Immunhistochemische Charakterisierung der Proteine CCL2, MACC1 und CX3CL1 beim Harnblasenkarzinom

 
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Immunhistochemische Charakterisierung der Proteine CCL2, MACC1 und CX3CL1 beim Harnblasenkarzinom
Immunhistochemische
Charakterisierung der Proteine

CCL2, MACC1 und CX3CL1

  beim Harnblasenkarzinom

           Der Medizinischen Fakultät

       der Friedrich-Alexander-Universität

               Erlangen-Nürnberg

                       zur

       Erlangung des Doktorgrades Dr. med.

                  vorgelegt von

                  Elena Epple

                      2020
Immunhistochemische Charakterisierung der Proteine CCL2, MACC1 und CX3CL1 beim Harnblasenkarzinom
Als Dissertation genehmigt
von der Medizinischen Fakultät
der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg

Tag der mündlichen Prüfung: 25.05.2021/ 29.06.2021
Vorsitzender des Promotionsorgans: Prof. Dr. med. Markus Neurath

Gutachter:     Prof. Dr. rer. nat. Helge Taubert
               Prof. Dr. med. Arndt Hartmann
Immunhistochemische Charakterisierung der Proteine CCL2, MACC1 und CX3CL1 beim Harnblasenkarzinom
Inhaltsverzeichnis

Zusammenfassung .................................................................................................................... 1
Summary .................................................................................................................................. 3
I.         Einleitung ......................................................................................................................... 5
      1.      Anatomie der Harnblase ............................................................................................... 5
      2.      Das Harnblasenkarzinom ............................................................................................. 6
      3.      TNM-Klassifikation des Harnblasenkarzinoms ........................................................... 8
      4.      Therapie des Harnblasenkarzinoms.............................................................................. 9
      5.      CCL2 .......................................................................................................................... 10
      6.      MACC1 ...................................................................................................................... 12
      7.      CX3CL1 ..................................................................................................................... 14
II.        Aufgabenstellung ........................................................................................................... 16
III.          Material und Methoden .............................................................................................. 17
      1.      Histologisches Matetrial und Patientenkollektiv ........................................................ 17
      2.      Methoden.................................................................................................................... 19
           2.1 Herstellung und Liste der verwendeten Lösungen ................................................... 19
           2.1.1 Herstellung der verwendeten Lösungen ................................................................ 19
           2.1.2 Liste der verwendeten Materialien ........................................................................ 19
           2.1.3 Verwendete Antikörper ......................................................................................... 20
      3.      Herstellung eines Tissue-Microarray ......................................................................... 21
      4.      Immunhistochemie ..................................................................................................... 22
           4.1        Grundlagen der Immunhistochemie ................................................................... 22
           4.2        Beispiel für immunhistochemische Nachweismethoden: EnVision-Methode ... 23
           4.3        Nachweisprotokolle ............................................................................................ 24
      5.      Histologische Auswertung ......................................................................................... 25
           5.1        Histologische Auswertung der Proteine MACC1 und CX3CL1 ........................ 25
           5.2        Histologische Auswertung des Proteins CCL2 .................................................. 26
      6       Statistische Auswertung ............................................................................................. 26
IV.           Ergebnisse .................................................................................................................. 27
      1.      CCL2 Proteinnachweis ............................................................................................... 27
           1.1        Auswertung der immunhistochemischen Nachweise von CCL2 ....................... 27
           1.2        Statistische Auswertungen zum CCL2-Protein-Nachweis ................................. 30
           1.2.1          Korrelationen nach Spearman ........................................................................ 30
           1.2.2    Berechnung der Überlebensfunktionen mit Logrank-Test sowie Darstellung der
           Prognose mit Kaplan-Meier-Kurven .............................................................................. 32
Immunhistochemische Charakterisierung der Proteine CCL2, MACC1 und CX3CL1 beim Harnblasenkarzinom
2.      MACC1 Proteinnachweis ........................................................................................... 39
          2.1        Auswertung der immunhistochemischen Nachweise von MACC1 ................... 39
          2.2        Statistische Auswertungen zum MACC1 Nachweis .......................................... 41
          2.2.1         Korrelationen nach Spearman ........................................................................ 41
          2.2.2    Berechnung der Überlebensfunktionen mit Logrank-Test sowie Darstellung der
          Prognose mit Kaplan-Meier-Kurven .............................................................................. 42
     3.      CX3CL1 Proteinnachweis .......................................................................................... 43
          3.1        Auswertung der immunhistochemischen Nachweise von CX3CL1 .................. 43
          3.2        Statistische Auswertungen zum CX3CL1 Nachweis ......................................... 45
          3.2.1         Korrelationen nach Spearman ........................................................................ 45
          3.2.2    Berechnung der Überlebensfunktionen mit Logrank-Test sowie Darstellung der
          Prognose mit Kaplan-Meier-Kurven .............................................................................. 46
V.        Diskussion ...................................................................................................................... 47
     1.      Diskussion der Ergebnisse von CCL2 ........................................................................ 47
     2.      Diskussion der Ergebnisse von MACC1 .................................................................... 50
     3.      Diskussion der Ergebnisse von CX3CL1 ................................................................... 52
VI.          Anhang ....................................................................................................................... 54
     Abkürzungen ...................................................................................................................... 54
     Tabellenverzeichnis............................................................................................................ 57
     Abbildungsverzeichnis ....................................................................................................... 58
VII.         Literaturverzeichnis .................................................................................................... 59
     Zur eigenen Person ....................................................... Fehler! Textmarke nicht definiert.
     Danksagung .................................................................. Fehler! Textmarke nicht definiert.
Immunhistochemische Charakterisierung der Proteine CCL2, MACC1 und CX3CL1 beim Harnblasenkarzinom
Zusammenfassung
Hintergrund und Ziele:
Das Harnblasenkarzinom gehört bei den Männern zu den vierthäufigsten Karzinomen und ist
somit eine Krebserkrankung, die im klinischen Alltag eine große Rolle spielt.
Ein etabliertes Screening-Programm für das Harnblasenkarzinom existiert noch nicht, eine
Untersuchung findet meist erst bei Beschwerden statt.
Auch gibt es unterschiedlich aggressive Arten von Harnblasenkarzinomen, die zwar nach
histologischen Merkmalen eingeteilt werden können, so können jedoch nur unspezifische
Aussagen über das Metastasierungspotential oder auch die Rezidivwahrscheinlichkeit getroffen
werden.
Ein Ansatz, um die Aussagekraft zu verbessern, ist die Untersuchung von Zusammenhängen
zwischen verschiedener vom Tumor exprimierter Proteine und den klinisch-pathologischen
Daten.
Methoden:
In dieser Arbeit haben wir eine immunhistochemische Charakterisierung der Proteine CCL2,
MACC1 und CX3CL1 beim Harnblasenkarzinom durchgeführt. Der Nachweis der Proteine
wurde mit Hilfe eines immunreaktiven Scores (IRS) erfasst. Die IRS Daten wurden mit den
klinisch-pathologischen Daten korreliert, um Zusammenhänge darzustellen und Aussage über
den prognostischen Wert der Proteine bezüglich des Harnblasenkarzinoms zu treffen. Alle drei
Proteine    wurden   bereits   bei   anderen   Tumorentitäten    untersucht,    mit   zum   Teil
vielversprechenden Ergebnissen.
Wir führten Berechnungen zu Korrelationen mit den klinisch-pathologischen Daten mit dem
Spearman-Test und der Assoziationen zu den Überlebensdaten mit dem Logrank-Test durch.
Ergebnisse und Beobachtungen:
Für das Protein MACC1 lagen Korrelationen der IRS mit dem Auftreten von
Lymphknotenmetastasen und dem Grading vor. Bei der Berechnung des Log-Rank-Tests
ergaben sich keine Assoziationen zwischen den IRS-Werten des Proteins und dem
Gesamtüberleben, dem tumorspezifischen Überleben sowie dem Rezidiv-freien Überleben.
Zwischen den IRS des Proteins CX3CL1 und den klinisch-pathologischen Daten lagen keine
Korrelationen vor. Auch der Logrank-Test zeigte keine signifikanten Unterschiede.
Bei den Berechnungen für das Protein CCL2 korrelierten der prozentuale Anteil der gefärbten
Immunzellen pro Tumorfläche mit der Sterberate, dem Auftreten eines Rezidivs und dem
Auftreten von Lymphknotenmetastasen, der Anwendung einer adjuvanten Chemotherapie sowie
mit dem Molecular Immunology Borstel-1 (MIB)-Status. Beim Logrank-Test ergaben sich
signifikante Unterschiede beim tumorspezifischen Überleben sowie beim Rezidiv-freien
Überleben bezüglich der CCL2 Färbung.
Immunhistochemische Charakterisierung der Proteine CCL2, MACC1 und CX3CL1 beim Harnblasenkarzinom
Zusammenfassung

