Sanierung vor und nach Herz-OP - Bisphosphonaten - Organtransplantation Was muß der Zahnarzt tun? - A. Hunecke
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Sanierung vor und nach Herz-OP - Bisphosphonaten - Organtransplantation Was muß der Zahnarzt tun? A. Hunecke
Herz-OP Zahnsanierung vor Herz-OP Die Zahnsanierung vor Herzklappenersatz bezeichnet Maßnahmen zur Elimination akuter und / oder chronischer Entzündungsgeschehen mit dem Ziel einer Behandlungsfreiheit für mindestens 6 Monate, da in dieser Zeit das höchste Risiko für eine schwere oder letale infektiöse Endokarditis besteht (Naber et al., 2007).
Herz-OP Sanierungskonzept Tendenz zu eingeschränkt-radikalen Sanierungsmaßnahmen Erfolg maßgeblich von einer konsequenten und kompetenten Nachsorge abhängig (Deppe et al., 2007a; Kolk et al., 2009)
Herz-OP Symptomatischer Infektfokus Schmerzen Fistelbildung Abszedierung Perkussionsempfindlichkeit
Herz-OP Asymptomatischer Infektfokus Wurzelreste Kariös/parodontal erkrankte oder destruierte Zähne Teilretinierte Zähne Apikale Osteolysen
Herz-OP Fokussanierung Endodontie Parodontologie Kariologie Chirurgie Implantologie Kinderzahnheilkunde
Herz-OP Endodontie Befund Therapie Vitaler Zahn mit Indikation zur WKB Konventionelle WKB, ggf. unter Antibiose mit oder ohne Symptomatik Avitaler Zahn ohne WF bei gutem AZ Konventionelle WKB, ggf. unter Antibiose Avitaler Zahn ohne WF bei Extraktion, ggf. unter Antibiose eingeschränktem AZ
Herz-OP Endodontie Befund Therapie Avitaler Zahn mit WF, vollständig oder Vorerst keine Behandlungsindikation unvollständig, klinisch und radiologisch keine Symptomatik Avitaler Zahn mit WF, vollständig oder WSR oder Extraktion, ggf. unter Antibiose unvollständig, klinisch und/oder radiologisch Entzündungssymptomatik
Herz-OP Parodontologie Befund Therapie Parodontale Sondierungstiefen > 5 mm Gründliche PA-Therapie, ohne Furkationsbefall bzw. bei ggf. unter Antibiose Furkationsbefall Grad I Sondierungstiefen > 5 mm Chirurgische Therapie oder Extraktion, bei Furkationsbefall Grad II und III ggf. unter Antibiose
Herz-OP Parodontologie Befund Therapie Zähne, die nicht vor Herzklappenersatz Extraktion parodontal saniert werden können. Parodontal sanierter Zustand: ST ≤ 5 mm, kein Pusaustritt, BOP ≤ 25%, Plaque ≤ 30%, Schmerzfreiheit
Herz-OP Kariologie Befund Therapie Karies media Füllungstherapie in Abhängigkeit vom AZ des Patienten Karies profunda Füllungstherapie, ggf. endodontische Therapie
Herz-OP Chirurgie Befund Therapie Zahn teilretiniert Chirurgische Entfernung Zahn retiniert oder impaktiert Vorerst keine Behandlung indiziert Wurzelrest Chirurgische Entfernung Scharfe Knochenkanten Chirurgische Kantenglättung
Herz-OP Chirurgie Befund Therapie Pathologische Knochenbefunde, Diagnosesicherung, ggf. chirurgische z.B. Zysten Entfernung Mundschleimhautveränderungen Spezifische Therapie bzw. Exzision
Herz-OP Implantologie Befund Therapie Implantat klinisch symptomfrei, fest, Debridement / Politur marginale Sondierungstiefe ≤ 3 mm Implantat geringe bis mäßige Debridement / Politur, antiseptische klinische Symptome, fest, Therapie marginale Sondierungstiefe ≤ 5 mm
