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Mieten + Wohnen Nr. 5, Oktober 2021 www.mieterverband.ch Sie wollen einen Wohnschutz für alle Seite 5–8
Editorial Inhaltsverzeichnis Liebe Leser*innen Aktuell Grosser Erfolg für die Berliner Mietenden 3 Kommentar Keine Klimapolitik ohne Sozialpolitik 4 Basel Ein Ja für einen echten Wohnschutz 5 Vor etwas mehr als drei Jahren berichtete mein Vorgänger Ralph Hug an dieser Stelle über das Zürich Das Schweigen sensationelle Ergebnis der Abstimmungen in der Immobilienfirmen 9 Basel. Gleich vier Vorlagen für mehr Schutz der Mietenden waren angenommen worden. Beson- Klimaschutz Beim Sanieren die ders erfreulich: das Ja zur «Wohnschutzinitiative», die unter anderem eine Bewilligungspflicht und Mietenden nicht vergessen 13 Mietzinskontrollen nach Sanierungen forderte. Haushalt Die Reparierbarkeit Ende November nun müssen die Basler Stimmberechtigten erneut über eine Wohn- von Handys im Test 16 schutzinitiative abstimmen. Was ist geschehen? M+W hat mit Beat Leuthardt gesprochen, dem Verlosung Gewinnen Sie Co-Geschäftsführer des MV Basel, und ihn einen Züri-Krimi 17 gefragt, warum es nach drei Jahren noch einmal ein Ja zu mehr Wohnschutz braucht. Miettipp Muss ich die Wie schon diejenige von 2018 will auch die ak- tuelle Basler Wohnschutzinitiative Sanierungen Vermieterin reinlassen? 18 verhindern, die nur zum Zweck der Renditemaxi- Hotline Muss ich an die mierung gemacht werden. Solche Sanierungen haben in den letzten Jahren stark zugenommen, Schlichtungsverhandlung? 21 nicht nur in Basel: Sämtlichen Mietenden wird gekündigt, dann wird leicht saniert und schliess- lich werden die Wohnungen zu viel höheren Mietzinsen wieder vermietet. Meistens wechselt dabei ein Grossteil der Mieterschaft, denn die bisherigen Mietenden können sich die Miet- zinsen nur selten noch leisten. Keine Frage, der Mieterinnen- und Mieter verband unterstützt Massnahmen zum Schutz Herausgeber Druck Mieterinnen- und Mieterverband Stämpfli AG, Bern des Klimas und insbesondere energetische Sanie- Deutschschweiz Beglaubigte Auflage rungen, von denen nicht zuletzt die Mietenden 127 679 Exemplare Redaktion Erscheinen (z. B. in Form von tieferen Nebenkosten) profi- Andrea Bauer 6-mal pro Jahr tieren. Gleichzeitig braucht es aber flankierende m+w@mieterverband.ch Abonnementspreis Massnahmen zum Schutz der Mietenden, wie www.mietenundwohnen.ch Fr. 40.–/Jahr Administration und Adressverwaltung Inserate und Beilagen sie die Basler Initiative fordert. Auch der MV Mieterinnen- und Mieterverband Katanja Schwander Schweiz hat Forderungen zum Schutz der Mie- Deutschschweiz katanja.schwander@mieterverband.ch tenden vor Renditesanierungen aufgestellt, Bäckerstrasse 52, 8004 Zürich T 043 243 40 40 T 043 243 40 40 nachzulesen sind sie in unserem Text «Sanieren info@mieterverband.ch zugunsten der Mietenden» auf Seite 14. www.mieterverband.ch Mitarbeit Walter Angst, Esther Banz, Ernst Feurer, Ich wünsche Ihnen eine gute Lektüre! Urs Geiser, Fabian Gloor, Stefan Hart- Andrea Bauer mann, Natalie Imboden, Beat Leuthardt, Patric Sandri, Henriette Schaffter, Carlo Sommaruga Gestaltungskonzept Hubertus Design GmbH, Zürich www.facebook.com/Mieterverband Layout Atelier Bläuer, Joel Kaiser, Bern Titelbild Juri Junkov Gedruckt in der Schweiz Mieten + Wohnen Nr. 5, Oktober 2021 2
Aktuell Text von Andrea Bauer Starkes Votum gegen Wohnkonzerne Die Annahme der Initiative «Deutsche Wohnen & Co. enteignen» ist ein starkes Zeichen gegen die Renditeoptimierung der Wohnkonzerne. Auch wenn ihre Forderung vermutlich nie umgesetzt wird. Ein Angestellter der Berliner S-Bahn unterschreibt die Initiative. Foto: Ian Clotworthy Mieten + Wohnen Nr. 5, Oktober 2021 3
Als am 26. September alle Augen auf den Ausgang der Bundes- Kommentar tagswahlen gerichtet waren, ereignete sich in Berlin eine kleine Sensation: Eine Mehrheit von fast 60 Prozent der Stimmbe- rechtigten sagte Ja zur Initiative «Deutsche Wohnen & Co. ent- Bravo MV Zürich! eignen». Das Bemerkenswerte an diesem Resultat ist, dass die angenommene Initiative nicht weniger verlangt als die Verge- sellschaftung von Immobilien, die im Besitz von Unternehmen mit mehr als 3000 Mietwohnungen sind. Die Konzerne sollen gegen Entschädigung enteignet und die Immobilien in eine Anstalt öffentlichen Rechts überführt werden. Der Berliner Mieterverein deutete das Votum in einer Medienmitteilung als «Zeichen für eine soziale Wohnungs politik, die nicht nur die Interessen von Investoren bedient, Ziel einer Politik für die Mietenden ist sondern sich einer leistbaren Wohnraumversorgung und einerseits, deren Lebensqualität zu dem Schutz aller Mieter und Mieterinnen verpflichtet sieht». erhalten und zu verbessern. Dazu gehört die Unterstützung des Klimaschutzes. Wird es tatsächlich zu Enteignungen kommen? Anderseits geht es aber ganz konkret Ob es in Berlin aber jemals zu einer Enteignung der grossen darum, die sozialen und wirtschaftlichen Wohnkonzerne kommen wird, ist fraglich. Denn angenommen Interessen der Mietenden zu verteidigen wurde nicht ein konkreter Gesetzesvorschlag, sondern ein und sich gegen Kündigungen und Miet sogenannter Beschlussentwurf. Und der ist für die Berliner erhöhungen einzusetzen. Denn die Regierung nicht bindend. Fakten zeigen, dass ohne einen beson- Noch ist nicht definitiv entschieden, wer die Hauptstadt deren rechtlichen Schutz bei Renova- künftig regieren wird. Es sieht aber danach aus, als würde die tions- oder Sanierungsarbeiten die Zahl Koalition aus Rot-Grün-Rot weitergeführt, wobei die Wahl der ungerechtfertigten Kündigungen und siegerin SPD mit Franziska Giffey die Bürgermeisterin stellen Mieterhöhungen zunimmt. wird. Giffey liess bereits während der Wahlkampagne keine Natürlich, das galt schon, bevor über Zweifel daran, dass sie eine Enteignung der Immobilienkon- das nationale CO2-Gesetz abgestimmt zerne als nicht zielführend ansieht. Die Grünen unterstützten wurde oder über kantonale Energie die Initiative zwar grundsätzlich, bezeichneten die Enteig- gesetze. Wenn aber neue Gesetze zu mehr nungen jedoch als «letztes Mittel», die Linke dagegen beteiligte Sanierungen führen und die Gefahr von sich an der Unterschriftensammlung und macht sich für die Missbräuchen vonseiten der Vermieter- Umsetzung der Enteignungen stark. schaft erhöhen, müssen sie gleichzeitig Einen ersten Hinweis, worauf sich die Parteien einigen Bestimmungen zum Schutz der Mie- könnten, liefert das Sondierungspapier, das sie im Hinblick auf tenden enthalten. So sollte etwa die Ge- die Koalitionsverhandlungen veröffentlichten. Darin ist festge- nehmigung zur Sanierung eines Ge- halten, dass sich die Regierung für bezahlbare