InfodienstSEPTEMBER 2021 - Bistum Münster
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infodienst SEPTEMBER 2021 der Arbeitsgemeinschaft Eine-Welt-Gruppen im Bistum Münster und in der Evangelischen Kirche von Westfalen KLIMAGERECHTIGKEIT JETZT! SCHLUSS MIT KOHLE, ÖL, GAS CHRISTIANS FOR FUTURE GEHT DOCH! Kirchen für die Energiewende 12-Punkte-Programm Der Klimapilgerweg 2021
AUS DEM INHALT KLIMAGERECHTIGKEIT Internationaler Einsatz für mehr Gerechtigkeit in der Klimakrise Verursacher müssen Verantwortung übernehmen 4 Schluss mit Kohle, Öl und Gas Für die weltweite Energiewende sind auch Kirchen gefragt 6 Bis hierher und nicht weiter! Globaler Widerstand gegen geplante Öl- und Gasbohrungen 8 Klimagerechtigkeit und Schulden Wenn Klimakatastrophen verschuldete Staaten treffen 10 Saubere Energie auf Raten Oikocredit investiert in netzunabhängige Energieversorgung 11 Ist der Geldbeutel halb voll oder halb leer? Zum Beitrag von (De-)investitionen zur Klimagerechtigkeit 12 Klima schützen und Industriestandort stärken KlimaDiskurs.NRW für gemeinsames Handeln 13 ENGAGEMENT Kirchen weltweit für Klimagerechtigkeit – es ist fünf vor zwölf! Das Ökumenische Netzwerk Klimagerechtigkeit stellt sich vor 14 Klimaschutz in der Evangelischen Kirche von Westfalen Gemeinsamer Kraftakt auf allen Ebenen 15 Paradigmenwechsel Klimaschutzurteil verpflichtet auch das Bistum Münster 16 Christians for Future überreichen 12-Punkte-Programm 17 Gespräche mit Kirchenleitungen sind geplant Aufbruch für eine klimaneutrale und sozial gerechte Zukunft Bundestagswahl entscheidet über eine sozial-ökologische Wende 18 KLIMAPILGERWEG 2021 Geht doch! Klimapilgerweg auf dem Weg zur Weltklimakonferenz 2021 19 Vorreiter und Mittler in der Agrar- und Ernährungswende Umstieg auf eine lokal und global nachhaltige Landwirtschaft und Ernährung 20 Inlandsflüge nur für Insekten Einführung in eine notwendige Mobilitätswende 22 TIPPS & TRENDS Klimaschutz fördern mit der Klima-Kollekte 23 Jugendprojekt „Exit Fast Fashion“ sucht nach Auswegen 24 Klimawandel, Kleidung und Konsum 25 Weltkarte Klimagerechtigkeit für Konfis und Jugendliche 26 Youth Climate Action Day 27 Bildungsangebote 28 Fair-Trade in Zeiten des Klimawandels 29 Die Orangen-Aktion startet wieder ab November 30 Aktionen und Tagung, der Dezember wird bunt 31
VORWORT Liebe Leserinnen und Leser, nachdem uns die Corona-Pandemie nun schon so lange in Atem hält, war die Sehnsucht nach einem sorglosen Sommer sicher bei vielen groß. Doch der Sommer war und ist nicht sorglos. Er zeigt uns in aller Härte, was die Klimakrise bedeutet und lässt uns erahnen, was in den nächsten Jahren und Jahrzehnten noch kommen wird. Die vielen Toten und zerstörten Existenzen im Ahrtal und anderen Regionen Deutschlands, die verheerenden Brände in Griechenland, Italien oder Spanien. All dies zeigt: Die Klimakrise ist da – auch bei uns, mit existenziellen Auswirkungen. Dass Klimawandel und Klimaschutz zentrale Gerechtigkeitsfragen sind und unmittelbar mit Fragen der Armutsbekämpfung weltweit zusammenhängen, zeigen die zahlreichen Berichte dieses Infodienstes eindrücklich. Es braucht dringend eine „ökologische Um- kehr“, von der auch Papst Franziskus in seiner Enzyklika „Laudato si“ spricht. Doch trotz der Flutkatastrophe in Deutschland und angesichts der Warnungen des Welt- klimarates sind viele Verantwortliche in Politik und Wirtschaft, beispielsweise in der Au- tomobilindustrie, immer noch nicht bereit, konsequent in Richtung Klimaschutz umzu- steuern. Zu Recht wird dies mit wachsendem öffentlichem Druck durch Bewegungen wie Fridays for Future angeprangert: „Wir sind nicht nur verantwortlich für das, was wir tun, sondern auch für das, was wir nicht tun.“ - dieses Zitat von Molière prangt auf ihrer Web- site. Es kommt darauf an, jetzt für das Klima zu handeln - in Politik und Wirtschaft, in der Gesellschaft, in den Kirchen, zuhause. Alle sind gefordert und das in aller Konsequenz. Möglichkeiten dafür gibt es viele, wie auch das vielfältige Engagement in der Fläche des Bistums Münster und der westfälischen Landeskirche zeigt. Eine entscheidende Möglichkeit, auf die Entwicklungen Einfluss zu nehmen, ist unter an- derem die Bundestagswahl im September, denn klar ist: die neue Bundesregierung muss schnell massive und vor allem nachhaltige Weichenstellungen in Richtung Klimaschutz vornehmen. Damit dies gelingt, braucht es öffentlichkeitswirksame Zeichen und Unterstützung für Klimagerechtigkeit. Dafür sind derzeit evangelische und katholische Klima-Pilgerinnen und -Pilger auf dem Weg – von Polen nach Schottland. Über viele tausend Kilometer tra- gen sie ihre Forderungen für Klimagerechtigkeit zur UN-Klimakonferenz, die im Novem- ber in Glasgow stattfindet. Und: sie laufen die weite Strecke von Polen nach Schottland nicht allein. Sie wissen, dass sie überall auf dem Weg auf engagierte Menschen treffen, die ihre Hoffnung auf eine gerechtere Welt teilen. Menschen, die sich solidarisch zeigen, Herberge geben oder gemeinsam mit ihnen ein Stück des Weges pilgern. All dieses Engagement zeigt, dass es anders geht und sich Dinge bewegen, wenn wir sie gemeinsam angehen. In diesem Sinne hoffen wir, dass dieser Infodienst motiviert, trotz allem und in allem mit anzupacken und den je eigenen Beitrag für mehr Klimagerechtigkeit zu leisten. Eine anregende Lektüre wünschen, Katja Breyer und Judith Wüllhorst
KLIMAGERECHTIGKEIT Internationaler Einsatz für mehr Gerechtigkeit in der Klimakrise Verursacher müssen Verantwortung übernehmen Die Klimakrise ist deswegen so ungerecht, da die von ihr mit Abstand am stärksten Betroffenen am we- nigsten dazu beigetragen haben. Auch gibt es eine er- hebliche Diskrepanz zwischen der wachsenden Zahl von Betroffenen, ihren Bedürfnissen und Rechten ei- nerseits und unzureichenden staatlichen Reaktionen andererseits. Zu den Betroffenen gehören nicht nur ärmere Menschen aus Ländern des globalen Südens sondern auch junge und zukünftige Generationen, die die Klimafolgen als Resultat vergangener Treibhaus- gasemissionen und heute versäumtem Klimaschutz hautnah erleben werden. Gerecht wäre für sie eine zeitgemäße Neudefinition des Freiheitsbegriffs mit Bezug auf die Klimakrise: Aus der Verpflichtung, die Freiheitschancen der jungen Generation auch für die Zukunft zu schützen, ergibt sich eine Verbindlichkeit, in der Gegenwart deutlich mehr Klimaschutz umzu- setzen. 