Internationale Jugendarbeit inklusiv gestalten - Qualifizierungsmodule: IJAB
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Für Christian Papadopoulos 1973 – 2020 IMPRESSUM HERAUSGEBER: REDAKTION: Ulrike Werner, Claudia Mierzowski, IJAB – Fachstelle für Internationale Jugendarbeit Christoph Bruners, Eike Totter der Bundesrepublik Deutschland e.V. Godesberger Allee 142–148, 53175 Bonn GESTALTUNG: Tel: +49 (0)228 9506 0 Adrienne Rusch / dieprojektoren.de vision-inclusion@ijab.de, www.ijab.de FOTOS: VERANTWORTLICH: Marie-Luise Dreber, IJAB S. 1: Andi Weiland | Gesellschaftsbilder.de; S. 6, 8, 12, 13, 18, 21, 23, 28, 31, 34, 36, 39, 41, 43, 45, 47: KONZEPTION UND INHALTE: Die Teilnehmenden der Bettina Ausserhofer für IJAB; S. 15: Ulrike Werner Internationalen Arbeitsgruppe des Projekts, die | IJAB; S. 26, 35; 49: Kreisau-Initiative e.V.; S. 37: VISION:INCLUSiON Expert*innen-Gruppe Jennifer Mösenfechtel | IJAB; S. 17: Villa Fohrde e.V. AUTOR*INNEN: Karina Chupina (Module 1–4, 6), Eike Dezember 2020 Totter (Module 5), Milanka Nikolic (Einleitungsvideos)
INHALT – QUALIFIZIERUNGSMODULE Inhalt Einleitung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 Zielgruppe – An wen richten sich die Module?. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 Baukasten – Wie kann mit dem Handbuch gearbeitet werden?. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 Hinweise für die Durchführung von Workshops. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 Danksagung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 Modul 1 – Es ist normal, verschieden zu sein: Diversität und Inklusion als Chance für alle. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 1. Was ist eine Behinderung? Was beinhaltet das soziale Modell von Behinderung?.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 2. Was bedeutet Inklusion für Menschen mit Behinderungen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 3. Reflexion über Normalität, Diversität und Intersektionalität. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 Modul 2 – Schritt für Schritt zu einer Kultur der Inklusion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 1. Eine inklusive Kultur schaffen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 2. Eine inklusive Haltung entwickeln. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 3. Eine Vielzahl individueller Unterschiede: inklusive Gruppen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 4. Herausforderungen bei der Arbeit mit inklusiven Gruppen meistern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 5. Inklusionsbedarfe ansprechen – damit sich alle Mitglieder einer Gruppe wohl fühlen. . . . . 20 Modul 3 – Schritt für Schritt zu inklusiven Strukturen und Praktiken. . . . . . . . . . . . . . . . 23 1. Entwicklung einer Inklusionsstrategie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 2. Barrieren für die Teilhabe junger Menschen mit Behinderungen an Projekten der internationalen Jugendarbeit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 3. Bedarfe der Teilnehmenden verstehen und einschätzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 4. Inklusive Ausschreibungen und Anmeldeprozess. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 5. Unterstützungssysteme nutzen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 Modul 4 – Vielfältige Kommunikationswege nutzen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 1. Herausforderungen bei der Kommunikation in heterogenen internationalen Gruppen . . . 32 2. Sensible Kommunikation während einer Aktivität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 3. Verwendung multisensorischer oder anderer kreativer Ansätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 4. Sprachanimation zur Unterstützung der Kommunikation. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 5. Unterstützende Systeme, Dienstleistungen und Technologien für die barrierefreie Kommunikation und Information. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 Modul 5 – Ein inklusives Lernumfeld schaffen – Methoden und Abläufe anpassen. . . . 39 1. Dialogische Räume – Eine Atmosphäre des Vertrauens und Verständnisses schaffen . . . . . . 40 2. Reverse Engineering – Lieblingsmethoden anpassen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 3. Grundsätze inklusiv(er)en Lernens – Schaffen Sie einen ganzheitlichen Rahmen. . . . . . . . . . 42 Modul 6 – Vielfalt wertschätzen – Grenzen erkennen – Unterstützung sichern . . . . . . . 45 1. Erkennen Ihrer Fähigkeiten und Grenzen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 2. Nutzung von unterstützenden Strukturen und Kooperationen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 3
EINLEITUNG Das Projekt VISION:INCLUSiON hat sich zum Ziel gesetzt, dass Jugendliche mit Behinderun- gen oder Beeinträchtigungen ganz selbstverständlich an den Angeboten Internationaler Jugendarbeit teilhaben können. Dass dies in den meisten Fällen noch keine Selbstverständ- lichkeit ist, liegt auch daran, dass Organisationen und Initiativen, die eine inklusive internati- onale Begegnung planen, mit einigen Herausforderungen konfrontiert sind. Die in diesem Handbuch vorgestellten Qualifizierungsmodule unterstützen Organisationen, Initiativen und Fachkräfte beim Capacity Building für eigene inklusive Projekte. Internatio- nale Jugendarbeit umfasst pädagogisch begleitete Angebote, die jungen Menschen und Fachkräften Begegnung und Lernerfahrungen in internationalen Kontexten ermöglichen. Die Angebote beinhalten z.B. Jugendbegegnungen, Workcamps, Freiwilligendienste oder auch Fachkräfteaustausche. Die Themen der Austausche und Begegnungen können sehr unterschiedlich sein und orientieren sich vor allem an den Interessen junger Menschen. Zielgruppe – An wen richten sich die Module? Die Module richten sich an hauptberufliche und ehrenamtliche Fachkräfte der Jugendar- beit, Teamende sowie Organisationen aus dem Feld der Internationalen Jugendarbeit, die ihre Arbeit inklusiver gestalten möchten. Fachkräfte mit ersten Erfahrungen im Bereich der Inklusion erhalten neue Impulse und vertiefende Informationen. Die Inhalte beziehen sich in erster Linie auf eine verstärkte Teilhabe von Jugendlichen mit Beeinträchtigungen und Behinderungen, daneben werden aber auch allgemeine Aspekte von Diversität behandelt. Baukasten – Wie kann mit dem Handbuch gearbeitet werden? Der Qualifizierungsinhalt ist in sechs Module mit verschiedenen Schwerpunkten unterteilt. In diesem Handbuch finden Sie eine Beschreibung des didaktischen Prozesses der Module sowie grundlegende Informationen zu jedem Thema. Leser*innen der deutschsprachigen Version finden neben Informationen in deutscher Sprache auch ergänzende Verweise auf englischsprachige Materialien. Jedes Modul wird durch zahlreiche Materialien wie Factsheets, Übungsbeschrei- bungen, Checklisten, Videos und Fachtexte ergänzt. Die Materialien sind leicht durch den grünen Pfeil und die Symbole zu erkennen, z.B. è Factsheet 1.1. Zu den Materialien gelangen Sie über diesen Link: https://t1p.de/anhang (pdf-Dokument) 4