Mieten im Be- bäudes an die Verpflichtung geknüpft stand sowie einen konsequenten Schutz der Mietenden ein- werden, die Mietenden danach zu den- setzen und 200 000 neue Wohnungen bis 2030 bauen will. Der selben Bedingungen wieder unterzu- Teil zum Volksentscheid dagegen ist etwas weniger klar: Die bringen. Fehlt dieser Schutz der Mie- Parteien einigten sich vorläufig darauf, «eine Expertenkommis- tenden, kann der MV ein Gesetz nicht sion zur Prüfung der Möglichkeiten, Wege und Vorausset- unterstützen. Der MV Schweiz hat sich zungen der Umsetzung des Volksbegehrens» einsetzen zu bei der Abstimmung über das CO2- wollen. Gesetz denn auch der Stimme enthalten. Und es ist richtig, dass der MV Zürich Das Treiben geht munter weiter jetzt das Gleiche beim kantonalen Ener- Derweil geht das Treiben der Immobilienkonzerne munter giegesetz tut. Es geht dabei um die Ver- weiter. Noch am Abstimmungsabend gab der schwedische pflichtung, die der MV gegenüber den Immobilienkonzern Heimstaden bekannt, vom ebenfalls Mieter*innen hat. Es darf keine Klima schwedischen Konkurrenten Akelius fast 29 000 Wohnungen in politik ohne Sozialpolitik geben. Skandinavien und Deutschland im Wert von 9,1 Milliarden Euro Carlo Sommaruga, zu übernehmen, rund die Häfte davon in Berlin. Die Berliner Präsident MV Schweiz Deutsche Wohnen, nach der die Initiative benannt ist, wurde ihrerseits keine zwei Wochen nach der Abstimmung vom Bochumer Konzern Vonovia übernommen. Dadurch entsteht der mit Abstand grösste börsenkotierte Wohnungskonzern in Europa mit rund 550 000 Wohnungen im Wert von mehr als 80 Milliarden Euro, der grösste Teil davon in Deutschland. Mieten + Wohnen Nr. 5, Oktober 2021 4
Basel Text von Esther Banz Foto: MV Basel Die Basler Reding-Hochhäuser: Nur eine von vielen Rendite-Sanierungen. Schluss mit Rendite-Sanierungen in Basel Mieten + Wohnen Nr. 5, Oktober 2021 5
Basel verankerte 2018 den Wohnschutz in der Verfassung. Das entsprechende Gesetz wurde aber stark verwässert. Beat Leuthardt erzählt, warum es jetzt noch einmal ein Ja an der Urne braucht. An einem funkelnd sonnigen Herbsttag der Totalsanierung in eine provisorische steht Beat Leuthardt auf dem gepfläs- Wohnung umziehen und nach etwas terten Platz vor dem Basler Münster und mehr als einem Jahr mit moderaten Miet- fasst für die Anwesenden noch einmal aufschlägen zurückkehren. Sie erfreuen zusammen, weshalb es das Ja zur neuer sich guter Gesundheit. Aus Dankbarkeit lichen Wohnschutz-Initiative braucht: gegenüber dem Basler Mieterinnen- und «Mit dem Bschiss-Gesetz, wie es die Mieterverband, aus Solidarität mit an- Regierung jetzt ausgearbeitet hat, deren Mieter*innen und nicht zuletzt aus kommen die Rendite-Sanierer durch – Sorge um die Stadt engagieren sie sich mit unserem nicht!» Zwanzig vorwiegend auch für die aktuelle Wohnschutzinitia- ältere Menschen hören ihm zu, Leuthardt hat sie persönlich angefragt, ob sie bei tive, die den Co-Geschäftsleiter des MV Basel in diesen Wochen auf Trab hält. Das Basler einem Fototermin auf dem Münsterplatz Wohnschutzgesetz mitmachen – sie werden danach über Initiative verwässert mehrere Wochen in der ganzen Stadt auf Wenn es nach ihm ginge, müsste September 2013 Abstimmungsplakaten zu sehen sein. Beat Leuthardt nicht schon wieder mobi- Die Initiative «Bezahlbares und sicheres lisieren. 2018 sorgte der Mieterinnen- Wohnen für alle!» des MV Basel wird an der Urne abgelehnt. Angenommen wird hinge- Aus Solidarität und Sorge um die Stadt und Mieterverband Basel zusammen gen der investorenfreundliche Gegenvor- Manche von ihnen kennt man in Basel mit einem breiten Bündnis, dem auch schlag der Regierung, der den Abbruch- schon, die mittlerweile 96-jährige Mar- bürgerliche Senior*innen-Organisa schutz im Wohnraumfördergesetz schwächt. grit Benninger etwa oder Eliette Pillonel tionen angehörten, im Stadtkanton für (84): Beide sollten einfach auf die Strasse eine Sensation: Mit 61 Prozent sagten die Juni 2018 gestellt werden – notabene von ihrer Stimmberechtigten Ja zum Wohnschutz- Die als Folge der Abstimmung von 2013 lancierte Wohnschutz-Initiative wird von eigenen Pensionskasse, jener des basel- gesetz, das den Schutz vor Rendite-Kün- den Stimmberechtigten mit über 60 Prozent städtischen Staatspersonals. Margrit Ben- digungen als Grundrecht in der Verfas- Ja angenommen. ninger war zu diesem Zeitpunkt genau sung verankert und dadurch einklagbar 90 Jahre alt – «und wissen Sie was?», wird macht. Sommer 2020 sie nach dem geduldigen Posieren sagen: Aber die Freude war von kurzer Dauer: Der MV Basel bringt mit Verbündeten in «Man bekam ursprünglich ja nur eine Nicht nur wusste die Immobilien-Lobby Rekordzeit das Referendum gegen den Wohnung in dem Haus an der Mülhauser- die Umsetzung des Wohnschutz- verwässerten Gesetzesvorschlag der Regie- rung zur Umsetzung der Wohnschutz- strasse 26, wenn man beim Staat arbei- Gesetzes zu verzögern, Regierung Initiative zustande. Gleichzeitig sammelt tete.» Als Polizist wie Eliette Pillonels und Parlament verwässerten den Mass die Allianz Unterschriften für die Initiative Mann oder als Jugendsozialarbeiter wie nahmen-katalog dermassen, dass der «Ja zum echten Wohnschutz!». der Mann von Margrit Benninger. Heute Co- Geschäftsleiter des MV Basel bald sind sie aus Solidarität da – nach erfolg nur noch vom «Bschissgesetz» sprach. November 2020 reichem Widerstand, den sie auch auf Das Referendum dagegen scheiterte zwar Das Referendum wird in der Stadt Basel ge- wonnen, scheitert aber wegen des Resultats der Strasse führten: Es gab 2016 unter wegen weniger als 60 Stimmen knapp; der Gemeinde Riehen mit 56 Stimmen anderem eine Petition, und Margrit aber der MV Basel hatte bereits die Unterschied. Das regierungsrätliche Gesetz Benninger zog am 21. Januar 2017 mit Durchsetzungsinitiative «Ja zum echten wird am 1. Januar 2022 in Kraft treten. 91 Jahren zum ersten Mal in ihrem Leben Wohnschutz» lanciert. Am 28. November als Demonstrantin durch die Stadt. kommt sie nun zur Abstimmung. November 2021 Schliesslich konnten die beiden Frauen Im Anschluss an den Fototermin Die Initiative «Ja zum echten Wohnschutz!» und eine weitere ältere Mieterin – nach nimmt sich Beat Leuthardt alle Zeit der kommt zur Abstimmung. harzigen und langwierigen Verhand- Welt für die Teilnehmenden. Und gibt www.wohnschutz-ja.ch lungen des MV Basel – während der Zeit M+W Auskunft. www.ja-zum-echten-wohnschutz.ch Mieten + Wohnen Nr. 5, Oktober 2021 6
