Interprofessionelle Ethik in der Praxis - Schweizerische ...

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Interprofessionelle Ethik in der Praxis
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Materialien

   https://www.youtube.com/watch?v=tZvOfzYegCA

   Webseite: www.klinischeethik-metap.ch
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Was ist Moral?

https://www.forum-wirtschaftsethik.de/wp-content/uploads/2019/02/ki-tu_darmstadt-1024x647-760x480.jpg
Interprofessionelle Ethik in der Praxis - Schweizerische ...
Moral
MORAL
• Lateinisch: "moralis" (die Sitte betreffend)
• «Das ist richtig, gut, gerecht»
• Moralische Forderungen (Gebote, Verbote),
  gewachsene Lebensformen, Konventionen

Moralische Konflikte entstehen dann, wenn
•   für mich unklar ist, wie ich handeln soll
•   Konflikte zwischen Normen und Regeln innerhalb
    eines Moralsystems auftreten
•   Konflikte zwischen zwei Moralsystemen entstehen
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Was ist dann Ethik?

   https://www.zm-online.de/fileadmin/migrated/news/5979317_09ef618411.jpg
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Was ist Ethik?

   Methodisches Nachdenken über einen
    moralischen Sachverhalt (z.B.
    Therapiebegrenzung ja oder nein)

   Methodisches Nachdenken heisst gestützt
    •   auf ein definiertes Verfahren
    •   auf definierte ethische Kriterien

   Unterscheidung zur persönlichen
    Meinungsbildung
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Was ist Ethik?

   Medizin-, Pflegeethik – Klinische Ethik
• Fragestellungen innerhalb der Medizin/Pflege
• Begründung des Berufsethos

    Foto: Fabian Fiechter, Lörrach
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Intensivstation USB Basel

Foto: Fabian Fiechter, Lörrach
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Intensivstation USB Basel

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Intensivstation USB Basel

Foto: Fabian Fiechter, Lörrach
Intensivstation USB Basel

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Ethische Entscheidungsfindung

               Pflegende
                                     Angehörige

ÄrztInnen
                        Patient_in       Hausarzt

                                     Andere
            Seelsorge
Was ist hier ethisch angemessen?

https://wp.humanresourcesmanager.de/app/uploads/outsourcing-10-kriterien-auslagerung-t%C3%A4tigkeiten.jpg
Was bedeutet METAP?

   M= Modular
   E = Ethik
   T = Therapie
   A = Allokation (Mittelzuteilung)
   P = Prozess
Wer hat METAP entwickelt?

   Projektleitung:
    •   Prof. Dr. S. Reiter-Theil, Klinische Ethik Support, USB, UPK
    •   Prof. Dr. H. Pargger, Leiter Operative Intensivmedizin, USB

   Projektteam:
    • Dr. phil. Heidi Albisser Schleger, MSc, RN (Pflege,
      Psychologie)
    • Dr. med. Barbara Meyer-Zehnder
    • Marcel Merz, MA (Philosophie)
    • Dr. phil. Sabine Tanner, MSc (Psychologie)
    • Jan Schürmann, MA
    • Valentin Schnurrer, MA

   Finanzierung durch den Schweizerischen
    Nationalfonds und mehrere Stiftungen
Wie wurde METAP entwickelt?

 Schreiben der einzelnen Kapitel durch einen
  verantwortlichen Autor
 Prüfung der Textentwürfe durch
  interdisziplinäre, externe Expertengruppen:
    •   Expertengruppe: eher wissenschaftliche Prüfung
    •   Gruppe von Praktikern (Panelgruppe): Prüfung
        der Akzeptanz in der Praxis und Anwendbarkeit
 Einarbeitung der Ergebnisse in Textentwürfe
 Anwendung auf zwei Pilotstationen in Basel
 Weitere Anpassung auf Grund der Erfahrung
  und Evaluationsergebnisse

                                                         22.04.2021
METAP

   Bereitstellung eines Hilfsmittels zur
    Unterstützung eines ethisch angemessenen
    Therapieentscheides in schwierigen oder
    konflikthaften Patientensituationen

   Vorbeugen von ungerechtfertigter
    Ungleichbehandlung und damit von Unter-
    und Ungleichversorgung

   Vorbeugung von Überversorgung

   Unterstützung der Versorgungsqualität in
    schwierigen, konflikthaften Patientensituationen
Wie ist METAP aufgebaut?

