Industrie 4.0 in Italien - Zielmarktanalyse 2018 - iXPOS
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Impressum Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie ist mit dem audit berufundfamilie® für seine familienfreundliche Personalpolitik Herausgeber ausgezeichnet worden. Das Zertifikat wird von Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) der berufundfamilie gGmbH, einer Initiative Öffentlichkeitsarbeit der Gemeinnützigen Hertie-Stiftung, verliehen. 11019 Berlin www.bmwi.de Text und Redaktion Miriam Achenbach, SBS Gina Jeske, SBS Gestaltung und Produktion Stefano Noto, SBS SBS systems for business solutions Budapester Str. 31 D-10787 Berlin info@sbs-business.com www.german-tech.org Stand April 2018 Bildnachweis Siehe Quellenangaben Die Studie wurde im Rahmen des BMWi- Markterschließungsprogramms für das Projekt Geschäftsanbahnung Italien 2018 Industrie 4.0 erstellt und aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie gefördert. Das Werk, einschließlich aller seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Die Zielmarktanalyse steht der Germany Trade & Invest GmbH sowie geeigneten Dritten zur unentgeltlichen Verwertung zur Verfügung. Sämtliche Inhalte wurden mit größtmöglicher Sorgfalt und nach bestem Wissen erstellt. Der Herausgeber übernimmt keine Gewähr für die Aktualität, Richtigkeit, Vollständigkeit oder Qualität der bereitgestellten Informationen. Für Schäden materieller oder immaterieller Art, die durch die Nutzung oder Nichtnutzung der dargebotenen Informationen unmittelbar oder mittelbar verursacht werden, haftet der Herausgeber nicht, sofern ihm nicht nachweislich vorsätzliches oder grob fahrlässiges Verschulden zur Last gelegt werden kann.
GAB-ITALIEN-2018-INDUSTRIE 4.0-ZMA 3 Inhaltsverzeichnis Abstract ....................................................................................................................................................................................................5 1. Länderprofil Italien..........................................................................................................................................................................6 1.1 Politischer Hintergrund und Bevölkerung ............................................................................................................................ 6 1.2 Die italienische Wirtschaft ........................................................................................................................................................ 7 1.3 SWOT-Analyse Italien ............................................................................................................................................................... 9 1.4 Wirtschaftsbeziehungen Italien – Deutschland ................................................................................................................ 11 2. Industrie 4.0 in Italien ...................................................................................................................................................................13 2.1 Bestandsaufnahme: Voraussetzungen und Entwicklungen .......................................................................................... 13 2.2 Initiativen und Projekte von privater und öffentlicher Hand ....................................................................................... 16 2.3 Marktpotential und -chancen ................................................................................................................................................. 18 2.4 Marktschwächen und -herausforderungen......................................................................................................................... 19 3. Marktentwicklung nach Sektoren ..................................................................................................................................................21 3.1 Verarbeitende Industrie und Maschinenbau...................................................................................................................... 22 3.2 Automotive .................................................................................................................................................................................. 25 3.3 Baugewerbe ................................................................................................................................................................................. 27 3.4 Medizintechnik, Biotechnologie und Pharmazie ............................................................................................................. 28 4. Politische Rahmenbedingungen ....................................................................................................................................................30 4.1 Erste Resultate: Der Regierungsplan Industria 4.0 ......................................................................................................... 30 4.1.1 Iperammortamento......................................................................................................................................................31 4.1.2 Superammortamento ...................................................................................................................................................31 4.1.3 Nuova Sabatini ...........................................................................................................................................................31 4.2 Perspektiven: Der Folgeplan Impresa 4.0 .......................................................................................................................... 33 4.3 Politische Rahmenbedingungen auf EU-Ebene ............................................................................................................... 35 4.4 Staatliche Finanzierungsmöglichkeiten .............................................................................................................................. 35 4.3.1 Fondo di Garanzia ......................................................................................................................................................36 4.3.2 Minibonds ...................................................................................................................................................................36 4.3.3 Patent Box ..................................................................................................................................................................36 4.3.4 EU-Fördermöglichkeiten ............................................................................................................................................36 5. Anlaufstellen und Netzwerke ........................................................................................................................................................38 5.1 Staatliche Institutionen und Universitäten............................................................................................................................. 