Herz-OP Implantologie Befund Therapie Implantat ausgeprägte klinische Entfernung des Implantats Symptome wie therapierefraktäre Periimplantitis oder Lockerung
Herz-OP Behandlung von Kindern Befund Therapie Avitaler Zahn der ersten Dentition Extraktion Pulpaperforierende Caries profunda Extraktion an Zahn der ersten Dentition
Herz-OP Sanierungskonzept vor Herz-OP Fall 1: 77-jähriger Patient vor Aortenklappenersatz Dialysepflichtige Niereninsuffizienz Desolater Zahnstatus
Herz-OP Sanierungskonzept vor Herz-OP
Herz-OP Sanierungskonzept vor Herz-OP Fall 2: 41-jähriger Patient mit Mitralklappeninsuffizienz Hochgradige KHK
Herz-OP Sanierungskonzept vor Herz-OP
Herz-OP Nach Herz-OP Bei Sanierungsbedarf nach bereits stattgehabter Herz-OP gelten die aktuellen Richtlinien zur Endokarditisprophylaxe der American Heart Association bzgl. Risikobewertung und Durchführung der Endokarditisprophylaxe
Herz-OP Endokarditisprophylaxe Situation Antibiotikum Einzeldosis 30-60 min vor dem Eingriff Erwachsene Kinder Orale Einnahme Amoxicillin 2 g p.o. 50 mg/kg p.o. Orale Einnahme Ampicillin 2 g i.v. 50 mg/kg i.v. nicht möglich Penicillin- oder Clindamycin 600 mg p.o. 20 mg/kg p.o. Ampicillinallergie –orale Einnahme Penicillin- oder Clindamycin 600 mg i.v. 20 mg/kg i.v. Ampicillinallergie –orale Einnahme nicht möglich
Organtransplantation Zahnsanierung vor Organtransplantation = Zahnsanierung vor Herz-OP
Organtransplantation Risiko Lebenslange Immunsuppression
Organtransplantation Beachten! Alle Maßnahmen in Absprache mit betreuendem Arzt Ggf. auftretende Begleitproblematiken wie z.B. Dialyse bei Z.v. Nierentransplantation, Gerinnungsstörung vor Lebertransplantation o.ä. berücksichtigen Im Regelfall keine systemische Antibiose erforderlich Nach heutigem Wissensstand keine radikalen Sanierungen
Organtransplantation Sanierung nach Organtransplantation Innerhalb von drei Monaten nach Transplantation oder bei drohendem Transplantatverlust sind alle Maßnahmen mit Bakteriämierisiko (mögliche Verletzung parodontaler Strukturen) kontraindiziert Abweichungen nur bei vitaler Indikation (akute abszedierende Geschehen)
Organtransplantation Sanierung nach Organtransplantation Ab 3 Monate nach Organtransplantation antibiotische Abschirmung bei Eingriffen mit Bakteriämierisiko analog zur Endokarditisprophylaxe Nach Organtransplantation zusätzlich Metronidazol zur Vorbeugung einer anaeroben Bakteriämie (1 x 400 mg)
Stammzelltransplantation Sonderfall Stammzelltransplantation Vorübergehender Totalverlust der Abwehrreaktionen durch Chemotherapie und Ganzkörperbestrahlung
Stammzelltransplantation Sonderfall Stammzelltransplantation Richtwerte: Leukozytenzahl (speziell neutrophile Granulozyten) weniger als 1000/µl Steigendes Risiko einer systemischen Infektion Leukozytenzahl (speziell neutrophile Granulozyten) weniger als 100/µl Schwerste septische Zustände innerhalb weniger Tage möglich
Stammzelltransplantation Sonderfall Stammzelltransplantation Möglichst keine zahnärztliche Intervention in der Phase mit weniger als 1000 Leukozyten/µl!