   Leporello/Kurzfassung:
    •   enthält alle theoretischen Grundlagen und Hilfsmittel für
        die Anwendung im Alltag

   Langfassung:
    •   theoretischer „Backup“, ausführlich alle Grundlagen
    •   am Ende jedes Kapitels: „Fazit für die klinische Praxis“
    •   Unterstrichene Worte werden im Glossar erklärt
    •   Rechtliche Inhalte mit § markiert
    •   Rechtliche Grundlagen für Deutschland, Österreich &
        Luxemburg
    •   Im Anhang und auf Webseite www.klinischeethik-
        metap.ch Hilfsmittel als Kopiervorlage

                                                            22.04.2021
Wo gibt es METAP?
•   Universitätsspital Basel:
            Operative Intensivbehandlung OIB
            Medizinische Intensivpflegestation
            Hämatologie
            Viszeralchirurgie
•   Felix-Platter-Spital, Basel:
         •   Akutgeriatrie- und Rehabilitation
•   Kantonsspital Bruderholz,
         • Interdisziplinäre Intensivstation
•   Privatspital: St. Anna Luzern

    19
Wie wird METAP angewendet?

            METAP
           Verfahren

  Hilfsmittel
Was ist ethische Angemessenheit?
Was ist ethische Angemessenheit?
Ermitteln des Patientenwillens

   Direkter Patientenwille:
• Der urteilsfähige Patient entscheidet nach adäquater
  Aufklärung selbst (Zustimmung oder Ablehnung)
• Es gibt ein Recht des Patienten auf Nicht-Wissen
   Mutmasslicher Patientenwille:
• Wie würde ein urteilsunfähiger Patient entscheiden,
  wenn er dazu in der Lage wäre?
• Patientenverfügung ist rechtlich verbindlich, ausser
  • sie verstösst gegen gesetzliche Vorschriften
  • es bestehen Zweifel, dass sie den freien Willen
      des Patienten ausdrückt
  • es bestehen Zweifel, dass sie dem
      mutmasslichen Willen des Patienten (noch)
      entspricht
Organisation
der ethischen Fallbesprechung (Stufe 3)
Stufe 1 und 2
Viele ethische Schwierigkeiten/Probleme:
• Stufe 1 oder 2

Fallbesprechung (Stufe 3) z.B. wenn:
•   grössere Unsicherheit über längere Zeit
•   Uneinigkeit im Team
•   Uneinigkeit mit Angehörigen
•   zu Übungszwecken
Stufe 3

• Entscheiden für Andere
• Systematischer Perspektivenwechsel
• Welche Folgen hat ein Entscheid für weitere
  Beteiligte / Betroffene?
• Vermeidung willkürlicher, inkonsistenter Entscheide
• Reflexion, Entscheiden nach deklarierten,
  nachvollziehbaren Kriterien    inhaltliche Konsistenz

• Entscheiden nach einer festgelegten
  Vorgehensweise
                                   formale Konsistenz

• Eskalationsmodell
Wichtig bei der Einführung und
       Umsetzung

• Fixer Termin Donnerstag 13.30 – (max.) 14.30 Uhr
   (zusätzliche Termine bei Bedarf möglich)
• Plan pro Quartal für verantwortliche Person:
  • Auswahl Patient/-in
  • Einladung Teilnehmende (inkl. Zuweisende)
  • Vorbereitung Matrix (aus KG und Pflege-Dok.)
  • Moderation
  • Dokumentation (KG und Pflege-Dok.)
• Ethikkonsil durch Ethikbeirat USB
Rahmen der ethischen
Fallbesprechung
Zeitlicher Rahmen:
ca. 45 bis 60 Minuten

Argumente, eine Fallbesprechung trotz
Zeitmangel durchzuführen:

• Nicht-Entscheiden kann mehr Zeit und Aufwand
  benötigen als eine ethische Fallbesprechung
• Moral Distress
• Ethisches Problem wird nicht gelöst
Ablauf der Fallbesprechung
Foto: Fabian Fiechter, Lörrach
Matrix für Informationssammlung und
                         Diskussion

Medizinische Informationen   Pflegerische und   Prognose
                             therapeutische
                             Informationen

Werte – bisheriger           Patientenwille     Risikokriterien für
Lebensentwurf                                   Über- und Unterversorgung

