UNTERSUCHUNG ZU CHANCEN UND RISIKEN VON "GLOBAL SOURCING" - Procure One

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UNTERSUCHUNG ZU CHANCEN UND RISIKEN VON "GLOBAL SOURCING" - Procure One
UNTERSUCHUNG ZU CHANCEN UND RISIKEN
                   VON „GLOBAL SOURCING“

                          WHITEPAPER 2017_04_01

Herausgeber:                  Autor:

Procure One GmbH              Andrew Seim, Dipl. Kaufmann (FH)

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© Procure One GmbH
UNTERSUCHUNG ZU CHANCEN UND RISIKEN VON "GLOBAL SOURCING" - Procure One
II

Zusammenfassung

Die diesem Whitepaper zugrunde liegende Themenstellung wird in vier Kapiteln be-
handelt und basiert methodisch auf einer Analyse ausgewerteter Quellen aus Print- und
Onlinemedien sowie 15 jähriger Erfahrung im Bereich Global Sourcing. Nach der Ein-
leitung, Zielsetzung mit ihrer Arbeitshypothese und dem Aufzeigen der strukturellen
Vorgehensweise zum Aufbau dieses Whitepapers, werden konzeptionelle Grundlagen in
den Mittelpunkt gestellt. Dabei liegt der Schwerpunkt auf der Erläuterung von dem Be-
griff sowie Zielen und Aufgaben der Beschaffung, um daran anknüpfend auf die inter-
nationale Beschaffungsstrategie Global Sourcing mit ihren Charakteristika einzugehen.
Darüber hinaus wird bereits an dieser Stelle mit der Präsentation des Global-Sourcing-
Prozesses eine allgemein aufzufassende Handlungsempfehlung zur strukturierten Vor-
gehensweise bei der Umsetzung einer globalen Beschaffung gegeben. Das zweite Kapi-
tel schließt ab mit ausführlichen Hinweisen zu weiteren Sourcing-Strategien entlang der
Lieferantenpyramide, welche am Ende in einem vergleichenden Überblick und unter
Einbezug des Global Sourcing beurteilt werden. Im Anschluss konzentriert sich das
Hauptkapitel drei auf die Untersuchung von Chancen und Risiken des Global Sourcing.
Punktuell erfolgt dabei deren Verdeutlichung mit Hilfe von Praxisbeispielen. Bei den
Chancen werden Kostenaspekte, die mögliche Optimierung der Verhandlungsposition,
eine Steigerung der Versorgungssicherheit, die Qualitätsoptimierung, die Erschließung
neuer Absatzmärkte sowie die Risikodiversifizierung diskutiert. Ein zweiter Schwer-
punkt dieses Kapitels ist die Erläuterung potentieller Risiken. Bei dieser Analyse finden
die Aspekte Lieferzeit, Versorgungsrisiken, aufwändige Marktforschung und Kommu-
nikationsprobleme Berücksichtigung. Zuletzt werden rechtliche Herausforderungen und
Währungsrisiken thematisiert. Eine finale Visualisierung, Beurteilung und Ableitung
von Handlungsempfehlungen vor dem Hintergrund analysierter Chancen und Risiken
schließen das dritte Kapitel ab.
Mit einer zusammenfassenden Schlussbetrachtung wird dieses Whitepaper beendet.
Insgesamt wird die zu Beginn formulierte Arbeitshypothese bestätigt.

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UNTERSUCHUNG ZU CHANCEN UND RISIKEN VON "GLOBAL SOURCING" - Procure One
1

Inhaltsverzeichnis

Zusammenfassung............................................................................................................ II
Inhaltsverzeichnis ............................................................................................................. 1
Tabellenverzeichnis .......................................................................................................... 3
Abbildungsverzeichnis ...................................................................................................... 3
Abkürzungsverzeichnis ..................................................................................................... 4
Einleitung .......................................................................................................................... 5
1. Ziele, Aufbau und Vorgehen in dieses White Papers ................................................... 7
   1.1 Zielsetzung und Hypothese ..................................................................................... 7
   1.2 Aufbau des White Papers ........................................................................................ 8
   1.3 Methodisches Vorgehen........................................................................................ 10
2. Konzeptionelle Grundlagen ........................................................................................ 12
   2.1 Beschaffung - Einordnung und Begrifflichkeit..................................................... 12
   2.2 Ziele und Aufgaben der Beschaffung ................................................................... 15
       2.2.1 Sach- und Formalziel ..................................................................................... 16
       2.2.2 Strategische und operative Beschaffungsziele ............................................... 17
   2.3 Global Sourcing .................................................................................................... 19
       2.3.1 Merkmale ....................................................................................................... 19
       2.3.2 Global-Sourcing-Prozess ............................................................................... 22
   2.4 Sourcing-Strategien entlang der Lieferantenpyramide ein
   vergleichender Überblick ............................................................................................ 27
       2.4.1 Modular Sourcing .......................................................................................... 28
       2.4.2 Single Sourcing .............................................................................................. 30
       2.4.3 Local und Domestic Sourcing........................................................................ 31
       2.4.4 Dual Sourcing ................................................................................................ 32
       2.4.5 Multiple Sourcing .......................................................................................... 33
       2.4.7 Global Sourcing und weitere Beschaffungsstrategien ................................... 34
3. Global Sourcing – Untersuchung unter Berücksichtigung einer
Chancen-Risiken-Analyse............................................................................................... 35
   3.1 Chancen des Global Sourcing ............................................................................... 36
       3.1.1 Kostenaspekte ................................................................................................ 36

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       3.1.2 Optimierung Verhandlungsposition ............................................................... 40
       3.1.3 Steigerung der Versorgungssicherheit ........................................................... 42
       3.1.4 Qualitätsoptimierung und Erschließung neuer
       Vertriebsmärkte ...................................................................................................... 44
       3.1.5 Risikodiversifizierung .................................................................................... 47
   3.2 Risiken Global Sourcing ....................................................................................... 49
       3.2.1 Lieferzeit ........................................................................................................ 49
       3.2.2 Versorgungsrisiken ........................................................................................ 50
       3.2.3 Aufwendige Marktforschung und
       Kommunikationsprobleme...................................................................................... 53
       3.2.4 Rechtliche Herausforderungen und Währungsrisiken ................................... 56
   3.3 Visualisierung mittels Chancen-Risiken-Analyse ................................................ 57
   3.4 Beurteilung und Ableitung von Handlungsempfehlungen ................................... 59
       3.4.1 Vergleichende Bewertung ausgewählter Aspekte ......................................... 59
       3.4.2 Nutzwertanalyse............................................................................................. 63
4. Schlussbetrachtung ..................................................................................................... 66
Literaturverzeichnis ........................................................................................................ 68
Über den Autor: .............................................................................................................. 77

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Tabellenverzeichnis

Tabelle 2.1: Bewertungsmatrix ausgewählter Sourcing-Strategien ........ 35

Tabelle 3.1: Zusammenstellung analysierter Chancen und Risiken des
Global Sourcing ...................................................................................... 58

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1.1: Aufbau des White Papers im Überblick, eigene Darstellung. 10
Abb. 2.1: Global-Sourcing-Prozess ........................................................ 23
Abb. 2.2: Sourcing-Strategien entlang der Lieferantenpyramide ........... 28

Abb. 3.1: Kostenvergleich Deutschland und China ................................ 40

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4

Abkürzungsverzeichnis

GVZ       Güterverkehrszentrum
OSZE      Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit
PLV       Passive Lohnveredelung
SCM       Supply Chain Management
SWOT      Strengths-Weaknesses-Opportunities-Threats
TTIP      Trade and Investment Partnership

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Einleitung

Volkswirtschaften und darin agierende Wirtschaftsunternehmen können im Wettbewerb
ihre Konkurrenzfähigkeit nur dann sicherstellen und verstetigen, wenn sie sich durch
innovative Produkte und Leistungen am Markt positionieren.1 Hohe Produktivität und
Flexibilität im Wertschöpfungsprozess gelten als zentraler Erfolgseckpfeiler des ferti-
genden Industriesektors.2

