JAHRGANG EUWIS - BILDUNGSCAMPUS

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JAHRGANG EUWIS - BILDUNGSCAMPUS
Gewerkschaft
                                                     Erziehung und Wissenschaft
69. Jahrgang                                                          Saarland

EuWiS
Erziehung und Wissenschaft im Saarland | März 2023

                           BILDUNGSCAMPUS
JAHRGANG EUWIS - BILDUNGSCAMPUS
INHALT                                                                                                                                                                                                                                                                                                               EDITORIAL

                                                                                                                                                                                   Liebe Leserinnen                                                       tiert. Einmal mehr beweisen die Stadt Saarbrücken und ihre Ent­
                                                                                                  ÖFFNUNGSZEITEN DER                                                               liebe Leser,                                                           scheidungsträger, dass mit dem Thema Wohnungslosigkeit oft
                                                                                                                                                                                                                                                          unreflektiert und oberflächlich umgegangen wird.
                                                                                                    GESCHÄFTSSTELLE                                                                 bessere Theorie­Praxis­Verzahnung, Inklusion und Ganztagsschu­
                                                                                                     Mo. ­ Do.: 09.00 ­ 12.00 Uhr | 13.00 ­ 16.00 Uhr
                                                                                                                                                                                 le, Internationalisierung und Demokratieerziehung: das sind nur             Außerdem berichten wir über die Tarifrunde TVöD 2023 und die
                                                                                                       Fr.: 09.00 ­ 12.00 Uhr | 13.00 ­ 15.00 Uhr
                                                                                                                                                                                 einige Beispiele in der Lehrerausbildung, die sich in den letzten Jah­   commune gGmbH, die in Saarbrücken ein neues Kulturzentrum
                                                                                                                    Telefon: 0681 / 66830­0,
                                                                                                                    Telefax: 0681 / 66830­17
                                                                                                                                                                                 ren als große Herausforderungen erwiesen haben. Lehrkräfte sind          eröffnet und dafür 3000 Euro von der GEW entgegennehmen durf­
                                                                                                                 E­Mail: info@gew­saarland.de                                    oft maßgeblich an der Persönlichkeitsentwicklung eines Kindes            te. Weiter geht es mit einem “Leygendären” Interview mit unserem
                                                                                                               Internet: http://www.gew.saarland                                 beteiligt, doch die Lehrerausbildung hinkt diesbezüglich vielerorts      Ehrenmitglied Harald Ley, gefolgt von einem Bericht über unser 98­
                                                                                                                                                                                 noch hinterher. Thomas Höchst, Inklusionsreferent und Autor, hat         jähriges, ältestes Mitglied.
                                                                                                                  GEW-SERVICE                                                    sich deshalb mit dem Konzept des Bildungs­ oder Schulcampus aus­
                                                                                                              BERATUNGSZEITEN FÜR                                                einandergesetzt.                                                           Und natürlich wollen wir an dieser Stelle allen Frauen zum inter­
                                                                                                           MITGLIEDER IN RECHTSFRAGEN                                                                                                                     nationalen Frauentag am 8. März gratulieren. In einer Welt, in der
                                                                                               Mo., Di. u. Do.: 09.00 ­ 16.00 Uhr, Mi.: 13.00 ­ 17.00 Uhr

 04
THEMA: BILDUNGSCAMPUS
                                                                                                        LANDESSTELLE FÜR RECHTSSCHUTZ
                                                                                                                   Gabriele Melles­Müller,
                                                                                                                    Tel.: 0681 / 66830­13,
                                                                                                                                                                                   Im Bereich Sozialpädagogik haben wir diesmal ein Blitzinterview
                                                                                                                                                                                 mit dem Bereich Kita, dem Bereich Schulsozialarbeit, dem Bereich
                                                                                                                                                                                 Jugendhilfe und dem Sozialpädagogischen Bereich an gebundenen
                                                                                                                                                                                                                                                          die „männlichen Prinzipien“, wie Leistung, Macht, Härte vorherr­
                                                                                                                                                                                                                                                          schen, sollten wir versuchen, die in uns allen wohnenden „weibli­
                                                                                                                                                                                                                                                          chen Prinzipien“ wie Wärme, Mitgefühl und Güte stärker auszule­
                                                                                                         E­Mail: g.melles­mueller@gew­saarland.de                                Ganztagsgrundschulen geführt. Hierbei haben wir unter anderem            ben. n
                                                                                                    Fr.: 13.00 ­ 16.00 Uhr unter Tel.: 0152 / 01701173                           festgestellt, dass vielen vor allem die Wertschätzung ihrer Arbeit
                                                                                                             BERATUNG FÜR                                                        fehlt.                                                                     Viel Spaß beim Lesen.
Editorial                                                                              03          REFEREN DARINNEN UND REFERENDARE
                                                                                                               Max Hewer, Tel.: 0176 / 30456396
Thema: Bildungscampus                                                                  04                      E­Mail: m.hewer@gew­saarland.de                                      „Für alle sollte sich erstmal die Frage stellen, weshalb sich Men­
                                                                                                                                                                                 schen dazu entscheiden müssen, in Zelten zu leben“, erklärt unsere
04 Schulcampus                                                                                         BERATUNGSDIENST FÜR
     Nur ein lokaler Ort für Lehrerbildung oder ein Ort für gemeinsame gute Bildung?            AUSLANDSAUFENTHALT VON LEHRKRÄFTEN                                               stellvertretende Vorsitzende Liliane Rosar­Ickler. Denn sie hat
                                                                                                                       Susanne Bleimehl                                          gemeinsam mit einigen empörten Menschen gegen die Räumung
Sozialpädagogik                                                                        09                             Tel.: 0170 / 9655772
                                                                                                                                                                                 von Obdachlosen, die vor der Wärmestube gezeltet haben, protes­
09 Belastungen in Bildungseinrichtungen                                                                      E­Mail: susannebleimehl@gmail.com                                                                                                                                  SARAH TSCHANUN
     Blitzinterview

Gewerkschaft                                                                           13           REDAKTIONSSCHLUSS                                                            ANZEIGE

13 Tarifrunde TVöD 2023                                                                                                       06.03.2023
14 Protestaktion zur Räumung der Obdachlosen                                                                                  (April­Ausgabe)
16 GEW Saarland unterstützt commune GmbH                                                                                      06.04.2023
                                                                                                                               (Mai­Ausgabe)
16 GEW aktiv
     Vorstandsmitglieder nehmen an Blutspendeaktion teil                                                        E­Mail: redaktion@gew­saarland.de
17 Neujahrsempfang der FG GemS
     Fachgruppentreffen in der GEW Geschäftsstelle am 30. Januar 2023
17 Neue Lehrkräfte                                                                                                  IMPRESSUM                                                     Wir drucken für unser Leben gern
18 Leygendär
     Harald Ley – 50 Jahre Engagement in der GEW und noch lange kein Ende in Sicht            HERAUSGEBER
                                                                                              Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) im DGB, Landesverband Saarland,
20 98 Jahre und hellwach                                                                      Geschäftsstelle: Mainzer Str. 84, 66121 Saarbrücken
     So war das damals, als unser ältestes Mitglied mit Clothilde zum Dienst fuhr             Tel.: 0681/66830­0, Fax: 0681/66830­17, E­Mail: info@gew­saarland.de
     und Schlittenfahren den Turnunterricht ersetzte                                          REDAKTION
21 In Memoriam: Ruf nicht mehr an!                                                            Carsten Kohlberger | redaktion@gew­saarland.de
                                                                                              Sarah Becker, Ilka Hofmann, Harald Ley, Sarah Tschanun, Nadine Weber

                                                                                              ANZEIGENVERWALTUNG
Bücher & Medien                                                                        22     Andreas Sánchez Haselberger | a.sanchez@gew­saarland.de

22 Das alternative Milieu und Corona                                                          LAYOUT
                                                                                              Bärbel Detzen | b.detzen@gew­saarland.de
     Verqueres Denken – Gefährliche Weltbilder in alternativen Milieus
                                                                                              DRUCK
                                                                                              COD Büroservice GmbH
Geburtstage & Jubiläen                                                                 23     Bleichstraße 22, 66111 Saarbrücken, Telefon: 0681/393530, info@cod.de

23 März 2023                                                                                  BILDNACHWEIS
                                                                                              u.a. stock.adobe.com, 123rf.com, GEW­Archiv, privat

23 Schlusswort                                                                                TITELFOTO
                                                                                              GEW­Archiv/©Paul J. West/shutterstock

                                                                                            Die Redaktion behält sich bei Beiträgen und Leserbriefen Kürzungen vor. Namentlich
                                                                                            gekennzeichnete Artikel stellen nicht unbedingt die Meinung der Redaktion dar und
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                                                                                                                                                                                                                                                                                 Mainzer Straße 35 66111 Saarbrücken
                                                                                                                                                                                           offset und digital                                                                    Tel. 0681 39353-51 Fax 0681 6852301
EuWiS 03/2023 | 2
                                                                                                                                                                                                                                                                                             print@cod.de www.cod.de
JAHRGANG EUWIS - BILDUNGSCAMPUS
THEMA: BILDUNGSCAMPUS                                                                                                                                                                                                                                                  THEMA: BILDUNGSCAMPUS

