InfodienstSEPTEMBER 2021 - Bistum Münster

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InfodienstSEPTEMBER 2021 - Bistum Münster
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                                                                                     SEPTEMBER 2021

der Arbeitsgemeinschaft Eine-Welt-Gruppen im Bistum Münster und in der Evangelischen Kirche von Westfalen

KLIMAGERECHTIGKEIT JETZT!

  SCHLUSS MIT KOHLE, ÖL, GAS          CHRISTIANS FOR FUTURE               GEHT DOCH!
  Kirchen für die Energiewende        12-Punkte-Programm                  Der Klimapilgerweg 2021
InfodienstSEPTEMBER 2021 - Bistum Münster
AUS DEM INHALT
KLIMAGERECHTIGKEIT    Internationaler Einsatz für mehr Gerechtigkeit in der Klimakrise
                      Verursacher müssen Verantwortung übernehmen                        4
                      Schluss mit Kohle, Öl und Gas
                      Für die weltweite Energiewende sind auch Kirchen gefragt            6
                      Bis hierher und nicht weiter!
                      Globaler Widerstand gegen geplante Öl- und Gasbohrungen            8
                      Klimagerechtigkeit und Schulden
                      Wenn Klimakatastrophen verschuldete Staaten treffen               10
                      Saubere Energie auf Raten
                      Oikocredit investiert in netzunabhängige Energieversorgung        11
                      Ist der Geldbeutel halb voll oder halb leer?
                      Zum Beitrag von (De-)investitionen zur Klimagerechtigkeit         12
                      Klima schützen und Industriestandort stärken
                      KlimaDiskurs.NRW für gemeinsames Handeln                          13

ENGAGEMENT            Kirchen weltweit für Klimagerechtigkeit – es ist fünf vor zwölf!
                      Das Ökumenische Netzwerk Klimagerechtigkeit stellt sich vor       14
                      Klimaschutz in der Evangelischen Kirche von Westfalen
                      Gemeinsamer Kraftakt auf allen Ebenen                             15
                      Paradigmenwechsel
                      Klimaschutzurteil verpflichtet auch das Bistum Münster            16
                      Christians for Future überreichen 12-Punkte-Programm		             17
                      Gespräche mit Kirchenleitungen sind geplant
                      Aufbruch für eine klimaneutrale und sozial gerechte Zukunft
                      Bundestagswahl entscheidet über eine sozial-ökologische Wende 18

KLIMAPILGERWEG 2021   Geht doch!
                      Klimapilgerweg auf dem Weg zur Weltklimakonferenz 2021            19
                      Vorreiter und Mittler in der Agrar- und Ernährungswende
                      Umstieg auf eine lokal und global nachhaltige Landwirtschaft
                      und Ernährung 20
                      Inlandsflüge nur für Insekten
                      Einführung in eine notwendige Mobilitätswende                     22

TIPPS & TRENDS        Klimaschutz fördern mit der Klima-Kollekte                         23
                      Jugendprojekt „Exit Fast Fashion“ sucht nach Auswegen              24
                      Klimawandel, Kleidung und Konsum                                   25
                      Weltkarte Klimagerechtigkeit für Konfis und Jugendliche            26
                      Youth Climate Action Day                                           27
                      Bildungsangebote                                                   28
                      Fair-Trade in Zeiten des Klimawandels		                            29
                      Die Orangen-Aktion startet wieder ab November                      30
                      Aktionen und Tagung, der Dezember wird bunt                        31
InfodienstSEPTEMBER 2021 - Bistum Münster
VORWORT

Liebe Leserinnen und Leser,
nachdem uns die Corona-Pandemie nun schon so lange in Atem hält, war die Sehnsucht
nach einem sorglosen Sommer sicher bei vielen groß. Doch der Sommer war und ist nicht
sorglos. Er zeigt uns in aller Härte, was die Klimakrise bedeutet und lässt uns erahnen,
was in den nächsten Jahren und Jahrzehnten noch kommen wird. Die vielen Toten und
zerstörten Existenzen im Ahrtal und anderen Regionen Deutschlands, die verheerenden
Brände in Griechenland, Italien oder Spanien. All dies zeigt: Die Klimakrise ist da – auch
bei uns, mit existenziellen Auswirkungen.

Dass Klimawandel und Klimaschutz zentrale Gerechtigkeitsfragen sind und unmittelbar
mit Fragen der Armutsbekämpfung weltweit zusammenhängen, zeigen die zahlreichen
Berichte dieses Infodienstes eindrücklich. Es braucht dringend eine „ökologische Um-
kehr“, von der auch Papst Franziskus in seiner Enzyklika „Laudato si“ spricht.

Doch trotz der Flutkatastrophe in Deutschland und angesichts der Warnungen des Welt-
klimarates sind viele Verantwortliche in Politik und Wirtschaft, beispielsweise in der Au-
tomobilindustrie, immer noch nicht bereit, konsequent in Richtung Klimaschutz umzu-
steuern. Zu Recht wird dies mit wachsendem öffentlichem Druck durch Bewegungen wie
Fridays for Future angeprangert: „Wir sind nicht nur verantwortlich für das, was wir tun,
sondern auch für das, was wir nicht tun.“ - dieses Zitat von Molière prangt auf ihrer Web-
site. Es kommt darauf an, jetzt für das Klima zu handeln - in Politik und Wirtschaft, in der
Gesellschaft, in den Kirchen, zuhause. Alle sind gefordert und das in aller Konsequenz.
Möglichkeiten dafür gibt es viele, wie auch das vielfältige Engagement in der Fläche des
Bistums Münster und der westfälischen Landeskirche zeigt.

Eine entscheidende Möglichkeit, auf die Entwicklungen Einfluss zu nehmen, ist unter an-
derem die Bundestagswahl im September, denn klar ist: die neue Bundesregierung muss
schnell massive und vor allem nachhaltige Weichenstellungen in Richtung Klimaschutz
vornehmen.

Damit dies gelingt, braucht es öffentlichkeitswirksame Zeichen und Unterstützung für
Klimagerechtigkeit. Dafür sind derzeit evangelische und katholische Klima-Pilgerinnen
und -Pilger auf dem Weg – von Polen nach Schottland. Über viele tausend Kilometer tra-
gen sie ihre Forderungen für Klimagerechtigkeit zur UN-Klimakonferenz, die im Novem-
ber in Glasgow stattfindet. Und: sie laufen die weite Strecke von Polen nach Schottland
nicht allein. Sie wissen, dass sie überall auf dem Weg auf engagierte Menschen treffen,
die ihre Hoffnung auf eine gerechtere Welt teilen. Menschen, die sich solidarisch zeigen,
Herberge geben oder gemeinsam mit ihnen ein Stück des Weges pilgern.
All dieses Engagement zeigt, dass es anders geht und sich Dinge bewegen, wenn wir sie
gemeinsam angehen. In diesem Sinne hoffen wir, dass dieser Infodienst motiviert, trotz
allem und in allem mit anzupacken und den je
eigenen Beitrag für mehr Klimagerechtigkeit zu
leisten.

Eine anregende Lektüre wünschen,

Katja Breyer und Judith Wüllhorst
InfodienstSEPTEMBER 2021 - Bistum Münster
KLIMAGERECHTIGKEIT

