Feiern 2019 sehen-und-handeln .ch - Sehen und Handeln
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Inhaltsverzeichnis 3 Editorial Die Ökumenische Kampagne – 4 Ökumenischer Familiengottesdienst gelebte Solidarität 7 Ökumenischer Gottesdienst Fastenopfer (katholisch) und Brot für alle (reformiert) 10 Jugendgottesdienst führen dieses Jahr zum 50. Mal die Ökumenische Kampagne in den sechs Wochen vor Ostern durch. 12 Versöhnungsfeier Seit 1994 beteiligt sich auch Partner sein, das Hilfs- werk der christkatholischen Landeskirche. Das Ziel 14 Hinführung Hungertuch der Ökumenischen Kampagne ist es heute – wie vor 50 Jahren –, die breite Öffentlichkeit zu sensibilisieren Predigtanregungen: und auf die Ungerechtigkeiten aufmerksam zu ma- chen, die dazu führen, dass 800 Millionen Menschen 16 zum Hungertuch in Hunger und Armut leben müssen. 17 zu Spr 31,10–32 Nicht das Wissen um diese Ungerechtigkeiten verän- 18 zu Mt 1,1–31 dert die Welt, aber unser Handeln. Erst durch einen grundsätzlichen Wandel, den wir alle miteinander an- 19 zu Joh 20,1–18 gehen müssen, gestalten wir eine bessere Welt. Sei 20 zum Gründonnerstag es, dass wir das eigene Konsumverhalten verändern, Projekte für Menschen im globalen Süden mit einer 21 zur Konzernverantwortungsinitiative Spende unterstützen oder an einer Aktion mithelfen – das macht die Ökumenische Kampagne zum Inbe- 22 Gebete griff der gelebten Solidarität. 23 Weitere Angebote www.sehen-und-handeln.ch Ökumenische Kampagne 2019: Aschermittwoch, 6. März, bis Ostersonntag, 21. April 2019 werden Sie unser Fan: facebook.com / sehenundhandeln Impressum Werkheft feiern 2019 Redaktion Rita Gemperle, Jan Tschannen Mitarbeit Siegfried Arends, Andreas Baumeister, Fabio Carrisi, Marie Cénec, Salome Eisenmann, Ulrike Henkenmeier, Noemi Honegger, Judith von Rotz, Nassouh Toutoungi, Rolf Zaugg, Michaela Zurfluh Lektorat Mirjam Weiss und Franziska Landolt Gestaltung ComMix AG, Kehrsatz/Bern Druck Stämpfli AG, Bern Papier Cyclus Offset, 100 % Recyclingpapier © Brot für alle, Bern/Fastenopfer, Luzern, Herbst 2018 2
Editorial Liebe Gottesdienst- genommen. Palmöl aus grossen Plan- sie und Kreativität. In dieser Kampagne verantwortliche tagen ist nicht mehr selbstverständlich. richten wir den Blick vor allem auf die Die 50-er Suppe, die im ökumenischen Frauen. Wenn es darum geht, dem gu- Gemeinsam mit Ihnen und vielen ande- Gottesdienst (S. 7–9) gekocht wird, er- ten Leben auf die Sprünge zu helfen, ren in den Pfarreien und Kirchgemein- innert auf kreative Art an die Inhalte können Frauen besonders erfinderisch den engagieren sich Fastenopfer und und Erfolge der 50-jährigen Zusam- und ausdauernd sein. Ihre Geschichten Brot für alle in Zusammenarbeit mit menarbeit. Sie hält den Appetit nach finden wir – oft etwas versteckt – in der Partner sein für eine gerechtere Welt. Gerechtigkeit wach. Nach einer Welt, Bibel, bei unseren Partnerinnen und Und dies seit 50 Jahren! Einiges konnte in der alle Menschen Leben in Fülle Partnern im Weltsüden oder auch im in dieser Zeit erreicht werden: Der Faire erfahren. Nachbardorf. Einige dieser Geschich- Handel ist nicht mehr wegzudenken. Um diese Welt zu schaffen, braucht es ten wollen wir im vorliegenden Heft er- Elektronikfirmen werden in die Pflicht Beharrlichkeit und Engagement, Fanta- zählen. Jan Tschannen Rita Gemperle Bildung und Theologie Sensibilisierung und Pastoral Brot für alle Fastenopfer v.l.n.r. Salome Eisenmann, Jan Tschannen, Ulrike Henkenmeier, Fabio Carrisi, Rita Gemperle, Rolf Zaugg, Michaela Zurfluh, Andreas Baumeister, Siegfried Arends. Auf dem Bild fehlen: Judith von Rotz, Noemi Honegger 3
Ökumenischer Familiengottesdienst Was geht mich das an? Rolf Zaugg Einleitung Reformierter Pfarrer, Brugg Was geht mich das an? – Diese Frage stelle ich, wenn von kleinen oder grossen Katastrophen in der Welt berichtet Rita Gemperle wird. Was geht es mich an, wenn der Wasserspiegel rund Fastenopfer um die pazifischen Inseln immer weiter steigt? Was geht es mich an, wenn in Afrika die Menschenrechte mit Füssen Beharrlichkeit, der Wille zum Helfen und der Einsatz getreten werden? Was geht es mich an, wenn mein Klas- für Gerechtigkeit können die Welt verändern. Das sengspändli immer wieder ausgelacht wird? zeigt uns die Erzählung der hartnäckigen Witwe (Lk «Was geht mich das an?» Diese Frage hat noch eine grössere 18,2ff.). «Es geht uns etwas an – kommt, wir wollen Schwester. Sie heisst: «Da kann man ja doch nichts machen!» etwas tun!» heisst die Lösung. Diese beiden Sätze verführen uns dazu, Unrecht gleichgültig hinzunehmen. Heute wollen wir uns nicht mit diesen beiden Den vollständigen Gottesdienst finden Sie unter mutlosen Sätzen begnügen. Wir suchen neue und mutige www.sehen-und-handeln.ch/feiern Sätze. Vorbereitungen Lied Für die Symbolhandlung braucht es 1 Schale rohe Kartof- Rise up plus 060, Meine engen Grenzen oder feln, 1 Schale Rosinen, 1 Schale mit Wasser und Frühlings- KG 184/RG 832/CG 879, Manchmal kennen wir Gottes blumen Willen Liturgischer Gruss Kyrie mit Zwischenrufen Im Namen Gottes, Schöpfer des Lebens: «Was geht mich das an?» und «Da kann man ja doch nichts Quelle, die belebt machen!» halten uns davon ab, etwas zu tun. Doch in un- Im Namen Jesu Christi: serm Herzen wissen wir: «Es geht mich etwas an!» Und: Wahrheit, die befreit «Ich möchte etwas tun!» Im Namen des Heiligen Geistes: Die Kinder hier im Gottesdienst haben es schon gemerkt: Kraft, die erneuert. 4
Ökumenischer Familiengottesdienst Es geht uns etwas an! Wir wollen etwas tun! Das dürft ihr ne grosse Ölmühle. Sie war schon letztes Jahr defekt. Aber nun auch rufen. Ihr schliesst jede Strophe unseres Gebetes er hat nichts repariert. Und heute Abend ist es geschehen. ab, indem ihr so laut wie möglich ruft: «Es geht uns etwas Der alte Balken ist gebrochen, heruntergefallen und hat an!» Und ihr dürft auch gleich uns Erwachsene einladen: deinen Mann erschlagen. Gott hat ihn zu sich genommen.» «Kommt, wir wollen etwas tun!» Noemi und ihre beiden Kinder waren sehr traurig, und es begann für sie eine schwere Zeit. Die Beerdigung musste Wir überlegen vor Gott, was uns etwas angeht: organisiert und bezahlt werden. Womit sollte Noemi jetzt Kinder werden ausgelacht und geplagt – auch auf unserem das Essen bezahlen? Und womit das Holz zum Feuern? Schulhausplatz. Noemi ging zu Obed. War der nicht eigentlich schuld am «Es geht uns etwas an! Kommt, wir wollen etwas tun!» Tod ihres Mannes? Aber Obed wollte nichts bezahlen. Er fand, dass Noemis Mann selber schuld gewesen sei. Er Manche Jugendliche kommen nicht zurecht mit der Schule hätte einfach besser aufpassen müssen. Er sagte: «Dein und finden nicht die Hilfe, die sie brauchen. Mann ist tot, da kann man nichts mehr tun. Es tut mir leid, Gott hat es so bestimmt.» Frauen tragen in vielen Haushalten immer noch die Haupt- Noemi ging nach Hause und beriet sich mit