                                                      Schulcampus                                                                                ausbildung, ebenso eine Verzahnung mit Vertretern der Berufspra­
                                                                                                                                                 xis. Dies gilt für die erste und zweite Phase, aber auch eine stärkere
                                                                                                                                                                                                                          gestärkt werden, sozusagen als Übergang zwischen zwei Bereichen,
                                                                                                                                                                                                                          die wenige Übereinstimmungen zeigen. Auch hier muss der Schul­
                                                                                                                                                 Vernetzung im Rahmen der Praktika an Schulen ist wichtig.                campus unbedingt die Funktion dieser besseren Abstimmung in
                                                                                                                                                                                                                          einem strukturellen Rahmen aufbauen. Dies ist umso wichtiger, da
                                                                                                                                                                                                                          durch die stärkere Anbindung der Lehrer:innenbildung an das Wis­
   Ganz klar ist: Die Anforderungen an die Lehrer:innenbildung
                                                                                                                                                                                                                          senschaftssystem ein fehlender Praxisbezug vorprogrammiert ist.
haben sich in den letzten Jahren stetig erhöht – im Bereich des Ler­
nens (stärkere Kompetenzorientierung, bessere Theorie­Praxis­Ver­
                                                                                                                                                                                                                             Auch wenn es einen Lehrermangel gibt, warne ich davor, dass
zahnung) und im Bereich Unterricht/Schulentwicklung (verstärkter
                                                                                                                                                                                                                          dies nicht dazu führen darf, dass diese erwähnten wichtigen Fakto­
Einbezug von digitalen Medien, Inklusion und Ganztagsschule,
                                                                                                                                                                                                                          ren vernachlässigt werden zugunsten einer noch möglichen schnel­
Internationalisierung, Demokratieerziehung).
                                                                                                                                                                                                                          leren Ausbildung (Lehrermangel) bei der Planung eines Schulcam­
                                                                                                                                                                                                                          pus, der dringend auch neue Ausbildungsinhalte aufgreifen muss.
   Dies erfordert eine bessere Professionalisierung der Lehrer:innenbil­
                                                                                                                                                                                                                          Gute Ausbildung ist mehr denn je gefragt und diese braucht eine
dung. Die dazu notwendige Qualitätsentwicklung in der Lehrer:innen­
                                                                                                                                                                                                                          qualitativ hochwertige Lehrer:innenbildung. Jetzt ist die Zeit
ausbildung ist nur dann erfolgreich, wenn alle drei Phasen der Leh­
                                                                                                                                                                                                                          gekommen, genau daran zu arbeiten. Nur gut ausgebildete Lehr­
rer:innenbildung einbezogen und phasenübergreifende Aspekte be­
                                                                                                                                                                                                                          kräfte sind zufriedene Lehrkräfte und steigern die Motivation zum
wusst eingeplant werden. Dabei müssen in der Debatte zur Qualitätsent­
                                                                                                                                                                                                                          eigenen Unterrichten und motivieren andere, auch Lehrer zu wer­
wicklung und Kooperation in der Lehrer:innenbildung sowohl die wis­
                                                                                                                                                                                                                          den. (Betrachtet man hierzu zur Qualitätsverbesserung der
senschaftlichen, politischen Perspektiven als auch die Interessensmein­
                                                                                                                                                                                                                          Lehrer:innenbildung die aktuelle Literatur, stößt man im Bereich der
ungen der einzelnen Lehrer:innenbildungsphasen einbezogen werden.
                                                                                                                                                                                                                          Qualitätsentwicklung auf folgende zentrale Themen: Professionali‐
                                                                                                                                                                                                                          sierung und Kompetenzentwicklung sowie die Qualität der Lehre
   Wer Lehrerinnen und Lehrer qualifiziert auf ihren Beruf vorberei­
                                                                                                                                                                                                                          inklusive der Lehrveranstaltungen als Auftrag.)
ten will, braucht eine gute Aus­ und Fortbildung sowie eine struktu­
rierte Verzahnung der ersten, zweiten und dritten Phase der
                                                                                                                                                                                                                                        GLEICHWERTIGKEIT ALLER LEHRÄMTER
Lehrer:innenbildung. Hierzu gehören neben einer guten finanziellen
und personellen Ausstattung zeitgemäße Bildungsinhalte, wie z.B.
                                                                                                                                                                                                                             Im Sinne der verstärkten Kooperation und der gemeinsamen Auf­
Inklusion und Digitalisierung, und angesichts wenig Zeit und Ressour­
                                                                                                                                                                                                                          gabe, gemeinsame Grundlagen für wichtige bildungspolitische The­
cen eine klare Absprache, wann und wie welche Themen in den drei
                                                                                                                                                                                                                          men zu legen, sollten sich Studierende nicht zu früh auf ein Lehr­
Phasen der Lehrer:innenbildung aufgegriffen und verzahnt werden.
                                                                                                                                                                                                                          amt festlegen. Es muss eine klare Botschaft vermittelt werden, dass
                                                                           FOTO: STOCK.ADOBE.COM/©INSIDECREATIVEHOUSE                                                                                                     Themen wie Heterogenität, Inklusion, Digitalisierung, etc. Themen
   Dies bedeutet nicht, dass z.B. das Thema Heterogenität nur in der
                                                                                                                                                                                                                          für alle Lehrämter sind. Mit einer längeren Grundlegungsphase mit
zweiten Lehrerausbildungsphase angesiedelt sein muss, sondern es
                                                                                                                                                   Dazu bedarf es einer Neuqualifizierung der Lehrenden, um sicher        mindestens zwei Praktika an verschiedenen Schulformen könnten
geht darum, welche Inhalte vom Thema Umgang mit Heterogenität              verstärkte Praxisorientierung phasenübergreifend erfolgen. Dabei
                                                                                                                                                 zu sein, neue bildungspolitische Themen und inklusive Elemente zu        sich Studierende bewusster für ein bestimmtes Lehramt entschei­
in die erste bzw. zweite Phase implementiert werden und welche             spielen bei der Umstrukturierung zu einem Schulcampus die inzwi­
                                                                                                                                                 verankern, um einen stärkeren Praxisbezug herzustellen und um            den und im späteren Berufsleben eine stärkere Zufriedenheit errei­
z.B. in einem Fortbildungsangebot nach der Einstellung in den              schen an fast allen lehrerbildenden Universitäten eingerichteten
                                                                                                                                                 auf die Kooperation zwischen Hochschule, Studienseminar, Schule          chen.
Schuldienst gelehrt werden. Diese Gedanken und Planungen müs­              Zentren für Lehrer:innenbildung eine wichtige Rolle.2 Von ihnen
                                                                                                                                                 und Fortbildung vorzubereiten. Eine reine „Versetzung“ der Lehren­
sen zunächst schulform­ und schulstufenübergreifend aufgegriffen           ausgehend müssen neben den fachlichen Inhalten auch die Grund­
                                                                                                                                                 den an den neuen Wirkungsort Schulcampus reicht nicht aus.                  Daraus ergibt sich dann auch für mich, dass für alle Lehrämter
werden.1 Dies erfordert einen stetigen Austausch zwischen Hoch­            lagen für zentrale Bildungsthemen wie Inklusion, Heterogenität,
                                                                                                                                                                                                                          eine einheitlich lange Studiendauer gilt. Die Herausforderungen der
schulvertreter:innen, Ausbilder:innenn der zweiten Phase und Fort­         Demokratieerziehung und Digitalisierung gelegt werden, die dann
                                                                                                                                                    Ebenso bedarf es einer Abstimmung zwischen den Fachwissen­            praktischen, didaktischen und wissenschaftlichen Grundlegungen
bildner:innen der dritten Phase. Nur dann ist eine wirklich umfas­         in der zweiten und dritten Phase vertiefend aufgegriffen werden.
                                                                                                                                                 schaften, den Bildungswissenschaften und den Fachdidaktiken mit          sind an allen Schulformen gleich herausfordernd und fordern in
sende pädagogische Ausbildung möglich. Hier kann der Zusammen­             Ebenso muss der Schulcampus (auf den Lehrerzentren aufbauend)
                                                                                                                                                 z.B. folgenden Themen: Festlegung der Anteile dieser drei Säulen;        allen Bereichen eine gute Ausbildung. Dass sich daraus eine Höher­
schluss an einem lokalen Ort in Form eines Schulcampus mit seinen          die zentrale Schaltstelle sein, um schulartübergreifende Kooperati­
                                                                                                                                                 Inhaltliche Ausgestaltung; Realisierung einer wichtigeren Rolle der      gruppierung des Grundschullehramtes ergibt, nehme ich dankend
entsprechenden Organisationsstrukturen sehr nützlich sein.                 on und Vernetzung herzustellen.
                                                                                                                                                 Fachdidaktiken; … Hier muss vor allem auch der klare Trend disku­        an und dies würde wohl dem massiven Mangel vor allem in diesem
           NEUDISKUSSION DER LEHRER:INNENBILDUNG                                                                                                 tiert werden, dass zurzeit die Fachwissenschaften gegenüber Bil­         Lehramt entgegenwirken.
                                                                             So muss z. B. das Thema Inklusion zu einem zentralen Bildungs­
                                                                                                                                                 dungswissenschaften und Fachdidaktik deutlich dominieren. Gera­
                                                                           thema aller Lehramtsstudiengänge werden mit Vernetzung und
                                                                                                                                                 de aber die Fachdidaktiken können bzw. müssen für mich das ver­             Ebenso würde dadurch auch der Kooperationsansatz durch
  Auf einem möglichen Schulcampus muss eine Neudiskussion von              zentralen lehramtsübergreifenden Seminaren zu Heterogenität
                                                                                                                                                 bindende Element zwischen den fachlichen und den bildungswis­            gleichwertige Laufbahnen gestärkt werden, gerade auf einem
Inhalten und pädagogischer didaktischer Umsetzung sowie eine               sowohl in der Förderschullehrer­ als auch in der Regelschullehrer­
                                                                                                                                                 senschaftlichen Inhalten sein. Deshalb müssen sie auch dringend          Schulcampus, wenn er denn nicht nur ein Ort lokaler Zusammen­