    Internationaler Einsatz für mehr Gerechtigkeit in der Klimakrise
    Verursacher müssen Verantwortung übernehmen
                                                       Die Klimakrise ist deswegen so ungerecht, da die von
                                                       ihr mit Abstand am stärksten Betroffenen am we-
                                                       nigsten dazu beigetragen haben. Auch gibt es eine er-
                                                       hebliche Diskrepanz zwischen der wachsenden Zahl
                                                       von Betroffenen, ihren Bedürfnissen und Rechten ei-
                                                       nerseits und unzureichenden staatlichen Reaktionen
                                                       andererseits. Zu den Betroffenen gehören nicht nur
                                                       ärmere Menschen aus Ländern des globalen Südens
                                                       sondern auch junge und zukünftige Generationen, die
                                                       die Klimafolgen als Resultat vergangener Treibhaus-
                                                       gasemissionen und heute versäumtem Klimaschutz
                                                       hautnah erleben werden. Gerecht wäre für sie eine
                                                       zeitgemäße Neudefinition des Freiheitsbegriffs mit
                                                       Bezug auf die Klimakrise: Aus der Verpflichtung, die
                                                       Freiheitschancen der jungen Generation auch für die
                                                       Zukunft zu schützen, ergibt sich eine Verbindlichkeit,
                                                       in der Gegenwart deutlich mehr Klimaschutz umzu-
                                                       setzen.
4                                                      Bislang unbefriedigende Antworten der internationa-
                                                       len Klimapolitik
                                                       Die Klimarahmenkonvention der UNO, unter der
                                                       2015 das Pariser Klimaabkommen verabschiedet wur-
                                                       de, kann mit ihren Gerechtigkeitsprinzipien wie dem
                                                       Vorsorgeprinzip, dem Verursacherprinzip und dem
                                                       Prinzip der gemeinsamen, aber geteilten Verantwor-
                                                       tung nicht umfassend für Gerechtigkeit sorgen. Die
                                                       Prinzipien beziehen sich lediglich auf die zwischen-
                                                       staatliche Zusammenarbeit. Auch hat die UNO bei-
                                                       spielsweise keine Legitimation, Verteilungsfragen
                                                       zu regeln, da viele – sehr relevante Staaten – dies als
                                                       Eingriff in ihre Souveränität empfinden. Die UNO hat
                                                       aber über die Menschenrechte, die Ziele für nachhal-
                                                       tige Entwicklung (SDGs) und das Pariser Klimaab-
                                                       kommen immerhin wichtige Grundlagen geschaffen,
                                                       die eine klare Erwartung an das Handeln von Staaten
                                                       zum Ausdruck bringen. Doch die Kluft zwischen Arm
                                                       und Reich wächst in den allermeisten Staaten seit den
                                                       1970ern Jahren und noch massiver seit den 1990er
                                                       Jahren des letzten Jahrhunderts. Diese toxische Situa-
                                                       tion führt zu massiver Polarisierung in vielen Staaten,
                                                       begünstigt rechtspopulistische Tendenzen und verhin-
                                                       dert kooperative Lösungen vor Ort. Demokratien ver-
                                                       suchen in der Regel Verfahrensgerechtigkeit dadurch
                                                       herzustellen, dass diejenigen, die von Entscheidungen
                                                       betroffen sind, sich an diesen Entscheidungen betei-
                                                       ligen können. Aber: Die meisten Menschen, die in
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KLIMAGERECHTIGKEIT

Ländern des globalen Südens leben, können in kei-          halb Saúls Heimatstadt Huaraz so weit angewachsen,
ner Weise auf die Entscheidungen der Industrie- und        dass er droht, seinen Damm zu überschwemmen oder
Schwellenländer Einfluss nehmen, die durch Emissi-         diesen gar zu brechen. Saúl und ein Großteil des Ortes
onen ihre Zukunft gefährden.                               wären dann von einer verheerenden Flutkatastrophe
                                                           betroffen. Saúl fordert, dass RWE, entsprechend sei-
Just Transition                                            nem Anteil am globalen Treibhausgasausstoß, rund
Besser gelingt dies im nationalen Klimaschutz. In          0,5 Prozent der am Gletschersee notwendigen Schutz-
Gremien wie der Kohlekommission werden in einigen          maßnahmen bezahlt. Zur 2015 eingereichten Klage
Ländern derzeit sozial gerechte Klimaschutzpläne ver-      entschied das Oberlandesgericht Hamm in 2017 den
handelt. So etwa beim Kohleausstieg, wo Kohlekraft-        Eintritt in die Beweisaufnahme und schrieb damit ein
werke geschlossen und Regionen nachhaltig weiter-          Stück Rechtsgeschichte. Noch läuft diese Beweisauf-
entwickelt werden müssen. Bei der sogenannten Just         nahme, aber Saúl ist auch damit seinem Ziel schon
Transition im Klimaschutz geht es national wie inter-      ein bedeutendes Stück näher gerückt: neue juristische
national darum, die massive Kluft zwischen Arm und         Möglichkeiten für Betroffene schaffen, Verursacher
Reich deutlich zu verkleinern, also um Verteilungsge-      wie RWE in die Verantwortung zu nehmen – als He-
rechtigkeit. Umwelt-, Klima- und Energiegerechtigkeit      bel für politische Lösungen für den Schutz der von der
sind Teilaspekte dieser Fragestellung. Hilfreich dabei     Klimakrise besonders betroffenen Menschen.
ist natürlich, dass erneuerbare Energien und Ener-
gieeffizienz heute meist kostengünstigere Wege sind,
Energiegerechtigkeit herzustellen, als fossile oder
                                                                                               Christoph Bals
                                                                                                Rixa Schwarz
                                                                                                                    5
nukleare Energieträger. Der finanzielle Anreiz besteht                                         Germanwatch
also. Aber es geht auch darum, die Betroffenen ange-
messen an Entscheidungen und Planungsprozessen
mit anderen Entscheidenden zu beteiligen (Verfah-
rensgerechtigkeit): Lokale und nationale politische
Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger,
Unternehmensvertreterinnen und Unternehmens-                 www.germanwatch.org
vertreter, Arbeitende und ihre Gewerkschaften, aber          www.germanwatch.org/de/thema/klima/
auch Erwerbstätige und Anwohnerinnen und Anwoh-              internationale-klimapolitik
ner der Region sollten bei Entscheidungsprozessen            www.germanwatch.org/de/der-fall-huaraz
gleichberechtigt mitreden können.

Vereinzelt – aber immer häufiger – gelingt es Privatper-
sonen, sich mit enormer Wirksamkeit für globale Kli-
magerechtigkeit einzusetzen. Die schwedische Teen-
agerin Greta Thunberg hat mit ihrem wöchentlichen
Protest für mehr Klimaschutz eine ganze Bewegung
angestoßen. Aus den Fridays for Future sind zahl-
reiche Personen hervorgekommen, die sich überall
auf der Welt für verschiedene Aspekte der Klimage-
rechtigkeit einsetzen.

Einen anderen Weg hat Saúl Luciano Lliuya gewählt.
Der peruanische Andenbauer und Bergführer klagt ge-
gen RWE, einen der größten CO2-Emittenten Europas.
Durch die klimawandelbedingte Gletscherschmelze
ist ein Gletschersee in den peruanischen Anden ober-
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KLIMAGERECHTIGKEIT

    Schluss mit Kohle, Öl und Gas
    Für die weltweite Energiewende sind auch
    Kirchen gefragt
                                                     nur von Kerzen, Öl- oder Solarlampen. Kran-
                                                     kenstationen haben abends und nachts ge-
                                                     schlossen und können keine Medikamente
                                                     kühl halten. Straßenbeleuchtung gibt es
                                                     nicht. Maschinen für Handwerks- oder Pro-
                                                     duktionsbetriebe sind auf Dieselgeneratoren
                                                     angewiesen. Diese Generatoren und der
                                                     Treibstoff sind meist sehr teuer. Es bedeutet
                                                     auch, dass das Stromnetz nicht verlässlich ist
                                                     und Stromausfälle manchmal tagelang dau-
                                                     ern.

                                                     Steigende Nachfrage nach Strom kann in
                                                     Afrika durch erneuerbare Energie gedeckt
                                                     werden.

                                                     Die Nachfrage nach Strom in Subsahara-Afri-
                                                     ka wird sich nach Schätzungen der interna-
                                                     tionalen Agentur für erneuerbare Energien
    Im Juli diesen Jahres veröffentlichte die        IRENA bis 2030 verdreifachen. Um diese
    EU-Kommission ihre Vorschläge, wie Euro-         Nachfrage abzudecken muss auf dem afri-
6   pa bis Mitte des Jahrhunderts klimaneutral
    werden soll. Angesichts der Wetterextreme,
                                                     kanischen Kontinent bis 2040 (im Vergleich
                                                     zu heute) doppelt so viel Strom erzeugt wer-
    die nicht nur in Deutschland in diesem Jahr      den. Dafür müssen 70 Milliarden US-Dollar
    spürbar werden, ist klar: Es ist höchste Zeit!   pro Jahr investiert werden. Eine aktuelle IRE-
    In Europa ist den meisten Menschen klar:         NA-Studie (The Renewable Energy Transition
    Strom und Heizung müssen so schnell wie          in Africa, www.irena.org) weist darauf hin,
    möglich ohne Kohle und Gas erzeugt wer-          dass das Potenzial, erneuerbaren Strom zu
    den. Unsere Mobilität muss so bald wie mög-      erzeugen, tausendmal größer ist als die be-
    lich ohne Öl funktionieren. Wir müssen ins-      rechnete Nachfrage bis 2040. Es gibt also kei-
    gesamt weniger Energie verbrauchen – vor         nen Grund, neue Kohle- oder Gaskraftwerke
    allem die Menschen mit einem energieinten-       zu bauen.
    siven Lebensstil.
                                                     Zivilgesellschaft sorgt an vielen Orten für
    Diese Transformation ist eine globale Aufga-     Strom
    be. Weltweit leben 759 Millionen Menschen        Besonders im Bereich der dezentralen erneu-
    ohne Zugang zu Strom. 2,6 Milliarden Men-        erbaren Energie spielen zivilgesellschaftliche
    schen sind zum Kochen auf Holz, Holzkohle        Organisationen eine wichtige Rolle. An vielen
    oder Dung angewiesen. Die meisten leben in       Orten setzen Nichtregierungsorganisationen
    Afrika, südlich der Sahara. In der Demokra-      Energieprojekte um, wo wirklich Energiear-
    tischen Republik Kongo hat beispielsweise        mut herrscht und „marktfähige“ Lösungen
    nur ein Prozent der ländlichen Bevölkerung       fehlen. Sie entwickeln Anlagen, die auf die
    einen Stromanschluss.                            Bedarfe der Nutzerinnen und Nutzer zuge-
                                                     schnitten sind, die vor Ort installiert und ge-
    Kein Zugang zu Strom, das bedeutet: Wenn         wartet werden können. Sie gründen Genos-
    die Sonne untergegangen ist, gibt es Licht       senschaften, die Kleinstwasserkraftanlagen
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KLIMAGERECHTIGKEIT

oder Mini-Netze betreiben und engagieren
sich politisch für bessere Rahmenbedin-
gungen für erneuerbare Energie. Die Förde-
rung durch kirchliche Entwicklungsorganisa-
tionen ist für diese Projekte sehr wichtig.

