Ja zur 99%-Initiative Ja zur Ehe für alle - AFGHANISTAN GEHT UNS ALLE AN - SP Schweiz
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JUSO Mitgliederzeitung der SP Schweiz 196 · Ausgabe CH · September 2021 AZB 3001 Bern Ja zur 99%-Initiative Ja zur Ehe für alle AFGHANISTAN GEHT UNS ALLE AN #SP IM AUFBRUCH AM PARTEITAG Zehntausende unterschrieben unseren Appell, rasch 10 000 Men Wer hat in der SP Schweiz das Sagen? Die neuen Strukturen kurz schen aus Afghanistan aufzunehmen. Doch die offizielle Schweiz erklärt – ab Seite 14. schaut tatenlos zu. Seite 13
2 LINKS 196 ∙ 2021 Aktuell Liebe Genossinnen und Genossen, liebe Sympathisant:innen INHALT und alle dazwischen und darüber hinaus 4 Ja zur 99%-Initiative Am Parteitag wird Wichtiges verhandelt. Wir haben am ver- Was in den Augen von gangenen Wochenende einer neuen Struktur zugestimmt, Co-Präsidentin Mattea Meyer die die Partei in die basisnahe Zukunft katapultiert (Seite 14). und Unternehmer Daniel Sägesser Das Co-Parteipräsidium hielt eine fulminante Grundsatz für die Initiative spricht rede zur Partei der Freiheit (uns!), einsehbar auf unserer 6 Ja zur Ehe für alle Website (sp-ps.ch). Wir haben Parolen gefasst (Ja und Nein). Auf dass die systematische Und wir haben süsse Ostschweizer Äpfel und Birnen geges- Diskriminierung von Schwulen sen, die auf den Tischen zum Verzehr auslagen. und Lesben endlich ein Ende hat Sie stammten vom St. Galler Genossen Sonderegger, der es 8 Auf zur Demo gegen sich trotz Rollator nicht nehmen liess, persönlich in der den Rentenabbau Olmahalle in St. Gallen vorbeizuschauen. Und der mir von Demonstriert zahlreich gegen die Erhöhung des Frauenrentenalters seiner zahmen Krähe Loco erzählte, die er verlassen vorgefunden und von Hand am 18. September 2021 in Bern – aufgezogen hatte. Die mit seinem Hund spielt und in jungen Jahren freiwillig im wir laufen gemeinsam Käfig im Auto Platz nahm, wenn sie eine Ausfahrt machten. Und die sich – ganz loco – nach der Handaufzucht für ein Leben im Wald entschied. 9 – 12 Berichte aus den Kantonen Das ist nicht die Freiheit, die Mattea und Cédric meinten. Sie sprachen von der 13 Afghanistan geht uns alle an Freiheit, ohne Existenzängste von der AHV leben zu können, eine Wohnung zu Doch die offizielle Schweiz schaut tatenlos zu mieten ohne Angst vor Kündigung, und von der Freiheit, dass unsere Kinder in einer intakten Welt aufwachsen. 14 #SPimAufbruch Die neuen Strukturen sind Doch so ganz anders ist diese Freiheit auch wieder nicht. Gerne hätte ich mit Ge- beschlossene Sache nosse Sonderegger noch ein bisschen länger über seine Krähe und ihren Sinn für Freiheit, über Konrad Lorenz (den er übrigens persönlich kannte) und anderes ge- 16 Kochen fürs Klima sprochen. Mit Rebecca in den Resten- Himmel Und genau dafür sind Parteitage auch gut, neben weitreichenden Entscheidungen und Grundsatzreden. Darum: Kommt zahlreich am 5. Februar 2022 zum nächsten 17 Zum Tod von Carl Miville Parteitag nach Genf. Gesprächsstoff wird sich mit so vielen interessanten Men- 18 5 Fragen an Neumitglied schen vor Ort problemlos finden. Jörg Pfistner Es grüsst euch solidarisch 19 Herbsttagung der SP 60+ eure Pia Wildberger IMPRESSUM Herausgeberin: SP Schweiz, Theaterplatz 4, 3011 Bern, Telefon 031 329 69 69, Fax 031 329 69 70 | Erscheint 6 Mal pro Jahr, Auflage 37 810 (Wemf) | Abonnementspreise: Für Mitglieder der SP Schweiz gratis | Adressänderungen/Abo: abo@spschweiz.ch | Redaktion: Pia Wildberger (Chefredaktion), Fabian Müller (SO), Livia Diem (BS), Matthias Stöckli (BL), Hannes Rettenmund (BE), Katharina Kerr (AG), Sebastian Dissler (LU), Philipp Wyss (TG), Eva Schmid (Region Bern), Urs Geiser (Korrektor) | E-Mail Redaktion: links@spschweiz.ch | Gestaltung/Produktion: Atelier Bläuer, Bern | Druck: AZ Druck Aarau | Anzeigen: Kilian Gasser, Medienvermarktung GmbH, G itschenstrasse 4, 6460 Altdorf, Tel. 041 871 24 46, kg@kiliangasser.ch | Redaktionsschluss dieser Ausgabe: 23. August 2021. Redaktionsschluss nächste Ausgabe: 25. Oktober 2021 | Gedruckt auf Recyclingpapier aus der Schweiz
Aktuell LINKS 196 ∙ 2021 3 Ein amerikanischer Kampfjet? Ohne uns! Die Delegierten stimmten am Parteitag dieser Tarnkappenbomber völlig ungeeig- vom letzten Samstag der Lancierung einer net», sagt Priska Seiler-Graf, Nationalrätin Initiative gegen die Beschaffung amerika- aus Zürich. Mit dem F-35 würden vor allem nischer Kampfjets zu. Bereits am Dienstag Angriffe geflogen. startete die SP zusammen mit der GSoA und Der Bundesrat begründet die Wahl des den Grünen die Unterschriftensammlung. Kampfjets mit den angeblich tiefen Kosten. Doch in allen Ländern, die den F-35 Im Abstimmungskampf zu den Luxuskampf- beschafften, explodierten die Kosten für jets vor einem Jahr standen die luftpolizeili- Betrieb und Unterhalt. «Die Behauptung chen Aufgaben der Flieger sowie der Schutz des Bundesrats ist unglaubwürdig», stellt des Schweizer Luftraums im Vordergrund. Priska Seiler-Graf klar. Zudem macht Bundesrat und Befürworter machten geltend, die Beschaffung amerikanischer Kampfjets sie wollten unsere Unabhängigkeit schützen. die Schweiz «in unerträglichem Mass» Und nun schlägt der Bundesrat ausgerech- von den USA abhängig, gerade was Aus Bitte unterschreibe darum hier: net die Beschaffung des amerikanischen bildung, Ersatzteile, Updates, Unterhalt ➔ f-35.spschweiz.ch F-35 vor. «Für die genannten Aufgaben ist und Datenschutz betrifft. Neuer Newsletter zum Deine Stimme bei der Dringender Aufruf digitalen Kapitalismus Bundestagswahl 2021 Für das laufende Referendum zur Die erste Ausgabe des neuen Newsletters der Stempelsteuer fehlen uns noch AG Wirtschaftsdemokratie beschäftigt sich 15 000 Unterschriften. Unter- mit einem brisanten Thema: dem digitalen zeichne darum noch heute das Kapitalismus der Gegenwart. Digitale Platt- Referendum und bitte auch die formen wie Amazon, Google oder Facebook Nachbarin um ihre Unterschrift – dringen in immer weitere Bereiche unseres und sende den Bogen unbedingt alltäglichen Lebens vor. Gleichzeitig ist die sofort ein. Die Sammelfrist läuft Idee des öffentlichen Guts der digitalen Welt Anfang Oktober aus. Merci! weitgehend fremd. Was zeichnet den digitalen ➔ stempelsteuer-bschiss.ch Kapitalismus der Gegenwart aus? Mit welchen unternehmerischen Machtformen haben wir es zu tun? Welche politischen Regulierungs- versuche gibt es? Was für mögliche Alterna- Die Bundestagswahlen von Ende September tiven eröffnen sich für die Sozialdemokratie? versprechen einiges an Spannung. Vorne Für alle, die sich mit diesem liegt derzeit Olaf Scholz, Kanzlerkandidat der spannenden und wichtigen SPD, der Schwesterpartei der SP Schweiz. Thema auseinandersetzen Deutsche Staatsangehörige, die immer und sich für den Newsletter noch in Deutschland gemeldet sind, können anmelden möchten: sich noch bis kommenden Montag bei ihrer ➔ wirtschaftsdemokratie.ch Gemeinde für die Briefwahl anmelden. Viele Gemeinden ermöglichen den Briefwahlantrag online und akzeptieren eine Schweizer Ad- resse. Die Briefwahlunterlagen müssen dann bis zum 26. September bei der deutschen Stadt oder Gemeinde eingegangen sein. Um sicherzugehen, rechne mit Tempo «Schne- ckenpost». Auf zur Wahl!