4 Bislang unbefriedigende Antworten der internationa- len Klimapolitik Die Klimarahmenkonvention der UNO, unter der 2015 das Pariser Klimaabkommen verabschiedet wur- de, kann mit ihren Gerechtigkeitsprinzipien wie dem Vorsorgeprinzip, dem Verursacherprinzip und dem Prinzip der gemeinsamen, aber geteilten Verantwor- tung nicht umfassend für Gerechtigkeit sorgen. Die Prinzipien beziehen sich lediglich auf die zwischen- staatliche Zusammenarbeit. Auch hat die UNO bei- spielsweise keine Legitimation, Verteilungsfragen zu regeln, da viele – sehr relevante Staaten – dies als Eingriff in ihre Souveränität empfinden. Die UNO hat aber über die Menschenrechte, die Ziele für nachhal- tige Entwicklung (SDGs) und das Pariser Klimaab- kommen immerhin wichtige Grundlagen geschaffen, die eine klare Erwartung an das Handeln von Staaten zum Ausdruck bringen. Doch die Kluft zwischen Arm und Reich wächst in den allermeisten Staaten seit den 1970ern Jahren und noch massiver seit den 1990er Jahren des letzten Jahrhunderts. Diese toxische Situa- tion führt zu massiver Polarisierung in vielen Staaten, begünstigt rechtspopulistische Tendenzen und verhin- dert kooperative Lösungen vor Ort. Demokratien ver- suchen in der Regel Verfahrensgerechtigkeit dadurch herzustellen, dass diejenigen, die von Entscheidungen betroffen sind, sich an diesen Entscheidungen betei- ligen können. Aber: Die meisten Menschen, die in
KLIMAGERECHTIGKEIT Ländern des globalen Südens leben, können in kei- halb Saúls Heimatstadt Huaraz so weit angewachsen, ner Weise auf die Entscheidungen der Industrie- und dass er droht, seinen Damm zu überschwemmen oder Schwellenländer Einfluss nehmen, die durch Emissi- diesen gar zu brechen. Saúl und ein Großteil des Ortes onen ihre Zukunft gefährden. wären dann von einer verheerenden Flutkatastrophe betroffen. Saúl fordert, dass RWE, entsprechend sei- Just Transition nem Anteil am globalen Treibhausgasausstoß, rund Besser gelingt dies im nationalen Klimaschutz. In 0,5 Prozent der am Gletschersee notwendigen Schutz- Gremien wie der Kohlekommission werden in einigen maßnahmen bezahlt. Zur 2015 eingereichten Klage Ländern derzeit sozial gerechte Klimaschutzpläne ver- entschied das Oberlandesgericht Hamm in 2017 den handelt. So etwa beim Kohleausstieg, wo Kohlekraft- Eintritt in die Beweisaufnahme und schrieb damit ein werke geschlossen und Regionen nachhaltig weiter- Stück Rechtsgeschichte. Noch läuft diese Beweisauf- entwickelt werden müssen. Bei der sogenannten Just nahme, aber Saúl ist auch damit seinem Ziel schon Transition im Klimaschutz geht es national wie inter- ein bedeutendes Stück näher gerückt: neue juristische national darum, die massive Kluft zwischen Arm und Möglichkeiten für Betroffene schaffen, Verursacher Reich deutlich zu verkleinern, also um Verteilungsge- wie RWE in die Verantwortung zu nehmen – als He- rechtigkeit. Umwelt-, Klima- und Energiegerechtigkeit bel für politische Lösungen für den Schutz der von der sind Teilaspekte dieser Fragestellung. Hilfreich dabei Klimakrise besonders betroffenen Menschen. ist natürlich, dass erneuerbare Energien und Ener- gieeffizienz heute meist kostengünstigere Wege sind, Energiegerechtigkeit herzustellen, als fossile oder Christoph Bals Rixa Schwarz 5 nukleare Energieträger. Der finanzielle Anreiz besteht Germanwatch also. Aber es geht auch darum, die Betroffenen ange- messen an Entscheidungen und Planungsprozessen mit anderen Entscheidenden zu beteiligen (Verfah- rensgerechtigkeit): Lokale und nationale politische Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger, Unternehmensvertreterinnen und Unternehmens- www.germanwatch.org vertreter, Arbeitende und ihre Gewerkschaften, aber www.germanwatch.org/de/thema/klima/ auch Erwerbstätige und Anwohnerinnen und Anwoh- internationale-klimapolitik ner der Region sollten bei Entscheidungsprozessen www.germanwatch.org/de/der-fall-huaraz gleichberechtigt mitreden können. Vereinzelt – aber immer häufiger – gelingt es Privatper- sonen, sich mit enormer Wirksamkeit für globale Kli- magerechtigkeit einzusetzen. Die schwedische Teen- agerin Greta Thunberg hat mit ihrem wöchentlichen Protest für mehr Klimaschutz eine ganze Bewegung angestoßen. Aus den Fridays for Future sind zahl- reiche Personen hervorgekommen, die sich überall auf der Welt für verschiedene Aspekte der Klimage- rechtigkeit einsetzen. Einen anderen Weg hat Saúl Luciano Lliuya gewählt. Der peruanische Andenbauer und Bergführer klagt ge- gen RWE, einen der größten CO2-Emittenten Europas. Durch die klimawandelbedingte Gletscherschmelze ist ein Gletschersee in den peruanischen Anden ober-
KLIMAGERECHTIGKEIT Schluss mit Kohle, Öl und Gas Für die weltweite Energiewende sind auch Kirchen gefragt nur von Kerzen, Öl- oder Solarlampen. Kran- kenstationen haben abends und nachts ge- schlossen und können keine Medikamente kühl halten. Straßenbeleuchtung gibt es nicht. Maschinen für Handwerks- oder Pro- duktionsbetriebe sind auf Dieselgeneratoren angewiesen. Diese Generatoren und der Treibstoff sind meist sehr teuer. Es bedeutet auch, dass das Stromnetz nicht verlässlich ist und Stromausfälle manchmal tagelang dau- ern. Steigende Nachfrage nach Strom kann in Afrika durch erneuerbare Energie gedeckt werden. Die Nachfrage nach Strom in Subsahara-Afri- ka wird sich nach Schätzungen der interna- tionalen Agentur für erneuerbare Energien Im Juli diesen Jahres veröffentlichte die IRENA bis 2030 verdreifachen. Um diese EU-Kommission ihre Vorschläge, wie Euro- Nachfrage abzudecken muss auf dem afri- 6 pa bis Mitte des Jahrhunderts klimaneutral werden soll. Angesichts der Wetterextreme, kanischen Kontinent bis 2040 (im Vergleich zu heute) doppelt so viel Strom erzeugt wer- die nicht nur in Deutschland in diesem Jahr den. Dafür müssen 70 Milliarden US-Dollar spürbar werden, ist klar: Es ist höchste Zeit! pro Jahr investiert werden. Eine aktuelle IRE- In Europa ist den meisten Menschen klar: NA-Studie (The Renewable Energy Transition Strom und Heizung müssen so schnell wie in Africa, www.irena.org) weist darauf hin, möglich ohne Kohle und Gas erzeugt wer- dass das Potenzial, erneuerbaren Strom zu den. Unsere Mobilität muss so bald wie mög- erzeugen, tausendmal größer ist als die be- lich ohne Öl funktionieren. Wir müssen ins- rechnete Nachfrage bis 2040. Es gibt also kei- gesamt weniger Energie verbrauchen – vor nen Grund, neue Kohle- oder Gaskraftwerke allem die Menschen mit einem energieinten- zu bauen. siven Lebensstil. Zivilgesellschaft sorgt an vielen Orten für Diese Transformation ist eine globale Aufga- Strom be. Weltweit leben 759 Millionen Menschen Besonders im Bereich der dezentralen erneu- ohne Zugang zu Strom. 2,6 Milliarden Men- erbaren Energie spielen zivilgesellschaftliche schen sind zum Kochen auf Holz, Holzkohle Organisationen eine wichtige Rolle. An vielen oder Dung angewiesen. Die meisten leben in Orten setzen Nichtregierungsorganisationen Afrika, südlich der Sahara. In der Demokra- Energieprojekte um, wo wirklich Energiear- tischen Republik Kongo hat beispielsweise mut herrscht und „marktfähige“ Lösungen nur ein Prozent der ländlichen Bevölkerung fehlen. Sie entwickeln Anlagen, die auf die einen Stromanschluss. Bedarfe der Nutzerinnen und Nutzer zuge- schnitten sind, die vor Ort installiert und ge- Kein Zugang zu Strom, das bedeutet: Wenn wartet werden können. Sie gründen Genos- die Sonne untergegangen ist, gibt es Licht senschaften, die Kleinstwasserkraftanlagen