EuWiS 03/2023 | 4                                                                                                                                                                                                                                                            EuWiS 03/2023 | 5
JAHRGANG EUWIS - BILDUNGSCAMPUS
THEMA: BILDUNGSCAMPUS                                                                                                                                                                                                                                            THEMA: BILDUNGSCAMPUS

führung verschiedener Ausbildungsphasen bleibt, sondern eine              Qualität von Lehrer:innenbildung manifestiert sich in einem steti­   gen Beruf, der Verminderung des so oft genannten Praxisschocks,        n Inwieweit divergieren die Interessen der Phasen der Lehrerbil­
Chance für eine qualitativ bessere Lehrer:innenbildung in Zeiten       gen Wechselspiel von Theorie und Praxis mit unterschiedlichen           einer Verzahnung von Theorie und Praxis und um Rückmeldungen             dung und welche Strukturprobleme (allgemeiner Art, lehrerbil­
zunehmender Herausforderungen für Lehrkräfte.                          Anteilen zu unterschiedlichen Zeiten, aber immer mit beiden Antei­      aus der Praxis für die Theorie mitzunehmen.                              dungsbezogen, inhaltlich) sind damit verbunden?
                                                                       len, gerne organisiert unter dem gemeinsamen Dach eines Schul­                                                                                   n Auflistung der aktuellen Problemlage

   Hierzu braucht es auf dem Schulcampus eine phasenübergreifen­       campus. Hier wird sich am Ende die Qualität der Zusammenarbeit             Aus dem Studienqualitätsmonitoring (SQM) des Deutschen Zen­
de, gemeinsam erarbeitete und akzeptierte Definition der Qualität      auf dem Campus darin beweisen, ob es gelungen ist, wissenschaft­        trums für Hochschul­ und Wissenschaftsforschung DZHW der Uni­             In einem zweiten Schritt der Konstituierung eines Schulcampus
einer gemeinsamen Lehrer:innenbildung, ebenso eine Gleichbe­           lichen und darauf bezogenen praktischen Umsetzungsmöglichkei­           versität Koblenz geht hervor, dass der Berufs­ und Praxisbezug der     müssen dann die analysierten Problemlagen diskutiert werden, wie
rechtigung aller drei Phasen. Oft wird die dritte Phase als abgekop­   ten in einem guten Gleichgewicht gerecht geworden zu sein. Soll         angebotenen Lehrveranstaltungen von 90 Prozent der Lehramts­           z.B.:
pelt gesehen, da sie nicht wie die ersten beiden Phasen mit einem      dies in einem Schulcampus erreicht werden, braucht es verschiede­       studierenden als besonders wichtig angesehen wird. Genau dies          n Wie schaffen wir eine ausreichende Verzahnung von Fachdidak­
staatlichen Abschluss endet. Aber nur im Zusammenschluss aller         ne Qualitätsmerkmale:                                                   muss eine wichtige Zielsetzung in der Planungstätigkeit eines              tik, Fachwissenschaft und Bildungswissenschaft, vor allem im
drei Phasen ist eine Realisierung guter Ausbildung machbar, vor                                                                                kooperativen Schulcampus werden.                                           Sinne einer stärkeren Theorie­Praxis­Verflechtung?
                                                                       Institutionelle und organisatorische Aspekte: Personelle Qualität;
allem angesichts enger zeitlicher und finanzieller Ressourcen. Gute    Räumliche Qualität; Materielle Qualität und Strukturqualität.
Ausbildung von Lehrkräften ist eine Grundvoraussetzung, um gute                                                                                   Letztendlich wird die Frage einer stärkeren Kooperation insge­      n Wie schaffen wir eine hinlängliche Professionsbezogenheit und
Bildung von Schülern zu erreichen, zumindest von der Lehrerseite       Handlungsqualität: Hier muss es gelingen, Interaktionen und             samt immer unter dem Diskurs stehen: Lohnt es sich zu kooperie­          einen guten Berufsfeldbezug des Lehramtsstudiums?
her.                                                                   Arbeitsabläufe auf die drei Phasen der Lehrer:innenbildung abzu­        ren oder nicht? Allein durch eine gesetzliche Verordnung des
                                                                       stimmen und zu verflechten.
                                                                                                                                               Zusammenlegens auf einem Campus ist keine gute Kooperation             n Wie bereiten wir auf die großen Herausforderungen Heterogeni­
   Eine gemeinsame Ausbildungsebene, was inhaltliche, strukturelle     Orientierungsqualität: Das Finden gemeinsamer Vorstellungen,            gesichert, vor allem bei so vielen Akteuren aus verschiedenen Bil­       tät und Inklusion vor, die im Moment unzureichend verankert
und pädagogische Aspekte betrifft, könnte sein, zunächst die wich­     Werte, Normen und Ziele, vor allem im Hinblick auf die Zielsetzung      dungswelten. Aktuelle empirische Ergebnisse zeigen sogar eher ein        sind?
tigsten Qualitätskriterien guter Ausbildung zu thematisieren und       der Heterogenitätsbewältigung, sowohl der Studierenden wie der          ernüchterndes Bild, was z.B. die Kooperation zwischen erster und
sich darauf zu einigen, wann, was, wie in den drei Phasen der Leh­     Lehrenden als auch als wichtiges Thema im späteren Berufsleben.         zweiter Phase betrifft, obwohl es schon lange laute Rufe nach einer    n Wie schaffen wir eine gute Verflechtung der drei Phasen?
rer:innenbildung von wem angegangen wird mit dem grundsätzli­                                                                                  stärkeren Kooperation gibt.
chen Ziel, fundiertes Sachwissen und praktische Handlungsfähigkeit        Jeder dieser einzelnen Faktoren ist wichtig und unabdingbar. Vor                                                                            n Wo werden die wichtigen Themen digitale Bildung und Interna­
vernetzend zu vermitteln.                                              allem die Frage der zur Verfügung stehenden Ressourcen muss                          KONSTITUIERUNG EINES SCHULCAMPUS                            tionalisierung aufgegriffen?
                                                                       frühzeitig geklärt sein: Personell, vor allem mit einer starken Lei­
              QUALITÄT DER LEHRER:INNENBILDUNG                         tungspersönlichkeit; finanziell mit dem zur Verfügung stehenden           Umso wichtiger ist es im Rahmen der Konstituierung eines Cam­             ZUSAMMENFASSUNG: PLANUNG EINES SCHULCAMPUS
                                                                       Rahmen, sachlich mit z.B. den räumlichen Möglichkeiten und zeit­        pus, frühzeitig verschiedene inhaltliche Fragen zu klären, wie z.B.:
  Dabei wird die Qualität in allen drei Phasen durch vier Aspekte      lich mit der zur Verfügung stehenden Dauer.                             n Welche Überschneidungen gibt es aktuell in den einzelnen                Hier möchte ich den Versuch starten, eine Zusammenfassung zu
bestimmt: Die Inhalte, die Grundlage für Lehr­Lernprozesse sind;                                                                                  Phasen der Lehrer:innenbildung?                                     leisten, welche die wichtigsten Aufgaben im Rahmen der Konstitu­
der Lehr­Lern­Prozess selbst, also vor allem die Gestaltung des kon­      Ebenso sollten zeitnah – schon bei der Planung – Evaluations­           n Dokumentenanalyse der Vorgaben und Pläne der einzelnen            ierung eines Schulcampus auflistet, um tatsächlich mit Beginn des
kreten Lernens und der Lehrveranstaltungen; die Institution, der       schritte berücksichtigt werden, die klären, wie weit und gut man              Phasen                                                           Schulcampus eine echte Kooperation und gute Lehrer:innenbildung
Schulcampus, der die organisatorischen und baulichen Rahmenbe­         auf dem Weg zum gemeinsamen Schulcampus vorangeschritten ist.                                                                                  zu gewährleisten. Diese Zusammenfassung kann nur im Rahmen
dingungen für die Ausbildung schafft; und das Handeln der Lehren­      Hierbei gibt es zahlreiche Möglichkeiten: Von der Leitbildformulie­     n Wie sehen die Studienseminare die erworbenen Voraussetzun­           der gebotenen Kürze eines Zeitschriftenartikels erfolgen:
den und Studierenden in deren Zusammenwirken.                          rung über Zielvereinbarungen und Qualitätszirkel bis hin zu Stär­         gen der Referendare für eine erfolgreiche zweite Phase?
                                                                       ken­Schwächen­Analysen und Lernender Organisation. Indikatoren            n Befragung der Ausbildungslehrer:innen, Schulleiter:innen,          n Es müssen klare Zuordnungen von Verantwortlichkeiten und
   Gerade bei dem vierten Punkt, dem Handeln der Lehrenden und         in den Bereichen der Qualität, Effizienz und Effektivität können            Seminarleiter:innen                                                Aufgaben stattfinden und eine starke Leitungspersönlichkeit mit
Lernenden ist es wichtig, die Verantwortung der Studierenden für       dabei helfen.                                                                                                                                  hoher Entscheidungskompetenz etabliert werden, um eine klare
ihren Lernprozess zu vergrößern und dementsprechend die neue                                                                                   n Wie beurteilen angehende Lehrer / Personal der ersten Phase          Handlungsfähigkeit sicherzustellen.
Rolle der Lehrenden in den Mittelpunkt zu stellen, nämlich die Ver­                     VERZAHNUNG MIT DEN SCHULEN                               und der Studienseminare die bisherige Kooperation?
änderung der Lehrendenrolle vom Instrukteur zum Lernbegleiter,                                                                                   n Befragung der Ausbildungslehrer:innen, Schulleiter:innen,          n Die Planungsgruppe hat den Auftrag zu erfüllen, eine Stärken­
dessen Aufgabe darin besteht, das selbstorganisierte und aktive           Nicht vergessen werden darf im Rahmen eines Schulcampus,                 Seminarleiter:innen und Lehramtskandidat:innen                     Schwächen­Analyse der bisherigen lehramtsbezogenen Angebote
Lernen (im Team) zu fördern. Die dabei stattfindenden Lernprozes­      neben der Kooperation der drei Ausbildungsphasen eine bessere                                                                                  aller Phasen durchzuführen und Empfehlungen für die Optimierung
se rücken in den Mittelpunkt.                                          und engere Verzahnung mit den Schulen zu erreichen, um die Pra­         n Welche Reformvorschläge aus den Bereichen der ersten und             der Lehrerausbildung unter kooperierender und übergreifender bil­
                                                                       xisqualität der Ausbildung zu verbessern. So müsste es auf der per­       zweiten Phase gibt es, auch von Vereinen und Verbänden?              dungswissenschaftlicher und struktureller Aspekte der drei Phasen
   Natürlich kann es dabei durchaus sein, dass das Hochschulstudi­     sonellen Ebene gemeinsame Absprachen (Praktikumsziele, Ansprü­            n Befragung der Ausbildungslehrer:innen, Schulleiter:innen,          der Lehrer:innenbildung.
um zunächst auf eine wissenschaftlich basierte Urteilsfähigkeit        che der Schule, ...) geben. Schulen sind somit ein weiteres wichti­         Seminarleiter:innen und Lehramtskandidat:innen
zielt, aber ein klarer Konsens muss sein, dass die Lehramtsausbil­     ges Element in der Planung eines Schulcampus. Sie sind von gro­           n Dokumentenanalyse der Bildungspapiere von Vereinen und             n Hierzu braucht es ausreichende Ressourcen (aufgabenadäquate
dung aller drei Phasen auf ein selbstständiges Lernen abzielt mit      ßer Bedeutung in den Praxisphasen des Studiums, die sehr wichtig            Verbänden sowie Gespräche mit diesen                               Ausstattung mit Personal), Finanzen und die Mitsprache bei Beru­
einer explizit darauf gründenden Handlungsfähigkeit.3                  sind im Sinne einer individuellen Eignungsprüfung für den zukünfti­                                                                            fungsverfahren.