Jonas Zürcher, SP Schweiz Kapital belasten, Löhne und Renten entlasten Die Reichen werden immer reicher. Das reichste Soziale Ungleichheit bremsen Prozent der Bevölkerung besitzt über 40 % des Die 99%-Initiative setzt bei dieser DARUM GEHT ES Vermögens in der Schweiz – Tendenz steigend. Ungerechtigkeit an: Neu sollen Ka- Gewinne aus Aktien oder Dividendeneinkünfte pitaleinkommen ab einer Schwelle werden heute tiefer besteuert als Einkommen von 100 000 Franken anderthalb aus Arbeit oder Rente. Das ist ungerecht und Mal so hoch besteuert werden wie Menschen, die für ihr Geld muss sich ändern. Arbeitseinkommen. Mit den Ein- arbeiten, werden heute nahmen könnten Steuern auf tiefe schlechter gestellt als Men Wer heute zum exklusiven Club der und mittlere Löhne und Renten ge- schen, die von Kapitaleinkom Superreichen gehört, wird jedes Jahr senkt sowie Krankenkassenprä- men leben. Lohneinkommen noch reicher, und zwar aus Kapital- mien oder Kinderkrippen-Beiträge wird höher besteuert als einkommen. Deshalb besitzt das reduziert werden. So können die Einkünfte aus Dividenden. reichste Prozent in der Schweiz heu- Menschen entlastet werden, die von Kapitalgewinne über 100 000 te fast die Hälfte des Gesamtvermö- Arbeit oder Rente leben. Franken jährlich sollen deshalb gens. Und die Superreichen wurden Die Superreichen beeinflussen die mit dem Anderthalbfachen in den letzten zwanzig Jahren steu- Politik mit Lobbying und aufwändi- des Einkommenssteuersatzes erlich immer mehr entlastet. Kapi- gen Kampagnen. Das schwächt un- belastet werden. Dies betrifft talgewinne sind steuerfrei, Dividen- Mattea Meyer, Nationalrätin sere Demokratie. Mit der 99%-Ini- nur das reichste Prozent der den werden nur noch teilbesteuert. und Co-Präsidentin der tiative können wir hier Gegensteuer Bevölkerung. SP Schweiz Die Steuerausfälle, die so entste- geben. Die 99%-Initiative schafft Die 99 % der Bevölkerung, hen, bezahlen wir alle mit höheren mehr Gerechtigkeit zwischen den deren Einkommen aus Arbeit Steuern oder Gebühren. Mehrwert- Normalverdienenden und den oder Rente normal besteuert steuer, Kinderbetreuungstarife und Reichsten Darum gehört ein über- wird, können dank den Zusatz höhere Lohnnebenkosten sind Bei- zeugtes JA zur 99%-Initiative in die einnahmen entlastet werden. spiele dafür. Urne.
Abstimmung LINKS 196 ∙ 2021 5 «Der Wirtschaftsstandort Schweiz würde profitieren» Die Initiative gefährdet KMUs, weil die Ei Davon ist nicht auszugehen. Der sehr offen gentümer weniger ins Unternehmen und formulierte Initiativtext lässt pragmatische in die Mitarbeitenden investieren können, Lösungen für solche durchaus sensiblen Si- sagen die Gegner. Was sagen Sie als Unter tuationen explizit zu. Ich bin auch der Mei- nehmer dazu? nung, dass bei der Umsetzung der Initiative Die 99%-Initiative erhöht nur die Steuer auf dieser Thematik Rechnung getragen werden sehr hohen Kapitaleinkommen. Wer sich zu- soll. Auch die Initiant:innen wollen das. Es sätzlich zum normalen Lohn ein so hohes besteht also weder auf linker noch auf bür- Kapitaleinkommen auszahlen kann, ist nicht gerlicher Seite ein Interesse an einer Umset- darauf angewiesen, weniger zu investieren, zung, die KMU oder Startups schädigt. um mit dem Geld private Steuerrechnungen zu bezahlen. Worin sehen Sie den grössten Gewinn, wenn die Initiative angenommen würde? Mit Annahme der Initiative würden Ar Ich bin überzeugt, dass für die ganze Gesell- beitsplätze verloren gehen. schaft und somit auch für die Wirtschaft nur Das glaube ich nicht. Der Wirtschaftsstand- gut ist, was nachhaltig ist. Neben der ökolo- ort Schweiz würde von der 99%-Initiative gischen und wirtschaftlichen Nachhaltigkeit sogar profitieren. Mit den Mehreinnahmen gibt es auch noch die soziale Nachhaltigkeit. sollen tiefe und mittlere Lohneinkommen Und es ist nicht sozial nachhaltig, wenn die steuerlich entlastet werden. Dies stärkt Schere zwischen Arm und Reich immer wei- deren Kaufkraft, was sich positiv auf den ter aufgeht. Mit der 99%-Initiative können Schweizer Wirtschafts- und Investitions wir in Sachen sozialer Nachhaltigkeit wieder standort auswirkt. Auch sollen mit den zu- etwas zurückgewinnen, was wir in den ver- sätzlichen Steuereinnahmen zum Beispiel gangenen Jahren verloren haben. Kinderkrippen finanziert werden. Frauen können so mehr arbeiten – das wäre eine echte Hilfe gegen den Fach kräftemangel! *Daniel Sägesser, 33, hat gemeinsam mit Partnern Denn dieser verhindert heute Investitionen. mehrere Firmen im Cleantech-Bereich gegründet, Unternehmer Daniel Sägesser* setzt sich für aufgebaut und am Markt etabliert, darunter Megasol, die 99%-Initiative ein, denn auch für die Die Übergabe von Unternehmen an Nach den grössten Schweizer Solarmodul-Hersteller. Die Firmengruppe beschäftigt weltweit 220 Mitarbei- Wirtschaft ist nur gut, was ökologisch und folger:innen wird durch die 99%-Initiative tende, davon über 100 am Hauptsitz in Deitingen SO. sozial nachhaltig ist. erschwert. Stimmt das? Sägesser ist SP-Grossrat in Basel-Stadt. Die Argumente der Gegner:innen im Faktencheck «Die Initiative gefährdet in Familienunter- «Unternehmensgründer:innen verzichten Etwa 1,4 Prozent der Bevölkerung besitzt so nehmen Nachfolgeregelungen, weil neue anfangs auf anständigen Lohn. Mit der viel Geld. Daher ist davon auszugehen, dass Eigentümer:innen oft grosse Summen aus Initiative wird ihnen später die Belohnung nicht mehr als ein Prozent der Bevölkerung dem Unternehmen abziehen müssen, um in Form von Dividenden genommen.» von der Initiative betroffen ist. Erben auszuzahlen.» Gemäss Firmenchefs sind die mit Abstand Der Verkauf von Unternehmen wird durch die wichtigsten Standortfaktoren die Verfügbar- «Ungleichheit ist in der Schweiz kein 99%-Initiative nicht erschwert. Die Gegner keit von qualifizierten Arbeitskräften sowie Problem.» behaupten, Eigentümer:innen würden den gute überregionale Verkehrsverbindungen Während die Einkommens-Ungleichheit in Verkaufspreis ihres Unternehmens wegen (Avenir Suisse). Für diese Standortfaktoren der Schweiz tatsächlich geringer ist als in vie- der drohenden Steuerlast erhöhen, was ist eine Stärkung des Service Public zentral. len Ländern, ist die Vermögensverteilung sehr Nachfolgelösungen erschwere. Dies ist reine Die 99%-Initiative ermöglicht einen solchen ungleich. Das reichste Prozent besitzt über Spekulation. Expert:innen von Schweizer Ausbau durch zusätzliche Steuereinnahmen. 42 Prozent der Gesamtvermögen, Tendenz Banken orten die grössten Schwierigkeiten steigend. Am meisten profitierten die 300 bei Unternehmensübergaben in einer zu «Nur 100 000 Franken Freibetrag – das Reichsten: Sie konnten ihre Vermögen seit späten Planung oder im emotionalen Bereich. betrifft doch viel mehr als nur 1 Prozent!» 2003 auf 707 Milliarden Franken verdoppeln. Die meisten Länder kennen eine Kapitalge- Um ein Kapitaleinkommen von 100 000 Fran- Gleichzeitig stagnieren die Löhne, Kranken- winnsteuer, ohne dass dies Unternehmens ken zu erzielen, sind bei einer durchschnitt kassenprämien und Mieten steigen. Acht übergaben erschweren würde. lichen Rendite von 3 Prozent mehr als Prozent der Bevölkerung verdient zu wenig 3 Millionen angelegtes Kapital notwendig. zum Leben.