KLIMAGERECHTIGKEIT oder Mini-Netze betreiben und engagieren sich politisch für bessere Rahmenbedin- gungen für erneuerbare Energie. Die Förde- rung durch kirchliche Entwicklungsorganisa- tionen ist für diese Projekte sehr wichtig. So unterstützt MISEREOR Krankenhäuser in der Demokratischen Republik Kongo mit So- laranlagen. Sie bringen nicht nur Licht und Ultraschall. Auch die Kühlung für Impfstoffe und Medikamente funktioniert jetzt zuverläs- sig. Es ist möglich, Blutkonserven zu lagern oder ein Elektromikroskop zu nutzen. Ärzte und Schwestern, die bereits mit Solarenergie arbeiten, führen nächtliche Notoperationen durch, stellen Diagnosen in hauseigenen La- bors und verfügen über eine gekühlte Blut- bank. Geld für Diesel wird gespart und in medizinische Ausstattung investiert. Im Rah- men des Projekts fördert MISEREOR auch gebaggert werden. Mit dem Ökumenischen die Ausbildung von Jugendlichen zu Solar- Pilgerweg für Klimagerechtigkeit tragen viele technikern und Elektrikern. Damit ist der Be- trieb der Solaranlagen gesichert. Und: Junge engagierte Menschen die Botschaft von Kli- magerechtigkeit von Polen nach Schottland. 7 Menschen bekommen die Perspektive, ihren Lebensunterhalt in einem zukunftsträchtigen Aber gerade Kirchen können noch mehr tun, Beruf zu verdienen. um Energie zu sparen und erneuerbare En- ergie auf ihren Gebäuden und Grundstücken Deutschland und Europa müssen voran ge- zu fördern. Gemeinden, Verbände, Diözesen hen – und die Kirchen geben Rückenwind und Landeskirchen können Raum bieten für So wie vor Jahrzehnten die Förderung von Aufklärung und Diskussion, wenn die Ener- Wind- und Solarenergie in Deutschland ge- giewende vor Ort konkret wird. Christinnen holfen hat, die nötige Anlagetechnik weiter und Christen müssen auch klar machen: zu entwickeln und kostengünstiger zu ma- Wir in Europa müssen in Zukunft weniger chen, müssen Deutschland und Europa auch Ressourcen verbrauchen, damit in Zukunft weiter die „Windmaschine“ für die weltweite Menschen auf der ganzen Welt erneuerbare Energiewende sein. Für unseren fairen Bei- Energien nutzen können. Die Weitergabe von trag für die Einhaltung des 1,5 Grad-Ziels Wissen, Technologien und Finanzierung für muss der Kohleausstieg hierzulande noch erneuerbare Energien im globalen Süden ist schneller gehen. Dieser ehrliche Beitrag zu Teil unserer internationalen Verpflichtungen. globaler Gerechtigkeit verlangt uns als Ge- sellschaft einiges ab und hier sind auch Chri- stinnen und Christen gefragt. Es ist großartig Kathrin Schroeder zu sehen, wie Initiativen wie „Kirche an der MISEREOR Kante“ darum kämpfen, dass die Dörfer, die Referentin für Energiepolitik im Rheinischen Braunkohlerevier noch vom Tagebau Garzweiler bedroht sind, nicht ab-
KLIMAGERECHTIGKEIT Bis hierher und nicht weiter! Globaler Widerstand gegen geplante Öl- und Gasbohrungen 8 Es gibt nicht mehr viele Gegenden auf dieser heit teilen. Hauptsponsor von KAZA ist die Erde, die von einer profitorientierten Indus- deutsche Staatsbank Kreditanstalt für Wieder- trialisierung oder Urbanisierung weitgehend aufbau (KfW). unbelastet sind. Das größte grenzüberschrei- tende Naturschutzgebiet der Welt im süd- Die Öl- und Gasförderpläne von ReconAfrica lichen Afrika ist eine solche Gegend. Die Aber just in dieser Gegend passiert das Un- Kavango-Zambezi Transfortier Conservation glaubliche: Mitten in KAZA und mitten in Area (KAZA), zu der auch das einzigartige einer Zeit, die uns alle die dramatischen Aus- Weltnaturerbe Okavango-Delta gehört, be- wirkungen der durch die Förderung und den herbergt eines der größten und tierreichsten Verbrauch von fossilen Brennstoffen verur- Feuchtgebiete Afrikas und ist Heimat der letz- sachten Erderwärmung schmerzlich erfahren ten größeren Elefantenpopulation der Erde – lässt, wird ein Projekt zur Gewinnung von Öl ein über schier endlose Weiten wahrer Garten und Gas eingestielt. Eden. ReconAfrica, ein in Kanada registriertes und KAZA erstreckt sich über 520.000 Quadrat- auch an der deutschen Börse geführtes Un- kilometer auf den Staatsgebieten von Angola, ternehmen, besitzt Lizenzen in Namibia und Botswana, Namibia, Zambia und Zimbabwe Botswana, um Öl und Gas im sogenannten und dient als riesiger Friedenspark für Länder, Kavango-Becken zu erkunden und zu fördern. die eine durch Konflikte geprägte Vergangen- Die lizensierte Fläche beträgt zusammen etwa
KLIMAGERECHTIGKEIT 35.000 Quadratkilometer. Entgegen anders- gefordert, rigorose Umweltschutzprüfungen lautender Statements hat ReconAfrica von An- nach internationalen Standards durchzufüh- fang an klargestellt, dass es vor allem darum ren und dabei sowohl die sozialen Auswir- geht, an die Schiefervorkommen zu kommen. kungen als auch mögliche Auswirkungen auf Sie können nur mittels der Fracking-Technik das Okavango Delta umfassend zu betrachten. erschlossen werden. Widerstand: Lokal und international Diese Pläne gefährden ein einzigartiges Öko- Der Widerstand gegen das Projekt wächst ste- system, UNESCO-Welt-Kulturerbestätten so- tig – sowohl lokal als auch international. Am wie die Lebensgrundlage indigener Völker, die 4. Juni 2021 fanden Aktionen in Namibia, Ka- das Erkundungsfeld seit Jahrtausenden ihre nada und Großbritannien gegen ReconAfrica Heimat nennen. und deren Pläne statt. Auch in Deutschland kam es zum Protest vor der kanadischen Bot- Die Firma hat mit den ersten Erkundungs- schaft in Berlin. bohrungen in Namibia begonnen und plant, seismische Untersuchungen für zusätzliche Bereits am 2. Juni 2021 hatte die Deutsche Bohrungen durchzuführen. ReconAfrica be- Umwelthilfe dem Bundesministerium für sitzt bereits das grundsätzliche Recht, im Falle wirtschaftliche Zusammenarbeit eine Petiti- eines Fundes sowohl in Namibia als auch in on übergeben, die bislang von über 120.000 Botswana in eine Produktionsphase von min- Menschen unterzeichnet wurde. Darin wird destens 25 Jahren zu treten. Allerdings sind die Bundesregierung aufgefordert, sich gegen die bisher durchgeführten Umweltverträg- lichkeitsprüfungen für die ersten Probeboh- die Ölbohrungen und für eine