Produkte, Dienstleistungen und Value Added Service entstehen in hochentwickelten
Industrieländern nicht mehr ausschließlich in einem einzigen Unternehmen, vielmehr
erfolgt eine arbeitsteilige Sachgüter- und Dienstleistungsproduktion in Lieferketten und
Netzwerken, die sich aus produzierenden Unternehmen, Lieferanten und Logistik-
Dienstleistern zusammensetzen.3 Auch politische Entscheidungsträger, Manager und
Zivilpersonen aus etwa 70 Ländern setzen sich regelmäßig mit Rahmenbedingungen
zum Global Sourcing und der Verbesserung wirtschaftlicher Vernetzung und dazu er-
forderlichen Impulsen auseinander. Ein Beispiel ist die OSZE (Organisation für Sicher-
heit und Zusammenarbeit)-Konferenz Connectivity in Berlin, die am 18. Mai 2016 statt-
fand.4

Branchenunabhängig sind Unternehmen überdies Wettbewerbsbedingungen ausgesetzt,
für die eine stetige Dynamik kennzeichnend ist.5 Globalisierung, steigender Druck auf
Ertragsmargen, zunehmende Produktvielfalt und ein intensiver Wettbewerb um die
Gunst von Kunden sind Beispiele für diese Entwicklungen.6

Mit Agilität, Effizienz und Lean-Management-Prinzipien versuchen Industriebetriebe
die bestehenden Herausforderungen im Rahmen des Supply Chain Managements
(SCM) zu bewältigen.7 Einem störungsfreien Ablauf und einer Optimierung sämtlicher

1
    Vgl. Schulte 2013, S. 1 und S. 529; Schallmo 2013, S. 1
2
    Vgl. Dickmann 2015, S. 28ff.
3
    Vgl. Gudehus 2012a, S. 935 und S. 1035, sowie Göpfert & Wellbrock 2012, S. 105
4
    Vgl. o.V. 2016, S. 38f.
5
    Vgl. Vahrenkamp, Kotzab & Siepermann 2012, S. 3ff.
6
    Vgl. Senft 2016, S. 1f.
7
    Vgl. Bölzling 2015, S. 28

                                                                © Procure One GmbH
6

Prozesse kommen vor diesem Hintergrund eine hohe Bedeutung zu.8 Dies gilt auch für
den Funktionsbereich der Beschaffung eines Unternehmens. Dazu passend besteht z.B.
bei dem Automobilhersteller BMW ein eigenes Vorstandsressort für Einkauf bzw. Be-
schaffung und Lieferantennetzwerk, um die Wichtigkeit dieser Funktionsabteilung für
das Unternehmen zu betonen.9 Global Sourcing ist bei BMW Bestandteil des strategi-
schen Programms „Supply Chain Number One“.10 Grundsätzlich wenden Unternehmen
verschiedene Versorgungsstrategien entlang der spezifischen Lieferstruktur an.11 Auch
wird das Sourcing in der Literatur als Strukturierungskonzept mit Bezug zum Beschaf-
fungsmarkt beschrieben.12 Eine Beschaffungs- oder Sourcingstrategie ist das sogenannte
Global Souring.

Die Beschaffung hat u.a. zur Materialversorgung eines Unternehmens strategische Be-
deutung und ist ein Erfolgseckpfeiler des Unternehmenserfolges, da sie am Beginn des
Materialflusses steht. Globale bzw. weltweite Supply-Chain-Ketten erfordern die Aus-
einandersetzung mit dynamischen und sich folglich verändernden Rahmenbedingungen,
welche die Wertschöpfungsprozesse in ihrer Gesamtheit beeinflussen können.13

Experten aus der Beschaffungsbranche bewerten das Sourcing sowohl in den zurücklie-
genden Jahren als auch zukünftig als den wichtigsten Schritt zur Erschließung neuer
Märkte.14 Neben Vorzügen sind mit der internationalen Beschaffung bzw. dem Global
Sourcing auch Herausforderungen, Barrieren und potentielle Problembereiche verbun-
den.15

8
    Vgl. Bohnstedt 2014, S. 10f.; Meisel 2012, S. 3
9
    Vgl. Krampf 2014, S. 2
10
     Vgl. Locker & Grosse-Ruyken 2013, S. 13
11
     Vgl. Wannenwetsch 2014, S. 171
12
     Vgl. Grajczyyk 2016, S. 27f.
13
     Vgl. Albrecht 2010, S. 108
14
     Vgl. Wilhelm 2012, S. 12
15
     Vgl. Bogaschewsky 2007, S. 199; Krampf 2014, S. 11; Monczka et al. 2011, S. 365

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1. Ziele, Aufbau und Vorgehen in dieses White Papers

1.1 Zielsetzung und Hypothese

Das Ziel dieses White Papers liegt in einer vergleichenden Analyse von Chancen und
Risiken am Beispiel der Beschaffungsstrategie „Global Sourcing“ aus Unternehmens-
sicht. Durch die Identifikation und Erfassung potentieller Vorteile und Herausforderun-
gen des Global Sourcing sollen Entscheidungshilfen und Handlungsempfehlungen an
Manager und Einkäufer gegeben werden. Auf dieser Grundlage könn(t)en diese An-
spruchsgruppen entscheiden, inwieweit der Einsatz des Global Sourcing für ihr Unter-
nehmen infrage kommt.
Diesen Ansatzpunkten folgend werden drei Ziele zur Präzisierung der Themenstellung
formuliert, die eine Hypothese der Arbeit unterstützen sollen. Die Ziele wurden unter
Beachtung nachstehender Kriterien erarbeitet. Diese als Anforderungen an die erstellten
Fragen zu verstehenden Merkmale lauten:

       •   Die jeweilige Zielsetzung wird eindeutig formuliert und beabsichtigen ein Er-
           kenntnisinteresse. In diesem Kontext weisen die drei Ziele einen offenen Cha-
           rakter auf. Das bedeutet, sie sind nicht lediglich mit Ja oder Nein im Ergebnis zu
           klären.
       •   Die drei Ziele dienen der Erarbeitung von Wissen. In diesem Zusammenhang
           sollen die Aussagen frei von Widersprüchen und beantwortbar sein.
       •   Durch die Zielformulierungen soll die Themenstellung ab- und eingegrenzt wer-
           den. Sie zeigt den roten Faden bzw. die Struktur dieses White Papers auf. Ferner
           sollen sie als Orientierung für den Betrachter dieser White Papers dienen.16

Die Arbeitshypothese zur Auseinandersetzung mit der Themenstellung lautet: Global
Sourcing bietet Unternehmen Vorteile innerhalb des Beschaffungsprozesses, jedoch ist
diese Strategie nicht uneingeschränkt zu empfehlen.
Die diesem White Paper zugrunde liegenden drei Zielstellungen sind folgende:

16
     Vgl. Berger, 2010, S. 60f.

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Ziel 1: Darstellung von Absichten und Aufgaben der Beschaffung. Herausarbeitung von
Charakteristika der Beschaffungsstrategie „Global Sourcing“. Veranschaulichung des
Global-Sourcing-Prozesses mittels Phasen. Vergleichender Überblick von Global Sour-
cing mit weiteren Beschaffungsvarianten entlang der Supply Chain.

Ziel 2: Auseinandersetzung mit differenzierten Gründen für ein Global Sourcing, die zur
nachhaltigen Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit beitragen können. Analyse unter-
schiedlicher Herausforderungen, die für Unternehmen mit dem Global Sourcing ver-
bunden sein können.

Ziel 3: Unter Berücksichtigung der Chancen-Risiken-Analyse, einem Instrument der
strategischen Planung, soll eine Gegenüberstellung von zuvor untersuchten Chancen
und Risiken vorgenommen werden, um abschließend eine Gesamtbeurteilung daraus
abzuleiten.