38 5.2 Verbände, Vereinigungen, Cluster........................................................................................................................................... 39 5.3 Internet- und Informationsportale zur Industrie 4.0 ........................................................................................................... 41 5.4 Fachmessen und Kongresse ....................................................................................................................................................... 42 Abbildungsverzeichnis ...........................................................................................................................................................................43 Quellenverzeichnis .................................................................................................................................................................................44
GAB-ITALIEN-2018-INDUSTRIE 4.0-ZMA 5 Abstract Die Begriffe Smart Manufacturing, Internet of Things, Big Data und Augmented Reality sind heutzutage in aller Munde. Sie und viele mehr werden in Deutschland häufig unter dem Überbegriff „Industrie 4.0“ zusammengefasst. Dieser wurde im Jahr 2013 von einem Arbeitskreis der digitalen Branche in Deutschland geprägt und von der Bundesregierung in ihrem Programm zur Förderung der Digitalisierung der deutschen Wirtschaft „Plattform Industrie 4.0“ übernommen. Der Begriff Industrie 4.0 steht für die vierte industrielle Revolution. Nach der Mechanisierung (Industrie 1.0), der Massenproduktion (Industrie 2.0) und der Automatisierung (Industrie 3.0) hält nun das Internet der Dinge und Dienste Einzug in die Produktion. Industrie 4.0-Technologien ermöglichen herausragende Wachstumschancen und Wettbewerbsvorteile für alle Industriesektoren. Prognosen gehen davon aus, dass Unternehmen mittels Industrie 4.0 ihre Produktivität um ca. 30 % steigern können. 1 Die Europäische Kommission schätzt den zusätzlichen Umsatz, den die europäische Wirtschaft durch die Digitalisierung von Produktionsprozessen, Produkten und Dienstleistungen in den nächsten fünf Jahren erzielen kann, auf mehr als 110 Mrd. €.2 Während in vielen anderen europäischen Ländern die Wichtigkeit des Vorantreibens der vierten industriellen Revolution schon früh erkannt und in Programmen wie „Plattform Industrie 4.0“ in Deutschland oder „Industries du futur“ in Frankreich seit Jahren aktiv gefördert wird, hat Italien von staatlicher Seite erst verhältnismäßig spät – im Jahr 2016 – eine derartige Strategie erarbeitet. Zwar hatte es auf regionaler und kommunaler Ebene sowie von Seiten der Privatwirtschaft vor allem in Nord- und Mittelitalien schon zuvor einige Initiativen und Fördermöglichkeiten gegeben, ein nationaler Plan, der unter anderem die Mobilisierung von staatlichen Geldern vorsieht, fehlte jedoch. Spätestens mit der Veröffentlichung des „Piano Nazionale Industria 4.0“ Ende 2016 und seiner Verlängerung „Impresa 4.0“ im Jahr 2017, hat sich hinsichtlich der Digitalisierung von Italiens Wirtschaft jedoch so einiges getan. Bereits nach einem Jahr zeigen die eingeführten Steuervergünstigungen für Investitionen in neue, innovative Technologien und Forschung sowie Erleichterungen der Kreditaufnahme für kleine und mittelständische Unternehmen erste positive Auswirkungen nicht nur auf die Innovationsbereitschaft der italienischen Industrie, sondern auch auf die gesamtwirtschaftliche Entwicklung des Landes. Italien steht also bezüglich der digitalen Transformation seiner Industrielandschaft noch viel bevor, doch das wachsende Bewusstsein für die große Bedeutung einer zukunftsgerichteten Entwicklung kombiniert mit den von der Regierung geschaffenen Investitionsanreizen machen den italienischen Markt für Technologien und Dienstleistungen im Bereich Industrie 4.0 zu einem vielversprechenden Absatzgebiet. Die italienische Wirtschaft ist von vielen KMUs geprägt, die durch ihre kleinen Betriebsgrößen sehr flexibel und innovationsaffin sind. Der bevorstehende Generationenwechsel in vielen Familienbetrieben lässt auf grundlegende Umstrukturierungen in Unternehmensmanagementstrukturen und Produktionsprozessen hoffen. Durch das Regierungsprogramm „Industria 4.0“ soll gerade diesen Firmen trotz ihrer geringen finanziellen Kapazitäten der Umschwung in Richtung Smart Manufacturing ermöglicht werden. Deutschland nimmt bezüglich des Fortschritts der vierten industriellen Revolution in Europa eine Vorreiterrolle ein und gilt in Italien als Vorbild für die Digitalisierung der Wirtschaft. Deutsche Unternehmen können ihre Expertise und Erfahrung auf dem Gebiet gezielt einsetzen, um italienische Betriebe in dem Gebiet mit technischer Ausrüstung und technologischem Know-How auszustatten. Die vorliegende Zielmarktanalyse soll interessierten deutschen Unternehmen und Marktakteuren einen Einblick in den aktuellen Stand und die Entwicklungen auf dem italienischen Markt für Technologien und Dienstleistungen, die der Industrie 4.0 zuzurechnen sind, verschaffen. Im Jahr 2016 veröffentlichte die deutsch-italienische Handelskammer Mailand (AHK Italien) im Auftrag des BMWi und im Rahmen des Förderprojektes „Leistungspräsentation Italien Industrie 4.0“ die Studie „Zielmarktanalyse Industrie 4.0 in Italien: Marktentwicklung, -Potential und –Aussichten“ 3 und untersuchte den italienischen Markt bereits ausführlich. Die vorliegende Studie soll somit als Weiterführung der AHK-Studie gelesen werden und beleuchtet vor allem die aktuellsten Entwicklungen und Trends – speziell in Bezug auf das in der Zwischenzeit verabschiedete nationale Förderprogramm „Industria 4.0“/“Impresa 4.0“. Die 2016 veröffentlichte Studie kann dabei als Hintergrundfolie verstanden werden, auf deren Basis die Veränderungen der letzten eineinhalb Jahre dargestellt werden. Interessierten Lesern empfiehlt sich also das Heranziehen beider Dokumente für eine profunde Erkenntnis über den italienischen Markt. 1 Bundesverband der Deutschen Industrie e.V.: Was bedeutet Industrie 4.0? (Okt. 2015). Vgl.: https://bdi.eu/artikel/news/was-bedeutet-industrie-40/ 2 European Commission: Digitising European Industry (Jan. 2018). Vgl.: https://ec.europa.eu/digital-single-market/en/policies/digitising-european-industry 3 Sie finden diese Studie auf dem BMWi-Portal IXPOS unter folgendem Link: https://www.ixpos.de/IXPOS/Content/DE/Ihr-geschaeft-im-ausland/_SharedDocs/Downloads/bmwi-markterschliessungsprogramm-2016/bmwi-mep- marktstudie-italien-industrie.pdf?v=2