grenzüber- schreitende strategische Umweltverträglich- 9 rungen und die seismischen Untersuchungen keitsprüfung einzusetzen. Bis nicht alle Fol- bestenfalls mangelhaft. Das Anhörungsrecht gen des Projektes abschließend geklärt sind, indigener Völker sowie der Öffentlichkeit in dürfen die Bohrungen und seismischen Un- Namibia wurde im ersten Verfahren de facto tersuchungen nicht weiter fortgesetzt werden! komplett missachtet. Der zunehmende Wi- Jetzt gilt es, den Druck auf die Bundesregie- derstand erkämpfte ein gewisses Minimum rung zu erhöhen, damit den Forderungen der an Beteiligung. Petition sowie der UNESCO auch von deut- scher Seite offiziell Nachdruck verliehen wird! UNESCO ist besorgt, die KfW will nicht Was die Öl- und Gasförderpläne in dieser ein- handeln zigartigen Gegend betrifft, müssen wir vereint Bereits Anfang 2021 sorgte die UNESCO da- klarstellen: Bis hierher und nicht weiter! für, dass auf botswanischer Seite die Tsodil- lo-Hügel – eine heilige Stätte der indigenen Andy Gheorghiu San Menschen – inklusive einer Puffer-Zone Consulting Campaigner & Consultant aus der lizensierten Fläche herausgeschnitten wurden. Dennoch zeigt sich die UNESCO weiterhin besorgt über die Öl- und Gasförderpläne und Informationen deren negative Auswirkungen für das Okavan- savetheokavango.com go-Delta. Ende Juli 2021 wurde der Bericht für die 44zigste Session der UNESCO angenom- men. Namibia und Botswana werden nun auf-
KLIMAGERECHTIGKEIT Klimagerechtigkeit und Schulden Wenn Klimakatastrophen verschuldete Staaten treffen Hoch verschuldete Länder geraten durch sol- che Klimakatastrophen immer tiefer in eine Schuldenfalle: Mit jeder Schuldenrückzah- lung an ihre Gläubiger verlieren sie Geld, das dringend für Nothilfe und Wiederaufbau ge- braucht wird. Sie müssen auf Hilfszusagen aus dem Ausland warten oder sogar neue Kre- dite aufnehmen, die ihre Schulden weiter in die Höhe treiben. Im Fall einer solchen Katastrophe muss ver- hindert werden, dass weiter Geld aus dem Staatshaushalt abfließt: Ein automatischer Zahlungsstopp der laufenden Schuldenrück- zahlung setzt dringend benötigtes Geld zur sofortigen Verwendung für Nothilfe und Wie- deraufbau frei. In einem zweiten Schritt muss der betroffene Staat mit seinen Gläubigern verhandeln können, wie die Verschuldung auf Im Sommer 2021 hat uns die Flut in Deutsch- ein tragfähiges Maß gesenkt werden kann. land vor Augen geführt, welche dramatischen Auswirkungen Klimakatastrophen für die Be- Das deutsche Entschuldungsbündnis erlass- 10 völkerung vor Ort haben. Menschen verlieren ihr Hab und Gut, ihr Obdach und viele auch jahr.de fordert daher von der deutschen Bun- desregierung, sich dafür einzusetzen, dass ihr Leben. Um die Folgen irgendwie zu be- Naturkatastrophen nicht zu Schuldenkrisen wältigen, braucht es Milliarden an staatlichen in armen Ländern führen. Dieses Ziel muss Geldern. die Bundesregierung in allen für die Entwick- lungs- und die Klimafinanzierungsdebatte re- Doch was passiert, wenn ein Staat keine Re- levanten Foren verfolgen. serven für den Wiederaufbau hat? Wenn er nicht spontan große Summen für die Nothilfe Das Thema Klimagerechtigkeit wird uns alle aufbringen kann? Und wenn er im Gegenteil noch viele Jahre und Jahrzehnte begleiten. sogar noch in Zeiten der höchsten Not große Und politische Lösungen brauchen wir drin- Summen als Schuldendienst ins Ausland ab- gender denn je – für uns hier in Deutschland führen muss? und für alle Menschen weltweit. 2017 fegte Hurrikan „Maria“ über die Kari- Elise Kopper bikinsel Dominica hinweg und verwüstete sie Deutsches Entschuldungsbündnis vollständig. Auch finanziell war das ein Desa- erlassjahr.de ster für den Inselstaat: Die Schäden entspra- Referentin für Bildungs- und chen 225 Prozent seiner gesamten jährlichen Öffentlichkeitsarbeit Wirtschaftsleistung. Im Mai 2020 richtete der Zyklon „Amphan“ im hochverschuldeten Bangladesch Schäden in Milliardenhöhe an. Informationen und Materialien Im November 2020 zogen die Hurrikane www.erlassjahr.de/kampagne/ „Eta“ und „Lota“ über Zentralamerika hinweg klimagerechtigkeit-braucht-entschuldung/ und verwüsteten dort ganze Landstriche.
KLIMAGERECHTIGKEIT Saubere Energie auf Raten Oikocredit investiert in netzunabhängige Energieversorgung Abends, wenn es dunkel ist in Man- deckt werden kann, investiert die goase, platziert Samuel Danyo sei- internationale Entwicklungsgenos- nen Fernseher so, dass alle im Hof senschaft Oikocredit daher seit 2014 vor seiner Hütte das Programm in netzunabhängige Energieversor- mitverfolgen können – wie in gung, ausgewählte netzgebundene einem kleinen kommunalen Kino. Infrastrukturprojekte sowie sau- Danyos Fernseher mit seinen 57 bere und ökologische Kochtechno- TV-Kanälen ist so populär, dass die logie in benachteiligten Regionen. Nachbarschaft ihm schon mal Geld PEG Africa ist eine der Partneror- für die Abzahlungsraten zusteckt. ganisationen, mit denen Oikocre- Das Dorf ist nicht an die Strom- dit (seit 2016) zusammenarbeitet. versorgung in Ghana angeschlos- Sie bedient vor allem Menschen sen. Samuel Danyo war der erste, in Stadtrandgebieten und auf dem der eine Haussolaranlage nutzte – Land, deren Einkommen zwischen als Kunde von PEG Africa, einem einem und sechs US-Dollar pro Tag ghanaischen Unternehmen, das be- liegt. zahlbare Photovoltaik-Anlagen für den häuslichen Gebrauch vertreibt. Allein in Ghana leben etwa 20 Prozent der Bevölkerung, also fast Das Solarpanel ist auf dem Dach sechs Millionen Menschen ohne angebracht, die Steuerungsbatterie zentrale Stromversorgung, in West- in Danyos Schlafzimmer. An das afrika sind es schätzungsweise 150 System angeschlossen sind zwei Glühbirnen, ein Handyladegerät Millionen Menschen (www.welt- bank.org). PEG möchte mehr die- 11 und ein Fernseher. Auch eine Ta- ser Haushalte erreichen. Die Zen- schenlampe und ein Radio können trale in der ghanaischen Hauptstadt so betrieben werden. Samuel Da- Accra ist zwölf Stunden täglich be- nyo gehört zu den wenigen im Ort, setzt, die Angestellten beherrschen die nach Sonnenuntergang Licht viele lokale Sprachen, technische bei PEG Africa: „Weniger als zehn haben. Zuvor musste er Kerzen, Probleme werden vor Ort behoben. Prozent der Kundschaft geben die Batterien für die Taschenlampe und Auch an Orten, die nicht einmal Anlagen zurück, weil sie sie doch Brennstoffe in der nächstgrößeren von den Krankenschwestern er- nicht möchten oder die Raten nicht Stadt besorgen. Er wünscht sich, reicht werden – Orte wie Mangoase. mehr zahlen können.“ Mittlerweile dass bald alle Häuser Elektrizität ha- hat PEG fast 50.000 Kundinnen ben. Denn die fossilen Brennstoffe Eine Haussolaranlage kostet bei und Kunden in Ghana, der Elfen- in Kerosin- oder Petroleumlampen PEG umgerechnet 120 Euro. So viel beinküste, im Senegal und in Mali sind teuer, gesundheitsschädlich Geld haben die meisten Familien mit Solaranlagen versorgt. und brandgefährlich. nicht. Darum bietet PEG ein be- sonderes Modell an: Die Haushalte Julia Krojer Eine zuverlässige Energieversor- erhalten und nutzen die Haussolar- Oikocredit Westdeutscher gung ist Voraussetzung für ein anlage und zahlen sie in wöchent- Förderkreis e.V. selbstbestimmtes Leben. Gleich- lichen Raten über einen Zeitraum zeitig macht Energiegewinnung von bis zu 24 Monaten ab. Die 60 Prozent der weltweiten Treib- Bezahlung erfolgt in bar oder über hausgasemissionen aus. Damit der eines der in Ghana verbreiteten Energiebedarf im globalen Süden Handybezahlsysteme. Leticia Teiko verstärkt aus sauberen Quellen ge- Insaidoo, kaufmännische Leiterin