EuWiS 03/2023 | 6                                                                                                                                                                                                                                                      EuWiS 03/2023 | 7
JAHRGANG EUWIS - BILDUNGSCAMPUS
THEMA: BILDUNGSCAMPUS                                                                                                                                                                                                                                                                               SOZIALPÄDAGOGIK

n Das Verhältnis und vor allem die inhaltliche Anbindung von
(Fach)wissenschaft und berufsbezogener Professionalisierung muss
                                                                        gehört auch die Qualifizierung von Ausbildungslehrkräften an den
                                                                        Schulen: Ein Perspektivwandel vom Lehren zum Lernen muss statt­
                                                                                                                                                                                      Belastungen in Bildungseinrichtungen
geklärt werden.                                                         finden. Die Lehrenden müssen zum selbstständigen Lernen (Pla­
                                                                        nung und Organisation) der Lernenden beitragen: höhere Aktivi­
n Der verbindende Theorie­Praxis­Bezug muss definiert werden:           tätsgrade, räumliche und zeitliche Flexibilität, Entscheidung über
Kooperation mit Schulen (langfristige Kontakte, Kooperationsstruk­      Lernziele und Lerninhalte. Immer mit dem Ziel, eine angemessene                                    Aufgrund der aktuellen Belastungen in den Bildungseinrichtun‐           Kannst du Dir vorstellen, in Deinem jetzigen Arbeitsbereich bis
turen); Curricula; Verflechtung der Praxisphasen; Konstituierung        Form zwischen individuellem Lernen und einer der Lerngruppe                                     gen haben wir im Dezember 2022 mit unseren Mitgliedern der              zur Rente weiter zu arbeiten? Es ist nicht mehr so lange hin bei mir
von Beratungs­, Begleit­ und Reflexionsseminaren; Online­plattfor­      angemessenen Form zu finden. Möglichkeiten dazu sind unterstütz­                                Fachgruppe Sozialpädagogische Berufe zum Nikolaus ein Blitzlicht‐       bis zur Rente. Ich frage mich aber jeden Tag, ob ich das so lange
men zur virtuellen Unterrichtshospitation; Lehr­ / Lernlabore; usw.     tes Selbstlernen, gezielte Hilfestellungen im Lernprozess, Erlernen                             Interview mit vier Fragen durchgeführt. Die Antworten konnten           noch schaffe.
                                                                        des zielführenden und kritischen Umgangs mit Informationen, pro­                                öffentlich oder anonym abgegeben werden. Es gab fünf Einzelsta‐
n Als besondere Aufgabe gilt es, das Thema Inklusion / Umgang           blemorientiertes Lernen, exemplarisches Erfahren lernen, projekt­                               tements aus dem Bereich Kita, ein Statement aus dem Bereich                Welche Wünsche hast Du an die Politik, deine Arbeit betreffend?
mit Heterogenität in der Lehrer:innenbildung professionell und pra­     orientiertes Lernen. Klar und nochmals zu betonen ist, dass dazu                                Schulsozialarbeit, ein Statement aus dem Bereich Jugendhilfe, fünf      Ich wünsche mir, dass unsere Arbeit gesehen wird. Ich bin immer
xisorientiert zu thematisieren, z.B. mit folgenden Aspekten: Wie        die Lehrenden motiviert und befähigt sein müssen und von den                                    Statements aus dem Sozialpädagogischen Bereich an gebundenen            mehr davon überzeugt, dass es nicht bekannt ist, was die tägliche
sollte das Verständnis zu diesem Begriff sein? Wie schaffe ich es,      Zeitressourcen dies auch aufwandsrealistisch möglich ist. n                                     Ganztagsgrundschulen; darunter war auch ein Team‐Statement.             Arbeit Erzieher:innen abverlangt. Ich wünsche mir darüber hinaus,
dass Inklusion zum Querschnittsthema wird und in alle drei Säulen                                                                                                                                                                               dass Rahmenbedingungen so gewährleistet sind, dass qualitativ
der Lehrer:innenbildung verankert ist? Wie wird das in der Praxis                                                                                                                       HIER SIND DIE ANTWORTEN AUS                             hochwertige Arbeit geleistet werden kann in der Bildung für das
umgesetzt: verpflichtende Lehrveranstaltungen, Module, Koopera­                                                                                                                         UNTERSCHIEDLICHEN BEREICHEN:                            Kind. Es darf nicht bloß Verwahrung stattfinden, weil der Personal‐
tionen, …?                                                                                                                                                                                                                                      schlüssel nicht ausreicht, nicht genügend Zeit zur Anleitung von
                                                                                                                                                                        Bereich Kita:                                                           Praktikant:innen vorhanden ist und die Zeit zur Vorbereitung nicht
n Die aktuellen Ausbildungsziele müssen evaluiert werden und                                                                                                            PERSON 1:                                                               zur Verfügung steht.
z.B. muss überprüft werden, ob Themen wie Gendersensibilität,                                                                                                             Auf einer Skala von 1 – 10, wie zufrieden bist Du zurzeit mit Dei­
Elternarbeit, Erkennen und Fördern von individuellen Potenzialen                                                                                                        ner Beschäftigung? (1 über­haupt nicht – 10 sehr zufrieden): 2          Person 3:
und Fähigkeiten der Schüler bereits beinhaltet sind. Ebenso müs­                                      THOMAS HÖCHST                                                                                                                               Auf einer Skala von 1 – 10, wie zufrieden bist Du zurzeit mit Dei­
                                                                                                                                                                           Was wäre Dein dringendster Wunsch für Deine derzeitige
sen wichtige Kompetenzbereiche, wie Kooperation, Integration,             Inklusionsreferent, Buchautor | www.praxis­inklusion.de                                                                                                               ner Beschäftigung ? (1 über­haupt nicht – 10 sehr zufrieden) 8.
                                                                                                                                                                        Arbeitsstelle? Ich wünsche mir die Verbesserung der Organisations‐
Klassenführung, interkulturelles Lernen, Disziplinprobleme, Konflikt­
                                                                                                                                                                        struktur (Notfallplan, fehlende Fachberatung), kompetente Leitung,
bewältigung, Zeitmanagement, Lehrergesundheit, … in die Ausbil­            1
                                                                            Hier sei angemerkt, dass laut KMK sechs Lehramtstypen definiert sind, wobei nicht alle
                                                                           Länder Studiengänge für alle Typen unterhalten.                                              Strukturierung der Kommunikation, Wertschätzung, Teamzeiten,
dung (stärker) integriert werden.                                                                                                                                                                                                                  Was wäre Dein dringendster Wunsch für Deine derzeitige
                                                                           2
                                                                            Allerdings gibt es auch 15 Jahre nach Beginn der Bologna­Reform immer noch eine große       Vorbereitungszeiten, Teamfortbildungen nach Absprache und
                                                                           Variationsbreite an Ausbildungsmodellen der Hochschulen mit Lehramtsstudiengängen.                                                                                   Arbeitsstelle? Die Leitung muss mit Studienabschluss und Diplom
                                                                                                                                                                        Ermittlung des Bedarfs mit dem Team sowie die Entlastung von