6 GAB-ITALIEN-2018-INDUSTRIE 4.0-ZMA 1. Länderprofil Italien 1.1 Politischer Hintergrund und Bevölkerung Die Italienische Republik, welche 1948 ausgerufen wurde, ist das südlichste Gründungsmitglied der Europäischen Union (EU) und war in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts maßgeblich an der Entstehung und Weiterentwicklung dieser beteiligt. Abbildung 1: Landkarte Italiens Quelle: Internet4 Seit einer Volksabstimmung im Jahr 1946 ist Italien eine Republik. Staatsoberhaupt ist nach der 1948 in Kraft getretenen Verfassung der von beiden Parlamentskammern und von Vertretern der Regionen für sieben Jahre gewählte Staatspräsident. Amtsinhaber ist seit Februar 2015 Sergio Mattarella. Das Parlament besteht aus zwei gleichberechtigten Kammern mit nahezu identischen Zuständigkeiten im Gesetzgebungsverfahren („bicameralismo perfetto“): dem Abgeordnetenhaus (630 Abgeordnete) und dem Senat (315 Senatoren sowie bis zu fünf vom Staatspräsidenten ernannte Senatoren auf Lebenszeit), die aus freien und geheimen Wahlen hervorgehen. Die Gewaltenteilung und ein Verfassungsgericht sind konstitutionell verankert. Administrativ ist Italien in 20 Regionen, davon fünf mit besonderem Autonomiestatus, 103 Provinzen und über 8.000 Gemeinden gegliedert. Die Justiz ist unabhängig. Im Mai 2015 wurde ein neues Wahlgesetz verabschiedet, das mit dem Ziel stabilerer politischer Mehrheiten unter anderem einen Mehrheitsbonus in Höhe von 15 % für diejenige Liste vorsieht, die mindestens 40 % erreicht oder in einer Stichwahl der beiden stärksten Listen gewinnt, sowie eine Sperrklausel von 3 %. Das Wahlgesetz trat im Juli 2016 in Kraft. 4 Vgl.: https://www.weltkarte.com/europa/italien/regionen-italien.htm
GAB-ITALIEN-2018-INDUSTRIE 4.0-ZMA 7 Nach dem Rücktritt von Silvio Berlusconi 2011 stand seit November desselben Jahres Mario Monti mit seiner „Technokratenregierung“ an der Spitze der Regierung. Im Dezember 2012 erklärte er nach dem Verlust der Unterstützung des Parlaments seinen Rücktritt. Die Neuwahlen vom Februar 2013 stürzten mit unklaren Mehrheitsverhältnissen das Land in eine innenpolitische Krise. Erst nach langwierigen Verhandlungen konnte unter der Führung von Enrico Letta (Partito Democratico – PD) Ende April 2013 eine Koalition aus der PD, des Popolo della Libertà (PdL) von Berlusconi und der Zentrumspartei um Monti gebildet werden. Als Nachfolgepartei des PdL trat die wiedergegründete alte Berlusconi-Partei „Forza Italia“ im November 2013 aus der Koalitionsregierung aus. Eine PdL-Abspaltung – „Nuovo Centro Destra“ – verblieb zugleich in der Regierungskoalition und stellte eine ausreichende Regierungsmehrheit in beiden Häusern sicher. Auf Druck des im Dezember 2013 gewählten neuen Parteivorsitzenden der PD und bisherigen Bürgermeisters von Florenz, Matteo Renzi, trat Enrico Letta Mitte Februar 2014 als Regierungschef zurück. Die Regierung Renzi, die im Februar 2014 vom Staatspräsidenten vereidigt wurde, war das bisher jüngste Kabinett Italiens. Im Mittelpunkt der Regierungsarbeit stand die Umsetzung eines weitreichenden Reform-Programms, das sowohl institutionelle Reformen wie die Änderung des Wahlgesetzes und die Umstrukturierung des Senats als auch Reformen in den Bereichen Arbeitsmarktpolitik, Justiz und Verwaltung umfasste. Nach dem Scheitern des Referendums über die Verfassungsreform trat Ministerpräsident Renzi im Dezember 2016 zurück. Außenminister Paolo Gentiloni wurde mit der Regierungsbildung beauftragt, seit dem 13.12.2016 ist er Ministerpräsident und seit den Wahlen im März 2018 nunmehr geschäftsführend im Amt. Geschäftsführender Außenminister ist der ehemalige Innenminister Angelino Alfano. Nach den Wahlergebnissen am 4. März 2018 steht die Regierungsbildung noch aus. Die 5 Sterne Bewegung (Movimento 5Stelle) hat als eigenständige Partei mit 32 % die meisten Stimmen erhalten. Das Mitte-Rechts-Bündnis aus Lega, Forza Italia (FI) und Fratelli d’italia (FdI) erhielt 37 %. Dahinter fällt das Mitte-Links-Bündnis mit 23 %, davon PD mit 19 %.5 Am 23. März 2018 fand die erste offizielle Versammlung zur Ernennung der Kammer- und Senatspräsidenten statt. Nach einer Einigung der Fünf-Sterne-Bewegung mit dem Mitte-Rechts-Lager um den früheren Regierungschef Silvio Berlusconi hat das neugewählte italienische Parlament die Präsidenten beider Kammern gewählt. Als Präsident des Abgeordnetenhauses wurde im vierten Wahlgang der Spitzenpolitiker der Fünf-Sterne-Protestbewegung, Roberto Fico, gewählt. Präsidentin des Senats wurde im dritten Wahlgang die Forza Italia-Politikerin Maria Elisabetta Alberti Casellati, die als Kandidatin des Bündnisses aus Forza Italia, der rechtspopulistischen Lega und der Rechtspartei Fratelli d'Italia antrat. Sie ist die erste Frau in diesem Amt. Es werden Verhandlungen des Präsidenten Sergio Mattarella mit den parlamentarischen Gruppen folgen, um zu erkunden, wer mit der Regierungsbildung beauftragt wird.6 Italien ist stark urbanisiert, im Jahr 2016 lebten rund 69,1 % der Gesamtbevölkerung Italiens in Städten, vornehmlich im Norden.7 Die 20 Regionen der Italienischen Republik sind entfernt vergleichbar mit den Bundesländern in Deutschland. Sie verfügen über eine gewisse politische und finanzielle Autonomie und eine direkt gewählte Volksvertretung (consiglio regionale), die die Regionalregierung unter dem Präsidenten (presidente della giunta regionale), der gleichzeitig Presidente della Regione ist, kontrolliert. Fünf dieser Regionen haben einen Sonderstatus (statuto speciale), der besondere Autonomierechte in der Gesetzgebung, der Verwaltung und der Haushaltsführung garantiert. Die fünf bevölkerungsreichsten Regionen sind Lombardei, Venetien, Latium, Kampanien und Sizilien. Italien ist kein einheitlich strukturiertes Land, sondern wird geprägt von starken regionalen Unterschieden. Diese Unterschiede beschränken sich nicht nur auf die wirtschaftliche Entwicklung, sondern sind auch bei Mentalität und Lebensbedingungen der Menschen zu beobachten. Italien hat etwa 60 Mio. Einwohner und seine Bevölkerung ist von einer kulturellen Vielfalt geprägt. Der Ausländeranteil an der Gesamtbevölkerung betrug Anfang 2016 rund 8,3 % und über zehn Minderheitensprachen sind über vereinzelte Regionen verbreitet.8 Abgesehen von ca. 2,2 Mio. Muslimen und ca. 550.000 Protestanten ist der Großteil der Bevölkerung katholischer Religionszugehörigkeit.9 1.2 Die italienische Wirtschaft Italien ist drittgrößte Volkswirtschaft der Eurozone. Nach dem enormen Einbruch der Wirtschaftsleistung um ca. 9 % gegenüber dem Vorkrisenhoch (2008) erlebte Italiens Volkswirtschaft im Jahr 2015 erstmals wieder ein Wachstum von 0,8 %, 5 Auswärtiges Amt: Länderinfo Italien (Überblick). Vgl.: https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/italien-node/italien/211320 6 NZZ/dpa: Italiens Parlament wählt Präsidenten für beide Kammern. (März 2018). Vgl.: https://www.nzz.ch/international/italiens-parlament-waehlt- praesidenten-fuer-beide-kammern-ld.1369144 7 Statista: Italien: Grad der Urbanisierung von 2006 bis 2016. Vgl.: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/167718/umfrage/urbanisierung-in-italien/ 8 Statista: Italien: Anteil ausländischer Staatsangehöriger an der Gesamtbevölkerung aufgeschlüsselt nach Geschlecht von 2006 bis 2016. Vgl.: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/760651/umfrage/auslaenderanteil-in-italien-nach-geschlecht/ 9 Statista: Italien: Religionszugehörigkeit der Bevölkerung im Jahr 2010 und Prognosen bis 2050. Vgl.: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/527284/umfrage/religionen-in-italien/