Die Inputs, weiterführenden Ressourcen und Materialien ermöglichen individuelles, selbst- gesteuertes Lernen durch das Lesen und Durcharbeiten von Online-Ressourcen sowie das Lösen kurzer Übungsaufgaben. Die Module bauen aufeinander auf. Es ist möglich, den ge- samten Kurs zu absolvieren oder einzelne Module auszuwählen, falls gezielt ein bestimmtes Thema vertieft werden soll. Alternativ können Sie die Inhalte als Workshop für andere Fachkräfte oder Teammitglieder durchführen. Hinweise für die Durchführung von Workshops ermeiden Sie Frontalunterricht bei der Bearbeitung dieser Module mit den V Teilnehmenden. Statt Vorträge zu halten, sollten Sie den Teilnehmenden die Möglichkeit geben, selbst Lernerfahrungen zu sammeln, voneinander zu lernen und mehr über Diversität und Behinderung herauszufinden. Fördern Sie Reflexion und Selbstreflexion, damit die Teilnehmenden ihre eigenen Schlüsse ziehen können. Stehen Sie zur Verfügung, um Fragen zu beantworten. Helfen Sie den Teilnehmenden dabei, selbst Antworten auf ihre Fragen zu finden. Danksagung Wir danken allen, die an der Entwicklung der Qualifizierungsmodule beteiligt waren: den Expertinnen und Experten der internationalen Arbeitsgruppe, der Expert*innengruppe von VISION:INCLUSiON und den Autor*innen Karina Chupina, Milanka Nikolic und Eike Totter. Alle Links sind sorgfältig ausgewählt und geprüft. Trotzdem kann es passieren, dass ein Link nicht mehr aktuell ist. Oder Sie kennen weiteres Informationsmaterial, das aufgeführt wer- den sollte. In solchen Fällen freuen wir uns über Ihre Hinweise per E-Mail an: vision-inclusion@ijab.de. 5
MODUL 1 Es ist normal, verschieden zu sein: Diversität und Inklusion als Chance für alle # Viele Gründe für Inklusion Kurzbeschreibung Dieses Modul zeigt, wieso Inklusion ein wichtiges Menschenrecht darstellt und warum wir alle von einer inklusiven Gesellschaft profitieren. Lernziel Am Ende dieses Moduls werden Sie: wissen, weshalb der Begriff „Normalität“ fragwürdig ist und wieso Vielfalt die Norm darstellt, verstehen, dass Behinderung zur Natur des Menschen gehört, mehr über das politische Rahmenwerk für die Rechte von Menschen mit Behinderungen wissen und herausgefunden haben, was Inklusion von Menschen mit Behinderungen eigentlich bedeutet. 6
MODUL 1: Es ist normal, verschieden zu sein Sehen Sie sich Lanas Einleitungsvideo an: https://t1p.de/intro1 (YouTube) Den Text zum Video gibt es hier: èSkript 1.0. 1. Was ist eine Behinderung? Was beinhaltet das soziale Modell von Behinderung? Input derungen sind Teil der menschlichen Natur, wie Menschen mit Behinderungen gelten als die viele von uns im Laufe des Leben selbst erfahren. weltweit größte Minderheit. Laut Schätzungen Obwohl Behinderung oft mit dem Bild einer Per- der Weltgesundheitsorganisation haben über son im Rollstuhl assoziiert wird, sind ungefähr eine Milliarde Menschen, circa 15 % der Weltbe- 70 % der Behinderungen nicht sichtbar4. völkerung, irgendeine Form von Behinderung, und nur circa 5 % davon sind angeboren1. Stel- Wir alle können, unabhängig davon, ob wir ei- len Sie sich das einmal vor: Das bedeutet, dass nen Behindertenausweis haben oder nicht, aus jeder siebte Mensch eine Behinderung hat. unterschiedlichen Gründen manchmal nicht so handeln, wie wir möchten. Zum Beispiel erle- Manche Behinderungen ben wir eine Beeinträchtigung, wenn wir im Su- sehen so permarkt einkaufen und die Angaben auf den oder so aus. Verpackungen nicht lesen können, weil sie so klein gedruckt sind. Man fühlt sich gezwungen, etwas zu kaufen, das man nicht ganz versteht. Aber viele Reflexion Behinderungen Fühlen Sie sich manchmal so als hätten Sie sehen auch eine Behinderung? In welchen Situatio- einfach so aus. nen fühlen Sie sich behindert? Können Sie in solchen Situationen nicht so handeln, wie Sie möchten oder müssen? Dem Entwicklungsprogramm der Vereinten Na- tionen zufolge leben 80 % der Menschen mit Be- Haben Sie Menschen mit Behinderungen hinderungen in Entwicklungsländern2, und die in Ihrem Freundes- oder Bekanntenkreis Weltbank schätzt, dass 20 % der ärmsten Men- (Kolleg*innen, Verwandte usw.)? schen der Welt eine Behinderung haben3. Behin- Wie würden Sie Behinderung definieren? 1 2 United Nations (2008): “Mainstreaming disability in the development agenda (E/CN.5/2008/6)”. 3 UN DESA Factsheet on Persons with Disabilities. 4 Invisible Disabilities Association.
Während Behinderungen im medizinischen Modell von Behinderung als ein zu lösendes medizinisches Problem angesehen werden, unterscheidet das soziale Modell zwischen einer Behinderung und einer Beeinträchti- gung, wobei Behinderungen ein von der Ge- sellschaft erzeugtes Problem darstellen, die es nicht schafft, Barrieren für die Teilhabe be- einträchtigter Menschen zu entfernen. Daher „konzentriert sich das soziale Modell darauf, Barrieren zu beheben, positive Haltungen zu Input fördern und Gesetze und politische Leitlinien Es gibt keine einheitliche Definition von Be- voranzubringen, die die Ausübung einer voll- hinderung. Die Definitionen unterscheiden ständigen Teilhabe sowie Schutz vor Diskrimi- sich von Land zu Land. Im internationalen nierung gewährleisten.“7 Verständnis und gemäß der UN-Behinderten- rechtskonvention ist Behinderung das Ergeb- Das soziale Modell von Behinderung hat zum nis, das aus der „Wechselwirkung zwischen Menschenrechtsmodell von Behinderung ge- Menschen mit Beeinträchtigungen und führt, demzufolge Menschen mit Behinderun- einstellungs- und umweltbedingten Barrie- gen die gleichen Menschenrechte wie allen ren entsteht, die sie an der vollen, wirksamen anderen zustehen und sie in der Lage sind, und gleichberechtigten Teilhabe an der Ge- selbst über ihr Leben zu entscheiden. sellschaft hindern.