Soziales Umfeld              Strukturelles      Andere wichtige
                                                Informationen
Fall-Beispiel: Hr. W, 68 Jahre
Medizinisches                              Pflegerisches/Therapeutisches               Prognose
Herzoperation bei KHK, Verlauf             Unterstützung in allen ATL, Sicherheit,     Sternuminfekt am Ausheilen
unauffällig, auf Abteilung REA Alarm bei   Prophylaxen. Heute relativ kooperativ       Niere: ungewiss, kann sich erholen,
Bewusstlosigkeit, bei Eintreffen REA       Betreuung: Mobilisation schwer bei          braucht noch einige Zeit Dialyse (6
Team wieder wach, Verlegung                Schwäche                                    Wochen warten)
Intensivstation.                           Schluckstörungen mit fraglicher             Herz stabil
Sternuminstabilität: operativ behandelt    Aspiration                                  Lunge: braucht Atemtherapie, kann sich
Herzinsuffizienz                           Viel Sekret                                 erholen
Akutes auf chron. Nierenversagen:                                                      In der Summe: über 50% Chancen,
Dialyse                                                                                dass Pat. wieder nach Hause entlassen
Neuro: akutes Delir                                                                    werden kann

Präferenzen/bisheriger                     Patientenwille                              Risikokonstellation
Lebensentwurf                              Vorliegende Pat. Verfügung: keine REA,      Unterversorgung
Ehefrau und Kinder schildern ihn als       keine lebensverlängernden                   Fortgeschrittenes Alter
eigenwillig, forsche Art                   Massnahmen.                                 Chronische Erkrankung
Selbständigkeit sei ihm wichtig, will      Meinung ändert sich häufig, z.T.            Pflege intensiv
selber entscheiden                         widersprüchliche Aussagen (Aussage:
Eigenes Geschäft, konnte noch Auto         machen Sie mich gesund)
fahren                                     Der Entscheid zur Operation ist Pat.
                                           nicht leicht gefallen (wegen Sz.
                                           zugesagt)
                                           Pat. spricht sich gegen eine langfristige
                                           Dialyse aus, kurzzeitig ist für ihn
                                           vertretbar
                                           Lehnt Atemtherapie.
soziales Umfeld (Angehörige etc)           Strukturelles                               anderes
Ehefrau (zweite), 2 Kinder (Sohn meint,                                                Psychiatrische Info: Leichte reaktive
man soll alles machen, v.a. kurze                                                      Depression, Urteilsfähigkeit aktuell
Dialyse)                                                                               gegebenAmbivalente Einstellung
Angehörige sind gut informiert                                                         gegenüber Therapie
                                                                                       Fragliche Krankheitseinsicht
Fall-Beispiel: Hr. W, 68 Jahre

Medizinisches                          Pflegerisches/Therapeutisches       Prognose
Herzoperation, REA,                    Unterstützung in allen ATL,         Sternuminfekt am Ausheilen
Sternuminstabilität                    Sicherheit, Prophylaxen.            Niere: kann sich erholen, braucht
Herzinsuffizienz, Nierenversagen,      Schwäche, Schluckstörungen          noch einige Zeit Dialyse (6
Delir                                                                      Wochen)
                                                                           Herz stabil
                                                                           Lunge: Atemtherapie, kann sich
                                                                           erholen
                                                                           In der Summe: über 50%
                                                                           Chancen, dass Pat. wieder nach
                                                                           Hause entlassen werden kann

Präferenzen/bisheriger                 Patientenwille                      Risikokonstellation
Lebensentwurf                          Pat. Verfügung: keine REA, keine    Unterversorgung
eigenwillige, forsche Art              lebensverlängernden                 Fortgeschrittenes Alter
Selbständigkeit wichtig, will selber   Massnahmen.                         Chronische Erkrankung
entscheiden                            Meinung ändert sich häufig, z.T.    Pflege intensiv
Eigenes Geschäft, fuhr Auto            widersprüchliche Aussagen
                                       Entscheid zur Operation wegen
                                       Sz.
                                       gegen eine langfristige Dialyse
                                       kurzzeitig ist für ihn vertretbar
                                       Lehnt Atemtherapie ab.

soziales Umfeld (Angehörige        Strukturelles                           anderes
etc)                                                                       Psychiater: Urteilsfähigkeit aktuell
Ehefrau (zweite), 2 Kinder (Sohn                                           gegeben Ambivalente Einstellung
meint, man soll alles machen, v.a.                                         Fragliche Krankheitseinsicht
kurze Dialyse)
Angehörige sind gut informiert
Fall-Beispiel: Hr. W, 68 Jahre