ihren Eltern. last und haben entscheidende Rollen im Hintergrund, er- Aber auch von ihnen erhielt Noemi keine Unterstützung. halten aber dafür kaum Anerkennung. Sie meinten: «Da kann man nichts machen. Gott hat es so bestimmt. Such dir einen neuen Mann, der sich um dich Manche unserer Kleider werden von Kindern zusammen- und die Kinder kümmert.» Noemi protestierte: «Das kann genäht, die nicht zur Schule gehen können, weil sie arbei- doch nicht sein! Ich will keinen neuen Mann, ich will Ge- ten müssen. rechtigkeit!» Am nächsten Tag ging Noemi in aller Frühe zum Markt- Arbeiterinnen und Arbeiter werden krank, weil sie gezwun- platz, wo der Richter Jonathan seinen Beruf ausübte. Sie gen sind, mit giftigen Chemikalien zu arbeiten. wollte die Erste sein. Sie berichtete ihm von ihrer Not und vom reichen Obed, der nicht zahlen wollte. «Was willst du Menschen werden von ihrem Land vertrieben, weil auf ih- hier?», fuhr sie der Richter an. «Du kommst hierher wie ein rem Land Rohstoffe für unsere Handys abgebaut werden. Mann und willst, dass ich Recht spreche für dich? Das steht dir als Frau nicht zu! Geh nach Hause und versorge Biblische Geschichte deine Kinder!» Es geht mich etwas an! Wir wollen etwas tun! – Aber was Die Marktfrauen waren gerade dabei, ihre Stände aufzu- denn? Ist es nicht oft so, dass man wirklich nichts tun bauen. Als sie hörten, was der Richter zu Noemi gesagt kann? Und gibt es nicht auch Dinge, die mich nichts ange- hatte, bekamen sie Mitleid mit ihr und waren sich einig: hen? «Das ist nicht recht! Der reiche Obed muss doch zahlen. Jesus hat dazu eine Geschichte erzählt. Sie steht im 18. Aber da ist halt nichts zu machen, eine Frau hat vor Gericht Kapitel des Lukasevangeliums (Lk 18,2ff.). Ich erzähle nichts zu suchen. So sind die Regeln.» euch, wie sich diese Geschichte zugetragen haben könnte. Die Marktfrauen steckten Noemi verdeckt etwas Gemüse, ein wenig Getreide und eine Handvoll Rosinen zu. Aber sie In einer kleinen Stadt in Judäa war Jonathan Richter. Wenn wagten nicht, Noemi offen zu unterstützen. zwei Menschen Streit miteinander hatten, kamen sie zu Jo- Am nächsten Morgen geschah etwas Überraschendes. nathan. Er hörte sich an, was die beiden zu sagen hatten, Noemi kam wieder zu Jonathan und verlangte von ihm: und dann entschied er. Niemand wagte, sein Urteil infrage «Du kennst meinen Fall. Verschaffe mir Recht und zwinge zu stellen. Die Leute sagten: «Er lässt sich weder von Men- Obed zu zahlen!» Jonathan fluchte und schimpfte so laut, schen noch von Gott beeindrucken.» dass man es im hintersten Winkel der Stadt hörte. «Willst In dieser Stadt lebte auch Noemi. Sie war verheiratet und du mich für dumm verkaufen? Oder willst du mich lächer- hatte zwei Kinder. Ihr Mann arbeitete beim Bauern Obed. lich machen?» Noemi ging über den Markt nach Hause zu- Der Lohn reichte grad so knapp für das Leben der Familie. rück. Diesmal wurde ihr nichts zugesteckt. Alle hatten Eines Abends kam Noemis Mann nach der Arbeit nicht Angst, den Richter Jonathan noch mehr zu verärgern. nach Hause. Sie machte sich Sorgen. Ein paar Marktfrauen brachten ihr später etwas Essen Spät in der Nacht klopfte es an der Tür. Draussen stand ein nach Hause. «Noemi, bitte lass das, da kann man nichts Arbeitskollege ihres Mannes. Er berichtete: «Noemi, es ist tun», sagten sie zu ihr. Aber auch am nächsten Morgen er- schrecklich. Wir haben heute Oliven gepresst, um Öl zu schien Noemi auf dem Markt. Wieder wurde sie vom Rich- machen. Du weisst doch, auf dem Hof von Obed hat es ei- ter Jonathan mit lautem Fluchen weggejagt. Das Gleiche 5
Ökumenischer Familiengottesdienst geschah auch in den folgenden Tagen und Wochen. Hilfe der Marktfrauen hätte Noemi die lange Zeit nicht Einige Leute machten sich lustig über Noemi. Andere fan- überlebt, bis sie endlich Recht bekommen hat. den es ungerecht, dass der reiche Bauer Obed seine Ver- Nehmt den Korb mit den Rosinen und gebt denen davon antwortung nicht wahrnahm. Die Marktfrauen hatten Mit- zu essen, die ihr daran erinnern wollt, dass Hilfe und Soli- leid mit Noemi und steckten ihr weiterhin Gemüse und darität in der Not überlebenswichtig sind. Früchte zu. Aber sie waren überzeugt, dass man sonst nichts für Noemi tun könne. Die Blümchen hier in der Schale stehen für das Recht. Die Mit der Zeit kam der Richter Jonathan trotzdem ins Grü- Blüten sind ganz leicht und weich. Sie sind biegsam und beln. Vielleicht schlief er schlechter, vielleicht spürte er passen sich bei Berührung der Haut an. Wie die Blüm- auch die abschätzigen Blicke der Marktfrauen. «Eigentlich chen, so ist auch das Recht verletzlich. hat die Frau ja recht», begann er zu überlegen. «Aber ich Nehmt die Schale mit den Blümchen und gebt all denen ei- kann nichts tun. Eine Frau vor Gericht, das ist ja lächerlich. nes, die ihr daran erinnern wollt, dass das Recht verletzlich Da werde ich als Richter zum Gespött im ganzen Land. ist und dass es auf der Seite der Verletzlichen stehen soll. Gott hat bestimmt, dass Frauen vor Gericht nichts zu su- chen haben.» Jonathan grübelte weiter: «Ist das wirklich Gegenstände von den Kindern verteilen lassen. Dazu Musik so? Will Gott, dass Noemi nicht recht bekommt, nur weil sie eine Frau ist?» Fürbitten mit Lied Rise up plus 274, Danos un corazon oder Fortsetzung der Geschichte siehe Webversion KG 418/RG 813/CG 886, Ubi Caritas Lied Beharrlichkeit, der Wille zum Helfen und der Einsatz für Ge- Rise up plus 091/KG 218/RG 321/CG 445, rechtigkeit können die Welt verändern. Wie die Witwe dem Aus vielen Körnern Richter, so wollen wir mit unseren Bitten Gott in den Ohren liegen: Symbolhandlung und Vertiefung Vorne in der Kirche stehen drei Schalen bereit mit: Wir bitten dich für alle, die Unrecht erfahren. Schenk ihnen • Kartoffeln als Zeichen für Beharrlichkeit die nötige Kraft, sich zu wehren und beharrlich für ihre • Rosinen als Zeichen für den Willen zu helfen Rechte einzustehen. • Blümchen als Zeichen für das verletzliche Recht Kinder nach vorne bitten. Wir bitten dich für die Menschen, die sich mutig auf die Seite der Rechtlosen stellen, weil sie wissen: Es geht mich Die Geschichte von Noemi und dem Richter Jonathan etwas an. Zeige ihnen Wege, wie sie helfen können. zeigt, dass Gott nicht will, dass Unrecht geschieht. Er steht auf der Seite von Noemi, und er bringt den Richter Jonat- Wir bitten dich für Frauen und Männer, die über Recht und han dazu, nachzudenken. Unrecht entscheiden. Hilf ihnen, Ungerechtigkeiten zu be- Es braucht drei Dinge, damit Noemi zu ihrem Recht kommt nennen, auch wenn das geltende Recht Menschen be- und die Geschichte gut ausgeht. nachteiligt. Erstens braucht es Beharrlichkeit. Noemi hat beharrlich um Wir bitten dich für uns selber. Schenke uns den Mut, die ihr Recht gestritten. Für die Beharrlichkeit steht hier die Not zu sehen, zu benennen und zu beseitigen. Denn wir Kartoffel. Sie ist ganz langsam gewachsen, unsichtbar in wissen: Es geht mich an. Wir können etwas tun. der Erde. Eine Kartoffel kann man auch nicht einfach es- sen. Sie ist hart, man muss sie zuerst kochen, erst dann Unser Vater wird sie geniessbar. Eine Kartoffel braucht Geduld und Be- harrlichkeit. Geduld von der Bäuerin, die ihr Zeit lässt zum Lied Wachsen, aber auch von jenen, die sie essen wollen und Rise up plus 170/KG 229/RG 835/CG 896, Gib uns Weisheit die Kartoffeln zuerst kochen und zubereiten. Nun nehmt den Korb mit den Kartoffeln und gebt allen eine Segen Kartoffel, denen ihr Beharrlichkeit mitgeben wollt. Der lebendige Gott segne uns. Er schütze den Funken aufglühenden Mutes. Die süssen Rosinen hier stehen für den Willen zu helfen, Er stärke unsere Bereitschaft zum Handeln wie die Marktfrauen es getan haben. Ohne die spontane und lasse uns zu einem Segen für andere werden. 6