KLIMAGERECHTIGKEIT Ist der Geldbeutel halb voll oder halb leer? Zum Beitrag von (De-)investitionen zur Klimagerechtigkeit onen in klimafreundliche Projekte land hat nicht auf Vorgaben aus der und Technologien. Der Ausstieg Politik gewartet und bereits 2017 aus der Finanzierung der fossilen den Leitfaden für ethisch-nach- Energien findet hingegen nur haltige Geldanlagen in der Evan- schleppend statt. gelischen Kirche um ein Kapitel zu Klimastrategien ergänzt (EKD Die internationale Divestment-Be- Leitfaden 2019). Auch die Orien- wegung startet daher Kampagnen, tierungshilfe „Ethisch nachhal- um Druck auf Finanzakteure auf- tig Investieren“ der Deutschen zubauen die Investitionen in kli- Bischofskonferenz empfiehlt ih- maschädliche Energien zu stop- ren Finanzverantwortlichen, Kli- pen. Zwar haben einzelne Banken mastrategien einzubeziehen. Wie reagiert und schließen fossile En- die Vorgaben der beiden Doku- ergien inzwischen aus. Im März mente in den Gliedkirchen umge- 2021 schlug eine internationale Ko- setzt werden, variiert erheblich – ein alition von Nichtregierungsorgani- Bereich, in dem Klimaschutzinte- sationen jedoch Alarm: Anstatt zu ressierte in ihren Gemeinden noch „Wir wissen, dass die Technologie, sinken, steigen die Investitionen viel bewegen können. die auf den sehr umweltschäd- in klimaschädliche Industrien seit lichen fossilen Brennstoffen – vor Jahren weiter an – und dies auch Vor allem für die besonders allem von Kohle, aber auch von in besonders klima- und umwelt- „schmutzigen“ Bereiche der fos- Erdöl und Gas – basiert, fort- schädlichen und menschenrechts- silen Energien – seien es Kohle- schreitend und unverzüglich er- verletzenden Projekten. minen in Kolumbien, ein Torf- 12 setzt werden muss.” (Papst Fran- ziskus, Laudato Si, 165) Die Zahlen zeigen, dass Appelle kraftwerk in Ruanda oder eben Fracking-Projekte in Argentinien: und Kampagnen der Zivilgesell- Divestment aus fossilen Energien Spätestens nach der Flutkata- schaft nicht ausreichen, um den bedeutet vielerorts auch Deinvesti- strophe im Sommer 2021, der Finanzsektor zur Umkehr zu zwin- tionen aus Projekten, die Umwelt zwei Dürresommer vorausgegan- gen. Als Teil des Green Deal hat und Menschen schädigen. Für en- gen waren, sollte klar geworden die Europäische Union mit ihrer gagierte Privatleute, aber auch für sein, dass die Klimakrise auch in Sustainable Finance Strategie vor, Kirchen, die ihre Gelder entspre- Deutschland angekommen ist. Um den Finanzsektor in die Pflicht zu chend ihrer Mission veranlagen das Klimaziel von 1,5 Grad des Pari- nehmen. Kernstück ist eine „Grüne möchten, ist ein klimasensitives ser Abkommens noch zu erreichen Taxonomie“, die erstmalig EU-weit Investment ein Muss. Doch bis sind erhebliche Anstrengungen definiert, welche wirtschaftlichen die gesamte Finanzbranche um- Deutschlands und der internati- Aktivitäten als klimafreundlich schwenkt und, wie von der EU ge- onalen Staatengemeinschaft not- oder als Transitionstechnologien fordert, Treiber einer „Gerechten wendig. einzustufen sind. Damit und mit Transition“ wird, ist es noch ein weiteren Richtlinien soll erreicht weiter Weg. Den kann nur die Ge- Ein wenig bekannter Passus des werden, dass Billionen Euro von setzgebung vorgeben. Pariser Klimaschutzabkommens Kapital zu einer „gerechten Tran- besagt, dass die Vertragsstaaten sition“ der Wirtschaft mobilisiert Ulrike Lohr sich verpflichten, ihre Finanzflüs- werden. Auch die Bundesregierung SÜDWIND Institut se mit den langfristigen Zielen zur hat sich eine Sustainable Finance Wissenschaftliche Mitarbeiterin Emissionsminderung in Einklang Strategie gegeben, die angesichts „nachhaltige Geldanlagen“ zu bringen. Bislang interpretiert des anstehenden Wahlkampfs aber die Mehrheit der Finanzakteure ih- sehr vage ausformuliert wurde. ren Beitrag als verstärkte Investiti- Die Evangelische Kirche Deutsch-
KLIMAGERECHTIGKEIT Klima schützen und Industriestandort stärken KlimaDiskurs.NRW für gemeinsames Handeln Der Klimaschutz ist eine äußerst dringende – für eine zunehmende Zahl von Menschen sogar die drängendste – Zukunftsfrage unserer Zeit. Klar ist: Damit Klimaschutz gelingt, müssen alle gemeinsam handeln. Klima schützen und den Wirtschafts- und Industriestandort stärken – mit diesem Leitgedanken verfolgt der KlimaDiskurs.NRW schon seit 2012 als unabhängiger und gemeinnütziger Verein das Ziel, Akteure aus den ver- schiedenen Branchen von Industrie und Wirtschaft, zivilgesellschaftlichen Verbänden und Vereinen, Kirchen, Gewerkschaften, Kommunen und Wis- senschaft zusammenzubringen, um vor allem zu strittigen Fragen der Kli- maschutzpolitik vertrauensvoll miteinander ins Gespräch zu kommen und gemeinsame Lösungsansätze zu finden. Die Arbeit baut auf dem Wissen und der Überzeugung auf, dass Energie- wende und Klimaschutz nur als Gemeinschaftswerk gelingen können. Der Verein zählt mittlerweile rund 150 stark engagierte Mitglieder aus den ge- nannten Bereichen, darunter national und international operierende Un- ternehmen, Umweltorganisationen und landesweite Verbände und versteht sich als Lobby für gemeinsames Handeln. Im Rahmen seiner Aktivitäten, die von vertraulichen Gesprächen bis hin zu großen öffentlichen Veranstaltungen wie dem KLIMA.AKZENT, der 13 KLIMA.WERKSTATT oder dem KLIMA.FORUM reichen, thematisiert der Verein sektorübergreifend relevante Fragen in den zentralen Sektoren In- dustrie, Energiewirtschaft, Gebäude, Verkehr und Transformation. Die Arbeit von KlimaDiskurs.NRW wird in den kommenden Jahren mehr denn je gebraucht. Mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts, dem neuen Klimaschutzgesetz, dem Green Deal auf europäischer Ebene und Informationen mit breiter gesellschaftlicher Unterstützung geht es beim Klimaschutz end- www.klimadiskurs-nrw.de lich etwas voran, andererseits sind damit aber noch nicht die bestehenden und künftigen Konflikte, die mit dem Transformationsprozess verbunden sind, gelöst. Diese sind nicht im Alleingang zu lösen – es braucht dafür eine Plattform, auf der sich die Stakeholder vertrauensvoll austauschen können, gemeinsame Lösungen erarbeiten und sich als Lobby für gemeinsames Handeln verstehen. Anja Suhrmann Geschäftsführerin KlimaDiskurs NRW
