel Wäschereibetriebe oder Rechenzentren,
          0          1      2     >2          Quelle: Swiss Real Estate Data Pool   sofern die lokalen Bau- und Zonenordnungen dies
                                                                                    zulassen. Bei angemessener Nachfrage sind auch Fit-
                                                                                    nessräume, Escape Rooms oder Bowlingbahnen
Das Minimum vorziehen                                                               denkbar.
Es lässt sich beobachten, dass teilweise an der Nach-
frage vorbeigebaut wird. Gerade auch weil baurechtli-                               Bei abnehmender Beliebtheit von Personenwagen
che Vorgaben nicht mit der Entwicklung Schritt gehal-                               müssen Eigentümer also nicht zwingend auf ihren
ten haben. Entwickler sollten sich bei geringem Risiko­                             leer stehenden Garagen sitzen bleiben. Sie tun aber
appetit daher lieber am minimalen Grenzbedarf orientie-                             aktuell gut daran, bei der Bedarfsermittlung voraus-
ren. Bestenfalls werden die sich auf den Parkplatzbedarf                            zuschauen und alternative Bewirtschaftungs- und
auswirkenden Faktoren miteinbezogen, z.B. zu erwar-                                 Umnutzungsstrategien im Hinterkopf zu haben. 
tende Regulierungsänderungen oder die zukünftige Inf-
rastrukturentwicklung. Materialisiert sich das Risiko des
Leerstands letztlich doch, gibt es zwei Lösungswege: eine
neue Bewirtschaftungsstrategie oder eine Umnutzung.

                                                                                       Immobilien aktuell November 2019 | Zürcher Kantonalbank   9
Angebot

     Knappes Wohneigentum:
     Das Dilemma der Vermarktung

     Der Anlagenotstand zwingt Immobilieninvestoren, an immer risikoreicheren Lagen
     Mietwohnungen zu bauen. Zugleich werden weniger Eigentumswohnungen
     gebaut, trotz reger Nachfrage. Immobilienentwickler scheuen den höheren
     Vermarktungsaufwand bei Stockwerkeigentum, denn die letzte Wohnung verkauft
     sich oft nur sehr zäh. Von Patrick Steiner, Analytics Immobilien

     Wer dieser Tage im Internet eine Eigentumswohnung                                                                                               grund tiefer Zinsen und hoher Aktienbewertungen
     sucht, findet grössenteils Inserate mit älteren Wohnun-                                                                                         zurzeit wenig Alternativen übrig bleiben.
     gen. Entweder ist das gewünschte Objekt schlicht zu
     teuer, oder man kommt nicht um gewisse Abstriche                                                                                                Die starke Nachfrage nach Renditeliegenschaften auf
     herum, die aber wehtun. Die Suche nach dem perfek-                                                                                              institutioneller Seite wird auch vermehrt von kleineren
     ten Eigenheim gestaltet sich schwierig. Es scheint, als                                                                                         Immobilienentwicklern bedient. Denn die Attraktivität
     wären alle akzeptablen Objekte bereits an jemand                                                                                                der Mietwohnungsentwicklung wird zusätzlich durch
     anderen verkauft worden.                                                                                                                        die Abtretung des Vermarktungsrisikos gesteigert. So
                                                                                                                                                     vermeiden Immobilienentwickler, auf unverkauften
     Anlagenotstand befeuert Knappheit                                                                                                               Eigentumswohnungen sitzen zu bleiben. Denn institu-
     Das knappe Angebot kommt nicht von ungefähr, denn                                                                                               tionelle Anleger kaufen ein Mehrfamilienhaus als Paket
     die Baubewilligungen für Stockwerkeigentum (STWE)                                                                                               und vermieten die Wohnungen anschliessend durch
     sind schon seit längerem stark rückläufig. So hat sich                                                                                          professionelle Bewirtschafter. Dies bringt viele Vorteile,
     die Anzahl baubewilligter Eigentumswohnungen im                                                                                                 so haben Promotoren und Entwickler nur eine einzige
     Kanton Zürich seit 2011 halbiert, während baubewil-                                                                                             Ansprechperson für den Verkauf, die zudem noch
     ligte Mietwohnungen im gleichen Zeitraum um fast                                                                                                Immobilien-Know-how und Routine mitbringt. Uner-
     70 % zugelegt haben. Auch im dritten Quartal 2019                                                                                               fahrene Käufer einer Eigentumswohnung dagegen
     sank die Zahl der bewilligten Eigentumswohnungen                                                                                                erfordern mehr Geduld, und einzelne Wohnungen mit
     um 30 % im Vergleich zum Vorjahresquartal, ein star-                                                                                            z.B. nördlicher Ausrichtung oder ungünstigen Grund-
     kes Minus im Vergleich zu den Mietwohnungen                                                                                                     rissen benötigen eine längere Zeit zur Vermarktung.
     (+6 %). Der gegenläufige Trend ist symptomatisch für                                                                                            Jedoch sollte man Wohneigentum nicht vorschnell
     den Anlagenotstand. Pensionskassen, Versicherungen                                                                                              abschreiben. Die Nachfrage nach Wohneigentum ist
     und Vermögensverwalter investieren zunehmend in                                                                                                 ungebrochen gross, und es gibt durchaus Bezirke im
     Immobilien, da auf den Kapital- und Geldmärkten auf-                                                                                            Kanton Zürich mit Potenzial für neue Projekte.