“5 Unter dem Begriff „Beein- trächtigungen“ wird hier der Verlust oder eine Die UN-Konvention fordert eine Umsetzung Störung einer mentalen, physiologischen oder der Inklusion in allen Lebensbereichen. Lesen physischen Struktur oder Funktion, wie Läh- Sie mehr über die wichtigsten Grundsätze der mung oder Blindheit, verstanden. UN-Konvention und warum sie auch die Inter- nationale Jugendarbeit betreffen. Gemäß der UN-Konvention zählen zu den Men- è Factsheet 1.2. schen mit Behinderungen Personen, „die lang- fristige körperliche, seelische, geistige oder Sin- Sehen Sie sich die folgenden Videos zum sozi- nesbeeinträchtigungen haben […].“ Inwiefern alen Modell an, um nachzuvollziehen, mit wel- diese Beeinträchtigungen eine Person behin- cher Art von Barrieren Menschen mit Behinde- dern, hängt jedoch von den Arten der Barri- rungen in ihrem Alltag konfrontiert werden: eren ab, mit denen sich die Menschen in der Gesellschaft konfrontiert sehen.6 https://t1p.de/barr1 Beispiele von Barrieren è Factsheet 1.1. (in Englisch, YouTube) Die Behinderung entsteht durch die Weise, in der die Gesellschaft auf die Beeinträch- https://t1p.de/barr2 tigung reagiert. So wird Behinderung im (in Englisch, YouTube) sozialen Modell von Behinderung definiert. 5 Präambel (5) Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (UN-BRK) (2008) vom 13. Dezember 2006. In: Bundesgesetzblatt 2008 Teil II Nr.35, S. 1419-1457. 6 Artikel 1 Satz 2 UN-BRK (2008). 7 Council of Europe: “Disability and Disabilism.” 8
MODUL 1: Es ist normal, verschieden zu sein Viele dieser Barrieren existieren aufgrund von Übung: Unkenntnis oder Angst vor Behinderung. Wir Was ist Ausgrenzung und tendieren dazu, Angst vor dem Unbekannten wie fühlt sie sich an? zu haben. Manchmal fällt es schwer, die Welt Unter sozialer Ausgrenzung wird in der Regel aus der Perspektive von Menschen mit Behin- verstanden, dass Menschen an einer vollstän- derungen zu sehen. digen Teilhabe am wirtschaftlichen, sozialen, politischen und kulturellen Leben gehindert Was sind die häufigsten Mythen zum Thema werden. Was bedeutet Ausgrenzung für Men- Behinderung? schen mit Behinderungen? Führen Sie diese kurze Übung durch. Übertragen Sie das Ge- “Basic Myths about Disability” lernte anschließend auf die Realität und dis- (Huffpost) https://t1p.de/Mythen kutieren Sie echte Beispiele und Barrieren. (Englisch) è Übung 1.3. 2. Was bedeutet Inklusion für Menschen mit Behinderungen? Input: Die Inklusion geht von einem Gesellschafts- Das soziale Modell ist die Grundlage für die In- system aus, in dem keine als Norm gelten- klusion von Menschen mit Behinderungen. Es den Regelstrukturen mehr vorherrschen. Die spiegelt das Motto der Behindertenbewegung Rahmenbedingungen sind so gestaltet, dass „Nichts über uns ohne uns“ wider, das aussagt, sich jeder Mensch mit seinen individuellen dass jegliche Entscheidungen über das Leben Besonderheiten und Bedürfnissen einbringen von Menschen mit Behinderungen mit ihrer kann, ohne Anpassungsleistungen erbringen Beteiligung getroffen werden müssen – und zu müssen. Inklusion beschreibt eine Gesell- nicht von Expert*innen oder medizinischen schaft, in der Vielfalt die anerkannte Norm ist. 9 Fachkräften, die die Kontrolle über ihr Leben übernehmen. Die Inklusion von Menschen mit Behinderungen sollte proaktiv und bedingungslos er- Um die Begriffe Integration und Inklusion, die folgen – idealerweise, bevor ein Bedarf besonders im deutschsprachigen Raum häufig geäußert wird, noch synonym verwendet werden, voneinan- ist mehr ist als ein bloßer Zusatz oder ein der abzugrenzen, kann das folgende Schau- Entgegenkommen, bild hilfreich sein.8 8 Kreisau-Initiative e.V. (Hrsg.) (2013): Alle anders verschieden. BHP Verlag, p.9. 9 IJAB (Hrsg.) (2017): VISION:INKLUSION Eine Inklusionsstrategie für die Internationale Jugendarbeit, S.11-12. 9
erfordert einen kompletten System keits-Ansatz stellt fest, dass manche Menschen wandel und nicht nur eine Systeman einen größeren Nachteil als andere haben, und passung (letzteres wäre Integration, nicht versucht, diese Nachteile durch zusätzliche Inklusion), Unterstützung auszugleichen, auch wenn das verlangt mehr als die Entfernung von Bar- bedeutet, dass die Ressourcen unterschiedlich rieren und Risikofaktoren; Investitionen verteilt werden. Gerechtigkeit ist eine Grund- und konkretes Handeln sind erforderlich, lage für den laufenden Inklusionsprozess um den nötigen Rahmen für Inklusion und Unterstützung zu schaffen, Reflexion: bedeutet Gleichberechtigung in Bezug auf Was kann bei Jugendprojekten unternommen Status, Umgang und Respekt, was jedoch werden, damit es mehr Gerechtigkeit für Teil- nicht heißt, dass wir alle gleiche Leistun- nehmende mit Behinderungen gibt? gen erbringen müssen. Stattdessen wird ein Ansatz gerechter Behandlung verfolgt. Zum Beispiel können folgende unterstützende Maßnahmen getroffen werden: Was bedeutet gerechte Behandlung? Gerech- einfache Projektformate – mit niedrig- tigkeit (engl. „equity“) ist nicht dasselbe wie schwelligem Zugang für Teilnehmende, Gleichberechtigung (engl. „equality“). Gerech- die zum ersten Mal dabei sind tigkeit bedeutet, dafür zu sorgen, dass alle Zu- zusätzliche Mittel – für Barrierefreiheit gang zu den Ressourcen und Möglichkeiten oder ergänzendes Mentoring, persönliche haben sowie die Eigenverantwortung, die sie Assistenz, Hilfsmittel brauchen, um ihr volles Potenzial auszuschöp- fen (SALTO-YOUTH Inclusion, 2014). Bei dem zusätzliche Unterstützung – sprachliche Gerechtigkeits-Ansatz werden ungerechte Unterstützung, ein Planungsbesuch vor- Unterschiede berücksichtigt, um einen fairen ab bei der ausrichtenden Organisation, Prozess zu gewährleisten und schließlich ein weitere Gruppenleiter*innen usw. gerechtes Ergebnis zu erzielen. Der Gerechtig- Gleichberechtigung oder Gerechtigkeit? – Equality versus Equity von Craig Froehle 10
