Insurance Risk Navigator: Reife von Bilanz- und Risikosteuerung - Frankfurter ...
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FIRM News JUNI 2021 1 Insurance Risk Navigator: Reife von Bilanz- und Risikosteuerung Sven Lixenfeld | Jan Peter Schmütsch | Jonas Hirz | Karl Ulrich | Andreas Reuß | Andreas Seyboth Mit der Einführung von Solvency II steht seit dem Jahr 2016 eine empirische Grundlage für den Vergleich von Versi- cherern in der Europäischen Union zur Verfügung. Die dabei beobachtbaren Unterschiede in Kapitaleffizienz und Per- formance sind jedoch nur teilweise auf vergangene und aktuelle geschäftspolitische Entscheidungen zurückzuführen. Ein weiterer Teil lässt sich – so unsere These – durch die unterschiedliche Reife von Bilanz- und Risikosteuerung erklären. Aufbauend auf dieser These nimmt der Insurance Risk Navigator Selbsteinschätzungen der Unternehmen zum Reifegrad, wobei die die Suche nach Best Practices in der Bilanz- und Risikosteuerung höchste Stufe – Grad 4 – dem jeweiligen Best-Practice-Ansatz ent- und deren Auswirkung auf die finanzielle Performance in den spricht und die niedrigste Stufe – Grad 1 – den minimalen gesetz- Blick. Entlang der Themenblöcke Organisation, Risikomanage- lichen und regulatorischen Anforderungen. Abb. 01 zeigt die ment, Kapitalanlage und IT haben ausgewählte Erst- und Rück- Spreizung des Reifegrades unter den Teilnehmern. versicherungsunternehmen aus Deutschland – vom mittelgroßen VVaG bis hin zum börsennotierten Großkonzern – entlang eines Die Analyse der Antworten deckt innerhalb der vier Blöcke die Fragebogens den Stand ihrer Steuerung mit uns geteilt. Neben nachstehenden Punkte ab: den vertraulichen Einzelauswertungen können wir mit diesem Organisation: Grad der Professionalisierung der Nutzung p Working Paper potenzielle Ertragspotenziale und zentrale Hand- diverser Hebel zur bilanziellen Optimierung, Grad der Professi- lungsfelder aufzeigen, die für einen breiteren Adressatenkreis onalisierung geregelter Austauschformen zu den Hebeln und Relevanz haben können. Grad der Nutzung regelbasierter Limitsteuerung p Risikomanagement: Frequenz diverser Bewertungen, Grad der Benchmarking Verfeinerung des Bewertungsmodells, Granularität der quanti- Der Insurance Risk Navigator teilt sich in vier Fragenblöcke, die tativen Limits für Marktrisiken, Grad der Professionalisierung zur jeweils qualitative und quantitative Fragen beinhalten. Letztere die- Nutzung von Triggern zur Risikoüberwachung und Bedeutung nen als Basis für das Benchmarking. Grundlage sind somit jeweils von Bestandsmanagement Abb. 01. Überblick zum Reifegrad der Teilnehmer Quelle: Boston Consulting Group
2 FIRM News JUNI 2021 Insurance Risk Navigator: Reife von Bilanz- und Risikosteuerung p Kapitalanlage: Grad der Absicherung der Marktrisiken und Teilnehmer in den letzten drei Jahren einen Kauf oder eine Neu- Grad der Einbindung von ALM-Analysen in Steuerungsentschei- gründung getätigt haben. dungen (zusätzlich zu Limitsteuerung und quantitativen Limits für Marktrisiken) p IT: Schwierigkeit der Bereitstellung aggregierter Daten, Dauer Hypothese: Trotz steigender Dynamik im Markt werden Cor- diverser Berechnungen von der Datenextraktion bis zum ferti- porate-Finance-Tools für Portfoliomanagement (z. B. Verkäufe) gen Ergebnis, Automatisierungsgrad, Zugang zur Überprüfung nur zurückhaltend