     Stockwerkeigentum nicht überall gleich beliebt                                                                                                  Wohneigentum im Kanton Zürich begehrt
     Anteil vorausverkaufter Neubauten, 2014 – 2019                                                                                                  Auch wenn die Sorge über eventuelle Ladenhüter
     35 %                                                                                                                                            berechtigt ist, so zeigt unsere Analyse der Inserateda-
     30 %                                                                                                                                            ten von Homegate, dass der Kanton Zürich bei Eigen-
     25 %                                                                                                                                            heimsuchenden überdurchschnittlich begehrt ist. So
     20 %                                                                                                                                            verkauften sich rund 30 % der im Stockwerkeigentum
     15 %                                                                                                                                            neu erstellten Mehrfamilienhäuser in Winterthur
     10 %                                                                                                                                            bereits vor Fertigstellung des Gebäudes komplett aus.
      5%                                                                                                                                             Aber auch Horgen, Meilen, Dietikon und Uster sind mit
      0%                                                                                                                                             einem Anteil von 20 – 25 % vorausverkauften STWE-
                                                                                                                                                     Neubauten Kassenschlager. Etwas mehr Geduld benö-
            Winterthur

                         Horgen

                                  Meilen

                                           Dietikon

                                                      Pfäffikon

                                                                  Uster

                                                                          Hinwil

                                                                                   Zürich

                                                                                            Bülach

                                                                                                     Affoltern

                                                                                                                 Andelfingen

                                                                                                                               Dielsdorf

                                                                                                                                           Schweiz

                                                                                                                                                     tigt man in den Bezirken Andelfingen und Dielsdorf,
                                                                                                                                                     denn dort sind nur 7,5 % der Neubauten vor Bauende
                                                                      Quelle: homegate.ch, Zürcher Kantonalbank                                      vollständig verkauft.

     10       Immobilien aktuell November 2019 | Zürcher Kantonalbank
Vermarktungsrisiko schwankt regional stark
Anzahl Monate bis zum Verkauf der letzten Wohnung,
2017 – 2019
                            Horgen
                     Bülach      30            Uster
                                                                                 • In Dietikon werden bei jedem zweiten
                                 24
                                                                                 Mehrfamilienhaus alle Eigentumswoh-
                                 18                                              nungen innert acht Monaten verkauft.
     Dielsdorf                                            Winterthur
                                 12
                                 6

