Seite 8-11 "Immocare" Das Geschäft mit dem Rauswurf - Mieterverband

Die Seite wird erstellt Dustin Klein
 
WEITER LESEN
Seite 8-11 "Immocare" Das Geschäft mit dem Rauswurf - Mieterverband
Mieten + Wohnen   Nr. 6, Dezember 2020   www.mieterverband.ch

«Immocare»
Das Geschäft
mit dem Rauswurf
Seite 8–11
Seite 8-11 "Immocare" Das Geschäft mit dem Rauswurf - Mieterverband
Editorial                                               Inhaltsverzeichnis

                                                        Politik Beim Mietrecht zeichnet
Liebe Leser*innen                                        sich ein Refe­rendum ab         3
                                                        Aktuell Das Bundesgericht
                                                         ändert seine Praxis             5
                                                        Zürich Die Immobranche will
                                                         neuerdings «sozial» kündigen 8
                                                        Verband Geschäftsmieten
Dass es für Mieter*innen oft schwierig ist, poli­        im Fokus der GV                12
tische Mehrheiten gegen die Immobilienlobby zu
finden, wissen wir mittlerweile. Vor kurzem             Gärtnern mit nichts Nachhaltig
mussten aber auch die sonst gut vertretenen
Gewerbetreibenden schmerzhaft erfahren, wie es
                                                         basteln für Weihnachten       14
ist, vom Parlament im Stich gelassen zu werden.         Haushalt Gut eingerichtet
Anfang Dezember nämlich schickte dieses – oder
besser gesagt: eine Mehrheit aus SVP, FDP, CVP           im Homeoffice                  17
und Teilen der GLP – das Geschäftsmietegesetz
endgültig bachab. Es wird definitiv keine gesamt­
                                                        Miettipp Die Krux mit dem
schweizerische Regelung zum Mieterlass für               gemeinsamen Vertrag           18
die Zeit des Lockdowns geben.
     Dabei hätte diese für die Eigentümer*innen         Hotline Wer muss Schnee
für 2020 einen Ausfall von weniger als zwei Pro­
zent bedeutet. Das ist lächerlich, wenn man be­
                                                         schaufeln?                     21
denkt, welche Profite sie in den vergangenen
Jahren mit den Mieten gemacht haben. Entspre­
chend enttäuscht von ihren traditionellen
Verbündeten sind die Gewerbetreibenden. Das
bestätigten auch die Referentin und der Referent
der Geschäftsmieten-Allianz, die an der General­
versammlung des MV Schweiz zu Gast waren.
     Die Immolobby hat aber noch lange nicht
genug. Mithilfe von Vorstössen wollen ihre Hand­
langer das Mietrecht so anpassen, dass Eigen­
tümer*innen noch mehr Rendite machen und die
Mietenden sich kaum noch dagegen wehren
                                                        Herausgeber                                Druck
können. Einige Vorstösse haben sie bereits durch        Mieterinnen- und Mieterverband             Stämpfli AG, Bern
das Parlament gebracht, weitere werden in der           Deutschschweiz                             Beglaubigte Auflage
laufenden Session diskutiert. Danach wird klar                                                     126 564 Exemplare
                                                        Redaktion                                  Erscheinen
sein, was alles in die Mietrechts­revision gepackt      Andrea Bauer                               6-mal pro Jahr
werden muss, die nächstes Jahr ansteht.                 m+w@mieterverband.ch                       Abonnementspreis
                                                        Administration und ­Adressverwaltung       Fr. 40.–/Jahr
     Das Gute ist: In beiden Fällen besteht noch        Mieterinnen- und Mieterverband             Inserate und Beilagen
Hoffnung, die Immolobby hat nicht das letzte            Deutschschweiz                             Judith Joss
Wort. Die Geschäftsmietenden können sich                Bäckerstrasse 52, 8004 Zürich              judith.joss@mieterverband.ch
                                                        T 043 243 40 40                            T 043 243 40 40
den Mieterlass vor Gericht erstreiten. Erste Ver­       info@mieterverband.ch
fahren sind bereits am Laufen. Was das Mietrecht        www.mieterverband.ch
angeht, so wird sich der MV mit allen Mitteln           Mitarbeit
                                                        Walter Angst, Esther Banz, Ernst Feurer,
gegen eine Schlechterstellung der Mietenden             Urs Geiser, Fabian Gloor, Stefan Hart­
wehren. Wenn nötig mit dem Referendum. So               mann, Christoph Laszlo, Sabine Reber,
würden dereinst die Stimmberechtigten ent­              Patric Sandri, Reto Schlatter, Carlo
                                                        Sommaruga
scheiden können.                                        Gestaltungskonzept
                                                        Hubertus Design GmbH, Zürich               www.facebook.com/Mieterverband
   Ich wünsche Ihnen frohe Festtage                     Layout
                                                        Atelier Bläuer, Joel Kaiser, Bern
   und gute Gesundheit!                                 Titelbild
   Andrea Bauer                                         Reto Schlatter, Zürich                     Gedruckt in der Schweiz

Mieten + Wohnen                  Nr. 6, Dezember 2020                                                                               2
Seite 8-11 "Immocare" Das Geschäft mit dem Rauswurf - Mieterverband
Politik                               Text von Andrea Bauer

                  Angriff auf das Mietrecht
                    Nach der Wintersession ist klar, was in die Revision
                     des Mietrechts hineingepackt wird. Der MV wird
                   sich gegen eine Schlechterstellung der Mieter*innen
                       wehren – wenn nötig mit dem Referendum.

Im nächsten Jahr wird das Parlament voraussichtlich über eine Revision des Mietrechts debattieren.

                                                                                                         Foto: Béatrice Devènes/Parlamentsdienste

Mieten + Wohnen                       Nr. 6, Dezember 2020                                           3
Seite 8-11 "Immocare" Das Geschäft mit dem Rauswurf - Mieterverband
Rund vier Jahre ist es her, dass Vertreter des Hauseigentümerverbands (HEV)                        Kommentar
und der Immobilienlobby einen beispiellosen Angriff auf das Mietrecht lan­
cierten. Das Ziel ihres Angriffs: höhere Renditen für Eigentümer*innen und
weniger Möglichkeiten für Mieter*innen, zu hohe Mieten anzufechten. Die Pro­
                                                                                                   Mit vereinten
tagonisten des Angriffs im Parlament: Hans Egloff, der damalige SVP-Natio­
nalrat und Präsident des Hauseigentümerverbands, sowie die beiden FDP-
                                                                                                   Kräften zum Erfolg
Natio­nalräte Philippe Nantermod, Präsident des Schweizerischen Verbands der
Immobilienfachleute (USPI), und Olivier Feller, Generalsekretär des West­
schweizer Hauseigentümerverbands «Fédération romande immobilière». Über
mehrere Jahre verteilt reichten sie und weitere Lobbyisten im Parlament zahl­
reiche Vorstösse mit entsprechenden Forderungen ein.