Ökumenischer Gottesdienst 1973 1984 1989 1990 1992 1994 1997 2001 2009 2013 2015 2017 Zu Gast bei Maria und Martha Siegfried Arends Eingangswort Reformierter Pfarrer, Laufen am Rheinfall «Besser ein Gemüsegericht mit Liebe als ein gemästetes Rind mit Hass.» (Spr 15,17) Ulrike Henkenmeier Christkatholische Pfarrerin, Hellikon Lied RG 841/KG 575/CG 909, Gott gab uns Atem Im Gottesdienst wird eine symbolische oder echte Suppe gekocht, in der die Zutaten der vergangenen Gebet 50 Jahre Ökumenische Kampagne enthalten sind. Guter Gott, Diese «Solidaritätssuppe» wird verbunden mit der so vieles bleibt uns unverständlich und unbegreiflich Geschichte von Martha und Maria (Lk 10,38 ff), in der Wir haben zu essen es um die Verbindung von Hören und Tun, Glauben und viele haben nichts und Handeln geht. Wir haben einen reich gedeckten Tisch und so viele nicht einmal ein Stück Brot Den vollständigen Gottesdienst finden Sie unter Wir haben ein Zuhause www.sehen-und-handeln.ch/feiern und so viele leiden unter Hitze und Kälte Wir sitzen zusammen Vorbereitungen und viele sind allein Für die 50er-Suppe braucht es einen grossen, sichtbaren Wir greifen die Fülle des Lebens Topf mit symbolischem Feuer oder mit einem Platten- und so viele greifen ins Nichts rechaud, Schürzen und folgende Zutaten: Wasser, Gemü- Tief in uns schreit es: se, Linsen, Kräuter und Gewürze. Sei du, was du versprochen hast ein Gott, der da ist ein Vater, der für alle sorgt eine Mutter, die alle nährt ein Haus, in dem alle geborgen sind. 7
Ökumenischer Gottesdienst Die 50er-Suppe Das Fleisch in der Suppe fällt aus. Denn der Fleischkon- In einem möglichst grossen Topf wird eine symbolische sum, daran erinnerte die Kampagne 2015, ist fatal fürs Kli- oder reale Suppe gekocht. Zwei oder mehrere Personen ma und sorgt für leere Teller der anderen (Plakatmotiv fügen unterschiedliche «Zutaten», die für die grossen The- 2015, «Weniger für uns, genug für alle»). Dafür gibt es Lin- men aus den vergangenen 50 Jahren stehen, hinzu. sen, natürlich fair gehandelt (Linsen zum Topf). Keine Ge- rechtigkeit ohne Fairen Handel (Plakatmotiv 1997: «Fair Variante A: Die Zutaten werden neben den Topf gestellt handeln»). und bleiben sichtbar. Für den nötigen Geschmack sorgen die Kräuter: Sie ste- Variante B: Die Suppe wird tatsächlich in einer Pfanne auf hen für die Bewahrung der Schöpfung, den Schutz der be- einem Plattenrechaud sichtbar für alle gekocht. drohten Natur (Kräuter zum Topf). «Die Zeit drängt», hiess es schon in den 80er-Jahren (Plakatmotiv 1989). Durch den Parallel zum folgenden Dialog werden die entsprechenden Klimawandel und seine Auswirkungen besonders im Welt- Plakatmotive aus früheren Kampagnen projiziert. süden ist dieses Problem noch drängender geworden: «Weil das Recht auf Nahrung ein gutes Klima braucht» (Pla- Eine PowerPoint-Präsentation mit Plakatmotiven steht auf kat 2009). der Website zum Download bereit. Mit Pfeffer und Chili erhält die Suppe ihre Würze (Pfeffer Seit 50 Jahren engagieren sich Menschen im Rahmen der und Chili). Besonders pikant wird es immer dann, wenn es Ökumenischen Kampagne für eine bessere Welt. An vielen ums Geld geht. Zum Beispiel wenn «Geld und Geist» zu- Orten kochen sie eine Suppe, die nach Gerechtigkeit sammenkommen (Plakat 1984). Oder wenn wie in 2001 die schmeckt. Was braucht es dafür eigentlich? Forderung erklingt: «Neue Noten braucht das Land» (Plakat Eine gerechte Welt kann nur durch den gemeinsamen Ein- 2001) oder wenn es heisst: «Geld gewonnen, Land zerron- satz von Männern und Frauen entstehen (beteiligte Frauen nen» (Plakat 2017). und Männer ziehen Schürzen an). Dass Frauen einen ent- scheidenden Beitrag im Kampf gegen Hunger und Armut Die Solidaritätssuppe entsteht in Gemeinschaft. Wir möch- leisten, darauf haben frühere Kampagnen hingewiesen ten nicht jede und jeder unser eigenes Süppchen kochen, (Plakatmotive 1994 und 2012 projizieren). An die Rolle der gemeinsam wollen wir das Salz in der Suppe dieser Welt Frauen, die gemeinsam mit Männern für den notwendigen sein (Salz zum Topf). Wandel sorgen, erinnert auch die diesjährige Kampagne Seit 50 Jahren kochen wir an der Suppe für eine gerechte (Plakatmotiv 2019). Welt. Hat sie irgendjemanden satt gemacht? Wurde etwas erreicht? Vieles wurde erreicht: Der Faire Handel ist nicht «Es ströme aber das Recht wie Wasser und die Gerechtig- mehr wegzudenken. Fair produzierte Kleidung gibt es in keit wie ein nie versiegender Bach», heisst es bei den Pro- vielen Läden. Elektronikfirmen werden in die Pflicht ge- pheten der Bibel (Am 5,24). Die Grundlage für jede Kampa- nommen, da zahlreiche Rohstoffe der Elektroindustrie von gnensuppe ist das Wasser der Gerechtigkeit. Sie ist die Kindern in Minen unter Tage abgebaut werden. Palmöl aus Basis für unser Gericht (grossen Krug mit Wasser zum grossen Monokulturen wird von Konsumentinnen und Kon- oder in den Topf). «Gerechtigkeit für alle» hiess das Motto sumenten hinterfragt. Viele kleine Schritte, die dazu beitra- bereits Anfang der 70er-Jahre (Plakatmotiv von 1973 proji- gen, dass die Armut auf der Welt in den vergangenen 50 zieren). Oder: «Gerechtigkeit befreit», zwanzig Jahre später Jahren verringert wurde. Vor allem aber hält die Ökumeni- (Plakatmotiv 1990). sche Kampagne den Appetit auf Gerechtigkeit wach: den Hunger nach einer Welt, in der alle Menschen Leben in Fül- Für eine nahrhafte Suppe brauchen wir Früchte der Erde, le haben. Den himmlischen Geschmack dieser Suppe wol- Gemüse wie Kartoffeln, Rüebli und dergleichen (Gemüse len wir auch in Zukunft nicht missen. Wir werden nicht satt, zum Topf). Sie stehen für das Land, auf dem die Nahrung uns dafür einzusetzen! wächst. Keine Gerechtigkeit ohne eine faire Verteilung von Land. Der Zugang zu Land war schon in den 90er-Jahren Musik ein wichtiges Thema: «Land in Sicht» (Plakatmotiv von 1992). Der Kampf gegen Land Grabbing bleibt bis heute aktuell: Lesung siehe die Kampagne «Ohne Land kein Brot» von 2013 (Pla- Lukas 10,38–42 (Maria und Martha) katmotiv 2013). 8