8 GAB-ITALIEN-2018-INDUSTRIE 4.0-ZMA in 2016 in Höhe von 0,9 % und 2017 sogar in Höhe von 1,5 %. Für 2018 wird weiterhin ein konstantes Wachstum von ca. 1,3 % vorhergesagt.10 Bedingt durch die krisenhafte Entwicklung ist die italienische Schuldenquote von 105,7 % des BIP 2008 (nach alter Berechnungsmethode) auf 112,5 % im Jahr 2009 (nach neuer Berechnungsmethode Sec 2010) und schließlich im Jahr 2017 auf 131,5 % gestiegen. Das jährliche strukturelle Haushaltsdefizit hingegen sank von 0,7 % im Jahr 2014 auf 0,5 % im Jahr 2015, in den Jahren 2016 und 2017 betrug es 1,7 % und 2,1 %.11 Abbildung 2: Das Bruttoinlandsprodukt Italiens Quelle: GTAI12 Die italienische Wirtschaft wächst in letzter Zeit schneller als erwartet. Die Exporte steigen kontinuierlich und Industrieunternehmen investieren nicht zuletzt dank der jüngsten Steueranreize zur Förderung der Industrie 4.0 in die Erneuerung ihrer Anlagenparks und in zukunftsweisende Technologien. Gleichzeitig nimmt die Nachfrage nach Industriegütern aus dem Ausland zu. Klassische Branchen wie Mode, Nahrungsmittel, Maschinenbau sowie Wohnen und Einrichtung entwickeln sich durchaus positiv.13 Die Kernbranchen der Industrie sind international ausgerichtet, aber auch der Binnenmarkt erfährt eine leichte Erholung. Hohe Importe sind vor allem bei Roh- und Halbfertigprodukten zu verzeichnen, da Italiens ökonomische Stärke in der Herstellung und Weiterverarbeitung von Produkten liegt. Im Außenhandel konnte 2016 ein Wachstum der Exporte um 1,2 % erzielt werden bei zeitgleicher Verringerung der Importe um 1,3 %. Der bereits bestehende Handelsbilanzüberschuss wurde weiterhin ausgebaut und lag 2016 bei über 51 Mrd. €. Deutschland ist wichtigster Handelspartner Italiens mit einem Anteil von 12,3 % an den italienischen Exporten und 15,5 % an den italienischen Importen. Die Inflationsrate lag 2016 bei - 0,1 % (2015 bei 0,1 %).14 Der Arbeitsmarkt erfuhr im Jahr 2016 bei einer nach wie vor hohen Arbeitslosenquote eine leichte Erholung. Im Januar 2018 betrug die Arbeitslosenquote 11,1 % und war damit nur wenig niedriger als im selben Monat des Vorjahres (11,5 %). 15 Gleichzeitig bleibt auch die Beschäftigtenquote mit 58,1 % 2018 weiterhin niedrig. Auf besorgniserregendem hohem Niveau verharrt die Jugendarbeitslosigkeit, wenngleich sie von 40,3 % im Jahr 2015 auf zunächst 37,8 % im darauffolgenden Jahr und 10 Germany Trade and Invest (GTAI): Wirtschaftsdaten Kompakt Italien (Nov. 2017). Vgl.: http://www.gtai.de/GTAI/Content/DE/Trade/Fachdaten/MKT/2016/11/mkt201611222087_159100_wirtschaftsdaten-kompakt---italien.pdf?v=3 11 Auswärtiges Amt: Länderinfo Italien (Wirtschaft). Vgl.: https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/italien-node/-/211324 12 GTAI: Wirtschaftsdaten Kompakt Italien (Nov. 2017). 13 Germany Trade and Invest (GTAI): Branchencheck Italien (Nov. 2017). Vgl. http://www.gtai.de/GTAI/Navigation/DE/Trade/Maerkte/Branchen/branchencheck,t=branchencheck-italien-november- 2017,did=1826314.html#Elektronikindustrie-Digitalisierung-gibt-Impulse- 14 Auswärtiges Amt: Länderinfo Italien (Wirtschaft). 15 Trading Economics: Italien – Arbeitslosenquote. Vgl. https://de.tradingeconomics.com/italy/unemployment-rate
GAB-ITALIEN-2018-INDUSTRIE 4.0-ZMA 9 weiter auf 32,8 % im Jahr 2017 sank. Zudem bestehen weiterhin starke regionale Ungleichgewichte, der Süden ist von der (Jugend-) Arbeitslosigkeit deutlich stärker betroffen als der Norden.16 In kaum einem anderen europäischen Staat ist das Gefälle zwischen dem wirtschaftlich hochentwickelten, produktiven, industrialisierten Norden und dem stärker agrarwirtschaftlich geprägten Süden so stark wie in Italien. Die Rezession und die Verschlechterung des Arbeitsmarktes in den letzten Jahren hat auch dieses Gefälle verschärft. Im Norden herrschen nordeuropäische Lebensstandards, während im Süden das Netto-Jahreseinkommen fast um 40 % geringer ist. Die großen Wirtschaftszentren Mailand, Turin und Genua, das sogenannte Industriedreieck „triangolo industriale“, sind Teil des europäischen Wirtschaftskernraumes „Blaue Banane“. Gemeint ist damit ein Großraum in Zentraleuropa mit enormer wirtschaftlicher Bedeutung. Obwohl im Norden die verarbeitende Industrie konzentriert ist, haben Mittelitalien und in noch geringerem Maße auch der Süden die größeren Entwicklungschancen. Das liegt zum einen an der regional orientierten Förderpolitik der EU und andererseits daran, dass die Ballungsgebiete im Norden bereits überfüllt sind und gerade dort die infrastrukturelle Entwicklung mit den steigenden Anforderungen nicht Schritt halten konnte. Insgesamt weist Italien keine so starke Konzentration von Wachstumszentren auf wie etwa Frankreich mit Paris oder Großbritannien mit London. Vitale Wirtschaftsräume sind in ganz Italien zu finden. Abbildung 3: Wo in Italien die Wirtschaft brummt 17 Quelle: FAZ, nach Eurostat 1.3 SWOT-Analyse Italien Wir haben weiter oben schon etwas zum Wachstum/Wachstumsprognosen der italienischen Wirtschaft geschrieben. Unsicherheitsfaktoren sind die hohe Staatsverschuldung, die italienische Bankenkrise sowie die Auswirkungen des Brexit. Dennoch setzt sich die Erholung der italienischen Wirtschaft fort und das Geschäftsklima verbessert sich kontinuierlich. Großes Potenzial bergen weiterhin die Branchen, in denen Italien traditionell stark aufgestellt ist, wie Nahrungsmittel- und Getränkeindustrie, Luxusgüter, Mode und Design, Maschinen- und Anlagenbau sowie der Chemie- und Pharmasektor. Die Logistik und Transportbranche bietet ebenso Chancen wie die sich langsam erholende Kfz-Industrie. Daneben werden für die Bereiche E-Commerce und neue Technologien (Smart Cities, Smart Mobility, etc.) sowie Industrie 4.0 ein starkes Wachstum erwartet.18 16 Auswärtiges Amt: Länderinfo Italien (Wirtschaft). 17 FAZ Online: Norden Hui, Süden Pfui. (Okt. 2017). Vgl.: http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/wirtschaft-in-zahlen/grafik-des-tages-norden-hui-sueden- pfui-15259830.html 18 Rödl & Partner: Erfolgreich investieren in Italien (Mai 2017). Vgl.: http://www.roedl.de/themen/internationalisierung/italien