Therapieoptionen:
 A: Bestehende Therapie weiter, alle Komplikationen werden
  behandelt
 B: Bestehende Therapie weiter, Patientenwille verifizieren
 C: Bestehende Therapie weiter, Komplikationen werden erst
  nach Evaluation behandelt
 D: Bestehende Therapie weiter, Evaluation zu einem
  bestimmten Zeitpunkt
 E: Bestehende Therapie weiter, nicht alle Komplikationen
  werden behandelt
 F: Wechsel zu palliativer Therapie
Fall-Beispiel: Hr. W, 68 Jahre

Therapieoptionen:
 A: Bestehende Therapie weiter, alle Komplikationen werden
  behandelt
 B: Bestehende Therapie weiter, Patientenwille verifizieren
 C: Bestehende Therapie weiter, Komplikationen werden erst
  nach Evaluation behandelt
 D: Bestehende Therapie weiter, Evaluation zu einem
  bestimmten Zeitpunkt
 E: Bestehende Therapie weiter, nicht alle Komplikationen
  werden behandelt
 F: Wechsel zu palliativer Therapie
Fall-Beispiel: Hr. W, 68 Jahre

Ergebnis und Begründung:
 Kein Hinweis für Überversorgung
 Prinzipiell gute Prognose
 Keine zu grosse Belastung
 Strategie: Verhandlung so weit möglich, gelegentlich streng
  sein, allenfalls medikamentöse Unterstützung, Pat. braucht
  wahrscheinlich klare Anweisungen
 Logopädie beiziehen zur Schluckabklärung, Therapie
 REA Nein
Herausforderungen bei der Anwendung
von METAP (insb. Stufen 2 und 3)

 Einschätzung der Urteilsfähigkeit
 Interpretation der Patientenverfügung
 Unsere Ansprechperson ist oft nicht die
  gesetzliche Stellvertretung
  Perspektivenwechsel für
  rechtliche STV/Familie und Personal
 Entscheidungsfindung ist nicht gleich
  Entscheidung
 Hierarchie
 Unterschiedliches Wissen und Erfahrung
Befragung Pflegende (N=21)   (Suter & Wesch, 2021)

                                                     22.04.2021
Befragung Ärzt_innen (N=9)   (Suter & Wesch, 2021)

                                                     22.04.2021
Wie beurteilst Du den Nutzen für
Patient/-in?
           (Meyer-Zehnder et al., 2014)

                                          22.04.2021
Wie beurteilst Du den Nutzen für das
Team? (Meyer-Zehnder et al., 2014)

                                       22.04.2021
Evaluation METAP 2012-2020                       (Meyer-Zehnder et al., 2021)

               Intensivstation Basel
               Anzahl METAP Stufe 3 pro Jahr: 24-50
               Anzahl gesamt: 364 (Männer 66.5%)

Entscheidungsgruppen                                                                   Anzahl N (%)
A: Bestehende Therapie weiter, alle Komplikationen werden behandelt                    61 (16,8)
B: Bestehende Therapie weiter, Patientenwille verifizieren                             82 (22,5)
C: Bestehende Therapie weiter, Komplikationen werden erst nach Evaluation              48 (13,2)
behandelt
D: Bestehende Therapie weiter, Evaluation zu einem bestimmten Zeitpunkt                23 (6,3)
E: Bestehende Therapie weiter, nicht alle Komplikationen werden behandelt              118 (32,4)

F: Wechsel zu palliativer Therapie                                                     23 (6,3)
G: Protokoll kann nicht zugeordnet werden                                              9 (2,5)
                                                                                            22.04.2021
Outcome nach METAP                                                 (Meyer-Zehnder et al., 2021)