Ökumenischer Gottesdienst Aktualisierende Nacherzählung: Martha und Maria beiten: Es geht um zwei Facetten des Glaubens, und es beim Suppentag gibt eine Zeit für beides. Die beiden Schwestern wohnen Die Kirchgemeinde von Bethanien war weit über die Ge- unter einem Dach. Nicht nur ihre Namen gleichen einander, meindegrenzen hinaus als besonders aktiv bekannt. Zu sondern sie gehören zusammen. verdanken war dies, darin waren sich alle einig, nicht zu- Der mittelalterliche Mystiker und Theologe Meister Eckhart letzt dem engagierten Geschwisterpaar Martha und Maria. stellt unser Evangelium überraschend vom Kopf auf die Ohne die Schwestern lief praktisch nichts, weshalb die bei- Füsse. Er liest den Vergleich von Maria und Martha gegen den mit einer Mischung aus Bewunderung und leiser Ironie den Strich der landläufigen Auslegung und sagt: «Bewuss- von vielen auch als M&M bezeichnet wurden. tes Wirken nenne ich das, wo man lebendige Wahrheit mit fröhlicher Gegenwärtigkeit in guten Werken verbindet. Wer Fortsetzung der Erzählung siehe Webversion in fröhlicher Gegenwart gute Werke vollbringt, da bringen uns diese Werke ebenso nahe zu Gott und sind uns ge- Auslegung zu Lukas 10,38–42 nauso förderlich wie alles verzückte Schwelgen Marias.» Maria und Martha – die eine, die kocht und tut und in der In der Ökumenischen Kampagne, im Einsatz für eine ge- Küche herumwirbelt, die andere, die zu Füssen Jesu sitzt rechte Welt, kommt beides zusammen: Engagement, das und seinem Reden zuhört. Gastfreundschaft ist Martha sich aus dem Glauben nährt. Glaube, der aktiv wird. Maria heilig, doch irgendwann wird ihr die ungleiche Aufteilung und Martha finden zueinander. Das war so zu Beginn der dann doch zu viel. Wie gekränkt und ermüdet muss sie Ökumenischen Kampagne, vor 50 Jahren. Das bleibt so, sein, wenn sie Jesus fragt, doch bitte Partei für sie zu er- solange Menschen glauben und handeln. greifen. Jesus mischt sich ein, aber dann doch nicht so, wie Martha es sich erhoffte. Maria, sagt er, habe den bes- Musik seren Teil gewählt. Hier droht der Konflikt zu eskalieren. Erst stellt Martha Ma- Fürbitten + Unser Vater ria bloss, dann umgekehrt Jesus Martha. Es gibt wenige Texte des Evangeliums, die dermassen provozieren. Vor al- Kollekte lem Frauen, die im Hintergrund den Haushalt aufrechter- In Anlehnung an das 50-Jahr-Jubiläum kann angeregt wer- halten und viel Schattenarbeit ungesehen verrichten, är- den, eine 50-er Note zu spenden. gern sich über diesen Text. Die Spannung zwischen Hören und Tun, zwischen Inspira- Lied tion und Aktion spielt auch im kirchlichen Handeln für eine RG 795/KG 509/CG 822, Sonne der Gerechtigkeit gerechte Welt immer wieder eine Rolle. Der Schwestern- konflikt hat ein Echo in vielen Kirchgemeinden – vielleicht Segen so, wie in der aktualisierenden Nacherzählung von Martha Gott segne euch und Maria beim Suppentag (siehe oben): Auf der einen Sei- mit allem, was dem Leben dient. te stehen die Aktivistinnen und Macher, die mit konkreten Gott lasse die Gerechtigkeit strömen wie Wasser, Projekten oder politischen Aktionen etwas bewirken wol- mächtig und stark. len. Eben mal die Welt retten. Auf der anderen Seite dieje- Gott gebe euch einen langen Atem nigen, die finden, dass es doch vor allem um das Hören und lenke euren Schritt auf den Weg des Friedens. auf die gute Botschaft und um den Glauben geht. In ihrer Einseitigkeit haben beide Haltungen ihre Beschränkung. Während die Macherinnen und Aktivisten irgendwann er- schöpft oder resigniert aufgeben, findet manch ein «From- mer» vor lauter Zuhören mitunter gar nicht bis zum Tun. Was zusammengehört, fällt auseinander. Und manchmal stehen die beiden Parteien einander auch in der Kirche feindlich gegenüber: Die sozial Engagierten hier und die Hüter und Hüterinnen der Tradition dort. Die hörende und lernende Maria und die handelnde Martha – im Lukas-Evangelium verkörpern sie zwei Haltun- gen, die in Wirklichkeit nicht ohne einander sein können. Hören und Tun, Aktion und Kontemplation, Beten und Ar- 9
Jugendgottesdienst Herz Schritt Macher Michaela Zurfluh weisst, was kommt, vertraust du darauf, dass es geht. Im Pastoralassistentin, Kriens ersten Moment erscheint dir das vor dir liegende Hindernis vielleicht wie eine unüberwindbare Felswand. Du kommst dir Fabio Carrisi gegenüber dem riesigen Felsen mikroskopisch klein vor. Un- Reformierter Pfarrer, Nidau mut und Trägheit lähmen deinen Kopf und Körper. Ganz verschiedene Menschen setzen sich für eine Die Aufforderung Jesu an die Jünger und Jüngerinnen in bessere Welt ein. Ihre Biografien inspirieren, und im Mk 11,22–24 geschieht gerade in so einem Moment. Jesus Gespräch darüber lässt sich entdecken, was Ju- fordert mit griffigen Worten und Bildern die Jünger auf: gendliche aus diesen Geschichten für sich selbst Glaubt daran! Gar Berge sollen ins Tal hinabstürzen. Wenn mitnehmen können. sie sich nur mit Glauben aufmachen. Wenn sie schlicht auf Gottes Zuspruch vertrauen. Den vollständigen Gottesdienst finden Sie unter www.sehen-und-handeln.ch/feiern Es ist so, als ob Jesus seinen Jüngern und Jüngerinnen sagen wollte: Wechsle vom Mikro-Modus in den Mak- Ablauf ro-Modus. In die Vogelperspektive. Aus der Luft, das wis- Vorbereitend auf den Gottesdienst hin besteht die Möglich- sen wir, sieht der majestätischste aller Berge weit winziger keit, eine Chatbesinnung durchzuführen. Die Anleitung da- aus, als wenn er vor unserer Nase steht. Mit dem Auge des zu finden Sie auf der Website. Herzens einen Schritt zu tun, heisst, nicht das Hindernis zu fokussieren, sondern – wie viele Erfinder und Visionärinnen Der Jugendgottesdienst besteht aus den hier aufgeführten zuvor – aus der Vogelperspektive heraus die Topografie Sequenzen. Die einzelnen Sequenzen dürfen in der Rei- des Lebens zu betrachten. henfolge vertauscht, ersetzt oder auch weggelassen wer- den. Der Jugendgottesdienst braucht eine Moderation. Es Porträts steht der Moderation frei, die Übergänge zu den einzelnen Es kann mit einer oder mit mehreren Biografien gearbeitet Sequenzen selbst zu gestalten. werden. Auch Gruppenarbeiten zu den drei Personen sind möglich. Input zu Mk 11,22–24 Glaube ist, mit Mut im Moment des Zögerns und Zweifelns Es gibt immer wieder Menschen, die vor Schwierigkeiten trotzdem einen Schritt zu tun. Du greifst dir ans Herz und nicht zurückschrecken, sondern hinstehen und sagen: Hey, machst einen ersten Schritt ins Ungewisse. Obwohl du nicht wir können etwas tun! Wir engagieren uns für eine lebens- 10