6 LINKS 196 ∙ 2021 Abstimmung Ja zur Ehe für Die Diskriminierung von homosexuellen Paaren muss endlich ein Ende haben. Mit Blick auf das Diskriminierungs- Auch gleichgeschlechtliche Paare sollen sich künftig das Jawort geben dürfen verbot stellt sich heute die Frage, ob und rechtlich den heterosexuellen Paaren gleichgestellt sein. die Unterscheidung zwischen hete- rosexuellen und gleichgeschlecht- Der Wortlaut von Artikel 14 der Bun- Rechtlich betrachtet ist die Ehe lichen Paaren haltbar ist. Das Dis- desverfassung ist klar und gilt be- eine einvernehmliche Verbindung kriminierungsverbot verbietet reits heute für alle: «Das Recht auf zweier Menschen, die mit gegensei- die unterschiedliche Behandlung Ehe und Familie ist gewährleistet.» tigen Rechten und Pflichten einher- verschiedener Personen nicht. Die Welche Bedingungen erfüllt sein geht. Im täglichen Leben wirken sich Unterscheidung muss sich jedoch müssen, damit zwei Personen die diese Rechte und Pflichten in den sachlich rechtfertigen lassen. Ist die Ehe eingehen können, regelt jedoch verschiedensten Bereichen aus, bei- Unterscheidung zwischen gleichge- das Zivilrecht. Dieses beschränkt spielsweise im Erbrecht oder beim schlechtlichen und heterosexuellen die Ehe auf heterosexuelle Paare. Recht auf Adoption. Im früheren Paaren bei der Eheschliessung be- Mit der Vorlage «Ehe für alle» soll Daniel Jositsch, klassischen Verfassungsverständ- gründet? Ein sachlicher Grund ist dies geändert und die Ehe damit Rechtsprofessor nis war die Ehe jedoch auf hetero- nicht erkennbar. und Ständerat ZH auch für gleichgeschlechtliche Paare sexuelle Paare beschränkt. Das hat Auch inhaltlich ergibt der feh- geöffnet werden. sich verändert. lende Zugang gleichgeschlechtli
STAND PUNKT alle Undemokratische Mustafa Atici, Nationalrat BS, Präsident SP Migrant:innen cher Partner:innen zur Ehe keinen Sinn. Immer wieder wird von den erhalten, dass sie schon seit Jahr- hunderten bestehe. Es dauerte sehr Stimmrechtsverteilung Gegnerinnen und Gegnern ins Feld lange, bis sich die Gesellschaft in geführt, die auf jahrhundertelanger Fragen der sexuellen Orientierung Die demografische Entwicklung unseres Landes Tradition beruhende Ehe leide, wenn öffnete, unzählige Menschen wur- beschäftigt mich. Künftig werden in einigen sich auch gleichgeschlechtliche Paa- den deshalb lange Zeit benach- Städten Personen ohne Wahl- und Stimmrecht re das Jawort geben können. Dieses teiligt. Doch eine «traditionelle» die Mehrheit bilden. Schon heute ist das in Argument ist unhaltbar: Die Öff- Diskriminierung rechtfertigt keine Kreuzlingen der Fall. Dort entscheidet eine nung der Ehe für gleichgeschlechtli- weitere Benachteiligung, im Gegen- knappe Minderheit über politische Anliegen. che Paare nimmt niemandem etwas teil! Eine sofortige und vollständige Damit diese antidemokratische Entwicklung weg. Wer in einer heterosexuellen Gleichstellung gleichgeschlechtli- nicht zur Norm wird, wurden in den letzten Beziehung die Ehe eingehen möchte, cher Partnerschaften ist darum un- 20 Jahren mit Unterstützung der SP in vielen kann dies weiterhin tun. abdingbar. Kantonen und Gemeinden Initiativen für das Stimm- und Wahlrecht für Ausländer:innen Traditionelle Diskriminierung ade eingereicht. Es ist zynisch, eine Diskriminierung Nächstes Jahr wird auch in Basel darüber ab mit der Begründung aufrechtzu- gestimmt. Unsere parlamentarische Initiative fordert, dass Einwohner:innen ohne Schweizer Bürgerrecht spätestens nach fünf Jahren mit DARUM GEHT ES Wohnsitz in der Schweiz die vollen politischen Rechte in kommunalen Angelegenheiten erhalten. Wir sind stolz auf unsere Demokratie. Doch andere Länder weiteten die politischen Rechte Lesbische und schwule lange vor uns aus, beispielsweise für Frauen. Paare sollen heiraten Und die Europäische Union führte mit dem können und damit hetero Vertrag von Maastricht auf kommunaler Ebene sexuellen Ehepaaren für alle Unionsbürger:innen die vollen politi gleichgestellt werden. schen Rechte ein. Die Ehe für alle ist ein In der Schweiz haben 605 Gemeinden in sie historischer Schritt für die ben Kantonen das Stimm- und Wahlrecht für Gleichstellung. Die einge Mitbürger:innen ohne Schweizer Pass einge tragene Partnerschaft ist führt, einige Kantone auch auf kantonaler Ebe der Ehe nicht ebenbürtig. ne. Wo das Stimmrecht für alle besteht, zeigt Benachteiligungen beste hen etwa bei Einbürgerun «Die Schweiz ist sich: Partizipationsmöglichkeiten und Mitbe stimmungsrechte auf kommunaler Ebene tragen gen oder Adoptionen. Wie heterosexuelle Ehe das zweitletzte zum Zusammenhalt unserer Gesellschaft bei. paare sollen verheiratete Aus Gründen der Rechtsgleichheit sollten diese Frauenpaare in der Schweiz westeuropäische politischen Rechte auch in den übrigen 1590 Zugang zur Samenspende Gemeinden zum Tragen kommen, ohne Verwir erhalten. Beide Mütter gel Land, das die Ehe für kung beim Umzug in eine andere Gemeinde oder ten von Geburt an als Eltern einen anderen Kanton. Die Wohnsitzfrist von des Kindes, was das Baby gleichgeschlechtliche fünf Jahren, die in den Kantonen Freiburg und die Eltern rechtlich und Neuenburg gilt, hat sich bewährt. Sie be absichert. Entscheidend für Paare noch nicht ginnt jedoch in allen Kantonen, die das Stimm- das Kindeswohl ist die Liebe und Wahlrecht für Zugezogene kennen, bei der Eltern, nicht deren ermöglicht hat. einem Wohnortswechsel neu, was den heutigen Geschlecht. Mobilitätsbedürfnissen entgegensteht. In Ländern, in denen die Es ist höchste Zeit! Wer von einem Entscheid betroffen ist, soll an Ehe für alle eingeführt wurde, sank unter den Denn es ist genug diesem Entscheid auch teilhaben können: Das ist unsere Grundüberzeugung. Deshalb haben die Betroffenen die Selbst mordrate, und Vorurteile Ehe für alle da!» SP Migrant:innen eine Petition lanciert. Danke, dass Ihr hier dafür unterschreibt: nahmen ab. TAMARA FUNICIELLO, NATIONALRÄTIN, BE stimmrechtfueralle.ch
8 LINKS 196 ∙ 2021 AHV21 Hände weg von den Frauenrenten! Mit der AHV21 die Frauen schlechterstellen? Sicher nicht! Am 18. September mit Gleichstellung zu tun: Bei der demonstrieren wir darum alle gemeinsam in Bern – kommt zahlreich! Diskussion der AHV-Revision im Parlament ignorierten sie den Gen- Frauen, die ihr ganzes Leben lang men zur Bekämpfung des Gender- der-Pension-Gap völlig. Stattdessen gearbeitet haben, ohne auf familien Pay-Gaps. Darunter verstehen wir verschlechterten sie die Situation ergänzende Betreuung zurückgrei- mehr Lohngleichheit, eine systema- der Frauen und verwässern Lösungs- fen zu können, unzählige Stunden tische Erhöhung der Löhne im Care- ansätze bei der Bekämpfung der Ur- unbezahlter Care-Arbeit leisten, in Bereich, unentgeltliche familiener- sachen, etwa bei der Lohn-Ungleich- schlecht bezahlten Teilzeitjobs ar- gänzende Betreuungsangebote und heit. So wurde die parlamentarische beiten oder nach einer Scheidung eine Elternzeit. Debatte über den Rentenabbau denn wenig berufliche Perspektive haben: Die vorliegende AHV-Revision auch im Eiltempo durchgezogen, Ihnen allen gebührt Anerkennung. bezahlen die Frauen, wenn wir uns trotz vielen kritischen Stimmen aus Das gilt für die Generation meiner Virginia Köpfli, nicht wehren. Dabei wäre es nicht nö- der Bevölkerung und einem Appell Mutter, das gilt für die vorangegan- Geschäftsleitung SP Frauen* tig, Finanzierungsprobleme auf Kos- von Frauenstreikkomitees und Ge- genen Generationen und für alle ten der Frauen zu «lösen»: Sie liessen werkschaften, die innert kürzester Generationen, die noch kommen sich beispielsweise auch mit einer Zeit über 300 000 Unterschriften mögen. Dividendenbesteuerung angehen. gegen eine Erhöhung des Rentenal- Die AHV anerkennt dies zumin- ters zusammenbrachten. dest zu einem kleinen Teil über das Wo Gleichstellung draufsteht, ist Am 18. September, vor der tiefere Rentenalter 64. Doch wie nicht immer Gleichstellung drin Schlussabstimmung zur AHV-Revi- lange noch? Das nationale Parla- Die Bürgerlichen behaupten oft, die sion im Parlament, demonstrieren ment möchte das Frauenrentenalter Erhöhung des Rentenalters sei ein wir darum in Bern. Kommt zahl- erhöhen. Einmal mehr sind Frauen Akt der Gleichstellung. Doch die reich! Gemeinsam wollen wir ein die ersten Opfer der asozialen Ab- Politik der Bürgerlichen hat nichts Zeichen setzen gegen die Erhöhung baupolitik. So, wie auch Kantone des Frauenrentenalters. mit ihren Sparpaketen als Erstes im Als Tochter, Feministin und jun- Care-Sektor sparen. Einmal mehr ge Frau werde ich am 18. September wird unbezahlte Care-Arbeit zu we- auf die Strasse gehen. Es kann nicht nig mitgedacht. Einmal mehr wird sein, dass unseren Müttern einmal Vereinbarkeit von Familie und Beruf mehr jener Respekt verwehrt wird, als umgesetzt betrachtet. für den sie ihr ganzes Leben lang In der neuen AHV21 läuft aus fe- gekämpft haben. Es kann nicht sein, ministischer Sicht vieles falsch. Die dass sich die Rentensituation für zu- Gleichstellung wird als gegeben be- künftige Generationen verschlech- trachtet, und wenn es in der Realität tert. Zeigen wir feministische Soli- nicht funktioniert, handelt es sich darität und kämpfen gemeinsam für um das individuelle Versagen von ein gerechteres, soziales Rentensys- Frauen – nach gut liberaler Traditi- tem und gegen den Abbau! Hände on. Dem müssen wir eine feminis- weg von den Frauenrenten! tische Politik entgegenstellen: den Ausbau der AHV sowie Massnah- WIR LAUFEN GEMEINSAM! Gemeinsam sind wir stark: Alle Demonstrant:innen der SP Frauen, der SP Migrant:innen und der SP 60+ treffen sich am 18. September um 13.15 Uhr auf der Schützenmatte, Ecke Lor rainebrücke/Hodlerstrasse. Halte Ausschau nach unseren Fahnen!