n Die bisherige randständige Rolle der Fachdidaktiken muss geän­
                                                                           3
                                                                            Dabei unterscheidet die KMK in ihren „Standards für die Lehrerbildung: Bildungswissen­                                                                              ihrem Team wissenschaftlich mit Rat und Tat zur Seite stehen!
                                                                           schaften“ von 2004/2014 vier Kompetenzbereiche, die das Handeln von Lehrkräften              hauswirtschaftlichen Tätigkeiten.
dert werden. Sie müssen eine führende Rolle bei der Zusammenar­            bestimmen und aus denen sich Anforderungen für alle drei Phasen der Aus­ und Fortbil­
                                                                           dung ergeben: Unterrichten, Erziehen, Beurteilen und Innovieren.                                                                                                       Kannst du Dir vorstellen, in Deinem jetzigen Arbeitsbereich bis
beit zwischen Fachwissenschaften, Fachdidaktik, Allgemeiner                Literatur:                                                                                     Kannst du Dir vorstellen, in Deinem jetzigen Arbeitsbereich bis       zur Rente weiter zu arbeiten? Ja.
Didaktik und den Bildungswissenschaften einnehmen.                         Aldorf, Anna­Maria: Lehrerkooperation und die Effektivität von Lehrerbildung, Springer VS
                                                                                                                                                                        zur Rente weiter zu arbeiten? Nicht wirklich. Es wird schon gehen,
                                                                           2015                                                                                                                                                                    Welche Wünsche hast Du an die Politik, deine Arbeit betreffend?
                                                                           Blömeke, Sigrid: KMK­Standards für die LehrerInnenbildung in Deutschland, in: journal für    doch es belastet mich sehr. Wenn ich etwas Passendes finde, bin ich
                                                                           lehrerinnen­ und lehrerbildung 1/2006, S. 25­33                                                                                                                      Familien, auch Einelternfamilien, müssen stärker in den Mittelpunkt
n Die Aufgabenbereiche müssen definiert werden: Koordination               Carstensen, Doris/ Hofmann Stefanie: Qualität in Lehre und Studium, Begriffe und Objekte,    weg aus dem Bereich.
                                                                           in: Benz, Wolfgang/Kohler,Jürgen/Landfried, Klaus (Hg.): Handbuch Qualität in Studium und                                                                            der politischen Arbeit gerückt werden, damit die Vereinbarkeit zwi‐
von Lehren und Lernen; Koordination der Lehrerausbildungsstudi­            Lehre, Raabe Verlag 2004
                                                                           Dolzanski, Anette/Dolzanski,Christoph: Kompetenzorientierung in der zweiten Phase der
                                                                                                                                                                                                                                                schen Familie und Beruf nicht länger einem empfindlichen Balance‐
engänge; Verbindung zwischen Allgemeiner Didaktik, Fachdidaktik                                                                                                           Welche Wünsche hast Du an die Politik, deine Arbeit betreffend?
                                                                           Lehrerausbildung, in: Wirtschaft und Erziehung 5/2013 S. 159 ­ 188                                                                                                   akt gleicht. Die Gestaltung der Wirtschafts‐ und Arbeitsverhältnisse
und Fachwissenschaft; Initiierung schulbezogener Forschung;                GEW: Qualitätssicherung im Studium: Das Akkreditierungssystem, Frankfurt a.M. 2015
                                                                                                                                                                        Aufwertung der Arbeit, verbesserter Personalschlüssel, Wertschät‐
                                                                           Gogolin, Ingrid: Stellungnahme der deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft zur                                                                             muss sich an dem Leben der Familien orientieren. Es muss darüber
Novellierung von Prüfungs­ und Studienordnungen; Planung, Orga­            Weiterentwicklung der Lehrerbildung, in: Erziehungswissenschaft H. 23/2010, S. 32­39         zung, finanzielle Unterstützung, einheitliche Strukturen, höhere Ent‐   hinaus mehr Geld in die Bildung investiert werden und auch die
                                                                           Hanisch, Rolf/Lichtenfeld, Mathias: Trends und Tendenzen in der Lehrkräftefortbildung, in:
nisation und Koordinierung von Studienangeboten; interne Evalua­           PÄD­Forum. Unterrichten erziehen 1/2009, S. 17­20                                            lohnung und Aufstiegschancen...                                         frühkindliche Bildung sollte "verbeamtet" aufgewertet sein. Mit
                                                                           Huwendiek, Volker (Hg.): Perspektiven der Zweiten Phase der Lehrerbildung, in: Engage­
tion und Qualitätssicherung, auch im Sinne einer Studienerfolgssi­         ment ­ Zeitschrift für Erziehung und Schule 4/2010, S. 218­227                                                                                                       einem Bundeseinheitlichen KITA‐Qualitätsgesetz würde die Politik
                                                                           Kretzer, Hartmut: Thesen zur Qualitätssicherung und Entwicklung der Lehrerausbildung im
cherung; Weiterbildung, Berufung von Professoren; Studienbera­             Lande Niedersachsen, in: SEMINAR­Lehrerbildung und Schule 3/1999, S. 59­61                   PERSON 2                                                                vergleichbare Grundsteine in allen Bundesländern für eine Aufwer‐
tung; Entwicklung, Organisation und Koordinierung digitaler For­           Kultusministerkonferenz: Standards für die Lehrerbildung: Bildungswissenschaften,
                                                                                                                                                                          Auf einer Skala von 1 – 10, wie zufrieden bist Du zurzeit mit Dei­    tung der Rahmenbedingungen festlegen.
                                                                           Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 16.12.2004 i.d.F. vom 16.05.2019
men der Lehrer:innenbildung; Internationalisierung (Auslandsstudi­         Pasternack, Peer/ Baumgarth, Benjamin/ Burkhardt, Anke/ Paschke, Sabine/ Thielemann,         ner Beschäftigung? (1 über­haupt nicht – 10 sehr zufrieden): 4,5
                                                                           Nurdin: Drei Phasen – Die Debatte zur Qualitätsentwicklung in der Lehrer_innenbildung,
um, Internationalisierung der Lerninhalte, intereuropäische Ver­           Bertelsmann                                                                                                                                                          Person 4:
                                                                           Schubarth, Wilfried: Lohnt sich Kooperation? – Erste und zweite Phase der Lehrerbildung
gleichbarkeit)                                                             zwischen Abgrenzung und Annäherung, in: Erziehungswissenschaft 21 (2010) 40, S. 79 ­ 88        Was wäre Dein dringendster Wunsch für Deine derzeitige                  Auf einer Skala von 1 – 10, wie zufrieden bist Du zurzeit mit Dei­
                                                                           Studienqualitätsmonitoring (SQM) des Deutschen Zentrums für Hochschul­ und Wissen­
                                                                           schaftsforschung DZHW der Universität Koblenz: https://www.dzhw.eu/forschung/gover­          Arbeitsstelle? Die Rahmenbedingungen in unserem Beruf sollten           ner Beschäftigung ? (1 über­haupt nicht – 10 sehr zufrieden) Die
n Alle an der Lehrerausbildung Beteiligten müssen weitergebildet           nance/sqm
                                                                                                                                                                        grundlegend reformiert werden. Dazu gehört ein verbesserter Per‐        Zufriedenheit liegt auf meiner Skala gerade bei 2.
und auf ihre Aufgaben rechtzeitig vorbereitet werden. Hierzu                                                                                                            sonalschlüssel bzw. eine bessere Erzieher:in‐Kind‐Relation.