Jugendgottesdienst werte Welt. Wir sind Teil des Wandels. Drei dieser Men- bessern. Das ist nicht einfach, braucht Mut und Hartnä- schen sind hier porträtiert. ckigkeit. Sie findet: Es lohnt sich nicht, auf einen Helden zu warten. Tun wir selbst die Schritte, die es braucht. Sœur Nathalie Kangaji Als Anwältin kämpft die Ordensschwester Nathalie Kangaji in Portrait von Juliette Li der Demokratischen Republik Kongo für die Rechte von Men- www.sehen-und-handeln.ch/50-frauen schen, die unter den Folgen des Kobalt- und Kupferabbaus leiden. Warum sie diese Arbeit tut, erklärt sie gleich selber: Reportage über Schulungsprogramme für Näherinnen «Ich bin Rechtsanwältin und Leiterin unseres Zentrums in (englisch), 7’30 Kolwezi. In Kolwezi gibt es bedeutende Kobalt- und Kup- www.bit.ly/2CX2EmT ferminen. Unser Zentrum besteht aus einer Gruppe von Anwältinnen und Anwälten und bietet notleidenden Men- Kurzfilm Zusammenhänge der Textilproduktion schen professionelle Rechtsauskunft und Rechtshilfe an. (deutsch), 7’10 Wir arbeiten seit einigen Jahren für die Rechte der Men- www.bit.ly/2Nd4y7F schen, die rund um die Minen leben und in Konflikten mit den grossen Minenkonzernen stehen. Es geht um ihre Xiuthezcatl Martinez Rechte auf eine saubere Umwelt, um das Recht auf ihre Xiuthezcatl Martinez ist ein 17-jähriger Umweltaktivist mit persönliche Gesundheit und um ihr Land. Die Bewohnerin- Wurzeln in der indigenen Mexica-Tradition Nordamerikas. nen und Bewohner dieser Gebiete sind meist sehr arm und Er engagierte sich schon früh für Umweltschutz und gegen verfügen über zu wenig Bildung, um ihre Rechte selber ein- die Ausbeutung und Verschmutzung der Erde durch die zufordern. Wir begleiten sie. Rohstoffindustrie. Als jüngster Redner war er 2016 in die Im Moment unterstütze ich eine Gruppe von Frauen, deren UNO zur Diskussion der Klimaziele 2030 eingeladen wor- Felder durch die Folgen des Rohstoffabbaus zerstört wur- den. Denn Xiuthezcatl engagiert sich zusammen mit ande- den. Die Leiterin des verantwortlichen Unternehmens ge- ren Earth Guardians für einen Wandel und den Klima- hört der Familie des Präsidenten an. Wir wurden gerufen, schutz. Er sagt: «Als Menschen sind wir Teil der Erde. Sie und ich wollte mit einer Untersuchung der Situation begin- ist unsere Mutter. Wir haben nur diese eine.» Er glaubt, nen. Als wir auf die Felder gingen, war ich plötzlich von dass die heutige Jugend eine wichtige Rolle in der Gestal- schwer bewaffneten Soldaten der Präsidentengarde um- tung der Zukunft hat, und meint, dass Entscheidungen, die zingelt. Sie waren über mich und meine Organisation gut jetzt gefällt werden, von grosser Bedeutung sind für die informiert und bedrängten mich: «Woher nimmst du dir das Welt von morgen. Denn es geht um den Wandel hin zu ei- Recht, hier zu sein? Was tust du hier?» Ich antwortete: «Ich ner lebenswerten Zukunft für alle. Eine Mut-mach-Biogra- bin allein, ich bin überdies eine Frau, ihr seid viele, dazu be- fie, die sagt: Obwohl ich jung bin, kann ich die Welt verän- waffnet. Können wir nicht ohne Waffen sprechen?» dern. Zusammen verändern wir das Gesicht der Welt. Den vollständigen Text zu Sœur Nathalie finden Sie in der Reportage über Xiuthezcatl Martinez (deutsch), 7’10 Webversion. www.bit.ly/2CS6FJg Porträt von Sœur Nathalie Talk www.sehen-und-handeln.ch/50-frauen Mögliche Fragen: Was gefällt mir, wenn ich diese kurzen Lebensläufe höre? Ausführliches Interview mit Sœur Nathalie Wofür schlägt mein Herz? Was bewegt mich? Was lässt www.bit.ly/2Qs25Eh mich Schritte tun? Was hindert mich gleichzeitig daran, ei- nen ersten Schritt zu wagen – hin zur Veränderung? Was Juliette Li könnte mir helfen, dennoch den Schritt zu tun? Juliette Li ist 41 Jahre alt. Sie engagiert sich für eine faire Kleiderproduktion in China. Genauer für die Rechte der Ar- Vorschläge zur Strukturierung der Diskussion und gemein- beiter und Arbeiterinnen in der Bekleidungsindustrie. Sie same Handlungsmöglichkeiten, um die thematisierten Pro- hilft mit Schulungen, Ausbeutung und Gewalt gegenüber bleme gemeinsam mit den Jugendlichen anzugehen, fin- den Näherinnen und Nähern unserer Kleider zu verhindern. den Sie in der Webversion. Sie ist überzeugt, dass man zusammen als Gruppe für die Rechte einstehen und so die Welt verändern kann. Mitein- Musik ander in kleinen Schritten können wir alltägliche Dinge ver- www.bit.ly/2mGNdTm 11
Versöhnungsfeier Verstehen statt verurteilen Salome Eisenmann Gebet Reformierte Pfarrerin, Landiswil Guter Gott, Worte können töten wie Steine, die wir auf an- dere Menschen werfen. Wer kann ein Wort zurücknehmen, Andreas Baumeister das einen andern, eine andere im Herzen getroffen hat? Pastoralassistent, Aesch BL Worte und Blicke, die verurteilen, sind wie Steine, die wir auf andere Menschen werfen. Wer kann ein unüberlegtes Fixe Rollenzuweisungen führen zu Vorurteilen und Wort, einen verächtlichen Blick ungeschehen machen? verletzen Menschen. Ein gutes Miteinander braucht Guter Gott, behüte unseren Mund, bewahre unsere Lip- unseren offenen und wertschätzenden Blick fürein- pen, richte unseren Blick auf Dich, damit wir uns bereit ma- ander. So wie Jesus der Ehebrecherin, können auch chen für diese Feier. Durch Jesus Christus, Deinen göttli- wir einander befreiend begegnen. chen Sohn und unseren Bruder und Freund. Den vollständigen Gottesdienst finden Sie unter Lesung www.sehen-und-handeln.ch/feiern Johannes 8,1–11 Vorbereitungen Dialog zu Johannes 8,2–11 • Der Gottesdienst wird gemeinsam von einer Frau und ei- Erzählperson: Nachdem Jesus, der von seinen Mitmen- nem Mann gefeiert. Dadurch wird sichtbar, dass wir uns schen damals Jeshua genannt wurde, die Nacht am Öl- als Frauen und Männer Versöhnung zusprechen und berg verbracht hat, geht er am frühen Morgen wieder in voneinander empfangen wollen. den Tempel, um zu lehren. Das ganze Volk versammelt • Für den Dialog ist neben der Frauen- und der Männer- sich. Darunter auch Mordechai, ein frommer Mann, der wie stimme eine Erzählstimme nötig. jeden Morgen in den Tempel gekommen ist, um zu beten. • Material für das Versöhnungsritual: 2 Körbe mit Steinen, Plötzlich entsteht eine grosse Unruhe. Pharisäer und 1 Kreuz, 1 Schale mit Sand und (handgeschriebene) Schriftgelehrte zerren eine Frau zu Jesus und beschuldi- Kärtchen/Zettelchen mit Zuspruch für alle Teilnehmenden gen sie des Ehebruchs. Einführung Mordechai: Diese Frau kenne ich. Endlich bringen sie die- Im Licht des Evangeliums wollen wir in dieser Feier die ei- se Yael zum Tempel. Nun bekommt sie ihre gerechte Stra- genen Schatten wahrnehmen und Versöhnung zugespro- fe, wie es das Gesetz verlangt. chen bekommen. Yael: Was geschieht mit mir? Wo ist ….., holen sie ihn Lied auch? Da vorne ist dieser Rabbi Jeshua, von dem alle re- RG 213/KG 544/CG 895, Ich steh vor dir mit leeren Hän- den. Sie werden mich steinigen. den, Herr 12