genutzt („missed opportunities“). von Datenqualität und aktuelle Datenqualität in den Bestands- systemen ALM und Kapitalmanagement werden bei allen Teilnehmern auf Nachstehend finden sich festgestellte inhaltliche Auffälligkeiten in Gruppenebene verantwortet, während sich in puncto Liquiditäts- Hypothesenform. management keine einheitliche Verantwortung unter den Teilneh- mern zeigt. Auffällig ist, dass bei einem Großteil der Teilnehmer Organisation auch die TAA auf Vorstandsebene festgelegt wird. Im Fragenblock „Organisation“ haben die Teilnehmer Antworten zur Nutzung diverser Hebel zur bilanziellen Optimierung , deren organisatorischer Umsetzung, deren Governance und zur Nutzung Hypothese: Der Vorstandsfokus liegt in der Kapitalanlage regelbasierter Limitsteuerung gegeben. oftmals nicht nur auf strategischer (SAA), sondern auch auf operativ-taktischer Ebene und verhindert so möglicherweise Um die Auswirkungen auf finanzieller Ebene nachvollziehen zu kön- eine Professionalisierung der Limitsteuerung. nen, blicken wir auf den Return on Equity (RoE) 2 als umfassendstes Maß für Effektivität der Verwendung des eingesetzten Kapitals. Es zeigt sich ein deutlicher Zusammenhang zwischen dem Reifegrad Weniger Aufmerksamkeit bringen die Teilnehmer dem Thema im Fragenblock Organisation und dem RoE. Bestandsmanagement entgegen. Dieser ALM-Hebel ist meist nicht in den Organisationen verankert und liegt quer über die Themen Kapitalanlage, Versicherungstechnik und Vertrieb. Hypothese: Tendenziell erhöht eine Steigerung des Maturi- tätsindex (Organisation) um 0,1 den RoE um mehr als 1%. Hypothese: Ertragspotenzial durch Optimierung des Bestands- managements wird bislang nicht voll ausgeschöpft. Auffällig ist zudem die vergleichsweise geringe Streuung des Rei- fegrads unter den Teilnehmern (siehe Abbildung 1). So hat beispiels- weise der überwiegende Teil der Teilnehmer Steuerungsprozesse Bei allen Teilnehmern waren Anpassung der SAA (insbesondere für SAA, TAA, ALM, Kapitalmanagement, Kosten, Ergebnis-Risiko- Verlängerung der Duration) oder ALM in den Top-3-Initiativen zur Controlling und Planungsrechnung implementiert und behandelt bilanziellen Optimierung in den letzten drei Jahren enthalten. Bei diese mit höchster Priorität auf CEO-/CFO-Ebene. den meisten Teilnehmern bleibt ALM eine der Top-3-Initiativen auch in den nächsten drei Jahren. Aus den Ergebnissen der Top- Initiativen geht zudem hervor, dass die nicht kapitalmarktorien- Hypothese: Die geringe Wahlmöglichkeit und hohe Steuerung- tierten Versicherer noch vergleichsweise stark mit Solvency II-The- stiefe unter VAG sowie Solvency II bedingen einen homogenen men beschäftigt sind, während kapitalmarktorientierte Versicherer Entwicklungsgrad unter den Teilnehmern im Hinblick auf die Fokus auf Kosten, Organisation und IFRS 17 legen. Organisation. Hypothese: Nicht kapitalmarktorientierte VUs arbeiten noch Dem gegenüber steht bei den meisten Teilnehmern ein geringer an der Erfüllung von Solvency II-Auflagen, nutzen somit noch Entwicklungsgrad der Institutionalisierung des Portfoliomanage- nicht vollständig das damit verbundene Analysepotenzial und ments der Rechtsträger (wie z.B. Käufe, Verkäufe, Verschmel- verzögern so insbesondere organisatorische Weichen zur zungen und Änderung der Gruppenstruktur), obwohl fast alle Bewältigung des Kostendrucks.