Gruppe A: Bestehende Therapie weiter, alle Komplikationen werden behandelt
Gruppe B: Bestehende Therapie weiter, Patientenwille verifizieren
Gruppe C: Bestehende Therapie weiter, Komplikationen werden erst nach Evaluation behandelt
Gruppe D: Bestehende Therapie weiter, Evaluation zu einem bestimmten Zeitpunkt
Gruppe E: Bestehende Therapie weiter, nicht alle Komplikationen werden behandelt
Gruppe F: Wechsel zu palliativer Therapie
Gruppe G: Protokoll kann nicht zugeordnet werden
                                                                                                                   22.04.2021
Fazit
- Probleme entstehen häufig durch Informationsdefizite,
  unterschiedlichen Wissensstand und unterschiedliche
  Wertevorstellungen.
- Dranbleiben lohnt sich!
    -   Ethik ist heute schneller Thema
    -   Entscheidungen nachvollziehbar ► besser akzeptiert
    -   Mehr Verständnis für andere Berufsgruppe
-   Comittement Management und begleitende Massnahmen
    -   Ethik im Alltag thematisieren
    -   Z.B. Verlauf in ärztlicher KG und Pflege-Dok.
    -   Z.B. jährige Fortbildung für Pflegende und Ärzt/-innen
    -   Organisation / Verantwortungen
-   Künftig auch ethisch problematische Pflege thematisieren
Fall-Beispiel: Fr. K., 81 Jahre
Medizinisches                                                Pflege/Therapien                       Prognose
Vorbestehend: u.a. Diabetes, Niereninsuffizienz,             Hohe Pflegeintensität:                 Respiration: Sekret klar, weniger
Nikotinabusus, Adipositas, generalisierte Arteriosklerose,   Vollständige Übernahme der ATL         Niere: metab. ausgeglichen
chron. Lumbovertebralsyndrom, KHK, St. n. vielen             Hautpflege, Prophylaxen,               Abdominell: kein aktuelles Problem.
STEMI, Raumforderung Gallenblase                             Patientensicherheit,                   Neurologisch: Paraplegie, Delir.
Aktuelle Diagnosen:                                                                                 Erwartete Einschränkungen: nach
                                                             Hustet sehr abgeschwächt, nicht
Darmischämie b. gen. Arteriosklerose mit MOV: Leber &                                               Hause definitiv nicht möglich.
                                                             spontan, Mobilisation mit völliger
Niere, Z.n. Laparotomien. Rea auf Intensiv, a.e.
                                                             Übernahme, Unruhe, MRI wäre so
rhythmogen. Infarkt cerebral. Ischämie li. Leberlappen.
                                                             nicht möglich
Eitrige Tracheobronchitis mit Pleuraergüssen, eitiges
Sekret, abgeschw. Husten. Delir
Präferenzen/bisheriger Lebensentwurf                         Patientenwille                         Risikokonstellation
Italienerin, versteht Deutsch, geschieden, ehemalige         keine PV, keine Vollmachten            Unterversorgung: Fortgeschrittenes
Serviererin, bisher selbständig und gute LQ, kümmerte        Pat jetzt nicht voll urteilsunfähig,   Lebensalter, weibl. Geschlecht,
sich gerne um ihre Blumen. Sohn 1 mit 17. J. an              MS mehrfach entfernt.                  ethnische Minorität, alleinstehend,
                                                             Gespräch 08.01.2020: Unbedingtes
Muskelerkrankung verstorben, Sohn 2 mit Z.n.                                                        chron. Erkrankungen, multimorb.,
                                                             Ziel ist die Rückkehr nach Hause.
Hirnblutung zu Hause unterstützt, 04/19 plötzlich zu         Pat. schätzt ihre Chancen dazu         hohe Pflegeintensität, Urteilsunfähigk.
Hause gestorben, Pat. trauert sehr um ihn.                   positiv ein. Falls keine Rückkehr      Überversorgung: Die Behandlung
Herzbeschwerden erst nach Tod des Sohnes,                    nach Hause möglich, will Pat. eine     erzeugt einen Effekt, aber es werden
eingeschränktes Verständnis für ihre Erkrankungen,           palliative Therapie.                   dabei nicht die Ziele erreicht, die der
Medis selbst abgesetzt.                                                                             Pat. besonders wichtig sind

soziales Umfeld (Angehörige etc)                             Strukturelles                          Anderes
Tochter in Appenzell kein Kontakt, hat seit Tod des          -                                      -
Sohnes wenig soziale Kontakte. Keine wichtigste
Bezugsperson keinen Kontakt für Unterstützung im
Bedarfsfall. KESB: klärt Situation ab, hat angerufen.
Nachbar hat Polizei informiert, Wohnungsschlüssel bei
Polizei
Fall-Beispiel: Fr. K., 81 Jahre