EuWiS 03/2023 | 8                                                                                                                                                                                                                                                                                  EuWiS 03/2023 | 9
JAHRGANG EUWIS - BILDUNGSCAMPUS
SOZIALPÄDAGOGIK                                                                                                                                                                                                                                                           SOZIALPÄDAGOGIK

  Was wäre Dein dringendster Wunsch für Deine derzeitige                 Was wäre Dein dringendster Wunsch für Deine derzeitige                  Kannst du Dir vorstellen, in Deinem jetzigen Arbeitsbereich bis        Kannst du Dir vorstellen, in Deinem jetzigen Arbeitsbereich bis
Arbeitsstelle? Ich würde der jetzigen Einrichtung Zeit für Vor‐ und    Arbeitsstelle? Mehr Präsenz an Schulen, bessere Ausstattung der         zur Rente weiter zu arbeiten? Ganz großes NEIN!!!                      zur Rente weiter zu arbeiten? Wenn sich nichts ändert: NEIN
Nachbereitung wünschen. Zeit für Teamarbeit und für Programme,         Diensthandys/Verfügbarkeit von Tablets.
an denen die Einrichtung teilnimmt. Supervisionen für verschiedene                                                                               Welche Wünsche hast Du an die Politik, deine Arbeit betreffend?        Welche Wünsche hast Du an die Politik, deine Arbeit betreffend?
Themen, was Elternarbeit und Haltung angeht.                             Kannst du Dir vorstellen, in Deinem jetzigen Arbeitsbereich bis       Mehr Gehalt, bessere Personalisierung, mehr Investitionen über         Mit den Menschen der Praxis arbeiten und in Kontakt bleiben; neue
                                                                       zur Rente weiter zu arbeiten? Ja.                                       Projektförderungen in der Jugendhilfe                                  wissenschaftliche Erkenntnisse bzgl. Personalschlüssel beachten und
  Kannst du Dir vorstellen, in Deinem jetzigen Arbeitsbereich bis                                                                                                                                                     umsetzen; Möglichkeiten zur Personalgewinnung schaffen, z.B.
zur Rente weiter zu arbeiten? Definitiv werde ich meine letzten 6,5      Welche Wünsche hast Du an die Politik, deine Arbeit betreffend?       Sozialpädagogische Bereiche an Grundschulen:                           Mög‐lichkeiten für Kinderpfleger:innen, sich berufsbegleitend zur
Jahre bis zur Rente nicht in diesem Beruf verbringen.                  Einheitliche Rahmenbedingungen der Schulsozialarbeit sowie ver‐                                                                                Erzieher:in weiterzubilden; mehr Investitionen in Personal von Bil‐
                                                                       bindliche Weiter‐Qualifizierung des Berufsfeldes                        Simone Michel:                                                         dungseinrichtungen um Bildungsstandards halten zu können, dann
   Welche Wünsche hast Du an die Politik, deine Arbeit betreffend?                                                                             Auf einer Skala von 1 – 10, wie zufrieden bist Du zurzeit mit Deiner   erst Beitragsfreiheit.
Die Politik sollte längst bekannte Qualitätskriterien für die gute     Bereich Jugendhilfe:                                                    Beschäftigung ? (1 über­haupt nicht – 10 sehr zufrieden)? 5
Arbeit in den Kitas umsetzen. Kleine Gruppen (erstaunlicherweise                                                                                                                                                      Norman C. Klein:
hat sich in meinen 39 Berufsjahren daran nichts geändert), ausrei‐       Auf einer Skala von 1 – 10, wie zufrieden bist Du zurzeit mit Dei­      Was wäre Dein dringendster Wunsch für Deine derzeitige                 Auf einer Skala von 1 – 10, wie zufrieden bist Du zurzeit mit Dei­
chend anregende Räume mit Bewegungsmöglichkeiten, Räume zur            ner Beschäftigung? (1 über­haupt nicht – 10 sehr zufrieden) 8           Arbeitsstelle? Angleichung der Bezahlung von stellvertretender Lei‐    ner Beschäftigung? (1 über­haupt nicht – 10 sehr zufrieden) 6
Vor‐ und Nachbereitung für die Fachkräfte, nicht nur gedachte, son‐                                                                            tung an Leitung; ausreichend Personal, Einberechnung von Urlau‐
dern auch umgesetzte Zeit in den Einrichtungen für genügend Vor‐          Was wäre Dein dringendster Wunsch für Deine derzeitige               ben, Fehltagen, Fortbildungszeiten von Mitarbeitern, komplette           Was wäre Dein dringendster Wunsch für Deine derzeitige
und Nachbereitung. Darüber hinaus sollte es eine bessere Vernet‐       Arbeitsstelle? Weil ich derzeit viele schwierige Fälle betreue, würde   Freistellung der Leitungen und stellv. Leitungen für Verwaltungsauf‐   Arbeitsstelle? Entlastung.
zung zu Familienzentren geben, damit es zur guten Zusammenar‐          ich mir eine regelmäßig stattfindende Supervision wünschen.             gaben.
beit von verschiedenen Professionen zum Wohle der Kinder kom‐                                                                                                                                                           Kannst du Dir vorstellen in Deinem jetzigen Arbeitsbereich bis
men kann. Fachkräfte sollten besser bezahlt werden, von Kinder‐                                                                                                                                                       zur Rente weiter zu arbeiten? Nein.
pfleger:innen bis zum Bachelor‐Abschluss sollten die Entgelte deut‐
lich angehoben werden. Es ist mehr als bedauerlich, dass in den                                                                                                                                                          Welche Wünsche hast Du an die Politik, deine Arbeit betreffend?
letzten Jahrzehnten, egal bei welcher Regierungskonstellation, der                                                                                                                                                    Ich wünsche mir von der Politik, dass sie ihren Job richtig macht und
Bildungsbereich in allen Sparten herabgewirtschaftet und stiefmüt‐                                                                                                                                                    etwas gegen die soziale Ungleichheit sowie die kategorische Diskri‐
terlich behandelt wurde.                                                                                                                                                                                              minierung marginalisierter Gruppen unternimmt. #itstime

Person 5:                                                                                                                                                                                                             Arbeitsbereich Sozialpädagogische Leitung
  Auf einer Skala von 1 – 10, wie zufrieden bist Du zurzeit mit Dei­
ner Beschäftigung ? (1 über­haupt nicht – 10 sehr zufrieden) 6                                                                                                                                                        Person 1:
                                                                                                                                                                                                                        Auf einer Skala von 1 – 10, wie zufrieden bist Du zurzeit mit Dei­
  Was wäre Dein dringendster Wunsch für Deine derzeitige                                                                                                                                                              ner Beschäftigung? (1 überhaupt nicht – 10 sehr zufrieden) 3
Arbeitsstelle? Mehr qualifiziertes Personal.
                                                                                                                                                                                                                        Was wäre Dein dringendster Wunsch für Deine derzeitige
  Kannst du Dir vorstellen, in Deinem jetzigen Arbeitsbereich bis                                                                                                                                                     Arbeitsstelle? PERSONAL!!
zur Rente weiter zu arbeiten? Auf keinen Fall.
                                                                                                                                                                                                                        Kannst du Dir vorstellen in Deinem jetzigen Arbeitsbereich bis
  Welche Wünsche hast Du an die Politik, deine Arbeit betreffend?                                                                                                                                                     zur Rente weiter zu arbeiten? AUF KEINEN FALL!
Mehr Wertschätzung und attraktivere Angebote für die Ausbildung
und Berufsausübung, praxisnahe Richtlinien zur Arbeitsübung und                                                                                                                                                         Welche Wünsche hast Du an die Politik, deine Arbeit betreffend?
mehr Qualitätsmanagement, unterstützende Richtlinien zu Koope‐                                                                                                                                                        Dass der Wichtigkeit einer hochwertigen Bildung auf allen Ebenen
rationspartnern.                                                                                                                                                                                                      Rechnung getragen wird!

Bereich Schulsozialarbeit:                                                                                                                                                                                            Teamstatement: (5 Personen)
  Auf einer Skala von 1 – 10, wie zufrieden bist Du zurzeit mit Dei­                                                                                                                                                     Auf einer Skala von 1 – 10, wie zufrieden bist Du zurzeit mit Dei­
ner Beschäftigung (1 über­haupt nicht – 10 sehr zufrieden) 8                                                                                                                                                          ner Beschäftigung? (1 über­haupt nicht – 10 sehr zufrieden) 5; 5; 4;
                                                                                                                                                                          FOTO: STOCK.ADOBE.COM/©dglimages            8; 4

EuWiS 03/2023 | 10                                                                                                                                                                                                                                                      EuWiS 03/2023 | 11
JAHRGANG EUWIS - BILDUNGSCAMPUS
SOZIALPÄDAGOGIK                                                                                                                                                                                                                                                           GEWERKSCHAFT

  Was wäre Dein dringendster Wunsch für Deine derzeitige
Arbeitsstelle? Mehr Geld (Eingruppierung 8b), mehr angemessenes
                                                                       der attraktiver zu gestalten, da die nächste Umfrage sonst wohl
                                                                       noch deutlicher zeigen wird, dass unter solchen Arbeitsbedingun­
                                                                                                                                                                                    Tarifrunde TVöD 2023
qualifiziertes Personal, Überarbeitung des Förderprogramms für         gen nicht in einem dieser Berufe gearbeitet werden kann. Dies
Freiwillige Ganztagsschulen!!                                          würde wiederum dazu führen, dass wertvolle Erfahrungswerte,
                                                                       Fort­ und Weiterbildungsinhalte sowie Diversität in der Altersspan­
  Kannst du Dir vorstellen, in Deinem jetzigen Arbeitsbereich bis      ne der „Arbeitenden" verloren gingen und somit den Kindern nicht
zur Rente weiter zu arbeiten? 4 Personen sagen NEIN, 1 Person          mehr zugänglich wären.
sagt JA
                                                                          Nach dem Ausbau der Einrichtungen der frühkindlichen Bildung,
  Welche Wünsche hast Du an die Politik, deine Arbeit betreffend?      Betreuung und Erziehung soll nun die Ganztagsbetreuung folgen. In
Der Beitrag zur Gesellschaft soll gleichwertig zur Industrie angese‐   diesen Diskussionen ist an Qualität nicht zu denken. Berechnungen
hen werden. Ferner sollte mehr Geld für Bildung und Wissenschaft       zufolge sollen bis 2025 mindestens 191.000 Erzieher:innen fehlen.
ausgegeben werden. Die Budgetierung der Einrichtungen sollte           Sofern von den politisch Verantwortlichen nicht bald nötige Schrit­
nach einem sozialen Schlüssel erfolgen. Wir befürworten den freien     te eingeleitet werden, wird die Realität dafür sorgen, dass eine