Foto: František Matouš Beat Leuthardt instruiert die Anwesenden für den Fototermin. M+W: Was Margrit Benninger und Eliette Die Skrupellosigkeit einzelner Speku- Trotzdem sieht man in Basel schon wieder Pillonel erlebt haben, ist unerhört: Dass lanten – auf unseren Spekulationslisten Plakate und Flugblätter des Mieterver eine Pensionskasse – und erst noch die fanden sich ausschliesslich Männer- bandes. «Lasst euch nicht verseggle!» ist des staatlichen Personals (PKBS) – ren namen – wurde tatsächlich längst abge- darauf zu lesen, am 28. November wird ditesaniert und dabei alle Mieter*innen löst von einer Art«institutionalisierter über eine neuerliche Wohnschutz-Initiative rauswirft, sogar die eigenen Versicherten Rücksichtslosigkeit». Negativzinsen und abgestimmt. Was ist passiert? im hohen Alter. Was hat das mit Basel zunehmender Anlagedruck auf dem Fi- Wider Erwarten ignorierte die Regie- zu tun? nanzmarkt haben die Moral zunehmend rung den Volksentscheid erst einmal. Sie Beat Leuthardt: Ich könnte jetzt von beiseite geschoben und bedrohen die wollte die Kantonsverfassung erst um- einem «Sonderfall Basel» sprechen oder Lebensverhältnisse immer grösserer Teile setzen, nachdem ein entsprechendes Ge- so, Tatsache ist aber: Das kann allen des Mittelstands. Das Wohnschicksal der setz ausgearbeitet sein würde. Der MV passieren, überall, jederzeit. Es hängt Menschen hängt zunehmend von ein- Basel legte noch im selben Herbst ein aber auch an den verantwortlichen Per- samen Investitionsentscheiden aus dem Schattengesetz vor und … sonen: Wir kennen andere Pensions- fernen Zürich oder dem noch ferneren kassen, die ebenso unter Anlagedruck Schweden oder sogar aus Übersee ab. Moment, was ist mit «Schattengesetz» stehen wie die PKBS, im Unterschied gemeint? dazu aber ihre Renditen nicht rück- Nun haben die Mietenden in Basel nach Wir merkten sehr schnell, dass die sichtslos maximieren, sondern bei ihren Annahme von gleich zwei Verfassungs Behörden nicht daran interessiert waren, Entscheiden das soziale Umfeld und initiativen im Jahr 2018 aber eigentlich inhaltlich im Sinne des Volksanliegens die Sozialpflichtigkeit des Kapitals den schweizweit stärksten Schutz vorwärts zu machen. Deshalb formu- mitbedenken. vor Rendite-Kündigungen und auch lierten wir intern einen Gesetzesentwurf, vor Wuchermieten. der alles enthält, was vonseiten der Mie- Institutionelle Anleger bedrohen aber er Ja, wir haben seit dem 10. Juni 2018 tenden erforderlich wäre. Zum Beispiel wiesenermassen die Wohnsicherheit immer als einziger Kanton der Deutschschweiz ein Vorkaufsrecht wie in anderen Kan- grössere Teile der Bevölkerung, besonders auch das Recht auf Wohnen explizit als tonen oder auch die Enteignung von leer- in den Städten. Grundrecht in der Verfassung verankert. stehendem Wohnraum. Den Wortlaut Mieten + Wohnen Nr. 5, Oktober 2021 7
dieses Schattengesetzes haben wir aber Mietparteien von sich aus in irgendeine Nein, gar nicht. Unsere neue Wohn- nie veröffentlicht oder in den politischen schlechte Alternative flüchten. Deren schutz-Initiative ist ein allseits tauglicher Prozess eingebracht. Wohnungen werden dadurch frei für Kompromiss. Der bei Annahme aber end- die schamlose Maximierung der Neu- lich wieder Ruhe auf den Wohnungs- Trotzdem hat es Wirkung gezeigt? mieten nach der – nicht selten sinnlosen markt bringt und den renditeorientierten Ja, wir verheimlichten natürlich nicht, – Sanierung. Grossinvestoren wie Credit Suisse, Zurich dass wir das in der Hinterhand haben. Anlagestiftung, UBS Fonds und auch Es zeigte den erwünschten Effekt: Eure Allianz hat im Sommer 2020 in ihren Mitläufern die Hände bindet. Die Behörden spürten den Druck und Rekordzeit die Unterschriften gegen das mussten zumindest zeitlich vorwärts «Bschissgesetz» zusammenbekommen. Was unterscheidet es denn so deutlich vom machen. So brachten sie ein halbes Jahr Warum habt ihr damals gleichzeitig auch «Bschissgesetz»? später bereits ein Gesetz – das war eine noch für eine weitere Wohnschutz-Initia Das Regierungsgesetz ist ein Fehl- sehr reife Leistung der «Stadtentwick- tive Unterschriften gesammelt –jene, konstrukt mit mindestens sieben gravie- lung» als zuständiges Amt. die jetzt zur Abstimmung kommt? renden Schlupflöchern. Und es schützt Wir wollten nicht nur das gefährliche praktisch niemanden von den Hunderten Und inhaltlich? Regierungsgesetz beseitigen, sondern Basler Sanierungsbetroffenen, weil kaum … war der Vorschlag der Kommission auch konstruktiv eine bessere Lösung dreissig Prozent aller Mieten überhaupt zwar meilenweit entfernt von Forde- präsentieren. Das Referendum war daher fallen in den Geltungsbereich des Ge- rungen wie jener nach Nutzung leer zwar Pflicht, aber eher eine Wegmarke – setzes fallen. stehenden Wohnraums, aber als Kompro- sozusagen die erste Halbzeit der Partie. miss auch ganz okay. Dann aber musste Tatsächlich gewannen wir am 29. Novem- Bei Annahme dürften die Mietenden der Gesetzesvorschlag sieben Mal durch ber 2020 das Referendum in der Stadt, anderer Städte etwas neidisch nach Basel die Wochensitzungen der Regierung und nicht aber in der Gemeinde Riehen – nur schauen … wurde jedes Mal weiter verwässert. 56 Stimmen Unterschied liessen es schei- Ja, Stadt und Kanton sind hier fast Darum wurde das Gesetz letztendlich tern. Das regierungsrätliche Bschiss- gleich gross; es fehlt das von Wohnungs- derart lückenhaft und unbrauchbar, auch respektive Pfuschgesetz tritt deshalb am und Mietzinsnot tendenziell weniger was den juristischen Aufbau und die 1. Januar 2022 in Kraft. betroffene Hinterland und damit auch Struktur angeht. Dennoch kam es Ende eine gewisse ländliche «Sperrminorität». 2018 so ins Parlament, wo es von bürger Kommt die aktuelle Wohnschutzinitiative Das ist in allen anderen Kantonen der licher Seite dann noch weiter verwässert durch … Deutschschweiz anders. wurde. … muss sie sechs Monate später in Kraft treten, also am 28. Mai 2022. Dann Die Immo-Lobby bemüht gerne Genf als Ihr nennt es seither «Bschissgesetz» … würde das Elend der Direktbetroffenen Negativbeispiel. Ebenfalls ein Stadtkanton, Wahlweise auch «Pfuschgesetz» oder auf dem Basler Wohnungsmarkt endlich hat Genf bereits seit 1961 ein griffiges Ge «Fake-Gesetz». Es ist ein gefährliches enden. setz zum Schutz der Mieter*innen. Es Gesetz geworden, das die Investoren werde dort aber wenig umgezogen, wenig dankbar entgegennahmen, weil es ihnen Würde die Wohnschutzinitiative das saniert, wenig neu gebaut und entspre einen Persilschein ausstellt, ohne dass «Bschissgesetz» obsolet machen? chend würden die Häuser verlottern, wird sie deswegen ihr bürgerfeindliches Ge- Ja genau. Das Gesetz, wie es die behauptet. Das dürfte auch in der aktu baren stoppen müssten. Sie passten und Wohnschutzinitiative vorschlägt, basiert ellen Abstimmungskampagne in Basel passen ihre Kapitalstrategien rasch an. inhaltlich auf dem Entwurf der