3 Bei den Teilnehmern bestimmt der Grad der Kapitalmarktorien- Zusammenspiel mit dem RoRaC. Es zeigt sich ein deutlicher Zusam- tierung aktuell und auch in den nächsten Jahren die Steuerungs- menhang von Reifegrad und RoRaC. relevanz der Bilanztypen (IFRS, ökonomische Bilanz, Solvency II und HGB). Während die Relevanz dieser Bilanzstandards in der genannten Reihenfolge von Versicherern mit Kapitalmarktorien- Hypothese: Tendenziell erhöht eine Steigerung des Maturitätsin- tierung bestätigt wird, invertiert sich diese für die anderen. IFRS dex (Risikomanagement) um 0,1 den RoRaC um mehr als 0,5%. mag zwar keine unmittelbare Relevanz für die Unternehmen ohne Kapitalmarktorientierung darstellen, Solvency II ist aber für alle – ob so wahrgenommen oder nicht – das Maß, das für Marktverglei- Die Teilnehmer, welche die Standardformel verwenden, nutzen che weiter an Bedeutung gewinnen wird. Ein analoges Bild zeigt Anpassungen oder unternehmensspezifische Parameter zur Bestim- sich im Übrigen bei den steuerungsrelevanten KPIs, die bei nicht mung des Risikokapitals für interne Zwecke und verwenden das kapitalmarktorientierten Versicherern zu mehr als 80% im HGB- branchenweite Simulationsmodell (BSM). Verfeinerungen schöpfen Kontext liegen. die Teilnehmer hierbei nicht voll aus, sowohl aufgrund von Restrik- tionen des vereinfachten Modellierungsansatzes im BSM als auch aufgrund von Kapazitäts- bzw. Know-how-Engpässen. Keiner die- Hypothese: Bei nicht kapitalmarktorientierten VUs ist immer ser Teilnehmer plant, in den nächsten drei Jahren den Bewertungs- noch ein primärer Fokus auf HGB zu beobachten, der mittelfri- ansatz fundamental zu ändern. stig Risiken in Bezug auf die Setzung der richtigen Steuerung- simpulse erzeugt. Hypothese: Bei BSM-Anwendern besteht Verfeinerungspoten- zial bezüglich des Bewertungsmodells zur realitätsnäheren Innerhalb der regulatorisch und zinstechnisch vor vergleichbaren Abbildung der Risiken und zur Senkung des Kapitalbedarfs. Herausforderungen stehenden Bankenbranche ist die regelmäßige Überprüfung von Limits auf Ebene einzelner Risikotypen – in Form von real-time Monitoring – längst Industriestandard geworden. Bei den Top-Prioritäten im Risikomanagement zeigt sich, dass sich Bei den Versicherern zeigt sich, dass der Reifegrad bei der Limit- die Mehrheit der Teilnehmer neben ALM aktuell primär mit der Steuerung abermals durch Kapitalmarktorientierung getrieben ist, Optimierung des Neugeschäfts auseinandersetzt. Hier ist insbeson- wobei rund 60% der abgefragten KPIs maximal einmal pro Quartal dere Leben im Fokus, wo profitables Neugeschäft (bspw. Biometrie- überprüft werden und lediglich etwa 3% in real-time. Die Überprü- produkte) die Solvenzsituation entlasten soll. fung wichtiger Solvency II-Limits ist bei allen Teilnehmern inklusive einem entsprechenden Steuerungsprozess bei Überschreitung voll integriert, wobei die Teilnehmer eine breite Spreizung hinsichtlich Hypothese: In der Lebensversicherung setzen die Unterneh- der Taktung zeigen. Risikoadjustierte Ertragskennzahlen wie RoRaC men stark auf profitables Neugeschäft (bspw. Biometrie) und Veränderung der Neugeschäftsmarge sind kaum relevant. und setzen sich dem Risiko aus, dass dieses durch steigenden Wettbewerbsdruck möglicherweise nicht planungskonform umsetzbar ist. Hypothese: Die Erfüllung steigender Transparenzauflagen und -anforderungen des Managements sind absehbar nur durch automatisierte und unabhängige Bewertung der finanziellen Hochrechnungen der diversen Bilanztypen nehmen Teilnehmer Lage möglich. zum überwiegenden Teil quartalsweise vor. Die Neugeschäftsbe- wertung in Leben/Kranken ist vielfach nicht mit Solvency II har- monisiert und berücksichtigt