   Zwei Vorstosspakete
   Die Zeit verstrich, die Vorstösse durchliefen den üblichen parlamentarischen
Weg durch die zuständigen Kommissionen und die Räte. Mittlerweile ist ein                          Die Angriffe auf und die Verletzungen von
erstes Paket mit sechs Vorstössen überwiesen und befindet sich in der Warte­                       Rechten der Mietenden nehmen zu. Im
schleife. Ein zweites Paket, bestehend aus weiteren drei Vorstössen, muss in der                   Parlament sind wir mit Vorstössen kon­
laufenden Wintersession noch vom Ständerat behandelt werden. Zwei davon                            frontiert, deren Ziel es ist, das Mietrecht
stammen aus der Feder von Philippe Nantermod. Sie wollen die Möglichkeiten                         aufzuweichen, sodass wir in ab­sehbarer
der Mietenden, sich gegen missbräuchliche Mieten zu wehren, einschränken.                          Zeit wohl ein oder zwei Referenden
Der dritte stammt aus der Feder von Olivier Feller. Er fordert eine Erhöhung der                   ergreifen müssen. Die Massnahmen
maximal zulässigen Nettorendite für Eigentümer*innen. Pikant an diesem Vor­                        gegen die Pandemie haben viele Mie­
stoss ist, dass sich das Bundesgericht vor kurzem in die Entscheidfindung des                      tende hart getroffen. Gewerbetreibende
Parlaments eingemischt hat (siehe Seite 5 – 7). Mit einem Leiturteil gab es be­                    mussten trotz geschlossener Lokale Miete
kannt, künftig Renditen bis zu 2 Prozentpunkten über dem gültigen Referenz­                        zahlen. Wohnungsmietende gerieten
zinssatz zuzulassen. Das will auch die Initiative Feller. Die vorberatende Rechts­                 wegen Kurzarbeit oder Arbeitslosigkeit in
kommission des Ständerates hat zwar alle drei noch verbleibenden Vorstösse                         finanzielle Schwierigkeiten.
abgelehnt. Der Entscheid des Bundesgerichts dürfte jedoch einen Einfluss auf                           Um diese Angriffe auf die Lebensbe­
die Debatte im Ständerat haben.                                                                    dingungen und die Rechte der Mietenden
                                                                                                   abwehren zu können, braucht es auf nati­
   Revision muss ausgeglichen sein                                                                 onaler Ebene einen starken, effektiven
    Wie auch immer die Entscheide ausfallen: Nach der Wintersession wird fest­                     und durchsetzungsfähigen Verband.
stehen, was von den Angriffen des HEV und der Immobilienlobby auf die Rechte                       Damit der MV Schweiz diese Herausfor­
der Mietenden übrig bleibt. Aus den verbleibenden Vorstössen wird die zustän­                      derung annehmen kann, muss er über
dige Kommission des Nationalrats einen Gesetzesentwurf für eine Revision                           ausreichende finanzielle Mittel und Kom­
des Mietrechts ausarbeiten. Die Ständeratskommission hat sich bereits in einer                     munikationsinstrumente verfügen. Er
Motion darauf festgelegt, dass die Revision «sowohl den Vermieter- wie auch                        muss in der Lage sein, den Ton und das
den Mieterinteressen Rechnung trägt und mit diesen Akteuren abgesprochen                           Tempo der nationalen politischen De­
ist». Die Motion gelangt ebenfalls in dieser Session zur Abstimmung und wird                       batte zum Thema Wohnen zu bestimmen.
vom Mieterinnen- und Mieterverband unterstützt. Klar ist jetzt schon: Der MV                           Dies setzt einen gemeinsamen Willen,
akzeptiert bei der kommenden Revision des Mietrechts keine Einschränkung                           eine vertrauensvolle Zusammenarbeit
der ohnehin schon unzureichenden Rechte der Mieter*innen. Gegebenenfalls                           und vor allem die Akzeptanz voraus, dass
wird der Verband auch vom Referendumsrecht Gebrauch machen.                                        ein Teil des Knowhows und der Fähig­
                                                                                                   keiten in organisatorischen und kommu­
                                                                                                   nikativen Belangen von den Sektionen
                                                                                                   zum MV Schweiz übergeht. Der Verband
                                                                                                   wird deshalb im nächsten Jahr zusammen
                                                                                                   mit den Sektionen einen Prozess an­
                                                                                                   stossen, mit dem Ziel, unsere Kräfte zu
                                                                                                   bündeln. Dies ist eine wichtige Vorausset­
                                                                                                   zung für künftige politische Erfolge.
                                                                                                       Möge das 2021 uns weiterbringen!
Die Protagonisten des Angriffs auf das Mietrecht (v. l. n. r): Hans Egloff (SVP), Präsident HEV;
Philippe Nantermod (FDP), Präsident Schweizerischer Verband der Immobilienfachleute;                  Carlo Sommaruga,
Olivier Feller (FDP), Generalsekretär Westschweizer Hauseigentümerverband.                            Präsident MV Schweiz

Mieten + Wohnen                         Nr. 6, Dezember 2020                                                                                4
Seite 8-11 "Immocare" Das Geschäft mit dem Rauswurf - Mieterverband
Aktuell           Text von Andrea Bauer

Ein politischer Entscheid
des Bundesgerichts

                                              Illustration: Patric Sandri

Mieten + Wohnen   Nr. 6, Dezember 2020    5
Seite 8-11 "Immocare" Das Geschäft mit dem Rauswurf - Mieterverband
Das Bundesgericht ändert seine lang­jährige
Praxis bei der Berechnung der zulässigen
Nettorendite. Die Mieten dürften dadurch
noch höher werden.

Wenn Sie eine neue Wohnung beziehen              sofort, denn Anpassungen an die neu gül­     stand. Mit seinem Vorpreschen greift es
und den Verdacht haben, dass die Miete           tige Nettorendite sind nur bei Neuver­       der Debatte und der demokratischen
höher als zulässig ist, können Sie diese         mietungen möglich – in laufenden Miet­       Entscheidfindung durch das Parlament
anfechten. Die Schlichtungsstelle oder           verträgen glücklicherweise nicht. Konkret    vor.
das Gericht bestimmt daraufhin die               schenkt das Urteil ganz schön ein, wie          Die Praxisänderung kommt aber auch
maximal zulässige Miete für Ihre Woh­            unser Beispiel einer fiktiven Liegenschaft   deshalb denkbar ungelegen, weil auf­
nung. Ist sie zu hoch, muss die Eigen­           mit vier Wohnungen zeigt: Ein Mietzins       grund der Covid-Krise zurzeit Tausende
tümerschaft sie anpassen. Der entschei­          von heute monatlich 1345 Franken kann        Mietende von Geschäftsräumen und
dende Wert für die Beurteilung, ob eine          bei einer Neuvermietung dank der neuen       Privatwohnungen in finanziellen Schwie­
Miete zu hoch ist oder nicht, ist in den         Praxis auf bis zu 1979 Franken erhöht        rigkeiten stecken.
allermeisten Fällen die Nettorendite, die        werden. Das bedeutet einen Anstieg von          Darüber hinaus stellen sich für die
mit der Miete erzielt werden darf. Heute         nahezu 50 Prozent (siehe Grafik).            Umsetzung des Urteils eine Reihe von
gilt, dass die Nettorendite den zum aktu­            Das Bundesgericht begründet sein         Fragen, und die Auswirkungen sind nicht
ellen Zeitpunkt gültigen Referenzzinssatz        Leiturteil insbesondere damit, dass die      vollumfänglich abschätzbar. So könnte es
um höchstens 0,5 Prozentpunkte über­             Regel zur Berechnung der Nettorendite        etwa aufgrund der neuen Praxis vermehrt
steigen darf. Zurzeit darf sie also maximal      aus einer Zeit stamme, als die Leitzins­     zu sogenannten Renditekündigungen
1,75 Prozent betragen.                           sätze für Hypotheken noch viel höher ge­     kommen. Da die Miete im laufenden
    Mitte November hat das Bundesge­             wesen seien. Seither seien die Hypo­         Mietverhältnis nicht angepasst werden
richt nun jedoch in einem Leiturteil be­         theken kontinuierlich gesunken, was zu       darf, könnten Vermieter*innen vermehrt
kannt gegeben, künftig eine Nettorendite         unrealistisch tiefen Mieten führe. Zusätz­   zu diesem Mittel greifen, mit dem ein
zuzulassen, die um 2 Prozentpunkte über          lich verweist das Gericht auf drei Mei­      bestehendes Mietverhältnis mit Verweis
dem geltenden Referenzzinssatz liegt, so­        nungen aus der Lehre sowie darauf, dass      auf eine zu niedrige Rendite gekündigt
lange dieser nicht über 2 Prozent steigt.        im Parlament Vorstösse zum gleichen          und der Mietzins bei der Neuvermietung
Ausgehend vom jetzigen Referenzzins­             Thema hängig seien.                          erhöht werden kann.
satz bedeutet das: Die Nettorendite darf
neu bis zu 3,25 Prozent betragen. Eine               Mehrfach problematischer Entscheid          Anfechten lohnt sich weiterhin
weitere Anpassung macht das Bundesge­               Diese Argumentation ist doppelt               Trotz allem: Das Urteil des Bundes­
richt bezüglich des Eigenkapitals, das           problematisch: Zum einen sind die drei       gerichts ändert nichts an der Tatsache,
bei der Berechnung des zulässigen Miet­          Lehrmeinungen, die als Referenz genannt      dass in der Schweiz seit Jahren viele
zinses zugrunde liegt: Künftig kann dieses       werden, sehr wenig. Zum anderen han­         Mieten illegal sind. Während die Hypo­
vollumfänglich der Teuerung angepasst            delt es sich bei einem der genannten Vor­    thekarzinsen sinken, steigt das Mietzins­
werden, statt wie bisher nur zu maximal          stösse um denjenigen des Waadtländer         niveau seit Anfang der 1990er-Jahre
40 Prozent. Von dieser zweiten Neuerung          FDP-Nationalrats Olivier Feller. Dieser      kontinuierlich an. Eine Studie der Raiff­
profitieren insbesondere institutionelle         fordert in seinem Vorstoss genau die         eisen Bank aus dem Jahr 2017 hat gezeigt,
Anleger, die ihre Liegenschaften ohne            Erhöhung der möglichen Nettorendite,         dass die Mieten rund 40 Prozent höher
Fremdkapital finanzieren.                        die das Bundesgericht künftig zulassen       sind, als sie gemäss dem Mietrecht ei­
                                                 will. Der Nationalrat hat Fellers Vorstoss   gentlich sein dürften. Die Leidtragenden
   Markant höhere Mieten zulässig                vor etwas über einem Jahr angenommen,        sind die Mietenden – sie zahlen jedes
In der Praxis bedeuten die beiden Ände­          der Ständerat diskutiert ihn just in der     Jahr Milliarden zu viel Miete.
rungen, dass das Gericht bei Streitfällen        laufenden Wintersession. Der Entscheid           Der Mieterinnen- und Mieterverband
künftig weit höhere Mieten als zulässig          des Bundesgerichts kommt also zu einem       unterstützt seine Mitglieder weiterhin bei
erachten wird. Das wird zu einem Anstieg         politisch höchst heiklen Zeitpunkt – für     der Anfechtung von Anfangsmieten, denn
der Mieten führen. Allerdings nicht              den absolut keine Notwendigkeit be­          eine solche lohnt sich in vielen Fällen