Andelfingen                      0                            Dietikon

                                                                           Kleinere Objekte nicht zwingend besser
        Hinwil                                            Zürich           Es wird oft moniert, dass gerade grössere Neubaupro-
                                                                           jekte im STWE-Segment ein Risiko darstellen. Da die
               Affoltern                        Meilen                     Anzahl an Grossprojekten auf Bezirksebene eher klein
                              Pfäffikon
                                                                           ist, erfordert eine Analyse eine grossräumigere Betrach-
                                                                           tung. Im Kanton Zürich dauert es durchschnittlich rund
  Median (50 % ausverkauft)                                                sechs Monate länger, bis die letzte Wohnung in einem
  75 % ausverkauft             Quelle: homegate.ch, Zürcher Kantonalbank   grösseren Mehrfamilienhaus (10 und mehr Wohnun-
                                                                           gen) verkauft ist. Das entspricht in etwa dem schwei-
                                                                           zerischen Durchschnitt. Dies ist jedoch nur die halbe
Risiken variieren regional                                                 Wahrheit. Betrachtet man das Viertel der Grossobjekte
Nicht alle haben das Glück, einen Verkaufshit zu bauen.                    mit der längsten Verweildauer des Inserats nach Fertig-
Deshalb lohnt es sich zu analysieren, wie lange es                         stellung, so verkaufen sich diese in zwei bis maximal
­dauert, bis auch die letzte Eigentumswohnung eines                        drei Jahren vollständig. Bei kleineren Objekten dauert
 Neubaus vom Markt verschwindet. In H  ­ orgen und                         das ein gutes halbes Jahr länger. Daher variiert die
 Uster werden in jedem zweiten Mehr­familienhaus alle                      Verweildauer bei Grossobjekten im Kanton Zürich
 Eigentumswohnungen innert vier Monaten verkauft.                          weniger, was man einerseits auf eine geölte Marke-
 In Bülach dagegen dauert es mehr als dreimal so                           tingmaschinerie bei Grossobjekten zurückführen kann,
 lange. Für den gesamten Kanton Zürich liegt dieser                        andererseits sind grössere Projekte ausgefeilter und
 Wert bei acht Monaten und für die Schweiz bei                             besser auf die Bedürfnisse der Käufer zugeschnitten.
 einem Jahr.                                                               Die Lage ist auch hier entscheidend. Schweizweit liegt
                                                                           das Risiko bei Grossobjekten höher, da grosse Über-
Im Kanton Zürich jedenfalls sind die Sorgen der                            bauungen an unattraktiven Lagen einfach einen lan-
Immobilienentwickler insgesamt wenig gerechtfertigt,                       gen Atem bis zum Ausverkauf benötigen. Da hilft
auch wenn es durchaus Regionen gibt, die ein höhe-                         dann auch gutes Marketing wenig.
res Risikoprofil aufweisen. So werden in Meilen,
­P fäffikon, Affoltern und Bülach in drei Viertel aller                    Überschaubares Vermarktungsrisiko
 Neubauten erst in zwei bis zweieinhalb Jahren alle                        Auch wenn Stockwerkeigentum aufgrund des Anlage-
 Eigentumswohnungen verkauft. Dagegen liegt dieser                         notstands wohl noch länger im Schatten von Miet-
 Wert in Horgen, Uster, Winterthur und Dietikon mit                        wohnungen stehen wird, zeigt diese Analyse, dass die
 eineinhalb Jahren besonders tief. Meilen überrascht                       Risiken um die letzte unverkaufte Wohnung im Kanton
 hier in besonderem Masse. Denn obwohl Neubauten                           Zürich kalkulierbar sind. Vor allem Horgen, Winterthur,
 sehr gesucht sind, gibt es doch einige Objekte, die                       Uster und Dietikon bieten sich als attraktive Standorte
 wenig Begeisterung bei den Eigenheimkäufern                               für die Entwicklung von Wohneigentum an. Aufgrund
 wecken, wohl weil zu teuer gebaut wurde. Ferner                           der rekordtiefen Hypothekarzinsen ist nach wie vor mit
 wurde in Bülach durch die Quartierentwicklung                             regem Interesse an Eigentumswohnungen zu rechnen.
 «Bülach-Nord» in den letzten Jahren eine grosse                           Auch sind die Risiken für grössere Neubauten über-
 Anzahl neuer Wohnungen erstellt. So übersteigt das                        schaubar. Das Risiko einer kurzfristigen Marktsättigung
 Angebot kurzfristig massiv die Nachfrage, weshalb es                      ist durchaus gegeben, wie das Beispiel von «Bülach-
 in Bülach zurzeit etwas länger dauert, bis die letzte                     Nord» zeigt. Insgesamt bleiben die Vermarktungsrisiken
 Wohnung verkauft wird.                                                    jedoch überschaubar. 

                                                                              Immobilien aktuell November 2019 | Zürcher Kantonalbank   11
Baupromotionen im Kanton Zürich

      Baupromotion: Viele Wege zum Erfolg
      Als Partnerin von Baupromotoren begleitet die Zürcher Kantonalbank zahlreiche Projekte
      im Wirtschaftraum Zürich mit ihrem umfassenden Know-how im Immobiliensektor.
      Wie unterschiedlich erfolgversprechende Projekte sein
      können, zeigen die exemplarischen Steckbriefe von vier
      aktuellen Projekten, die im Kanton Zürich entstehen.

           Wolkenwerk Zürich-Oerlikon
           Vorteilhaft konzipiertes Projekt mit 314 zeitgemäss dimensionierten
           Atelier-, Garten- und Loggia-Wohnungen sowie sehr attraktiven Pent-
           house-Maisonettes.