ENGAGEMENT Kirchen weltweit für Klimagerechtigkeit – es ist fünf vor zwölf! Das Ökumenische Netzwerk Klimagerechtigkeit stellt sich vor 2021: Mehr als 90 kirchliche Organisationen haben beispielsweise anlässlich des Ökume- nischen Kirchentags im Mai 2021 die Politike- rinnen und Politiker auf Bundes- und Landese- bene aufgefordert, Klimaschutz zum Maßstab ihres Handelns in allen Sektoren zu machen. Der Aufruf hat auch die Unterstützung der Kirchen für mehr globale Klimagerechtigkeit sowie die Entschlossenheit, selbst einen wich- tigen Beitrag zu leisten, unterstrichen. Auf einem Netzwerktreffen des ÖNK wur- de Churches for Future initiiert. Es ist eine Möglichkeit, dass Kirchen der Klimakrise nicht ohnmächtig gegenüberstehen, sondern Angesichts der enormen Herausforderungen gemeinsam für eine (klima)gerechtere Welt des Klimawandels brauchen wir eine tiefgrei- einstehen. So entstand beispielsweise zur fende ökosoziale Veränderung, die die Le- Mobilisierung zum globalen Klimastreik im bensgrundlage aller schützt und Zivilgesell- September 2020 eine Collage zum Thema schaft, Gemeinwohl und Demokratie stärkt. „Kirchen weltweit für Klimagerechtigkeit - es Die Frage und das Streben nach einer gerech- ist fünf vor zwölf!“ Dafür wurden symbolhaft teren Welt sind ein zutiefst christliches Ele- weltweit Aufnahmen von Kirchtürmen ge- ment, das alle Gläubigen verbindet. sammelt, deren Kirchturmuhren auf fünf vor 14 Die christliche Perspektive nimmt uns in die zwölf Uhr stehen. Mitverantwortung für die Schöpfung. Besonders in der „For Future“-Bewegung hat Das Ökumenische Netzwerk Klimagerechtig- sich gezeigt, dass die kirchliche Perspektive keit (ÖNK) wurde im April 2018 als Bündnis mit der „Ethik des Genug“ und dem Konzept kirchlicher Institutionen und Organisationen des „Guten Lebens für Alle“ die aktuellen De- gegründet und setzt sich für eine klimage- batten als Zukunftsvision bereichern kann. rechte Zukunft ein. Es hat zum Ziel, das Kirchen können hierbei glaubhaft Position be- kirchliche Engagement in diesem Bereich in ziehen, da sie in den Bereichen der Eine-Welt Kirche, Politik und Gesellschaft zu stärken Missionsarbeit und im Umweltschutz schon und weiter zu verankern. Ein weiterer Schwer- seit Jahrzehnten wirken und aktiv sind. punkt ist es, eine Brücke zwischen der kirch- lichen Eine-Welt-Arbeit und der Umwelt- Astrid Hake arbeit zu schlagen. Denn häufig werden im Monika Maria Schell kirchlichen Kontext Gerechtigkeits- und Um- weltfragen separat verhandelt. Informationen Im Netzwerk gibt es vielfältige Beteiligungs- www.kirchen-fuer-klimagerechtigkeit.de möglichkeiten für kirchliche Akteure, sich zum Thema zu vernetzen, zum Beispiel auf dem jährlichen Netzwerktreffen oder auch in monatlichen Online-Gesprächen, zu denen wir ein bis zweimal im Monat Mitglieder und Interessierte einladen. Oder auch bei der Ver- netzung und Aktionen zur Bundestagswahl
ENGAGEMENT Klimaschutz in der Evangelischen Kirche von Westfalen Gemeinsamer Kraftakt auf allen Ebenen so großen Rückhalt in den Kir- chengemeinden und den kirch- lichen Einrichtungen gäbe. In der Gebäudesanierung, der Mobilität, der kirchlichen Beschaffung und auf Kirchenland werden enorme Anstrengungen unternommen, Veränderungen anzustoßen. So ist, neben zahlreichen individuellen Initiativen, Anfang des Jahres ein neuer Lehrgang des Grünen Hahns gestartet, an dem acht Kirchenge- meinden und drei kirchliche Ta- gungsstätten teilnehmen; auch das Ob in der Landeskirche, den Kir- schutz etabliert. In einer kleineren Landeskirchenamt führt ein Um- chenkreisen oder vor Ort in den Arbeitsgruppe entwickeln Vertre- weltmanagementsystem ein. Eine Kirchengemeinden: In Sachen Kli- terinnen und Vertretern des Insti- große Beteiligung gab es ebenfalls maschutz und Klimagerechtigkeit tuts für Kirche und Gesellschaft bei landes- und bundesweiten Mit- kommt derzeit so mancher Stein gemeinsam mit Verantwortlichen mach-Aktionen, wie dem Schöp- ins Rollen. Es geht um handfeste des Landeskirchenamtes einen fungspreis, dem Fotowettbewerb Veränderungen im Kleinen und Vorschlag für die Herbstsynode, KIRCHE+KLIMA der EKvW und um strategische Überlegungen für wie neue Verbindlichkeiten in der der diesjährigen Fastenaktion für einen grundsätzlichen Wandel. Evangelischen Kirche von Westfa- Klimaschutz und Klimagerechtig- Um ein „Weiter-So“ zu durchbre- chen, braucht es Engagierte für len praktisch umgesetzt werden können. keit. 15 beide Pfade. Zusammen führen Bei all den bitteren Wahrheiten sie zum gemeinsamen Ziel: Klima- Auch auf Kirchenkreis-Ebene be- zum Stand des Klimaschutzes neutralität bis 2040! wegt sich derzeit einiges: Das eta- global und lokal, bei all der be- blierte Gremium der Konferenz rechtigten Skepsis über den Berg Indem die landeskirchliche Klima- der Umweltbeauftragten vereint an Aufgaben und Zielen schadet schutzstelle wiederbesetzt werden erstmalig Synodalbeauftragte aus es nicht, gleichzeitig die Verände- konnte und ein externes Gutach- 25 Kirchenkreisen und bildet damit rungen wahrzunehmen, die um ten zur Treibhausgasbilanz und ein engmaschiges Netz zwischen uns herum geschehen. Es liegt an notwendigen Maßnahmenpaketen den westfälischen Kirchenkreisen uns, die Veränderungen aufzugrei- erstellt wurde, gelang es 2020, die und der landeskirchlichen Ebene. fen und weiterzuentwickeln. Es ist Grundsteine für einen Kurswech- Als erster Kirchenkreis hat So- höchste Zeit. sel im westfälischen Klimaschutz est-Arnsberg in seiner Synode ein zu legen. Dem Gutachten folgte eigenes Klimaschutzkonzept ver- Simone Hüttenberend ein breit angelegter Dialog auf al- abschiedet. In Gütersloh wurde ein Institut für Kirche und len Ebenen der Landeskirche, wel- Runder Tisch Klimaschutz unter Gesellschaft der EKvW cher bis heute fortgeführt wird. Mitwirkung des Superintendenten Klimaschutzmanagerin Dabei wurde das interne Netzwerk gegründet. Erste Kirchenkreise von verantwortlichen und interes- sondieren die Möglichkeit, eigene sierten Klimanetzwerkerinnen und Klimaschutzmanagerinnen und -netzwerkernn kontinuierlich aus- -manager einzustellen. gebaut. So wurde unter der Leitung von Landeskirchenrat Dr. Jan-Dirk All diese Anstrengungen wären Informationen Döhling der Runde Tisch Klima- nur wenig wert, wenn es keinen www.kircheundklima.de