Mieten + Wohnen                     Nr. 6, Dezember 2020                                                                               6
Seite 8-11 "Immocare" Das Geschäft mit dem Rauswurf - Mieterverband
So wird der zulässige
                                                      Mietzins berechnet
                                                      Kommt es zum Streitfall, berechnet die
                                                      Schlichtungsstelle oder das Gericht die
                                                      maximal zulässige Miete – in den meisten
                                                      Fällen anhand der Nettorendite. Dabei
                                                      wird zuerst die zulässige Nettorendite
                                                      (zurzeit 1,75 %) auf dem Eigenkapital der
                                                      Eigentümerschaft berechnet. Zu diesem
                                                      Betrag werden anschliessend die Kosten
                                                      (z. B. für Unterhalt oder Hypothek) hin­
                                                      zugerechnet. Das Resultat durch zwölf
                                                      geteilt ergibt die maximal zulässige
auch unter den neuen Voraussetzungen.                 Monatsmiete.
Das zeigt gerade der Fall, der am Anfang                  Auf das Beispiel 1 (mit Hypothek) in
des Bundesgerichtsurteils stand: Eine                 unserer Grafik angewendet, ergibt das die
Mieterin focht die Anfangsmiete von                   folgende Berechnung: Bei einem Eigen­
2190 Franken für ihre 4½-Zimmer-Woh­                  kapital von 830 000 Franken und Kosten
nung am Genfersee an. Bei der heute gül­              von 47 000 Franken beträgt die maximal
tigen Nettorendite von 1,75 % hätte der               zulässige Miete 61 525 Franken pro Jahr
maximal zulässige Mietzins 900 Franken                oder 5127 Franken pro Monat. Ange­
betragen. Mit der vorgenommenen Erhö­                 nommen, die vier Wohnungen der Lie­
hung der Rendite auf 3,25 Prozent wurde               genschaft sind gleich gross, beträgt die
die Miete vom Bundesgericht schliesslich              maximal zulässige Monatsmiete 1282
auf 1390 Franken festgesetzt. Das sind                Franken pro Wohnung. Beim Beispiel 2
letztlich immer noch 800 Franken                      (ohne Hypothek) mit einem Eigenkapital
weniger als die Anfangsmiete, die die                 von 2 030 000 Franken liegt der aktuell
Frau angefochten hat. Auf das Jahr ge­                zulässige Mietzins bei 1345 Franken.
rechnet, ergibt das fast 10 000 Franken.

So wirkt sich
die Änderung auf
die Mieten aus

Beispiel 1:
                                                                                Beispiel 2:
Private
                                                                           Institutionelle
Eigentümerschaft
                                                                        Eigentümerschaft
mit Hypothek
                                                                          ohne Hypothek

                                                                   Miete heute: Fr. 1345.—
Miete heute: Fr. 1282.—
                                                                    Miete neu: Fr. 1979.—
Miete neu: Fr. 1541.—
                                                                    Erhöhung: Fr. 634.—
Erhöhung: Fr. 259.—

Mieten + Wohnen                Nr. 6, Dezember 2020                                           7
Seite 8-11 "Immocare" Das Geschäft mit dem Rauswurf - Mieterverband
Zürich                                  Text von Esther Banz

                                                                                              Foto: Reto Schlatter

Anita Zaugg, Michael Hitz und Stella Bogoni (v. l. n. r.) wurden von der Livit «entmietet».

Mieten + Wohnen                         Nr. 6, Dezember 2020                                       8
Seite 8-11 "Immocare" Das Geschäft mit dem Rauswurf - Mieterverband
Kündigen heisst jetzt
«entmieten»
                                               Um bei Sanierungen und Ersatzneubauten
                                               schlechte Presse und Bauverzögerungen zu
                                               vermeiden, will die Immobranche neuerdings
                                               sozial und mit Empathie kündigen. Gleich­
                                               zeitig wird daraus ein Geschäft.

Im September dieses Jahres erhalten die        Sie fand ihre jetzige Wohnung an der Al­      dass sie ein Formular ausfüllen, in dem
Bewohner*innen in acht Mehrfamilien­           lenmoosstrasse auf eigene Faust. Dass sie     sie Eckdaten dazu angeben, wie sie fortan
häusern an der Allenmoosstrasse in             auch von Livit verwaltet wird, sei ein        wohnen möchten. Anita Zaugg füllt
Zürich einen Anruf ihrer Verwaltung            Zufall. «Meine Befürchtung, Livit würde       dieses Formular nicht aus, auch Michael
Livit. Anita Zaugg erwischen sie an einem      mich auch hier wegen einer Sanierung          Hitz verzichtet. Das hält die Verwaltung
warmen Tag in der ersten Monatshälfte.         bald wieder rauswerfen, konterten sie mit     nicht davon ab, beiden in den Tagen
Der ihr unbekannte Be­wirt­schafter will       der Aussage: ‹Es ist nichts in der Pipe­      und Wochen darauf immer wieder SMS
einen Termin für einen persönlichen            line›.» Sie zog also ein. Und ihre Befürch­   und Mails mit Hinweisen zu frei wer­
Besuch bei ihr abmachen. Die 72-Jährige        tung wurde bittere Realität.                  denden Wohnungen zu schicken. Die Im­
ist gesundheitlich an­geschlagen und                                                         mobilienbranche nennt das und weitere
möchte wissen, worum es geht. Der Livit-           «Immocare»                                Massnahmen, damit die Menschen
Mitarbeiter verrät es ihr nicht, sie werde         Nachdem Stella Bogoni, Anita Zaugg        schnell und geräuschlos ausziehen, «Mie­
dann sehen. Auch Stella Bogoni erhält          und auch Michael Hitz, der unterhalb          terspezialbetreuung» oder auch «Immo­
einen solchen Anruf und wüsste gerne,          von Anita Zaugg wohnt, mit der Verwal­        care». Und dem ganzen Prozess des
was die Verwaltung ihr persönlich mit­         tung einen Termin abgemacht haben,            Rauswerfens kompletter Hausbewohner­
teilen will. «Das wird die Kündigung           fängt das Warten an; die Unruhe, die          schaften, dem Zerstören ganzer Nach­
sein!», schiesst es der seit kurzem pensio­    langen Nächte. Anita Zaugg und Michael        barschaftsstrukturen, sagt man jetzt
nierten Kindergärtnerin durch den Kopf.        Hitz empfangen die Livit-Vertreter am         «Entmieten».
Es sind noch keine fünf Jahre her, da hat      29. September in Hitz’ Wohnung, mit
Livit ihr bereits die vorherige Wohnung        dabei ist Rechtsberaterin Larissa Steiner        Zertifizierte Entmieter*innen
gekündigt, Stella Bogoni lebte damals im       vom Mieterinnen- und Mieterverband                Was Anita Zaugg, Michael Hitz und
Seefeld.                                       Zürich. «Der Livit-Vertreter überreichte      Stella Bogoni nicht wussten: «Entmieten»
    Livit benutzt die dortigen Kündi­          uns die Kündigungen per 31. März 2022,        wird in der Immobilienbranche gerade als
gungen heute als Positiv-Beispiel für eine     ganz nüchtern, ohne Emotionen», schil­        grosses Ding gesehen, als eine notwen­
gelungene «Mieterspezialbetreuung»:            dert Zaugg den Vorgang. Sie musste            dige Entwicklung, gerade in den Städten.
«Jeder Mieter hat eine passende Woh­           den Erhalt sofort unterzeichnen. Dann         Eine neue Weiterbildung, die der Verband
nung gefunden», steht auf der Webseite.        erwartete man von ihnen – unmittelbar         der Immobilienbewirtschafter SVIT an­
Die einst günstigen Wohnungen kosten           nachdem ihnen buchstäblich der Boden          bietet, soll die Bewirtschafter*innen für
jetzt das Dreifache, weiss Stella Bogoni.      unter den Füssen weggezogen wurde –,          viele anstehende Kündigungen fit ma­

