Implantatkonzept nutzt effizient das reduzierte Knochenangebot
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Orale Implantologie 3/11 Implantatkonzept nutzt effizient das reduzierte Knochenangebot Direct-Concept ermöglicht Sofortbelastung von zahnlosen Kiefern direkt nach Implantation B ei langjähriger Zahnlosigkeit, oder ziertes Knochenangebot im zahnlosen Kiefer chendes Knochenangebot in der Regel sowohl auch bei einem desolaten Restzahn- effizient mit nur vier Implantaten genutzt wer- vertikale als auch laterale Augmentationen bestand aufgrund von Karies und/ den kann. Dem Patienten wird außerdem eine voraus. Diese aufwendigen chirurgischen oder Parodontitis, stellt die her- komfortable festsitzende provisorische Prozeduren garantieren jedoch im einzeitigen kömmliche prothetische Versorgung eines Implantatversorgung mit Sofortbelastung Verfahren, das heißt Augmentation und zahnlosen Kiefers, die Totalprothese, die Pa- ermöglicht. Die Firma Medical Instinct mit Implantation in einer Sitzung, bei einer Rest- tienten oftmals nicht zufrieden. deutschem Sitz in Bovenden hat dieses knochenhöhe von 4 bis 6 Millimetern (mm) Konzept 2009 aufgegriffen und mit speziellen häufig keine ausreichende Primärstabilität Einerseits führt fortwährende Knochen- Bauteilen weiterentwickelt, wie zum Beispiel und damit gleichermaßen keine festsitzende atrophie zu einem ungenügenden Halt und multi-indikative Abdruckpfosten und Sofortversorgung. Der zahnlose Patient wird einer eingeschränkten Funktionalität sowohl Kronenbasen sowie Abutments mit unter- mit seiner „alten“ schleimhautgetragenen einer Ober-, als auch Unterkieferprothese. schiedlichen Angulationen. und herausnehmbaren Totalprothese oder Andererseits birgt ein Wechsel von der eige- auch Immediatprothese in der Einheilphase nen Bezahnung auf eine schleimhautgetrage- Ein ausschlaggebender Faktor bei der Wahl provisorisch versorgt. ne Totalprothese, wenn auch nur vo- der Implantattherapie und des Versorgungs- rübergehend, für viele Patienten eine psychi- konzepts ist die vertikale Knochenhöhe. Die Bei einem Knochenangebot von weniger als 4 sche Belastung und den Verlust von Lebens- Pneumatisierung des Alveolarfortsatzes im bis 6 mm werden in einer ersten Operation qualität. Der Anspruch des Patienten nach Oberkiefer durch die Sinus maxillares und der Knochenaufbau und in einer zweiten Sit- einer sofortigen festsitzenden, gaumenfreien Knochenatrophie führen zu einem reduzierten zung nach ca. vier bis acht Monaten Einheil- und vor allem kostengünstigen implantat- vertikalen Knochenangebot speziell im zeit, je nach Knochenersatzmaterial, die prothetischen Versorgung konnte mit konven- Seitenzahnbereich. Findet man im Frontzahn- Implantatinsertion durchgeführt. Auch in die- tionellen implantologischen Therapiekon- gebiet noch ein ausreichendes Knochenvolu- sem Fall hat der Patient vorübergehend einen zepten in der Vergangenheit nicht in allen men beziehungsweise eine gute Knochen- totalprothetischen Ersatz. Daher sind die Fällen erfüllt werden. qualität, nimmt dies im Seitenzahngebiet Patienten sehr dankbar, wenn die Möglichkeit meist erheblich ab. Um die anatomischen besteht, eine zeitintensive Vorbehandlung Dr. Paolo Maló (Lissabon, Portugal) gelang es, Strukturen wie Mandibularkanal oder Sinus umgehen zu können. Ebenso ist die Akzeptanz eine Technik zu konzipieren, bei der ein redu- maxillaris nicht zu verletzen, setzt ein unzurei- vieler Patienten gegenüber einer meist Abb. 1: Oberkieferrestbezahnung Abb. 2: Unterkieferrestbezahnung Abb. 3: Oberkieferextraktionsalveolen Abb. 4: Unterkieferextraktionsalveolen Abb. 5: Bissnahme mit Futar D fast im Mund Abb. 6: Verschlüsselte Prothesen 30 Quelle: DZW Orale Implantologie · Ausgabe 3/11 vom 19.10.2011