      		   Diverse kommerzielle Nutzflächen in den Sockelgeschossen der Wohn-
           hochhäuser sowie eine grosszügige Parkanlage mit Weiher runden das
           interessante Angebot im neuen, städtebaulich gut durchmischten
           Wohn- und Arbeitsquartier Zürich-Leutschenbach ab.

       Leutschenbach AG
       Leutschenbachstrasse 30  – 48, 8050 Zürich
           314 Wohnungen in den Hochhäusern und den Gartenflügeln,
           davon 250 zum Verkauf und 64 zur Vermietung
           1’400 m2 kommerzielle Mietflächen in den Sockelgeschossen
           5’000 m2 Parkanlage mit Weiher
       Stauffer & Hasler Architekten
        Von Ballmoos Partner Architekten
          In Erstellung
       Fertigstellung ab Herbst 2020
       wolkenwerk.ch

           Terrazza Küsnacht
           An ruhiger Lage am Siedlungsrand von Küsnacht entstehen
           17 verschieden grosse Eigentumswohnungen mit guter Anbindung
           an die nahe gelegene Zürcher City.

      		   Die gelungene Architektur, die vorteilhafte Situierung der Wohnungen
           mit grosszügigen Aussenflächen sowie eine ansprechende Materiali-
           sierung tragen zur attraktiven Gesamt­erscheinung dieses zeitgemässen
           Wohnangebotes bei.

       Meili Unternehmungen AG
       Allmendboden 28 – 32, 8700 Küsnacht
           17 Eigentumswohnungen mit
      		   grosszügigen Aussenflächen
       Fischer Architekten
          In Erstellung
       Fertigstellung 2. Hälfte 2020
       terrazza-kuesnacht.ch

      12      Immobilien aktuell November 2019 | Zürcher Kantonalbank
Bombasei Nänikon
     Interessantes Projekt in nachhaltiger und innovativer Stroh-Bauweise, das
     den Zeitgeist und damit die Bedürfnisse vieler Nachfrager trifft.

		   Durch die Nähe zum Bahnhof Nänikon-Greifensee ist die Überbauung
     ausgezeichnet an den öffentlichen Verkehr angeschlossen.

		   Die Gemeinde ist attraktiv und verfügt dementsprechend über eine
     hohe Nachfrage nach Wohneigentum.

 Bombasei AG
 Jean-Hotz-Strasse 4/6/8a – f, 8606 Nänikon
     3 Mehrfamilienhäuser in Mischbauweise mit nachhaltigen und natürli-
     chen Baumaterialien (vorgefertigte Holz-/Strohelemente, Lehm, Kalk):
     11 Eigentumswohnungen
     6 Reiheneinfamilienhäuser
     11 Mietwohnungen
 Atelier SCHMIDT GmbH
    In Erstellung
 Bezug Herbst 2020
 bombasei-wohnen.ch

                               Walther-Hauser-Strasse Wädenswil
                               Gutes Gesamtkonzept mit 6 Eigentumswohnungen und
                               10 Einstellplätzen an erhöhter Lage in Wädenswil in einem
                               ruhigen Wohnquartier mit Seeblick ab der 1. Etage.

                          		   Die Nord-Süd-Ausrichtung mit Aussenräumen bei jeder
                               Wohnung Richtung See und Berg ist speziell hervorzuheben.
                               So wird den beiden unterschiedlichen Orientierungen vor-
                               teilhaft Rechnung getragen. Die gut möblierbaren Grund-
                               risse und hellen Räume runden das stimmige Konzept ab.

                           EMWE Immobilien AG
                           Walther-Hauser-Strasse 4B, 8820 Wädenswil
                               6 Eigentumswohnungen (2½ bis 4½ Zimmer) mit Seesicht im
                               Norden und Sonne im Süden durch optimale Situierung der
                               Wohnungen
                            EMWE Architektur AG
                              In Erstellung
                            Fertigstellung 2. Hälfte 2020
                            waltherwaedenswil.ch

                               Immobilien aktuell November 2019 | Zürcher Kantonalbank   13
Interview

                                                                            «An zentralen Lagen im
                                                                            Kanton Zürich herrscht ein
                                                                            Mangel an Eigenheimen.»
                                                                            Heinz Stecher, Leiter Key Account
                                                                            Management Bau/Immobilien

      Die Schlüsselfaktoren für Erfolg
      im Geschäft mit Wohneigentum

      Alle Welt investiert in Renditeobjekte. An dezentralen Lagen steigen die Leerstände im
      Mietwohnungssektor bereits. Derweil ist der Bau von grösseren Über­bauungen mit
      Eigentumswohnungen ins Stocken geraten. Heinz Stecher, Leiter Key Account Management
      im Immobiliensektor der Zürcher Kantonalbank, weiss, wo der Schuh drückt und wie
      Grossprojekte dennoch zum Erfolg werden. Interview: Othmar Köchle, Fotos: Meinrad Schade