MODUL 1: Es ist normal, verschieden zu sein Input: ist eine Form der Unterdrückung, ver- Eine häufige Fehlannahme ist, Barrierefreiheit gleichbar mit Rassismus, Sexismus und mit Inklusion gleichzusetzen. Doch dem ist nicht Homophobie, so. Die Barrierefreiheit ist ein nötiger Schritt auf ist institutionalisierte Diskriminierung dem Weg hin zur Inklusion, ersetzt diese jedoch oder persönliches Vorurteil, nicht. Tatsächlich stellt Barrierefreiheit für Men- schen mit Behinderungen eine Grundvorausset- erfolgt oft unbewusst. zung für gesellschaftliche Teilhabe auf Augen- höhe dar. Wie eine Behindertenrechtsaktivistin Ein Beispiel für Behindertenfeindlichkeit ist die sagte: „Barrierefreiheit ist schön, aber nicht alles. sogenannte „Inspirationspornographie“. Falls Ich war schon an vielen barrierefreien Orten mit Sie Stella Youngs Video zu dem Thema noch einer dürftigen Einstellung.“ nicht gesehen haben, klicken Sie bitte hier: Hier sind einige Beispiele einstellungsbe- dingter Barrieren: è Factsheet 1.4. “I am Not Your Inspiration, Thank You Very Much”: Inklusion bedeutet die Bedürfnisse eines je- https://www.youtube.com/ den Menschen zu respektieren. Um eine tat- watch?v=8K9Gg164Bsw sächliche Inklusion von Menschen mit Behin- (Englisch) derungen zu erreichen, muss eine Umgebung geschaffen werden, in der vollständige Teilha- Viele meinen, dass behinderte Menschen vor be möglich ist und jegliche in der Gesellschaft allem mit ihren Behinderungen oder den Fol- verankerten, behindertenfeindlichen Haltun- gen ihrer Beeinträchtigung zu kämpfen haben, gen eliminiert werden. dabei stellt für viele behinderte Menschen die Behindertenfeindlichkeit in der Gesellschaft Inklusion = Barrierefreiheit + die größte Barriere für die Inklusion dar. Gerechtigkeit + Einstellung + Teilhabe + Nichtdiskriminierung Übung: Diese Übung in Form einer Debatte stößt die Teilnehmenden dazu an, aktiv über Behinde- Behindertenfeindlichkeit rung und Inklusion zu reflektieren, Stereotype ist diskriminierendes, repressives, miss- zu entlarven, unterschiedliche Meinungen zu bräuchliches Verhalten, das aus dem respektieren und sich in Empathie zu üben. Glauben heraus entsteht, dass behinderte è Übung 1.5. Menschen minderwertiger als andere sind, 3. Reflexion über Normalität, Diversität und Intersektionalität Input: wählte Eigenschaften, ohne die Menschen als Normalität Ganzes, einschließlich ihrer unterschiedlichen Unsere Wahrnehmung dessen, was normal Identitäten zu betrachten. Inklusion verlangt ist, hat sich im Laufe der Zeit verändert. Soge- jedoch einen Paradigmenwechsel hin zu ei- nannte „Normalität“ wird von mächtigen Men- ner Gesellschaft, in der Vielfalt die akzeptierte schen in Schlüsselpositionen definiert. Der Norm darstellt.10 Begriff reduziert Personen auf wenige ausge- 10 IJAB (Hrsg.) (2017): VISION:INKLUSION Eine Inklusionsstrategie für die Internationale Jugendarbeit. 11
Diversität Der Begriff Diversität spiegelt die Struktur heutiger Gesellschaften wider. Er umfasst eine Spannbreite ethnischer, religiöser und kultu- reller Identitäten sowie eine Vielzahl körperli- cher, sensorischer, geistiger und psychischer Fähigkeiten sowie sexueller Orientierungen. Für manche ist Diversität eine gesellschaftli- che Tatsache, für andere möglicherweise das gewünschte Ergebnis einer konkreten Maß- nahme, wie die Förderung von Diversität in und haben Auswirkungen auf die Erfahrungen der Belegschaft. Multikulturelle Ansätze, die eines Menschen. Darüber hinaus führen sie zu ausschließlich auf ethnische Minderheiten ungleichen Situationen, die sich nicht nur auf abzielen, werden zunehmend durch ein allge- eine Dimension zurückführen lassen. meineres Verständnis von Verschiedenheit er- setzt. Alle können Teil der Vielfalt sein. Und alle So kann es sein, dass beispielsweise Frauen möchten in dem Sinne divers sein, dass sie ein- mit Behinderungen, LGBTQI+-Geflüchtete zigartig sind und sich von der Masse abheben. oder schwarze Frauen qualitativ anders diskri- miniert werden als ihre männlichen, weißen Diversität hat viele Dimensionen, unter ande- und nicht-behinderten Gegenüber. Wie un- rem Alter, Gender, Ethnie, Nationalität, Spra- terschiedlich Menschen aufgrund ihrer ver- che, Kultur, Religion, sozialer Status, Behinde- schiedenen Identitäten von Diskriminierung rung und sexuelle Orientierung. betroffen sind, wird nur selten in den Anti-Dis- kriminierungs-Gesetzen der EU-Mitgliedstaa- Übung: ten behandelt. Auf Ebene der Einzelpersonen Applaus für die Identitäten kann das zu einer Verletzung ihres Rechts auf Dieser Energizer veranschaulicht, dass eine Gleichbehandlung führen. Auf Strukturebe- Identität mehr ist als Zuschreibungen, Arten ne können Anti-Diskriminierungs-Gesetze, in von Behinderung oder wahrgenommene Rol- denen intersektionelle Diskriminierung nicht len und Gender. Auch gut geeignet, um eine berücksichtigt wird, die Diskriminierung der Diskussion zu Intersektionalität vorzubereiten. zu schützenden Personen sogar verstärken. è Übung 1.6. Nehmen wir die Kategorie „Frauen“: hier ist das Risiko systemischer Diskriminierung für Input: Migrantinnen, Frauen mit Behinderungen Intersektionalität oder Roma-Frauen vergleichsweise höher. Sie In Europa wurde dem Begriff der Intersek- werden häufig von Gleichstellungsmaßnah- tionalität in den letzten zehn Jahren viel men, die sich nur auf „Gender“ als Hauptdi- Aufmerksamkeit geschenkt. Statt sich auf mension konzentrieren, ausgeschlossen, was einzelne Diskriminierungsdimensionen zu wiederum zu Gender-Ungerechtigkeit führt.11 konzentrieren (z. B. Gender oder Ethnie oder Behinderung), untersucht der intersektionel- Warum ist Intersektionalität für die Inter- le Ansatz die multidimensionale Natur der nationale Jugendarbeit wichtig? menschlichen Erfahrungen und Identitäten. Ohne die Berücksichtigung von Intersekti- Hautfarbe, Gender, Behinderung und sexuel- onalität können Programme den konkreten le Orientierung beeinflussen sich gegenseitig Benachteiligungen und Ausgrenzungsmecha- 11 CIJ and ENAR Report (2020): Intersectional discrimination in Europe: relevance, challenges and ways forward. 12