keinen zukünftigen Kapitalbedarf. Für die Umsetzung zur Feststellung und Anzeige einer sich ver- Des Weiteren zeigt sich eine hohe Divergenz im Zeithorizont der schlechternden finanziellen Lage (§132 VAG, Deutschland) können Planungsrechnung zwischen drei und 15 Jahren. zwei Ansätze unter den Teilnehmern beobachtet werden. Entweder werden HGB-Kerngrößen in Verbindung mit einer Approximation der Solvency II-Quote oder eine Approximation durch Risikotrei- Hypothese: Die niedrige (da nur quartalsweise) Frequenz der ber herangezogen, wobei der zweite Ansatz eine Berechnung in Solvency II-Bewertung und nicht harmonisierte Neugeschäfts- wenigen Stunden erlaubt. Dieses heterogene Bild deckt sich mit bewertung lässt viele Teilnehmer im relativen „Blindflug“ hin- den Erkenntnissen einer Pilotstudie der BaFin3. Es ist zu erwarten, sichtlich der eigenen finanziellen Lage. dass die Einführung einer vom Risikomanagement unabhängigen Überprüfung der Entwicklung eines umfassenden KPI-Sets in den nächsten Jahren weiter an Relevanz gewinnen wird. Kapitalanlage Im Fragenblock „Kapitalanlage“ haben die Teilnehmer Antworten Risikomanagement zur Definition der SAA, zu Instrumenten zur Minderung von Markt- Im Fragenblock „Risikomanagement“ haben die Teilnehmer Ant- risiken, zur Integration von ALM, zum Liquiditätsmanagement, zum worten zum Reifegrad diverser Bewertungen, zu Kalibrierung, zum Reifegrad diverser Bewertungen, zur Kalibrierung, zum Limitsystem Limitsystem im Risikokontext, zur Bedeutung von Bestandsmanage- im Risikokontext, und zur Bedeutung von Bestandsmanagement ment und zur Planungsrechnung gegeben. und Planungsrechnung gegeben. Um den risikoadjustierten Einfluss des Reifegrads im Risikomanage- Um den risikoadjustierten Einfluss des Reifegrads in der Kapitalan- ment auf den Ertrag abschätzen zu können, untersuchen wir das lage auf den Ertrag abschätzen zu können, blicken wir wiederum
4 FIRM News MÄRZ 2021 Insurance Risk Navigator: Reife von Bilanz- und Risikosteuerung auf das Zusammenspiel mit dem RoRaC. Es zeigt sich ein deutlicher Zusammenhang zum Reifegrad im Fragenblock Kapitalanlage. Hypothese: Eine stärkere Verwendung von Rückversicherungs- lösungen (außerhalb vom Risikoergebnis) kann die Kapitaleffi- zienz erhöhen. Hypothese: Tendenziell erhöht eine Steigerung des Maturitäts- index (Kapitalanlage) um 0,1 den RoRaC um mehr als 0,7%. Alle Teilnehmer beziehen ALM zur Festlegung der SAA ein – und ALM ist dabei oft in zumindest einer Sparte die wichtigste Grund- Die SAA ist als zentraler Ertragstreiber insbesondere in Leben rele- lage. In Leben werden bei allen Teilnehmern ALM-Analysen zusätz- vant. Aktien bzw. Beteiligungen, Immobilien, Emittentengruppen lich für die Entscheidung zur Höhe der Deklaration der Gewinn- und Ratingklassen für Anleihen, Private Equity und Infrastruktur beteiligung und zur Auflösung stiller Reserven herangezogen. Der sind Teil der SAA-Definition bei allen Teilnehmern, wobei die Gra- Großteil der Teilnehmer verwendet ALM-Analysen lediglich selektiv nularität stark zwischen den Teilnehmern variiert. Bei der Hälfte der zur Entscheidung von Rückversicherungslösungen. Bei allen Teil- Teilnehmer fließt neben erwarteter Rendite auch das Marktrisiko nehmern erfolgt die Neugeschäftsplanung unabhängig von ALM- (Säule 1) in die SAA ein. Während das Duration Gap von allen Analysen. Teilnehmern als wichtige SAA-Größe gesehen wird, hat kein Teil- nehmer das Convexity Gap als wichtige Größe eingestuft. Bei den Weit verbreitet ist die Errechnung risikoadjustierter KPIs aus den Versicherern ohne Kapitalmarktorientierung wird die SAA stets auf ALM-Analysen und die Untersuchung der Verteilungseigenschaf- Sparten- und nicht