LINKS REGIOBE GEMEINDEABSTIMMUNG VOM 26. SEPTEMBER 2021 Gemeindeinitiative «Bezahlbares Wohnen in Muri-Gümligen» Am 26. September geht ein langer Weg zu Ende. Die Stimmbevölkerung verschiedenen Quartieren haben vor allem der Gemeinde Muri b. Bern entscheidet über die Gemeindeinitiative Sanierungen den Wohnraum weiter verteu- «Bezahlbares Wohnen in Muri-Gümligen», die im Jahr 2019 von der ert. Die Tiefsteuerpolitik der Gemeinde heizt SP und den Grünen eingereicht wurde. Bei grösseren Überbauungen – die Preise zusätzlich an. Eine Vier-Zimmer- wenn circa 40 neue Wohnungen in einem zusammenhängenden Areal Wohnung unter 2000 Franken ist daher nur entstehen – soll mindestens ein Fünftel davon «preisgünstig» sehr schwer zu bekommen. im Sinne der Wohnraumförderungsverordnung des Bundes sein. Angesichts der Argumente der Bürgerli- chen gegen unsere Initiative werde ich rasch Dass wir es bis zur Abstimmung geschafft allmählich in Muri b. Bern sichtbar wird, emotional. Oft sind es sehr wohlhabende haben, verdanke ich insbesondere zwei Per- nachdem die bürgerliche Dominanz bei den Personen mit grossen Eigenheimen, die un- sonen: Im Frühling 2018, am Parteitag der SP letzten Wahlen gebrochen wurde. sere Initiative ablehnen. Das ist für mich un- Region Bern-Mittelland, motivierten mich verständlich. Denn mit der Gemeindeinitia- Jürg Sollberger vom Regionalverband Bern- Warum es in Muri-Gümligen unbedingt tive nehmen wir niemandem etwas weg. Ich Solothurn der gemeinnützigen Wohnbau- mehr bezahlbaren Wohnraum braucht selbst lebe mit meiner Frau und unseren zwei träger und Tanja Bauer mit ihrem Erlebnis- Braucht es überhaupt mehr bezahlbaren kleinen Söhnen in einer bestehenden Wohn- bericht über das gleiche Anliegen in Köniz Wohnraum in Muri b. Bern? Ja, unbedingt! baugenossenschaft im Melchenbühlquar- entscheidend dazu, im stockbürgerlichen Eine Analyse der Gemeinde hat ergeben, tier. Wir bezahlen für eine Vier-Zimmer- Muri b. Bern eine Gemeindeinitiative für dass die Mieten in unserer Gemeinde im regi- Wohnung eine Monatsmiete von gerade mal bezahlbares Wohnen zu lancieren. Zu Be- onalen Vergleich sehr hoch sind. Alleinerzie- 1350 Franken. Hätten wir nicht das Glück ge- ginn wurden wir offen belächelt. Spätestens hende, junge Familien und ältere Personen habt, diese bezahlbare Wohnung zu finden, als wir die notwendigen Unterschriften in haben bei einem Wohnungswechsel Mühe, wären wir wohl aus Muri b. Bern weggezogen knapp der Hälfte der Zeit zusammenhatten, etwas Bezahlbares in unserer Gemeinde zu – worüber vielleicht einige meiner Gegner war unseren Gegnern das Lachen vergan- finden. Nicht wenige verlassen deshalb Muri froh gewesen wären. Mit unserer Initiative gen. Wer zuletzt lacht, ist aber offen. b. Bern. Das ist bedenklich und weckt in mir wollen wir – gemeinsam mit einem überpar- Die Debatte ist ideologisch geprägt, und die Befürchtung, unsere Gemeinde könnte teilichen Komitee und einer kreativen Kam- die Meinungen sind grösstenteils schon ge- zu einem «Reichenghetto» verkommen. Mit pagne – dafür sorgen, dass nicht allein das macht. Die Mobilisierung des linken Lagers der Initiative stellen wir sicher, dass Muri Portemonnaie darüber entscheidet, wer in wird daher von entscheidender Bedeutung b. Bern eine für alle offene Gemeinde bleibt. Muri-Gümligen wohnen kann und wer nicht. sein. Immerhin, Gemeinderat und Parla- Die Bürgerlichen argumentieren, unsere Ini- ment befürworten – wenn auch mit knap- tiative sei überflüssig, da auch ohne «Staats- Raphaël Racine, Parlamentsmitglied Muri b. Bern, pem Mehr – unsere Initiative. Hier zeigt sich zwang» genügend preisgünstige Wohnun- Präsident Initiativkomitee «Bezahlbares Wohnen in Muri-Gümligen» zum ersten Mal der politische Wandel, der gen entstünden. Das ist Wunschdenken. In Das Initiativkomitee setzt auf eine kreative Kampagne. Viele Velos sind mit Wimpeln geschmückt und Balkone mit Fahnen versehen (links: Raphaël Racine, Präsident des Initiativkomitees). Mit bunten Velos wird im öffentlichen Raum ein weiterer «Teaser» für die Initiative gesetzt.
10 LINKS 196 ∙ 2021 LINKS SO Seitentitel Neues Format am kantonalen SP-Parteitag in Olten Die Geschäftsleitung der SP hat am letzten vorstellen und Informationsmaterial vertei- rissenen 81-Millionen Luxusstrasse»; Willi- Parteitag ein neues Format eingeführt. Nach len können. Dieses Format soll zu Diskus Ritschard-Bildungswerkstatt; Komitee «Ehe der Eröffnungsrede von Co-Präsident Hardy sionen unter den Parteimitgliedern anregen, für Alle»; JUSO, 99%-Initiative; Junge SP Jäggi gab es erstmals einen Politmarkt mit aber auch den Zusammenhalt innerhalb der Region Olten, Volksinitiative «Erweiterung Verpflegung und Getränken. An diesen Polit Partei stärken. der Gemeindeautonomie»; «Vertreter:innen markt sollen jeweils verschiedene Gruppie- Am ersten Politmarkt der SP Kanton der Pflegeinitiative». rungen und Komitees eingeladen werden, Solothurn waren folgende Gruppierungen Über Rückmeldungen zum neuen Format damit sie den SP-Mitgliedern ihre Anliegen vertreten: «Thaler Komitee NEIN zur über- würden wir uns sehr freuen. Vergewaltigungsmythen In den vergangenen Wochen sind Es ist also offenbar in vielen Köp- fen nach wie vor so, dass es die Op- MEIN ze im Nachhinein als «missglückte Kommunikation» schönreden zu in den Medien verschiedene Arti- fer selbst in der Hand haben, ob sie STAND- wollen, macht die Sache nicht bes- kel zum Urteil im Vergewaltigungs- fall von vor eineinhalb Jahren in vergewaltigt werden oder nicht. Wir werden die Dunkelziffer bei sexuel- PUNKT ser. Vergewaltigungsmythen hal- ten sich in der