MODUL 1: Es ist normal, verschieden zu sein nismen, mit denen Jugendliche mit Behinde- Reflexion / Diskussion: rungen zu kämpfen haben, nicht erfolgreich Was verstehen Sie unter Inklusion? Was begegnen. Um bei Ansätzen der Jugendarbeit bedeutet Inklusion für unterschiedliche inklusiv zu sein, müssen wir unsere Projekte Menschen? durch die Brille der Intersektionalität betrach- Welche Vorteile bringt Inklusion mit sich? ten und auf eine mehrfache Verwundbarkeit achten, die das Ergebnis von mehr als einer zu- geschriebenen oder intrinsischen Identität ist. Übung: Power Flowers Sehen Sie sich dieses Video (1 Min.) zu Inter Füllen Sie Power Flowers aus, um Überlegun- sektionalität und Behinderung an: gen zu Vor- und Nachteilen, Diskriminierung und Privilegien anzustoßen. è Übung 1.7. There is No Justice without Disability https://youtu.be/3L1dUJIhexg (Englisch) Reflexion (individuell oder in der Gruppe) und Transfer in die Praxis Inwiefern bilde ich bzw. bildet meine Warum wird Behinderung in Diskussionen Organisation „Normalität“ ab? über Diversität oft vergessen? Wie kann die Sichtbarkeit von Behinderung gestärkt Welche Gewohnheiten kann ich bzw. mei- werden? ne Organisation leicht ändern? Wie kann ich in meiner Arbeit einen inter- Wie würde sich das auf unterschiedliche sektionellen Ansatz verfolgen und so die Personen (Teilnehmende, Teamende, Or- unterschiedlichen Dimensionen berück- ganisierende, Eltern, Umfeld) auswirken? sichtigen, die die Diskriminierung einer Person verstärken? 13
Sie wollen mehr wissen? IJAB (Hrsg.) (2017): VISION:INKLU- Deutsches Institut für Menschen- SION Eine Inklusionsstrategie für rechte (2020): KOMPASS Hand- die Internationale Jugendarbeit, buch zur Menschenrechtsbil- “Menschenrechtliche, jugend- dung für die schulische und politische und konzeptionelle Grundlagen außerschulische Bildungsarbeit. einer inklusiven Internationalen Jugendar- https://t1p.de/kompass-de (pdf-Dokument) beit” pp.10-25. (auch in Englisch). https://t1p.de/VI-d (pdf-Dokument) Auch in Englisch und vielen wei- teren Sprachen: https://t1p.de/ DARE DisAble the barRiErs - www. compass-int (Webseite) dare-project.de (2020): DARE Leitfaden für Inklusion, Kapi- Speech on Intersectional di- tel 1 „Es ist einfacher, als man scrimination, Disability and denkt!“ (auch in Englisch und weiteren Spra- Black Lives Matter (Englisch, chen). https://t1p.de/dare-de (pdf-Dokument) Transcript). https://t1p.de/intersec (pdf-Dokument) SALTO Youth Inclusion Resource Center (2014): Inclusion from A SALTO Youth Inclusion Resource to Z: A compass to internatio- Center (2017): An introducti- nal Inclusion projects. (in Eng- on to diversity management lisch, auch in Spanisch und Russisch verfüg- in youth work. (Englisch). bar). https://t1p.de/InclA-Z (pdf-Dokument) https://t1p.de/divManag (pdf-Dokument) Übereinkommen der Vereinten MitOst Editions (2014): Di- Nationen über die Rechte von versity Dynamics: Activa- Menschen mit Behinderungen ting the Potential of Diver- (UN-BRK) (2008) vom 13. De- sity in Trainings. (Englisch). zember 2006. In: Bundesgesetzblatt 2008 Teil https://t1p.de/divDyn (Webseite) II Nr. 35, S. 1419-1457. https://t1p.de/UNBRK (Webseite) Einleitung auch auf Deutsch: https://www.mitost.org/ueber-uns/mitost- Aktion Mensch: Umfangreiche editions/diversity-dynamics.html Übersichtsseite zum Thema Rech- te von Menschen mit Behinde- rung. https://www.aktion-mensch. de/inklusion/recht.html 14
MODUL 2: Schritt für Schritt zu einer Kultur der Inklusion MODUL 2 Schritt für Schritt zu einer Kultur der Inklusion # Eine inklusive Haltung fördern Kurzbeschreibung Dieses Modul hilft Fachkräften eine inklusive Denkweise zu entwickeln und zu fördern sowie die Bedarfe von beeinträchtigten Teilnehmenden zu verstehen. Fachkräfte und Organisierende von Jugendprojekten sollten sich dabei weniger als Expert*innen sehen. Stattdessen sind die unterschiedlichen Menschen, mit denen sie arbeiten, die Expert*innen ihres eigenen Lebens und einzigartige Wissensquellen. Lernziele Am Ende dieses Moduls werden Sie als Fachkraft im Jugendbereich wissen: wie Sie Jugendliche inklusiv einbinden können, welche Herausforderungen es bei der Arbeit mit inklusiven Gruppen gibt und wie Sie die Bedürfnisse junger Menschen für inklusive Teilhabe und Lernen besser erkennen und verstehen. 15
Sehen Sie sich Lanas Einleitungsvideo an: https://t1p.de/intro2 (YouTube) Den Text zum Video gibt es hier: è Skript 2.0. 1. Eine inklusive Kultur schaffen Input: den Leitungsgremien bis zu den Fachkräften Internationale Jugendarbeit sollte allen jun- vor Ort, aus allen Abteilungen und Bereichen – gen Menschen die Möglichkeit geben, von müssen Verantwortung dafür übernehmen, ihr zu profitieren – um das zu erreichen, muss dass Inklusion in jeder Phase der Planung und sie Inklusion stärker fördern. Jegliche Beteilig- Durchführung von Aktivitäten sichergestellt ten (Träger der internationalen Jugendarbeit, wird. Förderstellen, Forschende, Selbstvertretungs- organisationen, Behindertenorganisationen, Es kann jedoch Situationen geben, in denen Leitungskräfte und Team-Mitglieder, Teilneh- junge Menschen mit Behinderungen be- mende mit und ohne Beeinträchtigungen, El- stimmte Fähigkeiten lieber in einem sicheren tern) auf allen Ebenen (lokal, regional, national Umfeld erlernen und weiterentwickeln, zu- und international) sollten dazu beitragen, eine sammen mit Gleichgesinnten, die ähnliche Inklusionskultur zu schaffen und sich dabei Behinderungen, Herausforderungen oder gegenseitig unterstützen.12 Ziele haben. Solche Trainings für Menschen mit gleichen oder unterschiedlichen Arten der Kurz gesagt bedeutet Inklusion bei Jugend- Beeinträchtigung befähigen junge Menschen aktivitäten, dass sich alle Teilnehmenden als mit Behinderungen und geben ihnen das nöti- Teil der Gruppe wahrnehmen, in den Prozess ge Selbstvertrauen, um auch an Veranstaltun- eingebunden sind und Respekt und Wert- gen für Menschen ohne Behinderung teilzu- schätzung erfahren. Das kann erreicht werden, nehmen. Dafür steht der zweigleisige Ansatz: indem der Mensch als Ganzes gesehen und zum einen Programme, sie sich gezielt an be- Vielfalt begrüßt wird, statt eine Gruppe in „wir“ hinderte Menschen richten und zum anderen und „die“ zu unterteilen. Eine wichtige Voraus- inklusive Programme für junge Menschen mit setzung hierfür ist, dass sich alle mit Fairness, und ohne Behinderungen. Toleranz und Respekt begegnen. Denken Sie immer daran: Um Inklusion zu erreichen, ist Übung: Respekt allein nicht genug – wir müssen han- Ein Online-Quiz – Was wissen Sie deln! über die Situation von Menschen mit Behinderung? Inklusion ist eine bewusste Entscheidung, die è https://t1p.de/quizz wir für jede Phase unserer Aktivitäten treffen. (Übung 2.1.) Alle in der internationalen Jugendarbeit – von 16 12 IJAB (Hrsg.) (2017): VISION:INKLUSION Eine Inklusionsstrategie für die Internationale Jugendarbeit.