ENGAGEMENT Paradigmenwechsel Klimaschutzurteil verpflichtet auch das Bistum Münster Strom vom Kirchendach – diesen Wunschtraum ha- Für einen bistumsweiten Energiekonsens bedeutet ben viele Kirchengemeinden. Doch allzu oft stehen dies folgende beispielhafte Maßnahmen: den Photovoltaikmodulen auf kirchlichen Gebäuden Fragen des Denkmalschutzes sowie der Träger- und 1. Ausbau von Photovoltaik und Solarthermie Abrechnungsstruktur und der Wirtschaftlichkeit im 2. Konsequenter Austausch von Ölheizungen und Weg. Die Katharinenschwestern in Münster haben alten Heizungsanlagen diese Fragen vor mehr als zehn Jahren für sich lösen 3. Durchführung von Dämmmaßnahmen können. Seit 2010 nutzen sie ein Drittel des auf den 4. Heizungsoptimierung und die Durchführung des eigenen Dächern erzeugten Stroms für den Eigenbe- hydraulischen Abgleichs darf, der Rest geht ins Netz. Nichts spricht dagegen, 5. Umstellung auf umwelt- und klimafreundliche dass diese Pilotanlage auf möglichst viele Kirchendä- Dienstfahrzeuge cher, die in der Regel eine optimale Ausrichtung ha- ben, ausgedehnt werden kann. Dass sich die Maßnahme wirtschaftlich lohnt, steht völlig außer Frage. Hubertus Bardt, Geschäftsführer Die ersten Bistümer haben bereits im Jahre 2014 Kli- des Instituts der deutschen Wirtschaft, sagte mit Blick maschutzkonzepte erstellt und Maßnahmen umge- auf das neue Klimaschutzgesetz dazu im Handelsblatt setzt. Damit verbunden sind auch Förderrichtlinien „Die Botschaft ist klar: Jetzt hat man fünf Jahre Zeit, für kirchliche Neu- und Umbauten. Damit wird der um in effiziente Heizungen, isolierte Gebäude und Umwelt- und Klimaschutz zu einem Kerngeschäft. sparsame Autos zu investieren. In dem Zeitraum wird Was das Bischöfliche Generalvikariat erst noch errei- über Fördermaßnahmen geholfen, gleichzeitig werden chen möchte, haben viele Kirchengemeinden, Kitas Belastungsspitzen für Pendler reduziert. Für alle, die und Einrichtungen in der Fläche des Bistums schon bis dahin nicht in Effizienz investieren, wird es teuer.“ geschafft. Unter dem Motto „Zukunft einkaufen – 16 glaubwürdig wirtschaften im Bistum Münster“ ha- ben sie sich zu einer ökologischen und fairen Wirt- Die Katherinenschwestern aus Münster sind zufrie- den darüber, zu den Photovoltaik-Pionierinnen zu ge- schaftsweise verpflichtet. Die Beratung und Aufsicht hören. „Wir haben es einfach gemacht und sind froh, dieses dreistufigen Programms führt das Referat nicht nur für uns, sondern auch noch für andere Öko- Schöpfungsbewahrung in der Fachstelle Weltkirche strom zu liefern“, strahlt Schwester Amanda. Dass es des Bischöflichen Generalvikariats durch. sich zudem rechnet, kommt obendrauf. „Das ist für mich auch eine Form von Apostolat, eine Form durch Nach drei Jahren ist eine Rezertifizierung notwendig, Wort und Tat Zeugnis für Christus zu geben“, sagt sie. das bringt die Fachleute miteinander in das Gespräch. „Was wir für die uns geschenkte Schöpfung tun kön- Das Ziel der Bemühungen ist klar: Der Energiever- nen, das müssen wir tun!“ brauch soll kurzfristig, mittelfristig und langfristig reduziert werden. Damit sind Co2-Einsparungen ver- Karola Wiedemann bunden. In Einrichtungen ist zu beobachten, dass al- Thomas Kamp-Deister lein durch das veränderte Nutzungsverhalten mehr als 15 Prozent der Energiekosten/Mengen eingespart wer- den können durch Einsparpotentiale und eine Steige- rung der Energieeffizienz. Informationen www.bistum-muenster.de/zukunft_einkaufen/ die_photovoltaik_pionierinnen/
ENGAGEMENT Christians for Future überreichen 12-Punkte-Programm Gespräche mit Kirchenleitungen sind geplant Unternehmen zu investieren, die mit Kohle, Öl und Gas Umsatz machen. Zentral für das Lösen der Klima- krise ist struktureller Wandel. Daher fordert Christi- ans for Future, dass sich die Kirchen deutlicher in po- litische Diskussionen einmischen. „Uns geht es dabei nicht um Parteipolitik, sondern um die wichtige ge- sellschaftliche Diskussion, wie wir die ökologisch-so- ziale Transformation gestalten, die vor allem in der Politik geführt wird und bei der auch die Kirchen viel beizutragen haben“, betonen die Aktivisten. „Die Kir- chen haben eine wichtige Rolle als Stimme all derer, die wenig Macht haben: Die Klimakrise betrifft beson- ders die Ärmsten, die heute schon benachteiligt wer- den. Gerade denen müssen die Kirchen ihre Stimme geben. Wir sind der Meinung, dass die Kirchen hier ihre Rolle als moralische Instanz wahrnehmen müs- sen.” Weiterhin fordern die C4F, dass Klimagerechtig- keit auch in der Gemeindearbeit selbst zum ständigen Thema wird. Am 16. September 2021 wurden diese Forderungen Vertreterinnen und Vertretern der Kirchenleitungen im ganzen Bundesgebiet – etwa Berlin, Hamburg, München, Hannover und Freiburg übergeben. 17 Freilich darf es nicht nur bei der Übergabe der For- derungen bleiben. „Wir wollen nicht, dass unsere In- Die Christians for Future (C4F) – Christinnen und itiative als PR-Eintagsfliege verpufft“, betont C4F. „Wir Christen unterschiedlicher Konfessionen – sind ein werden in den nächsten Monaten viele tiefgehende Teil der For-Future-Bewegung, die sich weltweit für Gespräche mit den Kirchenleitungen führen, um un- Klimagerechtigkeit einsetzt. In ihrer aktuellen Kampa- sere Forderungen zu verdeutlichen. Wir werden sie gne wenden sich die C4F an ihre Kirchen und fordern auch darüber hinaus weiter begleiten. Die Umsetzung von ihnen schnelles und konsequentes Handeln in dieser Forderungen ist eine große Aufgabe, zu der wir der Klimakrise. Auch wenn in vielen Gemeinden, Bi- mit voller Kraft auf vielfältige Weise beitragen werden. stümern und Landeskirchen bereits seit vielen Jahren Wir hoffen, dass sich auch noch weitere Menschen wertvolle Umweltprojekte und Initiativen laufen, sind uns anschließen, um dabei zu helfen. An Klimage- die Aktivisten der C4F nicht zufrieden: „Die Zeit ist zu rechtigkeit kommt keine Christin und kein Christ knapp, um weiterzumachen wie bisher“, betonen sie. mehr vorbei!“ „Wir wertschätzen die Arbeit, die bislang geleistet wur- de, aber wir wünschen uns ein ganz neues Level beim Zahlreiche namhafte Persönlichkeiten aus den Kir- Engagement der Kirchen für Klimagerechtigkeit.“ chen, wie etwa Bischöfin a.D. Bärbel Wartenberg-Pot- ter, Prof. Markus Vogt, Walter Lesch sowie Sr. Dr. In einem Zwölf-Punkte-Programm wurden daher Katharina Ganz konnten die C4F bereits von ihren konkrete Forderungen ausgearbeitet, zu denen unter Forderungen überzeugen. Sie unterstützen die Kam- anderem die Forderung an die Kirchen gehört, ver- pagne und haben mit unterzeichnet. antwortungsvoll mit den eigenen Gütern umzugehen. Das bedeutet, bis 2030 klimaneutral zu werden und Aenne Barnard aktives Divestment zu betreiben, also nicht mehr in