Medizinisches                              Pflege/Therapien            Prognose
Vorbestehend: u.a. viele chronische        Hohe Pflegeintensität:      Respiration: Sekret klar, weniger
Vorerkrankungen                            Hustet sehr                 Niere: metab. ausgeglichen
Aktuelle Diagnosen:                        abgeschwächt,               Abdominell: kein aktuelles Problem.
Darmischämie mit MOV                       Mobilisation mit völliger   Neurologisch: Paraplegie, Delir
Rea auf Intensiv                           Übernahme                   Erwartete Einschränkungen: nach
Infarkt cerebral. Ischämie li. Leber       Unruhe                      Hause definitiv nicht möglich.
Tracheobronchitis, Delir
Präferenzen/bisheriger                     Patientenwille              Risikokonstellation
Lebensentwurf                              keine PV, nicht voll        Unterversorgung: Alter, Geschlecht,
Italienerin, bisher selbständig und gute   urteilsunfähig, MS          Minorität, alleinstehend, chron.
LQ, Blumen. 2 Söhne verstorben, eine                                   Erkrankungen, multimorb., hohe
Tochter, kein Kontakt                      mehrfach entfernt.
                                                                       Pflegeintensität, Urteilsunfähigk.
                                           Ziel: Rückkehr nach
                                           Hause.                      Überversorgung: Die Behandlung
                                                                       erzeugt einen Effekt, aber es werden
                                                                       dabei nicht die Ziele erreicht, die der
                                                                       Pat. besonders wichtig sind
soziales Umfeld (Angehörige etc)           Strukturelles               Anderes
Tochter; wenig soziale Kontakte. KESB:     -                           -
involviert
Fall-Beispiel: Fr. K., 81 Jahre

Therapieoptionen:
 A: Bestehende Therapie weiter, alle Komplikationen werden
  behandelt
 B: Bestehende Therapie weiter, Patientenwille verifizieren
 C: Bestehende Therapie weiter, Komplikationen werden erst
  nach Evaluation behandelt
 D: Bestehende Therapie weiter, Evaluation zu einem
  bestimmten Zeitpunkt
 E: Bestehende Therapie weiter, nicht alle Komplikationen
  werden behandelt
 F: Wechsel zu palliativer Therapie
Fall-Beispiel: Fr. K., 81 Jahre

Therapieoptionen:
 A: Bestehende Therapie weiter, alle Komplikationen werden
  behandelt
 B: Bestehende Therapie weiter, Patientenwille verifizieren
 C: Bestehende Therapie weiter, Komplikationen werden erst
  nach Evaluation behandelt
 D: Bestehende Therapie weiter, Evaluation zu einem
  bestimmten Zeitpunkt
 E: Bestehende Therapie weiter, nicht alle Komplikationen
  werden behandelt
 F: Wechsel zu palliativer Therapie
Fall-Beispiel: Fr. K., 81 Jahre