Mieten + Wohnen                   Nr. 6, Dezember 2020                                                                               9
Seite 8-11 "Immocare" Das Geschäft mit dem Rauswurf - Mieterverband
chen. Sie nennen den Lehrgang «Immo­         naht, verspricht 3Steps: «Unsere psycho­
                                                 Change». Der Intensivkurs vermittle          logisch zertifizierten Fachmitarbeite­
                                                 die «richtigen Prozessabläufe». Denn:        rinnen schulen ihre Mitarbeitenden im
                                                 «Vorbereitung ist die halbe Miete!»,         Umgang mit emotionalen Situationen,
                                                 damit es keine schlechte Presse und keine    coachen betroffene Mieter mit mo­
                                                 Verzögerungen gibt. Eine Teilnehmerin        dernsten Tools, führen ein unentgeltli­
                                                 zeigt sich in einem der Erklärvideos be­     ches Beratungstelefon und bieten Unter­
                                                 geistert – vom Kurs und auch von ihrem       stützung in der Wohnungssuche.» Dies
                                                 Job: «Wir durften aktuell gerade ein         trage entscheidend zur Entschärfung der
                                                 Mandat übernehmen, wo wir eine Ent­          Situation bei und schaffe «beste Voraus­
                                                 mietung machen durften.»                     setzungen für ein reibungsloses Entmie­
                                                     Die dereinst zertifizierten Entmie­      tungsverfahren.» Das sei für beide Seiten
                                                 ter*innen werden auch psychologisch          «eine echte Win-win-Situation».
                                                 und in Kommunikation geschult, unter
                                                 anderem von der Firma 3Steps, die für           «An die Front gehen»
                                                 private Immobilien-Besitzer*innen ein            Das Seminarvideo von SVIT wirkt
                                                 Entmietungs-Package entwickelt hat.          vordergründig etwas weniger zynisch.
                                                 3Steps bewirbt das eigene Angebot eben­      Hier kommen verschiedene Refe­
                                                 falls mit einem Video. In diesem sagt ein    rent*innen des Lehrgangs zu Wort. Etwa
                                                 Sprecher mit dramatischer, affektierter      die Soziologin und Planerin Joelle Zim­
                                                 Stimme, wie «oftmals traumatisierend»        merli. Sie sagt im Film: «Wir haben in den
                                                 Kündigungen seien, und dass «Entmie­         letzten Jahren einen Trend zur Siedlungs­
                                                 tungsprozesse, wenn unprofessionell,         entwicklung nach innen. Das heisst: Die
                                                 ohne Konzept und Empathie umgesetzt»,        Städte wachsen vor allem dort, wo das
                                                 zur Bildung von Interessengemein­            Siedlungsgebiet schon ist. Mit jedem Pro­
                                                 schaften führen würden, «die Widerstand      jekt sind Mietparteien betroffen, die aus­
                                                 leisten und mithilfe von Mieterorgani­       ziehen und sich eine Wohnung suchen
                                                 sationen alle ihnen zur Verfügung            müssen. Das heisst: Die Zahl der Entmie­
                                                 stehenden Rechtsmittel ausschöpfen».         tungen wird zunehmen.» Zimmerli be­
                                                 Empathie erfahren in diesem Video denn       dient mit ihrer Aussage ein Narrativ, das
                                                 auch insbesondere die Immobilien­            die Immobilienbranche derzeit beherzt
                                                 firmen: «Die Folgen für Besitzer und         verbreitet: Dass die Verdichtung neues
                                                 Bewirtschafter können gravierend sein        Bauen voraussetzt und dass die Neubau­
                                                 und reichen von irreparablen Image­          ­ten wiederum zwingend den Rauswurf
                                                 schäden durch negative Medienbericht­         ganzer Nachbarschaften bedingen. Sie
                                                 erstattung bis hin zu grossen finanziellen    wiederholt diese Aussage bei einer telefo­
                                                 Einbussen aufgrund von Prozesskosten          nischen Anfrage der Schreibenden sinn­
                                                 und Bauverzögerungen.» Doch Hilfe             gemäss und erklärt, dass es ihr in der Wei­
                                                                                               terbildung des SVIT vor allem um den
                                                                                               Gesamtkontext gehe: etwa warum es zu
                                                                                               Entmietungen komme, warum es diese
                                                                                               brauche und welche Bedeutung dieser
                                                                                               nicht alltägliche Akt für die Betroffenen
                                                                                               habe.
                                                                                                  Alte Menschen und Wohnen gehört
                                                                                               zu den Fachgebieten Zimmerlis, sie
                                                                                               forscht und vermittelt auch im Auftrag
                                                                                               von Wohnbaugenossenschaften und von
                                                                                               Gemeinden. In ihrer Rolle als SVIT-
                                                                                               Dozentin blickt sie mit nüchternem Blick
                                                                                               auf diese Prozesse, die alte Menschen
                                                                                               verdrängen. Im Recherchegespräch – sie
                                                                                               wird gleich anschliessend noch einmal
                                                                                               anrufen und sagen, sie autorisiere das
                                                                                               Gesagte nicht – erklärt sie, man mache
                                                                                               bei Entmietungen eine Triage, definiere
Mietende wegwischen: Mit einem Video wirbt der SVIT auf der Webseite für seinen neuen          verschiedene Zielgruppen. Die Bewirt­
Lehrgang «Immochange».                                                                         schafter*innen müssen erkennen können,