MODUL 2: Schritt für Schritt zu einer Kultur der Inklusion 2. Eine inklusive Haltung entwickeln Input: Empathie (und ein Verständnis für ihre Inklusion beginnt in unseren Köpfen. Eine in- Grenzen), klusive Haltung ist essenziell für den Umgang eine proaktive Haltung (Proaktivität ist die mit Diversität und dem Aufbau einer echten Grundlage für Inklusion) und Reagieren Inklusionskultur, die sowohl vom Team als auf erkannte Bedürfnisse, auch von den Teilnehmenden gelebt wird. So wird die Vielfalt einer Gruppe zu ihrer Stärke die Person hinter der Behinderung sehen, und fördert ihr Potenzial. ein Bewusstsein für Stereotype und Vorur- teile zu Behinderung entwickeln, Reflexion: Selbstüberprüfung auf unbewusste Was verstehen Sie unter einer „inklusiven Hal- Stereotypisierung und Stigmatisierung tung“? Wie können Sie diese entwickeln? in Bezug auf Behinderungen oder Un- terschiedlichkeiten der Teilnehmenden Input: (Zuschreiben von Eigenschaften und Für Fachkräfte der Jugendarbeit und Teamen- Charakterzügen, die nicht unbedingt de ist es wichtig, innerlich bereit und aufge- zutreffend sind), schlossen für die Arbeit mit diversen, hetero- genen Gruppen zu sein. Dazu gehört auch, die Aufgeschlossenheit dafür, in verschiede- eigenen Sorgen und Ängste über mögliche nen Phasen eines Projekts Anpassungen Schwierigkeiten zu erkennen und diese kons- vorzunehmen und flexibel zu bleiben, truktiv mit anderen Teammitgliedern zu teilen, Kreativität und Einfallsreichtum (oft eben- bei unterschiedlichen Gruppendynamiken so wichtig wie finanzielle Mittel oder und Bedürfnissen Geduld zu bewahren und Barrierefreiheit), offen dafür zu sein, die eigenen Stereotype zu Ambiguitätstoleranz (die Fähigkeit, Behinderung zu hinterfragen. Mehrdeutigkeit auszuhalten und zu akzeptieren), Eine inklusive Haltung und Bereitschaft zur Inklusionsarbeit erfordern unter anderem fol- aus sich selbst heraus gehen / von außen gende Einstellungen und Kompetenzen: betrachten (die Sicht von außen erlaubt Wertschätzung von und Respekt für es uns, unsere Prinzipien, Vorurteile und Diversität, Stereotype zu hinterfragen und gleichzei- tig unveräußerliche Werte beizubehalten, Wertschätzung der Unterschiede (unter- die Teil unserer Identität sind), schiedliche Begabungen, Fähigkeiten, Eigenschaften, Werte und Erfahrungen), Verwendung inklusiver Sprache, die Be- hindertenrechte und Diversität berück- sichtigt, voreilige Schlüsse oder Meinungen über Teilnehmende vermeiden (z. B. über ihre Fähigkeiten), Selbstreflexion und eigenes Hinterfragen, Neuausrichtung von Wahrnehmungen und Gefühlen. 17
Videos: Kurzes Video über Empathie (vs. Sympathie): https://www.youtube. com/watch?v=1Evwgu369Jw (Englisch) “All that we share” on people’s diversity, appreciating it and seeing beyond the “boxes”: https://youtu.be/jD8tjhVO1Tc (Englisch) Übung: Empathie und Dezentrierung des Selbst Why does tolerance of ambiguity (für Gruppen von vier oder fünf Personen) matter and how to develop it? Ziel dieser Übung ist es herauszufinden, wie https://youtu.be/CxrTAVtKH-E sich Menschen in einer Gruppe gegenseitig (Englisch) wahrnehmen und sich aus der Perspektive an- derer zu verstehen. è Übung 2.2. 3. Eine Vielzahl individueller Unterschiede: inklusive Gruppen Input: mit Behinderungen – teilhaben können. Das Bei der Organisation und Durchführung von ist Inklusion in Aktion. internationalen Jugendbegegnungen wissen wir nie, wen wir antreffen werden. Oft kennen Der inklusive „mixed-ability“-Ansatz berück- wir den Veranstaltungsort und die Gegeben- sichtigt, dass alle jungen Menschen unter- heiten nicht. Sie werden also nicht die eine schiedliche Fähigkeiten haben und mög- perfekte Lösung für Ihre Gruppe parat haben, licherweise Unterstützung benötigen, um insbesondere dann nicht, wenn es sich um uneingeschränkt teilhaben zu können. Die Ar- eine inklusive Gruppe junger Menschen mit beit mit inklusiven Gruppen entspricht einer und ohne Behinderungen handelt. neuen Herangehensweise an internationale Jugendbegegnungen, non-formale Bildungs- SALTO-YOUTH Inclusion definiert eine inklu- angebote und Qualifizierungen. Ein wichtiger sive Gruppe („mixed-ability group”) als eine Aspekt von Inklusivität ist, dass sich nicht alle Gruppe, die positive Erfahrungen durch ge- auf die gleiche Weise beteiligen müssen. Es meinsames Arbeiten, Spielen und Zusammen- ist in Ordnung, Dinge unterschiedlich anzu- sein ermöglicht, wobei Barrieren abgebaut gehen, um zu dem gewünschten Ergebnis zu und Herausforderungen angenommen wer- kommen (solange die Gruppen nicht nach der den.13 Art der Beeinträchtigung ihrer Mitglieder un- terteilt werden). Eine inklusive Gruppe spiegelt die Vielfalt der Gesellschaft wider. Sie schafft und erhält einen Um eine wirklich inklusive Gruppe aufzubau- Raum, in dem die Bedürfnisse aller erfüllt wer- en, bedarf es sorgfältiger Planung und Vor- den, so dass alle Jugendlichen – nicht nur die bereitung (nicht vergessen: Inklusion ist ein 13 SALTO-YOUTH Inclusion (2008): No Barriers, No Borders – a practical booklet for setting up international mixed-ability youth 18 projects.
MODUL 2: Schritt für Schritt zu einer Kultur der Inklusion Prozess!). Wenn Sie lediglich junge Menschen sind selbst die Expert*innen in Bezug auf die mit Behinderungen in eine bestehende Grup- von ihnen benötigte Unterstützung und Bar- pe junger Menschen ohne Behinderungen rierefreiheit, daher sollten Organisierende und einladen und dabei nicht auf die individuellen Teamende bei ihnen erfragen, welche Formen Bedürfnisse aller Teilnehmenden eingehen, er- der Unterstützung und Anpassung nötig sind, reichen Sie keine inklusive Gruppe. damit sie Teil der Gruppe sein können. Reflexion: Bei der Planung und Durchführung von Aktivi- (individuell oder in der Gruppe) täten mit inklusiven Gruppen sollte zunächst Welche Situationen empfinde ich bei der Ar- auf die Barrierefreiheit, Teilhabe und Lernbe- beit mit diversen oder inklusiven Gruppen als dürfnisse der Teilnehmenden geachtet werden, besonders schwierig? statt sich (bewusst oder unbewusst) auf ihre Be- einträchtigungen oder Erkrankungen zu kon- Input: zentrieren. Selbst innerhalb einer Gruppe von Was könnte die Arbeit mit inklusiven Gruppen Menschen mit der gleichen Beeinträchtigung erleichtern? unterscheiden sich die individuellen Bedürfnis- Behinderungen als unterschiedliche se stark. Dennoch sollten die Verantwortlichen Formen des Lernens und/oder der Beteili- die unterschiedlichen Bedürfnisse für einen gung verstehen, barrierefreien Zugang und das Lernen der Teil- nehmenden kennen und über ihre Behinderun- auf Stärken und Fähigkeiten der Teilneh- gen bzw. Beeinträchtigungen informiert sein. menden konzentrieren (ohne ihre Ein- Diese sensiblen Informationen sollten vorab schränkungen außer Acht zu lassen), mit entsprechendem Feingefühl eingeholt wer- sich eine inklusive Aktivität als einen Kurs den (siehe Materialien in Modul 3). mit