   Begründung: Entspricht potentiellen Willen der Patientin

   Abmachungen zum Vorgehen: Stufenweises Vorgehen:
    Patientin informieren, nach Wunsch letzter Kontakt mit Tochter
    fragen (OA), intensivmedizinische Therapien stoppen, alle
    Zugänge ex., bis auf Venflon, Behandlung Atemnot mit
    Morphin, Reduktion Überwachung, Palliativ Care Team
    einschalten (OA), gemeinsame Planung Übergang
    Bettenstation, symptomorientierte Pflege (bez. Absaugen nur,
    wenn dadurch z.B. Atemnot gelindert wird), Lagerung und
    Mobilisation weiter.
    KESB informieren (OA): informieren, Situation schildern, Idee
    eines letzten Besuches der Tochter.
Fall-Beispiel: Hr. U., 82 Jahre
Medizinisches                             Pflege/Therapien                                          Prognose
Vorbestehend: Amnestisch                  Zuhause im Alltag:                                        Prognose mit Behandlung kurzfristig:
beginnende Demenz                         seit Tod Ehefrau vor 5 J. alleine lebend. Kinder          Hohe Wahrscheinlichkeit von langem
Aktuelle Diagnosen: COVID-19-             berichten «vermehrte Vergesslichkeit und geistigen        Spitalaufenthalt und Muskelabbau
Pneumonie, akute Niereninsuffizienz,      Abbau, deutlich zunehmend». Fluktuierende                 und kognitiver Verschlechterung.
Nierenzysten, paroxysmales                Neurologie: wach, mehrheitlich kooperativ aber            Gefahr, dass Autonomie nicht mehr
Vorhofflimmern                            desorientiert (zeitweise auch situativ orientiert).       vollständig erreicht werden kann.
Aktuell: initial 2d beatmet, seit         Geringer Pflegeaufwand.                                   Mittel- und langfristig:
Extubation (auf «Druck» der Tochter
                                                                                                    Chance v. vollständiger Erholung auf
frühzeitig durchgeführt) Dauer HFO
                                                                                                    vorherigen Zustand eher gering.
mit FiO2: 85%, Tachypnoe 20-40.
Präferenzen/bisheriger                    Patientenwille                                            Risikokonstellation
Lebensentwurf                             Pat.-Verfügung Ehefrau kopiert und für sich selbst neu    Überversorgung:
Autonomie ist dem Pat. sehr wichtig!      unterschrieben (aktuell nicht gültig, da für unheilbare   Verhältnismässigkeit von
Lehnt Hilfe und Unterstützung ab          Erkrankungen definiert): Keine Maskenbeatmung,            Massnahmen und psychischer
(durch Kinder, Spitex, etc.), achtet      Antibiotika, PEG, …Pat wurde vom Notarzt bei              Belastung, Massnahmen erzeugen
sehr auf gepflegtes Äusseres, hat         Dyspnoe & Zyanose nach Intubation gefragt: wurde          eine Zustandsverbesserung, aber Ziel
Ordnung daheim, geht tgl. alleine mit     bejaht und als adäquate Willensäusserung gewertet.        des Pat. (Autonomie!) wird ggf. nicht
GA Zugfahren und Essen an                 Zeigt unterschiedl. Äusserung (Überlebens- vs.            erreicht.
bestimmten Orten.                         Sterbewunsch): keine adäq. Willensäusserung               Unterversorgung:
                                          Angehörige: Therapie wiederspricht Pat.willen /           Fortgeschrittenes Lebensalter,
                                          Pat.verfügung. Dem Pat. solleMorphin gespritzt            alleinstehend, Urteilsunfähigkeit,
                                          werden, wenn er sich Sauerstoff entfernt, weil dies als   beginnende Demenz
                                          Willensäusserung zu verstehen sei.
soziales Umfeld Ehemaliger                Strukturelles                                             Anderes
Ablufttechniker b. Novartis, mit 58 J.
frühpensioniert. 3 Kinder (2 Töchter, 1
Sohn) mit regelmässigem Kontakt
Fall-Beispiel: Hr. U., 82 Jahre
Medizinisches                     Pflege/Therapien                 Prognose
Vorbestehend: beg.                Zuhause im Alltag:               Prognose mit Behandlung kurzfristig:
Demenz                            alleine lebend, «zunehmende      langer Spitalaufenthalt und
Aktuelle Diagnosen: COVID-        Vergesslichkeit und geistiger    Muskelabbau und Verschlechterung.
19, Niereninsuffizienz,           Abbau». Fluktuierende            Gefahr des Autonomieverlustes
Vorhofflimmern                    Neurologie: wach, mehrheitlich   Mittel- und langfristig:
Aktuell: Beatmung NIV             kooperativ aber desorientiert.   Chance v. vollständiger Erholung eher
                                  Geringer Pflegeaufwand.          gering.

Präferenzen/bisheriger            Patientenwille                   Risikokonstellation
Lebensentwurf                     Pat.-Verfügung für unheilbare    Überversorgung:
Autonomie sehr wichtig!           Erkrankungen: Keine              Verhältnismässigkeit Belastung, Ziel des
Lehnt Unterstützung ab,           Maskenbeatmung, Antibiotika,     Pat. (Autonomie!) ggf. nicht erreichbar.
gepflegtes Äusseres,              PEG, Notarzt: bei Dyspnoe        Unterversorgung:
Ordnung, geht tgl. alleine aus.   Intubation bejaht, keine adäq.   Fortgeschrittenes Lebensalter,
                                  Willensäusserung                 alleinstehend, Urteilsunfähigkeit,
                                  Angehörige: Therapie             beginnende Demenz
                                  wiederspricht Pat.willen:
                                  Morphin Sauerstoffentfernung =
                                  Willensäusserung
soziales Umfeld Ehemaliger Strukturelles                           Anderes
Ablufttechniker b. Novartis,
mit 58 J. frühpensioniert. 3
Kinder (2 Töchter, 1 Sohn) mit
regelmässigem Kontakt
Fall-Beispiel: Hr. U., 82 Jahre