Orale Implantologie 3/11 sofortige Versorgung der Implantate mit den Abutments entfällt eine spätere Freilegung. Der Patientenfall Eine 39-jährige Patientin stellte sich im Schmerzdienst mit einem schon reduzierten Zahnbestand in unserer Praxis vor. Die Zähne wiesen zum Teil endodontische und konservierende Vorbehandlungen sowie massive kariöse Zerstörungen auf (Abb. 1 und 2). Wir besprachen die möglichen Therapieformen. Die Patientin lehnte jedoch weitere konservierende und endodontische Unternehmungen ab. Wir entschieden uns unter der Prämisse einer kostengünstigen Implantatversorgung für die Extraktion der restlichen Zähne. Der neue Zahnersatz sollte, aufgrund der beruf- lichen Position der Patientin im öffentlichen Dienst, möglichst sofort fest- sitzend und komfortabel ohne Gaumenplatte gestaltet sein. Infolge- Abb. 7: Präoperatives digitales Volumentomogramm Abb. 8: Führungsschablone mit den parallel inse- Abb. 9: Pilotbohrung Regio 12 Abb. 10: Spiralbohrer (Durchmesser 2 mm) rierten anterioren Oberkieferimplantaten Regio 12 Abb. 11: Erweiterungsbohrer (Durchmesser 3,1 Abb. 12: Angulierte Implantatinsertion Abb. 13: Die vier Oberkiefer-Implantate mit mm) im 45-Grad-Winkel Regio 15 (Durchmesser 4/13 mm) Regio 25 Einbringpfosten in situ unkomfortablen provisorischen „14er“ stark eingeschränkt. Darüber dessen fiel die Wahl auf das Direct-Concept mit Insertion von jeweils vier hinaus benötigte man in der Vergangenheit für einen festsitzenden sofortbelasteten Implantaten pro Kiefer. Zahnersatz im Oberkiefer mindestens acht und im Unterkiefer sechs Implantate. Eine festsitzende Versorgung war infolgedessen für viele Im Vorfeld wurden Ober- und Unterkiefer-Immediatprothesen nach Patienten finanziell nicht möglich. Abdruck- und Bissnahme im hauseigenen Labor gefertigt. Im Anschluss an die Extraktion der 13 übrigen Zähne unter Lokalanästhesie und Das Direct-Concept der Firma Medical Instinct basiert auf der von Dr. Reinigung der Extraktionsalveolen (Abb. 3 und 4), wurde die Passung Paolo Maló entwickelten Implantattechnik, im zahnlosen Kiefer den der Totalprothesen überprüft und ein Bissregistrat mit Futar D fast vorhandenen Restknochen mit nur vier Implantaten pro Kiefer best- (Kettenbach) hergestellt (Abb. 5 und 6). möglich, ohne Verletzung der anatomischen Strukturen und ohne augmentative Verfahren, wie zum Beispiel dem externen Sinuslift, zu Mithilfe der präoperativen Diagnostik, die anhand einer Modellanalyse nutzen. Es werden zwei Implantate im anterioren Frontzahngebiet und Auswertung eines Digitalen Volumentomogramms (DVT) durchge- möglichst parallel in die seitlichen Frontzahnregionen eingebracht. führt wurde, lokalisierten wir die optimalen Implantatpositionen und Weitere zwei Implantate werden – mit der Spitze nach anterior ge- legten die Implantatlängen und -durchmesser fest (Abb. 7). Zum größ- neigt – in einem Winkel von 30 bis 45 Grad in die Region der zweiten ten Teil konnte im Ober- und Unterkiefer aufgrund der Extraktionsal- Prämolaren inseriert. Die Angulation der hinteren Implantate ermög- veolen flapless operiert werden. Nur in den posterioren licht die Insertion von entsprechend langen Implantaten. Die Sta- Unterkieferbereichen mussten durch trapezförmige Inzisionen bilität der von okklusal verschraubten provisorischen prothetischen Mukoperiostlappen mit anschließendem Wundverschluss gebildet wer- Versorgung mit Sofortbelastung wird somit garantiert. Durch die den. Zu Beginn wurde approximal der medialen Inzisivi in beiden Kiefern Quelle: DZW Orale Implantologie · Ausgabe 3/11 vom 19.10.2011 31