Schlussfolgerung:
Zusammenfassend kann man sagen, dass das Protein MACC1 sich unseren Ergebnissen nach
nicht als aussagekräftiger Marker für das Harnblasenkarzinom eignet, bei anderen Tumorarten
zeigten sich jedoch signifikante Ergebnisse, vor allem hinsichtlich des prognostischen Werts für
die Ausbildung von Metastasen.
Das Protein CX3CL1 ist ambivalent zu betrachten, da es sowohl protumorgene als auch
antitumorgene Effekte bei anderen Tumorentitäten gezeigt hat. Auch dieses Protein erwies sich
im   Ergebnis    unserer   Untersuchungen     nicht   als   prognostischer   Marker   für   das
Harnblasenkarzinom. Hier gilt es jedoch, zusätzlich Untersuchungen anzustellen, um weitere
Aussagen über die Auswirkungen des Proteins auf Tumorzellen treffen zu können.
Das Protein CCL2 hingegen kann, unseren Ergebnissen nach zu urteilen, ein vielversprechender
Marker beim Harnblasenkarzinom sein. Unsere Ergebnisse zeigen eine signifikante Assoziation
zwischen der Expression des Proteins und dem tumorspezifischen, sowie dem Rezidiv-freien
Überleben.

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Immunhistochemische Charakterisierung der Proteine CCL2, MACC1 und CX3CL1 beim Harnblasenkarzinom
Summary

Summary
Background:
Urinary bladder cancer is one of the fourth most common cancers in men and consequently
plays a major role in the everyday clinical practice.
It does not exist an established screening program yet, a medical examination only takes place
when there are complaints.
There are types of bladder cancer, which differ in their aggressiveness. It is possible to
categorize them on basis of histological characteristics, but according to these characteristics it
is difficult to predict the metastatic potential or the cancer recurrence.
Analyses of different proteins, which are expressed by the tumor, and their correlation with
clinico-pathological data is a way to assess the relevance of these factors for e.g., the metastatic
potential.
Methods:
We performed an immunohistochemical characterisation of the proteins CCL2, MACC1 and
CX3CL1 expressed in bladder cancer, which was evaluated by the use of an immunoreactive
score (IRS).
We calculated with the Spearman test correlations of the IRS with clinico-pathological data as
well as with the logrank test associations with the survival data, like overall survival, relapse-
free survival and disease-specific survival.
Results:
There have been already promising studies for all three proteins in other tumor entities.
Our calculations showed correlations of the IRS of MACC1 with the development of lymph
node metastases as well as with the tumor grading. There were no associations between the IRS
values and the survival data in the logrank test.
We did not detect correlations between the IRS of CX3CL1 and the clinico-pathological data. In
addition, logrank test did not reveal an association between CX3CL1 protein expression and
survival data.
Remarkably, the percentage of the CCL2 stained immune cells per tumor correlated with
mortality, occurrence of recurrence, development of lymph node metastases, the application of
adjuvant chemotherapy and the MIB status. The logrank test showed significant associations
between percentage of the CCL2 stained immune cells and the disease-free survival as well as
with the relapse-free survival.
Conclusion:
In summary, we suggest that the protein MACC1 is not suitable as prognostic marker for
bladder cancer, although studies in other tumor entities showed significant results, especially
regarding the development of metastases.

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Immunhistochemische Charakterisierung der Proteine CCL2, MACC1 und CX3CL1 beim Harnblasenkarzinom
Summary

The protein CX3CL1 has to be considered as ambivalent, since it presents both protumorigen
and antitumorigen effects in other tumor entities. For these reasons CX3CL1 did not turned out
to be useful as a prognostic marker for bladder cancer. But because of its ambivalence further
research is needed to predict its effect on tumor cells. Our analyses showed very promising
results for the protein CCL2. We found a significant association between the expression of the
protein and the overall survival, disease-free survival as well as the relapse-free survival.
Results suggest CCL2 protein expression as prognostic factor in urinary bladder cancer.

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Immunhistochemische Charakterisierung der Proteine CCL2, MACC1 und CX3CL1 beim Harnblasenkarzinom
Einleitung

          I.     Einleitung

    1. Anatomie der Harnblase
Die Harnblase (Vesica urinaria) ist ein muskuläres Hohlorgan, das zu den ableitenden
Harnwegen gehört. Der von den Nieren gebildete Urin wird über die Harnleiter (Ureteren) in die
Blase abgeleitet. Hier können bis zu 700ml Urin gesammelt und über die Harnröhre (Urethra)
abgegeben werden.
Die Harnblase liegt extraperitoneal im kleinen Becken, umgeben von verschiebbarem
Bindegewebe, welches kranial von Peritoneum überzogen wird. Sie besteht aus dem
Blasenkörper (Corpus vesicae), dem Blasengrund (Fundus vesicae), dem Blasenhals (Cervix
vesicae) und dem Blasenscheitel (Apex vesicae). Letzterer geht an der Innenseite der vorderen
Rumpfwand in die Plica umbilicalis mediana über, ein Relikt aus der Embryonalzeit. Mit dem
Fundus Vesicae liegt die Blase dem Diaphragma pelvis auf, dorsal grenzt sie bei Männern an
das Rektum, bei Frauen an den Uterus. Der untere Pol befindet sich auf Höhe des Unterrandes
der Symphyse, der obere Pol schwankt je nach Füllungszustand zwischen dem oberen Rand der
Symphyse und dem Bauchnabel. Die beiden Ureteren münden jeweils dorsolateral in die Blase,
eine querverlaufende Schleimhautfalte, die Plica interureterica, verbindet die beiden
Einmündungen (Ostien). Ventrokaudal schließt sich die Urethra an (Schünke et al., 2012).
Ausgekleidet wird die Harnblase von einem mehrschichtigen Übergangsepithel, dem Urothel.
Dieses kann, abhängig von der Füllung der Blase, in seiner Schichtenzahl und Dicke variieren.
So hat eine leere Blase eine Epitheldicke von 8-15 mm, eine gefüllte Blase eine Epitheldicke
von 2-5 mm. Die letzte Schicht des Urothels bilden die Deckzellen (Umbrella cells), die durch
Tight Junctions miteinander verbunden sind und so eine Permeabilitäts- und Schutzbarriere
darstellen (Lüllmann-Rauch, 2012).
Die Harnblase besteht aus zwei Muskeln, dem Musculus detrusor vesicae und dem Musculus
sphincter vesicae. Der M. detrusor vesicae ist ein dreischichtiger Muskel, der die Blase am
Beckenboden befestigt, während der M. sphincter vesicae den inneren Schließmuskel bildet.
Beide sind, zusammen mit den Muskeln der Harnröhre und des Beckenbodens, für die
Kontinenzerhaltung wichtig. Hier hat der M. detrusor vesicae eine relaxierende, der M.
sphincter vesicae eine kontrahierende Funktion.
Die Gefäßversorgung erfolgt sowohl direkt aus den Arteriae iliacae internae, als auch über die
Arteriae vesicales superiores und inferiores. Venös fließt das Blut über den Plexus vesicalis und
vertebralis in die Vena cava inferior beziehungsweise superior ab. Der Lymphabfluss verläuft
über die prä- und retrovesikalen, sowie über die lateralen vesikalen Lymphknoten (LK).
Innerviert wird die Harnblase sowohl sympathisch als auch parasympathisch aus dem Plexus
vesicalis, dessen Fasern aus den Nervi splanchnici stammen (Tillmann, 2016).