      Heinz Stecher, die Marktsituation für Baupromo-                 ist angebotenes Bauland an geeigneten Lagen knapp.
      toren ist anspruchsvoll: Die anhaltende Kapital-                Aber was viele nicht wissen: Auch die Anzahl am Markt
      schwemme führt dazu, dass Investoren ihr Heil                   angebotener Renditeliegenschaften ist sehr gering. So
      immer mehr bei Renditeliegenschaften suchen.                    wird im Kanton Zürich beispielsweise nur gerade jedes
      Grössere Eigentumswohnungs- und Einfamilien­                    200. Mehrfamilienhaus verkauft. Die übrigen werden
      hausprojekte sind dagegen rückläufig. Sie kennen                familienintern weitergereicht oder vererbt. Tatsache ist,
      die Lage der Baupromotoren und stehen in                        dass sich mit der Vermietung von Wohnungen und
      engem Kontakt. Von ­welchen Schwierigkeiten                     Geschäftsflächen ansehnliche Erträge erwirtschaften
      und Hürden hören Sie in der Branche?                            lassen. Entsprechend gross ist der «Run» auf diese
      Heinz Stecher: Die anhaltend tiefen Zinsen führen zu            Anlagekategorie. Professionell agierende institutionelle
      veränderten Allokationen und folglich zu Ungleichge-            Anleger wie Pensionskassen, Anlagestiftungen, Fonds
      wichten auf dem Immobilienmarkt. Schon seit langem              und Versicherungen sowie private Investoren suchen