10 GAB-ITALIEN-2018-INDUSTRIE 4.0-ZMA Die Industrie ist das Rückgrat der italienischen Wirtschaft. Die Unternehmen Norditaliens sind exportorientiert und mit deutschen Industrieregionen - insbesondere mit Bayern und Baden-Württemberg - eng verflochten. Die durchschnittliche Unternehmensgröße ist deutlich kleiner als im deutschen Mittelstand. Dadurch können italienische Unternehmen schnell und flexibel auf die Wünsche der Kunden reagieren. Ausländische Unternehmen loben die hohe Lebensqualität, qualifizierte Lieferanten und den Zugang zu innovativer Technologie. Die größten Probleme bereitet hingegen die öffentliche Verwaltung. Die hohen Steuern und die entwicklungshemmende Bürokratie schwächen die Konkurrenzfähigkeit der Unternehmen. Die langsam arbeitende Justiz verhindert die Planungssicherheit. Nicht zuletzt wird der Spielraum für neue Reformen durch die extrem hohe Staatsverschuldung verringert. Auch das Bankensystem leidet unter notleidenden Krediten. Angesichts der langen Wirtschaftskrise hat die italienische Regierung jedoch viele wichtige Reformen auf den Weg gebracht. Die Flexibilisierung des Arbeitsmarktes und Steuersenkungen sollen dazu führen, die Wettbewerbsfähigkeit der italienischen Wirtschaft zu erhöhen und das Wirtschaftswachstum zu fördern.19 Die italienische Wirtschaft bietet zusammenfassend folgende Stärken und Vorteile: Kleine, innovative Unternehmen mit hoher Flexibilität Breitgefächerte Industriestruktur, starke Spezialisierung Starke Exportwirtschaft Funktionierende Industriecluster Großer Innovationswille Fortlaufende Reformbestrebungen Förderpolitik im Bereich Industrie 4.0 Und folgende Schwächen und Risiken: Vertrags- und Zahlungsmodalitäten Schwerfälligkeit der Institutionen (Gerichte, Finanzämter und sonstige öffentliche Behörden) und der damit einhergehenden Bürokratie Extreme Staatsverschuldung Schwieriger Zugang zu Marktinformationen und Distributionskanälen stark gewerkschaftlich geprägte Arbeitslandschaft unzureichenden Effizienz des Arbeitsmarkts Schwierige und langsame Durchsetzbarkeit der Reformpolitik Weit verbreitete Schattenwirtschaft Wachsende Kluft zwischen Norden und Süden Instabilität des Bankensystems durch faule Kredite Die aufgezählten Schwächen spiegelt das Länderranking des World Economic Forum von insgesamt 138 Ländern, in dem Italien vor allem in den Bereichen Finanzmarkt, Arbeitsmarkt und Institutionen schlechte Bewertungen erhält. Solcherlei Rankings sollten in Italien jedoch immer mit Rücksicht auf die ausgeprägten regionalen Unterschiede interpretiert werden. So ähneln die Standortbedingungen im Norden Italiens eher denen im Norden Europas als denen im Süden Italiens. 19 Germany Trade and Invest (GTAI): SWOT-Analyse – Italien (Nov. 2016). Vgl.: https://www.gtai.de/GTAI/Navigation/DE/Trade/Maerkte/Geschaeftspraxis/swot-analyse,t=swotanalyse--italien,did=1586762.html
GAB-ITALIEN-2018-INDUSTRIE 4.0-ZMA 11 Abbildung 4: Global Competitiveness Index des World Economic Forum Quelle: GTAI20 1.4 Wirtschaftsbeziehungen Italien – Deutschland Deutschland und Italien pflegen traditionell sehr enge Handelsbeziehungen, deren Strukturen von den Verflechtungen deutscher und italienischer Unternehmen geprägt werden. Seit der Einführung des Euros hat der Austausch von Waren und Dienstleistungen zwischen den beiden Ländern deutlich zugelegt. Der deutsche Handelsbilanzüberschuss ist bis zur Weltwirtschaftskrise kontinuierlich gewachsen, nimmt seit Anfang der Krise jedoch ab. Italien ist die drittgrößte Volkswirtschaft und nach Deutschland das zweitwichtigste Industrieland Europas. Vor diesem Hintergrund rangiert Italien regelmäßig unter den zehn wichtigsten Absatzmärkten Deutschlands. 21 Im Jahr 2017 kommt Italien als Lieferland in Deutschland auf Platz fünf, als Abnehmerland auf Platz sechs.Laut Destatis wurden im Jahr 2017 Waren im Wert von rund 65,5 Mrd. € von Deutschland nach Italien exportiert und 55,9 Mrd. € aus Italien importiert. Zum Vergleich: 2016 wurden insgesamt 404,5 Mrd. US-$ nach Italien importiert. Deutschland ist traditionell der wichtigste Handelspartner für Italien und liegt mit einem Anteil von 16,3 % an der Gesamteinfuhr des Landes weit vor Frankreich mit 20 Germany Trade and Invest (GTAI): Investitionsklima und -risiken – Italien (Feb. 2017). Vgl.: https://www.gtai.de/GTAI/Navigation/DE/Trade/Maerkte/Geschaeftspraxis/investitionsklima-und-risiken,t=investitionsklima-und-risiken-- italien,did=1637422.html 21 Germany Trade and Invest (GTAI): Deutschland bleibt Italiens wichtigster Handelspartner (Mai 2015). Vgl.: http://www.gtai.de/GTAI/Navigation/DE/Trade/Maerkte/suche,t=deutschland-bleibt-italiens-wichtigster-handelspartner,did=1245522.html
12 GAB-ITALIEN-2018-INDUSTRIE 4.0-ZMA lediglich 9 % (2016). Dies entspricht Waren im Wert von 61,44 Mrd. €. Gut 40 % der italienischen Einfuhr aus Deutschland entfiel auf die Produktgruppe Maschinen und Fahrzeuge, weitere 20 % auf chemische Erzeugnisse, 15 % auf Vorerzeugnisse/bearbeitete Waren und 9 % auf Nahrungsmittel und lebende Tiere.22 Abbildung 5: Italiens wichtigste Importländer 2016 Quelle: Statista23 Der italienische Markt bietet weiterhin gute Absatzchancen für deutsche Unternehmen. Italien ist eine Industrienation, die einen hohen Importbedarf aufweist. Inwiefern deutsche Unternehmen auf dem italienischen Markt erfolgreich tätig sein können ist eine Frage des Verdrängungswettbewerbes. Der Erfolg beim Markteintritt ist vom Spezialisierungs- bzw. Innovationsgrad der Produkte oder Dienstleistungen abhängig. Wenn deutsche Unternehmen innovative Produkte zu wettbewerbsfähigen Preisen anbieten sowie Kraft und Ausdauer mitbringen, um den Auslandsmarkt zu erschließen, gibt es in Italien branchenübergreifend gute Erfolgschancen.24 22 Germany Trade and Invest (GTAI): Deutschland bleibt Italiens wichtigster Handelspartner (Mai 2015). 23 Vgl.: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/167729/umfrage/wichtigste-importlaender-italiens/ 24 Germany Trade and Invest (GTAI): Vertrieb und Handelsvertretersuche – Italien (Okt. 2017). Vgl.: https://www.gtai.de/GTAI/Navigation/DE/Trade/Maerkte/Geschaeftspraxis/vertrieb-und-handelsvertretersuche,t=vertrieb-und-handelsvertretersuche-- italien,did=1808844.html