Gesellschaft hart- Basel erschienen. Zu reden und len Gewaltverbrechen nie reduzie- Nadine Vögeli, näckig. Wenn sich aber nicht mal schreiben gab nicht in erster Linie, ren können, wenn die Opfer immer Co-Parteipräsidentin Richter:innen kritisch damit ausei- SP Kanton Solothurn dass die zweite Instanz das Straf- noch damit rechnen müssen, dass nandersetzen, kommen wir bei die- mass reduzierte, sondern die Be- ihnen die Schuld an der Gewalttat sen Themen nie weiter. gründung, weshalb das Gremium zugeschoben wird. so entschieden hatte. Die Frau, die Völlig daneben ist auch, dass nach dem Ausgang im Hauseingang die Richter:innen offenbar wissen, ihres Wohnhauses vergewaltigt wie man sich als Opfer nach einer wurde, habe «mit dem Feuer ge- Gewalttat zu verhalten hat. Aus spielt», da sie zuvor mit einem an- der Tatsache, dass sich ein Opfer deren Mann intim geworden sei. Zu- nicht in Therapie befindet, wird dem habe die Vergewaltigung nur 11 abgeleitet, dass es offenbar nicht so Minuten gedauert, und das Trauma schlimm war. Es hat ja auch «nur sei offenbar nicht so gross, da sich 11 Minuten gedauert». Als ob die das Opfer nicht in Therapie befinde. Länge eines Erlebnisses zwingend Nur zur Erinnerung: Wir befinden mit dem Grad des Traumas zusam- uns im Jahr 2021. Und noch immer menhängen würde. Aus meiner halten sich uralte Vergewaltigungs- Sicht sind die Begründun- mythen in der Gesellschaft. Viel gen im höchsten Mass schlimmer ist aber, dass sogar ein unprofessionell und Richter:innengremium sich diesen dürften so nie von ei- Mythen nicht entziehen kann oder nem Richter:innen will und mit dieser Begründung des gremium genannt Urteils das Ganze noch zementiert. werden. Das Gan-
Alain Duss, unsplash.com LINKS BE Seitentitel LINKS 196 ∙ 2021 11 Bezahlbare Massnahmen für mehr Klimaschutz Die extremen Wettersituationen im Sommer 2021 führen uns in aller sprechende Vorschrift. Nur so werden solche Deutlichkeit vor Augen, dass sich das Klima rasant verändert. Wie Anlagen in genügend grosser Anzahl gebaut die Wissenschaft bereits vor 50 Jahren voraussagte, bewirken die seit und schaffen wir die Energiewende. Dank der der Industrialisierung ausgestossenen Treibhausgase neben dem deutlichen Annahme im Grossen Rat und den Abschmelzen von Gletschern und Eisschilden vermehrt Stürme, Bemühungen unseres Energie- und Umwelt- Trockenheitsperioden und Überschwemmungen. direktors Christoph Ammann wird diese Vor- schrift sicher in die nächste Energiegesetz Gemäss Umfragen befürwortet eine deutli- tragen. Wenn beispielsweise der Kanton das revision einfliessen. che Mehrheit der Berner Bevölkerung Mass- Autofahren verteuert, dann muss im Gegenzug Nicht durchdachter Klimaschutz zu Las- nahmen zum Schutz unserer Umwelt und zur der öffentliche Verkehr ausgebaut werden. Der ten der Armen und Schwächeren führt zu Verminderung der Klimaerwärmung. Den- Kanton Bern braucht somit eine ÖV-Offensive, sozialen Konflikten. Moralische Appelle und noch steht die Schweiz nach der verlorenen insbesondere in den ländlichen Regionen und eine Verteuerung der fossilen Brennstoffe al- Abstimmung vom 13. Juni 2021 ohne griffiges in den Agglomerationen, damit die Menschen leine reichen nicht aus. Es braucht vielmehr CO2-Gesetz da, und der Kanton Bern hat nach eine umweltschonende Alternative erhalten. sozialverträgliche Massnahmen und die För- dem Nein vom 19. Februar 2019 immer noch Oder wenn Öl-Heizungen verboten werden, derung von bezahlbaren Alternativen. Dann kein zeitgemässes Energiegesetz. Nun bietet dann muss der Kanton erneuerbare Energien finden sich auch wieder Mehrheiten für mehr sich die Chance für eine Trendwende: Am zusätzlich subventionieren und den Ausbau Klimaschutz. Als Grundlage dafür braucht es 26. September stimmen wir im Kanton Bern der Fernwärmenetze vorantreiben. So werden aber unbedingt eine deutliche Annahme des über die Einführung eines Klimaschutzar- die Massnahmen für mehr Klimaschutz be- Klimaschutzartikels am 26. September. tikels in der Kantonsverfassung ab. Die SP zahlbar und damit auch mehrheitsfähig. empfiehlt überzeugt ein Ja! Wir müssen dem Ein ganz aktuelles Beispiel für die Umwelt- Ueli Egger, Co-Präsident SP Kanton Bern und Grossrat, Hünibach Klimaschutz die richtige Bedeutung zumes- politik der SP ist ein überparteilicher Vorstoss sen und ihm den gebührenden Platz in der von Christian Bachmann und mir, der in der Kantonsverfassung gewähren. vergangenen Sommersession im Grossen Rat «Der Kanton Bern Ein klares Ja zum Klimaschutzartikel wird klar überwiesen wurde. Er fordert, dass bei uns alle dazu verpflichten, gemeinsam nach Neubauten und Dachsanierungen alle geeig- braucht eine ÖV- konkreten Lösungen zu suchen, die den Kan- neten Dachflächen mit Solarenergieanlagen ton Bern bis 2050 klimaneutral machen. ausgerüstet werden müssen. SP-Umweltpoli- Offensive, insbeson- Für die SP ist klar, dass die daraus folgen- tik bedeutet konkrete Lösungen für bestehen- den Massnahmen sozialverträglich sein müs- de Herausforderungen: Obschon die Technik dere in den ländlichen sen. Die Ablehnung des eidgenössischen CO2- ausgereift ist, Solarenergieanlagen subventi- Gesetzes hat gezeigt, dass gerade Menschen oniert werden und die Mehrkosten gegenüber Regionen und in den mit kleinem Einkommen zusätzliche Kosten konventionellen Dächern mittlerweile kaum fürchten. Dem müssen wir stärker Rechnung mehr ins Gewicht fallen, braucht es eine ent- Agglomerationen.»