auf Gruppenebene festgelegt. ten der KPIs in stochastischen Szenarien. Bei den BSM-Anwendern gibt es Unterschiede bezüglich der Managementregeln in ALM und Solvency II. Hypothese: Viele Unternehmen verschenken Steuerungspoten- zial durch fehlende Einbeziehung der Kapitalanforderungen für Marktrisiken bei der Festlegung der SAA. Hypothese: Die Verzahnung von ALM mit HGB-, Neugeschäfts- planung und Solvency II-Modellen ermöglicht eine holistische Optimierung der finanziellen Performance. Derivate werden von allen Teilnehmern zum Hedging von Zinsni- veau und Aktienrisiko verwendet. Zudem werden Zinsswaps und spezifische strukturierte Zinsprodukte zur Absicherung von Zins- Informationstechnologie strukturänderungen genutzt. Aktien-Futures und CDS sind dage- Im Fragenblock „IT“ haben die Teilnehmer Antworten zu Automati- gen kaum in Verwendung. Auffällig ist, dass die ein Gutteil der sierung, Aggregation und Integration von Daten, Datenqualität und Antworten in Leben zeigt, dass Zinsänderungs- und Kreditrisiken zu zur Verwendung von Tools bzw. neuer Technologien gegeben. Der weniger als 10% gehedged werden. Vergleich des Reifegrads hat keinen Zusammenhang zur Kosten- quote oder zu Ertragskennzahlen ergeben. Hypothese: Fehlendes Know-how und/oder fehlende Model- Der Großteil der Teilnehmer weist hohe Zeitaufwände bei einer lierungsfähigkeiten führen zu geringer Absicherung gegen End-to-end-Betrachtung von Berechnungen auf, was vor dem Zinsänderungs- und Kreditrisiken und somit zu Kapitalineffi- Hintergrund regulatorischer Entwicklungen als kritisch zu erach- zienzen in Leben. ten ist (etwa Compliance mit Anforderungen des §132 VAG). Der Aufwand zur Bereitstellung aggregierter Daten ist primär durch die Komplexität in den IT-Systemen und Dateninkonsistenzen Der Großteil der Teilnehmer hat in den letzten drei Jahren den getrieben. Der Großteil der Teilnehmer hat bei spontanen Anfra- Anteil an Staatsanleihen reduziert und gleichzeitig den Anteil gen zu Bestandsdaten keinen definierten Prozess und keine Auto- an Unternehmensanleihen und Anleihen mit Bonität BBB oder matisierung zur Sicherstellung von Datenqualität. Die geringe schlechter erhöht. Zudem haben alle Teilnehmer in Leben die Durchdringung von Datenaufbereitung und Bewertungsverfahren Duration sowie den Anteil alternativer Investments erhöht und mit zeitgemäßen Data-Analytics-Methoden unterstreicht diese setzen vermehrt auf Fondslösungen. Mit Blick in die nähere Schwierigkeiten. Zukunft sehen die Teilnehmer eine hohe Wichtigkeit in alterna- tiven Investments und einer Erhöhung von Kreditrisiken aufgrund des Niedrigzinses. Hypothese: Legacy-IT-Systeme, fehlende Standardprozesse, zer- splitterte Datenhaltung und mangelnde Anwendung von Data- Analytics-Verfahren sind wesentliche Effizienzhemmnisse. Hypothese: Das Exposure im Kreditrisiko ist deutlich gestiegen und birgt potenziell systemische Risiken. Spreadsheet-Lösungen für die Erstellung des HGB-Abschlusses sind nach wie vor gelebte Praxis unter den Teilnehmern und wer- Rückversicherungslösungen werden in Leben und Nicht-Leben den für die Risikokapitalberechnung und die Planung benötigt. Die von allen teilnehmenden Erstversicherern zur Absicherung des ökonomische Bewertung und die Berechnung des Risikokapitalbe- Risikoergebnisses verwendet. Nur vereinzelt nutzen die Teilneh- darfs sind über mehrere Tools verteilt. In Summe schafft nur ein mer Rückversicherungslösungen zur Absicherung des Zinsergeb- Teilnehmer HGB- und Solvency II-Abschlüsse in unter einem Monat. nisses und des Kostenergebnisses sowie zur Optimierung der Datenaufbereitung und Systemkomplexität werden übergreifend Solvenzquote. als größte Hindernisse wahrgenommen.