Mieten + Wohnen                     Nr. 6, Dezember 2020                                                                                10
wer von den Mietenden eine spezielle           nicht kündigen, weil sie gar nicht können.   Dienstleistung zu Gemüte geführt. Im
Betreuung und viel Aufmerksamkeit              Das stimmt – Genossenschafter*innen          Wohnzimmer von Anita Zaugg schauen
braucht. Menschen darin zu unter­              kann man nicht so einfach auf die Strasse    sich die drei anschliessend aus sicherer
stützen, eine neue Wohnung zu finden,          stellen wie Mieter*innen; aber die Ge­       Corona-Distanz entsetzt schweigend an.
braucht Zeit. Und die kostet. Die private      nossenschaften beweisen eben auch seit       Sie finden nur wenige Worte für das, was
Firma 3steps, die die «Mieterspezialbe­        langem, dass neu bauen tatsächlich           die Bilder und Worte in ihnen auslösen.
treuung» hierzulande gewinnbringend            so­zialverträglich möglich ist. Eine dies­   «Einfach nur gruuusig», sagt Michael
für sich entdeckt hat und von «Win-win»        bezüglich erfahrene WBG ist die Allge­       Hitz. Menschenverachtend und zynisch
spricht, bietet vier Stufenpakete an. Jedes    meine Baugenossenschaft Zürich (ABZ).        sei das, sind sich alle einig.
davon enthält als Basis die Vorbereitung       Zeitlich und räumlich beschränkbare
und Durchführung der vor Ort ausge­            Sanierungen macht sie in bewohntem              500 Franken mehr für die neue Wohnung
sprochenen Kündigung. «An die Front            Zustand, bei Grossprojekten mit Ersatz­       Nicola Hilti ist Professorin am Institut
gehen» nennen die einen dieses Vor­            neubauten plant sie von langer Hand,      für Soziale Arbeit und Räume der Ost­
gehen, auch die Soziologin Joëlle Zim­         etappiert und siedelt die Bewoh­          schweizer Fachhochschule und Co-Lei­
merli. Genau so werden es die Entmie­          ner*innen gemäss deren Bedürfnissen       terin des Schwerpunkts Wohnen und
teten erleben.                                 um, vorübergehend oder definitiv. Ariel   Nachbarschaften. In einer aktuellen For­
                                               Leuenberger, Leiter Kommunikation der     schung ist sie mit Kolleginnen der Frage
    Fadenscheinige Argumentation               ABZ: «Es braucht eine langfristige und    nachgegangen, wie Menschen Woh­
    Menschen, die man aus ihren Woh­           gute Planung, viel Koordination und ge­   nungskündigungen erlebt haben. Dabei
nungen kündigt, als kriegerische Feinde.       nügend Wohnungen in der Umgebung,         habe sich gezeigt, dass vor allem die
Und damit die Bewirtschafter*innen,            die als Ausweichwohnungen infrage         Art und Weise, wie mit ihnen umge­
die man losschickt, als Soldat*innen.          kommen.» Ziel sei, «dass diejenigen, die  gangen wurde, von Bedeutung ist. Hilfe­
Diese sollen aber nicht auf die Idee           im Quartier verwurzelt sind, auch da      stellungen bewertet Nicola Hilti zuerst
kommen, ihre unfriedliche Mission zu           bleiben können». Von den gewachsenen      einmal als etwas Gutes. Auf Betroffene
hinterfragen, deshalb bringt man ihnen         sozialen Strukturen profitiert auch das   könne ein Dienstleistungsangebot wie
bei, dass der ganze Prozess unvermeidbar       Quartier.                                 «Immocare» wohl aber auch zynisch
sei. Bereits in der Ausschreibung wird das                                               wirken, denn: «Wenn ihnen die Wohnung
klargestellt, etwa jener zu einem Tagesse­     Rendite als Treiberin für Ersatzneubauten gekündigt wird, nützt den Menschen
minar: «Gesetzliche Auflagen für nach­         Zurück zur Behauptung von SVIT, um auch die ‹Mieterspezialbetreuung› wenig,
haltiges und energetisches Bauen verhin­ die gesetzlichen Auflagen einhalten zu          viele verlieren mit ihrer Wohnung einen
dern oft, in der bestehenden Struktur      können, müsse neu gebaut werden. And­ wichtigen Teil ihrer Identität und ihres
renovieren zu können. Nur ein Ersatzbau reas Wirz, erfahrener Projektentwickler          sozialen Gefüges.» Auch Hilti verweist
kann die Erfordernisse erfüllen.»          und Vorstandsmitglied des Regional­           darauf, wie es Genossenschaften machen.
    Auch an Anita Zaugg, Michael Hitz      verbandes Zürich der Wohnbaugenossen­ Dafür brauche es aber den Willen der
und Stella Bogoni schrieb die Verwaltung schaften Schweiz, sagt dazu: «Umnut­            Immobilienbesitzer*innen.
Livit im Auftrag von Swiss Life, es        zungen und Erneuerungen sind auch mit             An der Allenmoosstrasse gibt es noch
brauche einen Neubau: «Eine Sanierung      den aktuellen Energievorschriften mög­        nicht einmal ein Bauprojekt, gekündigt
der bestehenden Wohnungen ist nicht        lich.» Und von wegen neu bauen sei            wurde auf Vorrat. Anita Zaugg, Michael
sinnvoll und auch nicht nachhaltig.»       grundsätzlich ökologischer: «In der Bau­ Hitz und Stella Bogoni werden für eine
Argumentiert wird vor allem ökologisch. substanz steckt ganz viel graue Energie,         Mieterstreckung kämpfen. Nicht als Ein­
Dabei sind die Mehrfamilienhäuser an       das geht oft vergessen.» Sicherlich           zige. Aber es gibt auch Mieter*innen, die
der Allenmoosstrasse ans Fernwärmenetz könnten hingegen hohe Kosten und                  sich auf eines der Angebote von Livit
angeschlossen, die Mauern dick, die        strukturelle Eigenschaften gegen eine Sa­ einlassen – selbst wenn das erneut Unsi­
Fenster so alt auch nicht. Aber darum      nierung oder Umnutzung sprechen,              cherheit bedeuten wird. Denn sie wissen
scheint es nicht zu gehen. Swiss Life      das müsse im Einzelfall geprüft werden,       nicht, ob das neue Haus nicht das nächste
will grösser bauen, teurer vermieten, eine so Wirz, «aber wie gehandelt wird, hat        sein wird, das luxussaniert oder abge­
höhere Rendite erwirtschaften.             ja stark mit der Grundmotivation zu tun». rissen wird – so wie es Stella Bogoni nun
                                           Massgebliche Treiber für Ersatzneu­           schon mehrmals erlebt hat. Eine ihrer
    Genossenschaften zeigen, dass es geht  bauten seien vielfach hoher Anlagedruck       Nachbarinnen (Name der Redaktion be­
    Dennoch: Ist etwas dran an der         und attraktive Renditen, «die Formulie­       kannt) zieht um. Fünfhundert Franken
Behauptung, Verdichtung sei nur mittels rung des SVIT, dass gesetzliche Auflagen mehr bezahle sie in der neuen Wohnung,
Neubauten möglich und neu bauen be­        Renovationen verhindern, ist tendenziös die ihr Livit vermittelt hat. Auf die Frage,
dinge sogenannte Leerkündigungen?          und einseitig.»                               wie sie das finanziell machen werde,
Wie machen es die Wohnbaugenossen­             In der Zwischenzeit haben sich an der antwortet sie: «Ich werde vor allem beim
schaften (WBG) , die selber auch ver­      Allenmoosstrasse Stella Bogoni, Michael Essen verzichten.»
dichten und neu bauen? Jöelle Zimmerli, Hitz und Anita Zaugg die Werbevideos
selber im Auftrag von WBG tätig, verweist von SVIT und 3Steps zur Entmietungs-
darauf, dass Genossenschaften deshalb      Weiterbildung respektive Entmietungs-

Mieten + Wohnen                   Nr. 6, Dezember 2020                                                                                 11
Verband            Text von Andrea Bauer

Im Fokus der diesjährigen Generalversammlung standen
die Geschäftsmieten und die Wahlen ins Präsidium.

                      Versammelt
                  vor dem Bildschirm

                                                            Foto: M+W

Mieten + Wohnen    Nr. 6, Dezember 2020                12
Gerade einmal fünfzehn Personen trafen    Level geblieben und mache gerade einmal      kommen sollte, beauftragt, Allianzen mit
sich am 28. November in Biel zur Gene­    10 Prozent des Detailhandels aus, so         anderen Organisationen zu suchen und
ralversammlung des Mieterinnen- und       Jenni. Die Mieten gehörten dagegen mit       weitere Schritte zu prüfen.
Mieterverbands Schweiz. Der Rest blieb    gut 20 Prozent zu den grössten Fixkosten.
zuhause – vor dem Bildschirm. Aufgrund    Vielerorts würden die Geschäftsmiet­            Neues Vizepräsidium
der Pandemie musste die Generalver­       enden die hohen Mieten nur deshalb auf           Auf der Traktandenliste der General­
sammlung in diesem Jahr erst auf den      sich nehmen, weil ihnen die gute Lage        versammlung stand neben den Verbands­
Herbst verschoben und dann digital        eine hohe Kundenfrequenz garantiere.         geschäften auch die Wahl des Präsidiums
durchgeführt werden.                      Diese sei mit dem Lockdown völlig einge­     und des Vorstands. Carlo Sommaruga
                                          brochen, während die Mieten trotzdem         wurde von den Delegierten als Präsident
    Initiative und Corona                 bezahlt werden mussten. Bezüglich der        wiedergewählt. Mit dem ehemaligen
    Eröffnet wurde die Versammlung von Mieterlasse hätten sie anfangs grossen          Generalsekretär des MV, Michael Töngi,
MV-Präsident Carlo Sommaruga, der         Zuspruch vonseiten der Mitte-Parteien        und dem Präsidenten der MV-Sektion der
einen Rückblick auf das vergangene Ver­   gehabt, diese hätten sie dann aber im        italienischsprachigen Schweiz, Adriano
bandsjahr machte – wegen der Verschie­ Stich gelassen. Jedoch wäre mit dem Ge­         Venuti, wurde zudem ein neues Vizeprä­
bung der GV umfasste es fast zwei Jahre.  schäftsmietegesetz das Grundproblem          sidium gewählt. Den beiden abtretenden
Höhepunkt des Verbandsjahrs war die       nicht gelöst, gab Jenni zu bedenken.         Mitgliedern des Vizepräsidiums, Marina
Initiative «Mehr bezahlbare Wohnungen», Bereits sei die zweite Welle da und viele      Carobbio und Balthasar Glättli, dankte
die am 9. Februar 2020 zur Abstimmung     Gewerbetreibende müssten wieder              der MV für ihr langjähriges Engagement
kam. Die Initiative wurde bekanntlich     «beissen». Das Problem müsse deshalb         für die Anliegen der Mieter*innen in der
abgelehnt, aber die erreichten 43 % Ja-   umfassend gelöst werden.                     Schweiz. Glättli bleibt Mitglied des Vor­
Stimmen sind doch beachtlich – in der                                                  stands. Neu in den Vorstand gewählt
Romandie fand die Initiative gar eine         «Leere Läden und                         wurde Celine Dellagana, die Geschäfts­
Mehrheit. Es sei dem MV gelungen, eine        volle Miete – das geht                   führerin der italienischsprachigen
nationale Debatte über die zu hohen                                                    MV-Sektion.
Mieten zu initiieren, so Sommaruga.           nicht auf!»
Die Kampagne habe den Verband geeint
und gefestigt und man habe die Allianzen      «Leere Läden und volle Miete – das
mit anderen Organisationen stärken        geht nicht auf!» – so begann Armin
können. Sie habe aber auch gezeigt, wo es Zucker, Geschäftsführer des Geschäfts­
innerhalb des Verbands noch Verbesse­     mieterverbands, seine Rede. Er wies da­
rungspotenzial gebe. Das Klima sei rau,   rauf hin, dass gemäss dem Monitoring
im Parlament werde der Schutz der         des Bundesrats immer noch über zwei
Mietenden immer wieder angegriffen.       Drittel der Gewerbetreibenden keine Lö­
    Weiter ging Sommaruga auf die Co­     sung bezüglich der Mieten haben. Die
rona-Krise ein, die den MV bei der        Medien würden fälschlicherweise aber
rechtlichen Beratung von privaten wie     schreiben, eine Mehrheit habe eine
Geschäftsmietenden stark forderte – und solche. Der Aufruf von Bundesrat Par­
noch weiter fordert. Auch auf politischer melin, die Mietparteien sollten sich auf
Ebene war der Verband aktiv, indem er     Augenhöhe begegnen und gemeinsam
sich etwa gemeinsam mit der Allianz der   eine Lösung finden, sei ein Witz. Denn
Geschäftsmieter*innen für eine politi­    die Asymmetrie zwischen der Eigentü­
                                                                                             Geschäftsmieten: Gesetz versenkt
sche Lösung für die Gewerbetreibenden     merschaft und den Gewerbetreibenden                Am 2. Dezember, vier Tage nach der GV,
einsetzte, die während des Lockdowns      sei riesig. Letztere seien stark an ihre        wurde das Gesetz über den Mieterlass für
ihre Geschäfte schliessen mussten.        Standorte gebunden, viele hätten Ablöse­        Geschäfte endgültig vom Parlament ver­
                                          summen für ihr Lokal gezahlt und viel           senkt. Dies nachdem beide Räte sich im
    Fokus Geschäftsmieten                 Geld investiert. Die Mieten müssten in          Sommer noch auf einen Kompromiss geei­
                                                                                          nigt hatten, mit dem die Mietkosten für die
    Aus dieser Allianz stammten die       der Regel alle fünf Jahre neu verhandelt
                                                                                          Zeit des Lockdowns im Verhältnis 60:40
beiden Gäste der diesjährigen General­    werden, was die Macht der Eigentümer­           zwischen Vermieterschaft und Mieterschaft
versammlung. In kurzen Redebeiträgen      schaft zusätzlich vergrössere. Zucker           aufgeteilt worden wären. Damit zerschlagen
gaben sie einen Überblick über die        bestätigte, dass sich viele Geschäftsmiet­      sich die Hoffnungen von Tausenden betrof­
aktuelle Lage der Geschäftsmietenden.     ende von «ihren» traditionellen Parteien        fenen Gewerbetreibenden, die während Mo­
Dagmar Jenni, Geschäftsführerin von       FDP und SVP verraten fühlten.                   naten auf eine politische Lösung gewartet
Swiss Retail, zeigte die Situation im De­     Mit einer Resolution riefen die Dele­       haben. Ihnen bleibt nach dem Scheitern des
                                                                                          Kompromisses nur noch der Weg an das
tailhandel auf. Der Lockdown hatte        gierten das Parlament dazu auf, das Ge­         Gericht. Der Mieterinnen- und Mieterver­
für viele Geschäfte den Umsatz auf null   schäftsmietegesetz in der Wintersession         band Schweiz begleitet seine Mitglieder
sinken lassen. Der Onlinehandel sei –     zu verabschieden. Der Vorstand wurde            im Bereich Geschäftsmieten, um ihre Rechte
anders als viele glaubten – auf kleinem   für den Fall, dass das Gesetz nicht durch­      vor Gericht geltend zu machen.