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Immunhistochemische Charakterisierung der Proteine CCL2, MACC1 und CX3CL1 beim Harnblasenkarzinom
Einleitung

    2. Das Harnblasenkarzinom
90% der Harnblasenkarzinome sind Urothelkarzinome (Chalasani et al., 2009). Diese werden
unterteilt in papilläre und flache, nicht-papilläre urotheliale Neoplasien. Außerdem wird
zwischen nicht-muskelinvasiven Karzinomen (pTa- und pT1-Karzinome, NMIBC) und den
muskelinvasiven Karzinomen (pT2-pT4, MIBC) unterschieden.
Zu den nicht-muskelinvasiven Läsionen gehört das Carcinoma in situ (CIS), das per
definitionem immer eine flache high-grade Läsion ist. Ebenfalls zu den nicht-muskelinvasiven
Läsionen aus der Kategorie der papillären Läsionen gehört das nicht-invasive papilläre
Urothelkarzinom (pTa), das meistens eine low-grade Läsion ist, aber auch als high-grade Läsion
vorkommt, das Papillom und die papilläre urotheliale Neoplasie mit niedrig malignem Potential
(PUNLMP), die minimale Atypien aufweist und zu den low-grade Läsionen zählt. Zu den
invasiven Läsionen zählt das muskelinvasive Urothelkarzinom, das entweder aus einer flachen
Läsion, z.B. einem CIS, oder aus einer papillären high-grade Läsion (pTa- und pT1-Karzinome)
entsteht (Moch et al., 2016).
Das Urothelkarzinom tritt mit Abstand am häufigsten auf, gefolgt von primären
Plattenepithelkarzinomen        (v.a.   Schistosomiasis-bedingt)   (Antunes      et   al.,   2007),
Adenokarzinomen und primären neuroendokrinen Karzinomen (Ploeg et al., 2010).
Das Staging des Harnblasenkarzinoms erfolgt nach der TNM-Klassifikation (siehe Tabelle 1).
Für die Gradierung stehen zwei Klassifikationssysteme zur Verfügung. Die ältere Klassifikation
von 1973 teilt die Tumore in 3 Grade (G1-G3) ein. Mit zunehmendem Grad steigen der
Malignitätsgrad, die Kernpolymorphie und der Schichtungsverlust des Epithels. Nach der
neueren WHO-Klassifikation von 2004 werden die Tumore in Papillome, PUNLMP, low-grade
und high-grade Tumore eingeteilt (Hautmann und Gschwend, 2014, Humphrey et al., 2016).
Obwohl sich G3 Tumore eindeutig der neuen high-grade Klassifikation zuordnen lassen, ist die
Übertragung der anderen Graduierungsklassen nicht einfach möglich. Während PUNLMPs
früher als G1 Karzinome klassifiziert wurden, wurde für diese im neuen Graduierungssystem
eine eigene Klasse gebildet. Ferner wird das low-grade Spektrum sowohl von G1 als auch G2
Tumoren gebildet, während ein kleiner Teil der G2 Tumore in das high-grade Spektrum
einzuklassifizieren ist (Kirkali et al., 2005).
Männer sind fast dreimal so häufig vom Harnblasenkarzinom betroffen als Frauen: 2014 lag das
Harnblasenkarzinom mit 11680 Neuerkrankungen, nach Prostata-, Darm- und Lungenkarzinom,
bei den Männern auf Platz vier der häufigsten Tumorneuerkrankungen, bei Frauen mit 4170
Neuerkrankungen auf Platz 14. Hierbei wurden nicht-invasive papilläre Harnblasenkarzinome
und CIS-Läsionen nicht eingerechnet. Betroffen sind vor allem ältere Patienten, das
Durchschnittsalter liegt bei 74 (m), bzw. 76 Jahren (w) (Koch-Institut, 2017).

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Einleitung

Hauptrisikofaktor für das Harnblasenkarzinom ist Tabakkonsum. Die enthaltenen kanzerogenen
aromatischen    Amine    bilden    DNA-Addukte,       welche   durch   nachhaltige   genetische
Veränderungen zur Tumorentstehung führen können. Aromatischen Aminen sind auch
bestimmte Berufsgruppen wie Arbeiter in der Gummiindustrie oder chemischen Industrie in
relevantem Maße ausgesetzt. Chemotherapeutika wie beispielsweise Cyclophosphamid können
ebenfalls urotheliale Neoplasien bedingen. Chronisch-entzündliche Erkrankungen der
Harnblase, allen voran die Bilharziose, führen vor allem auf dem afrikanischen Kontinent zu
sehr hohen Blasenkarzinom-Inzidenzen (Badawi, 1996). Außerdem lässt sich eine familiäre
Häufung beobachten, hier insbesondere bei den sogenannten „Langsam-Azetylierern“, die
Schadstoffe langsamer abbauen (Hautmann und Gschwend, 2014). Seltener tritt das
Harnblasenkarzinom im Rahmen von anderen Erkrankungen auf. So wurde ein Zusammenhang
zwischen dem hereditären Retinoblastom und Harnblasenkrebs festgestellt. Auch das Costello-
Syndrom, bei dem die Patienten konnatale Anomalien aufweisen, zeigt eine Assoziation mit
dem Harnblasenkarzinom (Mueller et al., 2008).
Ein etabliertes Screening-Programm für das Harnblasenkarzinom existiert bisher nicht. Die
ersten Anzeichen sind meist eine schmerzlose Makrohämaturie (Jones et al., 2007), Schmerzen,
Dysurie und Harndrang (Henning et al., 2013). Diese Symptome sollten mittels diagnostischer
Zystoskopie abgeklärt werden. So erhält man Auskunft über den histologischen Typ, das
Grading und die Invasionstiefe, obgleich bei transurethralen Biopsien ein relevanter
Stagingfehler auftreten kann (Vikram et al., 2009).

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Einleitung

      3. TNM-Klassifikation des Harnblasenkarzinoms
Tabelle 1: TNM-Klassifikation des Harnblasenkarzinoms

Aus der 8. Auflage der TNM-Klassifikation maligner Tumoren von Christian Wittekind
(Wittekind, 2017); T: Primärtumor, N: Lymphknotenbefall, M: Fernmetastasen
Stadium       Beschreibung

Tx            Primärtumor kann nicht beurteilt werden

T0            Kein Anhalt für Primärtumor

Ta            Nicht-invasives papilläres Karzinom

Tis           Carcinoma in situ („flat tumour”)

T1            Tumor infiltriert subepitheliales Bindegewebe

T2            Tumor infiltriert Muskulatur

T2a           Tumor infiltriert oberflächliche Muscularis propria

T2b           Tumor infiltriert tiefe Muscularis propria

T3            Tumor infiltriert perivesikales Fettgewebe

T3a           Mikroskopisch

T3b           Makroskopisch (extravesikaler Tumor)

T4            Tumor infiltriert Prostatastroma, Samenblase(n), Uterus, Vagina, oder
              Becken- oder Bauchwand

T4a           Tumor infiltriert Prostatastroma, Samenblase(n), Uterus oder Vagina