MEIN STANDPUNKT LINKS LU Stadt gegen Land? Von wegen! Seit kurzem bewirtschaftet die SVP ein neues Feindbild: Die Stadtbevölkerung, be- stehend aus «Luxus-Lin- ken», die den Menschen im «Wir sind Land vorschreiben, wie sie denken und leben sollten. Das idealisierte Bild eines als Gesellschaft landwirtschaftlichen Berg- Anja Meier (23) ist Kantonsrätin volkes, das die «echte» aus Willisau. Schweiz ausmacht, ist schlicht weg falsch. Die Schweiz ist städtischer, als es die SVP wahrhaben will. Die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung lebt oder gefordert arbeitet in den Städten und der Agglo. Enge Verflechtun- gen zwischen Stadt und Land prägen uns, sei es bei der Arbeit, im Freundes- und Familienkreis oder im Freizeit- hinzuschauen» verhalten. Von den diversen Transferzahlungen – etwa in den Bereichen Infrastruktur oder Landwirtschaft – profitieren insbesondere die ländlichen Regionen. Und Grossstadträtin Maria Pilotto (35) hat einen Vorstoss mit dem bei Abstimmungen hat mal die Stadt, mal das Land die Titel «Für ein Luzern ohne Gewalt – gemeinsam gegen Sexismus, Oberhand. Homo- und Transfeindlichkeit» eingereicht. Interview: Sebastian Dissler Die polemischen Brandreden der SVP entpuppen sich nicht nur als falsch: Nein, sie bezwecken allein die poli- Liebe Maria, um was geht es bei dei von «Luzern schaut hin» werden und tische Spaltung. Progressive gesellschaftliche Entwick- nem Vorstoss? sich für mehr Sicherheit einsetzen. lungen, die ihren Ursprung zumeist in der Stadt haben, Studien und Umfragen zeigen immer werden als arrogant und unschweizerisch verunglimpft. wieder, dass mehr Menschen im öf- Wie schätzt du generell die Situation Nicht ausklammern lassen sich jedoch die unterschiedli- fentlichen Raum physische oder psy- betreffend Gewalt und Belästigun chen politischen Mehrheitsverhältnisse, auch im Kanton chische Gewalterfahrungen machen, gen in der Stadt Luzern ein? Luzern. Die Landbevölkerung per se als «hinterwäld als die Polizeistatistiken auch tatsäch- Die Stadt Luzern möchte laut Gemein- lerisch» zu betiteln, greift jedoch ebenfalls zu kurz. lich abbilden. Auch wenn es zu keinem destrategie eine sichere und saubere Erstens gibt es auf der Luzerner Landschaft viele und zu- Verfahren kommt, sind die Erlebnisse Stadt sein und setzt darauf, dass sich nehmend mehr Menschen, die sich für eine soziale und trotzdem gravierend und auch trau- die Bevölkerung auch tatsächlich si- nachhaltige Politik engagieren, auch bei der SP. matisierend. Mit einem an Zürich an- cher fühlt. Konkrete Zahlen haben wir Zweitens führen die unterschiedlichen Lebensrealitä- gelehnten Online-Tool unter dem Titel wenige, jedoch stellen wir bei Bewe- ten legitimerweise zu anderen Bedürfnissen, etwa bei «Luzern schaut hin» gibt die Stadt die- gungen wie #aufschrei fest, dass viele der Mobilität. Auch die kantonale Politik kann und muss sen Erfahrungen Raum und informiert Menschen im persönlichen Umfeld Er- hier dazu beitragen, dass sich der politische Graben nicht Betroffene niederschwellig über mög- fahrungen mit Sexismus, Homo- oder vergrössert. Die Landschaft braucht einen gesicher- liche Schritte. Zudem soll der Aufbau Transfeindlichkeit haben. Es braucht ten Service Public in geeigneter Form. Die Menschen des Tools mit Weiterbildungen beglei- jetzt eine Plattform, die diese Erleb- sind auf Bildungsmöglichkeiten, den öV oder Betreu- tet werden, um Fachpersonen der Ver- nisse sichtbar macht und den Leuten ungsdienstleistungen angewiesen. Ebenso braucht es waltung und weiterer Institutionen zu niederschwellig hilft. Betroffene sind nachhaltige Entwicklungsmöglichkeiten, die der Land- sensibilisieren. nicht allein damit und wir sind als bevölkerung wirtschaftliche Perspektiven bieten. Im Gesellschaft gefordert hinzuschauen. Kanton Luzern kommt erschwerend hinzu, dass sich Heute können Opfer von Gewalt Das trägt auch dazu bei, billige Schuld der Kantonshauptort geografisch nicht im Zentrum be- Strafanzeige bei der Polizei einrei zuschreibungen an die Opfer abzu findet, wes wegen infrastrukturell gut ausgestattete chen. Wieso braucht es zusätzlich bauen. Regionalzentren unabdingbar sind. Ganz zu schweigen eine Online-Plattform? von der Wichtigkeit der medizinischen Grundversor- Das Image der Polizei beispielswei- Maria Pilotto arbeitet als wissenschaftliche gung: Die von der Luzerner Regierung ins Spiel gebrach- se im Falle von sexueller Belästigung Mitarbeiterin und Verantwortliche Nachhal- tigkeit bei der Hochschule Luzern. Sie ist auch te Einschränkung der Medizin und Chirurgie am Spital auf der Strasse ist gerade bei jungen bei den SP Frauen* Kanton Luzern und beim Wolhusen würde diese Grundversorgung sowie deren Er- Frauen nicht gut. Dies zeigen meine Kollektiv des Frauen*streiks engagiert. reichbarkeit für viele Menschen massiv verschlechtern. Erfahrungen aus der Frauen*streik- Dass der Stadt-Land-Graben in der Schweiz nicht so tief Bewegung. Auch besteht das Bedürf- ist wie anderswo, verdanken wir insbesondere einem nis, genauer zu wissen, was bei einer starken Service Public, für den sich die SP stets einge- Anzeige passiert oder welche Chancen «Es braucht eine setzt hat. Gleichzeitig ist unbestritten, dass die grossen man hat. Mit der Online-Plattform sol- Fragen unserer Zeit – die soziale Ungleichheit oder der len diese Informationen niederschwel- Plattform, die Klimawandel – uns alle angehen, egal ob in der Stadt oder liger werden. Die gesamte Projektum- auf dem Land zuhause. Es braucht ein Zusammenspan- setzung sollte wie in Zürich breit abge- diese Erlebnisse nen sämtlicher fortschrittlichen Kräfte, um die besten stützt sein, damit beispielsweise auch Antworten für alle statt für wenige zu finden. Kultur- oder Gastronomiebetriebe Teil sichtbar macht.»