Zur Umsetzung der drei Ziele wurden vier Kapitel verfasst.

1.2 Aufbau des White Papers

Dem Aufbau dieses White Papers liegt nachstehende Vorgehensweise zugrunde:
Nach der Einleitung mit ihren konstituierenden Elementen Zielsetzung und Hypothese,
Vorgehensweise und Methodik liegt der Schwerpunkt des Kapitels 2 auf konzeptionel-
len Grundlagen. In den ersten Abschnitten werden der Begriff sowie Ziele und Aufga-
ben der Beschaffung beschrieben, um danach die Beschaffungsstrategie „Global Sour-
cing“ mit ihren Charakteristika und dem Global-Sourcing-Prozess zu erläutern.
Das Grundlagenkapitel 2 schließt ab mit einem vergleichenden Überblick ausgewählter
Sourcing-Strategien entlang der Lieferantenpyramide.

Das 3. Kapitel legt den Fokus auf eine Untersuchung des Global Sourcing unter beson-
derer Berücksichtigung spezifischer Chancen und Risiken. Dazu werden zunächst
Chancen des Global Sourcing untersucht. In nacheinander folgenden Abschnitten han-
delt es sich dabei um Kostenaspekte, die Verbesserung der Verhandlungsposition, eine

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Steigerung der Versorgungssicherheit, Qualitätsoptimierung und Erschließung neuer
Vertriebsmärkte sowie Risikodiversifizierung.

Entsprechend setzen sich weitere Abschnitte mit einer Analyse der Risiken auseinander.
Diese sind Lieferzeit, Versorgungsrisiken, aufwendige Marktforschung und Schwierig-
keiten bezüglich der Kommunikation sowie rechtliche Herausforderungen und Wäh-
rungsrisiken.

Eine Visualisierung analysierter Chancen und Risiken stellt diesbezügliche Informatio-
nen in einer Matrix dar. Im letzten Abschnitt des Hauptkapitels 3 werden diese beurteilt
und als Ansatzpunkt für die Ableitung von Handlungsempfehlungen herangezogen.

Mit einer Schlussbetrachtung im 4. und letzten Kapitel wird dieses White Paper abge-
schlossen.

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Abb. 1.1 zeigt den Aufbau dieses White Papers in einer zusammenfassenden Übersicht:

Abb. 1.1: Aufbau des White Papers im Überblick, eigene Darstellung.

1.3 Methodisches Vorgehen

Dieses White Paper basiert auf einer Sekundär- und Dokumentenanalyse und somit ei-
nem intensiven Literaturstudium sowie aus gesammelten Erfahrungswerten aus 15 Jah-
res Global Sourcing. Methodisch und hinsichtlich des eingesetzten Forschungs- und
Analyseverfahrens wurde eine erneute Untersuchung von Primärdaten aus unterschied-
lichsten Quellen zur Themenstellung vorgenommen; Es wurde somit aktive Marktfor-
schung praktiziert.

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Hierbei handelt es sich um eine systematische Beschaffung, Aufbereitung, Analyse und
schließlich Interpretation von Daten über Gegebenheiten des Global Sourcing, die zur
Bearbeitung der Themenstellung benötigt wurden.17
Konkret erfolgte die Sekundäranalyse mittels einer Dokumentenanalyse, um Inhalte
zunächst zu erfassen und zu beschaffen. In einem zweiten Schritt wurden die gelesenen
Informationen analysiert und ausgewertet. Somit basiert diese Arbeit nicht auf der Er-
hebung neuer Daten durch empirische Untersuchungen im Rahmen einer Primärerhe-
bung, vielmehr konzentriert sich die Erstellung der Abschnitte auf die Gewinnung von
Informationen mittels bereits bestehenden Daten.18
Somit erfolgt ein Zugriff auf Informationen, die von anderen zuvor für ähnliche Themen
oder auch für andere Zwecke erhoben wurden.19 Bei der Recherche zur Themenstellung
sind alle wissenschaftlichen Quellen infrage gekommen, die sich mit SCM, Logistik,
Beschaffung, weltweiter Beschaffung, Beschaffungsstrategien, Beschaffungscontrolling
und Beschaffungsmanagement auseinandersetzen und die sich ferner mit Global Sour-
cing und den damit verbundenen Chancen und Risiken in Unternehmen befassen.

Exemplarisch für genutzte Plattformen sind folgende Medien zu nennen:

       •   Online-Katalog und das Fachportal der Universitätsbibliothek Braunschweig.
           Diese Medien verzeichnen den Bestand vorhandener Publikationen am Standort.
           Das Portal funktioniert wie eine Suchmaschine und ermöglichte es, einen Groß-
           teil der in dieser Arbeit verwendeten Bücher, Beiträge aus Sammelbänden, Zeit-
           schriften und elektronischen Medien zu finden und zu beschaffen.
       •   Der Karlsruher Virtuelle Katalog bot in seiner Eigenschaft als Buch-
           Suchmaschine eine auswählbare Suche in weltweit verfügbaren Bibliothekskata-
           logen und dem Buchhandel.
       •   Die Plattform „SpringerLink“ ermöglichte den Zugang zu wissenschaftlichen
           Inhalten und Fachinformationen aus u.a. Büchern, Zeitschriften, Buchreihen und
           Nachschlagewerken, die der Springer Gabler Verlag veröffentlicht hat.

17
     Vgl. Herrmann, Homburg & Klarmann 2008, S. 5
18
     Vgl. Bernecker 2013, S. 61f.
19
     Vgl. Lubritz 2010, S. 66

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       •   Über die Internetauftritte und Printmedien wie
               o     Logistik Heute,
               o Best in Procurement,
               o Zeitschrift für wirtschaftlichen Fabrikbetrieb
           sowie Global Sourcing Services konnten aktuelle Informationen zur Beschaf-
           fung und der Bestandssteuerung generiert werden. Ferner konnten Hinweise zur
           Praxis von Beschaffungsaktivitäten aus u.a. diesen Quellen entnommen werden.
       •   Einblicke und Hinweise zum Status quo, Entwicklungstrends und Herausforde-
           rungen zum Beschaffungsmanagement und den internationalen Beschaffungs-
           märkten lieferten Beiträge der Homepage u.A. Beschaffung aktuell, der Website
           des BME und Archive von der Wirtschaftszeitung „Handelsblatt“.

2. Konzeptionelle Grundlagen

Die konzeptionellen Grundlagen beabsichtigen die Auseinandersetzung mit der ersten
Zielstellung des Abschnitts 1.1. Dadurch soll ein Grundverständnis von Global Sour-
cing erarbeitet werden. Diesem Gedanken folgend stehen nachfolgend eine verbale Ein-
ordnung in die Wertkette eines Unternehmens und in die Logistik sowie begriffliche
Abgrenzungen der Beschaffung gegenüber dem Einkauf im Mittelpunkt.