GAB-ITALIEN-2018-INDUSTRIE 4.0-ZMA 13 2. Industrie 4.0 in Italien 2.1 Bestandsaufnahme: Voraussetzungen und Entwicklungen Innerhalb der EU gehört Italien zu den größten und wirtschaftlich stärksten Industrienationen und ist die viertgrößte Volkswirtschaft Europas. Das Industriegefüge ist traditionell durch kleine und mittlere Unternehmen geprägt und zu den größten Sektoren zählen die Automobilindustrie, Mechanik und Elektronikbranche sowie die Pharmaindustrie und Medizintechnik, aber auch die Kleidungs- und Lebensmittelindustrie sind wichtige Absatzmärkte des Landes. Trotz der fundamentalen Rolle der Industrie für die Wirtschaft des Landes hat Italien die Wichtigkeit der Implementierung von Modellen der Industrie 4.0 erst spät erkannt und hat daher großen Nachholbedarf. So gehört Italien bezüglich der Digitalisierung der Wirtschaft zu den Schlusslichtern in Europa: Im „Index für die digitale Wirtschaft und Gesellschaft“ (Desi) der Europäischen Kommission landet Italien im Jahr 2017 lediglich auf Platz 25 von 28 EU-Mitgliedern. Nur 6,5 % der kleinen und mittleren Unternehmen verkaufen online, dabei ist der Internet-Verkauf lediglich der allererste kleine Schritt in die Zukunft der digitalisierten Welt. 25 Auch im Ranking der innovativsten Länder in Europa (2017 European Innovation Scoreboard) landet Italien als „Moderate Innovator“ ein ganzes stückweit hinter dem europäischen Durchschnitt und konnte seit 2010 keinen nennenswerten Fortschritt verzeichnen: Abbildung 6: European Innovation Scoreboard Quelle: European Commission26 25 Germany Trade and Invest (GTAI): Italiens Nationaler Plan für die Industrie 4.0 trägt Früchte (Dez. 2017). Vgl.: https://www.gtai.de/GTAI/Navigation/DE/Trade/Maerkte/suche,t=italiens-nationaler-plan-fuer-die-industrie-40-traegt- fruechte,did=1828426.html?view=renderPrint 26 European Commission: European Innovation Scoreboard 2017. Vgl.: http://ec.europa.eu/growth/industry/innovation/facts-figures/scoreboards/
14 GAB-ITALIEN-2018-INDUSTRIE 4.0-ZMA Wie bereits in der im Oktober 2016 vom BMWi herausgegebenen Marktstudie zur Industrie 4.0 in Italien ausführlich dargelegt wurde, hat dies neben der im Vergleich zu anderen Ländern erst spät einsetzenden Initiative von Seiten der italienischen Regierung mehrere landesspezifische Ursachen. So besteht die Schwierigkeit der Durchführung der Strategie zum Projekt Industrie 4.0 unter anderem darin, dass die italienische Wirtschaft von Klein- und Kleinstunternehmen dominiert wird, denen es an finanziellen Mitteln fehlt, um in Forschung, Innovation und Technologie sowie in entsprechende Anlagen zu investieren. Den meisten Unternehmern ist zwar bewusst, dass sie mit innovativer Technik Zeit und Geld auf allen Ebenen der Produktionskette sparen und die Produktivität in hohem Maße steigern könnten, bislang mangelte es aber vor allem an der finanziellen Unterstützung sowie an der unternehmensinternen Bereitschaft und den strukturellen Eigenschaften des italienischen Arbeitsmarktes.27 Investitionen in Forschung und Entwicklung sind bei italienischen Unternehmen bisher eher die Seltenheit, für Fortschritte in der Digitalisierung jedoch unersetzlich. Weitere erschwerende Faktoren sind der Mangel an qualifizierten Fach- und Führungskräften sowie infrastrukturelle Voraussetzungen wie eine flächendeckende Versorgung mit Ultrabandbreit-Glasfasernetzen. Einer Studie von Roland Berger zufolge war Italien noch im Jahr 2014 gemessen an der Internetnutzung im B2B Bereich das europäische Schlusslicht.28 All diese Herausforderungen hat die italienische Regierung jedoch inzwischen erkannt und so hat sich spätestens seit der Lancierung des nationalen Plans „Industria 4.0“ zur Förderung der Digitalisierung des italienischen Wirtschafts- und Entwicklungsministeriums im gesamten Industriesektor bereits einiges getan. Im Mittelpunkt des Plans stehen großzügige Steuerabschreibungsmöglichkeiten für den Kauf von Investitionsgütern sowie der Ausbau des Breitbandnetzes, flankiert von weiteren nationalen Maßnahmen wie Investitionen in die Bildung und die Gründung von Intelligenz Clustern, sogenannten Competence Centern. Hinzu kommen zahlreiche individuelle Initiativen der italienischen Regionen von der Emilia-Romagna bis Kampanien. Der Erfolg der Regierungsstrategie schlägt sich schon jetzt deutlich in der positiven Entwicklung der italienischen Wirtschaft sowie der ansteigenden Zahl an Investitionen nieder. Zwischen Januar und August 2017 hat das Produktionsniveau der italienischen Industrie im Vergleich zum entsprechenden Vorjahreszeitraum um 2,9 % zugenommen. Gut gefüllte Auftragsbücher deuten auf einen noch höheren Anstieg bis zum Jahresende hin. 29 Die Zahl der Start-ups in Italien erreichte im Oktober 2017 einen Höchststand von 8.054, ein Plus von 35,5 % innerhalb der vergangenen 18 Monate. Die Bruttoanlageinvestitionen verzeichneten in den ersten sechs Monaten 2017 ein Plus von 9 % auf 80 Mrd. € im Vergleich zum entsprechenden Vorjahreszeitraum. Insbesondere Investitionen in Maschinen (11,6 %), Elektronik (10,7 %) sowie in Forschung, Entwicklung und Innovationen im verarbeitenden Gewerbe (15,0 %) legten zu. Im „Digitalen Steuerindex“ haben es die Italiener - nach Irland - sogar auf einen zweiten Spitzenplatz in Europa geschafft. Das zeigt die Studie „Steuerliche Standortattraktivität digitaler Geschäftsmodelle. Steuerlicher Digitalisierungsindex 2017“, die das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) gemeinsam mit der Universität Mannheim und der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers (PwC) erarbeitet hat. Von ungefähr kommt der Spitzen-Steuerplatz nicht, die steuerlichen Rahmenbedingungen für Unternehmen sind deutlich verbessert worden. Im Jahr 2016 wurde der Körperschaftsteuersatz von 27,4 % auf 24,0 % gesenkt. Hinzu kommen Hyper- und Superabschreibungen (Iper- und Superammortamento) von 250 % bzw. 140 % auf 4.0-Investitionen in Maschinen, Robotik oder Software, um nur einige Beispiele zu nennen.30 27 Deutsch-Italienische Handelskammer (AHK Italien): Zielmarktanalyse Industrie 4.0 in Italien. (Okt. 2016). Vgl.: https://www.ixpos.de/IXPOS/Content/DE/Ihr-geschaeft-im-ausland/_SharedDocs/Downloads/bmwi-markterschliessungsprogramm-2016/bmwi-mep- marktstudie-italien-industrie.pdf?v=2 28 Germany Trade and Invest (GTAI): Industrie 4.0 kommt in Italien voran (März 2016). Vgl.: http://www.gtai.de/GTAI/Navigation/DE/Trade/Maerkte/suche,t=industrie-40-kommt-in-italien-voran,did=1427256.html 29 Germany Trade and Invest (GTAI): Steigende Nachfrage nach Elektronik und Elektrotechnik in Italien (Nov. 2017). Vgl.: http://www.gtai.de/GTAI/Navigation/DE/Trade/Maerkte/suche,t=steigende-nachfrage-nach-elektronik-und-elektrotechnik-in-italien,did=1811350.html 30 Germany Trade and Invest (GTAI): Italiens Nationaler Plan für die Industrie 4.0 trägt Früchte (Dez. 2017).