Versöhnungsfeier M: Ha! Da zeigen sie es diesem Jeshua. Predigt immer von Besinnung Nächstenliebe. Er kann sich nicht über das Gesetz stellen Worte und Blicke sind wie Steine, die wir auf andere Men- und diese Frau laufen lassen. Aber wenn er die Frau nicht schen werfen und sie damit verletzen. verschont, würde er ja seine eigene Lehre verraten. Fragen zur Besinnung siehe Webversion Erzähler: Mordechai steht schon ungeduldig bereit mit Musik dem Stein in der Hand. Auch die anderen Männer um ihn herum warten nur auf ein Zeichen, um ihre Sterne zu wer- Kyrie fen. Die Spannung ist spürbar. Alle Augen sind auf Jesus Wir erinnern uns an Jesus, der uns Vorbild ist für unsere gerichtet. Da geschieht etwas Unvorhergesehenes. Jesus Spiritualität, unser Leben und unser Handeln. Nach jeder bückt sich und schreibt mit dem Finger in den Sand. Es Bitte antworten wir mit dem Kyrieruf. wird still. Kyriebitten siehe Webversion (Pause) Lied M: (flüstert): Komm, Jeshua, sprich endlich dein Urteil. Bist RG 195/KG 70/CG 430, Kyrie du etwa zu feige …? Versöhnungsritual E: Jetzt richtet Jesus sich auf: Er hat keinen Stein in der Der Blick von Jesus spricht uns Vergebung und Heilung zu Hand. Er durchbricht die Stille und sagt: «Wer unter euch und befreit von belastenden Erinnerungen und Verletzun- ohne Sünde ist, werfe als Erster einen Stein.» gen. Das wird sichtbar, wenn wir die Steine unter das Kreuz legen. Wenn wir den Stein abgelegt haben, haben M: Was soll das? wir unsere Hände frei, um einen Zuspruch und vergebende Worte zu empfangen. E: Die Ältesten und nach und nach alle anderen lassen ihre Steine fallen und gehen weg! Die Mitfeiernden kommen mit ihrem Stein nach vorne und legen ihn in eine Schale mit Sand, die unter dem Kreuz M: Was ist das denn? Das sind alles Sünder? Dann sind ja steht. Rechts und links neben dem Kreuz stehen die Litur- alle Sünder. Und ich? (Pause) Hm, ja da war mal was, aber gin und der Liturge und überreichen den nach vorne Tre- … Na gut. tenden ein (handgeschriebenes) Kärtchen/Zettelchen mit einem Zuspruch aus dem Evangelium wie: «Jesus Christus E: Mordechai legt den Stein zurück in den Sand und ent- spricht: Ich verurteile dich nicht.» oder «Geh und lebe als fernt sich. Yael bleibt mit Jesus allein zurück. befreiter und befreiender Mensch.» Alternativ kann der Zu- spruch auch mündlich gemacht und mit einer Geste be- Y: Meine Knie zittern. Eben war ich zum Tode verurteilt, gleitet werden. und jetzt liegen die Steine da auf dem Boden neben mir. Nur Jeshua ist noch da. Er schaut mich an. Sein Blick … er Musik trifft mich mitten ins Herz. Er meint mich! (Yael atmet tief und hörbar auf.) Fürbitten mit Antwort Als Antwort auf die Fürbitten singen wir E: Jesus sagt zu Yael: «Ich verurteile dich nicht. Geh, und sündige von jetzt an nicht mehr.» Lied Pause RG 813/KG 418/CG 88, Ubi caritas et amor Fürbitten siehe Webversion E: Das sind Worte, die aus der Gefangenschaft von Schuld und Verurteilung befreien. Jesus schaut nicht auf das per- Unser Vater sönliche Scheitern, sondern richtet auf und ermutigt zum Neuanfang. Lied RG 343/KG 147/CG 503, Komm, Herr, segne uns Musik Sendung und Segen 13
Hinführung zum Hungertuch Mensch, wo bist du? Rita Gemperle von Geschlecht und Herkunft, ist die gleiche Würde eigen. Fastenopfer Für das Haus-Symbol im Ring wurde Erde vom Garten Gethsemane getrocknet. Die ungeformte Erde umgibt das «Die Frage ist nicht, wo Gott ist, Haus. Das Haus selbst aber ist von Menschenhand ge- sondern wo der Mensch ist.» macht, begrenzt und gleichzeitig auch offen gehalten. In Uwe Appold seiner Begrenzung vermittelt das Haus Sicherheit und ist Heimat. In seiner Offenheit lädt es uns ein, am unfertigen «Wo bist du?» (Gen 3,9) Mit dieser Frage sucht Gott die ers- Haus unserer gemeinsamen Erde zu arbeiten. ten Menschen im Paradies. Nachdem sie vom Baum der Er- Beim genauen Hinschauen stutzt man: Ring und Haus bil- kenntnis gegessen haben, verstecken sie sich voller Scham den nicht die geometrische Mitte des Bildes, sie sind leicht im Garten. Sie sind orientierungslose Menschen, die ihren nach links verschoben, also ver-rückt. Denn die Harmonie Platz in der Schöpfung verloren haben – weil sie glaubten, zwischen Menschen, Gott und Natur ist gestört. Wie lässt alles bestimmen zu können, Gott werden zu können. Adam sich diese Ver-rückung wieder einmitten? und Eva müssen sich ihrer Verantwortung stellen. Und die Suche Gottes nach den Menschen und ihrer Verantwortlich- Die abstrakten Schriftzeichen in der linken unteren Ecke keit ist geblieben: Wo stehst du? Wofür stehst du auf in einer wecken Neugier und wollen entziffert werden. Sie beziehen Welt, die sich in rasantem Tempo verändert, in der sich Un- sich auf Christus, symbolisiert durch das rote Kreuz links gleichheiten verstärken, Gletscher schmelzen und Meere und das weisse Namenszeichen von Jesus Christus, IX, steigen? Fragen, die in den Kern der Verantwortung eines auf der rechten Seite. In Christus sind Anfang und Ende, jeden Menschen zielen. Himmel und Erde. Der Schriftzug endet mit einer aufrecht gestellten liegenden Acht als Zeichen der Unendlichkeit – Wo bist du, Mensch? Wo bist du in der Welt mit ihren vielfäl- Ausdruck dafür, dass Gott uns als aufrechte Menschen will. tigen Herausforderungen? Für den Künstler Uwe Appold ist dies die Ausgangsfrage des Bildes. Er hat die Frage mit der «Mensch, wo bist du?», war Gottes Frage. Das Bild zeigt Gestaltung des Bildes auf seine Art beantwortet und lädt uns den Menschen in der Gestalt unten rechts. Sie ist rot- uns ein, im Entdecken und Entschlüsseln seines Bildes un- blau bekleidet. Der Mensch ist also nicht mehr nackt, wie sere eigenen Antworten zu finden. im Paradies, aber damit auch nicht mehr unschuldig. In die Vom Sehen zum Handeln Auf blauem Grund breitet sich dunkle Erde aus. Von oben nach unten schmaler werdend, steht sie mit dem Ring und dem Haus in einer vertikalen Achse. Das Erdfeld ist zerklüf- tet. Dunkle Gipfel ragen wie Inseln aus dem helleren Oze- Künstler an. Der Künstler hat dafür Erde aus dem Garten Gethse- © Dieter Härtl/Misereor mane verwendet. Mit der so entstandenen Höhen- und Uwe Appold ist Designer, Tiefenstruktur erinnert uns das Erdreich an die Erde als Bildhauer und Maler. Er Heimat für alle Geschöpfe und als Lebensraum, der uns lebt und arbeitet in Nord- anvertraut ist. Zwölf grössere, aus der Erde gesiebte Steine deutschland. Grundlage wurden eingearbeitet und in Rot und Gold gefasst. Sie ste- für seine Werke sind phi- hen symbolisch für die zwölf Stämme Israels, die das von losophische und religiöse Gott verheissene Land bebauten, und für die Männer und Schriften, darunter die Frauen, die Jesu Botschaft weitersagten. Bibel, Dichtung und Musik. In seinen Arbeiten sucht er nach Wegen der «Verkündigung mit anderen Mit- Über dieser Erde schwebt ein markanter goldener Ring. Er teln». Unter seinen Werken finden sich auch zahlrei- bildet die optische Mitte des Bildes. Der Ring ist ein Sym- che Glasfenster für Kirchen und Sakralräume. bol für den Kern unseres Glaubens: die Zusage Gottes, www.uwe-appold.de dass seine Liebe allen gilt. Allen Menschen, unabhängig 14