Pia Wildberger U.S. Central Command Public Affairs Afghanistan LINKS 196 ∙ 2021 13 Afghanistan geht uns alle an Nach dem Rückzug der ausländischen Truppen aus Afghanistan werden dort die ständigen Bundesrätin Karin Keller- Menschenrechte buchstäblich mit Füssen getreten. Die Schweiz kann und soll Suter war bis vor drei Wochen be- mehr tun! reit, Geflüchtete nach Kabul zurück- zuschicken. Obwohl die Lage schon Einen Tag nachdem die Taliban auch sen haben, weil sie den Vater abho- damals dramatisch war. Kabul eingenommen hatten, habe len wollten. ich fünf junge Frauen getroffen, die Die offizielle Schweiz: Tatenlos aus dem Iran, aus Syrien und dem Was tun? statt tatkräftig Irak geflohen sind. Sie haben mir Diese Nachrichten und Bilder von Die erneute Tatenlosigkeit macht davon erzählt, wie sie in die Schweiz verzweifelten Menschen aus Afgha- fassungslos. Niemand behauptet, gekommen sind. Wie sie sich danach nistan machen tief betroffen. In die- weitere Evakuierungen seien ein- sehnen, in Sicherheit zu leben und ser dramatischen Situation stellt sich fach machbar. Im Gegenteil: Die arbeiten zu können. Wie sie Deutsch die Frage: Was kann die Schweiz tun? Lage ist unübersichtlich, unsicher, gelernt haben und sich freiwillig Mattea Meyer, Nationalrätin Geht es nach dem Bundesrat, soll gefährlich. Aber wir können vom engagieren. Und wie sie, allen Hin- und Co-Präsidentin der sich das unmittelbare Engagement Bundesrat erwarten, dass er das SP Schweiz dernissen zum Trotz, hartnäckig der Schweiz darauf beschränken, Mögliche versucht, im Verbund mit ihre Lebensträume verfolgen. Ein- die Schweizer:innen vor Ort sowie anderen Staaten weitere gefährdete mal mehr wurde mir bewusst: Was das lokale Deza-Personal und zuge- Menschen zu retten. mich von ihnen unterscheidet, ist hörige Familien zu evakuieren. Das Doch der Bundesrat ist nicht das Glück, in einem der sichersten ist ihm zur grossen Erleichterung einmal bereit, dort zu handeln, wo Länder der Welt geboren zu sein. Ich aller gelungen. er ganz alleine entscheiden kann: hätte ebenso gut auch eine der ge- Mehr will der Bundesrat nicht Bei Afghan:innen, die bereits in der flüchteten Frauen sein können. Wir tun. Diese Abwehrhaltung hat leider Schweiz leben. Er könnte von sich könnten heute ebenso gut nicht auf System: Das Departement der zu- aus abgewiesenen Geflüchteten, die unserem Sofa in der Stube sitzen. in Notunterkünften leben, ein Auf- Sondern in einem Keller in Kabul. enthaltsrecht erteilen. Er könnte Nur der Zufall der Geburtslotterie den hier lebenden Asylsuchenden hat anders entschieden. VIELE UNTERSCHRIFTEN unverzüglich einen sicheren Auf- Ich hatte in den vergangenen Wo- enthaltsstatus mit einer Perspektive chen viel Kontakt mit Menschen, Die Nachrichten und Bilder aus Afghanistan machen ermöglichen und versuchen, hu- die weniger Glück hatten als ich. uns tief betroffen. Das zeigt die rekordhohe Anzahl an manitäre Visa für ihre Familienan- Afghan:innen in der Schweiz, die Unterschriften, die wir innert Kürze gesammelt haben – gehörigen auszustellen. Er könnte aus Angst um ihre Eltern und Ge- als Aufforderung an den Bundesrat, 10 000 Menschen aus dem Flüchtlingshilfswerk der UNO schwister nicht mehr schlafen kön- Afghanistan Zuflucht zu bieten. Bis Redaktionsschluss garantieren, im Rahmen von Re- nen. Die täglich in Sorge sind, ob die unterzeichneten 47 000 Leute die Petition. Die zuständi- settlement-Programmen besonders unverheiratete Schwester am nächs- ge Bundesrätin Karin Keller-Suter zeigte verletzlichen Geflüchteten Zuflucht ten Tag das Telefon noch abnimmt sich jedoch bislang unbeeindruckt. zu bieten. Er könnte Kredite für hu- oder ob sie entführt worden ist. Ge- manitäre Hilfe vor Ort aufstocken. flüchtete, die mir erzählen, dass die Du kannst immer noch unterschreiben: Stattdessen tut man einfach Taliban schon mehrfach Drohzettel ➔ afghanistan-appell.ch nichts. Dafür fehlt mir das Ver- an den Türen ihrer Eltern hinterlas- ständnis.