2.1 Beschaffung - Einordnung und Begrifflichkeit

Seit den 1950er Jahren hat sich auch die Beschaffung im Rahmen der Weiterentwick-
lung der Planung hin zum strategischen Management zu einer von mehreren strategi-
schen Geschäfts- und Funktionseinheiten in Betrieben etabliert.20

Zur Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit haben sämtliche Funktionseinheiten eines Un-
ternehmens durch ihre Aufgabenerfüllung beizutragen.21 Als übergeordneter Bezugs-
rahmen für u.a. Wertschöpfungsaktivitäten eines Unternehmens ist die durch den Öko-

20
     Vgl. Opitz 2013, S. 12
21
     Vgl. Bräkling, Lux & Oidtmann 2014, S. 3

                                                            © Procure One GmbH
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nom Porter konzipierte Wertschöpfungskette anzuführen.22 Diese modelliert allgemein
ein Unternehmen mit dessen zentralen Funktionsbereichen und kann ein Unternehmen
branchenunabhängig mit den entsprechenden Abteilungen darstellen und voneinander
abgrenzen. Darüber hinaus erfolgt eine Differenzierung bestimmter Aktivitäten in einem
Betrieb.23 In direkter Verbindung mit der Realisierung von Leistungen und der Versor-
gung des Marktes stehen primäre Aktivitäten, die von sekundären Aktivitäten unter-
stützt werden.
Unternehmen lassen sich demzufolge grundsätzlich in folgende Bereiche strategisch
gliedern: Unternehmensinfrastruktur, Personalwesen, Forschung & Entwicklung, Be-
schaffung, Logistik, Produktion, Marketing & Vertrieb sowie Serviceleistungen für
Kunden.24
Diese auf Porter basierende Wertekette eines Unternehmens bietet u.a folgende Chance.
Sie eröffnet neben der systematischen Darstellung aller wertschöpfenden Aktivitäten im
Unternehmen die Möglichkeit, betriebliche Abläufe im gesamten Wertschöpfungspro-
zess zu analysieren.25 Das Ziel der Modellierung besteht in einer Anpassung der Wert-
schöpfungskette an die Gegebenheiten einer Branche. Überdies in der Anpassung herr-
schender Rahmenbedingungen am jeweiligen Markt. In der Folge sollen strategische
Wettbewerbsvorteile und schließlich Gewinn generiert werden. In diesem Zusammen-
hang hat auch die Beschaffung, beispielsweise von Rohstoffen und Materialien, die zur
Produktion erforderlich sind, ihren möglichst signifikanten Beitrag zu leisten.26 Gemäß
dem Wertkettenmodell erfolgt die Wertschöpfung eines Unternehmens durch die Ab-
folge wertbildender Tätigkeiten. Die Beschaffung ist eine sekundäre Aktivität.27 Sie
steht in direktem Zusammenhang mit dem Funktionsbereich „Logistik“.28

Bei der Logistik handelt es sich um die „marktorientierte, integrierte Planung, Gestal-
tung, Abwicklung und Kontrolle des gesamten Material- und Informationsflusses zwi-

22
     Vgl. Porter 1989, S. 7
23
     Vgl. Hofbauer, Körner, Nikolaus & Poost 2008, S. 90
24
     Vgl. Weber, Kabst & Baum 2014, S. 12
25
     Vgl. Voigt 2008, S. 97
26
     Vgl. Krampf 2014, S. 3; Haunerdinger & Probst 2008, S. 60; Reinelt 2007, S. 161
27
     Vgl. Hartenstein, Billing, Schawel & Grein 2014, S. 119
28
     Vgl. Bräkling, Lux & Oidtmann 2014, S. 5; Reinelt 2007, S. 170

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schen einem Unternehmen und seinen Lieferanten, innerhalb eines Unternehmens sowie
zwischen einem Unternehmen und seinen Kunden“29.

Die Aufgabe und Funktion der Logistik besteht in einer effizienten Bereitstellung von
Kunden geforderter Mengen benötigter Objekte in der korrekten Zusammensetzung zur
rechten Zeit am gewünschten Ort gegen Zahlung eines Preises.30

Die Beschaffung und die damit verknüpfte Beschaffungslogistik ist Bestandteil der au-
ßerbetrieblichen Logistik in Zulaufrichtung eines Unternehmens, um benötigte Materia-
lien und weitere Ressourcen zu beschaffen.31 Hinsichtlich der Definition des Beschaf-
fungsbegriffes lässt sich festhalten, dass die allgemein- und alleingültige Definition in
der Literatur grundsätzlich nicht vorliegt.

Beispielsweise finden die Bezeichnungen „Einkauf“ und „Materialwirtschaft“ bedeu-
tungsgleich zum Begriff „Beschaffung“ Anwendung.32 Auch werden Einkauf und Be-
schaffung unter dem Begriff „Sourcing“ zusammengefasst.33 Jedoch lässt sich in der
Literatur z.T. auch eine Unterscheidung zwischen den Begriffen „Beschaffung“ und
„Einkauf“ nachlesen. Als enger gefasster Begriff gilt „Einkauf“.34 Der Einkauf beinhal-
tet die Bereitstellung von den Gütern und Dienstleistungen, die direkt und regelmäßig in
den Produktionsprozess einfließen. Dazu zählen Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe und
halbfertige und fertige Vorprodukte.35 „Die Beschaffung zielt demgegenüber in einem
weiteren Sinne auf alle Ressourcen, die typischerweise und wiederholt als Input bereit-
gestellt werden müssen, also nicht nur Werkstoffe, sondern auch die finanziellen, perso-
nellen und sonstigen sachlichen Ressourcen (z.B. Betriebsmittel).“36

Dazu passend versteht eine weitere Definition mit dem Fokus auf den Außenhandel
eines Unternehmens die Beschaffung als sämtliche Handlungen, die auf die Versorgung

29
     Schulte 2013, S. 1.
30
     Vgl. Bräkling, Lux & Oidtmann 2014, S. 4
31
     Vgl. Gudehus 2012, S. 5.
32
     Vgl. Distelzweig 2014, S. 16; Koch 2012, S. 113
33
     Vgl. Werner 2015, S. 21
34
     Vgl. Blome 2007, S. 5; Schüffler 2008, S. 11f.
35
     Vgl. Kummer, Grün & Jammernegg 2009, S. 93
36
     Steinmann & Koch 2007, S. 133

                                                       © Procure One GmbH
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eines Unternehmens oder einer wirtschaftlichen Einheit durch Dritte ausgerichtet sind.
Es liegt eine betriebliche Funktion vor, welche die zur Herstellung eines Produktes not-
wendigen Güter am Markt beschafft.37 Erfolgt dabei eine Überschreitung von Binnen-
grenzen, handelt es sich um internationale Beschaffung.38 Die Begriffsabgrenzungen
und Definitionen deuten es bereits an: Mit der Beschaffung gehen bestimmte Ziele und
Aufgaben einher, worauf in der nächsten Textpassage eingegangen wird.

2.2 Ziele und Aufgaben der Beschaffung

Anknüpfend an die Begriffsbestimmung besteht die Aufgabe der Beschaffungsabteilung
eines Unternehmens darin, innerhalb des Betriebs die Verfügbarkeit benötigter, jedoch
nicht selbst gefertigter Objekte unter Berücksichtigung des Prinzips der Wirtschaftlich-
keit zu gewährleisten.39 Diese Aufgabenstellung drückt sich aus in der Planung, Steue-
rung, Realisierung und Kontrolle von Betriebsmitteln und Verbrauchsfaktoren. Somit
versorgt die Beschaffung die anderen in dem Abschnitt 2.1 genannten Unternehmensbe-
reiche mit den Gütern, die diese zur Funktionserfüllung benötigen. Der Beschaffung
obliegt damit die Verantwortung sämtlicher Faktoren, welche in die Produktion einflie-
ßen. Dabei ist gemeinsam mit dem Beschaffungscontrolling darauf zu achten, bei-
spielsweise eine bestimmte Menge an Materialien kostenminimal zu beschaffen.40

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass bestimmte Versorgungsstrategien die Versor-
gungskontinuität aller Funktionsbereiche eines Unternehmens gewährleisten sollen und
folglich vom strategischen und operativen Beschaffungsmanagement zu realisieren sind.
Jedoch wirken etwa Forschung & Entwicklung, Produktion und Vertrieb ebenfalls auf
die Versorgungs- bzw. Beschaffungsqualität ein. Nachfolgend sind ausgewählte Funkti-
onsabteilungen eines Unternehmens, die in dem Abschnitt 2.1 in Verbindung mit Por-
ters Wertkettenmodell genannt wurden, nochmals aufgeführt. Deren potentieller Ein-
fluss auf die Versorgungs- und Beschaffungsqualität wird jeweils beschrieben:

37
     Vgl. Bogaschewsky 2012, S. 56
38
     Vgl. Werner 2015, S. 21
39
     Vgl. Distelzweig 2014, S. 27
40
     Vgl. Krampf 2014, S. 5

                                                      © Procure One GmbH
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       •   Forschung & Entwicklung: Der Einfluss dieser Abteilung zeigt sich durch die
           Definition der technischen Basis für den Materialbedarf.
       •   Logistik: Der Einfluss liegt in dem Management von Bereitstellung, Bewirt-
           schaftung und Versorgungssicherung für das Unternehmen.
       •   Produktion / Fertigung: Der Einfluss bzw. die Einwirkung auf die Beschaf-
           fungsqualität verdeutlicht sich durch die Ausrichtung an der Materialverfügbar-
           keit.
       •   Vertrieb: In dieser Funktionsabteilung erfolgt die Koordination der unternehme-
           rischen Leistungsfähigkeit mit der Zufriedenheit der Anspruchsgruppen, insbe-
           sondere gegenüber den Kunden.41

Die Beschaffungsziele lassen sich nach Sach- und Formalziel unterscheiden42, worauf
nachfolgend eingegangen wird.