      14    Immobilien aktuell November 2019 | Zürcher Kantonalbank
intensiv, ja sogar fast verzweifelt. Sie sind bereit,        Nehmen wir das Beispiel der Wohnüberbauung Terrazza
immer höhere Marktpreise für neue, alte, grosse und          in Küsnacht (siehe Seiten 12/13). Nach dem Landerwerb
kleine Renditeliegenschaften zu bezahlen.                    untersuchte der Baupromotor zunächst sorgfältig die
                                                             Nachfrage nach Wohnraum. Die Analyse ergab: Nicht
Und wie reagieren Baupromotoren auf diese                    zu gross dimensionierte Eigentumswohnungen mit
Situation?                                                   qualitativ und quantitativ ansprechenden Aussenflä-
Ein Baupromotor verdient heute fast gleich viel, egal        chen könnten an dieser Lage sehr stark nachgefragt
ob er nun ein Mehrfamilienhaus mit Mietwohnungen             werden. Ein privater Architekturwettbewerb mit detail-
erstellt und dieses an ein Anlagegefäss verkauft oder ob     lierten Vorgaben führte sodann zur besten Architektur
er das Haus in Stockwerkeigentum aufgeteilt plant und        mit ansprechenden Materialien und attraktiven Woh-
für jede Eigentumswohnung einen Endkäufer sucht.             nungslayouts. Das Preisniveau entspricht der Projekt-
                                                             qualität und der Lage. Der erfolgreiche Verkauf der
Risiko und Aufwand sind bei der zweiten Variante aber        Wohneinheiten hat die Richtigkeit der Entscheidungen
bedeutend grösser! Während Mietwohnungen einheit-            des Baupromotors bestätigt.
lich, standardisiert ausgebaut werden, will verständli-
cherweise jeder Eigentumswohnungskäufer seiner Ein-          Inwiefern kann unsere Bank als Partnerin in
heit eine persönliche Note verleihen – ganz im Sinne         einem Promotionsprojekt Mehrwert schaffen?
von «my home is my castle». Auch besteht das Risiko,         In vielen Facetten, qualitativ, quantitativ und mit unserer
dass nicht alle Eigentumswohnungen in der ge­planten         starken Marke! Damit meine ich Folgendes: Wir verfü-
Erstellungszeit einen Endkäufer finden, was die Projekt-     gen über ein einzigartiges Immobilien-Research sowie
rendite empfindlich schmälert. Aus diesen Gründen ist        zahlreiche Immobilienspezialisten, die sich tagtäglich mit
begreiflich, dass viele Baupromotoren den Mietwoh-           Analysen und mit Immobilienbewertungen, -verkäufen
nungsbau bevorzugen.                                         sowie bautreuhänderischen Aufgaben befassen. Wir
                                                             analysieren Daten zu Gemeinden, Projekten, Preisen,
Vereinzelte kapitalstarke Baupromotoren richten ihr          Mieten und Absorptionszeiten. Wir kennen jedes grös-
Augenmerk auch auf grössere Entwicklungsgebiete. Sie         sere Immobilienprojekt, sei es im Zusammenhang mit
haben städteplanerische Kompetenzen aufgebaut und            Finanzierungen, Schätzungen, Transaktionen oder via
erwerben ganze Industriebrachen sowie nicht erschlos-        unser Immobilien-Asset-Management. Dies macht uns
senes Land innerhalb von raumplanerisch definierten          als Sparringpartner wertvoll. Viele unserer Kunden
Entwicklungsperimetern. Anschliessend treiben sie            holen früh im Projekt unsere Fachkompetenz ab und
deren Entwicklung konsequent voran. Es entstehen             wollen unsere Meinung zu ihrem Projekt hören, bei-
städtebaulich interessante, nutzungsmässig meist             spielsweise wo wir Herausforderungen und zusätzliche
durchmischte urbane Räume.                                   Chancen sehen. Selbstverständlich können wir sie in
                                                             der Finanzierung begleiten; dies gehört zu unserem
Produzieren wir denn noch genug Eigenheime?                  Kerngeschäft. Wichtig bei einer Baupromotion ist aber
Gesamtschweizerisch betrachtet liegt die Eigenheim-          auch, dass wir mit unserem Namen hinter ihrem Projekt
quote bei rund 40 %. Jährlich wird auch ungefähr eine        stehen. Im Verkauf wirkt das vertrauensfördernd. Ein
solche Quote an Eigenheimen produziert. Im Kanton            Eigenheimkäufer vernimmt gerne, dass die Zürcher
Zürich hingegen hat sich die Eigenheimproduktion auf-        Kantonalbank als seriöse und glaubwürdige Partnerin
grund der beschriebenen Marktungleichgewichte in den         das Projekt für gut befindet.
letzten Jahren stetig reduziert. Seit 2016 wurden durch-
schnittlich nur noch knapp 25 % Eigenheime erstellt.         Können Sie drei Schlüsselfaktoren nennen, die
Die ganze Restproduktion ging in den Mietmarkt. Regio-       ein Baupromoter beachten muss, damit sein Pro-
nal bestehen zwar Unterschiede aber es ist offensichtlich,   jekt zum Erfolg wird?
dass an verschiedenen Lagen ein Nachfrageüberhang            Wir sprechen von den drei Ks. Das erste K steht für
nach Eigenheimen besteht. Dabei gilt: Je urbaner die         Kunde: Eine wichtige Kenngrösse sind die Nachfrager.
Lage, desto geringer die Eigenheimproduktion.                Ihre Bedürfnisse gilt es zu Beginn zu analysieren. Etwas
                                                             plakativ ausgedrückt, plante man früher ein Projekt
Dennoch konnte die Zürcher Kantonalbank als                  und suchte dann die «richtigen» Nachfrager. Heute
Partnerin verschiedene erfolgreiche Baupromo­                analysiert und kennt man die Nachfragerbedürfnisse
tionen mitbegleiten. Können Sie exemplarisch                 und plant dann für sie das «richtige» Projekt. Das
sagen, was zum Erfolg eines Projekts führt?                  zweite K steht für Kollaboration: Ein erfolgreicher Bau-