ENGAGEMENT Aufbruch für eine klimaneutrale und sozial gerechte Zukunft Bundestagswahl entscheidet über eine sozial-ökologische Wende be werden. Hierfür braucht es eine effektive und verbindliche Klimapolitik, die sich nicht einseitig an ökologischen Fragen orientiert, sondern soziale Ungleichheiten und Beschäf- tigungsperspektiven gleichermaßen berück- sichtigt. Soziale und ökologische Ziele dürfen nicht mehr gegeneinander ausgespielt oder ambitionierte Klimaschutzmaßnahmen mit dem Hinweis auf bestehende sozialpolitische Versäumnisse unterlassen werden. So ausge- staltet bietet Klimapolitik die Chance, unsere Gesellschaft gerechter zu gestalten, Armut zu bekämpfen, eine resiliente und ressourcen- schonende Wirtschaft aufzubauen und damit mehr Lebensqualität für alle zu schaffen. Die dramatischen Folgen der Erderwärmung führen uns immer deutlicher vor Augen, dass Dass dies gelingt, hängt entscheidend von der die Klimakrise auch eine soziale Krise ist. kommenden Bundestagswahl ab. Es braucht Häufigere, intensivere Extremwetterereig- eine Bundesregierung, die entschlossen den nisse sowie der kontinuierliche Anstieg des ordnungspolitischen Rahmen für eine sozi- Meeresspiegels stellen ein ernsthaftes Risiko al-ökologische Wende setzt, sich nicht scheut, 18 für Mensch und Natur weltweit dar. In vielen Ländern des Globalen Südens treffen Hitze- in eine klimaneutrale und sozial gerechte Zu- kunft zu investieren, die Energiewende mutig wellen, Dürren oder Überschwemmungen vorantreibt und ihrer globalen Verantwortung die Existenzgrundlagen der schwächsten und gerecht wird. verletzlichsten Menschen. Meist sind gera- de die Menschen betroffen, die kaum oder Als breites zivilgesellschaftliches Bündnis nur sehr wenig zur Erderwärmung beige- setzt sich die Klima-Allianz Deutschland ge- tragen haben. Aber auch die Industrieländer nau dafür ein. Gemeinsam mit Umweltver- des Nordens sehen sich unmittelbar und in bänden, Jugendorganisationen, Sozial- und immer stärkerem Ausmaße mit der Klima- Wohlfahrtsverbänden, Kirchen, Gewerkschaf- krise konfrontiert. Entfesselte Waldbrände, ten und vielen weiteren Initiativen zeigen wir, mehrjährige Dürreperioden und unerwartete dass Klimaschutz ein Anliegen aus der Mitte Flutkatastrophen sind mit ihrer Zerstörungs- der Gesellschaft ist und dass ambitionierter kraft eine existenzielle Bedrohung für das Le- Klimaschutz die Chance für einen Aufbruch ben, die Gesundheit und die wirtschaftliche in eine klimaneutrale und sozial gerechte Zu- Existenz vieler Menschen. kunft darstellt. Die Begrenzung der Erderwärmung ist der Schlüssel zu ökologischer und sozialer Sta- Daniel Eggstein bilität sowie zu einer globalen Klimagerech- Klima-Allianz Deutschland tigkeit. Daher muss die Umsetzung des Pa- Referent Klimapolitik und riser Klimaschutzabkommens von 2015 und soziale Gerechtigkeit die darin gefassten Beschlüsse zur Begren- zung der Erderwärmung auf möglichst 1,5 Informationen Grad zur zentralen gesellschaftlichen Aufga- www.klima-allianz.de
KLIMAPILGERWEG Geht doch! Der Klimapilgerweg 2021 auf dem Weg zur Weltklimakonferenz Am 14. August 2021 ist der 5. Ökumenische So sind alle herzlich eingeladen, allein oder Pilgerweg für Klimagerechtigkeit im pol- mit einer Gruppe mitzupilgern. Anmel- nischen Zielona Góra unter dem Titel „Geht dungen für mehrere Tage, für einzelne Tage- doch! Ökumenischer Pilgerweg für Klima- setappen oder auch nur für ein kleines Weg- gerechtigkeit“ gestartet. Schwerpunktthe- stück werden gerne noch angenommen. Die men sind in diesem Jahr die Mobilitätswen- vor Ort jeweils gültigen Corona-Schutzmaß- de und die Agrar- und Ernährungswende. nahmen werden selbstverständlich beachtet. Der Klimapilgerweg 2021 verbindet die Welt- Der 5. Ökumenische Pilgerweg für Klima- klimakonferenz 2018 im polnischen Katowice gerechtigkeit ist ein überregionales Projekt mit der diesjährigen Weltklimakonferenz im kirchlicher Hilfswerke (Brot für die Welt, schottischen Glasgow. Die Klimapilgernden Misereor, Missio, Renovabis, Adveniat, Kin- ziehen auf ihrem Weg von Polen durch dermissionswerk ‚Die Sternsinger‘), katho- Deutschland, die Niederlande und England lischer Bistümer und evangelischer Landes- nach Schottland durch Detmold – Bielefeld kirchen in Deutschland. Er führt an Orten – Münster – Enschede – Amersfoort – IJ- vorbei, an denen die Gefährdung der Umwelt muiden – Newcastle-upon-Tyne – Edinburgh. deutlich zutage tritt, aber auch an Orten, die Am 29. Oktober 2021 erreichen sie nach 77 Lösungen für nachhaltige Entwicklung zei- Etappen und 1.450 Kilometern Glasgow. gen. Vor Ort und in den Gemeinden am Weg werden Begegnungen und thematische Ver- Sie setzen dabei ein starkes Signal für mehr anstaltungen und Aktionen organisiert. So Klimaschutz und Klimagerechtigkeit. Denn die drohende Klimakatastrophe fordert die wird sich beispielsweise in Harsewinkel die Firma Claas den Fragen der Klimaaktivisten 19 Weltgemeinschaft heraus. Nur im weltweiten stellen. In Telgte werden die Pilger zusam- und internationalen Zusammenwirken lässt men mit dem Bürgermeister einen Baum sie sich noch verhindern. Klimagerechtig- pflanzen. In Münster werden sie sich an Ak- keit wird und muss dabei eine zentrale Rolle tionen von Fridays for Future beteiligen und spielen. Die Umweltenzyklika Laudato si' von sich mit Umweltbischof Rolf Lohmann aus- Papst Franziskus zeigt eindrucksvoll, wie die tauschen. Und vor den Toren von Urenco in soziale und die ökologische Frage zusammen- Gronau ist ein Treffen mit der dortigen Bür- hängen und dass sie zusammen zu betrach- gerinitiative gegen die Urananreicherungs- ten und zu lösen sind. Die beiden großen anlage geplant. Kirchen und deren Hilfswerke können mit ihren weltumspannenden Netzwerken und Karola Wiedemann den vielen engagierten Menschen maßgeb- 5. Ökumenischer Pilgerweg lich dazu beitragen. für Klimagerechtigkeit Referentin für Öffentlichkeitsarbeit Vor diesem Hintergrund wurde mit der Welt- klimakonferenz in Paris 2015 der erste Öku- menische Pilgerweg für Klimagerechtigkeit ins Leben gerufen. 2021 findet er zum fünf- Anmeldung ten Mal statt. Etwa 20 Dauerpilgernde aus und mehr Informationen ganz Deutschland laufen alle 1.450 Kilometer www.klimapilgern.de des Wegs. Ihnen schließen sich auf Teiletap- bei Facebook, Instagram und auf dem You- pen Einzelpersonen, Schulklassen und ande- Tube-Kanal „Geht doch! – Klimapilgern“. re Gruppen an.
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