Stammzelltransplantation Sonderfall Stammzelltransplantation Fall 1: 15-jährige Patientin mit AML vor Stammzelltransplantation Laborwerte: 45.000 Thrombozyten/µl (100 - 450 Tsd./µl) 750 Leukozyten/µl (4 - 9,4 Tsd./µl) Kariesfreies Gebiß, retinierte Weisheitszähne
Stammzelltransplantation Sonderfall Stammzelltransplantation
Stammzelltransplantation Sonderfall Stammzelltransplantation Fall 2: 71-jähriger Patient mit Plasmozytom Bereits Bisphosphonate erhalten, Chemotherapie und Stammzell-Tx ca. 2 Wochen später geplant Zur Zeit keine Beschwerden
Stammzelltransplantation Sonderfall Stammzelltransplantation
Bisphosphonate Zahnsanierung vor und nach Bisphosphonattherapie Evaluation des individuellen Risikoprofils nach folgenden Kriterien: Typ der Medikation Applikationsart (oral/i.v.) Dosierung Dauer
Bisphosphonate Zahnsanierung vor und nach Bisphosphonatmedikation Aufklärung über das Risiko einer BION unter und nach Bisphosphonatmedikation Sanierung entzündlicher und potenziell entzündlicher Prozesse im Kieferbereich Glättung von Knochenkanten
Bisphosphonate Sanierungskonzept vor Bisphosphonatmedikation Restaurative Maßnahmen an erhaltungswürdigen Zähnen Intensivierung der Mundhygiene Überprüfung von Zahnersatz auf Risiko von Druckstellen Kontinuierliches Recall
Bisphosphonate Sanierungskonzept vor Bisphosphonatmedikation Abgrenzung zur Sanierung vor Strahlentherapie: Keine rasche Progredienz kariöser Läsionen Keine Xerostomie Keine Schädigung der Mukosa
Bisphosphonate Sanierungskonzept vor Bisphosphonatmedikation Abgrenzung zur Sanierung vor Strahlentherapie: Unter/nach Bisphosphonattherapie klinisch häufiger beobachtete parodontale Schädigung mit in der Folge Spontanverlust oder Entfernung bei Lockerung
Bisphosphonate Sanierungskonzept vor Bisphosphonatmedikation Parodontale Läsionen müssen daher als Extraktionskriterium eher herangezogen werden, als kariöse Läsionen
Bisphosphonate Sanierungskonzept vor Bisphosphonatmedikation Invasive prophylaktische Maßnahmen, insbesondere prophylaktische Zahnentfernungen sollten dabei Patienten mit hohem Risikoprofil vorbehalten bleiben (K. A. Grötz, T. Kreusch 2006) i.v.-Gabe bedeutet grundsätzlich ein hohes Risikoprofil
Bisphosphonate Sanierungskonzept vor Bisphosphonatmedikation Fall 1: 73-jähriger Patient mit Osteoporose Intravenöse Bisphosphonatgabe geplant Parodontal stark geschädigte Restbezahnung
Bisphosphonate Sanierungskonzept vor Bisphosphonatmedikation
Bisphosphonate Sanierungskonzept vor Bisphosphonatmedikation Fall 2: 62-jähriger Patient mit metastasiertem Bronchial-Ca. Multiple apikal beherdete Zähne Retinierte Zähne
Bisphosphonate Sanierungskonzept vor Bisphosphonatmedikation
Bisphosphonate Prävention unter und nach Bisphosphonattherapie Regelmäßiges Recall (ca. alle 6 Monate) Konservative gegenüber operativer Therapie bevorzugen (z.B. Wurzelkanalbehandlung und Dekapitierung statt Extraktion)
Bisphosphonate Prävention unter und nach Bisphosphonattherapie Bei erforderlichen invasiven Eingriffen: Systemische Antibiose 1-2 d präoperativ bis ca. 10 d postoperativ (z.B. Amoxicillin 3 x 750 mg/d oder Amoxicillin + Clavulansäure 3 x 625 mg/d, bei Penicillinallergie Clindamycin 4 x 300 mg/d bis 4 x 600 mg/d)
Bisphosphonate Prävention unter und nach Bisphosphonattherapie Möglichst atraumatische Operationstechnik Keine sekundäre Wundheilung, sondern plastische Deckung durch Mukosalappen Grundsätzlich nur durch chirurgisch erfahrene Behandler
Bisphosphonate Komplikationen Therapie von BP-assozierten Osteonekrosen nur in der Klinik!
Bisphosphonate Implantate bei Bisphosphonatpatienten Bereits bestehende Implantate bedürfen einer intensivierten Nachsorge, können aber bei klinischer und radiologischer Unauffälligkeit belassen werden
Bisphosphonate Implantate bei Bisphosphonatpatienten Die intravenöse Gabe von Bisphosphonaten stellt nach heutigem Kenntnisstand eine Kontraindikation für Implantationen dar
Bisphosphonate Implantate bei Bisphosphonatpatienten Orale Gabe von Bisphosphonaten: Wissenschaftliche Evidenz für die Beurteilung einer Implantation unter oraler Verabreichung nicht ausreichend Empfehlung der AAOMS (2007): Orale Therapie < 3 a – Implantation möglich Orale Therapie > 3 a – relative Kontraindikation
Bisphosphonate Implantate bei Bisphosphonatpatienten Im Zweifelsfall : Keine Implantation!!!