Therapieoptionen:
 A: Bestehende Therapie weiter, alle Komplikationen werden
  behandelt
 B: Bestehende Therapie weiter, Patientenwille verifizieren
 C: Bestehende Therapie weiter, Komplikationen werden erst
  nach Evaluation behandelt
 D: Bestehende Therapie weiter, Evaluation zu einem
  bestimmten Zeitpunkt
 E: Bestehende Therapie weiter, nicht alle Komplikationen
  werden behandelt
 F: Wechsel zu palliativer Therapie
Fall-Beispiel: Hr. U., 82 Jahre

Therapieoptionen:
 A: Bestehende Therapie weiter, alle Komplikationen werden
  behandelt
 B: Bestehende Therapie weiter, Patientenwille verifizieren
 C: Bestehende Therapie weiter, Komplikationen werden erst
  nach Evaluation behandelt
 D: Bestehende Therapie weiter, Evaluation zu einem
  bestimmten Zeitpunkt
 E: Bestehende Therapie weiter, nicht alle Komplikationen
  werden behandelt
 F: Wechsel zu palliativer Therapie
Fall-Beispiel: Hr. U., 82 Jahre

Beschluss:
- Aktuelle Therapie weiter
- Keine neue Eskalation von Therapien (kein NIV, keine
  Antibiose, keine Reanimation)
- Täglicher telefonischer Austausch mit Tochter
- Bestmögliche Lösung bei neuen Probleme wie Delir ect.
- Pat.willen fortlaufend eruieren, v.a. wenn wache und adäquat

Begründung:
- Kein Hinweis, dass aktuelle Therapie gegen Pat. willen
- Patientenverfügung für die aktuelle Situation nicht zutreffend
Quellen                      fett: direkter Bezug zur Methode METAP

   Albisser-Schleger, H, Meyer-Zehnder, B, Tanner, S, Mertz, M, Schnurrer, V & Pargger, H, Reiter-Theil, S (2013).
    Massgeschneiderte klinische Alltagsethik. Krankenpflege, 5, 12-16.
   Albisser Schleger, H, Mertz, M, Meyer-Zehnder, B & Reiter-Theil, S (2012). Klinische Ethik - METAP. Leitlinie für
    Entscheidungsfindungen am Krankenbett. Berlin: Springer.
   Albisser Schleger, H, Pargger, H & Reiter-Theil, S (2008). “Futility” – Übertherapie am Lebensende? Gründe für ausbleibende
    Therapiebegrenzung in Geriatrie und Intensivmedizin. Z Palliativmed, 9, 67-75.

   Frick, S, Uehlinger, DE & Zürcher Zenklusen, RM (2003). Medical futility: predicting outcome of intensive care unit patients by
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   Kesselring, A (2005). Interprofessionelle Zusammenarbeit zwischen Medizin und Pflege. Editorial. Pflege, 18: 143-145.
   Meyer-Zehnder, B., Barandun Schäfer, U., Wesch, C., Reiter-Theil, S., Pargger, H. (2021). Weekly Internal Ethical Case
    Discussions in an ICU-Results Based on 9 Years of Experience With a Highly Structured Approach. Crit. Care Explor. 3,3
   Meyer-Zehnder, B, Barandun Schäfer, U, Albisser-Schleger, H, Reiter-Theil, S & Pargger, H (in Druck). Ethische
    Fallbesprechungen auf der Intensivstation – vom Versuch zur Routine. Anaesthesist.
   Reiter-Theil, S, Mertz, M, Meyer-Zehnder, B, Albisser Schleger, H, Kressig, RW & Pargger, H (2010). Klinische Ethik als
    Partnerschaft – oder wie eine ethische Leitlinie für den patientengerechten Einsatz von Ressourcen entwickelt und
    implementiert werden kann. Ethik Med, 23(2), 93-105.
   Sprangers, MAG & Aaronson, NK (1992). The role of health care providers and significant others evalu-ating the quality of life of
    patients with chronic disease: a Review. Journal of Clin Epidem, 45, 43-760.
   Stutzki, R, Ohnsorg, K & Reiter-Theil, S (2011) (Hrsg.) Ethikkonsultation heute – vom Modell zur Praxis. Münster: Lit.
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit

Conrad Wesch MNS, DAS
Intensivstation Universitätsspital Basel
Petersgraben 4
4031 Basel

Tel.: 061 328 4146

E-Mail:
Barbara.Meyer@usb.ch
conrad.wesch@usb.ch
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