So unterstützt MISEREOR Krankenhäuser in
der Demokratischen Republik Kongo mit So-
laranlagen. Sie bringen nicht nur Licht und
Ultraschall. Auch die Kühlung für Impfstoffe
und Medikamente funktioniert jetzt zuverläs-
sig. Es ist möglich, Blutkonserven zu lagern
oder ein Elektromikroskop zu nutzen. Ärzte
und Schwestern, die bereits mit Solarenergie
arbeiten, führen nächtliche Notoperationen
durch, stellen Diagnosen in hauseigenen La-
bors und verfügen über eine gekühlte Blut-
bank. Geld für Diesel wird gespart und in
medizinische Ausstattung investiert. Im Rah-
men des Projekts fördert MISEREOR auch           gebaggert werden. Mit dem Ökumenischen
die Ausbildung von Jugendlichen zu Solar-        Pilgerweg für Klimagerechtigkeit tragen viele
technikern und Elektrikern. Damit ist der Be-
trieb der Solaranlagen gesichert. Und: Junge
                                                 engagierte Menschen die Botschaft von Kli-
                                                 magerechtigkeit von Polen nach Schottland.
                                                                                                 7
Menschen bekommen die Perspektive, ihren
Lebensunterhalt in einem zukunftsträchtigen      Aber gerade Kirchen können noch mehr tun,
Beruf zu verdienen.                              um Energie zu sparen und erneuerbare En-
                                                 ergie auf ihren Gebäuden und Grundstücken
Deutschland und Europa müssen voran ge-          zu fördern. Gemeinden, Verbände, Diözesen
hen – und die Kirchen geben Rückenwind           und Landeskirchen können Raum bieten für
So wie vor Jahrzehnten die Förderung von         Aufklärung und Diskussion, wenn die Ener-
Wind- und Solarenergie in Deutschland ge-        giewende vor Ort konkret wird. Christinnen
holfen hat, die nötige Anlagetechnik weiter      und Christen müssen auch klar machen:
zu entwickeln und kostengünstiger zu ma-         Wir in Europa müssen in Zukunft weniger
chen, müssen Deutschland und Europa auch         Ressourcen verbrauchen, damit in Zukunft
weiter die „Windmaschine“ für die weltweite      Menschen auf der ganzen Welt erneuerbare
Energiewende sein. Für unseren fairen Bei-       Energien nutzen können. Die Weitergabe von
trag für die Einhaltung des 1,5 Grad-Ziels       Wissen, Technologien und Finanzierung für
muss der Kohleausstieg hierzulande noch          erneuerbare Energien im globalen Süden ist
schneller gehen. Dieser ehrliche Beitrag zu      Teil unserer internationalen Verpflichtungen.
globaler Gerechtigkeit verlangt uns als Ge-
sellschaft einiges ab und hier sind auch Chri-
stinnen und Christen gefragt. Es ist großartig                             Kathrin Schroeder
zu sehen, wie Initiativen wie „Kirche an der                                      MISEREOR
Kante“ darum kämpfen, dass die Dörfer, die                       Referentin für Energiepolitik
im Rheinischen Braunkohlerevier noch vom
Tagebau Garzweiler bedroht sind, nicht ab-
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    Bis hierher und nicht weiter!
    Globaler Widerstand gegen geplante Öl- und
    Gasbohrungen

8

    Es gibt nicht mehr viele Gegenden auf dieser      heit teilen. Hauptsponsor von KAZA ist die
    Erde, die von einer profitorientierten Indus-     deutsche Staatsbank Kreditanstalt für Wieder-
    trialisierung oder Urbanisierung weitgehend       aufbau (KfW).
    unbelastet sind. Das größte grenzüberschrei-
    tende Naturschutzgebiet der Welt im süd-          Die Öl- und Gasförderpläne von ReconAfrica
    lichen Afrika ist eine solche Gegend. Die         Aber just in dieser Gegend passiert das Un-
    Kavango-Zambezi Transfortier Conservation         glaubliche: Mitten in KAZA und mitten in
    Area (KAZA), zu der auch das einzigartige         einer Zeit, die uns alle die dramatischen Aus-
    Weltnaturerbe Okavango-Delta gehört, be-          wirkungen der durch die Förderung und den
    herbergt eines der größten und tierreichsten      Verbrauch von fossilen Brennstoffen verur-
    Feuchtgebiete Afrikas und ist Heimat der letz-    sachten Erderwärmung schmerzlich erfahren
    ten größeren Elefantenpopulation der Erde –       lässt, wird ein Projekt zur Gewinnung von Öl
    ein über schier endlose Weiten wahrer Garten      und Gas eingestielt.
    Eden.
                                                      ReconAfrica, ein in Kanada registriertes und
    KAZA erstreckt sich über 520.000 Quadrat-         auch an der deutschen Börse geführtes Un-
    kilometer auf den Staatsgebieten von Angola,      ternehmen, besitzt Lizenzen in Namibia und
    Botswana, Namibia, Zambia und Zimbabwe            Botswana, um Öl und Gas im sogenannten
    und dient als riesiger Friedenspark für Länder,   Kavango-Becken zu erkunden und zu fördern.
    die eine durch Konflikte geprägte Vergangen-      Die lizensierte Fläche beträgt zusammen etwa
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KLIMAGERECHTIGKEIT

35.000 Quadratkilometer. Entgegen anders-          gefordert, rigorose Umweltschutzprüfungen
lautender Statements hat ReconAfrica von An-       nach internationalen Standards durchzufüh-
fang an klargestellt, dass es vor allem darum      ren und dabei sowohl die sozialen Auswir-
geht, an die Schiefervorkommen zu kommen.          kungen als auch mögliche Auswirkungen auf
Sie können nur mittels der Fracking-Technik        das Okavango Delta umfassend zu betrachten.
erschlossen werden.
                                                   Widerstand: Lokal und international
Diese Pläne gefährden ein einzigartiges Öko-       Der Widerstand gegen das Projekt wächst ste-
system, UNESCO-Welt-Kulturerbestätten so-          tig – sowohl lokal als auch international. Am
wie die Lebensgrundlage indigener Völker, die      4. Juni 2021 fanden Aktionen in Namibia, Ka-
das Erkundungsfeld seit Jahrtausenden ihre         nada und Großbritannien gegen ReconAfrica
Heimat nennen.                                     und deren Pläne statt. Auch in Deutschland
                                                   kam es zum Protest vor der kanadischen Bot-
Die Firma hat mit den ersten Erkundungs-           schaft in Berlin.
bohrungen in Namibia begonnen und plant,
seismische Untersuchungen für zusätzliche          Bereits am 2. Juni 2021 hatte die Deutsche
Bohrungen durchzuführen. ReconAfrica be-           Umwelthilfe dem Bundesministerium für
sitzt bereits das grundsätzliche Recht, im Falle   wirtschaftliche Zusammenarbeit eine Petiti-
eines Fundes sowohl in Namibia als auch in         on übergeben, die bislang von über 120.000
Botswana in eine Produktionsphase von min-         Menschen unterzeichnet wurde. Darin wird
destens 25 Jahren zu treten. Allerdings sind       die Bundesregierung aufgefordert, sich gegen
die bisher durchgeführten Umweltverträg-
lichkeitsprüfungen für die ersten Probeboh-
                                                   die Ölbohrungen und für eine grenzüber-
                                                   schreitende strategische Umweltverträglich-
                                                                                                     9
rungen und die seismischen Untersuchungen          keitsprüfung einzusetzen. Bis nicht alle Fol-
bestenfalls mangelhaft. Das Anhörungsrecht         gen des Projektes abschließend geklärt sind,
indigener Völker sowie der Öffentlichkeit in       dürfen die Bohrungen und seismischen Un-
Namibia wurde im ersten Verfahren de facto         tersuchungen nicht weiter fortgesetzt werden!
komplett missachtet. Der zunehmende Wi-            Jetzt gilt es, den Druck auf die Bundesregie-
derstand erkämpfte ein gewisses Minimum            rung zu erhöhen, damit den Forderungen der
an Beteiligung.                                    Petition sowie der UNESCO auch von deut-
                                                   scher Seite offiziell Nachdruck verliehen wird!
UNESCO ist besorgt, die KfW will nicht             Was die Öl- und Gasförderpläne in dieser ein-
handeln                                            zigartigen Gegend betrifft, müssen wir vereint
Bereits Anfang 2021 sorgte die UNESCO da-          klarstellen: Bis hierher und nicht weiter!
für, dass auf botswanischer Seite die Tsodil-
lo-Hügel – eine heilige Stätte der indigenen                                 Andy Gheorghiu
San Menschen – inklusive einer Puffer-Zone                Consulting Campaigner & Consultant
aus der lizensierten Fläche herausgeschnitten
wurden.