2.2.1 Sach- und Formalziel

Mit dem Sachziel der Beschaffung geht einher, den Bedarf, z.B. an Materialien, in der
passenden Menge, zum richtigen Zeitpunkt, im erforderlichen Qualitätsniveau zu den
günstigsten Kosten bereitzustellen.43 In diesem Zusammenhang wird mit Blick auf die
Praxis der Versorgungssicherheit eine zunehmend große Bedeutung beigemessen.44 Der
Grund liegt darin, dass Aspekte der Produkthaftung in Verbindung mit Mängeln Mehr-
kosten und Reputationsschäden verursachen können45, etwa durch Rückrufaktionen von
hergestellten Produkten im Automobilsektor oder Konsumgüterbereich. Die Produkt-
qualität wird vorrangig durch die Spezifikationsgenauigkeit, „die Präzision der Zeich-
nungen, die Auswahl qualifizierter Lieferanten sowie die Durchführung von Eingangs-

41
     Vgl. Hirschsteiner 2006, S. 101
42
     Vgl. Kummer, Grün & Jammernegg 2009, S. 26
43
     Vgl. Wannenwetsch 2014, S. 115
44
     Vgl. Distelzweig 2014, S. 28
45
     Vgl. Monczka et al. 2011, S. 9

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prüfungen beeinflusst.“46 Letztlich gewährleistet die Prozessqualität die Produktquali-
tät.47

Das Formalziel der Beschaffung nimmt eine Aufteilung in direkte und indirekte Kosten
vor, die es durch die Beschaffung zu reduzieren gilt, um eine Steigerung der Wirtschaft-
lichkeit zu erreichen.48 Direkte Kosten sind beispielsweise Anschaffungskosten. Bei
indirekten Kosten handelt es sich um den monetären Aufwand zur Bestellabwicklung
und Lagerhaltung.49

Im letzten Abschnitt zu den Grundlagen der Beschaffung soll auf die in Theorie und
Praxis zu findenden Beschaffungsziele eingegangen werden, die sich im Zusammen-
hang mit unterschiedlichen Ausprägungsvarianten anführen lassen. Dies sind Ziele der
strategischen und operativen Beschaffung.

2.2.2 Strategische und operative Beschaffungsziele

Hinsichtlich der Unterscheidung zwischen strategischer und operativer Beschaffung ist
festzuhalten, dass sich die operative Variante durch ihren Routinecharakter auszeichnet.
Sie setzt sich mit kurz- bis mittelfristigen Entscheidungen im operativen Produktionsall-
tag auseinander. Demgegenüber liegt das Ziel der strategischen Beschaffung auf grund-
sätzlichen Entscheidungen die Langfristig ausgerichtet sind und die über das Tagesge-
schäft hinausgehen. Strategische Vorgaben sind die Grundlage für die Umsetzung ope-
rativer Beschaffungsprozesse.50 Neben der zentralen Absicht der Versorgungssicherung
mit entsprechenden Materialien liegen weitere Ziele und Aufgaben der strategischen
Beschaffung vor. Die nachfolgende Aufzählung bietet einen Überblick über strategische
und operative Beschaffungsziele.

46
     Krampf 2014, S. 6
47
     Vgl. Steimle & Dornieden 2009, S. 82f.
48
     Vgl. Distelzweig 2014, S. 28
49
     Vgl. Piontek 2016, S. 11; Krampf 2014, S. 6
50
     Vgl. Wannenwetsch 2014, S. 115

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Strategische Ziele der Beschaffung sind zum einen die Gewährleistung der Materialver-
sorgung. Dazu zählen beispielsweise

       •   Wahrung der Flexibilität,
       •   Risikostreuung,
       •   Wahrung der Unabhängigkeit,
       •   Beschaffungsseitige Diversifikation,
       •   Sicherung der langfristigen Wachstumsrate.

Zum anderen ist die Sicherstellung von Qualität eine Zielsetzung der strategischen Be-
schaffung. Dies betrifft den Qualitätsstandard des Materials und den Technologiestan-
dard des Materials. Schließlich ist von der strategischen Beschaffung die Sicherung ei-
ner starken Position am Beschaffungsmarkt zu realisieren. Dazu gehört neben der Ge-
währleistung von Nachfragemacht auch die Wahrung von Image und Reputation des
Unternehmens. Überdies zeigen sich strategische Beschaffungsziele in der Gewährleis-
tung von Preis- und Personalqualität.51

Operative Ziele der Beschaffung liegen in der Optimierung durch Reduzierung von Be-
schaffungskosten. Diese Tätigkeiten umfassen eine stetige Verbesserung der Beschaf-
fungspreise sowie eine Optimierung der Bezugs-, Bereitstellungs- und Verwaltungskos-
ten bezüglich beschaffungsrelevanter Vorgänge. Weitere Ziele sind die Sicherung der
Materialqualität im operativen Tagesgeschäft, die Liquiditätssicherung und die Gewähr-
leistung der Lieferbereitschaft.52

Beziehungen zwischen Herstellern, etwa Automobilproduzenten und Lieferanten ver-
schiedener Wertschöpfungsstufen entlang der Supply Chain, zeichnen sich durch ver-
schiedene Beschaffungsstrategien aus, die von der strategischen Beschaffung insbeson-
dere zur Sicherstellung der Versorgungssicherheit auszuwählen und festzulegen sind.53
Eine Variante ist die im Rahmen dieser Arbeit im Mittelpunkt stehende Beschaffungs-
strategie „Global Sourcing“, die auf eine Verbreiterung der Lieferantenbasis abzielt.

51
     Vgl. Wannenwetsch 2014, S. 116
52
     Vgl. Diestelzweig 2014, S. 29; Wannenwetsch 2014, S. 116
53
     Vgl. Wannenwetsch 2014, S. 171

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2.3 Global Sourcing

Infolge einer stärkeren Konzentration auf Kernkompetenzen, der Globalisierung und
einem steigenden internationalen Handel ist Global Sourcing grundsätzlich in der Praxis
etabliert und hat einen Wandel vollzogen.54 Beispielsweise werden Mobiltelefone von
Lieferanten wie Flex International in Ländern mit geringen Kosten bei Lohn und Pro-
duktion gefertigt.55 Mit Sitz in Singapur ist Flex International ein führender Anbieter für
Electronic Manufacturing Services und fertigt beispielsweise Teile von Spielekonsolen
für Microsoft oder Mobiltelefone für Motorola Mobility.

Für das letztgenannte Unternehmen dient Flex International als Auftragshersteller und
übernimmt neben der Komponentenfertigung auch weitere Services und logistische
Aufgaben.56 „Die offiziell am Markt agierenden und zum Endkunden auftretenden Un-
ternehmen wie Ericsson und Motorola haben dann lediglich ihr Firmenlogo auf den
Endprodukten.“57

Im nächsten Abschnitt werden Merkmale des Global Sourcing herausgearbeitet. Neben
der historischen Entwicklung wird der Begriff „Global Sourcing“ definiert.