unterschiedlichen Formen des Ler- nens und der Beteiligung vorstellen, mit Wenn Sie ein neues, spannendes Projekt mit Unterschieden in Bezug auf Wissensstand, einer inklusiven Gruppe entwickeln, ist es Geschwindigkeit, Sammeln und Deuten wichtig ein diverses und inklusives Team von von Informationen sowie Formen der Fachkräften der Jugendarbeit zusammenzu- Beteiligung. stellen. Diese strategische Entscheidung kann dabei helfen, In inklusiven Gruppen gibt es behinderte Ju- mehr über Jugendarbeit im Zusammen- gendliche mit unterschiedlichen Vorausset- hang mit Behinderung zu lernen, zungen und Bedürfnissen. Um in einer solchen dass sich Teilnehmende mit Behinderun- Gruppe Gleichberechtigung (equality) zu errei- gen während der Aktivität wohler fühlen, chen, müssen wir einen Gerechtigkeits-Ansatz (equity) verfolgen. So benötigen Teilnehmen- den Teilnehmenden Vorbilder zu zeigen, de mit eingeschränkter Sehfähigkeit Handouts mit denen sie sich identifizieren können, in großer Schrift, während Teilnehmende mit mehr Einblicke in die verschiedenen Zu- eingeschränkter Hörfähigkeit Unterstützung gangs- und Lernbedürfnisse der Teilneh- durch Schriftdolmetscher*innen und schrift- menden mit Behinderungen zu erlangen.14 liche Handouts benötigen, um den Inhalten folgen zu können. Gehörlose Teilnehmende benötigen eine Verdolmetschung in Gebär- densprache. Jugendliche mit Behinderungen 14 Chupina K., Georgescu M. (eds.), Martin K., Todd Z., Saccone M. and Ettema M. (2017): Yes to Disability in Non-Formal Educa- tion! Making Human Rights Education Inclusive for Youth with Disabilities. Unveröffentlichtes Manuskript, Europarat. 19
4. Herausforderungen bei der Arbeit mit inklusiven Gruppen meistern Input: Im Allgemeinen gibt es bei der Planung von Egal wie oft Sie bereits mit inklusiven Gruppen Aktivitäten mit inklusiven Gruppen vier Ar- gearbeitet haben oder ob es das erste Mal ist, ten von Herausforderungen für Teilnehmende die Erfahrung wird jedes Mal anders sein. Neue und Organisierende: sensible Themen müssen behandelt und mit Methodische und pädagogische Heraus- neuen Stereotypen umgegangen werden. forderungen (passende Methoden für die Selbst Teilnehmende oder Teammitglieder mit Gruppenarbeit, wechselnde Gruppendy- Behinderungen können Vorurteile über andere namik, unterschiedliche Ansätze usw.), Behinderungen haben. Jede Aktivität mit einer einstellungsbedingte Herausforderungen inklusiven Gruppe muss angepasst werden. In- (Ängste, Vorurteile bei Teilnehmenden klusion herzustellen ist ein stets gegenwärtiger, und Organisierenden), kontinuierlicher und wiederkehrender Prozess bei jeder Lernaktivität oder Übung. finanzielle Herausforderungen, technische oder Barrierefreiheit betreffen- Selbst wenn Sie bei der Zusammenstellung de Herausforderungen. der Gruppe alle wichtigen Grundsätze beach- tet haben, wird sich die Inklusionsarbeit doch è Factsheet 2.3. fasst wichtige Aspekte zu- ständig weiterentwickeln, abhängig von un- sammen, welche die Inklusivität einer Grup- terschiedlichen Faktoren wie Gruppenmitglie- pe behindern können: Herausforderungen in dern, Form der Durchführung, Art der Aktivität der Zugänglichkeit, persönliche Hindernisse, oder wechselnder Umgebung. Unterstützungssysteme. 5. Inklusionsbedarfe ansprechen – damit sich alle Mitglieder einer Gruppe wohl fühlen Input: Es ist hilfreich, wenn sich die Gruppe gemein- Indem Sie die Gruppenmitglieder offen dazu sam, auf der Basis gegenseitigen Respekts, auf befragen, wie sie lernen möchten oder was sie einige grundlegende Regeln einigt. sich als Teil der Gruppe fühlen lässt, können Sie die Aktivitäten besser auf die Bedürfnisse der Manche Jugendlichen mit Behinderungen ha- Teilnehmenden ausrichten. Sie können die Mit- ben möglicherweise wenig Kenntnis über oder glieder einer Gruppe auch einzeln befragen. Verständnis für die Bedarfe der Teilnehmen- den mit anderen Beeinträchtigungen. Zum 1. Was benötigst du, um dich wohl zu fühlen? Beispiel können gehörlose Teilnehmende die a. in der Gruppe? Bedarfe von Teilnehmenden im Rollstuhl mis- b. bei den Aktivitäten? sachten, ohne dass ihnen das bewusst ist. Es c. mit den erzielten Ergebnissen? kann auch sein, dass sich die Teilnehmenden 2. Welche Stärken kannst du zur Gruppe so sehr auf die eigene Teilnahme und ihre ei- beitragen? genen Bedarfe für eine barrierefreie Teilnahme 3. Welche Situationen möchtest du vermei- konzentrieren, dass sie die Bedarfe anderer gar den? Was können wir tun, falls solch eine nicht richtig wahrnehmen. In diesem Fall kön- Situation dennoch eintritt? nen Sie Teilnehmende dabei unterstützen, auf 4. Welche deiner Erfahrungen könnte ande- ihre Bedarfe aufmerksam zu machen. Zum Bei- ren helfen? spiel könnte eine Übung einen Erfahrungsaus- 20
MODUL 2: Schritt für Schritt zu einer Kultur der Inklusion Stellen Sie die Bedarfe der Teilnehmenden tausch beinhalten, der bei den Teilnehmenden fest (wie sie eingebunden werden können zu gegenseitiger Empathie für die Bedarfe der und möchten und auf welche Weise sie anderen führt. Oder Sie bitten die Teilnehmen- sich beteiligen möchten). den vorab, in einer Online-Plattform des Pro- Bereiten Sie Alternativen vor (z. B. zusätzli- jekts über ihre Bedarfe für eine barrierefreie che Aufgaben für diejenigen, die als erste Teilnahme zu berichten. fertig werden). Manchmal möchten Teilnehmende mit Behin- Gestalten Sie Aktivitäten so, dass sie für derungen aber auch nicht vor anderen über alle anspruchsvoll genug sind. ihre Behinderung sprechen. Wie können Sie Nutzen Sie Gruppenarbeit, um gegenseiti- damit umgehen? Eine Möglichkeit wäre, sich ge Unterstützung zu fördern. auf den barrierefreien Zugang und andere Be- Bedenken Sie, dass Kleingruppen effekti- darfe, statt auf die Behinderung selbst zu kon- ver sein können. zentrieren. Sprechen Sie mit diesen Teilneh- menden unter vier Augen über ihre Bedarfe Versuchen Sie, Aufgaben nicht nach ihrem und stellen Sie sicher, dass diese bekannt sind Schwierigkeitsgrad zu kategorisieren, und respektiert werden – sowohl von den Or- sondern gemäß den individuellen Fähig- ganisierenden und Teamenden als auch von keiten der Teilnehmenden. anderen Teilnehmenden (sofern die Betroffe- Versuchen Sie, Anpassungen gleich zu Be- nen damit einverstanden sind). ginn einer Aktivität und nicht mittendrin vorzunehmen. Hier finden Sie eine Zusammenfassung der wichtigsten Tipps für die Arbeit mit inklusi- Fördern Sie eine offene, diskrete und ver- ven Gruppen: trauensvolle Atmosphäre, um Barrieren abzubauen. Planen Sie frühzeitig und effektiv (Pro- gramm, Barrierefreiheit, Methoden, Grup- Nehmen Sie sich Zeit für vertrauensbil- penzusammensetzung). dende Maßnahmen innerhalb der Grup- pe, um gegenseitige Unterstützung zu Bedenken Sie, dass die Vorbereitung das fördern. Schwierigste ist. Sorgen Sie für ausreichende Pausen. Nachfragen statt vermuten. Einigen Sie sich mit der Gruppe auf grund- Es mag Momente geben, in denen Sie sich als legende Regeln. Organisierende oder Teamende überfordert fühlen aufgrund der Fülle an Informationen, die es bei der Arbeit mit inklusiven Gruppen zu beachten gilt. Denken Sie jedoch daran, dass Sie nur durch Ausprobieren eigene Er- fahrungen sammeln und ihre Kenntnisse über die Arbeit mit inklusiven Gruppen ausbauen können. Fehler sind erlaubt, solange Sie aus ihnen lernen. Fehler zu akzeptieren und aus Konflikten zu lernen bringt uns weiter, denn so können wir uns entwickeln, dazulernen und auf neue Ideen kommen. 21