liberalen Thema sein … Einige haben erkannt, dass Imageschäden Mehrheit der grossrätlichen Kommission, Selbstverständlich. Tatsächlich hält aufgrund von Massenkündigungen wie der damals von der investorenfreund die Angstmacherei einem seriösen Fak- jener der Credit Suisse am Schorenweg lichen bürgerlichen Mehrheit im Rat tencheck aber nicht stand. Ironischer- vermieden werden können, wenn den knapp abgelehnt worden war. Es ist ein weise bestätigt ausgerechnet die Pen langjährigen Mietparteien eine schwere blosses Missbrauchsbekämpfungsgesetz sionskasse Basel-Stadt, dass Genf heute Sanierung mit anschliessenden massiven – sozusagen ein Gesetz, das von den ein guter Ort ist für Investitionen in Aufschlägen mit genügend zeitlichem Investoren Verantwortung fordert. Immobilien: Letztes Jahr kaufte sie dort Vorlauf angekündigt wird. Dadurch ent- ein Portfolio von sieben Mehrfamilien- steht aber ganz viel Verzweiflung – und Es ist also nicht das taktische hausarealen im Wert von 500 Millionen das führt schliesslich auch dazu, dass Schattengesetz? Franken. Mieten + Wohnen Nr. 5, Oktober 2021 8
Zürich Text von Esther Banz Das Schweigen der Eigentümer Illustration: Patric Sandri Mieten + Wohnen Nr. 5, Oktober 2021 9
Soziale Nachhaltigkeit bei Bauprojekten würde auch bedeuten, die Mietenden frühzeitig und offen zu informieren und sie einzubeziehen. Wie es tatsächlich läuft – drei Schauplätze. Der Architekt Kai Vonburg* wohnt in Es ist offensichtlich, dass die grösste um uns zu erkundigen: null Information.» einer Mietwohnung im Zürcher Kreis 6. Pensionskasse im Land nicht daran inter- Als die Kündigung dann endlich eintraf, Er staunt nicht schlecht, als er im Büro essiert ist, die bisherigen Mietenden an war der Schock gross: «Nur sechs Monate eines Kunden plötzlich erkennt, was da dieser Adresse zu behalten. Für Walter gaben sie uns Zeit, in Zürich eine bezahl- für Pläne an der Wand hängen. Sie sind Angst vom Mieterinnen- und Mieterver- bare Wohnung zu finden. Einer meiner Teil eines Studienauftrags und zeigen band Zürich sind das Vorgehen und die Nachbarn war ein alter Mann, ein Urge- einen Neubau genau dort, wo er selber ausbleibende Kommunikation unver- stein im Haus.» Gubler fügt noch an: «Die wohnt. Der Planungsprozess ist also ständlich: «In Erneuerungsprozessen Kündigung kam in der Pandemiezeit.» schon fortgeschritten. Von offizieller muss das oberste Ziel sein, dass die beste- Zum Glück arbeite er bei der Stadt und Seite weiss der erstaunte Familienvater zu henden Mietenden bleiben können – nicht beim Kanton, «sonst wäre es meine diesem Zeitpunkt aber noch nichts: Die noch besser ist, wenn sie in die Planung eigene Pensionskasse gewesen, die mich Besitzerin – es ist die Pensionskasse einbezogen werden.» Und unabhängig rausgeworfen hätte.» Auch das gibt des öffentlichen Personals des Kantons davon, ob gekündigt werde oder nicht, es immer öfter. Im zweiten Wohnhaus Zürich (BVK) – hat die Mieter*innen «müssen die Mietenden von Anfang an an der Huttenstrasse, das die BVK bis dahin nicht informiert. umfassend informiert werden». «entmietet» hat (so bezeichnet die Die BVK bleibt aber maximal intrans- Immobranche die Vertreibung ganzer BVK schweigt und macht Probebohrung parent, auch M+W gegenüber. Der Kom- Bewohner*innenschaften aus ihren Inzwischen sind mehrere Monate munikationsverantwortliche Christian Wohnungen und Siedlungen), bietet sie vergangen – und Vonburgs wie auch alle Brütsch schreibt auf Anfrage, man werde, derzeit auf ihrer Webseite eine renovierte andern im Haus wurden von offizieller 5,5-Zimmer-Wohnung an: 5500 Franken Seite noch immer nicht über den ge- will sie dafür monatlich. planten Abriss ihres Hauses informiert. Die BVK schweigt und Zusammen mit dem Architekten verlieren nimmt in Kauf, dass Gerüchte Nichts Neues in Uster voraussichtlich auch mehrere ältere bis kursieren. Was oben beschrieben ist, wird mehr sehr alte Menschen ihr Zuhause. Für sie und mehr zur Realität in Zürich und wird es besonders schwierig werden, eine anderen Gemeinden im Kanton, auch neue Wohnung zu finden. Und in Zürich «sollte es zu Veränderungen kommen (…) kleineren. In Uster ist eine ganze Siedlung auf die Schnelle eine Alterswohnung zu er- in erster Linie direkt mit der Mieterschaft betroffen, M+W berichtete (Ausgabe halten, ist ebenfalls illusorisch. Die BVK kommunizieren». Diese Aussage macht 3/21): Vier Mehrfamilienhäuser mit total hätte die Mieter*innen schon längst über er mehrere Monate nachdem Kai Von- 70 Wohnungen sollen abgerissen und ihre Pläne informieren können, stattdessen burg die Pläne für den Ersatzneubau bei ersetzt werden. Besitzerin ist die Immo- schweigt sie und nimmt in Kauf, dass Ge- seinem Kunden entdeckte. biliengesellschaft Turintra AG, die zum rüchte kursieren. Im Garten liess sie eine UBS-Immobilienfonds SIMA gehört. Die Probebohrung durchführen, frei werdende Kein Einzelfall bei der BVK Verwaltung ist an Livit ausgelagert. Den Wohnungen werden seit einer Weile nur Das ist kein BVK-Einzelfall, ganz in Mieter*innen gegenüber verschwieg man, noch befristet vermietet, auch wurde der Nähe gibt es ein weiteres aktuelles was geplant ist. Erst im Kündigungs- schon lange nicht mehr renoviert – all dies Beispiel: An der Huttenstrasse werden schreiben erfuhren sie vom bereits weit sind Anzeichen dafür, dass ein Haus um- zwei Mehrfamilienhäuser aus dem BVK- fortgeschrittenen Ersatzneubauprojekt. fassend saniert oder abgerissen wird. Nicht Besitz saniert, die Bewohner*innen Es wurde ihnen eine «Mieterspezialbe- zu wissen, ob und wie lange man noch ge- ausgewechselt. «Die BVK hat uns ihre treuung» angeboten und die Möglichkeit, duldet ist, kann enorm belastend sein, ge- Pläne nicht angekündigt», sagt Dan in einem der Neubauten, die in zwei rade für die älteren Menschen, das zeigen Gubler*, ein ehemaliger langjähriger Etappen erstellt werden, eine neue Woh- Studien. Die BVK kümmert das nicht. Mieter, «und auch wenn wir anriefen, nung zu beziehen. Aber all ihre Fragen – Mieten + Wohnen Nr. 5, Oktober 2021 10