Dennoch zeigt sich die UNESCO weiterhin
besorgt über die Öl- und Gasförderpläne und          Informationen
deren negative Auswirkungen für das Okavan-          savetheokavango.com
go-Delta. Ende Juli 2021 wurde der Bericht für
die 44zigste Session der UNESCO angenom-
men. Namibia und Botswana werden nun auf-
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KLIMAGERECHTIGKEIT

     Klimagerechtigkeit und Schulden
     Wenn Klimakatastrophen verschuldete Staaten treffen
                                                      Hoch verschuldete Länder geraten durch sol-
                                                      che Klimakatastrophen immer tiefer in eine
                                                      Schuldenfalle: Mit jeder Schuldenrückzah-
                                                      lung an ihre Gläubiger verlieren sie Geld, das
                                                      dringend für Nothilfe und Wiederaufbau ge-
                                                      braucht wird. Sie müssen auf Hilfszusagen
                                                      aus dem Ausland warten oder sogar neue Kre-
                                                      dite aufnehmen, die ihre Schulden weiter in
                                                      die Höhe treiben.

                                                      Im Fall einer solchen Katastrophe muss ver-
                                                      hindert werden, dass weiter Geld aus dem
                                                      Staatshaushalt abfließt: Ein automatischer
                                                      Zahlungsstopp der laufenden Schuldenrück-
                                                      zahlung setzt dringend benötigtes Geld zur
                                                      sofortigen Verwendung für Nothilfe und Wie-
                                                      deraufbau frei. In einem zweiten Schritt muss
                                                      der betroffene Staat mit seinen Gläubigern
                                                      verhandeln können, wie die Verschuldung auf
     Im Sommer 2021 hat uns die Flut in Deutsch-      ein tragfähiges Maß gesenkt werden kann.
     land vor Augen geführt, welche dramatischen
     Auswirkungen Klimakatastrophen für die Be-       Das deutsche Entschuldungsbündnis erlass-
10   völkerung vor Ort haben. Menschen verlieren
     ihr Hab und Gut, ihr Obdach und viele auch
                                                      jahr.de fordert daher von der deutschen Bun-
                                                      desregierung, sich dafür einzusetzen, dass
     ihr Leben. Um die Folgen irgendwie zu be-        Naturkatastrophen nicht zu Schuldenkrisen
     wältigen, braucht es Milliarden an staatlichen   in armen Ländern führen. Dieses Ziel muss
     Geldern.                                         die Bundesregierung in allen für die Entwick-
                                                      lungs- und die Klimafinanzierungsdebatte re-
     Doch was passiert, wenn ein Staat keine Re-      levanten Foren verfolgen.
     serven für den Wiederaufbau hat? Wenn er
     nicht spontan große Summen für die Nothilfe      Das Thema Klimagerechtigkeit wird uns alle
     aufbringen kann? Und wenn er im Gegenteil        noch viele Jahre und Jahrzehnte begleiten.
     sogar noch in Zeiten der höchsten Not große      Und politische Lösungen brauchen wir drin-
     Summen als Schuldendienst ins Ausland ab-        gender denn je – für uns hier in Deutschland
     führen muss?                                     und für alle Menschen weltweit.

     2017 fegte Hurrikan „Maria“ über die Kari-                                      Elise Kopper
     bikinsel Dominica hinweg und verwüstete sie                 Deutsches Entschuldungsbündnis
     vollständig. Auch finanziell war das ein Desa-                                  erlassjahr.de
     ster für den Inselstaat: Die Schäden entspra-                   Referentin für Bildungs- und
     chen 225 Prozent seiner gesamten jährlichen                             Öffentlichkeitsarbeit
     Wirtschaftsleistung. Im Mai 2020 richtete
     der Zyklon „Amphan“ im hochverschuldeten
     Bangladesch Schäden in Milliardenhöhe an.        Informationen und Materialien
     Im November 2020 zogen die Hurrikane             www.erlassjahr.de/kampagne/
     „Eta“ und „Lota“ über Zentralamerika hinweg      klimagerechtigkeit-braucht-entschuldung/
     und verwüsteten dort ganze Landstriche.
KLIMAGERECHTIGKEIT

Saubere Energie auf Raten
Oikocredit investiert in netzunabhängige Energieversorgung
Abends, wenn es dunkel ist in Man-       deckt werden kann, investiert die
goase, platziert Samuel Danyo sei-       internationale Entwicklungsgenos-
nen Fernseher so, dass alle im Hof       senschaft Oikocredit daher seit 2014
vor seiner Hütte das Programm            in netzunabhängige Energieversor-
mitverfolgen können – wie in             gung, ausgewählte netzgebundene
einem kleinen kommunalen Kino.           Infrastrukturprojekte sowie sau-
Danyos Fernseher mit seinen 57           bere und ökologische Kochtechno-
TV-Kanälen ist so populär, dass die      logie in benachteiligten Regionen.
Nachbarschaft ihm schon mal Geld         PEG Africa ist eine der Partneror-
für die Abzahlungsraten zusteckt.        ganisationen, mit denen Oikocre-
Das Dorf ist nicht an die Strom-         dit (seit 2016) zusammenarbeitet.
versorgung in Ghana angeschlos-          Sie bedient vor allem Menschen
sen. Samuel Danyo war der erste,         in Stadtrandgebieten und auf dem
der eine Haussolaranlage nutzte –        Land, deren Einkommen zwischen
als Kunde von PEG Africa, einem          einem und sechs US-Dollar pro Tag
ghanaischen Unternehmen, das be-         liegt.
zahlbare Photovoltaik-Anlagen für
den häuslichen Gebrauch vertreibt.       Allein in Ghana leben etwa 20
                                         Prozent der Bevölkerung, also fast
Das Solarpanel ist auf dem Dach          sechs Millionen Menschen ohne
angebracht, die Steuerungsbatterie       zentrale Stromversorgung, in West-
in Danyos Schlafzimmer. An das           afrika sind es schätzungsweise 150
System angeschlossen sind zwei
Glühbirnen, ein Handyladegerät
                                         Millionen Menschen (www.welt-
                                         bank.org). PEG möchte mehr die-
                                                                                                                     11
und ein Fernseher. Auch eine Ta-         ser Haushalte erreichen. Die Zen-
schenlampe und ein Radio können          trale in der ghanaischen Hauptstadt
so betrieben werden. Samuel Da-          Accra ist zwölf Stunden täglich be-
nyo gehört zu den wenigen im Ort,        setzt, die Angestellten beherrschen
die nach Sonnenuntergang Licht           viele lokale Sprachen, technische      bei PEG Africa: „Weniger als zehn
haben. Zuvor musste er Kerzen,           Probleme werden vor Ort behoben.       Prozent der Kundschaft geben die
Batterien für die Taschenlampe und       Auch an Orten, die nicht einmal        Anlagen zurück, weil sie sie doch
Brennstoffe in der nächstgrößeren        von den Krankenschwestern er-          nicht möchten oder die Raten nicht
Stadt besorgen. Er wünscht sich,         reicht werden – Orte wie Mangoase.     mehr zahlen können.“ Mittlerweile
dass bald alle Häuser Elektrizität ha-                                          hat PEG fast 50.000 Kundinnen
ben. Denn die fossilen Brennstoffe       Eine Haussolaranlage kostet bei        und Kunden in Ghana, der Elfen-
in Kerosin- oder Petroleumlampen         PEG umgerechnet 120 Euro. So viel      beinküste, im Senegal und in Mali
sind teuer, gesundheitsschädlich         Geld haben die meisten Familien        mit Solaranlagen versorgt.
und brandgefährlich.                     nicht. Darum bietet PEG ein be-
                                         sonderes Modell an: Die Haushalte                            Julia Krojer
Eine zuverlässige Energieversor-         erhalten und nutzen die Haussolar-              Oikocredit Westdeutscher
gung ist Voraussetzung für ein           anlage und zahlen sie in wöchent-                        Förderkreis e.V.
selbstbestimmtes Leben. Gleich-          lichen Raten über einen Zeitraum
zeitig macht Energiegewinnung            von bis zu 24 Monaten ab. Die
60 Prozent der weltweiten Treib-         Bezahlung erfolgt in bar oder über
hausgasemissionen aus. Damit der         eines der in Ghana verbreiteten
Energiebedarf im globalen Süden          Handybezahlsysteme. Leticia Teiko
verstärkt aus sauberen Quellen ge-       Insaidoo, kaufmännische Leiterin
KLIMAGERECHTIGKEIT