T4b           Tumor infiltriert Becken- oder Bauchwand

Nx            Regionäre Lymphknoten können nicht beurteilt werden

N0            Keine regionären Lymphknotenmetastasen

N1            Metastase(n) in solitärem Lymphknoten des kleinen Beckens

N2            Metastase(n) in multiplen Lymphknoten des kleinen Beckens

N3            Metastase(n) in Lymphknoten an den Aa iliacae communes

M0            Keine Fernmetastasen

M1            Fernmetastasen

M1a           Metastasen in nichtregionären Lymphknoten

M1b           Andere Fernmetastasen

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Einleitung

      4. Therapie des Harnblasenkarzinoms
Für      die     Therapie   des   Harnblasenkarzinoms    ist   die   Unterscheidung   zwischen
nicht-muskelinvasivem und muskelinvasivem Karzinom entscheidend.
Zu den lokal begrenzten, nicht-muskelinvasiven Karzinomen gehören die T-Stadien pTa, pT1,
sowie das CIS. Hier wird normalerweise eine transurethrale Resektion (TUR) mittels
Elektroschlinge durchgeführt und so der Tumor abgetragen (Richterstetter et al., 2012). Zur
Rezidivprophylaxe erfolgt innerhalb von 6 Stunden eine einmalige Chemotherapeutikum-
Instillation in die Blase, z.B. mit Mitomycin C (Solsona et al., 1999). Alternativ kann eine
Instillationstherapie mit Bacille-Calmette-Guerin (BCG) durchgeführt werden (Malmström et
al., 2009). Nach 2-6 Wochen sollte eine zweite TUR stattfinden. Diese erlaubt ein besseres
Staging und es werden mögliche Residualtumoren entfernt (Miladi et al., 2003). Außerdem
sollten regelmäßige Kontrollzystoskopien durchgeführt werden (Hautmann und Gschwend,
2014).
Ab einem Tumorstadium pT2 spricht man vom muskelinvasiven Harnblasenkarzinom. Ab
diesem Stadium wird eine radikale Zystektomie (CX) inklusive beidseitiger pelviner
Lymphknotendissektion empfohlen (Stein et al., 2001). Eine Cisplatin-haltige neoadjuvante
Chemotherapie (CTx) kann bei lokal fortgeschrittenen, extravesikalen Tumoren und/ oder
Lymphknotenmetastasen durchgeführt werden, um das Überleben zu verbessern (von der Maase
et al., 2005).
Patienten mit einem metastasierten Harnblasenkarzinom kann eine palliative Zystektomie zur
Symptomkontrolle (Witjes et al., 2017) und eine Cisplatin-haltige Chemotherapie als palliativer
Therapieansatz angeboten werden (Yafi et al., 2011). Als weitere palliative Therapieoption kann
eine Immuntherapie mit einem programmed death ligand 1 (PD-L1)-gerichteten Antikörper
erwogen werden (Rouanne et al., 2018). Die PD-L1 Therapie ist von der European Medicines
Agency zugelassen, aber an den immunhistochemischen Nachweis von PD-L1 gebunden
(Eckstein et al., 2019).

                                                9
Einleitung

    5. CCL2
Der CC-chemokine ligand 2 (CCL2), auch monocyte chemotactic protein 1 (MCP1) genannt,
gehört zur Gruppe der Chemokine, die vor allem Monozyten und Lymphozyten beeinflussen.
Chemokine haben eine dreiteilige Tertiärstruktur: Sie bestehen aus einem Amino-Terminus,
einem dreisträngigen antiparallelen β-Faltblatt und einem Carboxy-Terminus, der mit einer α-
Helix endet. Außerdem gibt es eine Gruppe von Cystein-Resten am Amino-Terminus, die
Disulfidbrücken ausbilden. Nach diesen Resten werden die Chemokine eingeteilt, CCL2 gehört
zur CC-Gruppe (Baggiolini und Loetscher, 2000).
Das Gen für CCL2 liegt auf dem Chromosomenabschnitt 17q11.2 (Naruse et al., 1996) und wird
sowohl von Tumorzellen (Loberg et al., 2006) als auch von Zellen der Immunabwehr, wie z.B.
Makrophagen (Fujimoto et al., 2009), exprimiert. Die Expression von CCL2 wird durch
proinflammatorische Stimuli, wie Interleukine (IL) 1 und 4 und Tumornekrosefaktor α (TNF)
erhöht (Van Coillie et al., 1999).
CCL2 bindet mit dem Amino-Terminus an den Rezeptor CC-chemokine rezeptor type 2
(CCR2), einen 7-Transmembran-Rezeptor, der G-Protein gekoppelt ist und so intrazelluläre
Kaskaden auslöst (Van Coillie et al., 1999). Durch alternatives Spleißen entstehen die zwei
Rezeptorsubtypen CCR2A und CCR2B, wobei CCR2B hauptsächlich auf Monozyten und
natürlichen Killerzellen zu finden ist (Wong et al., 1997), aber auch auf aktivierten T-Zellen und
Gedächtnis-T-Zellen (Sallusto et al., 1998) und somit die für CCL2 wichtige Bindungsstelle
darstellt. CCL2 bindet jedoch nicht nur rezeptorspezifisch an CCR2 sondern auch an den
Rezeptor CCR4 (Zhang et al., 2006).
Das Protein spielt als Chemoattraktor eine wichtige Rolle bei Entzündungen. So trägt es dazu
bei, dass Monozyten aus Blutgefäßen zum Ort der Entzündung migrieren und dann zu
Makrophagen      differenzieren.     Nach   ihrer    Aktivierung   schütten   die   Makrophagen
Wachstumsfaktoren und Zytokine aus, dadurch organisieren sie den lokalen Umbau des
Gewebes. Außerdem werden proangiogenetische Faktoren frei und fördern so die Wundheilung
(Coussens und Werb, 2002). Dieser Mechanismus scheint einige Erkrankungen zu triggern, wie
z.B. Artherosklerose (Nelken et al., 1991) und Rheumatoide Arthritis (Hayashida et al., 2001).
Schon 1863 vermutete Rudolph Virchow einen Zusammenhang zwischen Entzündung und
Krebserkrankungen (Balkwill und Mantovani, 2001). Hierfür wichtig sind die Tumor-
assoziierten Makrophagen (TAM), die den Großteil der tumorinfiltrierenden Immunzellen
ausmachen. Sie haben pleiotrope Eigenschaften: So können sie zum einen eine antitumorale
Wirkung haben, indem sie neoplastische Zellen zerstören (Ruco und Meltzer, 1978). TAMs
können aber auch durch die Produktion von Prostaglandinen immunsuppressiv wirken und
mithilfe von Wachstumsfaktoren und der Bildung von neuen Blutgefäßen das Tumorwachstum
unterstützen (Mantovani et al., 1992).