Hinführung zum Hungertuch Misereor-Hungertuch 2019: «Mensch, wo bist du?» von Uwe Appold © Misereor geschwungene Linie aus Edelstahl ist der Name Jesu Wir tragen die Verantwortung für unsere Erde, unser ge- Christi eingekerbt. Im Kontakt mit dem Boden am Bildrand meinsames Haus. Dabei bleiben uns auch Leiderfahrungen und mit zum Himmel hin geöffneten Armen scheint die Ge- nicht erspart. Wie ein Echo auf dieses «Mensch, wo bist stalt bereit zu sein, sich in den Dienst von Gott und Men- du?» kann dann die Gegenfrage auftauchen: «Gott, wo bist schen zu stellen und Verantwortung zu übernehmen. «Wo du?» Der Künstler hat in das Erdfeld und den Goldring rote bist du, Mensch?» – «Hier bin ich!» Farbe gemischt: Ausdruck von Gottes Passion für die Men- schen. Com-Passion, Leidensweg und Leidenschaft zu- Wo seid ihr? gleich. Nach der eingangs gestellten Frage stellt Gott eine zweite Frage: «Kain, wo ist dein Bruder?» (Gen 4,9) Mit dem Wahn Ein neues Haus, ein neuer Himmel und eine neue Erde vom Sein-wollen-wie-Gott beginnt eine Kette von Fehlern, können Wirklichkeit werden! Eine neue Gemeinschaft, ein die dazu führt, dass das Blut der Geschwister vergossen gutes Miteinander aller Menschen, ein anderes Verständnis wird. Die beiden Fragen Gottes klingen auch heute nach: von Fortschritt mit Raum für das Ewige, für Gottes Prä- Wo stehen wir Gott gegenüber, und wie stehen wir zuein- senz. «Mensch, wo bist du?» – «Hier bin ich!», «Gott, wo ander? Eine Kultur des Sich-Wohlfühlens und die Ideologie bist du?» – «Mensch, hier bin ich.» des unendlichen Wachstums lullen die Menschen heute ein. Sie bieten aber keine Antwort auf Gottes Fragen. Sie machen taub für die Schreie der Armen und der Schöp- Das Hungertuch ist als Stoffdruck in Gross- und Klein- fung. Und lassen uns in Seifenblasen leben, die zwar format und als A4-Papierdruck mit Kurzbeschrieb auf schön, aber nicht mehr als schillernde Illusion sind. der Rückseite erhältlich. Die Texte von Hildegard Aepli im Meditationsheft «Neu werden» schaffen in leichter Die Zerstörung der Lebensgrundlagen ist Tatsache, und eine Sprache einen unmittelbaren Zugang zu den Bildele- Politik des «Weiter so!» kaum möglich. Die globalen Krisen menten des Hungertuchs. Eine Predigt zum Hungertuch verlangen nach gemeinsamem Handeln für unsere Welt, für finden Sie auf der folgenden Seite (S. 16). Das Hun- das «eine gemeinsame Haus» (Laudato si`, Papst Franzis- gertuch und einzelne Bildausschnitte stehen zum kus). Die Frage «Wo bist du?» wird zum «Wo seid ihr?». Download bereit unter www.sehen-und-handeln.ch/hungertuch. 15
Predigtanregung zum Hungertuch Die goldene Mitte Lassen wir uns weiter treiben durch das Blau und die Weiten des Him- mels und des Meeres, so treffen wir auf Salomo. Er weiht den ersten Tem- pel ein, den das Volk Israel seinem Gott gebaut hat. Salomo spricht Gott Rolf Zaugg an und schaut dabei in den Himmel. Und immer wieder taucht die Frage Reformierter Pfarrer, Brugg Dort vermutet er Gott, und er bittet auf, wofür der goldene Ring in der ihn, dass er auch in diesem Haus, Mitte stehen könnte. das Menschen für ihn gebaut haben, Ein kräftiges Blau bestimmt das Hun- Wohnung nehme. Salomo erkennt, Ist er ein Zeichen der Heiligung der gertuch – und mittendrin ein goldener dass der unendlich weite blaue Him- Schöpfung, ein Heiligenschein für die Ring. Das Blau erinnert an den Him- mel bis zur Erde reicht: Gott also nicht Welt sozusagen? Oder der goldene mel oder das Meer. Himmel und nur unendlich weit entfernt, sondern Pfad durch die Wogen des Roten Meer, beide zeichnen sich durch gleichzeitig ganz nah ist (1 Kön 8). Meeres, Gottes Beistand für sein grosse Weite und das weitgehende Volk? Oder Gottes Glanz auf seiner Fehlen von Struktur aus. Himmel ist Wird dies mit dem Symbol des Hau- Wohnstätte auf Erden, das Licht, das Himmel, manchmal wird der Blick ses im Zentrum angedeutet? Und den Tempel umleuchtet? Oder ist er von ein paar Wölkchen verstellt, Meer was ist der goldene Ring? schlicht ein güldener Rettungsring im ist Meer, einfach viel Wasser, manch- Sturm auf dem Wasser, auch oder mal ruhiger, manchmal etwas gewellt. Auf den Spuren der blauen Farbe in gerade für den, der zweifelt? Ich lasse mich von diesem Blau er- der Bibel erreichen wir den See Ge- greifen und blättere in der Bibel. nezareth. Die Jüngerinnen und Jün- Der Ring sitzt im Zentrum des Bildes. Schon das Licht des ersten Schöp- ger von Jesus sind allein mit dem Die Geschichten der Bibel erzählen fungstages leuchtet blau. Am zweiten Schiff unterwegs und ein Sturm zieht von Gott, aber sie kreisen dabei nicht Tag schafft Gott den blauen Himmel, auf. «Himmel, Erde, Jesus!», schreien um ein einziges Zentrum. Es ist eben am dritten das blaue Meer. (Gen 1) sie in höchster Not. Und tatsächlich, nicht einfach Gott, der in ihrem Zent- Ich schaue das Bild an und frage er kommt ihnen auf dem Wasser ent- rum hockt. Es sind verschiedene Din- mich: Und wofür steht der goldene gegen – vielleicht leuchtet er dun- ge, welche die Bibel ins Zentrum Ring? kelblau durch die Nacht, – jedenfalls rückt. Mal die Schöpfung, mal ein denken die Jünger, er sei ein Ge- verfolgtes Volk, mal einen weisen Kö- Das Blau holt mich zurück aus mei- spenst. nig, mal einen unverschämt glau- nen Gedanken, zurück zu den Erzäh- Ist es die Figur in der unteren Ecke, bensgewissen Jünger. Und immer lungen der Bibel. Etwa als die Israeli- die übers Wasser geht? Und der gol- erst aus dieser ganz spezifischen ten aus Ägypten durch das Meer dene Ring? Sicht heraus wird dann auch Gott er- flüchten, das sich für das Volk Gottes kennbar. Und genauso offen bleibt teilt und dann über dem Heer des Nachdem sich Jesus den Jüngerin- die Bedeutung dieses Rings in der Pharaos zusammenschlägt. (Ex 14) nen und Jüngern zu erkennen gege- Mitte. Stellen die braunen Flecken in der ben hat, könnte alles gut sein, aber Mitte des Bildes den Meeresgrund Petrus muss das Schicksal heraus- Worum dreht sich Ihr Leben? Was dar? Und wofür steht dann der gol- fordern. Er bittet darum, auch auf setzen Sie ins Zentrum des Bildes? dene Ring? dem Wasser gehen zu dürfen. Jesus fordert ihn auf, und tatsächlich, der Glaube trägt Petrus ins Blaue. Aller- dings nur bis zur ersten Welle, da weicht das Vertrauen und Petrus hat Angst zu versinken (Mt 14). 16