2.3.1 Merkmale

Die Bezeichnung „Global Sourcing“ lässt sich mit „weltweiter, internationaler Beschaf-
fung von Objekten“ übersetzen.58 Es liegt dabei keine Erfindung der Neuzeit vor.
Kaufmannsleute wie die Fugger betrieben bereits im 14. Jahrhundert einen globalen
Handel.

54
     Vgl. Scheffler 2015, S. 68; Zenglein & Drozak 2003, S. 208
55
     Vgl. Krampf 2014, S. 47
56
     Vgl. o. V. 2006, S. 1.
57
     Krampf 2014, S. 47
58
  Vgl. Arnold 2002, S. 201; Hirschsteiner 2006, S. 103; Krokowski 1998, S. 5; Wan-
nenwetsch 2014, S. 177

                                                                  © Procure One GmbH
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Multinationale Handelsbeziehungen wurden ferner in der Vorzeit durch asiatische, indi-
sche und ostafrikanische und arabische Völkerstämme praktiziert.59 In den 1980er Jah-
ren wurde Global Sourcing als ein exotisches Konzept angesehen, das zur Beschaffung
weniger Materialgruppen auf einigen Märkten Anwendung fand, etwa in Korea und
Taiwan. Zu dieser Zeit war es somit die Ausnahme, im Ausland Materialien zu beschaf-
fen.

Beispielsweise erwarben auch Akteure aus der US- und europäischen Automobilindust-
rie bis in die 1990er Jahre hinein ihre Leistungen zum Großteil im eigenen Land. Impor-
tiert wurden nur die Bauteile, die im Inland nicht oder nur schwer zu beschaffen werden
konnten.60
Vor dem Hintergrund der Öffnung der Märkte in Osteuropa und der sich entwickelnden
Globalisierung zu Beginn der 1990er Jahre nahm die Bedeutung von Global Sourcing
weiter zu. Sie lässt sich daran anknüpfend im Jahr 2016 als ein unumkehrbarer Prozess
bewerten.61 Dominierten zunächst ausschließlich Aspekte zur Kostensenkung bei der
Beschaffung, ist im Zeitverlauf zu erkennen, dass der Auf- und Ausbau globaler Supply
Chains die Ausrichtung der Unternehmen für bestimmte Beschaffungsmärkte determi-
nieren. In der Folge wird Global Sourcing nicht mehr ausschließlich für die Beschaf-
fung in Niedriglohnländern verstanden, vielmehr gilt dieses Konzept als strategischer
Ansatz zur Entwicklung des Unternehmens.62
Im Allgemeinen wird unter Global Sourcing die internationale Ausrichtung der Ein-
kaufsstrategie und daraus resultierend eine globale Verbesserung der Versorgung von
Waren und Dienstleistungen für das beschaffende Unternehmen verstanden.

Die zunehmende weltwirtschaftliche Vernetzung und der sich verschärfende Konkur-
renzdruck tragen dazu bei, dass sich Unternehmen weltweit adäquate Geschäftspartner
bzw. Lieferanten suchen, um die zur Wertschöpfung notwendigen Ressourcen effizient
zu beschaffen.63 Dazu passend wird von einem weiteren Experten die Meinung vertre-

59
     Vgl. Krokowski 1998, S. 5f.
60
     Vgl. Krampf 2014, S. 47
61
     Vgl. Senft 2016, S. 1.
62
     Vgl. Zenglein & Drozak 2003, S. 208
63
     Vgl. Weigel & Rücker 2015, S. 71

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ten, dass es für international handelnde Unternehmen unumgänglich sei, weltweite Be-
schaffungsmärkte zu nutzen.64 Bei dem Automobilhersteller „Volkswagen“ wird Sour-
cing als Oberbegriff zur Analyse und Auswahl von Lieferanten sowie die Auftrags-
vergabe an diese verstanden.65

Global Sourcing stellt bei dem deutschen Fahrzeugproduzenten einen von Kontinuität
geprägten Prozess dar, der zur Optimierung von Kosten bei bestimmten Serienteilen in
Modellen bestimmter Teilefamilien beiträgt.
„Global Sourcing dient zur Planung, Steuerung, Durchführung und Kontrolle weltweiter
Beschaffungsaktivitäten für die Sicherung bzw. Verbesserung von Qualität, Service und
Preis von Serienteilen als auch für die Optimierung von Kaufteilen der Komponenten-
fertigung.“66 Somit steht hinter der Beschaffungsstrategie „Global Sourcing“ der
Grundgedanke, „dass geographische Beschränkungen in der Beschaffung aufzuheben
sind, dass optimale Lieferanten [weltweit] zu suchen sind (...)“67.
Unter dem Begriff „Global Sourcing“ soll in dieser Arbeit die Kombination von strate-
gischer Ausrichtung und internationaler Betrachtungsweise verstanden werden. Dieses
Verständnis umfasst eine internationale und vorausschauende Bearbeitung der Lieferan-
tenmärkte. Dazu gehören
       •   die bewusste Wahrnehmung weltweiter Beschaffungsmärkte,
       •   rechtzeitige Erkennung von Trends,
       •   Nutzung der Markttransparenz für den eigenen Betrieb.

Gleichzeitig müssen die Gesamtkosten entlang der Supply Chain berücksichtigt werden,
etwa Zölle, Transport- und weitere Distributionskosten.
Dies ist im Rahmen einer weltweiten Beschaffung besonders relevant, da Kostenele-
mente u.a. für Ausfallzeiten oder Flexibilität innerhalb des Distributionsprozesses sowie

64
     Vgl. Wildemann 2008, S. 11.
65
     Vgl. Koplin 2006, S. 209
66
     Koplin 2006, S. 209
67
     Sydow & Möllering 2015, S. 143

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bei der Qualität erworbener Bauteile einen gesteigerten Einfluss haben. Sie können ei-
nen gegebenenfalls günstigen Preis neutralisieren.68

Trotz dieser zu beachtenden Herausforderungen stehen Kostenoptimierungen im Mittel-
punkt des Global Sourcing69, um für das eigene Unternehmen die Wettbewerbsfähigkeit
mit Nachdruck zu verstetigen.70
Die Umsetzung von Global Sourcing findet in einem sogenannten Global-Sourcing-
Prozess statt, dem charakteristische Phasen zugrunde liegen.71 Abschließend zu den
grundlegenden Global-Sourcing-Merkmalen wird dieser Prozess in der nächsten Text-
passage veranschaulicht.

2.3.2 Global-Sourcing-Prozess

Die Voraussetzung zur Leistung eines Beitrages zur Unternehmensstrategie durch die
Beschaffungsabteilung liegt darin, eine spezifische Vorgehensweise zu entwickeln und
umzusetzen.72 In diesem Kontext bietet sich ein strukturiertes Handeln in Phasen an, um
international attraktive Beschaffungsmärkte zu erschließen. In dieser Situation befand
sich im Jahr 2004 das Unternehmen „ThyssenKrupp AG“. Im Rahmen der Implementie-
rung bzw. des Ausbaus einer konzernweiten Beschaffungsinitiative ging es um die
Auswahl und die zukunftsorientierte Anwendung von Methoden und Instrumenten, wel-
che den Fokus auf Global Sourcing legen. Basierend auf konzerninternem Fachwissen
und der Unterstützung durch externe Berater wurde ein Werkzeug zur strategischen
Vorgehensweise im Rahmen der weltweiten Beschaffung erarbeitet. Hinsichtlich der
Anforderungen an die Vorgehensweise wurde festgelegt, dass zum einen die Beschaf-
fungskosten so niedrig wie möglich sein sollten, zum anderen mussten die global be-
schafften Produkte höchste Qualität aufweisen.73

68
     Vgl. Krampf 2014, S. 21
69
     Vgl. Diederichs 2014, S. 19
70
     Vgl. Kleemann 2006, S. 40
71
     Vgl. Kerkhoff 2005, S. 52; Wildemann 2008, S. 39
72
     Vgl. Arnold 2002, S. 204
73
     Vgl. Grobosch & Kunz 2007, S. 143

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Eine Möglichkeit zur Gestaltung des Global-Sourcing-Prozesses illustriert Abb. 2.1, der
die realisierte Vorgehensweise von ThyssenKrupp adaptiert und verallgemeinert.