                                                10
Einleitung

Auch durch die Beeinflussung von T-Zellen wirkt CCL2 auf den Tumor, denn das Protein
fördert eine Migration von T-Zellen (Harlin et al., 2009) und eine T-Zellinvasion im
Tumorgewebe ist mit einem verbesserten klinischen Ergebnis der Patienten assoziiert (Zhang et
al., 2003). Außerdem spielt das Protein eine wichtige Rolle bei der Polarisation von T-
Helferzellen (TH). Es fördert die IL-4 Produktion und unterdrückt die IL-12 Produktion. Auf
diesem Weg differenzieren sich die TH eher zu TH2 als zu TH1 (Luther und Cyster, 2001).
CCL2 beeinflusst Tumorzellen auch direkt. So stimuliert es Wachstum, Überleben und
Migration der Zellen (Zhang et al., 2010b). Durch Aktivierung des Phosphoinositide 3-kinase
(PI3K)/ Akt-Signalwegs kommt es zu einer gesteigerten Proliferation der Tumorzellen und so
zum Tumorwachstum (Loberg et al., 2006). Außerdem schützt CCL2 die Tumorzelle durch eine
Hochregulierung von Survivin vor Apoptose (Roca et al., 2008).
Nachgewiesen wurde die Produktion von CCL2 schon bei einigen Tumoren, wie dem
Mammakarzinom (Qian et al., 2011), dem Prostatakarzinom (Mizutani et al., 2009) und dem
Ovarialkarzinom (Furukawa et al., 2013).
Beim Prostatakarzinom aktiviert CCL2, stimuliert durch vom Tumor freigesetztes Parathormon-
related protein (PTHrP), Osteoklasten und unterstützt somit die Knochenmetastasenbildung (Li
et al., 2009). Auch beim Mammakarzinom trägt CCL2 zur Metastasenbildung bei, indem es
durch den Mitogen-activated protein kinase (MAPK)-Signalweg die Tumorzellmotilität und das
Überleben der Zellen erhöht (Fang et al., 2012).
Da bei einigen Krebserkrankungen CCL2 eine eher negative Rolle in der Karzinogenese spielt,
wurde ein CCL2-Antikörper als mögliche Therapieoption entwickelt. Der Antikörper Carlumab
stellte sich jedoch nicht als effizient in der Blockade des CCL2-Signalweges heraus (Sandhu et
al., 2013).
In der Literatur werden zu dem Protein CCL2 unterschiedliche, teils widersprüchliche
Ergebnisse gefunden. Dennoch bestätigen die meisten Quellen, dass CCL2 einen großen
Einfluss auf die Tumorentstehung hat, ob im positiven oder negativen Sinne. Deshalb ist es von
großer Wichtigkeit, das Protein weiter zu untersuchen, um seine genaue Wirkweise in der
Karzinogenese zu erforschen und so möglicherweise einen weiteren Therapieansatz zu
entwickeln.

                                               11
Einleitung

      6. MACC1
Das Protein metastasis-associated in colon cancer 1 (MACC1), das zu den neueren Biomarkern
gehört, wurde als Schlüsselregulator bei der Entstehung von Metastasen identifiziert. Das Gen
hierfür wurde zum ersten Mal von Stein et al. beim Kolonkarzinom beschrieben und ist auf
Chromosom 7p21.1 lokalisiert (Stein et al., 2009).
Das Protein besteht aus 4 Domänen: Am N-Terminus befindet sich eine ZU5-Domäne, die für
die Protein-Protein-Interaktion wichtig ist. Dieser folgt eine SH3-Domäne, die der biologischen
Funktion dient und eine Rolle in der Aktivierung von Signalwegen spielt. Am C-Terminus
liegen zwei Death-Domänen, von denen eine apoptotische Wirkung vermutet wird
(Kokoszynska et al., 2009).
Die Expression von MACC1 wird über verschiedene Wege gesteuert. Hierbei spielen zum einen
MicroRNAs (miRNA) eine Rolle. Es hat sich gezeigt, dass miRNAs die Tumormetastasierung
durch Metastasen-assoziierte Gene beeinflussen können (Hwang und Mendell, 2006). Für die
MACC1 Expression wurde jeweils eine negative Korrelation zur Expression von miRNA-143
(Zhang et al., 2012), miRNA-338-3p (Huang et al., 2015) sowie für miRNA-200a (Feng et al.,
2015) gefunden. Außerdem wird die MACC1 Expression durch den Adenosine monophosphate-
activated kinase (AMPK)-Signalweg als Antwort auf metabolischen Stress aufgrund von
Glukosemangel induziert (Lin et al., 2015). MACC1 fördert den Warburg-Effekt, indem es
Enzyme der Glykolyse in Tumorzellen induziert und so zur Resistenz der Zellen gegenüber
metabolischem Stress führt (Zhao et al., 2018). Metabolischer Stress induziert die MACC1-
Expression, welche kompensatorisch das Tumorwachstum unter diesen Bedingungen
verbessert.
Eine Möglichkeit, wie MACC1 die Metastasierung beeinflusst, ist der c-Met-Signalweg, da es
zu einer vermehrten Expression von c-Met führt (Stein et al., 2009).
Der Ligand Hepatocyte growth factor (HGF) bindet an den-Tyrosinkinase-Rezeptor c-Met, auch
Hepatozyte growth factor receptor genannt. Dadurch wird eine Dimerisierung und
Autophosphorylierung des Rezeptors ausgelöst (Zhang und Babic, 2016). Nun können
verschiedene Proteine wie Growth factor receptor-bound protein 2-associated binding protein 1
(GAB1), Signal transducer and activator of transcription (STAT) 3 und PI3K intrazellulär an
den Rezeptor binden. So werden verschiedene intrazelluläre Signalkaskaden aktiviert (Organ
und    Tsao,    2011).    Hierunter    zählt    der     MAPK-Signalweg,     bei    dem    eine
Phosphorylierungskaskade zur Transkription verschiedener Gene führt, die für die Proliferation
und Invasion wichtig sind (Paumelle et al., 2002). Auch der PI3K/ Akt-Signalweg, welcher die
Apoptose verhindert und so zu einem verlängerten Überleben der Zellen führt, wird aktiviert
(Xiao et al., 2001). Auf diesem Wege wird auch das Onkogen Twist related protein 1 (TWIST1)
aktiviert. So zeigten Wang et al. beim Magenkarzinom, dass MACC1 über TWIST1 zu einer

                                               12
Einleitung

vermehrten Ausschüttung von vascular endothelial growth factor-A (VEGF) und somit zur
Neoangiogenese führt (Wang et al., 2016).
MACC1 wurde schon bei einigen Tumoren untersucht und nachgewiesen. Zuallererst wurde der
Biomarker beim Kolonkarzinom entdeckt (Stein et al., 2009). Darüber hinaus wurde auch beim
Magenkarzinom (Xie et al., 2016), hepatozellulären Karzinom (Shirahata et al., 2011),
Adenokarzinom der Lunge (Shimokawa et al., 2011), Ovarialkarzinom (Zhang et al., 2011),
Mammakarzinom       (Huang    et   al.,   2013),    Glioblastom   (Yang   et   al.,   2014)   und
Nierenbeckenkarzinom (Hu et al., 2014) ein Zusammenhang zwischen der MACC1-Expression
und einer schlechten Prognose für den Patienten beobachtet.
Für einige Karzinome hat sich MACC1 als zuverlässiger prognostischer Marker herausgestellt,
wie z.B. für das Auftreten von Metastasen und das Therapieansprechen beim Kolonkarzinom
(Stein, 2013). Sein klinischer Nutzen muss jedoch erst noch bewiesen werden. Für das
Blasenkarzinom liegen bisher keine Untersuchungen für die Assoziation zwischen der MACC1
Expression und der Prognose vor.