GAB-ITALIEN-2018-INDUSTRIE 4.0-ZMA 15 Abbildung 7: Plan zum Ausbau des Ultrabreitbandnetzes in Italien Quelle: Ministero dello Sviluppo Economico31 Auf der Agenda steht außerdem der Ausbau der digitalen Infrastruktur. Im Jahr 2017 waren in Italien 42,6 % der Wohneinheiten mit einer Breitband-Internetverbindung versorgt, diese soll bis 2020 auf 100 % ausgebaut werden. Der Prozentsatz an italienischen Unternehmen, die Zugang zu schnellem Internet haben, lag in Italien im Jahr 2017 bei lediglich 23 % und damit weit hinter dem europäischen Durchschnitt von 40 %. 32 Auch diese sollen laut des nationalen Digitalisierungsplanes bis 2020 zu 100 % mit einer Internetverbindung von mindestens 30Mbps versorgt werden, 50 % sogar mit 100Mbps.33 Abbildung 8: Europaweiter Vergleich von Unternehmen mit schnellem Internet Quelle: Eurostat, zit. nach Heise Online 31 Ministero dello Sviluppo Economico / Ministero dell’Economia e delle Finanze: Italy’s National Plan Impresa 4.0. Results from 2017 – Actions for 2018. (Sept. 2017). Online einzusehen unter: http://www.sviluppoeconomico.gov.it/images/stories/documenti/impresa_40_risultati_2017_azioni_2018.pdf 32 Mewes, Bernd; Heise Online: Breitbandinternet bei Unternehmen: Deutschland im EU-Mittelfeld (Jan. 2018). Vgl.: https://www.heise.de/newsticker/meldung/Breitbandinternet-bei-Unternehmen-Deutschland-im-EU-Mittelfeld-3946579.html 33 Ministero dello Sviluppo Economico: Piano nazionale Industria 4.0. Mailand (Sept. 2016). Online einzusehen unter: http://www.sviluppoeconomico.gov.it/images/stories/documenti/guida_industria_40.pdf
16 GAB-ITALIEN-2018-INDUSTRIE 4.0-ZMA 2.2 Initiativen und Projekte von privater und öffentlicher Hand Obschon die Entwicklung im Bereich Digitalisierung und Gesellschaft 4.0 in Italien weitaus langsamer als beispielsweise in Deutschland voranschreitet, wurden in den vergangenen Jahren zahlreiche Projekte zum Thema sowohl von öffentlicher Hand, als auch durch die Privatwirtschaft ins Leben gerufen. So war beispielsweise die Region Piemont im Jahr 2015 die erste, die im Wege einer Ausschreibung 40 Mio. € für Smart Factory-Projekte bereitgestellt hat. Auch gibt es zahlreiche einzelne Initiativen: Das Intellimech ist ein Innovationscluster, das eigenfinanziert Forschungsprojekte zur Integration neuer Technologien in den Industrieprozessen durchführt. Sie ist eine der größten und wichtigsten Unternehmensvereinigungen im Sektor und führt F&E sowie interdisziplinäre Experimentationsprojekte durch und entwirft Prototypen und Demonstrationsobjekte im Bereich innovative Technologien. Sie unterstützt außerdem die Forschungsaktivitäten vor allem von KMUs und fungiert als Beratungsinstitution für diese.34 Im Jahr 2014 entstand das Clusternetzwerk Fabbrica Intelligente (Cluster Tecnologico Nazionale Fabbrica Intelligente, www.fabbricaintelligente.it); hier werden/wurden u.a. mit Beteiligung von Siemens Italia vier angewandte Forschungsprojekte realisiert. Im Dezember 2014 hatte das Cluster seine erste offizielle Vollversammlung. Weitere Industrie 4.0-Beispiele sind z.B. ein 3D-Druckprojekt der Universität Pavia oder auch eine Partnerschaft des Polytechnikums der Marken mit der Firma Arburg.35 Ein weiteres Beispiel ist das Kreditinstitut Intesa San Paolo, das in jüngster Zeit verschiedene Initiativen ins Leben gerufen hat, um Unternehmen, die im Bereich Smart Manufacturing aufrüsten wollen sowie Start-Ups aus dem Sektor in der Finanzierung und anderem Bereichen unterstützen sollen. In einer Kooperation mit Italiens größter Arbeitgeberorganisation Confindustria und in Anlehnung an den Regierungsplan „Industria 4.0“ sollen vor allem KMUs in den Bereichen Ökosystem und Business- Integration, finanzielle Unterstützung für Wachstumsmöglichkeiten, Personalausbildung und neue Formen der Unternehmensführung unterstützt werden. Die insgesamt für die Initiative zur Verfügung gestellte Geldsumme für den Zeitraum 2016-2019 beträgt 90 Mrd. €.36 In Kooperation mit dem Unternehmen Cisco gab es außerdem eine Ausschreibung für Start-Ups, die sich dem Thema Industrie 4.0 widmen, und die im Rahmen eines Programms inhaltlich in der Ausarbeitung und Finanzierung ihrer Projekte unterstützt wurden und die Möglichkeit bekamen, sich potentiellen Investoren vorzustellen. 37 Der Italien-Repräsentant von Germany Trade & Invest (GTAI), Herr Robert Scheid, schrieb in seinem im März 2016 erschienenen Artikel „Industrie 4.0 kommt in Italien voran“ auch über das Thema der intelligenten Städte: „Auch das Thema Smart Cities gewinnt in Italien an Aufmerksamkeit. Bisher wurden gut 3,7 Mrd. € in etwa 1.300 Projekte in Bereiche wie Energieeffizienz, Mobilität, erneuerbare Energien, Beleuchtung und Abfallentsorgung investiert. Norditalienische Städte wie Mailand und Turin, sind auf dem Weg zur Smart City schon ein gutes Stück vorangekommen. Die Themen decken ein breites Spektrum ab und die Investitionen finden größtenteils auf kommunaler Ebene statt: Investiert wurden bereits mehr als 820 Mio. € für die nachhaltige Mobilität; 640 Mio. € für Energie und Energieeffizienz; 290 Mio. € für Umweltprojekte (Abfallentsorgung, Überwachung des Verschmutzungsgrades); 283 Mio. € für die Verbesserung der Lebensverhältnisse in den Städten; 377 Mio. € für die IKT-Infrastruktur und die städtische Entwicklung; 171 Mio. € für die Kommunikation mit der Bevölkerung; 114 Mio. € für die Modernisierung und Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung; 1 Mrd. € für Querschnittsthemen im Bereich Städteplanung.“38 Die Internetplattform Agenda Urbana, eine Initiative des Verbands der italienischen Kommunen ANCI, dokumentiert alle relevanten, in Italien realisierten Projekte. Die folgende Karte zeigt, welche Regionen Italiens auf dem Weg zur Smart City wie weit fortgeschritten sind. Dunkel markierte Flächen markieren dabei besonders weit entwickelte Regionen. 39 34 Intellimech - Consorzio per la meccatronica: Chi siamo. Vgl.: http://www.intellimech.it/index.php/it/chi-siamo-it 35 Germany Trade and Invest (GTAI): Industrie 4.0 kommt in Italien voran (März 2016). 36 Intesa San Paolo / Confindustria: Progettare il futuro. Nuovo accordo tra Intesa SanPaolo e Confindustria. (Nov. 2016). Online einzusehen unter: http://www.group.intesasanpaolo.com/scriptIsir0/si09/contentData/view/content-ref?id=CNT-05-00000004D96E6 37 Cisco: Cisco e Intesa Sanpaolo insieme con una nuova edizione della startup initiative per l’industry 4.0 (Juli 2017). Vgl.: https://www.cisco.com/c/it_it/about/news/2017-archive/20170726.html 38 Germany Trade and Invest (GTAI): Industrie 4.0 kommt in Italien voran (März 2016). 39 Vgl.: http://www.agendaurbana.it/dettaglio-investimenti/
GAB-ITALIEN-2018-INDUSTRIE 4.0-ZMA 17 Abbildung 9: Anzahl von Smart-City Projekten in Italien nach Regionen40 Quelle: Agenda urbana / ANCI – IFEL41 In diesem Zusammenhang ist zu bemerken, dass Italien in Europa zu den Vorreitern bei der Umstellung auf nachhaltigen Strom gehört. So schreibt GTAI-Repräsentant Robert Scheid: „Nachdem die großzügigen Einspeisetarife zwischen 2008 und 2013 einen Boom der Fotovoltaik und Windkraft ausgelöst hatten, konnte das Land sogar einzelne EU-Energieziele übertreffen. Ende 2017 hat die Regierung die neue nationale Energiestrategie vorgelegt, die Investitionen von 175 Mrd. € bis 2030 in erneuerbare Energien, Energieeffizienz und in das Stromnetz vorsieht. Gaskraftwerke sollen gebaut werden, es wird ein Ausstieg aus der Kohlekraft bis 2025 angestrebt und auch die Bereiche Biogas und Biomethan kommen deutlich in Schwung.“42 Darüber hinaus will sich Italien in Europa als Vorreiter bei der Entwicklung und dem Einsatz des neuen 5G Mobilfunkstandards positionieren. Die fünfte Generation der Mobilfunktechnologie ist mit Datenübertragungsgeschwindigkeiten von bis zu 20 Gigabit pro Sekunde der technologische Grundstein für Zukunftstechnologien wie die Industrie 4.0 und selbstfahrende Autos. Die Telecom Italia Tochtergesellschaft TIM ist mit ihrem Projekt "5G für Italy" zusammen mit 12 Partnern bereits seit 2016 aktiv. Zu den Partnern gehören Ericsson, Comau, das Polytechnikum Turin, die Universität von Pisa, der Hafen von Livorno, Ansaldo Energia, SAP und Cisco. Vernetzte Fahrzeuge, Digitalisierung des Gesundheitswesens, Automatisierung der Produktion, intelligente Logistik sowie Smart Farming sind die wichtigsten Anwendungsbereiche. Zusammen mit Ericsson hat die Gesellschaft bereits im Dezember 2017 in Turin das erste 5G-Netzwerk Italiens eingeweiht. Auf dem 26 GHz Frequenzband konnte eine Übertragungsgeschwindigkeit von 20 Gigabit pro Sekunde erreicht werden. Das ist nach Angaben des Unternehmens ein Rekordwert in einer urbanen 40 Je dunkler die Markierungen, desto mehr Projekte befinden sich in der Durchführung / wurden bereits durchgeführt. 41 Vgl.: http://www.agendaurbana.it/dettaglio-investimenti/ 42 Germany Trade and Invest (GTAI): Branchencheck Italien (Nov. 2017).