                                                                Immobilien aktuell November 2019 | Zürcher Kantonalbank   15
Kosten wird bereits in der Planungsphase definiert;
Heinz Stecher arbeitet seit 20 Jahren für die Zürcher Kan-        darauf gilt es zu achten. Optimierungen sind vorzuneh-
tonalbank, 15 Jahre als Immobilienspezialist. Davon war er        men. Während der Realisierung ist ein State-of-the-
über 7 Jahre als Leiter der Immobiliendienstleistungen ver-       art-Baukostencontrolling zwingend. Der jederzeitige
antwortlich für Bewertungen, Verkäufe, Bautreuhandauf-
                                                                  Überblick über den Stand der Kosten verhindert, dass
gaben. Seit 2016 leitet er das Key Account Management für
                                                                  während des Baus unnötige Nachträge mit ausufern-
Firmenkunden im Bau- und Immobiliensegment. Er ver-
bringt seine Freizeit gern mit der Familie und mit Freunden,
                                                                  den Kostenfolgen in Auftrag gegeben werden.
beim Sport (Biken, Joggen, Golfen, Skifahren etc.) oder
beim Wandern. Er schätzt und nutzt auch gerne das reich-          Wie lange wird die aktuelle Situation noch an-
haltige kulturelle Angebot in der City, sei es Kunst, Filme       halten, und welche Faktoren könnten zu einer
oder Konzerte.                                                    Trendwende führen?
                                                                  Bei der Zinssituation sehen wir kurz- bis mittelfristig
                                                                  keine Entspannung. Das heisst, es dürfte weiterhin viel
                                                                  Kapital nach Renditeobjekten suchen. In peripheren
                                                                  Lagen könnte der Mietwohnungsmarkt eine Sätti-
                                                                  gungsgrenze erreichen. In urbaneren Regionen ist das
                                                                  Angebot knapper und der Nachfragedruck grösser.
                                                                  Damit wird das Thema Verdichtung weitergehende
                                                                  Bedeutung erlangen und noch konkreter und effektiver
                                                                  umgesetzt werden müssen. Einen wichtigen Beitrag zur
                                                                  Befriedigung des Nachfrageüberhanges im urbanen
                                                                  Raum liefern Grossprojekte wie beispielsweise auch
                                                                  Wohnhochhäuser. Wohnen im Hochhaus ist bei uns
                                                                  seit wenigen Jahren wieder en vogue. Wir Schweizer
                                                                  gewöhnen uns erst ans Leben im Hochhaus. Andere
                                                                  Nationen sind uns hier voraus. Wir begleiten momen-
                                                                  tan das Projekt Wolkenwerk in Zürich-Oerlikon (siehe
                                                                  Seiten 12/13).

                                                                  Und eine persönliche Schlussfrage: Wie wohnen
                                                                  Sie, und wie möchten Sie in Zukunft wohnen?
                                                                  Ich lebe mit meiner Frau und meinen Kindern in einem
                                                                  Einfamilienhaus in Meilen. Später – wenn unsere Kin-
                                                                  der ausgezogen sind – kann ich mir auch eine Eigen-
                                                                  tumswohnung in der City vorstellen. Das Angebot ist
                                                                  derzeit leider erschreckend knapp. Aber das kann sich
                                                                  ja noch ändern. 

promotor wird sich zu Beginn und in den Folgephasen               Die Zürcher Kantonalbank für Baupromotoren
eines Projekts immer wieder mit verschiedenen                     Die Zürcher Kantonalbank ist die erste Adresse im Kanton
Anspruchsgruppen und Know-how-Lieferanten aus-                    Zürich, wenn es um gebündelte Kompetenz auf dem Immobilien­
tauschen – innerhalb und ausserhalb seines Betriebs.              markt geht. Baupromotoren schätzen das umfassende Know-
Neben den wichtigen Planern, Bau- und Materialsach-               how und ziehen die Bank als Sparringpartner oft schon in der
verständigen sowie Projekt- und Bauleitern gehören                ersten Phase der Projektierung bei. Kenntnis des Markts, eine
dazu auch Marketingspezialisten und erfahrene Ver-                Fülle von aktuellen Daten für jeden Standort und Expertise auch
                                                                  bei Finanzierunglösungen bei den Abnehmern inklusive und
käufer, Bewirtschafter sowie Vertragsspezialisten und
                                                                  alles aus einer Hand.
Steuerfachleute. Schliesslich das dritte K – die Kosten:
Zu einem gesunden Projekt gehört ein straffes Kosten-             Kontakt: Heinz Stecher, Leiter Key Account Management Bau/
management. Der überwiegende Teil entstehender                    Immobilien, Zürcher Kantonalbank, 044 292 54 82