                                               13
Einleitung

    7. CX3CL1
Das Chemokin (C-X3-C motif) ligand 1 (CX3CL1), auch Fraktalkine genannt, gehört zur
Zytokinuntergruppe CX3C. Die Untergruppen unterscheiden sich jeweils in der Anzahl der
Aminosäuren zwischen dem Zysteinrest und der Primärstruktur (Luster, 1998). Das Gen für
CX3CL1 liegt auf Chromosom 16q13, in der Promotorregion liegen außerdem Bindungsstellen
für die Transkriptionsfaktoren nuclear faktor „kappa-light-chain-enhancer“ of activated B-cells
(NF-кB), STAT1, AP-1 und p53, welche somit auch Einfluss auf die Expression von CX3CL1
haben (Liu et al., 2016). Das Besondere an diesem Zytokin ist, dass es einen muzinartigen Stiel
besitzt, an dessen oberen Ende die Chemokindomäne lokalisiert ist, während sich am anderen
Ende eine einzelne Transmembranregion mit einem C-Terminus befindet. Außerdem kann es
sowohl zellgebunden als auch gelöst vorkommen (Bazan et al., 1997). Das Chemokin kann
durch inflammatorische Stimuli, wie TNF-α über den NF-кB-Signalweg induziert werden. Es
kann jedoch auch autoregulatorisch die Induktion durch Pertussis-Toxin-sensitive G-Proteine
beeinflussen (Chandrasekar et al., 2003). Das Protein wird von Endothelzellen exprimiert und
an deren Zellmembran gebunden (Bazan et al., 1997), nun kann eine proteolytische Abspaltung
durch Metalloproteinasen, wie die A disintegrin and metalloproteinase 10 (ADAM10), erfolgen,
so liegt CX3CL1 dann in seiner löslichen Form vor (Hundhausen et al., 2003).
CX3CL1 als Transmembranprotein bindet an den G-Protein gekoppelten, 7 Transmembran-
Rezeptor CX3CR1 und fungiert so als integrinunabhängiges Adhäsionsmolekül für Leukozyten
(Imai et al., 1997). In gelöster Form hingegen hat CX3CL1 eine chemotaktische Funktion und
bewirkt die Migration von Monozyten und T-Lymphozyten (Bazan et al., 1997). CX3CL1 hat
jedoch auch direkten Einfluss auf Tumorzellen. So wird beim Lungenkarzinom durch die
Bindung von CX3CL1 an CX3CR1 der Src/ Focal adhesion kinase (FAK)-Signalweg aktiviert,
welcher die Tumorzellmigration und –invasion beeinflusst (Liu et al., 2018). Der gleiche Effekt
wird durch den Transforming growth factor- α (TGF-α)/ Epidermal growth factor receptor
(EGFR)-Signalweg erzielt. Auch dieser wird durch CX3CL1 aktiviert, wie Tang et al. beim
Prostatakarzinom zeigten. Durch den Signalweg wird die Epithelial-mesenchymale Transition
(EMT) gefördert, welche eine wichtige Grundlage für die Metastasierung ist (Tang et al., 2016).
Auch der PI3K/ Akt-Signalweg wird durch CX3CL1 aktiviert, der eine antiapoptotische
Funktion hat (Shulby et al., 2004).
Durch die Beeinflussung von Immun- und Tumorzellen spielt CX3CL1 so eine wichtige Rolle
bei verschiedenen entzündlichen Erkrankungen und Tumorentitäten.
So zeigten Lucas et al., dass CX3CL1 und sein Rezeptor zur Entstehung von Atherosklerose
beitragen, indem sie die Migration von glatten Muskelzellen und Leukozyten fördern (Lucas et
al., 2003, Schulz et al., 2007). Auch bei Rheumatoider Arthritis spielt das Chemokin eine Rolle:

                                              14
Einleitung

Zum einen sorgt es für die Adhäsion von Leukozyten, zum anderen fördert es die Angiogenese
(Volin et al., 2001).
Für die Krebserkrankungen hat CX3CL1 eine widersprüchliche Bedeutung. Auf der einen Seite
unterstützt es die antitumorale Immunität, indem es natürliche Killerzellen (NK) anlockt, die
eine zytotoxische Funktion haben (Guo et al., 2003). Auf der anderen Seite wurde bei einigen
Tumorarten eine Assoziation zwischen CX3CL1 und einer schlechten Prognose gefunden. Wie
zum Beispiel beim Kolonkarzinom, da CX3CR1-exprimierende Makrophagen durch
Angiogeneseinduktion zur Metastasierung beitragen (Zheng et al., 2013).
Generell wurde CX3CL1 schon bei vielen Tumoren wie dem kolorektalen Karzinom (Erreni et
al., 2016), dem Prostatakarzinom (Shulby et al., 2004), dem hepatozellulären Karzinom
(Matsubara et al., 2007) und dem klarzelligen Nierenzellkarzinom (Yao et al., 2014)
nachgewiesen. Auf die Assoziation der CX3CL1-Expression mit der Prognose wird in der
Diskussion eingegangen.
Beim Harnblasenkarzinom wurde das CX3CL1-Protein jedoch noch nicht untersucht.

Abbildung 1: Protein CX3CL1

Membrangebundenes und gelöstes CX3CL1-Protein, modifiziert nach Liu et al., 2016

                                             15
Aufgabenstellung

           II.      Aufgabenstellung
Das Harnblasenkarzinom ist vor allem bei Männern eine der häufigeren Tumorentitäten. Es liegt
bei den Männern an der vierten Stelle und bei Frauen an der neunten Stelle der malignen
Tumorerkrankungen. Bei jedem vierten betroffenen Mann und jeder dritten betroffenen Frau ist
der Tumor bei Diagnosestellung bereits in die Blasenmuskulatur eingewachsen (Robert Koch
Institut 2016). Aufgrund der relativ hohen Inzidenzrate, die aber gleichzeitig mit einer eher
niedrigen Sterberate einhergeht, ist es wichtig, Patienten mit einem aggressiven Verlauf
frühzeitig zu identifizieren. Bisher dienen als Prognosefaktoren das Alter des Patienten, die
TNM-Klassifikation sowie der Resektionsstatus (Deutsche Krebsgesellschaft, 2016).
In   der     S3-Leitlinie     Früherkennung,      Diagnose,    Therapie    und   Nachsorge   des
Harnblasenkarzinoms wird bisher kein molekularer Marker mit signifikanter Bedeutung
beschrieben. Molekulare Marker werden eher zum Nachweis einer urothelialen Differenzierung
genutzt (Deutsche Krebsgesellschaft, 2016). Umso wichtiger ist es, neue Marker zu erforschen,
die zur Identifizierung aggressiver Tumoren mit Metastasierungspotential dienen können, damit
Risikopatienten frühzeitig erkannt und mit einer individuellen Therapie versorgt werden
können.
Inflammatorische Chemokine spielen eine große Rolle in der Tumorentwicklung und
Metastasenentstehung (Borsig et al., 2014). Deshalb versucht man neue Therapieansätze in der
Krebstherapie zu finden, um die Chemokin/ Chemokinrezeptor-Achse zu kontrollieren. So
wurde zum Beispiel Mogamolizumab entwickelt, ein monoklonaler Antikörper gegen den
CCR4-Rezeptor, welcher gute Erfolge in der Therapie der adulten T-Zell-Leukämie gezeigt hat
(Ishida et al., 2017).
Beim Harnblasenkarzinom wurden in der Immuntherapie bisher Erfolge mit Checkpoint-
Inhibitoren wie z.B. Nivolumab gesehen, die den PD-L1-Signalweg blockieren und so zur
Bildung zytotoxischer T-Zellen beitragen, die den Tumor bekämpfen sollen (Hakenberg, 2017,
Pardoll, 2012).
Unsere     Studie    hat    zum   Ziel,   die   Chemokine     CCL2   und   CX3CL1    sowie   den
Metastasierungsmarker MACC1 bezüglich ihrer Eignung als prognostische Marker beim
Harnblasenkarzinom zu untersuchen und ihre klinische Relevanz zu bestimmen.