     Ist der Geldbeutel halb voll oder halb leer?
     Zum Beitrag von (De-)investitionen zur Klimagerechtigkeit
                                             onen in klimafreundliche Projekte     land hat nicht auf Vorgaben aus der
                                             und Technologien. Der Ausstieg        Politik gewartet und bereits 2017
                                             aus der Finanzierung der fossilen     den Leitfaden für ethisch-nach-
                                             Energien findet hingegen nur          haltige Geldanlagen in der Evan-
                                             schleppend statt.                     gelischen Kirche um ein Kapitel
                                                                                   zu Klimastrategien ergänzt (EKD
                                             Die internationale Divestment-Be-     Leitfaden 2019). Auch die Orien-
                                             wegung startet daher Kampagnen,       tierungshilfe „Ethisch nachhal-
                                             um Druck auf Finanzakteure auf-       tig Investieren“ der Deutschen
                                             zubauen die Investitionen in kli-     Bischofskonferenz empfiehlt ih-
                                             maschädliche Energien zu stop-        ren Finanzverantwortlichen, Kli-
                                             pen. Zwar haben einzelne Banken       mastrategien einzubeziehen. Wie
                                             reagiert und schließen fossile En-    die Vorgaben der beiden Doku-
                                             ergien inzwischen aus. Im März        mente in den Gliedkirchen umge-
                                             2021 schlug eine internationale Ko-   setzt werden, variiert erheblich – ein
                                             alition von Nichtregierungsorgani-    Bereich, in dem Klimaschutzinte-
                                             sationen jedoch Alarm: Anstatt zu     ressierte in ihren Gemeinden noch
     „Wir wissen, dass die Technologie,      sinken, steigen die Investitionen     viel bewegen können.
     die auf den sehr umweltschäd-           in klimaschädliche Industrien seit
     lichen fossilen Brennstoffen – vor      Jahren weiter an – und dies auch      Vor allem für die besonders
     allem von Kohle, aber auch von          in besonders klima- und umwelt-       „schmutzigen“ Bereiche der fos-
        Erdöl und Gas – basiert, fort-       schädlichen und menschenrechts-       silen Energien – seien es Kohle-
        schreitend und unverzüglich er-      verletzenden Projekten.               minen in Kolumbien, ein Torf-
12      setzt werden muss.” (Papst Fran-
        ziskus, Laudato Si, 165)             Die Zahlen zeigen, dass Appelle
                                                                                   kraftwerk in Ruanda oder eben
                                                                                   Fracking-Projekte in Argentinien:
                                             und Kampagnen der Zivilgesell-        Divestment aus fossilen Energien
       Spätestens nach der Flutkata-         schaft nicht ausreichen, um den       bedeutet vielerorts auch Deinvesti-
     strophe im Sommer 2021, der             Finanzsektor zur Umkehr zu zwin-      tionen aus Projekten, die Umwelt
     zwei Dürresommer vorausgegan-           gen. Als Teil des Green Deal hat      und Menschen schädigen. Für en-
     gen waren, sollte klar geworden         die Europäische Union mit ihrer       gagierte Privatleute, aber auch für
     sein, dass die Klimakrise auch in       Sustainable Finance Strategie vor,    Kirchen, die ihre Gelder entspre-
     Deutschland angekommen ist. Um          den Finanzsektor in die Pflicht zu    chend ihrer Mission veranlagen
     das Klimaziel von 1,5 Grad des Pari-    nehmen. Kernstück ist eine „Grüne     möchten, ist ein klimasensitives
     ser Abkommens noch zu erreichen         Taxonomie“, die erstmalig EU-weit     Investment ein Muss. Doch bis
     sind erhebliche Anstrengungen           definiert, welche wirtschaftlichen    die gesamte Finanzbranche um-
     Deutschlands und der internati-         Aktivitäten als klimafreundlich       schwenkt und, wie von der EU ge-
     onalen Staatengemeinschaft not-         oder als Transitionstechnologien      fordert, Treiber einer „Gerechten
     wendig.                                 einzustufen sind. Damit und mit       Transition“ wird, ist es noch ein
                                             weiteren Richtlinien soll erreicht    weiter Weg. Den kann nur die Ge-
     Ein wenig bekannter Passus des          werden, dass Billionen Euro von       setzgebung vorgeben.
     Pariser Klimaschutzabkommens            Kapital zu einer „gerechten Tran-
     besagt, dass die Vertragsstaaten        sition“ der Wirtschaft mobilisiert                          Ulrike Lohr
     sich verpflichten, ihre Finanzflüs-     werden. Auch die Bundesregierung                    SÜDWIND Institut
     se mit den langfristigen Zielen zur     hat sich eine Sustainable Finance        Wissenschaftliche Mitarbeiterin
     Emissionsminderung in Einklang          Strategie gegeben, die angesichts            „nachhaltige Geldanlagen“
     zu bringen. Bislang interpretiert       des anstehenden Wahlkampfs aber
     die Mehrheit der Finanzakteure ih-      sehr vage ausformuliert wurde.
     ren Beitrag als verstärkte Investiti-   Die Evangelische Kirche Deutsch-
KLIMAGERECHTIGKEIT

Klima schützen und Industriestandort stärken
KlimaDiskurs.NRW für gemeinsames
Handeln
Der Klimaschutz ist eine äußerst dringende – für eine zunehmende Zahl
von Menschen sogar die drängendste – Zukunftsfrage unserer Zeit. Klar ist:
Damit Klimaschutz gelingt, müssen alle gemeinsam handeln.

Klima schützen und den Wirtschafts- und Industriestandort stärken – mit
diesem Leitgedanken verfolgt der KlimaDiskurs.NRW schon seit 2012 als
unabhängiger und gemeinnütziger Verein das Ziel, Akteure aus den ver-
schiedenen Branchen von Industrie und Wirtschaft, zivilgesellschaftlichen
Verbänden und Vereinen, Kirchen, Gewerkschaften, Kommunen und Wis-
senschaft zusammenzubringen, um vor allem zu strittigen Fragen der Kli-
maschutzpolitik vertrauensvoll miteinander ins Gespräch zu kommen und
gemeinsame Lösungsansätze zu finden.

Die Arbeit baut auf dem Wissen und der Überzeugung auf, dass Energie-
wende und Klimaschutz nur als Gemeinschaftswerk gelingen können. Der
Verein zählt mittlerweile rund 150 stark engagierte Mitglieder aus den ge-
nannten Bereichen, darunter national und international operierende Un-
ternehmen, Umweltorganisationen und landesweite Verbände und versteht
sich als Lobby für gemeinsames Handeln.

Im Rahmen seiner Aktivitäten, die von vertraulichen Gesprächen bis hin
zu großen öffentlichen Veranstaltungen wie dem KLIMA.AKZENT, der
                                                                                                          13
KLIMA.WERKSTATT oder dem KLIMA.FORUM reichen, thematisiert der
Verein sektorübergreifend relevante Fragen in den zentralen Sektoren In-
dustrie, Energiewirtschaft, Gebäude, Verkehr und Transformation.

Die Arbeit von KlimaDiskurs.NRW wird in den kommenden Jahren mehr
denn je gebraucht. Mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts, dem
neuen Klimaschutzgesetz, dem Green Deal auf europäischer Ebene und              Informationen
mit breiter gesellschaftlicher Unterstützung geht es beim Klimaschutz end-      www.klimadiskurs-nrw.de
lich etwas voran, andererseits sind damit aber noch nicht die bestehenden
und künftigen Konflikte, die mit dem Transformationsprozess verbunden
sind, gelöst. Diese sind nicht im Alleingang zu lösen – es braucht dafür eine
Plattform, auf der sich die Stakeholder vertrauensvoll austauschen können,
gemeinsame Lösungen erarbeiten und sich als Lobby für gemeinsames
Handeln verstehen.