Video: Reflexion: Wie wir mit Menschen mit Behin- Individuelle Checkliste/ Reflexion zur eigenen derungen umgehen und kommu- inklusiven Haltung è Checkliste 2.4. nizieren (Englisch): https://youtu.be/Gv1aDEFlXq8 Factsheet: Inklusive Sprache, 10 zentrale Grundsätze für die Kommunikation mit Men- schen mit Behinderungen è Factsheet 2.5. Reflexion (individuell oder in der Gruppe), Transfer in die Praxis Was habe ich über einen offeneren Um- Wie können wir ein Gefühl von Identität gang mit Unterschieden gelernt? und Zugehörigkeit fördern? Was habe ich über Inklusivität gelernt? Was ist der nächste Schritt, um meine Arbeit inklusiver zu gestalten? Was werde ich verändern, um die Bedarfe der Teilnehmenden besser zu verstehen? Sie wollen mehr wissen? IJAB (Hrsg.) (2017): VISION:IN- Todd, Zara (2017) „Human rights KLUSION Eine Inklusionsstra- education and disability simu- tegie für die Internationale lation exercises – not a match Jugendarbeit, “Menschenrecht- made in heaven”. In: Council of liche, jugendpolitische und konzeptionelle Europe - European Commission Youth Part- Grundlagen einer inklusiven Internationa- nership magazine “Coyote” (Issue 25) (Englisch). len Jugendarbeit” S.10-25 (auch in Englisch). https://t1p.de/dis-simulation (Webseite) https://t1p.de/VI-d (pdf-Dokument) SALTO Youth Inclusion Re- DARE DisAble the barRiErs - www. source Center (2008): “No dare-project.de (2020): DARE Leit- Barriers, No Borders” - Boo- faden für Inklusion, Kapitel 1 klet on organising mixed „Es ist einfacher, als man denkt!“ ability projects” (in Englisch, Georgisch, (auch in Englisch und weiteren Sprachen) Polnisch, Russisch, Slowakisch, Spanisch). https://t1p.de/dare-de (pdf-Dokument) https://t1p.de/no-barriers (Webseite) Aktion Mensch: Die 11 häufigs- Chupina, K. (2004) “Role of Eu- ten Vorurteile über Inklusion ropean trainings, Participation im Faktencheck. https://t1p.de/ and Arts in integration of youth 11vorurteile (Webseite) with disabilities”. In: Council of Europe - European Commission Youth Part- Aktion Mensch: Frag mich doch – nership magazine “Coyote” (Issue 8) (Englisch). Eure Fragen an Menschen mit https://t1p.de/incl-disab (pdf-Dokument) Behinderung – insgesamt 15 Vi- deos zu verschiedenen Themen. https://t1p.de/15Fragen (YouTube-Playlist) 22
MODUL 3: Schritt für Schritt zu inklusiven Strukturen und Praktiken MODUL 3 Schritt für Schritt zu inklusiven Strukturen und Praktiken # Mehr Inklusion beim Organisieren von Projekten Kurzbeschreibung Dieses Modul ist eine Reise durch die Entwicklung, Umsetzung und Auswertung inklusiver Pro- jekte. Es hilft den Organisierenden internationaler Jugendprojekte, ihr Projekt so zu planen und umzusetzen, dass es alle jungen Menschen einbezieht, auch solche mit Beeinträchtigungen oder Behinderungen. Lernziele Am Ende dieses Moduls können Sie: ein inklusives Projekt planen, unterschiedliche Arten von Barrieren erkennen, ein inklusives Anmeldeverfahren durchführen, ein inklusives Projekt umsetzen. 23
Sehen Sie sich Lanas Einleitungsvideo an: https://t1p.de/intro3 (YouTube) Den Text zum Video gibt es hier: è Skript 3.0. 1. Entwicklung einer Inklusionsstrategie Input: Was ist eine Strategie und wofür brauchen Eine vollkommen inklusive Internationale Ju- wir sie? gendarbeit wird vermutlich eine Vision blei- Kurz gesagt müssen Strategien zwei grundle- ben. Diese Vision ist dennoch wichtig, weil sie gende Fragen beantworten: die Richtung aufzeigt, in die sich die Internati- Was soll gemacht werden? onale Jugendarbeit insgesamt wie auch jeder Wie soll es gemacht werden? einzelne Träger auf den Weg machen kann. Damit ist sie eine wichtige Quelle der Moti- Sie benötigen eine Strategie, um zu definieren, vation. Die Entwicklung hin zu einer inklusiv was Sie erreichen möchten. Strategieentwick- gestalteten Internationalen Jugendarbeit ist lung bedeutet, festzustellen, wie der aktuelle ein ständiger Prozess, der nie abgeschlossen Stand ist, was das Ziel ist und wie man es er- sein wird. Das bedeutet auch, dass nicht al- reichen kann. les gleichzeitig umgesetzt werden kann und nicht alles perfekt sein muss. Es geht darum, Das hier beschriebene Modell hilft Organisati- dem Ziel Schritt für Schritt näher zu kommen, onen, eine eigene Inklusionsstrategie zu entwi- Prioritäten zu setzen und unser Augenmerk ckeln, die genau zu ihrer Struktur, der aktuellen auf die Fähigkeiten und Interessen der jun- Lage und ihrem Kontext passt. Die im VISION gen Teilnehmenden zu richten, unabhängig INCLUSiON-Handbuch15 vorgestellten Ziele davon, ob sie eine Beeinträchtigung haben und Maßnahmen können dabei unterstützen. oder nicht. Die Grundlagen strategischer Planung lassen Das Ziel einer inklusiven Entwicklung sollte sich in folgenden Punkten zusammenfassen: sich in den Strategien, Werten, Systemen, Ver- 1. Inklusive Vision und Mission – Was ist Ihr fahren, Regeln und Richtlinien einer Organisa- Hauptziel und Ihre Grundüberzeugung in tion widerspiegeln. Wenn Sie bei einem Träger Bezug auf Inklusion? arbeiten, der Inklusion nicht fördert, wird es 2. Analyse des Umfelds (z. B. SWOT-Analy- sehr schwierig sein, Inklusionsprojekte oder se) – Was sind die internen Stärken und Projekte mit inklusiven Gruppen erfolgreich Schwächen Ihrer Organisation? Was sind umzusetzen. die externen Chancen und Risiken Ihrer Or- ganisation? Welche Art von Inklusion bzw. Inklusionsbemühungen funktioniert? Was 24 15 IJAB (Hrsg.) (2017): VISION:INKLUSION Eine Inklusionsstrategie für die Internationale Jugendarbeit, S.27-47.
MODUL 3: Schritt für Schritt zu inklusiven Strukturen und Praktiken funktioniert nicht und muss verbessert Planen Sie ein Budget ein. werden? Sind die entscheidenden Rol- 4. Umsetzung des Plans len mit den richtigen Personen besetzt? Definieren Sie Ihren Strategie- Inwiefern müssen sich Ihre Organisation, plan und schreiben ihn auf. Ihre Mitarbeitenden und Ihre Arbeitskul- Setzen Sie den Plan um. tur ändern, um Ihre Inklusionsziele zu er- reichen? Führen Sie eine SWOT-Analyse 5. Auswertung durch, bevor Sie Ihre Prioritäten festlegen. 3. Entwicklung der Strategie Tipps zur strategischen Planung von Maßnah- Legen Sie Prioritäten fest. men finden Sie in è Factsheet 3.1. Entwickeln Sie langfristige stra- tegische Ziele. Was möchten Sie, basierend auf der durchgeführten Analyse, erreichen? 25
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