5 Hypothese: Sowohl System- als auch Modellaufbaukomplexi- tät verhindern eine rasche Erstellung von Solvenz- und HGB- Ergebnissen. Teilnehmer mit höherem Reifegrad in der Automatisierung schätzen das Wertpotenzial von Automatisierung und Data Analytics auch als höher ein. Diese Teilnehmer sehen insbesondere hohes Wert- potenzial durch Automatisierung in der Aufbereitung der Bestands- Autoren daten, der Bewertung von Kapitalanlagen, der Überprüfung der Sven Lixenfeld Datenqualität und der Validierung. Managing Director und Partner, Boston Consulting Group, Düsseldorf Hypothese: Das Wertpotenzial durch Automatisierung und Data Analytics wird derzeit noch unterschätzt. Zusammenfassung und Ausblick Dr. Jan Peter Schmütsch Der Insurance Risk Navigator 2020 hat den vermuteten Zusammen- Partner, hang des Reifegrads von Bilanz- und Risikosteuerung mit finanzi- Boston Consulting Group, eller Performance erhärtet.4Gerade für Versicherer mit geringerem Hamburg Reifegrad ist diese Einsicht ermutigend, denn Investitionen in die Professionalisierung dieser Bereiche steht ein greifbarer Nutzen gegenüber. Kombiniert man die quantitativen und qualitativen Antworten, schälen sich hierfür drei konkrete Aktionsfelder heraus: 1. Limitsteuerung: Weite Teile der (nicht kapitalmarktorientierten) Dr. Jonas Hirz Versicherungswirtschaft nutzen noch eine wenig sophistizierte Projektleiter, Limitsteuerung hinsichtlich Überprüfungsfrequenz, Umfang Boston Consulting Group, der betrachteten KPIs und prozessualer Klarheit bei Überschrei- Wien tungen. Hier lassen sich Rückstände durch Best Practice-Über- nahme vergleichsweise schnell aufholen. 2. Integrierte Steuerung: Die enge Verzahnung von ALM mit der Solvenz- bzw. HGB-Bilanzierung birgt insbesondere für Lebens- und Krankenversicherer Vorteile. So könnte etwa durch Nutzung eines dynamischeren ALM-Modells mit häufig aktualisierten Karl Ulrich Daten flexibler auf Kapitalmarkt- und Bestandsentwicklungen Projektleiter, reagiert werden. Ein solches Modell aufzubauen und entspre- Boston Consulting Group, chend der technischen Möglichkeiten weiter zu verfeinern, stellt München jedoch hohe Anforderungen an die nötige Expertise. 3. Datengetriebene Aufsicht: Analog zur Bankenwelt ist der Wille zu einer datengetriebenen Aufsicht auf nationaler und europä- ischer Ebene erkennbar. Anforderungen, wie sie etwa mit §132 VAG formuliert sind, werden erweitert durch gesteigerte Trans- parenzpflichten (etwa durch die Taxonomie-Verordnung) und Dr. Andreas Reuß haben unmittelbare Relevanz für Datenhaushalte. Hier unabhän- Partner, gig von Legacy-IT-Problemen handlungsfähig zu werden, stellt ifa Gesellschaft für Finanz- und hohe Anforderungen an die technische Weiterentwicklung und Aktuarwissenschaften mbH den Know-how-Aufbau. Im Durchlauf 2021 wird der Insurance Risk Navigator die Entwick- lung in diesen Feldern betrachten und das Fokusthema „ESG/Com- pliance“ neu mit aufnehmen. Dr. Andreas Seyboth 1 Strategische Asset Allokation (SAA), Asset Liability Management (ALM), Kapitalma- Geschäftsführer, nagement, Rückversicherung, Portfoliomanagement der Rechtsträger, Bestandsma- ifa Gesellschaft für Finanz- und nagement, Taktische Asset Allokation (TAA), Liquiditätsmanagement, Kostenmanage- Aktuarwissenschaften mbH ment, Ergebnis- und Risikocontrolling, Planungsrechnung 2 Return on Equity, definiert als Bilanzgewinn der Gruppe dividiert durch Eigenmittel 3 „Erkennen Versicherer ihre Risiken frühzeitig?“, in BaFinJournal Dezember 2019 4 Tendenziell erhöht eine Steigerung des Maturitätsindex (gesamt) um 0,1 den RoRAC um mehr als 1%.
IMPRESSUM Herausgeber: Gesellschaft für Risikomanagement und Regulierung e.V. Schwarzwaldstraße 42 D-60528 Frankfurt am Main VR 14261 Amtsgericht Frankfurt am Main info@ firm.fm, www.firm.fm Verantwortlich für den Inhalt: Frank Romeike, RiskNET GmbH, Gesellschaft für Risikomanagement und Regulierung e.V. Layout: Uta Rometsch, Stuttgart Bildnachweise: Adobe Stock – stock.adobe.com © Das Urheberrecht liegt bei den jeweiligen Autoren und Autorinnen sowie bei der Gesellschaft für Risikomanagement und Regulierung e.V., Frankfurt am Main 2021. Die Artikel geben die Meinung der Autoren wieder und stellen nicht notwendigerweise den Standpunkt der Gesellschaft für Risikomanagement und Regulierung e.V. dar. Vervielfältigung und Verbreitung, auch auszugsweise, mit Quellenangabe gestattet. Gesellschaft für Risikomanagement und Regulierung e. V. Schwarzwaldstraße 42 60528 Frankfurt am Main | Germany Tel.: +49 (0) 69 87 40 20 00 | Fax: +49 (0) 69 87 40 20 09 info@firm.fm | www.firm.fm
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