zu Grundrissen, Mietzinsen oder Bezugs- tenden und schlechte Presse) über die Alter etwa oder wenigstens nach früh datum – liefen ins Leere. Im Namen der Bühne zu bringen. Kürzlich widmete sich zeitiger Information. Mieter*innen wandte sich die Ustermer die Immobilienbranche wieder einmal Stadtpräsidentin persönlich an den Tur gemeinsam diesem Thema: Das Swiss Gegen die eigenen Versicherten intra-Verwaltungsratspräsidenten Daniel Real Estate Institute lud Ende September Forderungen, denen erst recht eine Brüllmann, der für die Leerkündigungen zur Tagung «Vom Problem- zum Trend- BVK mit ihrem zur Hälfte aus Arbeitneh- verantwortlich ist. Fünf Monate später: menden-Vertreter*innen zusammen noch immer keine Reaktion. An einer gesetzten Stiftungsrat von sich aus nach- Neubau-Wohnung interessierte Mie- Als Hypothek werden nebst kommen müsste. Tatsächlich hat sie sich ter*innen hätten in der Zwischenzeit von Nicht-Schweizer*innen auch «Zehn Grundsätze für verantwortungs der Verwaltung ungefähre Angaben zu ältere Menschen gesehen. bewusste Anlagen» gegeben. Mit dem Preisen und Wohnungsgrössen erhalten, neunten Grundsatz will sie sich hinsicht- aber keine Angebote, sagt Mieter Michel lich Anlagen und Kommunikation von Dennler: «Das einzige Schriftliche, was quartier». Hauptthema war die soziale Massnahmen «schweizweit als Referenz- wir je erhielten, war die Kündigung.» Durchmischung in grösseren Stadtrand- kasse» positionieren. Fragt man aber nach Siedlungen. Nur diese (und nicht etwa ihren definierten Nachhaltigkeitszielen die Villen-Monokulturen) sieht man als und dem Raster, «an dem sich die soziale «Das einzige Schriftliche, potenziell zu wenig durchmischt und Nachhaltigkeit orientiert», kommt von was wir je erhielten, war die problematisch an. Wegen der «Konzen den Kommunikationsverantwortlichen Kündigung.» tration bestimmter Kulturen» und über- auch bei mehrmaligem Nachhaken haupt wegen eines hohen Ausländeran- nur Ausweichendes: Man sei gerade teils (das halte Schweizer*innen davon daran, die Webseite neu zu gestalten. Eine vorsorgliche, noch bevor das Bau ab, sich für eine Wohnung zu bewerben). Das ist eine dürftige Performance für ein gesuch eingereicht war, und mit nicht Ein Programmpunkt lautete entspre- Unternehmen, das mit Mieter*innen mehr als einem Jahr Frist: Ein schlankes chend: «Wie gelingt der Turnaround für grosse Rendite erzielt. «Entmieten» sollte es werden. neue Zielgruppen?» Als Hypothek werden Die BVK befolgt nach eigenen Man erwarte die Baugenehmigung in der Turnaround-Logik nebst Nicht- Angaben die UNO-Prinzipien für ver nun per Ende 2021, sagt ein UBS-Spre- Schweizer*innen explizit auch ältere antwortungsbewusstes Investieren. Nicht cher, erst nach anschliessenden Bereini- Menschen gesehen, weil sie sich «wegen bekannt ist ihr, dass die Schweiz 1992 das gungen könne man die Mieter*innen Kinderlärm gegen Familien als Neumieter UNO-Abkommen über das «Recht auf informieren. Der Neubau erfolge in zwei wehren». angemessenes Wohnen» unterzeichnet Etappen, «aus ebendiesem Grund, dass Hier kommt Joëlle Zimmerli ins Spiel. hat. Es soll Menschen vor Vertreibung der Mieterschaft ein Verbleib innerhalb Die Soziologin, die mit der Immobilien- schützen – in Diktaturen, in Ländern mit der Überbauung ermöglicht werden wirtschaft verbunden ist, erzählt den Teil- Krieg und solchen ohne funktionierenden kann», so der Sprecher. Einbezogen oder nehmenden, wie ein Erneuerungsprozess Rechtsstaat. Aber zunehmend ist das wenigstens transparent informiert sozialverträglich vonstatten gehen soll – auch in Ländern wie der Schweiz nötig, werden die interessierten Mieter*innen dabei geht es auch stark um Kommuni wo riesige Kapitalvermögen für immer aber nicht, und ihnen läuft die Zeit kation, den Zeitpunkt, wann Kündi- mehr Ungleichheit und Ungerechtigkeit davon, gerade die älteren und Familien gungen ausgesprochen werden. Zimmerli sorgen. Davon betroffen sind auch die mit Kindern im schulpflichtigen Alter wies in der Tagung auf die Bedeutung Versicherten der BVK: Lehrpersonen, müssten schon längst vorwärts machen, einer frühen Kommunikation hin, unter- Pflegepersonal, Sozialarbeitende und planen können. Für die mangelnde stützt von einer Vertreterin von Pro viele weitere, die im öffentlichen Dienst Transparenz macht der Sprecher das Senectute. Die Soziologin habe Möglich- arbeiten – denn als Mieter*innen sind sie Mietrecht verantwortlich. Ausgerechnet. keiten aufgezeigt, sich aber nicht posi auf bezahlbare Wohnungen in der Stadt Wer daran interessiert ist, dass gewach- tioniert, sagt Eveline Kunz, die in Winter- und im Kanton angewiesen. sene und für die Gesellschaft so wertvolle thur die MV-Geschäftsstelle leitet. nachbarschaftliche Strukturen erhalten Überhaupt, dieser «Turnaround für neue * Namen geändert. Die richtigen Namen sind der Redaktion bekannt. bleiben, dass die Menschen, die Teil Zielgruppen», diese Verdrängung, davon sind, bleiben können, tut sein die viele Betroffene als gewaltvoll und Bestes, um das zu ermöglichen. Das ist entwürdigend erleben: Sie sei von nie- soziale Nachhaltigkeit. mandem hinterfragt, sondern als normale Notwendigkeit und Entwicklung voraus- «Turnaround für neue Zielgruppen» gesetzt worden, als göttliche Ordnung Aber wer von «Entmieten» spricht, sozusagen. «Es fehlt an der Idee und Vor- verrät selbst, dass es ihm nicht um Nach- stellung, dass man zum Schutz besonders haltigkeit geht. Sondern darum, das vulnerabler Betroffener auch Forde- Verdrängungsprozedere möglichst rungen stellen kann», sagt Eveline Kunz. reibungslos (ohne Widerstand der Mie- Forderungen nach Wohnsicherheit im Mieten + Wohnen Nr. 5, Oktober 2021 11
Mail an die Redaktion «Aufgeben ist nicht ihr Ding» Ich bin jeder Menge Vorurteile be- dass niemand dort ist, einem die Woh- von Isabel Plana, M+W 4/21 gegnet: Rentner haben nicht genügend nung zu zeigen … Oder man traut einem Geld, wollen keine Kinder um sich haben nicht zu, dass man kundig genug ist, eine Da meine 4½-Zimmer-Wohnung (nach (junge Familien: Im Gegenteil, ich hüte Wohnung im Rohbau zu mieten. Familienphase) viel zu gross für mich war, deren Kinder gerne), werden krank und Und manche waren unzumutbare wollte ich mich «verkleinern». gebrechlich, ziehen ins Heim, sind allein «Rattenlöcher», mit schimmligem Unter- Habe gestandene 14 Monate gesucht nicht in der Lage, einen Haushalt zu grund im Küchenboden, weil seit Mona- (Finanzen und Betreibungsauszug ein- führen und für sich zu sorgen. ten das Wasser tropfte … Zum Glück wandfrei!), bevor ich vor zwei Jahren Und dann sterben sie, und es gibt habe ich nicht bei der UBS in Wiedikon einen Zuschlag erhielt, mit dem ich sehr gleich schon wieder einen (für die Ver (hinter Migros) gemietet, sonst müsste zufrieden und glücklich bin. Alles vor- waltung teuren!) Mieterwechsel. ich jetzt schon wieder ausziehen, weil der handen, was man so braucht: ÖV gut er- Keine Ahnung, woher diese An- ganze Block abgerissen und durch einen reichbar (da ohne Auto), ebenerdig zu- nahmen alle kommen: Ich bin zwar (im Neubau ersetzt wird, was einem selbst- gänglicher Lift (Zukunft!). Und sogar landläufigen Sinne) alt, aber noch lange verständlich nicht gesagt wurde ... Oder Waschturm im Bad. Das alles für einen nicht pflegebedürftig oder gaga. die Wohnung war nur über