Orale Implantologie 3/11 15). Diese können durch ihr universelles Design auch zur Einpolymerisation in Kunststoffprothesen benutzt werden. Hierfür wurden die provisorischen Totalprothesen gemäß den Implantatpositionen in den ent- sprechenden Regionen ausgeschliffen und wieder über die Abdruck-pfosten zurückge- Abb. 14: Die vier geraden Direct-Abutments im Abb. 15: Die vier Direct-Abdruckpfosten im setzt. Damit der Prothesenkunststoff die Öff- Unterkiefer Oberkiefer nungen der Abdruckpfosten nicht verschlie- ßen konnte, wurden diese im Vorfeld mit Clip abgedeckt. Nach Überprüfung der korrekten Prothesenposition und Bisslage konnten die ausgeschliffenen Bereiche mit Autopolymerisat aufgefüllt werden. Nach der Aushärtung wurden die Direct-AuroBase- Halteschrauben gelöst und die Prothesen im hauseigenen Labor ausgearbeitet und poliert. Abschließend wurden die Prothesen mit Halteschrauben fixiert. Die Okklusion wurde kontrolliert und ein Kontroll- Abb. 16: Kontroll-OPG röntgenbild angefertigt (Abb. 16 bis 18). Die Nahtextraktion wurde nach zehn Tagen durchgeführt. Diskussion Die Ansprüche der heutigen Implantatpa- tienten steigen enorm. Eine ästhetische oder funktionelle Beeinträchtigung durch eine To- talprothese, wenn auch nur vorübergehend, wird selten akzeptiert und führt zu Unbeha- Abb. 17: Die ausgearbeitete und eingeschraubte Abb. 18: Die ausgearbeitete und eingeschraubte gen oder sogar Ablehnung einer Implantat- Oberkieferprothese Unterkieferprothese therapie. Dem Wunsch nach einem soforti- gen festen und gaumenfreien provisorischen mit dem Pilot- und Spiralbohrer (Durchmesser pro Kiefer vier BoneTrust-Plus-Implantate aus Zahnersatz kann durch die Möglichkeit der 2 mm) jeweils eine Bohrung zur kurzfristigen Titan Grad 4 (Medical Instinct) mit einer Sofortbelastung aufgrund der langen und Befestigung der Implantatführungsschablone Drehmomentratsche und einem Eindreh- zum Teil angulierten Implantate mit dem angelegt. Im Oberkiefer wurden die anterio- moment von 35 Newtonzentimetern (Ncm) in Direct-Concept entsprochen werden. Ein wei- ren Implantate (in regio 12 und 22) parallel, Endposition gebracht (Abb. 12). terer Vorteil ist der geringe chirurgische die der posterioren Implantate (in regio 15 Aufwand. Auf augmentative Verfahren und und 25) in einem Winkel von 30 bis 45 Grad Nach der Entfernung der Einbringpfosten mit eine Freilegung wird verzichtet, sodass die zu den Markierungen der Führungsschablone einem Sechskantschraubendreher (Abb. 13) Behandlungsdauer und finanzielle Kosten- ausgerichtet. Im Unterkiefer wurde die wurden die entsprechenden Direct Abutments punkte, auch aufgrund der geringen Implan- Implantatachse sowohl der anterioren als auf den Implantaten positioniert. Bei den bei- tatanzahl, reduziert werden können. Aus der auch der posterioren Implantate parallel zur den angulierten Implantaten in regio 15 und Literatur ist bekannt, dass diese Operations- Führungsschablone definiert (Abb. 8). Eine 25 benutzten wir um 30 Grad abgewinkelte technik sehr erfolgreich und voraussagbar Angulation der distalen Implantate war in die- Direct Abutments (Durchmesser 3,4 be- funktioniert. Das Direct-Concept der Firma sem Fall nicht notwendig, da ein ausreichen- ziehungsweise 4 mm; Gingivahöhe [GH] 2 Medical Instinct kann somit das Behand- des vertikales Knochenangebot über dem mm), die mit Direct-Halteschrauben befestigt lungsspektrum eines jeden implantierenden Nervus alveolaris inferior vorlag. wurden. In die übrigen Implantate wurden 0- Behandlers sinnvoll erweitern. Es ist eine Grad-Direct-Abutments (Durchmesser 3,4 hervorragende Möglichkeit, dem zahnlosen Die Implantatkavitäten wurden dementspre- beziehungsweise 4 mm; GH 3 mm) ohne Hal- Patienten Komfort und Zufriedenheit selbst chend maschinell mit Pilot-, Spiral- und Er- teschraube direkt eingeschraubt (Abb. 14). In direkt nach Implantation in der Einheilphase weiterungsbohrern unter ständiger Kühlung diesem Konzept stehen auch um 20 Grad zu bieten. der Bohrerspitze mit steriler physiologischer angulierte Abutments zur Verfügung. Kochsalzlösung bis zu einem Durchmesser Jennifer Ringeling, Dr. Michael Claar, von 4 mm und einer Länge von 13 mm aufbe- Anschließend befestigten wir mit Halte- Kassel ■ reitet (Abb. 9 bis 11). Anschließend wurden schrauben die Direct-Abdruckpfosten (Abb. 32 Quelle: DZW Orale Implantologie · Ausgabe 3/11 vom 19.10.2011
Sie können auch lesen