18 GAB-ITALIEN-2018-INDUSTRIE 4.0-ZMA Umgebung.43 Weiterhin bestehen diverse Digitalisierungsinitiativen auf nationaler Ebene, die unter anderem die öffentliche Verwaltung und Administration betreffen. Darunter fallen die Digitalisierung aller öffentlichen Dienste im Rahmen des Programms „Italia Login“, die Digitalisierung des Gesundheitssystems im Rahmen des sogenannten „FSE“ (fascicolo sanitario elettronico) sowie die Plattform für Projekte zur „digitalen Alphabetisierung“ der Bevölkerung, Unternehmen und öffentlichen Institutionen namens „Competenze digitali“. Ausführliche Informationen zu den jeweiligen Programmen finden sich in der bereits genannten BMWi-/AHK-Studie von 2016. 2.3 Marktpotential und -chancen Wie auch die bereits zitierte Marktstudie des BMWi von 2016 betont, sind die allgemeinen Voraussetzungen für die Entwicklung der Industrie 4.0 in Italien durchaus positiv. Viele internationale Großkonzerne sind im Land ansässig und arbeiten bereits auf einem hohen, technischen Stand. Die Industrie, geprägt durch ihre vielen kleinen und mittleren Betriebe, ist das Rückgrat der italienischen Wirtschaft. Italien ist, gemessen an der Bruttowertschöpfung der Industrie, das zweitwichtigste Herstellerland in Europa und bietet gute Voraussetzungen für die Industrie 4.0. Insbesondere verfügen große Unternehmen in der Kfz-, Luft-, und Raumfahrtindustrie über modernste, innovative Technologien.44 Die Möglichkeiten, Italien wieder zu einem wirtschaftlichen Aufschwung zu verhelfen, basieren vor allem auf der Transformation von innovativen Dienstleistungen sowie auf den starken industriellen Strukturen des Landes. Voraussetzung dafür ist, dass das Land in der Lage ist, dynamischer zu agieren und modernste, digitale Infrastrukturen zu errichten. In diesem Kontext sind strukturelle Reformen in Bezug auf bürokratische Prozeduren sowie auf die Internationalisierung der Ausbildungssysteme nötig. Des Weiteren muss das Land in Forschung und Innovation investieren sowie eine effektivere Koordinierung zwischen Ressourcen und Kompetenzen erzeugen und eine solide Finanzwirtschaft gewährleisten.45 Dies hat die italienische Regierung erkannt und sucht sie mit den Digitalisierungsstrategien „Industria 4.0“ und „Impresa 4.0“ in die Tat umzusetzen. Der Erfolg der schon umgesetzten Maßnahmen wird von Experten und Öffentlichkeit anerkannt, nun wird insbesondere mit der erwarteten Bildung einer neuen Regierung gefordert, dass der bereits eingeschlagene Weg weiterverfolgt wird. Giovanni Costa, Professor für Unternehmensstrategie der Universiät Padova betont hierzu die Wichtigkeit der Internationalisierung der italienischen Unternehmen, um eine Angleichung der Wirtschaftsleistungen auf europäischer Ebene zu erwirken und mit dem globalen Fortschritt Schritt halten zu können. Maßgeblich seien außerdem private und öffentliche Investitionen in Forschung und Entwicklung und Humankapital sowie die Förderung von Kooperationen zwischen Universitäten und privaten Unternehmen. Wachstum und Internationalisierung der italienischen Unternehmen und Märkte seien unabdinglich, wolle man qualifiziertes, junges Fachpersonal im Land behalten und Innovationen vorantreiben. 46 Ein wichtiger Aspekt ist neben konkreten steuerlichen Anreizen und staatlichen Investitionen in Bildung und Forschung auch die Steigerung der allgemeinen Awareness für das Thema. Ein gesteigertes Bewusstsein und Wissen um die Wichtigkeit der Digitalisierung für Gesellschaft und Wirtschaft würde sich so nicht nur in einer wachsenden Bereitschaft auf Seiten der Unternehmen niederschlagen, sich mit Fortschritt und Technologien 4.0 auseinanderzusetzen, sondern auch Jugendliche mit einem Thema vertraut machen, das den zukünftigen Arbeitsmarkt mehr und mehr bestimmen wird. Luca Beltrametti, Leiter der wirtschaftlichen Fakultät der Universität Genova lobt den Weg, den der ehemalige Vizeminister für wirtschaftliche Entwicklung Carlo Calenda eingeschlagen hat und fordert, nun auch weniger dynamische Unternehmen sowie die breite Öffentlichkeit mit den neuen technologischen Prozessen vertraut zu machen: „Wir müssen die neuen Generationen davon überzeugen, dass die Arbeit in den neuen, digitalisierten Produktionsstätten für sie von Interesse ist.“ Außerdem müsse die Kultur der neuen Technologien an Unternehmer und Manager weitergetragen werden, nur so könne sie sich auf allen Ebenen der Produktion sektorenübergreifend verbreiten. 47 43 Germany Trade and Invest (GTAI): Italien initiiert 5G-Pilotprojekte (Feb. 2018). Vgl.: http://www.gtai.de/GTAI/Navigation/DE/Trade/Maerkte/suche,t=italien-initiiert-5gpilotprojekte,did=1863242.html 44 Germany Trade and Invest (GTAI): Industrie 4.0 kommt in Italien voran (März 2016). 45 BMWi / AHK Italien: Zielmarktanalyse Industrie 4.0 in Italien 46 Magna, Laura; Industria Italiana: L’agenda industriale sul tavolo del prossimo Governo (März 2018). Vgl.: https://www.industriaitaliana.it/lagenda- industriale-sul-tavolo-del-prossimo-governo/ 47 Ibid.
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