Mieten + Wohnen                 Nr. 6, Dezember 2020                                                                               13
Gärtnern mit nichts   Text von Sabine Reber

Nachhaltige Weihnachten

Dieses Jahr wird Weihnachten kleiner und stiller
gefeiert – umso mehr sollten wir uns in dieser
entbehrungsreichen Zeit ein paar wertvolle Licht­
blicke gönnen. Hier einige nachhaltige Gestaltungs­
ideen der Pflanzenexpertin.

                                                           Foto: Sabine Reber

Mieten + Wohnen       Nr. 6, Dezember 2020            14
Wenn nun trotz Covid-Einschränkungen           Moos umwickelt – so sieht man nachher              Mein derzeitiger Liebling ist eine
der Weihnachtsstress ausbricht, ist es         ganz sicher kein Stroh mehr durchschim­        Bergkiefer (Pinus Mugo) im Topf. Ihr Sor­
höchste Zeit für einen ausgiebigen Spa­        mern. Dann kleine Tannenzweige oder            tenname ist nicht gerade weihnachtlich,
ziergang – durch den Wald, die Gärten          Stechpalmenzweige lagenweise mit               aber ich habe den hübschen kleinen Kerl
des Quartiers oder den Fluss entlang           grünem Faden drumbinden. Kränze ma­            ins Herz geschlossen, und da steht er
schlendern und schauen, was da so alles        chen sich nicht nur mit Adventskerzen          nun also und trägt mit Fassung seine
wächst und was am Boden herumliegt.            gut – sie sind immer auch ein hübscher         Lichterkette – er heisst «Little Dracula».
Viel braucht es ja gar nicht für eine fest­    Türschmuck. Einfach am Schluss eine            Bergkiefern sind sowieso für Balkone
liche Weihnachtsdekoration. Ein paar           schöne Schleife drumbinden, und fertig         bestens geeignet, da sie ausgesprochen
Tannzapfen, eine Handvoll silbergrauer         ist der festliche Willkommensgruss. Wem        robust und frosthart sind. Zwergsorten
Moose oder vielleicht einige Tannen­           das zu viel Arbeit ist: Die Fundstücke vom     wie Pinus mugo «Mops» oder «Benjamin»
zweiglein. Draussen im grossen Stil Mate­      Spaziergang mit Kerzen in einer Schale         oder eben der besagte «Little Dracula»
rial plündern ist natürlich nicht in Ord­      arrangieren – fertig. Am besten geht das       wachsen so langsam, dass sie ewig auf
nung. Idealerweise findet man im Garten        mit höheren Kerzenständern, damit              dem Balkon leben können. Was sie brau­
von Bekannten eine Tanne, deren untere         nichts anbrennen kann. Hübsche Kerzen­         chen: regelmässig Wasser! Auch im
Äste schon immer mal etwas ausgelichtet        ständer finden sich massenweise in den         Winter müssen sie, wie alle immergrünen
werden sollten. Noch mehr Glück hat,           Brockenhäusern, ebenso wie Schalen und         Pflanzen, an frostfreien Tagen gelegent­
wer bei sich oder im Garten von Freun­         weihnachtliche Teller. Und man kann das        lich gegossen werden. In der Sommer­
­den eine Stechpalme mit Beeren weiss,         alles jedes Jahr wiederverwenden.              jahreszeit darf es ab und zu auch etwas
 von der einige dicht behangene Zweige                                                        Dünger sein. Das ist aber auch schon
 gepflückt werden dürfen. Das macht der            Der lebendige Tannenbaum                   alles. So ein immergrüner geschmückter
 Stechpalme gar nichts, wenn die Spitzen           Natürlich ist es ein Irrsinn, jedes Jahr   Zwergbaum ist übrigens auch ein hüb­
 sorgfältig mit einer scharfen Garten­         Abertausende von Tannenbäumen zu               sches Weihnachtsgeschenk für Balkon­-
 schere geschnitten werden. Aber was auch      fällen, um sie nach Weihnachten achtlos        freund*innen.
 immer ihr irgendwo abschneiden oder           wieder wegzuschmeissen. Wir machen
 ausreissen wollt: Bitte erst freundlich       das seit Jahren so, dass wir lebendige
 fragen! Und wenn für einen ganzen Kranz       Tännchen oder auch andere Koniferen im
 Stechpalmenbeeren geerntet werden             Topf für die Festtage schmücken und ins
 dürfen, ist als Dankeschön sicher eine        Haus nehmen. Wichtig ist einfach, dass
 Tüte selbst gebackener Weihnachtsgüezi        sie nicht zu lange an der Wärme sind,
 angebracht – Pflanzen haben nämlich           sonst nehmen die Pflanzen Schaden.
 auch einen Wert!                              Alternativ, und für die Bäumchen viel
                                               besser, ist es, sie draussen zu schmücken
   Kränze und andere Dekos                     und auf dem Balkon oder im Garten zu
    Wer nirgends etwas findet, das ver­        bewundern. In Corona-Zeiten wäre es
wendet werden darf, kann natürlich auch        ja sowieso das Gescheiteste, die weih­
ein paar Zweige kaufen. Was sich manch­        nächtlichen Treffen kurz zu fassen und sie
­mal auch zu kaufen lohnt, ist ein Kranz-      mit genug Abstand und frischer Luft                  Zur Person
 Rohling aus dem Dekogeschäft. Solide          weitgehend draussen abzuhalten. Mit                  Sabine Reber ist freischaffende Autorin,
                                                                                                 Pflanzenexpertin und Gartenberaterin.
 Kränze selber flechten ist gar nicht so       einem Becher Glühwein in der Hand                 Alles über ihre Bücher und Auftritte auf
 einfach. Und einen guten Rohling aus          im Garten oder vor dem Haus «Oh                   www.sabinesgarten.ch Tipps zum Gärtnern
 Stroh kann man jedes Jahr wieder neu de­      Tannenbaum» zu singen, sollte drin                mit nichts und Bergblumengeschichten gibts
 korieren. Zuerst wird er am besten mit        liegen.                                           in ihrem Blog auf www.hikesandherbs.ch.