                                                          Anja Suhrmann
                                     Geschäftsführerin KlimaDiskurs NRW
ENGAGEMENT

     Kirchen weltweit für Klimagerechtigkeit – es ist fünf vor zwölf!
     Das Ökumenische Netzwerk Klimagerechtigkeit stellt sich vor
                                                                     2021: Mehr als 90 kirchliche Organisationen
                                                                     haben beispielsweise anlässlich des Ökume-
                                                                     nischen Kirchentags im Mai 2021 die Politike-
                                                                     rinnen und Politiker auf Bundes- und Landese-
                                                                     bene aufgefordert, Klimaschutz zum Maßstab
                                                                     ihres Handelns in allen Sektoren zu machen.
                                                                     Der Aufruf hat auch die Unterstützung der
                                                                     Kirchen für mehr globale Klimagerechtigkeit
                                                                     sowie die Entschlossenheit, selbst einen wich-
                                                                     tigen Beitrag zu leisten, unterstrichen.

                                                                     Auf einem Netzwerktreffen des ÖNK wur-
                                                                     de Churches for Future initiiert. Es ist eine
                                                                     Möglichkeit, dass Kirchen der Klimakrise
                                                                     nicht ohnmächtig gegenüberstehen, sondern
                    Angesichts der enormen Herausforderungen         gemeinsam für eine (klima)gerechtere Welt
                    des Klimawandels brauchen wir eine tiefgrei-     einstehen. So entstand beispielsweise zur
                    fende ökosoziale Veränderung, die die Le-        Mobilisierung zum globalen Klimastreik im
                    bensgrundlage aller schützt und Zivilgesell-     September 2020 eine Collage zum Thema
                    schaft, Gemeinwohl und Demokratie stärkt.        „Kirchen weltweit für Klimagerechtigkeit - es
                    Die Frage und das Streben nach einer gerech-     ist fünf vor zwölf!“ Dafür wurden symbolhaft
                    teren Welt sind ein zutiefst christliches Ele-   weltweit Aufnahmen von Kirchtürmen ge-
                    ment, das alle Gläubigen verbindet.              sammelt, deren Kirchturmuhren auf fünf vor
14                  Die christliche Perspektive nimmt uns in die
                                                                     zwölf Uhr stehen.

                    Mitverantwortung für die Schöpfung.              Besonders in der „For Future“-Bewegung hat
                    Das Ökumenische Netzwerk Klimagerechtig-         sich gezeigt, dass die kirchliche Perspektive
                    keit (ÖNK) wurde im April 2018 als Bündnis       mit der „Ethik des Genug“ und dem Konzept
                    kirchlicher Institutionen und Organisationen     des „Guten Lebens für Alle“ die aktuellen De-
                    gegründet und setzt sich für eine klimage-       batten als Zukunftsvision bereichern kann.
                    rechte Zukunft ein. Es hat zum Ziel, das         Kirchen können hierbei glaubhaft Position be-
                    kirchliche Engagement in diesem Bereich in       ziehen, da sie in den Bereichen der Eine-Welt
                    Kirche, Politik und Gesellschaft zu stärken      Missionsarbeit und im Umweltschutz schon
                    und weiter zu verankern. Ein weiterer Schwer-    seit Jahrzehnten wirken und aktiv sind.
                    punkt ist es, eine Brücke zwischen der kirch-
                    lichen Eine-Welt-Arbeit und der Umwelt-                                          Astrid Hake
                    arbeit zu schlagen. Denn häufig werden im                                 Monika Maria Schell
                    kirchlichen Kontext Gerechtigkeits- und Um-
                    weltfragen separat verhandelt.
                                                                     Informationen
                    Im Netzwerk gibt es vielfältige Beteiligungs-    www.kirchen-fuer-klimagerechtigkeit.de
                    möglichkeiten für kirchliche Akteure, sich
                    zum Thema zu vernetzen, zum Beispiel auf
                    dem jährlichen Netzwerktreffen oder auch in
                    monatlichen Online-Gesprächen, zu denen
                    wir ein bis zweimal im Monat Mitglieder und
                    Interessierte einladen. Oder auch bei der Ver-
                    netzung und Aktionen zur Bundestagswahl
ENGAGEMENT

Klimaschutz in der Evangelischen Kirche von Westfalen
Gemeinsamer Kraftakt auf allen Ebenen
                                                                             so großen Rückhalt in den Kir-
                                                                             chengemeinden und den kirch-
                                                                             lichen Einrichtungen gäbe. In der
                                                                             Gebäudesanierung, der Mobilität,
                                                                             der kirchlichen Beschaffung und
                                                                             auf Kirchenland werden enorme
                                                                             Anstrengungen       unternommen,
                                                                             Veränderungen anzustoßen. So ist,
                                                                             neben zahlreichen individuellen
                                                                             Initiativen, Anfang des Jahres ein
                                                                             neuer Lehrgang des Grünen Hahns
                                                                             gestartet, an dem acht Kirchenge-
                                                                             meinden und drei kirchliche Ta-
                                                                             gungsstätten teilnehmen; auch das
Ob in der Landeskirche, den Kir-      schutz etabliert. In einer kleineren   Landeskirchenamt führt ein Um-
chenkreisen oder vor Ort in den       Arbeitsgruppe entwickeln Vertre-       weltmanagementsystem ein. Eine
Kirchengemeinden: In Sachen Kli-      terinnen und Vertretern des Insti-     große Beteiligung gab es ebenfalls
maschutz und Klimagerechtigkeit       tuts für Kirche und Gesellschaft       bei landes- und bundesweiten Mit-
kommt derzeit so mancher Stein        gemeinsam mit Verantwortlichen         mach-Aktionen, wie dem Schöp-
ins Rollen. Es geht um handfeste      des Landeskirchenamtes einen           fungspreis, dem Fotowettbewerb
Veränderungen im Kleinen und          Vorschlag für die Herbstsynode,        KIRCHE+KLIMA der EKvW und
um strategische Überlegungen für      wie neue Verbindlichkeiten in der      der diesjährigen Fastenaktion für
einen grundsätzlichen Wandel.         Evangelischen Kirche von Westfa-       Klimaschutz und Klimagerechtig-
Um ein „Weiter-So“ zu durchbre-
chen, braucht es Engagierte für
                                      len praktisch umgesetzt werden
                                      können.
                                                                             keit.
                                                                                                                   15
beide Pfade. Zusammen führen                                                 Bei all den bitteren Wahrheiten
sie zum gemeinsamen Ziel: Klima-      Auch auf Kirchenkreis-Ebene be-        zum Stand des Klimaschutzes
neutralität bis 2040!                 wegt sich derzeit einiges: Das eta-    global und lokal, bei all der be-
                                      blierte Gremium der Konferenz          rechtigten Skepsis über den Berg
Indem die landeskirchliche Klima-     der Umweltbeauftragten vereint         an Aufgaben und Zielen schadet
schutzstelle wiederbesetzt werden     erstmalig Synodalbeauftragte aus       es nicht, gleichzeitig die Verände-
konnte und ein externes Gutach-       25 Kirchenkreisen und bildet damit     rungen wahrzunehmen, die um
ten zur Treibhausgasbilanz und        ein engmaschiges Netz zwischen         uns herum geschehen. Es liegt an
notwendigen Maßnahmenpaketen          den westfälischen Kirchenkreisen       uns, die Veränderungen aufzugrei-
erstellt wurde, gelang es 2020, die   und der landeskirchlichen Ebene.       fen und weiterzuentwickeln. Es ist
Grundsteine für einen Kurswech-       Als erster Kirchenkreis hat So-        höchste Zeit.
sel im westfälischen Klimaschutz      est-Arnsberg in seiner Synode ein
zu legen. Dem Gutachten folgte        eigenes Klimaschutzkonzept ver-                    Simone Hüttenberend
ein breit angelegter Dialog auf al-   abschiedet. In Gütersloh wurde ein                Institut für Kirche und
len Ebenen der Landeskirche, wel-     Runder Tisch Klimaschutz unter                     Gesellschaft der EKvW
cher bis heute fortgeführt wird.      Mitwirkung des Superintendenten                   Klimaschutzmanagerin
Dabei wurde das interne Netzwerk      gegründet. Erste Kirchenkreise
von verantwortlichen und interes-     sondieren die Möglichkeit, eigene
sierten Klimanetzwerkerinnen und      Klimaschutzmanagerinnen        und
-netzwerkernn kontinuierlich aus-     -manager einzustellen.
gebaut. So wurde unter der Leitung
von Landeskirchenrat Dr. Jan-Dirk     All diese Anstrengungen wären          Informationen
Döhling der Runde Tisch Klima-        nur wenig wert, wenn es keinen         www.kircheundklima.de
ENGAGEMENT