     1.                          2.                     3.                      4.
                                                          Szenario-                  Umsetzung
       Positions-                 Strategische           bildung und                    und
      bestimmung                  Ausrichtung            Bewertung                   Controlling

                                                                                      Wie kann die
                                  Welche Ziele sollen
                                                                                     Zielerreichung
                                  mit Global Sourcing
                                                                                     sichergestellt
                                   verfolgt werden?
                                                                                        werden?

          Wie ist die aktuelle                               Welche Alternativen
           Performance?                                          bestehen?

                                                         Welche Chancen/Risiken
      Wo liegen die Stärken
                                                         bieten die Alternativen?
       und Schwächen im
         Vergleich zum                                       Welcher Lieferant in
          Wettbewerb?                                        welchem Markt ist
                                                               optimal für die
                                                              Zielerreichung?

Abb. 2.1: Global-Sourcing-Prozess
Quelle: In Anlehnung an Wildemann 2008, S. 40

Dieser soll als potentielle Handlungsempfehlung an Theorie und Praxis aufgefasst wer-
den, um Global Sourcing erfolgsversprechend umsetzen zu können. Dabei wird der in
der Literatur nachzulesenden Modellierung durch ineinandergreifende Phasen gefolgt.
Diese konstituieren sich in einer allgemeinen Betrachtungsweise zumeist durch Analy-
se, Umsetzung und Controlling.74
Hierbei werden zur Formulierung einer Strategie zur weltweiten Beschaffung in vier
Phasen konkrete Fragestellungen formuliert, die von den beteiligten Akteuren zu be-
antworten sind.

74
     Vgl. Kerkhofff 2005, S. 52

                                                                           © Procure One GmbH
24

Mit einer Evaluierung des Ist-Zustandes beschäftigt sich die erste Phase der Positions-
bestimmung.75 Die ThyssenKrupp AG nennt diesen ersten Prozessschritt „Statusanaly-
se“.76
Entsprechend Abb. 2.1 können die Beantwortung folgender Fragen zur Bestimmung der
eigenen Position beitragen:
       •   Wie ist die derzeitige Performance?
       •   Wo liegen Stärken und Schwächen gegenüber Wettbewerbern?77

Die in der ersten Phase zu erarbeitende Positionsbestimmung gilt zum einen als Basis
für die Strategieplanung, zum anderen als Grundlage für die Ermittlung von Beschaf-
fungspotenzialen. Es gilt dabei, die Ausgangssituation zu erfassen, Leistungslücken zu
identifizieren und Handlungsfelder abzuleiten; schließlich ist eine Priorisierung hin-
sichtlich der Vorgehensweise zur Beschaffung vorzunehmen. Zur Umsetzung dieser
Zielsetzung können bestimmte Instrumente Anwendung finden, etwa die Kernkompe-
tenzanalyse, das Benchmarking oder eine SWOT (Strengths-Weaknesses-Opportunities-
Threats)-Analyse.78 Als Instrument des Controllings beabsichtigt die Kernkompe-
tenzanalyse, „die besonderen Ressourcen und Fähigkeiten zu identifizieren, die den stra-
tegischen Unternehmenserfolg bestimmen“79. Durch eine Klassifizierung eigener Kom-
petenzen kann eine Betrachtung der Global-Sourcing-fähigen Leistungen identifiziert
werden.80
Bei dem Benchmarking erfolgt ein methodischer Vergleich von Produkten, Prozessen
mit selbigen anderer Unternehmen oder beispielsweise von Lieferantennetzwerken
durch Kennzahlen.81 Bei letztgenannter Vorgehensweise kann z.B. ein Vergleich der

75
     Vgl. Monczka et al. 2011, S. 387 und S. 397ff.
76
     Vgl. Grobosch & Kunz 2007, S. 144
77
     Vgl. Wildemann 2008, S. 40
78
     Vgl. Ebenda, S. 41
79
     Buchholz 2013, S. 78
80
     Vgl. Wildemann 2008, S. 43
81
     Vgl. Arndt 2015, S. 99f.

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25

lokalen Lieferantenstruktur hinsichtlich bestimmter Produkte infrage kommen.82 Eine
Benchmarking-Gestaltungsform ist das interne Benchmarking.83
Hier könnten beispielsweise die Kostenstrukturen von zwei Produktionswerken in un-
terschiedlichen Ländern mithilfe von Kennzahlen gegenübergestellt werden. Dadurch
bietet sich die Chance zur Offenlegung für Global-Sourcing-Potentiale zweier Standor-
te.84
Die SWOT-Methode ist ein klassisches Instrument der strategischen Unternehmenspla-
nung.85

Mithilfe einer Modellierung verknüpft dieses Instrument Chancen und Potentiale sowie
Risiken und Gefahren hinsichtlich des Global Sourcing.86 Nach festgelegten Kriterien
können u.a. Länder einem Vergleich unterzogen, analysiert und beurteilt werden, aus
denen ein Unternehmen Materialien beschaffen möchte.87 Die SWOT-Methode setzt
sich aus einer Stärken-Schwächen-Analyse und einer Chancen-Risiken-Analyse zu-
sammen.88

Anknüpfend an die erarbeiteten Erkenntnisse aus der ersten Phase geht es gemäß Abb.
2.1 in den Phasen 2 und 3 um die strategische Ausrichtung und ökonomische Bewer-
tung der Beschaffungsaktivitäten. Bei der Strategieplanung werden auf Basis einer Ana-
lyse der Beschaffungssituation Schritte je Beschaffungsobjekt festgelegt.89 Daran an-
knüpfend sind vom Beschaffungsmanagement innerhalb der dritten Phase, Szenarien-
bildung und Bewertung, die Strategieoptionen durch Instrumente zu beurteilen.

Unter Berücksichtigung einer Analyse des Beschaffungsspektrums, der Kostentreiber
auf Ebene der Beschaffungsobjekte und der Lieferanten als Beschaffungsquellen wer-

82
     Vgl. Wildemann 2008, S. 51
83
     Vgl. Wannenwetsch 2014, S. 699
84
     Vgl. Wildemann 2008, S. 52
85
     Vgl. Senft 2016, S. 125; Hahn & Naumann 2014, S. 121
86
     Vgl. Deimel, Heupel & Wiltinger 2013, S. 154
87
     Vgl. Senft 2016, S. 126
88
     Vgl. Faust & Yang 2013a, S. 245
89
     Vgl. Kerkhofff 2005, S. 53f.