Mieten + Wohnen                   Nr. 6, Dezember 2020                                                                                    15
Solarstrom für                                                                                            Erster digitaler Mietvertrag
Mieter*innen                                                                                              unterzeichnet
Privathaushalte sind mit rund 33 Prozent                                                                  Mitte November wurde der schweizweit                 Daten selber während einer Mietdauer
die grössten Stromverbraucher der                                                                         erste digitale Mietvertrag abgeschlossen.            von Jahren oder Jahrzehnten aufbe­
Schweiz. Rund zwei Drittel davon sind                                                                     Die Urheber sind Flatfox, ein auf den                wahren, im Bedarfsfall darauf zugreifen
Mieter*innen, die nicht selber über die                                                                   Schweizer Immobilienmarkt spezialisier­              und einer Schlichtungsbehörde ein «Ori­
Art der Energieträger in ihrem Haushalt                                                                   ­tes Digitalisierungs-Unternehmen,                   ginal» vorlegen kann. Digitale Verträge
entscheiden können. Inzwischen gibt es                                                                    und das Immobilienunternehmen Verit.                 sind keine blosse Modeerscheinung, son­
aber auch für Mieter*innen viele span­                                                                         Beim digitalen Mietvertrag erhalten             dern in vielen Bereichen sehr praktisch
nende Ansätze und Initiativen, damit                                                                      die künftigen Mieter*innen nach der                  (z. B. beim Online-Einkauf). Der digitale
auch sie Teil der Energiezukunft werden                                                                   mündlichen Zusage per E-Mail einen                   Mietvertrag kann den Aufwand bei der
können. Wie also vorgehen, wenn man                                                                       Link zum digitalen Mietvertrag zugestellt            Verwaltung senken. Für die allermeisten
kein eigenes Dach besitzt und trotzdem                                                                    und können diesen auf dem PC, Tablet                 Mietenden jedoch bringt er heute noch
Solarstrom produzieren oder nutzen                                                                        oder Handy «unterschreiben». So kommt                keine Vorteile, sondern mehr Aufwand.
möchte?                                                                                                   ein rechtsgültiger Mietvertrag zustande.                 Rechtlich gesehen haben Mietende,
   Die Schweizerische Vereinigung für                                                                      Das Hin- und Herschicken per Post falle             die einen digitalen Mietvertrag ange­
Sonnenenergie SSES hat im Auftrag von                                                                      dadurch weg, was nicht nur Zeit und                 boten bekommen, kein Anrecht auf ein
EnergieSchweiz ein Merkblatt erarbeitet,                                                                   Papier spare, sondern auch die Qualität             physisches Exemplar. Denn der Abschluss
das diese Frage beantwortet. Es zeigt                                                                      der Mietdossiers steigere, schreibt Verit           eines Mietvertrages ist nicht an eine be­
die verschiedenen Möglichkeiten auf, wie                                                                   auf seiner Website.                                 stimmte Form gebunden. Jedoch kann
auch Mieter*innen Solarstrom beziehen                                                                          Für die meisten Mietenden dürfte ein            bei der Vermieterschaft angefragt werden,
und sogar in Solarstrom investieren                                                                        digitaler Mietvertrag eher ein Hindernis            ob sie auch einen schriftlichen Mietvertag
können. Ein praktischer Entscheidungs­                                                                     sein als eine Erleichterung. Zwar haben             zur Unterschrift aushändigen könnte.
baum hilft, das geeignete Modell für die                                                                   heute fast alle ein Tablet, einen PC oder           Tut sie das, dann haben die Parteien die
eigenen Bedürfnisse und Möglichkeiten                                                                      Handy, aber oft fehlt etwas Knowhow                 Schriftlichkeit vertraglich vereinbart.
schnell zu finden. Weiterführend können                                                                    oder auch Selbstvertrauen. Zudem hängt              Einen Anspruch gibt es hingegen nicht.
auf der Website solar.energieschweiz.ch                                                                    es von der Qualität der Software ab, ob             Ein Vertrag besteht immer aus gegen­
Listen mit Anbietern der verschiedenen                                                                     die zahlreichen Dokumente (AGB, For­                seitig übereinstimmenden Willensäusse­
Modelle heruntergeladen werden.                                                                            mulare, Anweisungen für das Mietzins­               rungen. Auch über die Form sollte zwi­
   Durch den Entschluss, den eigenen                                                                       depot oder eine Hausordnung) übersicht­             schen den Vertragsparteien Konsens
Stromverbrauch mit Solarstrom zu de­                                                                       lich angezeigt werden und wie man diese             herrschen.
cken, verkleinern Mietende nicht bloss
ihren ökologischen Fussabdruck, sondern
beeinflussen letztlich auch den natio­
nalen Strommix. Denn indem sie die
Nachfrage nach ökologischem Strom an­
regen, fördern sie die Investitionssicher­
heit und kurbeln damit schliesslich den
Ausbau der Solarenergie an.
           www.energieschweiz.ch/mieterinnen-solar

 Solarstrom
 für Mieterinnen und Mieter
 MIT DIESEM MERKBLATT ZEIGEN WIR IHNEN AUF, WIE SIE ALS MIETERIN ODER MIETER ZU EINER
 NACHHALTIGEN ENERGIEZUKUNFT BEITRAGEN KÖNNEN. SIE SENKEN DAMIT NICHT NUR IHREN

                                                                                                                                  Wir vermitteln Ihnen
 CO2-AUSSTOSS, SONDERN REGEN AUCH DIE NACHFRAGE FÜR SOLARSTROM AN UND FÖRDERN
 DIREKT ODER INDIREKT INVESTITIONEN IN DIE SOLARENERGIE.

                                                                                                                                                                                          ?!
                                                                                                                                                                               Krise
 WIE KANN ICH SOLARSTROM BEZIEHEN?
 Strom bleibt Strom – egal, aus welcher Quelle er stammt.
 Physikalisch ist die erzeugte Elektrizität aus der Sonnenenergie

                                                                                                                                  tatkräftige Arbeitshilfen
 von derjenigen aus Kernkraftwerken nicht zu unterscheiden.
 Ist der Strom einmal im Netz, lässt sich dessen Herkunft nicht
 mehr bestimmen. Um diese dennoch deklarieren zu können,
 gibt es das System der Herkunftsnachweise. Für beinahe jede
 produzierte Kilowattstunde Strom wird ein Herkunftsnachweis
 ausgestellt, der die Energiequelle dieses Stroms deklariert. So
 kann der ökologische Mehrwert der erneuerbaren Energien
 erfasst werden, damit diese auf dem freien Markt mit dem
 entsprechenden Mehrwert gehandelt werden können. Die

                                                                                                                                  beim Wohnungswechsel,
 Verwaltung der Herkunftsnachweise wird von Pronovo
 geführt. Weiterführende Informationen finden Sie unter
 www.pronovo.ch.

   IHR IMPACT
   Die meisten in diesem Merkblatt aufgeführten Modelle
   erlauben den Erwerb von Herkunftsnachweisen. Den
                                                                                                                                  beim Putzen, bei Räumungen,
                                                                                                                                  im Garten etc.
   physikalischen Strom beziehen Sie weiterhin aus der
   Steckdose vom lokalen Stromversorgungsunternehmen.
   Die bezogene Energie wird nun aber als Solarstrom ver-
   gütet. Dadurch können Sie die Nachfrage nach Solar-
   energie direkt steigern und ermöglichen eine höhere
   Vergütung an die Solarstromproduzierenden. Dies ver-

                                                                                        Das Merkblatt
   kürzt die Amortisationszeit und erhöht damit die Inves-
   titionssicherheit von Solaranlagen. Diese Sicherheit ist
   eine massgebliche Bedingung für den weiteren Ausbau
   der Solarenergie. Darüber hinaus zeigen wir Ihnen auch

                                                                                        zeigt, wie auch                           www.etcetera-zh.ch
   Optionen auf, bei denen Sie selber direkt in neue Anlagen
   investieren können.

                                                                                        Mieter*innen                              Dietikon   044 774 54 86      Thalwil   044 721 01 22
                                                                                                                                  Glattbrugg 044 403 35 10      Zürich    044 271 49 00
                                                                                        Solarstrom be­
                                                                                        ziehen können.                            Ein Angebot des SAH ZÜRICH

Mieten + Wohnen                                                                             Nr. 6, Dezember 2020                                                                                       16
Haushalt                        Text von Stefan Hartmann, Topten

Fast wie im Büro
Für das Homeoffice schaffen sich viele Leute ein praktisches Notebook an.
Im Homeoffice erleichtert ein zusätzlicher Monitor die Arbeit.