Predigtanregung Eine sprichwörtlich gute Frau Predigttext: Spr 31,10–31 Erstens: Sie verausgabt sich nicht im Tun, sondern verwirklicht sich darin. Nichts ermüdet sie und ihre Kraft scheint zu wachsen, während sie sich ihren verschiedenen Aufgaben widmet. Ihr Umfeld anerkennt ihre Kraft, ihre Ta- Marie Cénec Sie schreitet mit vollem Körpereinsatz lente und ihre Fähigkeiten. Sie ist der Pfarrerin, Genf zur Tat, «gürtet ihre Hüften mit Kraft Stolz ihres Mannes, der ihr vollständig und macht ihre Arme stark». Sie gestal- vertraut. Ein Vertrauen, das auch ihr tet die Welt, die sie umgibt, mit ihren gleichermassen innewohnt, weil «ihr für Das Buch der Sprüche schliesst mit Händen. Das Wort Hand wird in die- ihr Haus nicht vor dem Schnee bangt» der Lobrede auf eine Frau von kraftvol- sem Text sieben Mal genannt. Sie ist und sie «der drohenden Zukunft spot- ler Stärke. In der Übersetzung der Sep- also eine selbstständige Gestalterin – tet». Weder die Kälte des Schnees tuaginta wird die Frau vorgestellt als keine unterwürfige Dienerin. noch die des Todes erfüllen die mit «männliche und mutige Frau». Ein inter- Sie pflanzt einen Weinberg, sie leitet Schrecken, deren «Gewand Kraft und essanter Aspekt, dass diese ideale die Hausgemeinschaft, macht Kunst- Würde sind»: Sie stellt sich dem Verlauf Frau als «männlich» qualifiziert wird. In handwerk mit Freuden und treibt er- des Tages und der Vergänglichkeit der der Tat, welche Kraft und welche Vitali- folgreich Handel. Eine umtriebige, ge- Zeit mit Gelassenheit. tät sie ausstrahlt! Der erste Eindruck schickte und erfolgreiche Frau – aber deutet darauf hin, dass sie alles kann, nicht nur im Haushalt! Diese Frau ist kein realer Mensch. Aber alle Qualitäten hat und alle anderen Sogar bevor die Sonne aufgeht, wird eine Figur, die dazu einlädt, sich zu en- übertrifft. sie tätig. Und wenn die Nacht herein- gagieren. Sie kann besonders inspirie- Die Form des Textes drückt denn auch bricht und es nötig ist, bleibt ihre Lam- rend sein, wenn jeder Sinn verloren ge- die Absicht aus, Vollkommenheit und pe angezündet. Ihr Einsatz scheint glaubt wird und die Lähmung des Vollständigkeit zu vermitteln: Jeder wirklich unermüdlich. eigenen Handelns droht. Vers beginnt mit einem anderen Buch- Diese kluge Frau lässt uns fast bis zur staben des hebräischen Alphabets. Zweitens: All ihr Tun steht im Zeichen Verrücktheit daran glauben, dass Das zeigt, dass die Verfasserschaft ein des Teilens und der Weisheit. nichts unmöglich ist für die, die sich im umfassendes Bild zeichnen wollte. Namen ihres Glaubens für etwas ein- Ihre Hand «greift nach der Spindel», setzen! Für Frauen genauso wie für Es geht hier also nicht um einen realen öffnet sich für die Bedürftigen und Männer. Denn wenn sie so viel kann, Menschen, vielmehr um ein idealisier- streckt sich den Armen entgegen. In- diese Frau, ist es nicht, weil sie es will, tes Bild einer Frau. Dieses Idealbild ist dem sie Kleider für ihre Familie und ihr sondern weil sie offen ist für eine Kraft, die Verkörperung der «Gottesfurcht» Geschäft webt, knüpft sie auch Bezie- die grösser ist als sie selbst. und Vorbild des gerechten und weisen hungen. Sie geniesst nicht nur das Handelns. Drei Aspekte stechen dabei Glück, handeln zu können, sondern heraus: lebt eine Ethik, in der Worte und Taten einen Sinn ergeben. Die Werke ihrer Hände und ihrer Seele sind eins. Sie «öffnet ihren Mund in Weisheit» und ih- re «Unterweisung erfolgt in Güte». Drittens: Das Verbinden von Weisheit und Tat macht sie stark, und sie wird dafür von allen geschätzt. 17
Predigtanregung Ungeahnte Menschwerdungen Gottes Predigttext: Mt 1,1–32 Rahab, eine Prostituierte, hat in Jericho gelebt. Sie beherbergte Spione, die von Josua in die Stadt geschickt wor- den waren. Ruth wurde die Frau von Boas, nach- dem sie sich an einem Sommerabend Nassouh Toutoungi heimlich in sein Bett geschlichen hatte. Christkatholischer Priester, Batseba schliesslich hat David in ihren Das Leben aber ist ein unteilbares Neuenburg Bann gezogen. Und dieser hat keine Ganzes und die Sorge darum steht an Sekunde gezögert, ihren Mann Urija an erster Stelle. So setzt Gott selbst vor- die vorderste Frontlinie in der Schlacht aus, dass jede und jeder genug zum In einer Gesellschaft, in der Frauen we- gegen die Ammoniter, also in den si- Leben hat. Die heute weitverbreitete nige Rechte und viele Pflichten hatten, cheren Tod zu schicken, um sie dann Perspektive, in der die Wirtschaft in hat die Bibel einige aussergewöhnliche selbst heiraten zu können. erster Linie nach persönlichem Profit Frauenporträts geschaffen. Mit Ab- strebt und auf der Isolierung der Indivi- sicht, denn diese Frauen sind wunder- Diese Frauen versuchen, in einer Män- duen beruht, entspricht dem nicht. Es bar, hartnäckig, manchmal schlau oder nerwelt auf sich allein gestellt, zu über- ist das komplette Gegenteil davon, was einfallsreich und passen sich damit in leben. Auch wenn sie manchmal unge- die Mutter Gottes im Magnifikat be- das Projekt Gottes ein, dessen Ziel es wöhnliche Mittel anwenden, liegt ihnen singt: «Die Hungernden beschenkt er ist, Leben zu ermöglichen – selbst da, immer das Wohlergehen ihrer Nächs- mit seinen Gaben und lässt die Rei- wo man es für unmöglich hält. ten am Herzen: Rahab fordert von den chen leer ausgehen.» Israeliten, auch ihre Familie zu schüt- Dass einige von ihnen in der Genealo- zen; Ruth verlässt Noemi, ihre Schwie- Die Genealogie von Matthäus zeigt uns gie Jesu am Anfang des Matthäus germutter, nicht; Tamar möchte unbe- unerwartete Aspekte Gottes: überra- Evangeliums vorkommen, kann uns er- dingt Nachkommen, weil sie nur als schend, exzentrisch, unermüdlich und staunen. Denn Genealogien sollen auf- Mutter als vollwertiges Mitglied der Ge- treu zu allen Zeiten. Und seine Treue ist zeigen, wie wichtig ein Abkömmling ist. sellschaft gilt. Deshalb macht sie alles, nicht passiv: Er wartet nicht darauf, Normalerweise werden bekannte und um Kinder zu bekommen. dass sein Volk zu ihm zurückkommt. wichtige Personen darin aufgeführt. Es ist eine tätige und vorausschauende Und die, die als Schandfleck gelten, Diese Frauen sorgen für sich selbst Treue, die Treue dessen, der seine werden stillschweigend weggelassen. ebenso wie für andere. Das ist ihre Art, Schöpfung so sehr liebt, dass er sich Die Frauen in dieser Genealogie Jesu sich zu engagieren, damit die Welt, in schliesslich ganz in sie hineingibt. Und gehören zu dieser zweiten Kategorie. der sie leben, eine bessere wird. Lange die Frauen spielen dafür – mit ihrem Ihre Namen lauten: Tamar (Gen 38,1– wurden Entwicklung und Fortschritt kreativen Engagement – eine entschei- 30), Rahab (Jos 2,6), Ruth (Buch Ruth), nur aus der Perspektive der Rentabili- dende Rolle. Batseba (2 Sam 11–12) und Maria. tät betrachtet. Dabei wurden weder die nicht bezahlte Arbeit der Frauen noch Tamar ist eine junge Frau, die sich bei die ökologische Zerstörung berück- ihrem Schwiegervater Judas als Prosti- sichtigt. Die Trennung in Kultur und Na- tuierte ausgibt, um ihrem verstorbenen tur, Öffentlichkeit und Privates, Vernunft Mann die Nachkommenschaft zu si- und Intuition und deren Zuschreibung chern. Dies gelingt ihr so gut, dass sie in männlich und weiblich haben zur Ab- gar Zwillinge bekommt. wertung des Beitrages der Frauen in der Gesellschaft geführt. Das eine wird höher bewertet als das andere. Kultur ist in diesem Verständnis mehr wert als Natur, Fortschritt wichtiger als Sorgfalt gegenüber Mensch und Umwelt. 18
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