                                                                                                        „
Zugang zu lebenslanger Bildung. Auch müssen Kinderrechte im            Deprofessionalisierung im Feld der Kinder­ und Jugendhilfe weiter
Grundgesetz verankert werden. Die Antworten aus dieser Blitzlicht­     Einzug erhält. n
Umfrage lassen klar erkennen, dass die Mehrheit der
Teilnehmer:innen sich auf keinen Fall vorstellen kann, in ihrem                                                                                 Am 24. Januar 2023 begannen die Verhandlungen für den öffent­
Arbeitsbereich in Rente zu gehen.                                                                                                            lichen Dienst in Potsdam. Die Gewerkschaften fordern eine deutli­         DIE FORDERUNGEN UND ERWARTUNGEN IM ÜBERBLICK:
                                                                                   DIE ZUKUNFT HÄNGT DAVON AB,
                                                                                        WAS WIR HEUTE TUN.                                   che Gehaltserhöhung für die Beschäftigten bei Bund und Kommu­            n 10,5 Prozent, mindestens aber 500 Euro
  Kannst du dir vorstellen bis zur Rente in deinem Beruf zu arbei­                                                                           nen. Angesichts der hohen Inflation sind die Forderungen von 10,5        n Laufzeit 12 Monate
ten?                                                                                                      „
                                                                                               MAHATMA GHANDI
                                                                                                                                             Prozent mehr Gehalt, mindestens aber 500 Euro, absolut berech­
                                                                                                                                             tigt. „Die historisch hohe Inflation frisst die Gehälter auf – deshalb
                                                                                                                                                                                                                      n Für Auszubildende, Praktikant:innen und dual Studierende
                                                                                                                                                                                                                        mindestens 200 Euro mehr
                                                                                                                                             müssen die Löhne jetzt kräftig rauf, um einen Ausgleich zu schaf­        n Unbefristete Übernahme für Auszubildende nach Abschluss
                                                                                                                                             fen”, so der GEW­Landesvorsitzende Max Hewer.
                                                                                                                                                                                                                      n Verlängerung der tariflichen Regelungen zur Altersteilzeit
                                                                                                                                                                                                                      n Zeit­ und wirkungsgleiche Übertragung des Tarifergebnisses
                                                                                                                                               Die Beschäftigten im öffentlichen Dienst halten durch ihre Arbeit
                                                                                                                                                                                                                        auf die Beamt.innen des Bundes, Richter.innen und
                                                                                                                                             und ihr Engagement das Land am Laufen. Die GEW vertritt in der             Soldat.innen.
                                                                                                                                             Tarifrunde vor allem den Sozial­ und Erziehungsdienst. Die
                                                                                                                                             Kolleg:innen sind hoch motiviert und engagiert. Gerade in Krisensi­
                                                                                                                                             tuationen zeigt sich, welche Bedeutung ihre tägliche Arbeit für
                                                                                                                                             unsere Gesellschaft hat. Kitas, Jugendhilfe und Sozialarbeit sind

                                                                                                                                                                                                                                         
                                                                                                  NATALIE HORNE                              dabei wichtige Stützen. Sie sorgen dafür, dass die Menschen Beruf
                                                                                     Fachgruppe Sozialpädagogische Berufe                    und Familie auch in diesen schwierigen Zeiten miteinander verein­
                                                                                                                                             baren können. „Sie sind Profis ­ und sie brauchen mehr“, betont
                                                                                                                                             Max Hewer.                                                                               
   Das bedeutet, wenn sich die Rahmenbedingungen für die                                                                                       Aktuell leiden viele Dienststellen und Einrichtungen aufgrund                         
Arbeitsbereiche Kita, Jugendhilfe und denen sozialpädagogischer                                                                              eines hohen Krankenstandes und fehlender Fachkräfte an akutem
Bereiche an Ganztagsschulen nicht verbessern, wird zukünftig eine                                                                            Personalmangel. Um junge Menschen für den Beruf zu gewinnen
Fluktuationswelle von vorhandenen pädagogischen Fachkräften zu                                                                               und zukunftsfähig zu sein, muss der öffentliche Dienst weiter an                        
erwarten sein. Dies muss unbedingt verhindert werden! Denn                                                                                   Attraktivität als Arbeitgeber zulegen. Dabei spielt die Bezahlung
bereits seit Jahrzehnten weist die GEW auf Bundesebene auf den                                                                               eine wichtige Rolle. n
nicht mehr nur drohenden, sondern mittlerweile eingetretenen                                                                                                                                                                                              
Fachkräftemangel hin.                                                                                                                                                                             GEW­SAARLAND
                                                                                                                                                                                                                                      
  Es besteht enormer Handlungsbedarf, um gut ausgebildetes Per­
sonal zu halten und die sozialpädagogischen Berufe allgemein wie­

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JAHRGANG EUWIS - BILDUNGSCAMPUS
GEWERKSCHAFT                                                                                                                                                                                                                                                                                   GEWERKSCHAFT