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den zusammenfassend in den Phasen 2 und 3 des Global-Sourcing-Prozesses nachfol-
gende Ziele verfolgt:

       •   „Analyse und Bewertung der Beschaffungsobjekte und Beschaffungsquellen
       •   Szenarienbildung (Strategieoptionen)
       •   Definition beschaffungsobjektspezifischer Sourcing-Strategien“90

Zur Bewertung aufgestellter Szenarien möglicher Beschaffungsstrategien können eine
Sensitivitätsanalyse oder eine Chancen-Risiken-Analyse durchgeführt werden. Auch
Berechnungen der Wirkung auf Kostengrößen gelten als eine Zielsetzung innerhalb der
dritten Phase. Insbesondere zur Evaluierung bzw. Beurteilung verschiedener Lieferanten
kommt häufig das TCO (Total Cost of Ownership)-Konzept91 als Methode zum Ein-
satz.92 Daneben stellen Argumentenbilanzen, Scoring-Modelle oder Investitionsrechen-
verfahren weitere Instrumente dar, um die Beschaffungsstrategie „Global Sourcing“
einer Beurteilung zu unterziehen. Innerhalb derartiger Instrumente können K.o.-
Kriterien zur Beurteilung und Entscheidungsfindung genutzt werden.93 Schließlich um-
fasst die vierte Phase Umsetzung und Controlling eine Auseinandersetzung mit der Fra-
gestellung, wie die Ziele hinsichtlich vielfältiger Gesichtspunkte im Rahmen der Be-
schaffungsstrategie(n) umgesetzt und nachhaltig gesichert werden können.
Hierzu sollte ein Beschaffungscontrolling entsprechende Aufgaben wahrnehmen. Konk-
ret beinhaltet dies die Überprüfung vereinbarter Qualität sowie der termingerechten Lie-
ferung beschaffter Güter. Daher ist eine einmalige Strategieplanung und damit verbun-
denes Lieferantenscreening nicht ausreichend. Ein regelmäßiges Monitoring und gege-
benenfalls Neuverhandlungen mit Lieferanten an weit entfernten Produktionsstandorten
sind als Pflicht zu bewerten, um beabsichtigte Wettbewerbsvorteile nachhaltig zu si-
chern.94

90
     Wildemann 2008, S. 62
91
     Vgl. Kleemann 2006, S. 105
92
     Vgl. Senft 2016, S. 132
93
     Vgl. Krampf 2014, S. 52f.
94
     Vgl. Kerkhofff 2005, S. 52 und S. 55f.

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In der zweiten Phase des Global-Sourcing-Prozesses findet entsprechend Abb. 2.1 die
Definition beschaffungsobjektspezifischer Sourcing-Strategien statt. Grundsätzlich
kommen hierzu verschiedene Sourcing-Strategien infrage, beispielsweise Local oder
Global Sourcing.95 Unter Berücksichtigung der sogenannten Lieferantenpyramide wird
das Global Sourcing mit weiteren Beschaffungsstrategien kapitelabschließend vergli-
chen.

2.4 Sourcing-Strategien entlang der Lieferantenpyramide           ein vergleichender
Überblick

Entlang der Supply Chain zeichnen sich Geschäftsbeziehungen in produzierenden In-
dustrien durch verschiedene Beschaffungsstrategien aus. Gemäß Abb. 2.2 kann dies
mithilfe konkreter Akteure illustriert werden. Es bestehen z.B. Beziehungen zwischen
Herstellern und Lieferanten (tiers) unterschiedlicher Wertschöpfungsstufen. Nach Ex-
pertenmeinung zeichnen sich derartige Partnerschaften im Beschaffungsbereich häufig
durch Spannungen zwischen den Beteiligten aus. Oft werden kurzfristigen Preiszuge-
ständnissen langfristigen Vorzügen einer Lieferantenentwicklung vorgezogen. Daher
praktizieren Unternehmen zumeist mehrere Sourcing-Strategien.96
Die in Abb. 2.3 genannten Varianten werden in diesem Teil der Arbeit kurz beschreiben
und abschließend mithilfe einer Bewertungsmatrix und aus der Literatur entnommenen
Kriterien einer Beurteilung unterzogen.

95
     Vgl. Grobosch & Kunz 2007, S. 147
96
     Vgl. Wannenwetsch 2014, S. 171

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                                                       Sourcing Strategie
                         Hersteller

                                                       Partnerschaft
                        System-,                       • Modular Sourcing
                     Modullieferanten                  • Single Sourcing
                                                       • Local Sourcing

                                                       Qualität, Kosten, Zeit
                 Komponentenlieferanten                • Dual Sourcing
                                                       • Local/Domestic Sourcing

                                                       Kosten (Preis)
            Rohmaterial-, Halbfabrikate-, DIN-         • Multiple Sourcing
               und Normteillieferanten                 • Global Sourcing

Abb. 2.2: Sourcing-Strategien entlang der Lieferantenpyramide
Quelle: In Anlehnung an Wannenwetsch 2014, S. 171

2.4.1 Modular Sourcing

Beim Modular Sourcing konzentriert sich ein Unternehmen auf wenige Zulieferer, die
komplexe Bauteile liefern. Das Ziel liegt in der Minimierung von Informations- und
Koordinationskosten, wie sie bei der Beschaffung zahlreicher Einzelteile über eine hohe
Lieferantenanzahl anfallen können. Direkte Kontakte erfolgen bei dieser Beschaffungs-
variante ausschließlich mit dem direkten Zulieferer bzw. Modullieferanten, der notwen-
dige Prozesse eigenständig mit weiteren Sublieferanten abstimmt. Auch können derarti-
ge Lieferanten Aufgaben wie Forschung, Entwicklung und Qualitätssicherung über-
nehmen.
Ein Praxisbeispiel für einen Modullieferanten des Automobilherstellers „BMW“ ist der
direkte Zulieferer „Magna“. Dieser entwickelte und fertigte den X3 für BMW.97

Insbesondere in der Automobilindustrie gilt es als etabliert, dass Systemlieferanten
vormontierte Module liefern, etwa Sitzsysteme und Armaturenbretter. Das Unterneh-
men „VW“ hat durch Anwendung der Strategie „Modular Sourcing“ in seinem Produk-

97
     Vgl. Wannenwetsch 2014, S. 183

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tionswerk Mosel 16 verschiedene Beschaffungsmodule festgelegt, „durch deren Einsatz
der Autobauer seine Fertigungstiefe auf unter 20% absenkte“98.

Ein weiteres Beispiel für das Modular Sourcing ist die zum VW-Konzern zählende
Marke Audi AG. Dieser Automobilhersteller verbindet diese Beschaffungsvariante mit
den Just-in-Time- und Just-in-Sequence-Strategien. Die Entwicklung der beiden Strate-
gien basiert auf dem Flussprinzip und erfolgte in der Praxis aufgrund festgestellter Prob-
leme bei der Beschaffung mit Vorratshaltung, etwa durch höhere Lagerkosten und La-
gerkapazitäten.99 Das Just-in-Time-Prinzip ist von dem japanischen Automobilprodu-
zenten Toyota konzipiert worden. Die zentrale Absicht liegt darin, den Materialfluss
sowohl innerhalb des Produktionsbereiches eines Unternehmens als auch zwischen zwei
Unternehmen effektiver zu gestalten und somit zu rationalisieren.100
Das Werk in Ingolstadt ist der größte Produktions- und Entwicklungsstandort der Audi
AG. Der oder die Zulieferer müssen das Material zur Fertigung zu bestimmten Termi-
nen passgenau anliefern. Diese Termine werden durch den Produktionsablauf des Au-
tomobilherstellers festgelegt.
„Bei der Just-in-Sequence-Anlieferung handelt es sich analog der Just-in-Time-
Anlieferung um ein bedarfsgesteuertes Logistikkonzept mit kontinuierlicher (täglicher
oder mehrfach täglicher) Direktanlieferung am Bedarfsort des Abnehmers. Der produk-
tionsinduzierte Zulieferbedarf des OEMs und das Bereitstellungs- und Lieferangebot
des Zulieferers sind vollständig synchronisiert.“101 Die Audi AG produziert in In-
golstadt die Modellreihen A3, A4, A5 und Q5. Seit dem Jahr 1995 bündelt das Unter-
nehmen durch ein Güterverkehrszentrum (GVZ) die Materialströme in Industrieparks
am Standort Ingolstadt. Hier konnten seit diesem Zeitraum wichtige Zulieferer positio-
niert werden.102
Die Zielsetzung von diesem GVZ im Kontext der Beschaffungsstrategie „Just-in-
Sequence“ erläutert der OEM folgendermaßen: „Vormontagen gelangen so zeitgenau an

98
     Werner 2013, S. 162
99
     Vgl. Minner 2004, S. 112
100
      Vgl. Heiserich, Helbig & Ullmann 2011, S. 169
101
      Klug 2010, S. 302.
102
      Vgl. Klug 2010, S. 424.

                                                       © Procure One GmbH
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