                                                  16
Material und Methoden

        III.        Material und Methoden

    1. Histologisches Matetrial und Patientenkollektiv
Insgesamt wurden 95 Proben von Patienten mit muskelinvasivem Harnblasenkarzinom im
Zeitraum 1998 bis 2010 untersucht, welche in kurativer Intention mit einer radikalen
Zystektomie inklusive bilateraler pelviner Lymphadenektomie behandelt wurden. Die
Untersuchung wurde mittel standardisiert erstellter Tissue Microarrays (TMA) durchgeführt.
Dazu wurden von jeder Patientenprobe zwei Proben aus dem Tumorzentrum (Z) und zwei
Proben aus der Invasionsfront (IF) gestanzt. Alle Patienten wurden aufgeklärt und gaben
daraufhin ihr Einverständnis, dass die Gewebeproben der Forschung zur Verfügung gestellt
werden (Informed Consent). Das mittlere krankheitsspezifische Überleben nach dieser OP
betrug 39 Monate. Zusätzlich erhielten 27 Patienten eine adjuvante platin-haltige
Chemotherapie.
Das Patientenkollektiv gliederte sich in 69 männliche und 26 weibliche Patienten, das
Durchschnittsalter zum Zeitpunkt der Chemotherapie betrug 70 Jahre mit einer Spannweite von
41 bis 88 Jahren.
Bei 73 der Patienten konnte eine R0-Resektion durchgeführt werden, die übrigen 22 Patienten
wurden R1 reseziert. 90 Patienten wiesen ein G3 Karzinom auf, die restlichen 5 ein G2
Karzinom (nach dem Grading von 1973). Außerdem lag bei 69 Patienten zusätzlich ein CIS vor.
Der T-Status setzte sich aus 23 pT2-Stadien, 52 pT3-Stadien und 20 pT4-Stadien zusammen.
Außerdem lagen 87 Daten zum Lymphknotenbefall vor, davon 58 pN0-Stadien, 9 pN1-Stadien
und 20 pN2-Stadien. Über den M-Status lagen keine Daten vor.
Der histologische Typ war zumeist ein Urothelkarzinom, lediglich eine Probe wies ein
Adenokarzinom auf, eine weitere einen neuroendokrinen Tumor. Eine Übersicht über das
Patientenkollektiv zeigt Tabelle 2.

                                               17
Material und Methoden

Tabelle 2: Charakterisierung des Patientenkollektivs

Variable                                   Charakterisierung des Patientenkollektivs

Gesamtzahl n                               95

      - männlich                           69

      - weiblich                           26

Alter in Jahren                            70

        (Mittelwert)                       (41-88)

Mittleres Überleben nach CX in Monaten     39

Patienten mit adjuvanter CTx               27

R0                                         73

R1                                         22

G2                                         5

G3                                         90

CIS                                        69

pT2                                        23

pT3                                        52

pT4                                        20

pN0                                        58

pN1                                        9

pN2                                        20

M-Status                                   Keine Angaben

                                           18
Material und Methoden

   2. Methoden

2.1 Herstellung und Liste der verwendeten Lösungen

2.1.1 Herstellung der verwendeten Lösungen
Tabelle 3: Herstellung verwendeter Lösungen
Lösung                                     Herstellung

Tris-EDTA-Pufferlösung                     0,605 g Tris

                                           0,186 g EDTA

                                           500 ml Millipore

                                           pH 8,5 mittels 1 M HCl titrieren (ca 700µl)

Wasch-Pufferlösung                         Verdünnen 1:10 mit Aqua dest.

DAB+Lösung                                 Verdünnen 1:50 mit Substrate-Chromogen

2.1.2 Liste der verwendeten Materialien
Tabelle 4: Liste verwendeter Materialien unter Angabe des Herstellers
Material                                   Hersteller

Xylol

Aqua dest.

Anti-CCL2 Antikörper                       Acris Antibodies, San Diego, USA

Anti-MACC1 Antikörper                      Atlas Antibodies, Bromma, Schweden

Anti-CX3CL1 Antikörper                     Novus Biologicals, Cambridge, England

Peroxidase-Block                           DakoCytomation, Hamburg

Wasch-Puffer                               DakoCytomation, Hamburg

Antibody Diluent                           DakoCytomation, Hamburg

EnVision+                                  DakoCytomation, Hamburg

DAB+                                       DakoCytomation, Hamburg

Substrate-Chromogen                        DakoCytomation, Hamburg

Hematoxylin                                Merck KGaA, Darmstadt

                                           19
Material und Methoden

2.1.3 Verwendete Antikörper
Für die Markierung des Proteins CCL2 wurde ein monoklonaler Immunglobulin (Ig) G-
Antikörper (AK) gegen CCL2 in der Verdünnung 1:1500 verwendet. Der aus der Maus
stammende Antikörper ist gegen humanes Gewebe gerichtet und wurde von Acris Antibodies
hergestellt.
Um das Protein MACC1 darzustellen, wurde ein polyklonaler IgG-AK gegen MACC1 in der
Verdünnung 1:25 benutzt. Der Antikörper stammt aus dem Kaninchen und ist gegen humanes
Gewebe gerichtet. Hergestellt wurde er von Atlas Antibodies.
Das Protein CX3CL1 wurde mit einem polyklonalen, gegen humanes Gewebe gerichteten
Antikörper gegen CX3CL1, verdünnt 1:1000, markiert. Der Antikörper wurde aus Kaninchen
gewonnen und von Novus Biologicals hergestellt.
Eine Übersicht über die Antikörper liefert Tabelle 5.

Tabelle 5: Verwendete Antikörper

Antikörper                     Hersteller    Antikörpersubtyp Tier          Verdünnung
                               Acris
Anti-CCL2                      Antibodies    monoklonales IgG Maus          AK 1:1500
                               Atlas
Anti-MACC1                     Antibodies    polyklonales IgG   Kaninchen   AK 1:25
                               Novus
Anti-CX3CL1                    Biologicals   polyklonaler AK    Kaninchen   AK 1:1000

                                               20
Material und Methoden

    3. Herstellung eines Tissue-Microarray
Ein TMA erlaubt eine schnelle, parallele Analyse vieler einzelner Gewebsproben
unterschiedlicher Patienten.
Es wurden formalinfixierte, in Paraffin eingebettete Gewebeproben (FFPE) in Hämatoxylin-
Eosin-Färbung ausgewählt, die eine gut begrenzte Invasionsfront des Tumors ohne nekrotische
oder entzündliche Anteile vorwiesen. Zunächst wurden die Proben gescannt (Panoramic P250,
3DHistech, Ungarn) und die zu stanzenden Areale markiert (Panoramic viewer v15.1.). Dabei
wurde darauf geachtet, dass die Stanzen aus dem Tumorzentrum einen möglichst hohen Anteil
an Epithel im Vergleich zum Stroma haben, während bei den Stanzen aus der Invasionsfront
eine Probe 50% Epithel und 50% Stroma enthielt (Nolte et al., 2017). Anschließend wurden 4
Gewebestanzen mit einem jeweiligen Durchmesser von 1 mm gezielt mit einem automatischen
Tissue-Microarrayer (TMA Grandmaster,      3DHistech, Ungarn) entnommen, zwei aus dem
Tumorzentrum und zwei aus der Invasionsfront (Eckstein et al., 2018). Die ausgestanzten
Gewebezylinder wurden auf einem Paraffinblock zusammengesetzt. Schnittpräparate hiervon
konnten nun mittels Immunhistochemie untersucht werden.

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Material und Methoden

    4. Immunhistochemie

    4.1 Grundlagen der Immunhistochemie
Die Immunhistochemie ist eine Methode zum Nachweis von bestimmten Gewebestrukturen
bzw. Proteinen unter Verwendung von Antikörpern. Sie wird vor allem in der Tumorbeurteilung
eingesetzt, so z.B. in der Tumordiagnostik für die differentielle Identifizierung des Tumors und
für die Beurteilung der Prognose mithilfe der Aggressivität des Tumors. Aber auch ein direkter
Erregernachweis ist mit der Immunhistochemie möglich.
Man nutzt die Antigen-Antikörper-Reaktion und stellt diese mithilfe einer Farbreaktion dar. Die
Antikörper werden aus Versuchstieren gewonnen, der modifizierbare Teil (Fab) sollte möglichst
spezifisch auf das Epitop passen. An den Antikörper ist ein Farbstoff oder ein Enzym gekoppelt,
die bei der Bindung des Antikörpers an das Antigen eine farbliche Veränderung zeigen. So lässt
sich auch das Kompartiment der Zelle bestimmen, in dem das gesuchte Antigen vorhanden ist.
Man unterscheidet zwischen der direkten und der indirekten Methode. Bei der direkten Methode
ist der Primärantikörper schon mit dem Enzym oder Farbstoff konjugiert und löst somit eine
Farbreaktion nach Zugabe eines Substrats aus. Bei der indirekten Methode werden
unkonjugierte Primärantikörper verwendet. Hier benötigt man zusätzlich einen konjugierten
Sekundärantikörper, der an den Primärantikörper bindet, erst dann kann durch eine Reaktion des
zugegebenen Substrats mit dem an den Sekundärantikörper gekoppelten Enzym oder Farbstoff
der Immunkomplex sichtbar gemacht werden. Der Vorteil der indirekten Methode ist, dass
mehrere Sekundärantikörper an einen Primärantikörper binden können und es somit zu einer
Signalamplifikation kommt. Diese führt zu einer Erhöhung der Sensitivität (Lang, 2013).