steile Treppen annehmbaren Preis (Livit). Kann nicht sagen, wie viele Woh- zu erreichen, oder zum Ersticken verwin- Insbesondere der Lift gab zu reden nungen ich überhaupt besichtigt habe: kelt, oder nur schwierig mit ÖV zu er am Telefon: «Dann gehen Sie doch in ein So geschätzte 70. Angeboten wurde mir reichen oder … Alters- und Pflegeheim, wenn Sie das vieles inkl. spiegelglattem Laminatboden, Dies nur mal so als Erfahrungsbericht, brauchen» fand ich eine ziemliche auf dem man so herrlich ausrutschen was einem alles begegnen kann. Unverschämtheit, da ich gut zu Fuss und sich ernsthaft verletzen kann, liegt Habs aber jetzt gut getroffen: s. oben. und auch ansonsten ziemlich vital bin für nur ein Wassertropfen darauf. meine (damals) 72 Jahre (bin es immer Und manchmal fährt man durch die Freundliche Grüsse noch). ganze Stadt, nur um herauszufinden, Ch. E. M. Schweizer Anschluss Schimmel? zur E-Mobilität – Überwachen Sie das Raumklima mit einem Temperatur- und Feuchte-Datenlogger! Energie fürs Leben Jetzt 20 % Rabatt* für Mitglieder des Mieterinnen- und Mieterverbands auf einen MSR84 Datenlogger. Gutscheincode: MV_MSR84 *Angebot gültig bis 31.03.2022 Jetzt Gutschein einlösen im www.datenlogger.shop Wir vermitteln Ihnen tatkräftige Arbeitshilfen für Unterstützung im Haushalt, Wohnungsreinigung, -räumung, -wechsel, Entsorgungen, Gartenarbeiten, Versand, Lagerarbeiten usw. www.etcetera-zh.ch Dietikon 044 774 54 86 Thalwil 044 721 01 22 Glattbrugg 044 403 35 10 Zürich 044 271 49 00 Ein Angebot des SAH ZÜRICH Mieten + Wohnen Nr. 5, Oktober 2021 12
Sanierungen Text von Henriette Schaffter Foto: Fluxif (Gerry Nitsch) / Das Gebäudeprogramm Energetische Sanierung eines Gebäudes nach Minergie-Standard. Sanieren zugunsten der Mietenden In energetischen Sanierungen von Gebäuden steckt ein grosses Potenzial, sie müssen darum stärker gefördert werden. Dabei dürfen die Mietenden nicht vergessen gehen. Mieten + Wohnen Nr. 5, Oktober 2021 13
Über 40 Prozent des gesamten Energie- verbrauchs und rund ein Drittel der bringen energetische Sanierungen viele Vorteile. Eine Modernisierung ist für Mieter*innen klimaschädlichen CO2-Emissionen fallen die Mietenden eindeutig die bessere schützen gemäss Bundesamt für Energie (BFE) Lösung als ein Abriss und Neubau, der zu hierzulande im Gebäudebereich an. Mehr wesentlich höheren Mieten führen kann. Nach Sanierungen steigen Mieten oft über das mietrechtlich zulässige Mass hinaus an, oder als eine Million Häuser sind energe- Ausserdem steigt, wie bereits erwähnt, die Mietverträge werden gekündigt und die tisch dringend sanierungsbedürftig: Viele der Komfort für die Mietenden nach Wohnungen zu einem viel zu hohen Preis wei- davon sind nicht oder kaum gedämmt einer energetischen Sanierung. Die ent- tervermietet. Damit sich Sanierungen nicht und können nicht mit erneuerbaren Ener- scheidende Frage ist allerdings, wer für unverhältnismässig stark auf die Mietenden gien geheizt werden. Sanierungen, die die Kosten der Sanierung aufkommen auswirken, müssen damit zusammenhängende den Energieverbrauch verringern, müssen soll. Im Interview gibt Philippe Thal- Mieterhöhungen strenger geregelt werden. zwar meist von der Vermieterschaft mann, Leiter des Lehrstuhls für Städte- Senkung des Überwälzungssatzes beschlossen werden. In gewissen Fällen und Umweltökonomie an der ETH Lau- Bei grösseren Modernisierungen zur Verbesse- können die Mietenden aber auch mitreden sanne, einige Anregungen dazu. rung der Energieeffizienz muss der Anteil, der und in der Regel profitieren sie von den auf die Mieten überwälzt werden darf – der- Massnahmen. Einfamilienhäuser sanieren reicht nicht zeit liegt er bei 50 – 70 % –, gesenkt werden. In der Schweiz leben fast 60 Prozent Gemäss einer Studie liegt der Satz, der der tat- Grosses Potenzial der Bevölkerung in Mietwohnungen. sächlichen Wertschöpfung entspricht, deut- lich tiefer. Das Potenzial zur Senkung des Ener- Dieser Anteil zeigt, wie wichtig Liegen- gieverbrauchs im Gebäudesektor ist be- schaften mit Mietwohnungen für das Kontrolle der Mietzinserhöhungen trächtlich. Wenn Heizung und Fenster Erreichen der energie- und klimapoliti- Bei einer Auszahlung von Fördergeldern muss ausgetauscht und die Aussendämmung schen Ziele sind. Vermutlich liegt es die nach der Sanierung erfolgte Mietzins verbessert werden, sind Einsparungen von an einem Mangel an Informationen über erhöhung von amtlicher Seite kontrolliert bis zu 60 Prozent möglich. Eine zusätz- Subventionen und die Vorteile einer werden. liche Dämmung der Fassade senkt den Modernisierung, dass nicht mehr Eigen- Keine Kündigungen nach Sanierungen Energieverbrauch um weitere 10 bis 20 tümer*innen ihre Liegenschaften Wer von Fördergeldern für energetische Sanie- Prozent, insbesondere bei Gebäuden, die sanieren. rungen profitiert, soll keine Kündigungen vor 1975 gebaut wurden und deren Wär- Um Aufklärungsarbeit zu leisten, aussprechen dürfen. So kann verhindert wer- medämmung im Allgemeinen schlecht ist. haben die Bundesämter für Energie den, dass die Vermieterschaft doppelt profi- Von einer Isolierung profitieren die Mie- respektive Wohnungswesen die beiden tiert, indem sie einerseits Fördergelder erhält tenden während der Wintermonate, weil Online-Ratgeber «Renovabene» und und anderseits die Mietzinsen bei der Neu vermietung erhöht. sie den Energieverlust verringert, aber «Locabene» lanciert. Sie sollen Vermie- auch an heissen Tagen, da eine gute Isolie- ter*innen respektive Mieter*innen vor, Sanieren statt abreissen rung die Hitze draussen hält. während und nach energetischen Sanie- Liegenschaften sollen wenn immer möglich Gemäss der Energiestrategie des rungen mit Informationen und konkreten saniert statt abgerissen und durch einen Bundes soll der Verbrauch des Schweizer Beispielen unterstützen und den Dialog Neubau ersetzt werden. Dies ermöglicht den Gebäudebestands bis 2050 um fast die zwischen den beiden Seiten fördern. Mietenden, in ihren Wohnungen zu bleiben, erhält zahlbaren Wohnraum und wirkt der Hälfte reduziert werden. Technisch ist Verdrängung entgegen. dies machbar, viele Vermieter*innen zögern jedoch zu investieren, und die Mietenden haben berechtigte Angst vor Mietzinserhöhungen. Sanierung statt Abriss und Neubau Laut Andrea Streit, Gebäudespezialist beim Bundesamt für Energie (BFE), Mieten + Wohnen Nr. 5, Oktober 2021 14