14 LINKS 196 ∙ 2021 Strukturreform #SPimAUFBRUCH: Parteitag zu umfassender Strukturref Letzten Herbst wählten wir ein neu- Von Rebekka Wyler, zeugung des Präsidiums, sollte die direkt in die politischen Diskussio- es Parteipräsidium. Eines der ersten Co-Generalsekretärin, und SP zum spannendsten Ort werden, nen auf nationaler Ebene einzube- Claudio Marti, rechts grossen Projekte der neuen Leitung politischer Fachsekretär an dem gemeinsam Antworten auf ziehen. Dieser Parteirat soll sowohl bestand darin, die Strukturen der der SP Schweiz, die im die drängenden Fragen der Zukunft die Delegiertenversammlung als SP Schweiz umfassend neu zu ge- Zentralsekret ariat die entwickelt werden. auch Geschäftsleitung und Koor- Strukturreform betreuen. stalten und auf die Höhe der Zeit Die Parteileitung prüfte seither dinationskonferenz ersetzen. Die zu bringen. Die Mitbestimmung der mehrere Varianten und unterbreite- thematische Vernetzung soll sich Parteibasis sollte gestärkt, die Kan- te Ende März 2021 ihren Vorschlag verbessern, indem Themenkommis- tonalparteien, thematischen Grup- zur Diskussion und späteren Be- sionen, Foren und Arbeitsgruppen pen und parteiinternen Strömungen schlussfassung am Parteitag von neu aufgestellt beziehungsweise neu besser verankert und miteinander Ende August 2021: Neu soll ein Par- geschaffen und in den Statuten ver- vernetzt werden, und die einzelnen teirat geschaffen werden, um die ankert werden. Und schliesslich soll Mitglieder sollten sich besser ein- Kantonalparteien, Organe und wei- ein neues Parteiorgan «SP queer» bringen können. Damit, so die Über- teren parteiinternen Gruppierungen entstehen, wo sich queere Men- PRÄSIDIUM operative Führung Co-General Co-Präsidium VP VP VP VP VP VP VP sekretariat Aufträge Anträge PARTEIRAT strategische Führung Stadt- Kantonalparteien parteien SP SP Migrant* SP JUSO Frauen* 60+ innen queer weitere Organe Soziales/ Wirt- Themenkommissionen Gesund- Umwelt Frieden/ Land schaft/ weitere heit Sicherheit wirtschaft (Debatte verschoben auf 2022) Finanzen Gewerk- KMU Hilfs Reform weitere weitere Foren schaften werke plattform (Debatte verschoben auf 2022) Aufträge Anträge PARTEITAG VP: Vizepräsidentin oder Vizepräsident. Der Parteirat umfasst ca. 75 Personen, der Parteitag ca. 1100 Personen.
sagt deutlich Ja Danke, Barbara! Herzlich willkommen, David! orm Barbara Gysi wurde zeitgleich mit mir in den Nationalrat gewählt, zu schen organisieren und ihre Anlie- einzelner Gruppierungen verzich- mindest fast. Sie durfte gen diskutieren können. tet, um nicht neue Ausgrenzungen nämlich zu Beginn der zu produzieren. Diese Formulierung Legislatur 2011 – 2015 40 oder 50 Prozent? fand dann die Zustimmung einer nach wenigen Tagen für Das Echo war grösstenteils positiv: Mehrheit der Delegierten. Paul Rechsteiner nachrü Die Rückmeldungen aus der Partei- cken, der den Sprung in basis unterstützten die Stossrich- Vier Mal oder mehr? den Ständerat schaffte. tung der Strukturreform im Grund- Kontrovers diskutiert wurden auch Danach sassen wir vier satz fast einhellig. Am kontrover- die Anzahl Sitzungen des Partei- Jahre zusammen in der sesten diskutiert wurde die Sitz- rats und die Frage, ob dieser grund- Finanzkommission. verteilung im neu zu schaffenden sätzlich öffentlich oder unter Aus- Schnell wurde mir klar, was Barbara auszeichnet: Parteirats, die Anzahl Sitzungen des schluss der Öffentlichkeit tagen Grosse Präzision, eine enorme Leistungsbereitschaft Gremiums und die Aufteilung der soll: Die Parteitagsdelegierten ent- für die Partei, eine Gabe, auch die versteckten Dinge Kompetenzen zwischen Parteirat schieden sich für mindestens vier zu finden, und sehr viel menschliches Gespür. Genau und Parteitag. Sitzungen pro Jahr und entgegen so hat sie ab 2012 auch ihr Amt als Vize-Präsidentin Auch während der zweiten An- dem Vorschlag der Geschäftslei- der SP Schweiz ausgeführt. Kaum jemand hat derart tragsfrist gingen zahlreiche An- tung für grundsätzlich öffentliche viele Aufgaben wahrgenommen, die nicht immer träge ein. Über 70 wurden bis zum Parteiratssitzungen. Und schliess- direkt ins Scheinwerferlicht führten, die aber für Parteitag aufrechterhalten. In einer lich entschied der Parteitag mit das Funktionieren der Partei unerlässlich sind. Dazu mehrstündigen, äusserst engagiert bloss einer Stimme Unterschied, gehört beispielsweise das Präsidium der Vorsorge geführten Diskussion unterstütz- dass künftig der Parteirat – und kommission der SP Schweiz. Mattea und ich sind sehr ten die Parteitagsdelegierten die nicht wie beantragt der Parteitag dankbar, dass Barbara bereit war, im Übergang zur Grundpfeiler der Strukturreform – einen Vorschlag zur Nomination neuen Präsidentschaft die Kontinuität zu gewähr sehr deutlich. Ein Antrag für die Bei- der Bundesratskandidat:innen zu leisten. Und wir freuen uns auf die anstehenden, behaltung der Delegiertenversamm- Handen der Fraktion beschliessen gemeinsamen Kämpfe – von der Verteidigung unserer lung wurde schliesslich gar zurück- soll. Altersvorsorge bis zum Einsatz für die Prämien-Ent gezogen. Die Behandlung der weiteren An- lastungs-Initiative! Am intensivsten wurde über die träge zu Vorgaben bei der Zusam- Einführung einer Vertretung von mensetzung des Parteipräsidiums Mit David Roth rückt für mindestens 50 Prozent Frauen in sowie die formelle Verankerung von die Gewerkschafterin den Parteigremien, Kommissionen Themenkommissionen, Foren und Barbara Gysi ebenfalls (und auf Wahllisten) diskutiert. Ent- Arbeitsgruppen in den Statuten der ein Gewerkschafter sprechende Anträge wurden knapp SP Schweiz mussten aus Zeitgrün- ins Vize-Präsidium der abgelehnt und damit die bisherige den auf den Parteitag vom Februar SP Schweiz nach. Als Regelung in den Statuten belassen. 2022 verschoben werden. In der Ge- Zentralsekretär der In der neuen Formulierung heisst samtabstimmung wurde die berei- Gewerkschaft Syndicom es nun, dass statt «beide Geschlech- nigte Statutenrevision schliesslich kämpft er gerade in ter» neu «Frauen und Männer» in sehr deutlich angenommen. Damit der Pandemie für gute Parteigremien und Kommissionen kann der Startschuss für die neu Arbeitsbedingungen in zu je mindestens 40 Prozent ver- aufgestellten Strukturen auf Anfang der Logistik. Als ehema treten sein sollten, womit auch an- 2022 erfolgen. Am 5. Februar 2022 liger Präsident der JUSO dere Geschlechter zu ihrem Recht findet der nächste Parteitag statt, Schweiz ist es für David sogar eine Rückkehr, er nimmt kommen. Um die Diversität in den an dem dann beispielsweise die frei bereits zum zweiten Mal Einsitz im Vize-Präsidium. Parteigremien sicherzustellen und gewählten Mitglieder des Parteirats David kennt die Parteiarbeit von der Pike auf. Er hat eine angemessene Vertretung aller gewählt werden. Der Parteirat wird sich lange politisch in der Stadt Luzern engagiert, sitzt gesellschaftlichen Gruppen zu ga- seine Arbeit im März 2022 aufneh- seit zehn Jahren im Kantonsparlament und präsidiert rantieren (in Sachen Geschlecht, Mi- men. seit 2015 die Kantonalpartei. Unter der Führung von grationshintergrund, Behinderung, Wir möchten uns an dieser Stel- David und seinem Team eilt die SP Luzern von Erfolg sozialer Herkunft, Alter usw.), hat le sehr herzlich bei allen Beteiligten zu Erfolg und wächst stetig. Mit David Roth setzt die Parteileitung eine umformulier- für die intensive, gehaltvolle und en- die SP Schweiz ein klares Zeichen, dass für uns der te Version des entsprechenden Arti- gagierte Diskussion zu dieser Struk- gewerkschaftliche Einsatz und die Bewegungsarbeit kels vorgelegt, die auf die Nennung turreform bedanken. ausserhalb des Parlaments im Zentrum stehen. Cédric Wermuth, Co-Präsident der SP Schweiz
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