Überblick Primärprophylaxe durch Zahnarzt vor Beginn einer Bisphosphonat-Therapie Focussanierung, Aufklärung Behandlung von Parodontopathien Halbjährliche Kontrolluntersuchungen Gute Zahnpflege, Mundhygienedemonstrationen, PZR Sekundärprophylaxe durch Zahnarzt/Oralchiurg/MKG-Chirurg nach Beginn einer Bisphosphonat-Therapie Antibiotikatherapie 1-2 Tage präop bis Nahtentfernung, CHX Plastische, epiperiostale Deckung Parodontopathien konservativ therapieren, frühe Endodontie, PZR Regelmäßige zahnärztliche Untersuchung (3 monatlich) Tertiärprophylaxe durch MKG-Chirurg/Klinik für MKG-Chirurgie nach Auftreten von BP induzierten Osteonekrosen (BION)
Radiatio Zahnsanierung vor Radiatio im Kopf-Hals Bereich Evaluation des individuellen Risikoprofils nach folgenden Kriterien: Gesamtstrahlendosis Bestrahlungsfeld Kombinierte Radio-Chemotherapie
Radiatio Zahnsanierung vor Radiatio im Kopf-Hals Bereich Radiogene Mukositis Radioxerostomie Strahlenkaries Infizierte Osteoradionekrose
Radiatio Zahnsanierung vor Radiatio im Kopf-Hals Bereich Prognosis quoad vitam? Curativer Therapieansatz vs. Palliativsituation
Radiatio Sanierungskonzept vor Radiatio Empfehlungen über Sanierungsumfang differieren Von allen Risikopatienten die strengste Indikationsstellung
Radiatio Sanierungskonzept vor Radiatio Extraktion avitaler, parodontal und kariös geschädigter/zerstörter und teilretinierter Zähne Konservierende Maßnahmen nur unter guten hygienischen Verhältnissen
Radiatio Sanierungskonzept vor Radiatio Erhalt von kariesfreien und parodontal gesunden Eckzähnen und Prämolaren im Unterkiefer ist anzustreben Im Oberkiefer zusätzlich die Inzisivi Wesentlich großzügigere Extraktionsindikation von Molaren im Unterkiefer
Radiatio Sanierungskonzept vor Radiatio Fall 1: 65-jähriger Patient mit T4 Oropharynx-Ca. Desolater Zahnstatus Wurzelreste Zahnstein
Radiatio Sanierungskonzept vor Radiatio
Radiatio Sanierungskonzept vor Radiatio Fall 2: 61-jähriger Patient mit T4 Oropharynx-Ca. Wurzelreste Parodontal geschädigte Zähne Retinierte und teilretinierte Zähne
Radiatio Sanierungskonzept vor Radiatio
Radiatio Weitere Maßnahmen vor und unter Radiatio Schleimhautretraktoren/Strahlenschutzschiene Fluoridierungsschiene Mukositisprophylaxe Trismusprophylaxe Prothesenkarenz unter Bestrahlung und ca. 3 - 6 Monate im Anschluß (Aitasalo et al. 1998)
Radiatio Prävention nach Radiatio Bei erforderlichen invasiven Eingriffen: Systemische Antibiose 1-2 d präoperativ bis ca. 10 d postoperativ (z.B. Amoxicillin 3 x 750 mg/d oder Amoxicillin + Clavulansäure 3 x 625 mg/d, bei Penicillinallergie Clindamycin 4 x 300 mg/d bis 4 x 600 mg/d)
Radiatio Prävention nach Radiatio Möglichst atraumatische Operationstechnik Keine sekundäre Wundheilung, sondern plastische Deckung durch Mukosalappen Grundsätzlich nur durch chirurgisch erfahrene Behandler
Zusammenfassung Risikobewertung Risiko für dentogene Komplikationen nach abgeschlossener Therapie? Hohes Risiko Radiatio/Bisphosphonate Mittleres Risiko Organtransplantation oder Stammzelltransplantation Niedriges Risiko Herz-OP
Zusammenfassung Sanierungszeitpunkt Bei allen genannten Sanierungskonzepten sollte ein Zeitraum von mindestens 14 Tagen zwischen Sanierung und geplanter OP/Transplantation bzw. Beginn der Medikation/Bestrahlung eingehalten werden
Zusammenfassung Sanierung Die Sanierung gilt erst dann als abgeschlossen, wenn reizfreie und dichte Wundverhältnisse vorliegen. Dieser Zustand muß dokumentiert und den weiterbehandelnden Ärzten mitgeteilt werden.
Zusammenfassung Sanierung Trotz aller Richtlinien und Empfehlungen stellt der Zahnstatus eines jeden solcher Risikopatienten einen individuell zu bewertenden Einzelfall dar, der nicht nach „Schema F“ abgearbeitet werden kann.
VIELEN DANK FÜR IHRE AUFMERKSAMKEIT!
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