«Man könnte eine schlechte Energieeffizienz zum Mangel am Mietobjekt erklären» Es brauche neue Ideen, um blem bei Finanzhilfen wiederum ist, dass sie auch von Eigen tümern in Anspruch genommen werden, die sie nicht brauchen, Vermieter*innen zu Sanierungen sodass schliesslich weniger für diejenigen übrig bleibt, die sie tatsächlich nötig haben. zu bewegen, sagt der Lausanner Wirtschaftsprofessor Philippe Welche Rolle kommt der Vermieterschaft zu? Letztendlich ist sie es, die über Sanierungen entscheidet. Thalmann. Manche sind aus ideellen Gründen dafür. Die meisten aber renovieren nur, wenn sie einen finanziellen Nutzen darin sehen. Gemäss Mietrecht haben sie fast keinen, da sie nur die Kosten EPFL für die wertsteigernden Arbeiten auf den Mietzins überwälzen Philippe Thalmann ist Professor für können. Wenn sie es versäumt haben, die Senkungen des Wirtschaft und Leiter des Lehrstuhls Referenzzinssatzes weiterzugeben, laufen sie Gefahr, die Miete für Städte- und Umweltökonomie im Falle einer Anfechtung durch die Mieterschaft sogar nach an der Ecole Polytechnique Fédérale unten korrigieren zu müssen. Im Allgemeinen ist eine Sanierung in Lausanne (EPFL) für alle Beteiligten mit viel Aufwand und Risiko verbunden, ohne dass ein Gewinn in Aussicht steht. Es ist schwierig, diese Hürde zu überwinden. M+W: Herr Thalmann, welches ist der beste Weg, um energetische Wie viel Spielraum haben die Mietenden? Haben sie irgendeinen Sanierungen zu fördern? Einfluss, tragen sie sogar Verantwortung für Sanierungen? Philippe Thalmann: Es muss sowohl Druck als auch Unter- Solange eine schlechte Gesamtenergieeffizienz nicht als stützung für die Sanierungen geben. Die Hilfe ist da, vor allem Mangel am Mietobjekt anerkannt wird, besteht die einzige durch das Gebäudeprogramm des Bundes. Es fehlt der Druck. Möglichkeit für die Mietenden, ihre Unzufriedenheit zu äus- Für Eigenheimbesitzer*innen mag der Druck der CO2-Abgabe, sern, im Auszug. Andernfalls bleibt nur, die Wohnung richtig zu die das Heizöl verteuert, ausreichen. Die Vermieter*innen aber, lüften und die Temperatur zu senken, um Heizkosten zu sparen. die die Abgabe auf die Heizkosten ihrer Mieterschaft abwälzen Das ist bis zu einem gewissen Grad wünschenswert, reicht können, wird sie nicht bewegen. In diesem Fall müssen neue aber natürlich nicht. Druckmittel gefunden werden. Zum Beispiel ein Äquivalent zum Abgastest bei Autos: Man könnte Gebäude regelmässig Gibt es interessante Beispiele aus dem Ausland, die die Schweiz inspizieren und bei denjenigen, die die Normen für die Gesamt- übernehmen könnte? energieeffizienz nicht erfüllen, die Besitzer*innen zur Sanie- Im Rahmen eines Forschungsprojekts an der EPFL sind wir rung verpflichten. Oder man könnte eine schlechte Energie derzeit auf der Suche nach solchen Beispielen. Ein oft zitiertes effizienz, die zu hohen Heizkosten für die Mietenden führt, als Beispiel ist das niederländische Modell «Energiesprong», Mangel am Mietobjekt erklären, sodass die Miete bis zur bei dem die Kosten für die Wärmedämmung so weit gesenkt Behebung des Mangels einbehalten werden kann. werden, dass vernünftige Eigentümer*innen sie nicht mehr ablehnen können. Welche Rolle spielt die öffentliche Hand bei der Sanierung von Gebäuden? Gibt es in der Schweiz bereits Verfahren, die es ermöglichen, ener Sie kann Druck ausüben und finanzielle und technische getische Sanierungen auch an Mietshäusern durchzuführen? Hilfe anbieten. Diese beiden Instrumente müssen aber sehr vor- Das Energie-Contracting ist eine solche Lösung: Eine sichtig eingesetzt werden, da bestimmte Einschränkungen das externe Firma finanziert dabei die energetische Sanierung Gegenteil von dem bewirken können, was beabsichtigt war. gegen Zahlung einer Heizkostenpauschale nach der Sanierung; So kann etwa die Verpflichtung zu energetischen Sanierungen, sie kümmert sich um alles und übernimmt alle Risiken. sobald ein Eigentümer Unterhaltsarbeiten vornimmt, diesen davon abhalten, überhaupt Arbeiten durchzuführen. Das Pro- Interview: Henriette Schaffter Mieten + Wohnen Nr. 5, Oktober 2021 15
Haushalt Text von Stefan Hartmann, Topten Welche Handys lassen sich am besten reparieren? Topten hat unzählige Handys besser die Reparaturfähigkeit. Dieser Reparatur-Index lässt sich auch in der Schweiz anwenden, da die Hersteller die gleichen auf ihre Reparierbarkeit unter- Smartphones in ganz Europa und damit auch hierzulande sucht und präsentiert eine Liste anbieten. Topten listet jetzt – erstmals in der Schweiz – hier erhältliche Handymodelle (Android, Apple iOS) auf, die einen mit den 27 besten. Wert von 6 und mehr aufweisen. In Schweizer Haushalten sind 10,8 Millionen Handys im Der Reparatur-Index Umlauf. Das sind 1,3 Geräte pro Person. Viele davon ver- Die Beurteilung der Reparierbarkeit basiert dabei auf fünf stauben in einer Schublade, weil sie nicht mehr richtig funk- Kategorien: tionieren. Und das oft schon nach zwei bis drei Jahren. Das 1. Dokumentation von Reparaturanleitungen ist eine riesige Verschwendung der wertvollen Ressourcen, 2. Zerlegbarkeit des Geräts (verschraubte Teile etwa erhalten die in jedem einzelnen dieser Geräte stecken. eine bessere Bewertung als geklebte) In unserer unmittelbaren Nachbarschaft hat man dies 3. Verfügbarkeit von Ersatzteilen bereits erkannt: Frankreich kennt seit Januar 2021 ein Rating 4. Preis der Ersatzteile, Produktspezifisches (z. B. Verfügbarkeit für die Reparaturfähigkeit von Smartphones, die auf einer von Software-Updates) Skala von 1 bis 10 beurteilt werden. Je höher der Wert, desto 5. Hilfestellung auf der Webseite, Hotline etc. Foto: Dreamstime Mieten + Wohnen Nr. 5, Oktober 2021 16
«Ziel des Reparatur-Index ist es, Hersteller dazu zu bewegen, ihre Geräte kundenorientierter zu gestalten», sagt Steffen Hepp Gewinnen Sie ein Buch! von Topten, der unabhängigen Internet-Plattform. Ist ein Handy zum Beispiel gut zerlegbar, kann man es bei einem Defekt in einen Repair-Shop zur Reparatur bringen. Oder man repariert selber, sofern man ein geschicktes Händchen hat. In Kooperation mit dem Verlag Schwachstellen vieler Handys Kein & Aber verlosen wir drei Zu den häufigsten Problemen bei Handys zählen, dass a) keine Sicherheits- oder Funktionsupdates mehr vom Hersteller Exemplare des neu erschienenen angeboten werden, b) die Handys aus irgendwelchen Gründen Züri-Krimis «Ein kaltes Herz. Sarah nicht mehr richtig funktionieren, c) das Display einen Schaden Contis erster Fall» von Fabio Lanz. hat, oder d) der Speicherplatz nicht mehr ausreicht. Topten hat unzählige Geräte gesichtet und 27 der besten Schreiben Sie uns bis zum 22. November ein Geräte (mit Werten ab 6 auf einer Skala von 1 bis 10) auf der Mail mit dem Betreff «Buchverlosung» an: Webseite topten.ch/smartphones aufgeführt. Dort erfährt man verlosung@mieterverband.ch auch, welche Eigenschaften sie haben, wo man sie erhält und was sie kosten. FairPhone 3+ an der Spitze Das Beste der insgesamt 27 gekürten Handy-Modelle weist einen Wert von 8,7 Punkten auf. Dabei handelt es sich um das FairPhone 3+. Auch die neusten Geräte von Samsung, etwa das Samsung Galaxy S21 und das Galaxy Z Fold3, erfüllen die Krite- rien. Gut schneidet auch die brandneue Smartphone-Genera- tion von Apple ab, das iPhone 13. Wer Wert auf Kameraqualität und einen schnellen Prozessor legt, ist mit diesen Modellen gut beraten. Gesamtbeurteilung von «Stiftung Warentest» Eine umfassendere Beurteilung von Handys hat vor kurzem Fabio Lanz: Ein kaltes Herz. Sarah Contis erster Fall die deutsche «Stiftung Warentest» vorgelegt. Sie gibt den Hardcover, 380 Seiten, CHF 26.