     Paradigmenwechsel
     Klimaschutzurteil verpflichtet auch das Bistum Münster
     Strom vom Kirchendach – diesen Wunschtraum ha-           Für einen bistumsweiten Energiekonsens bedeutet
     ben viele Kirchengemeinden. Doch allzu oft stehen        dies folgende beispielhafte Maßnahmen:
     den Photovoltaikmodulen auf kirchlichen Gebäuden
     Fragen des Denkmalschutzes sowie der Träger- und         1. Ausbau von Photovoltaik und Solarthermie
     Abrechnungsstruktur und der Wirtschaftlichkeit im        2. Konsequenter Austausch von Ölheizungen und
     Weg. Die Katharinenschwestern in Münster haben              alten Heizungsanlagen
     diese Fragen vor mehr als zehn Jahren für sich lösen     3. Durchführung von Dämmmaßnahmen
     können. Seit 2010 nutzen sie ein Drittel des auf den     4. Heizungsoptimierung und die Durchführung des
     eigenen Dächern erzeugten Stroms für den Eigenbe-           hydraulischen Abgleichs
     darf, der Rest geht ins Netz. Nichts spricht dagegen,    5. Umstellung auf umwelt- und klimafreundliche
     dass diese Pilotanlage auf möglichst viele Kirchendä-       Dienstfahrzeuge
     cher, die in der Regel eine optimale Ausrichtung ha-
     ben, ausgedehnt werden kann.                             Dass sich die Maßnahme wirtschaftlich lohnt, steht
                                                              völlig außer Frage. Hubertus Bardt, Geschäftsführer
     Die ersten Bistümer haben bereits im Jahre 2014 Kli-     des Instituts der deutschen Wirtschaft, sagte mit Blick
     maschutzkonzepte erstellt und Maßnahmen umge-            auf das neue Klimaschutzgesetz dazu im Handelsblatt
     setzt. Damit verbunden sind auch Förderrichtlinien       „Die Botschaft ist klar: Jetzt hat man fünf Jahre Zeit,
     für kirchliche Neu- und Umbauten. Damit wird der         um in effiziente Heizungen, isolierte Gebäude und
     Umwelt- und Klimaschutz zu einem Kerngeschäft.           sparsame Autos zu investieren. In dem Zeitraum wird
     Was das Bischöfliche Generalvikariat erst noch errei-    über Fördermaßnahmen geholfen, gleichzeitig werden
     chen möchte, haben viele Kirchengemeinden, Kitas         Belastungsspitzen für Pendler reduziert. Für alle, die
       und Einrichtungen in der Fläche des Bistums schon      bis dahin nicht in Effizienz investieren, wird es teuer.“
       geschafft. Unter dem Motto „Zukunft einkaufen –
16     glaubwürdig wirtschaften im Bistum Münster“ ha-
       ben sie sich zu einer ökologischen und fairen Wirt-
                                                              Die Katherinenschwestern aus Münster sind zufrie-
                                                              den darüber, zu den Photovoltaik-Pionierinnen zu ge-
       schaftsweise verpflichtet. Die Beratung und Aufsicht   hören. „Wir haben es einfach gemacht und sind froh,
       dieses dreistufigen Programms führt das Referat        nicht nur für uns, sondern auch noch für andere Öko-
     Schöpfungsbewahrung in der Fachstelle Weltkirche         strom zu liefern“, strahlt Schwester Amanda. Dass es
     des Bischöflichen Generalvikariats durch.                sich zudem rechnet, kommt obendrauf. „Das ist für
                                                              mich auch eine Form von Apostolat, eine Form durch
     Nach drei Jahren ist eine Rezertifizierung notwendig,    Wort und Tat Zeugnis für Christus zu geben“, sagt sie.
     das bringt die Fachleute miteinander in das Gespräch.    „Was wir für die uns geschenkte Schöpfung tun kön-
     Das Ziel der Bemühungen ist klar: Der Energiever-        nen, das müssen wir tun!“
     brauch soll kurzfristig, mittelfristig und langfristig
     reduziert werden. Damit sind Co2-Einsparungen ver-                                           Karola Wiedemann
     bunden. In Einrichtungen ist zu beobachten, dass al-                                      Thomas Kamp-Deister
     lein durch das veränderte Nutzungsverhalten mehr als
     15 Prozent der Energiekosten/Mengen eingespart wer-
     den können durch Einsparpotentiale und eine Steige-
     rung der Energieeffizienz.

                                                              Informationen
                                                              www.bistum-muenster.de/zukunft_einkaufen/
                                                              die_photovoltaik_pionierinnen/
ENGAGEMENT

Christians for Future überreichen 12-Punkte-Programm
Gespräche mit Kirchenleitungen sind geplant
                                                           Unternehmen zu investieren, die mit Kohle, Öl und
                                                           Gas Umsatz machen. Zentral für das Lösen der Klima-
                                                           krise ist struktureller Wandel. Daher fordert Christi-
                                                           ans for Future, dass sich die Kirchen deutlicher in po-
                                                           litische Diskussionen einmischen. „Uns geht es dabei
                                                           nicht um Parteipolitik, sondern um die wichtige ge-
                                                           sellschaftliche Diskussion, wie wir die ökologisch-so-
                                                           ziale Transformation gestalten, die vor allem in der
                                                           Politik geführt wird und bei der auch die Kirchen viel
                                                           beizutragen haben“, betonen die Aktivisten. „Die Kir-
                                                           chen haben eine wichtige Rolle als Stimme all derer,
                                                           die wenig Macht haben: Die Klimakrise betrifft beson-
                                                           ders die Ärmsten, die heute schon benachteiligt wer-
                                                           den. Gerade denen müssen die Kirchen ihre Stimme
                                                           geben. Wir sind der Meinung, dass die Kirchen hier
                                                           ihre Rolle als moralische Instanz wahrnehmen müs-
                                                           sen.” Weiterhin fordern die C4F, dass Klimagerechtig-
                                                           keit auch in der Gemeindearbeit selbst zum ständigen
                                                           Thema wird.

                                                           Am 16. September 2021 wurden diese Forderungen
                                                           Vertreterinnen und Vertretern der Kirchenleitungen
                                                           im ganzen Bundesgebiet – etwa Berlin, Hamburg,
                                                           München, Hannover und Freiburg übergeben.
                                                                                                                       17
                                                           Freilich darf es nicht nur bei der Übergabe der For-
                                                           derungen bleiben. „Wir wollen nicht, dass unsere In-
Die Christians for Future (C4F) – Christinnen und          itiative als PR-Eintagsfliege verpufft“, betont C4F. „Wir
Christen unterschiedlicher Konfessionen – sind ein         werden in den nächsten Monaten viele tiefgehende
Teil der For-Future-Bewegung, die sich weltweit für        Gespräche mit den Kirchenleitungen führen, um un-
Klimagerechtigkeit einsetzt. In ihrer aktuellen Kampa-     sere Forderungen zu verdeutlichen. Wir werden sie
gne wenden sich die C4F an ihre Kirchen und fordern        auch darüber hinaus weiter begleiten. Die Umsetzung
von ihnen schnelles und konsequentes Handeln in            dieser Forderungen ist eine große Aufgabe, zu der wir
der Klimakrise. Auch wenn in vielen Gemeinden, Bi-         mit voller Kraft auf vielfältige Weise beitragen werden.
stümern und Landeskirchen bereits seit vielen Jahren       Wir hoffen, dass sich auch noch weitere Menschen
wertvolle Umweltprojekte und Initiativen laufen, sind      uns anschließen, um dabei zu helfen. An Klimage-
die Aktivisten der C4F nicht zufrieden: „Die Zeit ist zu   rechtigkeit kommt keine Christin und kein Christ
knapp, um weiterzumachen wie bisher“, betonen sie.         mehr vorbei!“
„Wir wertschätzen die Arbeit, die bislang geleistet wur-
de, aber wir wünschen uns ein ganz neues Level beim        Zahlreiche namhafte Persönlichkeiten aus den Kir-
Engagement der Kirchen für Klimagerechtigkeit.“            chen, wie etwa Bischöfin a.D. Bärbel Wartenberg-Pot-
                                                           ter, Prof. Markus Vogt, Walter Lesch sowie Sr. Dr.
In einem Zwölf-Punkte-Programm wurden daher                Katharina Ganz konnten die C4F bereits von ihren
konkrete Forderungen ausgearbeitet, zu denen unter         Forderungen überzeugen. Sie unterstützen die Kam-
anderem die Forderung an die Kirchen gehört, ver-          pagne und haben mit unterzeichnet.
antwortungsvoll mit den eigenen Gütern umzugehen.
Das bedeutet, bis 2030 klimaneutral zu werden und                                                   Aenne Barnard
aktives Divestment zu betreiben, also nicht mehr in
ENGAGEMENT