Grundsätzlich sind Notebooks (oder Lap­      raten Boxen ergänzt werden. Bei man­           Topten zeigt die besten Geräte
tops) besser als stationäre Desktop-PCs.     chen Notebooks sind ergänzende Geräte          Generell ist es wichtig, dass Notebooks
Diese brauchen viel mehr Energie und         nötig, etwa ein «Hub» für zusätzliche       und separate Monitoren das Qualitäts-
Ressourcen. Dazu sind (gute) Notebooks       USB-Anschlüsse, wenn am Notebook            und Umweltlabel TCO-Certified auf­
heutzutage genauso leistungsstark wie        selbst nicht genügend Anschlussmöglich­     weisen. TCO-Certified ist die weltweit
Desktop-PCs, selbst beim Gaming oder         keiten für alle zusätzlichen Geräte vor­    gültige Nachhaltigkeitszertifizierung für
rechenintensiven Arbeiten. Ein leistungs­    handen sind. Oder man wählt eine            IT-Produkte. Es zeichnet nur Geräte aus,
fähiges Notebook (16 Giga RAM, 512 GB)       Tastatur und Maus mit Bluetooth-Ver­        die strenge Vorgaben punkto Ergonomie,
kostet zwischen 800 und 1000 Franken.        bindung, das ist die kabellose Datenüber­   Strahlenbelastung, Umwelt und Energie­
    Oft werden heute Notebooks auch          tragung zwischen Geräten über kurze         verbrauch erfüllen. Auf www.topten.ch/
bereits vom Arbeitgeber zur Verfügung        Distanz. Damit ist das Homeoffice be­       notebooks und www.topten.ch/monitore
gestellt. Es kann sowohl am festen Ar­       quem eingerichtet – ein Arbeitsplatz fast   findet man direkt alle in der Schweiz er­
beitsplatz wie auch zuhause im Home­         wie im Büro.                                hältlichen Geräte, welche das Label haben.
office verwendet werden. Damit zuhause
genauso effizient wie im Büro gearbeitet         Kaum mehr Laufwerke für CD und DVD         Praktische Monitore
werden kann, ist ein gut eingerichteter          Wer es ganz exklusiv möchte, kann mit      Viele moderne Monitore weisen heute
Arbeitsplatz wichtig.                        Hilfe einer sogenannten Docking-Station     eine gute bis sehr gute Bildqualität auf
                                             den Arbeitsplatz perfektionieren. Hier      und brauchen wenig Energie. Sie fallen
   Bildschirm, Tastatur, Maus                muss man nur noch das Notebook mit der      automatisch in den Schlafmodus, wenn
   Viele Anwender*innen nutzen ihr           Station verbinden und kann direkt los­      man den Arbeitsplatz verlässt – was ange­
Notebook aus ergonomischen Gründen           legen. Durch die Docking-Station sind       sichts des Energieverbrauchs der zirka
mit einem oder sogar zwei zusätzlichen       bereits alle zusätzlichen Geräte wie die    sechs Millionen Monitore (ohne TV-Ge­
Bildschirmen, die sie etwa vom alten PC      Tastatur, Maus, Lautsprecher, Monitoren,    räte) in der Schweiz nicht unwichtig ist!
übernehmen oder neu dazukaufen. Das ist      aber auch die Stromversorgung und Netz­     Dazu kommen weitere vier Millionen
praktisch; man arbeitet wie gewohnt mit      werkkabel installiert. Heutige Notebooks    Notebooks und Tablets hinzu. Fachleute
dem Notebook, hat aber einen zusätzli­       weisen kaum mehr Laufwerke für CD und       empfehlen entspiegelte, matte Displays,
chen, grösseren Bildschirm. Manche er­       DVD auf, da sie nicht mehr zeitgemäss       da diese weniger ermüden. Von der
gänzen das Notebook durch eine Tastatur      sind. Ein Wort zum Akku: Heutzutage ist     Grösse her eignen sich Monitore mit
und eine Maus, sodass vom Notebook ef­       es kein Problem mehr, ein Notebook          einer Arbeitsfläche von 50 bis 60 cm
fektiv nur noch der Rechner genutzt wird.    permanent an der Steckdose zu lassen.       Grösse gut für das Homeoffice, wenn
   Zusätzlich kann das Notebook auch         Moderne Software verhindert das weitere     Dokumente, Webseiten und Filme zu be­
durch eine Lautsprecheranlage mit sepa­      Aufladen, wenn der Akku voll ist.           trachten sind.

                                                                                                                                      Foto: Shutterstock

Mieten + Wohnen                 Nr. 6, Dezember 2020                                                                             17
Miettipp          Text von Fabian Gloor

                                               Illustration: Patric Sandri

Mieten + Wohnen   Nr. 6, Dezember 2020    18
Wohnen zu zweit,
                                              mieten besser allein
                                              Wohngemeinschaften sind längst nicht
                                              mehr nur für Studis – heutzutage gründen
                                              Menschen jeden Alters WGs. Dabei gilt
                                              es einige Dinge zu beachten.

Barbara und Walter, beide berufstätig und     sprechen, dass sie die Kündigung einfach         Mehr Flexibilität dank Untermiete
Mitte fünfzig, sind seit einem Viertel­       mitunterschreibt? Sie könnte ja mit               Der Partner weg, die Kinder längst
jahrhundert ein Paar. Trotz gemeinsamen       dem Vermieter einen neuen Vertrag ab­         ausgeflogen – Barbara fühlt sich etwas
Kindern haben sie nie geheiratet. Zu­sam­-    schliessen. Dabei riskiert sie aber, dass     einsam in dieser viel zu grossen Woh­
men bewohnen sie eine grosszügige             dieser nicht darauf eingeht oder die          nung. Ausserdem geht die volle Miete or­
Wohnung in der Thuner Altstadt mit Blick      Gelegenheit nutzt, um den Mietzins zu         dentlich ins Geld. «Komm, wir gründen
auf die Aare. Wie das Leben so spielt,        erhöhen. Auf diesen Deal müsste sie sich      eine WG», schlägt ihre beste Freundin
gesteht Walter seiner Partnerin eines         dann einlassen, wenn sie nicht neben          Lisa vor, als ihr Barbara ihr Leid klagt.
Abends, er habe sich in eine andere ver­      ihrem Partner auch gleich noch ihr lieb       Thun sei eine tolle Stadt, sie könnten ge­
liebt und werde bald ausziehen. Er werde      gewonnenes Zuhause verlieren will.            meinsam kochen und würden ausserdem
morgen den gemeinsamen Mietvertrag                Auch für Walter ist der gemeinsame        eine Menge Geld sparen. «Ja, wieso ei­
kündigen. Doch so einfach geht das nicht.     Mietvertrag ein Klotz am Bein. Denn           gentlich nicht?», denkt sich Barbara. Al­
Auch im Liebesrausch muss sich Walter         als Mitmieter haftet er solidarisch für den   lerdings hat sie aus der Vergangenheit ge­
an den Mietvertrag halten. Diesen hat er      Mietzins sowie für andere Geldforde­          lernt. Aller Freundschaft zum Trotz
nämlich nicht alleine unterzeichnet.          rungen aus dem Mietverhältnis. Sollte         möchte sie alleinige Hauptmieterin der
Haben mehrere Parteien den Mietvertrag        seine Ex-Partnerin den Mietzins einmal        Wohnung bleiben. Sie bietet Lisa deshalb
gemeinsam unterzeichnet, so müssen            nicht mehr bezahlen können, kann              einen Untermietvertrag an. Sollte das
sie ihre Mietrechte auch gemeinsam aus­       der Vermieter das Geld von ihm einfor­        WG-Leben Lisa doch nicht behagen,
üben. Das bedeutet, sie können nur                                                          kann sie diesen einfach wieder kündigen.
gemeinsam kündigen. Barbara müsste                Als Mitmieter haftet Walter               Der Fortbestand des Hauptmietverhält­
die Kündigung also mitunterschreiben.             solidarisch für den Mietzins.             nisses würde dadurch nicht gefährdet.
Andernfalls wäre diese ungültig.                                                            Mit einer solchen Untermietkonstruktion
                                           dern. Anstatt Trübsal zu blasen, wenden          wären die beiden Freundinnen allerdings
   Die Krux mit dem gemeinsamen Vertrag    sich Barbara und Walter an ihren Ver­            nicht ganz gleichberechtigt. Barbara
   Zutiefst enttäuscht und gekränkt vom mieter. Dieser hat Verständnis für die              könnte als Hauptmieterin ihrer Unter­
plötzlichen Beziehungsende, hat Barbara Situation. Er bietet Barbara an, den                mieterin einseitig kündigen und Lisa
eigentlich keine Lust, weiterhin mit ihrem Mietvertrag ohne vorangehende Kün­               müsste wieder ausziehen – vorausgesetzt,
Ex-Partner durch einen Mietvertrag ver­    digung unverändert auf sie alleine               die Kündigung ist formell korrekt und
bunden zu sein. Was würde also dagegen­ umzuschreiben.                                      nicht missbräuchlich. Anderseits geht

Mieten + Wohnen                  Nr. 6, Dezember 2020                                                                               19
Sie können auch lesen