   Protestaktion zur Räumung der Obdachlosen                                                                                                  nicht nutzen können. Manchmal sind Suchtproblematiken ein Hin­
                                                                                                                                              derungs­ oder auch Ausschlussgrund. Diese Problematik stellt sich
                                                                                                                                                                                                                       (Persönlichkeitsstörungen ausgenommen) erfüllt. Die Kriterien
                                                                                                                                                                                                                       einer Alkoholabhängigkeit erfüllten zum Untersuchungszeitpunkt
                                                                                                                                              besonders bei Mädchen und Frauen*, für die es derzeit nur ein ein­       58,4 Prozent und im Verlauf des Lebens 72,7 Prozent. Die zweithäu­
                                                                                                                                              ziges stationäres Angebot gibt. Ein Hindernis kann auch ein Hund         figste diagnostische Hauptgruppierung waren affektive Störungen
                                                                                                              darum den Betroffen ein Dach
                                                                                                                                              sein, der für die Menschen auf der Straße aber doch sehr wichtig         (16,3 Prozent bei Untersuchung und 32,8 Prozent während des
                                                                                                              über dem Kopf zu verschaffen
                                                                                                                                              ist, als Freund oder Schutz.                                             gesamten Lebens). Auch Angsterkrankungen und Schizophrenien
                                                                                                              und dies scheitert oftmals an
                                                                                                                                                                                                                       waren vergleichsweise häufig“ (Fichter et al. 2000, S. A­1150).
                                                                                                              einem zu geringen Angebot an      Ein weiterer Sozialarbeiter führt dazu aus: „Ganz häufig leiden
                                                                                                              Unterbringungsmöglichkeiten.    die Menschen unter psychischen Auffälligkeiten, die es ihnen
                                                                                                                                              unmöglich machen, an solchen Angeboten teilzuhaben. Sei es aus             Eine Übersichtsarbeit aus 2017 von Kaduszkiewicz et al., die sich
                                                                                                              Durchaus nachvollziehbar ist
                                                                                                                                              Angst vor der Unterbringung in einem Mehrbettzimmer, Angst vor           u.a. auch auf die SEEWOLF­Studie bezieht, zeigt ähnlich hohe Zah­
                                                                                                              die Entscheidung von Betrof­
                                                                                                                                              dortigen Konflikten und einem starken Rückzugsbedürfnis, oder            len auf: „Wohnungslose leiden sehr häufig an psychiatrischen
                                                                                                              fenen, diese Unterkünfte
                                                                                                                                              einer Unfähigkeit, an strukturierten Maßnahmen teilzunehmen. Oft         Erkrankungen. Von 232 Menschen aus München, die Hilfe in Woh­
                                                                                                              schnellstmöglich wieder zu
                                                                                                                                              können psychische Probleme bereits vor einer Obdachlosigkeit             nungsloseneinrichtungen bekommen hatten, litten 75 % aktuell an
                                                                                                              verlassen. Die ordnungsrecht­
                                                                                                                                              bestehen. Ebenso können sie sich aber auch durch traumatische            einer behandlungsbedürftigen psychiatrischen Störung. Bei 74 %
                                                                                                              liche Unterbringung von Men­
                                                                                                                                              Erfahrungen auf der Straße entwickeln, verfestigen oder zum Vor­         fand sich aktuell oder früher eine substanzinduzierte Störung, und
                                                                                                              schen mit unterschiedlichen
                                                                                                                                              schein kommen.                                                           55 % der Befragten hatten mindestens 1 Persönlichkeitsstörung“
                                                                                                              Problemlagen, in Mehrbett­
                                                                                                                                                                                                                       (Kaduszkiewicz et al. 2017, S. 674). Mit Blick auf die Studienlage
                                                                                                              zimmern und Sammelunter­
             PROTESTAKTION VOR DEM SAARBRÜCKER RATHAUS | FOTO: LILIANE ROSAR­ICKLER                                                              Zudem kann vermutet werden, dass ein hoher Anteil aller Betrof­       und die Literaturlandschaft sollte ein drastischer Handlungsbedarf
                                                                                                           künften, führt im Wohnungsum­
                                                                                                                                              fenen unter einer traumatischen Störung leidet. Aus traumasensib­        bereits jahrelang ins Bewusstsein getreten sein. Umso mühseliger
   Als kooptiertes Mitglied der Saarländischen Armutskonferenz        feld zu erheblichen Konflikten. Hier braucht es kein Existenzmini­
                                                                                                                                              ler Sichtweise bedürfen diese Menschen vor allem eines sicheren          und trauriger gestaltet sich nun der Aufsprung auf den Zug, der
habe ich mich als Vertreterin der GEW am 20.01.2023 solidarisch       mum, sondern die Festlegung höherer einheitlicher Standards bei
                                                                                                                                              Ortes, um wieder Vertrauen, Kontrollierbarkeit und Selbstwirksam­        bereits längst auf dem Abstellgleis angekommen ist.
der Protestaktion vor dem Saarbrücker Rathaus angeschlossen.          der Unterbringung vulnerabler Gruppen. Menschenwürde darf
                                                                                                                                              keit zu erfahren und aufzubauen. Dieser sichere Ort kann sich
Betroffene, Beschäftigte von Hilfs­ und Beratungseinrichtungen und    niemals ausgegrenzt werden.
                                                                                                                                              neben einigen anderen Faktoren (z. B. durch sichere Mitarbeiter             Für all diese Umstände fehlt der Stadt und ihren Entscheidungs­
auch Privatpersonen drückten dort ihren Unmut darüber aus, dass
                                                                                                                                              von Beratungsstellen und verlässliche Strukturen usw.) jedoch nur        trägern anscheinend jegliche Sensibilität und fachliches Hinter­
im Auftrag der Stadt Zelte neben der Wärmestube Saarbrücken              Für Alle sollte sich erstmal die Frage stellen müssen, weshalb
                                                                                                                                              entfalten, sofern auch gewisse Aspekte einer räumlichen Gestal­          grundwissen. Deswegen fordern sich die Beschäftigten der Hilfs­
geräumt worden sind. Die Landeshauptstadt verweist darauf, dass       sich Menschen dazu entscheiden müssen, in Zelten zu leben.
                                                                                                                                              tung und Atmosphäre bereitgestellt und eingehalten werden. Und           und Beratungseinrichtungen, zukünftig eingebunden zu werden,
es genügend Schlafstellen­Angebote in Saarbrücken gäbe. Doch          Durchaus eine berechtigte Frage hinsichtlich einer Lösung. Eine seit
                                                                                                                                              dies ist gerade nicht in einer Unterkunft mit Mehrbettzimmern der        bevor solche drastischen Maßnahmen umgesetzt werden. n
was sagen dazu Betroffene und Sozialarbeiter:innen der Obdachlo­      Jahrzehnten verfehlte Wohnungspolitik impliziert weitgehend
                                                                                                                                              Fall. Darauf verweist bereits Lisa Aberle mit ihrer Veröffentlichung
senhilfe?                                                             neben den individuellen Problemlagen der Betroffenen ein struktu­
                                                                                                                                              „Wohnungslos und psychisch krank: Schnittstellenprobleme in der
                                                                      rell geschaffenes Problem. Die Entwicklung zeigt bereits seit Ende
                                                                                                                                              Sozialen Arbeit“ aus dem Jahre 2014, wenn Sie schreibt, dass in
   Frank Couck, Sozialarbeiter im Fachbereich der Hilfen in Woh­      der 1980er Jahre, dass mit Abnahme staatlicher Wohnungsbaupro­
                                                                                                                                              solchen (Not­)Unterkünften auch der letzte gesunde Anteil eines
nungsnotfällen, gibt detaillierte Auskunft zu den Hintergründen:      gramme indes parallel die Anzahl der Menschen in prekären sozia­
                                                                                                                                              Menschen vollends verkümmert (vgl. Aberle 2014, S. 11). Auch die
„Bei der Räumung der Obdachlosenzelte am 16ten Januar zeigt die       len und ökonomischen Verhältnissen angestiegen sind. Hier
                                                                                                                                              SEEWOLF­Studie (2017), die seelische Erkrankungsraten in Einrich­
Stadt den politischen Willen, rechtlich gegen das „Wildcampen im      braucht es ein stärkeres Engagement von Land und Bund. Obdach
                                                                                                                                              tungen der Wohnungslosenhilfe untersucht hat, merkt in einem
öffentlichen Raum“ vorzugehen. So kann eine rechtliche Norm von       und Wohnungslosigkeit ist in der Bearbeitung der Problematik
                                                                                                                                              dafür gesonderten Bereich der resümierenden Handlungsempfeh­
2007 als Begründung der „Zwangsräumung“ zwar herhalten,               sowie im lösungsorientierten Ansatz sehr komplex und interdiszipli­
                                                                                                                                              lungen an, dass es bei den Unterbringungsmöglichkeiten hohen
jedoch zeigt es im Wesentlichen den fehlenden Verständnishinter­      när. Diese Aufgabe kann die Kommune nicht mehr alleine stem­                                                                                                           LILIANE ROSAR-ICKLER
                                                                                                                                              Weiterentwicklungsbedarf gibt und Einzelzimmer einen hohen Bei­
grund von Entscheidungsträgern der Stadt, dass obdachlose Men­        men. Ich begrüße daher ausdrücklich die Kommunikationsbereit­                                                                                                                   Stellv. Landesvorsitzende
                                                                                                                                              trag zur Verbesserung der Lage beitragen könnten. Sowohl Aberle
schen sich in Leidensgemeinschaften zusammen tun müssen, um           schaft des Sozialministers hinsichtlich der Gründung eines Gremi­
                                                                                                                                              als auch die SEEWOLF­Studie beziehen sich zum Teil ihrer Ausfüh­
gegen die gegen sie gerichtete Gewalt gewappnet zu sein. Bestand­     ums zur Wohnungsnot und der Erarbeitung eines Konzeptes. Die
                                                                                                                                              rungen auf eine Studie von Fichter et al., die bereits im Jahre 2000        Literaturquellen
teil einer anderen in diesem Kontext benannten Rechtsnorm ist die     Kooperationen aller Akteur:innen kann hierbei wesentliche Kapazi­                                                                                   Aberle, Lisa (2014). Wohnungslos und psychisch krank. Schnittstellenprobleme in der
                                                                                                                                              veröffentlicht wurde. (vgl. Bäuml et al. 2017, S. 129; ebd., S. 243f.;      Sozialen Arbeit. Hamburg: Bachelor + Master Publishing.
ordnungsrechtliche Unterbringung zur Gefahrenabwehr bei (unfrei­      täten nutzbar machen. Ich bin optimistisch, dass ein Leitfaden und                                                                                  Bäuml, Josef/Brönner, Monika/Baur, Barbara/Pitschel­Walz, Gabriele/Jahn, Thomas
                                                                                                                                              Aberle 2014, S. 22) Folgende Zahlen zur psychischen Verfassung              (2017). Die SEEWOLF­Studie. Seelische Erkrankungsrate in den Einrichtungen der Woh­
williger) Obdachlosigkeit. Diese beruht auf den Polizei­ und Ord­     Ziel erarbeitet werden kann, welches quantitativ und qualitativ den
                                                                                                                                              konnten dort aufgezeigt werden:                                             nungslosenhilfe im Großraum München. Freiburg im Breisgau: Lambertus.
nungsgesetzen der einzelnen Bundesländer und sieht zur Abwehr         Betroffenen gerecht werden kann. Jedoch braucht es hierzu auch                                                                                      Fichter, Manfred/ Quadflieg, Norbert/Cuntz, Ulrich (2000). Prävalenz körperlicher und
                                                                                                                                                                                                                          seelischer Erkrankungen. Daten einer repräsentativen Stichprobe obdachloser Männer.
dieser Gefahr eine Zuweisung in eine Unterkunft vor. Durchaus ein     die Partizipation der Betroffenen.“                                                                                                                 In: Deutsches Ärzteblatt 2000. Jg. 97, Heft 17: S. A­1148­1154. Online verfügbar unter:
                                                                                                                                                 „Die Prävalenzraten psychischer Erkrankungen waren im Ver­               https://www.aerzteblatt.de/pdf.asp?id=22758 [aufgerufen am 05.02.2023].
sinnvolles Gesetz, welches jedoch in seiner Historie hinsichtlich der                                                                                                                                                     Kaduszkiewicz, Hanna/Bochon, Benjamin/van den Bussche, Hendrik/Hansmann­Wiest
                                                                                                                                              gleich zur Allgemeinbevölkerung sehr hoch. 73,4 Prozent hatten zur          Julia/van der Leeden Carolin (2017). Medizinische Versorgung von wohnungslosen Men­
Rechtsmeinung, welche Lebensstandards eine solche Unterkunft             Ja, es gibt Notschlafstellen und Sammelunterkünfte. Doch es gibt                                                                                 schen. In: Deutsches Ärtzeblatt 2017. Jg. 114, Heft 40: S. 673­679. Online verfügbar
                                                                                                                                              Zeit der Untersuchung (derzeit) und 93,2 Prozent im Verlauf des             unter: https://www.aerzteblatt.de/pdf.asp?id=193639 [aufgerufen am 05.02.2023].
haben sollte, aus der Zeit gefallen scheint. Es geht im Wesentlichen  auch vielfältige Gründe, warum manche Menschen diese Angebote
                                                                                                                                              Lebens die Kriterien für mindestens eine psychiatrische Diagnose

EuWiS 03/2023 | 14                                                                                                                                                                                                                                                                       EuWiS 03/2023 | 15
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