     Aufbruch für eine klimaneutrale und sozial gerechte Zukunft
     Bundestagswahl entscheidet über eine
     sozial-ökologische Wende
                                                      be werden. Hierfür braucht es eine effektive
                                                      und verbindliche Klimapolitik, die sich nicht
                                                      einseitig an ökologischen Fragen orientiert,
                                                      sondern soziale Ungleichheiten und Beschäf-
                                                      tigungsperspektiven gleichermaßen berück-
                                                      sichtigt. Soziale und ökologische Ziele dürfen
                                                      nicht mehr gegeneinander ausgespielt oder
                                                      ambitionierte Klimaschutzmaßnahmen mit
                                                      dem Hinweis auf bestehende sozialpolitische
                                                      Versäumnisse unterlassen werden. So ausge-
                                                      staltet bietet Klimapolitik die Chance, unsere
                                                      Gesellschaft gerechter zu gestalten, Armut zu
                                                      bekämpfen, eine resiliente und ressourcen-
                                                      schonende Wirtschaft aufzubauen und damit
                                                      mehr Lebensqualität für alle zu schaffen.
     Die dramatischen Folgen der Erderwärmung
     führen uns immer deutlicher vor Augen, dass      Dass dies gelingt, hängt entscheidend von der
     die Klimakrise auch eine soziale Krise ist.      kommenden Bundestagswahl ab. Es braucht
     Häufigere, intensivere Extremwetterereig-        eine Bundesregierung, die entschlossen den
     nisse sowie der kontinuierliche Anstieg des      ordnungspolitischen Rahmen für eine sozi-
     Meeresspiegels stellen ein ernsthaftes Risiko    al-ökologische Wende setzt, sich nicht scheut,
18   für Mensch und Natur weltweit dar. In vielen
     Ländern des Globalen Südens treffen Hitze-
                                                      in eine klimaneutrale und sozial gerechte Zu-
                                                      kunft zu investieren, die Energiewende mutig
     wellen, Dürren oder Überschwemmungen             vorantreibt und ihrer globalen Verantwortung
     die Existenzgrundlagen der schwächsten und       gerecht wird.
     verletzlichsten Menschen. Meist sind gera-
     de die Menschen betroffen, die kaum oder         Als breites zivilgesellschaftliches Bündnis
     nur sehr wenig zur Erderwärmung beige-           setzt sich die Klima-Allianz Deutschland ge-
     tragen haben. Aber auch die Industrieländer      nau dafür ein. Gemeinsam mit Umweltver-
     des Nordens sehen sich unmittelbar und in        bänden, Jugendorganisationen, Sozial- und
     immer stärkerem Ausmaße mit der Klima-           Wohlfahrtsverbänden, Kirchen, Gewerkschaf-
     krise konfrontiert. Entfesselte Waldbrände,      ten und vielen weiteren Initiativen zeigen wir,
     mehrjährige Dürreperioden und unerwartete        dass Klimaschutz ein Anliegen aus der Mitte
     Flutkatastrophen sind mit ihrer Zerstörungs-     der Gesellschaft ist und dass ambitionierter
     kraft eine existenzielle Bedrohung für das Le-   Klimaschutz die Chance für einen Aufbruch
     ben, die Gesundheit und die wirtschaftliche      in eine klimaneutrale und sozial gerechte Zu-
     Existenz vieler Menschen.                        kunft darstellt.

     Die Begrenzung der Erderwärmung ist der
     Schlüssel zu ökologischer und sozialer Sta-                                   Daniel Eggstein
     bilität sowie zu einer globalen Klimagerech-                       Klima-Allianz Deutschland
     tigkeit. Daher muss die Umsetzung des Pa-                           Referent Klimapolitik und
     riser Klimaschutzabkommens von 2015 und                                  soziale Gerechtigkeit
     die darin gefassten Beschlüsse zur Begren-
     zung der Erderwärmung auf möglichst 1,5          Informationen
     Grad zur zentralen gesellschaftlichen Aufga-     www.klima-allianz.de
KLIMAPILGERWEG

Geht doch!
Der Klimapilgerweg 2021 auf dem Weg zur
Weltklimakonferenz
Am 14. August 2021 ist der 5. Ökumenische       So sind alle herzlich eingeladen, allein oder
Pilgerweg für Klimagerechtigkeit im pol-        mit einer Gruppe mitzupilgern. Anmel-
nischen Zielona Góra unter dem Titel „Geht      dungen für mehrere Tage, für einzelne Tage-
doch! Ökumenischer Pilgerweg für Klima-         setappen oder auch nur für ein kleines Weg-
gerechtigkeit“ gestartet. Schwerpunktthe-       stück werden gerne noch angenommen. Die
men sind in diesem Jahr die Mobilitätswen-      vor Ort jeweils gültigen Corona-Schutzmaß-
de und die Agrar- und Ernährungswende.          nahmen werden selbstverständlich beachtet.

Der Klimapilgerweg 2021 verbindet die Welt-     Der 5. Ökumenische Pilgerweg für Klima-
klimakonferenz 2018 im polnischen Katowice      gerechtigkeit ist ein überregionales Projekt
mit der diesjährigen Weltklimakonferenz im      kirchlicher Hilfswerke (Brot für die Welt,
schottischen Glasgow. Die Klimapilgernden       Misereor, Missio, Renovabis, Adveniat, Kin-
ziehen auf ihrem Weg von Polen durch            dermissionswerk ‚Die Sternsinger‘), katho-
Deutschland, die Niederlande und England        lischer Bistümer und evangelischer Landes-
nach Schottland durch Detmold – Bielefeld       kirchen in Deutschland. Er führt an Orten
– Münster – Enschede – Amersfoort – IJ-         vorbei, an denen die Gefährdung der Umwelt
muiden – Newcastle-upon-Tyne – Edinburgh.       deutlich zutage tritt, aber auch an Orten, die
Am 29. Oktober 2021 erreichen sie nach 77       Lösungen für nachhaltige Entwicklung zei-
Etappen und 1.450 Kilometern Glasgow.           gen. Vor Ort und in den Gemeinden am Weg
                                                werden Begegnungen und thematische Ver-
Sie setzen dabei ein starkes Signal für mehr    anstaltungen und Aktionen organisiert. So
Klimaschutz und Klimagerechtigkeit. Denn
die drohende Klimakatastrophe fordert die
                                                wird sich beispielsweise in Harsewinkel die
                                                Firma Claas den Fragen der Klimaaktivisten
                                                                                                 19
Weltgemeinschaft heraus. Nur im weltweiten      stellen. In Telgte werden die Pilger zusam-
und internationalen Zusammenwirken lässt        men mit dem Bürgermeister einen Baum
sie sich noch verhindern. Klimagerechtig-       pflanzen. In Münster werden sie sich an Ak-
keit wird und muss dabei eine zentrale Rolle    tionen von Fridays for Future beteiligen und
spielen. Die Umweltenzyklika Laudato si' von    sich mit Umweltbischof Rolf Lohmann aus-
Papst Franziskus zeigt eindrucksvoll, wie die   tauschen. Und vor den Toren von Urenco in
soziale und die ökologische Frage zusammen-     Gronau ist ein Treffen mit der dortigen Bür-
hängen und dass sie zusammen zu betrach-        gerinitiative gegen die Urananreicherungs-
ten und zu lösen sind. Die beiden großen        anlage geplant.
Kirchen und deren Hilfswerke können mit
ihren weltumspannenden Netzwerken und                                     Karola Wiedemann
den vielen engagierten Menschen maßgeb-                         5. Ökumenischer Pilgerweg
lich dazu beitragen.                                                  für Klimagerechtigkeit
                                                         Referentin für Öffentlichkeitsarbeit
Vor diesem Hintergrund wurde mit der Welt-
klimakonferenz in Paris 2015 der erste Öku-
menische Pilgerweg für Klimagerechtigkeit
ins Leben gerufen. 2021 findet er zum fünf-        Anmeldung
ten Mal statt. Etwa 20 Dauerpilgernde aus          und mehr Informationen
ganz Deutschland laufen alle 1.450 Kilometer       www.klimapilgern.de
des Wegs. Ihnen schließen sich auf Teiletap-       bei Facebook, Instagram und auf dem You-
pen Einzelpersonen, Schulklassen und ande-         Tube-Kanal „Geht doch! – Klimapilgern“.
re Gruppen an.
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