16      Immobilien aktuell November 2019 | Zürcher Kantonalbank
Regulierung

      Risiko von Mieterinitiativen bedenken
      Berlin hat mit seiner Mietpolitik grosse Wellen geworfen. Dieses Thema könnte auch auf
      Schweizer Investoren zukommen. Bei den Mietkosten bleibt der Druck in Richtung ­
      ver­mehrte Regulierung überschaubar. Doch giessen aktuell Leerkündigungen Öl in die
      mietpolitische Debatte. Von Ursina Kubli und Patrick Steiner, Analytics Immobilien
      In Berlin erwarten Investoren widrige Umstände. Die Mie-     weiterhin sehr selten angefochten. In Zürich wird pro
      ten sollen für die nächsten fünf Jahre mehrheitlich auf      Jahr nur gerade jede 500. Miete einer frisch bezogenen
      dem heutigen Niveau eingefroren werden, während              Wohnung angefochten. Auch beim Referenzzins lässt sich
      Sanierungskosten kaum an die Mieter weitergegeben            beobachten, dass Schweizer Mieter ihren rechtlichen
      werden dürfen. Ein Volksbegehren fordert sogar die Ent-      Handlungsspielraum nicht ausschöpfen. Obwohl Mieter
      eignung von Grossgrundbesitzern. Mit starken Eingriffen      bei einer Senkung des Referenzzinssatzes eine Miet-
      in den Mietermarkt steht Berlin keineswegs allein da.        preisreduktion einfordern können, tun dies längst nicht
      Vergleichbare Diskussionen werden in Paris und Barcelona     alle. Dies deutet darauf hin, dass Schweizer Mieter mit
      geführt. In der Schweiz bezeichnen wir uns gern als          ihrer Wohnsituation höchst zufrieden sind.
      «Volk der Mieter» und sind stolz auf einen gut funktio-
      nierenden Mietmarkt. Ist auch in der Schweiz mit ver-        Basel trübt das Bild
      mehrter Regulierung am Mietmarkt zu rechnen? Ignorie-        Und doch gibt es auch in Schweizer Städten mietpoliti-
      ren Investoren hierzulande ein bedeutendes Risiko?           sche Vorstösse. In Genf kennt man starke Eingriffe in den
                                                                   Mietmarkt mit dem sogenannten LDTR schon längst. Es
      Zufriedene Schweizer Mieter                                  wurde jedoch bislang als Sonderfall betrachtet. Die Stadt
      Grundsätzlich sind die Mieter in der Schweiz gut ge-         Basel ist im Juni 2018 mit der Annahme der vier Initiati-
      schützt. Der Kündigungsschutz ist sehr hoch, und Mieter      ven «Wohnschutz», «Recht auf Wohnen», «Mieterschutz
      haben die Möglichkeit, ihren Anfangsmietzins anzufech-       am Gericht» sowie «Mieterschutz beim Einzug» über-
      ten. Für eine Anfechtung ist die Ausgangslage der Mieter     raschenderweise einen ähnlichen Weg gegangen. Die
      so gut wie noch nie. Zulässig ist eine Nettorendite von      breite Unterstützung dieser Initiativen deutet auf eine
      maximal 50 bzw. eine Bruttorendite von maximal 200           zunehmende Unzufriedenheit bei Mietern hin.
      Basispunkten gegenüber dem Referenzzins. Zwar sind die
      Spitzenrenditen in den Städten in den vergangenen Jahren     Tragbarkeit der Mietkosten ist zentral
      gesunken, doch der Rückgang des Referenzzinses war           Mieterinitiativen dürften sich dann durchsetzen, wenn
      stärker. Ein Grossteil der heutigen Mieten gilt daher als    sich ein zunehmender Teil der Bevölkerung die Miete
      übersetzt. Zweitens wurde die Hürde für eine Anfechtung      nicht mehr leisten kann. Dabei reicht es nicht aus, dass
      deutlich gesenkt. Normalerweise liegt die Beweispflicht in   der durchschnittliche Haushalt seine Wohnungsmiete pro-
      der Schweiz beim Kläger. In den vergangenen Rechtsfällen     blemlos zahlen kann. Entscheidend ist vielmehr, ob dies
      hat sich diese Pflicht jedoch implizit auf den Vermieter     auch den Haushalten mit niedrigem Einkommen gelingt.
      verschoben. Zudem reicht die «Wohnungsnot» bereits             Mithilfe von Daten aus dem Swiss Household Panel
      aus (das Bundesgericht definiert diese bei einer Leerwoh-      sind wir dieser Frage nachgegangen und haben für das
      nungsziffer < 1,5 %), um eine Herabsetzung der Anfangs-        unterste Einkommensviertel die Mietkosten der bestehen-
      miete zu verlangen. Mieter müssen ihre vergeblichen            den Mietverträge ins Verhältnis zum lokalen Einkom-
      Suchbemühungen nicht nachweisen. Man könnte daher              men gesetzt. In manchen Städten ist die Tragbarkeit
      glauben, dass die Anfechtung der Anfangsmieten in der            der Mietkosten beim untersten Einkommensquar-
      Schweiz mittlerweile ein etabliertes Instrument sei. In            til überhaupt kein Thema. In Genf, St. Gallen
      Tat und Wahrheit werden die Anfangsmieten aber                     und Luzern liegen sogar die Wohn-

                                                                      Immobilien aktuell November 2019 | Zürcher Kantonalbank   17
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