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Material und Methoden

   4.2   Beispiel für immunhistochemische Nachweismethoden: EnVision-Methode
Die EnVision-Methode ist eine indirekte Zwei-Schritt-Methode. Das bedeutet, dass zuerst
unkonjugierte Primärantikörper hinzugefügt werden. Daraufhin folgen die Sekundärantikörper,
die über ein Dextran-Gerüst miteinander verbunden sind und einen Komplex mit den
Primärantikörpern   eingehen.   Außerdem    befinden   sich   an   dem   Konjugat   mehrere
Merrettichperoxidase-Moleküle (HRP), die bei der Zugabe der Substrat-Chromogen-Lösung
eine Farbreaktion zeigen und somit den Immunkomplex nachweisen (Sabattini et al., 1998).

Abbildung 2: Darstellung der EnVision-Methode

Schema der EnVision-Methode mit Darstellung von Primärantikörpern, Sekundärantikörpern
und HRP, modifiziert nach Lang, 2013

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Material und Methoden

    4.3   Nachweisprotokolle
Die Proteinfärbungen für CCL2, MACC1 und CX3CL1 wurden alle nach demselben
Nachweisprotokoll angefertigt.
Zuerst wurden die Schnittpräparate 30 Minuten bei 72°C vorbehandelt, um das Paraffin
abzuschmelzen. Dann wurde zwei mal fünf Minuten in Xylol entparaffiniert. Es folgte eine
absteigende Alkoholreihe zur Rehydrierung, anschließend wurden die Schnitte in Aqua
destillata (Aqua dest.) eingetaucht. Zur Demaskierung der Antikörper wurden die Präparate fünf
Minuten mit einem Tris-Ethylendiaminotetraacetat (EDTA)-Puffer erhitzt, danach erneut mit
Aqua dest. gespült. Um unerwünschte Hintergrundfärbungen zu vermeiden, wurden die Schnitte
zunächst fünf Minuten mit einem Peroxidase-Hemmer behandelt, der die endogene Peroxidase
inhibiert. Anschließend wurde für fünf Minuten ein Wasch-Puffer angewendet. Nun erfolgte die
eigentliche Färbung. Hierfür wurde zwischen den einzelnen Färbeschritten jeweils eine
Anwendung eines Wasch-Puffers für fünf Minuten angewendet. Als erster Schritt wurde eine
30-minütige Inkubation mit dem Primärantikörper durchgeführt, darauf folgte eine 30-minütige
Inkubation mit dem Sekundärantikörper und eine 10-minütige Inkubation mit der Substrat-
Chromogen-Lösung 3.3.Diaminobenzidintetrahydrochlorid (DAB) für die Visualisierung.
Anschließend wurde mit Aqua dest. gespült. Nun wurde eine Minute mit Hämatoxylin
gegengefärbt. Als letzter Schritt erfolgte das Waschen mit Leitungswasser.

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Material und Methoden

    5. Histologische Auswertung

    5.1 Histologische Auswertung der Proteine MACC1 und CX3CL1
Die TMAs der Proteine MACC1 und CX3CL1 wurden mit dem Immunreaktiven Score (IRS)
nach Remmele und Stegner (Remmele und Stegner, 1987) eingeteilt. Dieser beurteilt zum einen
die Intensität der Färbung. Hier werden Werte von 0 bis 3 vergeben, wobei 0 keiner Färbung, 1
einer schwachen Färbung, 2 einer mittelstarken Färbung und 3 einer starken Färbung entspricht.
Zum anderen wird die Prozentzahl der gefärbten Tumorzellen ermittelt. Hier werden wie folgt
Punkte vergeben: 0 Punkte für 0%, 1 Punkt für 1-9%, 2 Punkte für 10 bis 50%, 3 Punkte für 51
bis 80% und 4 Punkte für mehr als 80%. Diese Punktzahl wird mit dem Färbegrad multipliziert,
so erhält man den IRS. Hierfür ergeben sich dann folgende Werte: 0, 1, 2, 3, 4, 6, 8, 9 und 12
(siehe Tabelle 6). Da man für jede Lokalisation (Zentrum und Invasionsfront) je zwei Stanzen
entnimmt, wird der Mittelwert der beiden IRS bestimmt. Tabelle 6 zeigt die Einteilung der IRS
nach Remmele und Stegner.

Tabelle 6: Einteilung der IRS nach Remmele und Stegner
                       Keine          Schwache            Mittelstarke       Starke
                       Farbreaktion=0 Farbreaktion=1      Farbreaktion=2     Farbreaktion=3

0% gefärbt=0           0                0                 0                  0

≥1     bis     50     bis    ≤80% 0                   3                 6                  9
gefärbt=3

>80% gefärbt=4         0                4                 8                  12

                                             25
Material und Methoden

   5.2 Histologische Auswertung des Proteins CCL2
Bei der Auswertung der TMA des Proteins CCL2 wurden die Immunzellen anstelle der
Tumorzellen betrachtet. Es wurde die Anzahl der gefärbten Immunzellen in Bezug auf die
Tumorfläche in Prozent angegeben. Die Intensität wurde hierbei vernachlässigt. Auch hier
wurde der Mittelwert der beiden prozentualen Anteile jeweils für Zentrum und Invasionsfront
bestimmt.

   6. Statistische Auswertung
Für die statistische Auswertung wurde das Softwareprodukt SPSS-Statistics benutzt. Mithilfe
der Korrelationen nach Spearman wurden zunächst die bivariaten Korrelationen zwischen den
ermittelten IRS, bzw. dem prozentualen Anteil der Proteine und den jeweiligen klinischen
Daten wie dem Überleben, dem tumorspezifischen Überleben und der Metastasierung, sowie
den pathologischen Daten wie dem Lymphknotenstatus, dem R-Status und dem T-Status
berechnet. Außerdem wurden die bivariaten Korrelationen der IRS, bzw. des prozentualen
Anteils der Proteine untereinander betrachtet. Hierbei wurden p-Werte
Ergebnisse

        IV.     Ergebnisse

    1. CCL2 Proteinnachweis

    1.1 Auswertung der immunhistochemischen Nachweise von CCL2
95 Färbungen wurden immunhistochemisch für das Protein CCL2 ausgewertet. Sowohl im
Tumorzentrum als auch in der Invasionsfront lag eine zytoplasmatische perinukleäre Färbung
der Immunzellen vor. Es wurde von jeweils zwei Schnitten für Invasionsfront und
Tumorzentrum der prozentuale Anteil der gefärbten Immunzellen am Tumorgewebe bestimmt
und so der Mittelwert für jede Lokalisation gebildet. Außerdem wurde noch ein gemeinsamer
Wert für Invasionsfront und Zentrum berechnet. Im Falle eines nichtauswertbaren Schnittes
(N.A.) wurde beim Berechnen des Durchschnittes der jeweils andere Wert als Mittelwert
genommen.
Tabelle 7 fasst die ermittelten prozentualen Anteile zusammen.

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