– Marken OnePlus, Apple und Huawei die beste Gesamtbeurtei- lung. Berücksichtigt wurden die Grundfunktionen eines Tele- Sarah Conti ist Spezialistin für besondere Mord- fons: Kamera, Display, Akku, Handhabung und Stabilität. fälle und die Beste auf ihrem Gebiet. Doch als Der Aspekt der Reparierbarkeit steht im deutschen Rating nicht die Ermittlerin in einer stürmischen Oktober- im Fokus. Bei den besten aktuellen Smartphones 2021 liegen nacht ins gediegene Zürcher Seefeld gerufen die drei Spitzenmodelle von Apple, Samsung und Sony ge- wird, findet sie eine Leiche vor, wie sie noch meinsam auf dem ersten Platz. Sie erreichen alle das Urteil «gut keine gesehen hat: Dem Opfer wurde das Herz (1,7)» und überzeugen mit einer tollen Kamera, viel Leistung herausgerissen. Als stadtbekannter Anwalt des und scharfen Displays. «Der grosse Handy-Vergleich» auf der Zürcher Establishments hatte sich das Opfer Website der «Stiftung Warentest»: www.test.de nicht nur Freunde gemacht – doch wer hatte ihn derart gehasst? Wo eben noch das Licht des «Das gleiche Gerät kaufen wie die Freunde» Wohlstands und der Dekadenz zu glänzen Beim Kauf sollte man laut Steffen Hepp auf folgende Punkte schien, enthüllen die Ermittlungen nach und achten: «Wählt man Geräte mit guter Reparierbarkeit, hat man nach ein düsteres Netzwerk aus Gewalt, Lügen im Zweifel länger etwas davon. Statt sie bei Defekten weg- und gefährlichem Gedankengut, in das der Tote werfen zu müssen, lassen sie sich in Repair-Shops zu angemes- bis zum Hals verstrickt war. Für Sarah Conti senen Preisen reparieren.» Das Smartphone sollte 5G-fähig sein, und ihr Team beginnt ein steiniger Ermitt- rät Steffen Hepp. Der Nachfolger des Mobilfunkstandards 4G lungsweg, denn neben der besseren Gesellschaft sei mittlerweile grossflächig verfügbar und biete bis zu doppelt tritt auch eine geheimnisvolle Bruderschaft so hohe Surfgeschwindigkeiten. Und als weiteren guten Tipp auf den Plan, die ihre Machenschaften um jeden gibt der Topten-Mann auf den Weg: «Häufig ist man gut be- Preis verborgen wissen will. raten, auf ein Gerät mit gleichem Betriebssystem wie der Fami- lien- oder Freundeskreis zu setzen.» So kann man sich gegen- Fabio Lanz, geboren in Zürich, durchlief eine seitig bei Fragen oder Problemen austauschen und beraten. Karriere in diversen Tätigkeiten, bevor er das Schreiben entdeckte. Dabei entwickelte sich sein Blick für das Schöne und das Böse. Fabio Lanz lebt in Zürich und in der Provence. Mieten + Wohnen Nr. 5, Oktober 2021 17
Miettipp Text von Fabian Gloor Wenn die Vermieterin klingelt Illustration: Patric Sandri Mieten + Wohnen Nr. 5, Oktober 2021 18
Die Vermieterin steht unerwartet vor der Tür – sie möchte nur rasch die Wohnung besichtigen. Müssen Sie sie reinlassen? Es ist Samstagmorgen. Alfred Hugi steht Besichtigung zwecks Unterhalts führen. Erstere muss eine Besichtigung grad unter der Dusche, als es an der Die Besichtigung zwecks Unterhalts allerdings nur dulden, wenn das Miet Tür klingelt. Hugi duscht weiter, die der Wohnung setzt keinen effektiven verhältnis bereits gekündigt ist oder das Klingel schrillt ein zweites Mal. Sichtlich Schaden voraus, sondern kann auch peri- Ende eines befristeten Mietverhältnisses genervt und nur spärlich mit einem odisch durchgeführt werden. Gudrun kurz bevorsteht. Eine Besichtigung durch Handtuch bedeckt, stolpert er zur Woh- Nötzli kann also beispielsweise regel- die Vermieterschaft mit einer potenzi- nungstür. Vor der Tür steht Gudrun mässig vorbeischauen, um die Wände auf ellen Käuferschaft ist zulässig, sofern Nötzli, seine Vermieterin. Sie sei gerade Feuchtigkeitsschäden hin zu überprüfen. auf der Basis konkreter Verkaufsabsichten in der Gegend gewesen und wolle nur Allerdings darf sie diese Kontrollbesuche bereits ernsthafte Verhandlungen im rasch die Thermostaten an den Radia- nur in grösseren Zeitabständen – heisst: Gang sind. toren kontrollieren, erklärt sie. Und fügt mit einem Abstand von ein bis zwei Könnte Nötzli von Hugi verlangen, an: Als Vermieterin habe sie das Recht, Jahren – durchführen. Die Besuche dass er seine Wohnung vor einer Besichti- «ihre Wohnung» jederzeit zu besichtigen. dürfen nicht schikanös sein und müssen gung schön herrichtet und reinigt? – Auf Hat sie das? zu einer angemessenen Uhrzeit statt- keinen Fall. Verunstaltet und verschmutzt Nein. Als Mieter hat Hugi nämlich finden. Nicht zulässig sind dagegen Ins- die Mieterschaft eine Wohnung jedoch das ausschliessliche Gebrauchsrecht an pektionen, deren Ziel es ist zu kontrol- auf krasse Weise, um die Weitervermie- der Wohnung. Er kann bestimmen, wer lieren, ob die Mieterschaft ordentlich tung oder einen Verkauf zu vereiteln, seine Wohnung betreten darf – und wer aufgeräumt und geputzt hat. Das hat die kann die Vermieterschaft Schadenersatz nicht. Allerdings darf er seiner Vermie- Vermieterschaft nicht zu kümmern, so- verlangen. Allerdings müsste sie be- terin den Zutritt nicht für die gesamte lange die Mieterschaft in der Wohnung weisen, dass die Sabotage ursächlich für Dauer des Mietverhältnisses verwehren. keine feuergefährlichen Gegenstände sta- das Scheitern des Verkaufs oder der Denn gemäss Artikel 257 h OR sind pelt oder haufenweise stinkenden Müll Weitervermietung war. Solche Beweise Mieter*innen verpflichtet, der Vermieter- vergammeln lässt. sind in der Praxis praktisch unmöglich. schaft Zutritt zur Wohnung zu gewähren, Grundsätzlich umfasst das Besich sofern dies entweder für den Unterhalt Weitervermietung oder Verkauf tigungsrecht den Zugang zu allen Räum- oder die Wiedervermietung der Wohnung Zieht die Mieterschaft aus oder will lichkeiten der Wohnung. Das Öffnen von nötig ist oder für den Verkauf der Lie die Vermieterschaft die Liegenschaft ver- Schränken oder Kommoden ist aber tabu. genschaft. Was aber bedeutet das im kaufen, dann darf Letztere Kauf- und Kann er ernsthafte Gründe geltend Einzelnen? Mietinteressierte durch die Wohnung machen, darf Hugi seiner Vermieterin Mieten + Wohnen Nr. 5, Oktober 2021 19
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